Verdacht (1941)
Film | |
Titel | Verdacht |
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Originaltitel | Suspicion |
Produktionsland | USA |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 1941 |
Länge | 99 Minuten |
Altersfreigabe | |
Produktionsunternehmen | RKO Pictures |
Stab | |
Regie | Alfred Hitchcock |
Drehbuch | |
Produktion | Harry E. Edington |
Musik | Franz Waxman |
Kamera | Harry Stradling Sr. |
Schnitt | William Hamilton |
Besetzung | |
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→ Synchronisation |
Verdacht ist ein US-amerikanischer Psychothriller von Alfred Hitchcock aus dem Jahr 1941 mit Cary Grant und Joan Fontaine in den Hauptrollen. Die Romanvorlage Vor der Tat (Before the Fact) schrieb Anthony Berkeley unter dem Pseudonym Francis Iles. Der Film wurde von RKO produziert.
Handlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Johnnie Aysgarth – ein gutaussehender und charmanter junger Mann – trifft während einer Zugfahrt auf die schüchterne Lina McLaidlaw, die Tochter eines strengen Ex-Generals, und borgt sich von ihr etwas Geld für die Zugkarte. In einer Zeitung entdeckt Lina Johnnie auf einem Foto der High Society und schließt daraus, dass er reich und angesehen ist. Obwohl sie sich ihm gegenüber zunächst kühl verhält, fühlt sie sich schnell zu ihm hingezogen. Auf einem Jägerball kommt es einige Zeit später zu einem Wiedersehen: Johnnie ist zwar ein Mädchenschwarm – jede scheint ihn zu kennen, und mit jeder scheint er zu flirten –, doch er ist nur an Lina interessiert. Sie heiraten heimlich gegen den Willen von Linas Vater, der davon gehört hat, dass Johnnie ein Taugenichts sei. Nach einer langen Hochzeitsreise durch Europa beziehen die Frischvermählten eine Villa in einem Dorf in Sussex.
Bereits nach kurzer Zeit muss Lina jedoch entdecken, dass ihr Mann durchaus auch Schattenseiten hat: Johnnie entpuppt sich als Spieler, der das Hochzeitsgeschenk von Linas Vater – ein Familienerbstück der McLaidlaws – verkauft und mit dem erhaltenen Geld auf der Pferderennbahn wettet. Auch wird Lina von Johnnies bestem Freund Beaky gewarnt, ihr Mann sei ein unverbesserlicher, aber äußerst charmanter Spieler, der immer die unterhaltsamsten Lügengeschichten erzähle. Mehrmals verspricht Johnnie Lina, sich zu bessern, und nimmt eine Stelle als Makler bei seinem Vetter Captain Melbeck an.
Bei einem Besuch im Maklerbüro erfährt Lina, dass ihr Mann wegen Unterschlagung bereits vor sechs Wochen entlassen wurde. Captain Melbeck verspricht jedoch, es nicht zu einer Anzeige kommen zu lassen, falls Johnnie das unterschlagene Geld zurückzahlt.
Enttäuscht von der Unterschlagung und der Verheimlichung, möchte Lina Johnnie verlassen. Davon wird sie jedoch abgehalten, als überraschenderweise ihr Vater an einem Herzinfarkt stirbt. Johnnie zeigt sich enttäuscht über die kleine Erbschaft, als er und Lina nur ein Porträt erben.
Nun will Johnnie mit Beaky eine auf wackligen Füßen stehende Immobilienfirma gründen, finanziert mit dem Geld des naiv-gutmütigen Beaky. Lina warnt Beaky vor Johnnies Geldverschwendungen und Tricks, doch Johnnie besteht darauf, dass seine Frau sich aus der Firmengründung heraushält, gibt allerdings seinen Immobilienplan später wieder auf.
Als Beaky nach Paris will, um die Firma aufzulösen, möchte ihn Johnnie bis London begleiten. Kurz darauf erfährt Lina von der Polizei, dass Beaky unter mysteriösen Umständen in Paris gestorben ist. Die Umstände von Beakys Tod und dass ihr vom Hotel am Telefon gesagt wird, dass Johnnie abgereist sei, lassen Lina darauf schließen, dass ihr Ehemann für Beakys Tod verantwortlich ist. Sie fängt an, heimlich seine Post zu lesen, und kommt schließlich aufgrund des Inhalts eines Briefes zu der Überzeugung, ihr Mann wolle sie vergiften, um an ihre Lebensversicherung zu kommen. Auch befragt Johnnie seine Freundin, die Kriminalautorin Isobel Sedbusk, intensiv nach dem Gebrauch und den Eigenschaften von Giftmitteln.
