Mil Mi-6

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Mil Mi-6

Mi-6 in Deutschland, 1992
Typ Schwerer Transporthubschrauber
Entwurfsland

Sowjetunion 1955 Sowjetunion

Hersteller Mil
Erstflug 5. Juni 1957
Indienststellung 1962
Produktionszeit

1960 bis 1981

Stückzahl 925

Die Mil Mi-6 (russisch Миль Ми-6, NATO-Codename „Hook“, deutsch: Haken) ist ein turbinengetriebener schwerer Transporthubschrauber, der in der Sowjetunion entwickelt wurde.

Erste Überlegungen zur Schaffung eines Großhubschraubers wurden im OKB-329 von Michail Mil ab Ende 1952 durchgeführt. Der offizielle Entwicklungsauftrag wurde von sowjetischen Regierungsstellen am 11. Juni 1954 vergeben. Als Erstes entstand eine Attrappe, die eine staatliche Kommission im Juni 1955 besichtigte und im Anschluss die Fortführung des Projekts bestätigte.[1] Nach dreijähriger Entwicklungsarbeit absolvierte der Prototyp am 5. Juni 1957 mit Testpilot Rafail Kapreljan seinen Erstflug. Diesem waren umfangreiche Bodentests und ein nicht als Flug gewerteter sekundenlanger Hüpfer am 3. März vorausgegangen. Die erste öffentliche Präsentation fand während der Tuschinoer Luftparade am 20. Juli 1958 statt.[2] Die Mi-6 war mit einer Gesamtlänge von beinahe 42 m nicht nur über zehn Jahre der weltgrößte Hubschrauber, sondern auch der erste sowjetische turbinengetriebene Hubschrauber. Während der Erprobungsphase konnten einige Rekorde aufgestellt werden, beispielsweise wurde eine Nutzlast von 20.117 kg gehoben, eine Masse, die größer ist als die Leermasse des größten nicht-sowjetischen Hubschraubers dieser Zeit, des Sikorsky S-64 Skycrane. Insgesamt wurden mit der Mi-6 zwischen 1957 und 1964 17 Weltrekorde aufgestellt.[3]

Die Mi-6 ist in Ganzmetall-Schalenbauweise ausgeführt. Charakteristisch sind, neben den außenbords angebrachten Kraftstoff-Zusatztanks, die Stummelflügel, die im Vorwärtsflug bis zu 20 % zum Gesamtauftrieb beitragen. Außerdem zeigt die Mi-6 den typischen fünfblättrigen Hauptrotor, wie er von anderen Mustern des Konstruktionsbüros Mil bekannt ist.

Zwei Gasturbinentriebwerke vom Typ Solowjow D-25W erzeugen eine Gesamtleistung von 8090 kW, die dem Hubschrauber eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h ermöglichen. Die Dienstgipfelhöhe liegt bei 4500 m, bei einer typischen Zuladung von 8.000 kg wird eine Reichweite von 620 km angegeben. Die maximale Abflugmasse beträgt 42.500 kg, die Leermasse 27.240 kg. Die Länge des Hubschraubers beträgt 41,74 m, seine Höhe 9,86 m; der Hauptrotor hat einen Durchmesser von 35 m.

Das Fahrwerk ist dreibeinig ausgeführt, wobei die doppelt bereiften Bugräder mit den Maßen 720 mm × 310 mm lenkbar gestaltet sind. Die Maße der Haupträder betragen 1325 mm × 480 mm, die Spurbreite 7,50 m und der Radstand 9,10 m.

Übersichtskarte mit den Betreiberländern der Mil Mi-6

Als militärischer Transporthubschrauber kann die Mi-6 bis zu 70 Soldaten befördern, die über einen rückseitigen, zweigeteilten Laderaumzugang die Maschine schnell verlassen können. Dadurch eignet sich die Mi-6 auch zum Transport von militärischem Großgerät oder palettierten Frachten. Im Zivileinsatz hat die Mi-6 in normaler Fluglinienbestuhlung 65 Sitzplätze, bis zu 120 Personen können transportiert werden. Die interne Nutzlast ist mit 12.000 kg angegeben. Im Ambulanzeinsatz können bis zu 41 Tragen und zwei medizinische Flugbegleiter transportiert werden. Ein Lasthaken unter dem Rumpf kann Außenlasten bis zu 9000 kg tragen. Eine Einsatzrolle ist daher die des „Fliegenden Krans“ (russisch Летающий кран – Letajuschtschi kran), wobei die Firma Mil auch die speziell für diesen Zweck ausgelegte Mi-10, basierend auf der Mi-6, entwickelt hat. Trotzdem wird die Mi-6 häufig in dieser Rolle verwendet, unter anderem zur Bergung von gelandeten Wostok-Raumkapseln.

