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fahnden

Aus Wiktionary, dem freien Wörterbuch
Dieser Eintrag war in der 21. Woche
des Jahres 2017 das Wort der Woche.

fahnden (Deutsch)

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Person Wortform
Präsens ich fahnde
du fahndest
er, sie, es fahndet
Präteritum ich fahndete
Konjunktiv II ich fahndete
Imperativ Singular fahnd!
fahnde!
Plural fahndet!
Perfekt Partizip II Hilfsverb
gefahndet haben
Alle weiteren Formen: Flexion:fahnden

Worttrennung:

fahn·den, Präteritum: fahn·de·te, Partizip II: ge·fahn·det

Aussprache:

IPA: [ˈfaːndn̩]
Hörbeispiele: Lautsprecherbild fahnden (Info)
Reime: -aːndn̩

Bedeutungen:

[1] (jemanden, etwas) polizeilich suchen (zwecks Verhaftung oder Beschlagnahme)
[2] übertragen: intensiv versuchen, (jemanden, etwas) ausfindig zu machen

Herkunft:

Es handelt sich um ein seit dem 8. Jahrhundert[1][2] bezeugtes Erbwort aus althochdeutschem fantōn → goh[1][2]durchforschen[2], dessen mittelhochdeutsche Formen vanden → gmh[1][2] und vannen → gmh[1][2]besuchen[1][2], heimsuchen[1]‘ lauteten (vergleiche mittelniederdeutsch vanden → gml[1][2] und vannen → gml[1][2]aufsuchen[3], besuchen[1][2][3], heimsuchen[1]‘). All diese Formen gehen auf ein (nicht bezeugtes aber erschlossenes) westgermanisches Verb *fand-ō-suchen, erforschen‘ zurück[1], dem ebenfalls die altenglischen Formen fandian → ang[1][2] und fandigan → ang[1]untersuchen, versuchen, prüfen[2], die altfriesischen Formen fandia → ofs[1] und fondia → ofs[1] sowie die altsächsische Form fandon → osx[1][2]versuchen, nachstellen, heimsuchen[2] entspringen, und das der (nicht belegten aber erschlossenen) indoeuropäischen Wurzel *pent(h)-treten, gehen, worauf treten, antreffen, prüfen[2] entstammt.
Die alt- und mittelhochdeutschen Formen stehen als Intensivbildung im Ablaut zum Verb finden.[1][2]
Bis ins 16. Jahrhundert ist das Verb in der Bedeutung ‚besuchen‘ bezeugt.[2] Erst im 18. Jahrhundert[1] beziehungsweise gegen Ende des 18. Jahrhunderts[2] erscheint es in der speziellen Bedeutung ‚polizeilich suchen[1][2] und ist in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Polizeisprache allgemein bekannt[2]. Die neuhochdeutsche[1] Laut- und Bedeutungsentwicklung (Dehnung des -a-)[2] sowie Schreibung[1] ist womöglich durch fahen[1][2], der älteren Form von fangen[2], bestimmt[1].

Sinnverwandte Wörter:

[1] durchkämmen, durchforschen, durchforsten, durchsuchen, ermitteln, forschen, jagen, nachgehen, recherchieren, sich umsehen, sich umtun
[1] österreichisch, schweizerisch: eruieren
[1] bildungssprachlich veraltet: vigilieren
[1] fachsprachlich: detektieren; Jägersprache: spüren (nach)
[1] umgangssprachlich: hinter etwas her sein, hinter jemandem her sein
[2] durchsuchen, jagen, nachgehen, spüren (nach), stöbern, sich umsehen, sich umtun
[2] umgangssprachlich: hinter etwas her sein, hinter jemandem her sein

Oberbegriffe:

[1, 2] suchen

Beispiele:

