Spiritova, M. et al. (ed.) Eigenbilder – Fremdbilder – Identitäten. Wahrnehmungen im östlichen Europa im Wandel, 2020
Der Aufsatz leistet einen Beitrag zur Debatte um soziale Differenzierungen in ländlichen Räumen u... more Der Aufsatz leistet einen Beitrag zur Debatte um soziale Differenzierungen in ländlichen Räumen und die Transformation ländlicher Alltagswelten durch privilegierte Mobilitäts- und Migrationspraxen. Mithilfe des Konzepts der Lifestyle Migration untersuche ich die Selbstwahrnehmungen und symbolischen Distinktionen tschechischer AkademikerInnen, die ihren Lebensmittelpunkt vollständig oder partiell in eine peripherialisierte ländliche Region im Westböhmischen Grenzland verlegt haben. Ihre Relokalisierung wird hier zum Mittel, um Selbstverwirklichung und einen erwünschten Lebensstil zu erreichen und ist eng verknüpft ist mit der Erweiterung von Handlungsfähigkeit und ihrer Identität als aktive BürgerInnen. Um ihre Erfahrungen am neuen Ort zu verhandeln, greifen beide der hier exemplarisch untersuchten Lifestyle Migranten zurück auf soziale Imaginationen ländlicher Räume, das Ideal der Partizipation sowie auf Spekulationen über die moralischen Langzeitfolgen der Wiederbesiedlung der Region nach der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung in Folge des Zweiten Weltkriegs. Ich zeige, wie diese drei Interpretationsrahmen narrativ ineinandergreifen und so Prozesse des ‚othering‘ hervorbringen, die Gruppenidentität der Lifestyle MigrantInnen stärken und ihren Anspruch auf lokale Mitsprache legitimieren.
In this article, manifestations of social disadvantage in peripheral rural settings in the Czech ... more In this article, manifestations of social disadvantage in peripheral rural settings in the Czech Republic are investigated. Based on the theory of local opportunity structures, the authors identify various aspects of the spatial context that intersect with individual handicaps of people and their households and contribute to poverty and social exclusion. Moreover, coping strategies of vulnerable rural inhabitants are investigated. The empirical analysis is based on qualitative interviews with people affected by various forms of disadvantage, living in three economically weak rural regions. Multiple intersections between individual and contextual factors of disadvantage were uncovered. Limited job opportunities and precarious labour conditions within the local labour market, and the absence and difficult accessibility of services, represent the most important restrictions. Households living in poverty, the unemployed, people with care duties and persons with disabilities have very limited possibilities of overcoming the restrictions of a meager local opportunity structure. Their main problem is their low spatial mobility and temporal flexibility. The result is multiplication of individual vulnerabilities in rural localities. Two types of coping strategies, locality-based and mobility-based, have been identified as partial compensation of the existing deficits.
Strategien der Subsistenz Neue prekäre, subversive und moralische Ökonomien, 2017
Der Aufsatz untersucht die Rolle der nicht betriebsförmig organisierten Kleinstlandwirtschaft in ... more Der Aufsatz untersucht die Rolle der nicht betriebsförmig organisierten Kleinstlandwirtschaft in Tschechien vor dem Hintergrund der sich verändernden Lebensbedingungen in ländlichen Räumen. Basierend auf ethnographischen Untersuchungen eines informellen Hofes arbeite ich heraus, wie sich die Kleinstlandwirtschaft im Zeitverlauf dynamisch und in wandelnden Konstellationen zwischen Subsistenz- und Warenproduktion positioniert und wie diese Form des Wirtschaftens angesichts der vielfältigen Prekarisierungserfahrungen meiner Informant*innen interpretiert wird.
Braun, K. et al. (ed.) Wirtschaften. Kulturwissenschaftliche Perspektiven. Marburg, 2019
In diesem Paper zeige ich, wie im Kontext der Herstellung von Obstbrand für den Eigenbedarf in ei... more In diesem Paper zeige ich, wie im Kontext der Herstellung von Obstbrand für den Eigenbedarf in einer Obstbrennerei im ländlichen Tschechien die Unschärfen und Verflechtungen zwischen Markt- und Subsistenzproduktion, Land und Stadt sowie neuen und persistenten Formen kleinstlandwirtschaftlicher Arbeit zu Tage treten und wie das erstarkte Interesse am Selbermachen rückwirkt auf die Handlungsmächtigkeit und Selbstverortungen ländlicher Arbeiterschichten.