Der in über 900 Exemplaren gebaute Hubschrauber wurde in der Sowjetunion nahestehende Länder wie Ägypten, Bulgarien, Indonesien, Irak, Peru, Syrien und Vietnam exportiert.

Die Mil Mi-6 wurde in erheblichem Umfang bei der Arbeit der Liquidatoren nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 eingesetzt.

Mit der Mi-6 konnten von 1957 bis 1962 die im Folgenden aufgelisteten Rekorde erflogen werden.[4]

Mi-6 im Technikmuseum Togliatti
Datum Pilot Art des Rekords erreichte Werte
30. Oktober 1957 R. Kapreljan Höhe mit 10000 kg Nutzlast 2432 m
größte Nutzlast auf 2000 m 12004 kg
16. April 1959 S. Browzew Höhe mit 5000 kg Nutzlast 5584 m
R. Kapreljan Höhe mit 10000 kg Nutzlast 4885 m
21. November 1959 B. Semskow Geschwindigkeit auf geschlossener 100-km-Strecke 268,920 km/h
21. September 1961 N. Ljoschin Geschwindigkeit über 15-(25-)-km-Distanz 320,000 km/h
11. September 1962 W. Koloschenko Geschwindigkeit auf geschlossener 1000-km-Strecke mit 1000 kg
(2000 kg, 5000 kg) Nutzlast
284,354 km/h
13. September 1962 R. Kapreljan Höhe mit 15000 kg (20000 kg) Nutzlast 2738 m
größte Nutzlast auf 2000 m 20117 kg
15. September 1962 B. Galitzki Geschwindigkeit auf geschlossener 500-(1000-)km-Strecke 315,657 km/h (300,377 km/h)
Geschwindigkeit auf geschlossener 1000-km-Strecke mit 1000 kg
(2000 kg) Nutzlast
300,377 km/h
26. August 1964 Geschwindigkeit auf geschlossener 100-km-Strecke 340,150 km/h

Technische Daten

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Dreiseitenriss
Cockpit einer Mil Mi-6
Kenngröße Daten
Besatzung 5
Passagiere 65
Länge Rumpf: 33,18 m
gesamt: 41,74 m
Spannweite 15,30 m
Höhe 9,86 m
Rotorkreisdurchmesser Hauptrotor: 35,00 m
Heckrotor: 6,30 m
Rotorkreisfläche 961,63 m²
Tragschraubenflächenbelastung 44,19 kg/m²
Kabinenmaße Länge: 12,00 m
Breite: 2,60 m
Höhe: 2,50 m
Volumen: 80,00 m³
Leermasse 27.240 kg
Nutzlast normal 9.000 kg bei Außenlast
maximal 12.000 kg
Startmasse normal 40.500 kg
maximal 42.500 kg
Antrieb zwei Gasturbinen Solowjow D-25W (TB-2BM)
Leistung je 4.101 kW (5.500 WPS)
Kraftstoffvorrat normal 12.650 l
maximal 18.250 l
Leistungsbelastung bis 4,52 kg/WPS
Höchstgeschwindigkeit 300 km/h
Reisegeschwindigkeit 250 km/h
Dienstgipfelhöhe 4.500 m
Reichweite 1.050 km mit vollem Kraftstoffbehälter
620 km mit 8.000 kg Zuladung
200 km mit 12.000 kg Zuladung
Flugdauer maximal 5 h

Als schwerer Kampfzonentransporter konnte die Mi-6 mit einem Maschinengewehr im Bug bewaffnet werden.

  • Peter Bork: Mil Mi-6. In: Illustrierte Reihe für den Typensammler. Nr. 30. Deutscher Militärverlag, Berlin 1966.
Commons: Mil Mi-6 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Nikolai Jakubowitsch: Flugzeugreport: Mil Mi-6. Sowjetische Herkulesaufgabe. In: Klassiker der Luftfahrt. Nr. 3/2017. Motor Presse, Stuttgart 2017, S. 29.
  2. Karl-Heinz Eyermann, Wolfgang Sellenthin: Die Luftparaden der UdSSR. Zentralvorstand der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, 1967. S. 39
  3. Karl-Heinz Eyermann: Schestjorka – der große Wurf des Michail Leontjewitsch Mil. Fliegerrevue 10/82, S. 458–463.
  4. Karl-Heinz Eyermann: Durch die Helikopter-Schallmauer – Die Rekorde der Mil-Hubschrauber. Fliegerrevue 1/83, S. 30.