[1] „Der Pöbel bekäm’ die Erlaubniß bald
Zu ſchimpfen ſtatt zu wedeln;
Die Polizei erhielte Befehl
Zu fahnden auf den Edeln.“[4]
[1] „Als eine engliſche Parlamentsacte vom Jahr 1839 die engliſchen Kreuzer ermächtigte, auf verdächtige Portugieſiſche Sclavenſchiffe zu fahnden, wurde dieſelbe vielſeitig als eine völkerrechtswidrige Anmaßung Englands getadelt.“[5]
[1] „Man hat nach den intellektuellen Urhebern des Abstimmungsergebnisses gefahndet.[6]
[1] „All die Menschen, nach denen er fahnden mußte, hatte er immer für Feinde der Ordnung gehalten, so wie er sich die Ordnung vorstellte. Auch noch heute hielt er die Menschen, nach denen er fahndete, für die Feinde der Ordnung, wie er sich Ordnung vorstellte.“[7]
[1] „Noch Jahre danach fahndete die Geheime Polizei des Volkes nach den Führern des Streiks und holte sie aus den Wohnungen, wo sie sich finden ließen in dem Glauben nicht schuldig zu sein.“[8]
[1] „Gestern abend war sie bei mir, trostlos, verstört, ich bot ihr an, die Nacht in meinem Zimmer zu bleiben, ich warnte sie, in das Haus ihres Mannes zurückzukehren, dort zuerst würde die Polizei nach ihr fahnden, sie blieb meinen Worten taub.“[9]
[1] „Die spanische und die chilenische Polizei fahndeten nach ihm in aller Welt.“[10]
[1] „Die Tatsache, daß die totalitäre Geheimpolizei nicht mehr nach »verdächtigen Personen« fahndet, sondern »objektive Gegner« vernichtet, steht im engen Zusammenhang mit einer grundsätzlichen Änderung ihrer Stellung und Funktion im Machtapparat.“[11]
[1] „Der Gerichtspräsident gab durch Ausruf und Anschlag bekannt, daß der berüchtigte Mädchenmörder, nach dem man fast ein Jahr lang gefahndet habe, endlich gefaßt und in festem Gewahrsam sei.“[12]
[2] „Da bekam ich die so oft gehörte Antwort, daß wir Psychoanalytiker auch dort nach unbewußten Gründen fahnden, wo solche überhaupt nicht existieren, usw.“[13]
[2] „‚[…] Aus dieſem Befund iſt die Unſolidität Ihres Wärmehaushalts nicht recht zu erklären, Mann; der Arzt ſieht ſich in die Notwendigkeit verſetzt, nach neuen Urſachen zu fahnden.‘“[14]
[2] „»Kalt«, ſagte er dann, zog den Mantelkragen hoch, ſchüttelte ſich und fahndete nach einer Zigarette.“[15]
[2] „Jeder neue Entlarvungsversuch gräbt in der gleichen Richtung nach einer noch ursprünglicheren Täuschungsquelle, verdächtigt jedes Gesicht als Maske und fahndet hinter allen Masken nach dem wahren Gesicht.“[16]
[2] „»Ich weiß nicht. Ich glaube, der wird dringend gesucht, dein Doktor. Da, dein Cognac, und verdrück dich schnell, mindestens siebzehn alte und junge Weiber fahnden nach dir; rasch, da kommt wieder eine die Treppe herunter.«“[17]