Eines Abends bringt Johnnie Lina ein Glas Milch ans Bett. Aus Angst, dass es vergiftet ist, lässt sie es stehen. Am nächsten Morgen packt Lina ihre Sachen und möchte zumindest für einige Zeit zu ihrer Mutter ziehen; Johnnie besteht darauf, sie zu fahren. Bei der schnellen Fahrt entlang der steilen Felsenklippe steigert sich ihr Verdacht in panische Todesangst, als sich ihre Autotür plötzlich öffnet. Johnnie greift zu ihr hinüber, was diese als Versuch interpretiert, sie hinauszustoßen. Es kommt zu einer endgültigen Aussprache: Johnnie wollte seinem Leben die ganze Zeit ein Ende setzen. Nun wolle er sich allerdings seiner Verantwortung stellen, auch wenn er für die Veruntreuung bei Melbeck hinter Gitter müsse. Zur Zeit von Beakys Tod sei er in Liverpool gewesen, um sich Geld für Melbeck zu beschaffen. Lina glaubt Johnnie, und so versöhnt sich das Ehepaar.
Hintergrund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Roman von Francis Iles sah ein völlig anderes Ende vor: Lina trinkt die Milch, obwohl sie sich der tödlichen Zutat bewusst ist, und schickt ihren weinenden Mann hinaus. Sie nimmt so ihrem mörderischen, nun aber zaudernden Gatten die Entscheidung über ihr Ende aus der Hand. Das Buch schließt mit den Worten: „It did seem a pity that she had to die, when she would have liked so much to live“ (deutsch: „Es war wirklich schade, dass sie sterben musste, wo sie doch so gerne gelebt hätte“), mit denen der Mörder einen ihn entlarvenden Brief Linas nichtsahnend in den Briefkasten wirft.
Ein solches Ende galt in der amerikanischen Filmwelt von 1941 als unattraktiv – weder der Hays Code noch große Teile des Publikums und Cary Grant selbst hätten ihn als kaltblütigen Frauenmörder akzeptiert; es musste also ein Happy End her. Als jedoch ein leitender RKO-Mitarbeiter nach rigoroser Entfernung aller Verdachtsmomente gegen den Hauptdarsteller die Hitchcock-Fassung auf weniger als 60 Minuten zusammengeschnitten hatte, gestattete der Chef des Studios dem Regisseur, die meisten der eliminierten Szenen wieder einzufügen.[2] So kam der Film mit dem recht abrupten Happy End in die Kinos. In seinem Gespräch mit François Truffaut gab Hitchcock zu, dass ihm der Schluss des Films nicht gefalle. „Ich hatte einen anderen, der ganz verschieden war von dem des Romans. Wenn am Ende des Films Cary Grant Joan Fontaine das Glas vergiftete Milch bringt, hätte sie gerade einen Brief schreiben sollen, und zwar an ihre Mutter: Liebe Mutter, ich liebe ihn wahnsinnig, aber ich will nicht mehr länger leben. Er will mich töten, und da will ich lieber sterben. Aber ich finde, die Gesellschaft muss vor ihm geschützt werden.“ Hitchcock hatte vor, dass sie Cary Grant bittet, den Brief abzuschicken, was dieser auch nichtsahnend tut.[3]
Hitchcock hob auch Joan Fontaines Leistung hervor: „Gleich bei den ersten Aufnahmen (…) wusste ich, dass sie der Figur am nächsten kam. Anfangs fand ich, dass sie sich ihrer schauspielerischen Fähigkeiten wenig bewusst war, aber ich sah, dass sie das Talent zu einem kontrollierten Spiel besaß, und hielt sie für fähig, die Rolle auf eine stille, scheue Weise zu verkörpern“.[4] In der Szene, in der Johnnie die Treppe hinaufsteigt, um Lina das Glas Milch zu bringen, erzielte Hitchcock die Überhöhung der Requisite – das Leuchten des vermeintlich tödlichen Getränks –, indem er ein Lämpchen in der Flüssigkeit installierte.
