Motto (Literatur)
Ein Motto (von italienisch motto „Denkspruch, Wahlspruch; (älter) Wort“, in der Emblematik auch „Lemma“) ist ein meist knapper Leitgedanke, der einer größeren Schrift vorangesetzt wird.
Ähnlich dem Wahlspruch einer Person soll das Motto Ziel und Anspruch des folgenden Werkes umreißen. Dabei können ein Motto oder mehrere Mottos sowohl dem Werk im Ganzen als auch einzelnen Teilen, zum Beispiel Kapiteln vorangestellt werden. Häufig wird auf Zitate von literarischen oder wissenschaftlichen Autoritäten zurückgegriffen.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mottos sind ein relativ modernes literarisches Phänomen, allerdings waren Wahlsprüche und Autorendevisen, die als ihre Vorläufer gelten, schon im Mittelalter verbreitet. Zuerst vor allem in wissenschaftlichen Werken zu finden und ansonsten nur wenig vertreten, fanden sie Ende des 18. Jahrhunderts vermehrt Zuspruch. Als Auslöser hierfür gilt ihre häufige Verwendung in der englischen Schauerliteratur dieser Zeit, wobei diese Mode sich unter anderem durch den großen Erfolg der historischen Romane Walter Scotts in vielen Ländern verbreitete. Insbesondere Werke der Romantik bedienten sich häufig Mottos, während sie im Realismus nur selten Verwendung fanden.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Karl Philipp Moritz, Andreas Hartknopf, Roman. Motto: „Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.“ (2. Korinther, 3,6)
- Arthur Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit, Motto: „Das Glück ist keine leichte Sache: es ist sehr schwer, es in uns selbst, und unmöglich, es anderswo zu finden.“ (Nicolas Chamfort)
- Hermann Hesse, Kurgast, Erzählung. Motto: „Müßiggang ist aller Psychologie Anfang.“ (Friedrich Nietzsche)
- Peter Handke, Wunschloses Unglück, Erzählung. Mottos: „He not busy being born is busy dying“ (Bob Dylan) – „Dusk was falling quickly. It was just after 7 p. m., and the month was October.“ (Patricia Highsmith)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jan Erik Antonsen: Textinseln. Studien zum Motto in der deutschen Literatur vom 17. bis 20. Jahrhundert. Königshausen & Neumann, Würzburg 1998, ISBN 3-8260-1471-5.
- Rudolf Böhm: Das Motto in der englischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Fink Verlag, München 1975.
- Gérard Genette: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Campus, Frankfurt am Main/New York 1989, ISBN 3-593-34061-5; Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-518-29110-6, S. 141–156.
- Krista Segermann: Das Motto in der Lyrik. Funktion und Form des „épigraphe“ vor Gedichten der französischen Romantik sowie der nachromantischen Zeit. Fink Verlag, München 1977, ISBN 3-7705-0876-9.
- Daniel Kampa: Mottofänger. Eine Sammlung prominenter Zitate. Diogenes, Zürich 2011, ISBN 978-3-257-79726-8.
- Eberhard Rohse: „Im Anfang war das Wort.“ Bibel- und Literaturzitate als Gedicht-Motti „unpolitischer“ Lyrik Hoffmanns von Fallersleben. In: Cord-Friedrich Berghahn, Gabriele Henkel und Kurt G.P. Schuster (Hrsg.): August Heinrich Hoffman von Fallersleben im Kontext des 19. Jahrhunderts und der Moderne. Internationales Symposion Fallersleben 2027 (= Braunschweiger Beiträge zur deutschen Sprache und Literatur, Bd. 18). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2019, ISBN 978-3-7395-1098-9, S. 91–136.