[2] „Robert schrieb drei Tage an seiner Hamburg-Reportage; zwischendurch fuhr er seine Frau in die Klinik, überwachte das Frühstück und die Schularbeiten seines Sohnes, beantwortete dessen Fragen nach dem Zusammenhang zwischen trockenem Schnee und nassen Füßen und stellte entschieden klar, daß zwischen der Grimmschen Knusperhexe und einer gewissen Nachbarin keinerlei Beziehungen bestünden, kochte einmal weiße Bohnen, und zwar so viel, daß es für drei Mahlzeiten reichte, nahm vierundzwanzig Telefongespräche entgegen, beantwortete nicht einen von sechs Briefen, suchte anderthalb Stunden nach seinem Fremdwörterlexikon und fand es schließlich im Kinderzimmer, wo es einer Großgarage als Fundament diente, fahndete drei Stunden nach Zitronenextrakt und fand keinen, rauchte zweiundsiebzig Zigaretten, über die seine Frau pro Stück zweiundzwanzig Worte machte, die alle wie Lungenkrebs klangen, besuchte eine Mitgliederversammlung des Journalistenverbandes und eine der Parteiorganisation des gleichen Verbandes, hörte in beiden annähernd das gleiche, wurde jedoch in der einen mit Kollege und in der anderen mit Genosse angesprochen, und schrieb bei alledem genau zwölf Seiten à dreißig Zeilen über die Hochwasserfolgen in Hamburg.“[18]
[2] „Da sich der Bestand von Gesellschaften oder sozialen Teilsystemen bisher nicht problemlos feststellen läßt, hat die theoriestrategische Wahl des Begriffs der Systemrationalität eine Entscheidung zwischen (mindestens) drei Alternativen zur Folge: entweder normativistisch zu verfahren, d. h. Grenzen und Zielzustände des untersuchten sozialen Systems festzusetzen (dafür bietet die organisationssoziologische Forschungspraxis Beispiele; hierzu gehört aber auch Etzionis Konzept einer »aktiven Gesellschaft«, das sich auf postulierte Grundbedürfnisse stützt); oder radikal-funktionalistisch zu verfahren, d. h. in einem gegebenen Kontext unter beliebig variierten Bezugspunkten nach funktionalen Äquivalenzen zu fahnden (Luhmann); oder schließlich die sozialwissenschaftliche Anwendung der Systemtheorie abhängig zu machen von einer (erforderlichen) Theorie der sozialen Evolution, die eine nicht-konventionelle Bestimmung von Entwicklungsniveaus und damit von Grenzwerten identitätsbedrohender Systemänderungen erlauben soll.“[19]
[2] „Er fährt durch die Straßen, als fahnde er nach einem Todfeind.“[20]
[2] „So fahnde er eigentlich nach der eigenen Zeit.“[21]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] nach jemandem/veraltet: auf jemanden fahnden; nach etwas/veraltet: auf etwas fahnden; bundesweit, europaweit, international, landesweit, national, weltweit fahnden; mit einem Großaufgebot, per Haftbefehl fahnden; fieberhaft, mit Hochdruck fahnden; tagelang, wochenlang, monatelang fahnden
[2] nach jemandem, etwas fahnden