Der Hund im Film ist ein Sealyham Terrier. Hitchcock hielt selber mehrere Jahre lang Sealyhams. Auch in seinem Film Die Vögel begleiten Sealyhams seinen Cameo beim Verlassen des Zoogeschäfts. Hitchcock selbst hat auch in Verdacht wie üblich einen Cameo, als er einen Brief im örtlichen Postamt einwirft.
1988 erschien nach demselben Drehbuch das Remake Suspicion für die Fernsehreihe American Playhouse. Die Szenen und Dialoge dieser englischen Produktion sind fast identisch mit dem Original, sie wurden zusammen mit der Ausstattung nur etwas modernisiert.
Synchronisation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die erste Synchronfassung wurde 1948 im Filmstudio Tempelhof produziert.[5] Die zweite Synchronfassung entstand 1965 bei der Berliner Synchron unter Dialogregie von Klaus von Wahl, das Dialogbuch verfasste Bodo Francke.[6] Heute wird ausschließlich die zweite Synchronfassung verwendet.
Kritiken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 14. November 1941 wurde der Film in den Vereinigten Staaten uraufgeführt. Der Film war ein Erfolg bei Kritikern und war an den Kinokassen erfolgreich. Bis heute erhält Verdacht trotz gelegentlicher Kritik am Ende überwiegend positive Rezensionen, bei dem US-Kritikerportal Rotten Tomatoes besitzt er beispielsweise eine Bewertung von 97 %.[7]
Das Lexikon des internationalen Films schreibt: „Ein leiser, in der Spannungssteigerung hervorragend komponierter Thriller im Stil eines Kammerspiels, der zwischen Melodram und ironischem Augenzwinkern pendelt und geschickt mit der Ambivalenz von Schein und Sein operiert.“[8] Die Süddeutsche Zeitung urteilte: „Der nachmalige Hochspannungskünstler Alfred Hitchcock setzte damals noch ganz auf die psychologische Nuance.“
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1941: New York Film Critics Circle Award für Joan Fontaine (Kategorie: Beste Hauptdarstellerin)
- 1942: Oscar für Joan Fontaine (Beste Hauptdarstellerin), zwei weitere Nominierungen (Bester Film, Beste Filmmusik – Drama[9])
- 1948: Kinema Junpo Award für Alfred Hitchcock (Bester fremdsprachigen Film)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Francis Iles [Anthony Berkeley]: Vor der Tat. Ein klassischer Kriminalroman aus dem Jahre 1932 (OT: Before the fact). Heyne, München 1979. ISBN 3-453-10435-8
- Robert A. Harris, Michael S. Lasky, Hrsg. Joe Hembus: Alfred Hitchcock und seine Filme (OT: The Films of Alfred Hitchcock). Citadel-Filmbuch bei Goldmann, München 1976. ISBN 3-442-10201-4
- François Truffaut: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? Aktualisierte Taschenbuchausgabe. München: Heyne 2003. ISBN 978-3-453-86141-1
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Freigabebescheinigung für Verdacht. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, November 2006 (PDF; Prüfnummer: 25 910 V/DVD/UMD).
- ↑ Robert A. Harris, Michael S. Lasky: Alfred Hitchcock und seine Filme. Hrsg.: Joe Hembus. Wilhelm Goldmann Verlag, München 1976 (Originalausgabe).
- ↑ Zit. nach Hitchcock/Truffaut, S. 131 f.
- ↑ Zit. nach Hitchcock/Truffaut, S. 130.
- ↑ Verdacht – 1. Synchro (1948). In: Deutsche Synchronkartei. Abgerufen am 12. Februar 2021.
- ↑ Verdacht – 2. Synchro (1965). In: Deutsche Synchronkartei. Abgerufen am 12. Februar 2021.
- ↑ Suspicion. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 13. Dezember 2022 (englisch).
- ↑ Verdacht. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 27. Juni 2017.
- ↑ THE 14TH ACADEMY AWARDS 1942 in der Academy Awards Database, abgerufen am 14. November 2016.