Das Paper untersucht anhand teilnehmender Beobachtungen und semistrukturierter Interviews untersc... more Das Paper untersucht anhand teilnehmender Beobachtungen und semistrukturierter Interviews unterschiedliche Formen von Selbstversorgerlandwirtschaft im ländlichen Tschechien. Die Studie trägt zu der in der Europäischen Ethnologie neu belebten Debatte um Ländlichkeit und ländliche Lebenswelten in spätmodernen Gesellschaften bei, indem sie Stimmen und Perspektiven weniger privilegierter Milieus in den Mittelpunkt stellt und unzureichend beachtete Praxen kleinstlandwirtschaftlicher Arbeit untersucht. Vor dem Hintergrund tiefgreifender Transformationsprozesse in postsozialistischen Gesellschaften stellt die Selbstversorgerlandwirtschaft eine eigensinnige wirtschaftliche Praxis und moralische Ökonomie dar, über die Angehörige unterer Schichten Handlungsmächtigkeit, Einkommen, Anerkennung und lebensweltliche Kontinuität erzielen. Im Zusammenhang mit der mitunter konflikthaften sozialen Ausdifferenzierung der Orte durch den Zuzug von Personen aus dem akademischen Kreativmilieu produzieren Ideale und Praxen der Kleinstlandwirtschaft Kontexte, in denen gegenseitige Annäherung, Wertschätzung und Kooperationen möglich sind. Gleichzeitig führt die Begegnung zwischen beiden Gruppen auch Milieudifferenzen vor Augen, die hier am Beispiel der Bedeutung von Fleischkonsum und -produktion sichtbar gemacht und in ihren Folgen erörtert werden.
Das Ländliche hat Konjunktur. Zwischen medialer »Landlust« und realem Struktur-wandel in... more Das Ländliche hat Konjunktur. Zwischen medialer »Landlust« und realem Struktur-wandel in den ländlichen Räumen Europas differenziert es sich dynamisch aus. Idylle oder Problemregion? Arbeitsort oder Freizeitpark? Repräsentationen und lebenswelt-liche Erfahrungen des Ländlichen avancieren zu einem alltagskulturellen Konflikt-feld, auf dem sich vor einem historischen Hintergrund elementare Problemlagen der Gegenwart und die Komplexität von kulturellen Land-Stadt-Beziehungen spiegeln.Die Beiträge des Bandes liefern hierzu Einsichten aus der Forschungsperspektive der Europäischen Ethnologie und rahmen das Thema damit für historische und gegen-wartsbezogene Kulturanalysen begrifflich, methodisch und theoretisch.
The project investigates how public and private discourses on formal debt and practical usage of ... more The project investigates how public and private discourses on formal debt and practical usage of credit and loans influence the citizenship of those who are overindebted, uncovering hierarchies based on the specific use of debt in contemporary Czech society. We understand citizenship as both a legal and a social institution with multiple dimensions and hierarchies which can be conferred or claimed in partial ways. Through a focus on agency, subjectivity, and the representation of ‘struggling debtors’—i.e. those debtors, who experience difficulties repaying loans—the aim is to uncover hierarchies based on the specific use of debt. We introduce the concept of debt circuits to highlight the dynamic dimension of loans, understanding them as flows of money, meanings, and emotions within networks of debtors, creditors, public institutions, technologies, and objects. We analyse (1) the development of the legal framework and public and policy discourse; (2) debt networks and ways of defining the membership and citizenship of ‘struggling debtors’ in three municipalities; and (3) the narratives of debtors and the ways in which their subjectivity, agency, and self-representation is constructed.
Housing precarity as a condition referring to housing insecurity and unaffordability has been on ... more Housing precarity as a condition referring to housing insecurity and unaffordability has been on the rise over the last decade across Europe and beyond. While various studies discuss the character of housing precarity and its links to (subprime) mortgage loans, the role of specific moral economies of debt in enacting housing policies which reinforce housing precarity is less developed in relation to other kinds of loans or the experience of debt enforcement. This article analyses fifty narrative interviews-thirty with debtors and twenty with institutional actors-and employs a processual methodology to highlight the performativity of personal debt and local housing policies. Performativity, enacted and modulated by moral economies of effort, (un)deservingness and (ir)responsibility, contributes to the remaking of housing precarity among indebted people, creating a vicious housing precarity-indebtedness loop. In the conclusion, we highlight the contingent and selective application of local housing policies which exclude the overindebted from municipal housing and discuss possible political and policy actions for overcoming the housing governance which generates this precarity.