Wortbildungen:

[1] Fahnder, Fahndung

Übersetzungen

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[1, 2] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „fahnden
[*] Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch – elexiko „fahnden
[1] The Free Dictionary „fahnden
[1, 2] Duden online „fahnden
[1, 2] Großes Wörterbuch der deutschen Sprache „fahnden“ auf wissen.de
[1] PONS – Deutsche Rechtschreibung „fahnden
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-Portalfahnden
[1] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „fahnden
[1, 2] Renate Wahrig-Burfeind: Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch. Mit einem Lexikon der Sprachlehre. In: Digitale Bibliothek. 9., vollständig neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. wissenmedia in der inmedia ONE GmbH, Gütersloh/München 2012, ISBN 978-3-577-07595-4 (CD-ROM-Ausgabe), Stichwort »fahnden«.
[1, 2] Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 8., überarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-411-05508-1, Stichwort »fahnden«, Seite 571.

Quellen:

  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 1,12 1,13 1,14 1,15 1,16 1,17 1,18 1,19 1,20 1,21 1,22 Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 978-3-11-017473-1, DNB 965096742, Stichwort »fahnden«, Seite 271.
  2. 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 2,11 2,12 2,13 2,14 2,15 2,16 2,17 2,18 2,19 2,20 2,21 Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, digitalisierte und aufbereitete Ausgabe basierend auf der 2., im Akademie-Verlag 1993 erschienenen Auflage. Stichwort „fahnden
  3. 3,0 3,1 Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 8., überarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-411-05508-1, Stichwort »fahnden«, Seite 571.
  4. Heinrich Heine: Deutſchland. Ein Wintermährchen. 1. Auflage. Bei Hoffmann und Campe, Hamburg 1844, Seite 141 (Zitiert nach Deutsches Textarchiv).
  5. Dr. J[ohann]. C[aspar]. Bluntſchli: Das moderne Völkerrecht der civiliſirten Staten als Rechtsbuch dargeſtellt. 1. Auflage. Druck und Verlag der C. H. Beck’ſchen Buchhandlung, Nördlingen 1868, Seite 202 (Zitiert nach Deutsches Textarchiv).
  6. Wolfgang Langhoff; mit einem Vorwort von Willi Dickhut: Die Moorsoldaten. 13 Monate Konzentrationslager. 4. Auflage. Schweizer Spiegel Verlag, Zürich 1935, Seite 276 (Zitiert nach Google Books).
  7. Anna Seghers: Das siebte Kreuz. Aufbau Verlag, Berlin 1961, Seite 294 (Zitiert nach Google Books; Erstausgabe im Verlag “El Libro Libre”, Mexiko 1942).
  8. Uwe Johnson: Das dritte Buch über Achim. Roman. [5. Auflage,] 21.–25. Tausend, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1962, Seite 328 (Erstausgabe 1961).
  9. Ernst Toller: Eine Jugend in Deutschland. Ungekürzte Ausgabe [1.–30. Tausend], Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1963 (rororo Taschenbuch Ausgabe 583), Seite 65 (Zitiert nach Internet Archive; Erstausgabe im Querido Verlag, Amsterdam 1933).
  10. Hans Magnus Enzensberger: Der kurze Sommer der Anarchie. Buenaventura Durrutis Leben und Tod. Roman. 1. Auflage. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1972, ISBN 3-518-02760-3, Seite 287.
  11. Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Band 1: Der Antisemitismus, Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1975 (Ullstein-Bücher ; Nummer 3181) (Originaltitel: The Origins of Totalitarianism, übersetzt von der Verfasserin selbst), ISBN 3-548-03181-1, Seite 190 (Deutsche Erstausgabe in der Europäischen Verlags-Anstalt, Frankfurt am Main 1955).
  12. Patrick Süskind: Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders. Diogenes, Zürich 1985, ISBN 3-257-01678-6, Seite 287.
  13. Dr. J. Hárnik: Zum „Hinauswerfen von Gegenständen aus dem Fenster durch kleine Kinder“. In: Prof. Dr. Sigmund Freud et al. (Herausgeber): Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse. Offizielles Organ der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Ⅵ. Jahrgang, Heft 2, Wien 1920, Seite 160 (Zitiert nach Internet Archive).
  14. Thomas Mann: Der Zauberberg. Roman. Hundertſte Auflage. Zweiter Band, S. Fiſcher Verlag, Berlin 1928, Seite 479 (Zitiert nach Google Books; Erstausgabe 1924).
  15. Albrecht Goes: Unruhige Nacht. Friedrich Wittig Verlag, Hamburg 1950, Seite 70 (Zitiert nach Google Books).
  16. Helmuth Plessner: Die verspätete Nation. Über die politische Verführbarkeit bürgerlichen Geistes. 2., erweiterte Auflage. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1959, Seite 94 (Zitiert nach Google Books; 1. Auflage unter dem Titel „Das Schicksal deutschen Geistes im Ausgang seiner bürgerlichen Epoche“ im Max Niehans Verlag, Zürich 1935).
  17. Heinrich Böll: Billard um halb zehn. Roman. Insel-Verlag, [Leipzig] 1961, Seite 56 (Ausgabe für die DDR; Lizenz des Verlags Kiepenheuer & Witsch, Köln; Erstausgabe im Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1959).
  18. Hermann Kant: Die Aula. Roman. Rütten & Loening, Berlin 1965, Seite 243.
  19. Jürgen Habermas: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus. Erstausgabe. 1. Auflage. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1973, ISBN 3-518-00623-1, Seite 191.
  20. Martin Walser: Halbzeit. Roman. 1. Auflage. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1997 (Suhrkamp-Taschenbuch ; 2657), ISBN 3-518-39157-7, Seite 431 (Erstausgabe 1960).
  21. Adolf Muschg: Sutters Glück. 1. Auflage. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003 (Suhrkamp-Taschenbuch ; 3442), ISBN 3-518-39942-X, Seite 12 (Erstausgabe 2001).

Ähnliche Wörter (Deutsch):

ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen:
Levenshtein-Abstand von 1: ahnden, fanden
Levenshtein-Abstand von 2: wanden