Spiritova, M. et al. (ed.) Eigenbilder – Fremdbilder – Identitäten. Wahrnehmungen im östlichen Europa im Wandel, 2020
Der Aufsatz leistet einen Beitrag zur Debatte um soziale Differenzierungen in ländlichen Räumen u... more Der Aufsatz leistet einen Beitrag zur Debatte um soziale Differenzierungen in ländlichen Räumen und die Transformation ländlicher Alltagswelten durch privilegierte Mobilitäts- und Migrationspraxen. Mithilfe des Konzepts der Lifestyle Migration untersuche ich die Selbstwahrnehmungen und symbolischen Distinktionen tschechischer AkademikerInnen, die ihren Lebensmittelpunkt vollständig oder partiell in eine peripherialisierte ländliche Region im Westböhmischen Grenzland verlegt haben. Ihre Relokalisierung wird hier zum Mittel, um Selbstverwirklichung und einen erwünschten Lebensstil zu erreichen und ist eng verknüpft ist mit der Erweiterung von Handlungsfähigkeit und ihrer Identität als aktive BürgerInnen. Um ihre Erfahrungen am neuen Ort zu verhandeln, greifen beide der hier exemplarisch untersuchten Lifestyle Migranten zurück auf soziale Imaginationen ländlicher Räume, das Ideal der Partizipation sowie auf Spekulationen über die moralischen Langzeitfolgen der Wiederbesiedlung der Region nach der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung in Folge des Zweiten Weltkriegs. Ich zeige, wie diese drei Interpretationsrahmen narrativ ineinandergreifen und so Prozesse des ‚othering‘ hervorbringen, die Gruppenidentität der Lifestyle MigrantInnen stärken und ihren Anspruch auf lokale Mitsprache legitimieren.
In this article, manifestations of social disadvantage in peripheral rural settings in the Czech ... more In this article, manifestations of social disadvantage in peripheral rural settings in the Czech Republic are investigated. Based on the theory of local opportunity structures, the authors identify various aspects of the spatial context that intersect with individual handicaps of people and their households and contribute to poverty and social exclusion. Moreover, coping strategies of vulnerable rural inhabitants are investigated. The empirical analysis is based on qualitative interviews with people affected by various forms of disadvantage, living in three economically weak rural regions. Multiple intersections between individual and contextual factors of disadvantage were uncovered. Limited job opportunities and precarious labour conditions within the local labour market, and the absence and difficult accessibility of services, represent the most important restrictions. Households living in poverty, the unemployed, people with care duties and persons with disabilities have very limited possibilities of overcoming the restrictions of a meager local opportunity structure. Their main problem is their low spatial mobility and temporal flexibility. The result is multiplication of individual vulnerabilities in rural localities. Two types of coping strategies, locality-based and mobility-based, have been identified as partial compensation of the existing deficits.
Strategien der Subsistenz Neue prekäre, subversive und moralische Ökonomien, 2017
Der Aufsatz untersucht die Rolle der nicht betriebsförmig organisierten Kleinstlandwirtschaft in ... more Der Aufsatz untersucht die Rolle der nicht betriebsförmig organisierten Kleinstlandwirtschaft in Tschechien vor dem Hintergrund der sich verändernden Lebensbedingungen in ländlichen Räumen. Basierend auf ethnographischen Untersuchungen eines informellen Hofes arbeite ich heraus, wie sich die Kleinstlandwirtschaft im Zeitverlauf dynamisch und in wandelnden Konstellationen zwischen Subsistenz- und Warenproduktion positioniert und wie diese Form des Wirtschaftens angesichts der vielfältigen Prekarisierungserfahrungen meiner Informant*innen interpretiert wird.
Braun, K. et al. (ed.) Wirtschaften. Kulturwissenschaftliche Perspektiven. Marburg, 2019
In diesem Paper zeige ich, wie im Kontext der Herstellung von Obstbrand für den Eigenbedarf in ei... more In diesem Paper zeige ich, wie im Kontext der Herstellung von Obstbrand für den Eigenbedarf in einer Obstbrennerei im ländlichen Tschechien die Unschärfen und Verflechtungen zwischen Markt- und Subsistenzproduktion, Land und Stadt sowie neuen und persistenten Formen kleinstlandwirtschaftlicher Arbeit zu Tage treten und wie das erstarkte Interesse am Selbermachen rückwirkt auf die Handlungsmächtigkeit und Selbstverortungen ländlicher Arbeiterschichten.
Das Paper untersucht anhand teilnehmender Beobachtungen und semistrukturierter Interviews untersc... more Das Paper untersucht anhand teilnehmender Beobachtungen und semistrukturierter Interviews unterschiedliche Formen von Selbstversorgerlandwirtschaft im ländlichen Tschechien. Die Studie trägt zu der in der Europäischen Ethnologie neu belebten Debatte um Ländlichkeit und ländliche Lebenswelten in spätmodernen Gesellschaften bei, indem sie Stimmen und Perspektiven weniger privilegierter Milieus in den Mittelpunkt stellt und unzureichend beachtete Praxen kleinstlandwirtschaftlicher Arbeit untersucht. Vor dem Hintergrund tiefgreifender Transformationsprozesse in postsozialistischen Gesellschaften stellt die Selbstversorgerlandwirtschaft eine eigensinnige wirtschaftliche Praxis und moralische Ökonomie dar, über die Angehörige unterer Schichten Handlungsmächtigkeit, Einkommen, Anerkennung und lebensweltliche Kontinuität erzielen. Im Zusammenhang mit der mitunter konflikthaften sozialen Ausdifferenzierung der Orte durch den Zuzug von Personen aus dem akademischen Kreativmilieu produzieren Ideale und Praxen der Kleinstlandwirtschaft Kontexte, in denen gegenseitige Annäherung, Wertschätzung und Kooperationen möglich sind. Gleichzeitig führt die Begegnung zwischen beiden Gruppen auch Milieudifferenzen vor Augen, die hier am Beispiel der Bedeutung von Fleischkonsum und -produktion sichtbar gemacht und in ihren Folgen erörtert werden.
Das Ländliche hat Konjunktur. Zwischen medialer »Landlust« und realem Struktur-wandel in... more Das Ländliche hat Konjunktur. Zwischen medialer »Landlust« und realem Struktur-wandel in den ländlichen Räumen Europas differenziert es sich dynamisch aus. Idylle oder Problemregion? Arbeitsort oder Freizeitpark? Repräsentationen und lebenswelt-liche Erfahrungen des Ländlichen avancieren zu einem alltagskulturellen Konflikt-feld, auf dem sich vor einem historischen Hintergrund elementare Problemlagen der Gegenwart und die Komplexität von kulturellen Land-Stadt-Beziehungen spiegeln.Die Beiträge des Bandes liefern hierzu Einsichten aus der Forschungsperspektive der Europäischen Ethnologie und rahmen das Thema damit für historische und gegen-wartsbezogene Kulturanalysen begrifflich, methodisch und theoretisch.
The project investigates how public and private discourses on formal debt and practical usage of ... more The project investigates how public and private discourses on formal debt and practical usage of credit and loans influence the citizenship of those who are overindebted, uncovering hierarchies based on the specific use of debt in contemporary Czech society. We understand citizenship as both a legal and a social institution with multiple dimensions and hierarchies which can be conferred or claimed in partial ways. Through a focus on agency, subjectivity, and the representation of ‘struggling debtors’—i.e. those debtors, who experience difficulties repaying loans—the aim is to uncover hierarchies based on the specific use of debt. We introduce the concept of debt circuits to highlight the dynamic dimension of loans, understanding them as flows of money, meanings, and emotions within networks of debtors, creditors, public institutions, technologies, and objects. We analyse (1) the development of the legal framework and public and policy discourse; (2) debt networks and ways of defining the membership and citizenship of ‘struggling debtors’ in three municipalities; and (3) the narratives of debtors and the ways in which their subjectivity, agency, and self-representation is constructed.
Housing precarity as a condition referring to housing insecurity and unaffordability has been on ... more Housing precarity as a condition referring to housing insecurity and unaffordability has been on the rise over the last decade across Europe and beyond. While various studies discuss the character of housing precarity and its links to (subprime) mortgage loans, the role of specific moral economies of debt in enacting housing policies which reinforce housing precarity is less developed in relation to other kinds of loans or the experience of debt enforcement. This article analyses fifty narrative interviews-thirty with debtors and twenty with institutional actors-and employs a processual methodology to highlight the performativity of personal debt and local housing policies. Performativity, enacted and modulated by moral economies of effort, (un)deservingness and (ir)responsibility, contributes to the remaking of housing precarity among indebted people, creating a vicious housing precarity-indebtedness loop. In the conclusion, we highlight the contingent and selective application of local housing policies which exclude the overindebted from municipal housing and discuss possible political and policy actions for overcoming the housing governance which generates this precarity.
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Papers by Anja Decker
Keywords: rural anthropology, informelle Ökonomien, soziale Ungleichheit, Selbstversorgerlandwirtschaft, Tschechische Republik, Fleisch
Books by Anja Decker
Einleitung zum Download: http://www.transcript-verlag.de/media/pdf/68/48/89/ts4990_1.pdf
Drafts by Anja Decker
Research Articles by Anja Decker
Keywords: rural anthropology, informelle Ökonomien, soziale Ungleichheit, Selbstversorgerlandwirtschaft, Tschechische Republik, Fleisch
Einleitung zum Download: http://www.transcript-verlag.de/media/pdf/68/48/89/ts4990_1.pdf