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Rechtsfragen März 2005

From Meta, a Wikimedia project coordination wiki
Abstract: This is a legal opinion of two German lawyers for Wikimedia Germany e.V. (published under GFDL)


Die folgende Sammlung von Antworten zu ausgewählten Rechtsfragen wurde vom Verein Wikimedia e.V in Auftrag gegeben. Der Text ist unter den Bedingungen der GFDL auch als PDF und OpenOfficeWriter-Datei verfügbar.

AUSGEWÄHLTE RECHTLICHE ASPEKTE DER ERSTELLUNG VON BEITRÄGEN FÜR WIKIPEDIA
Eine kurze Darstellung der bestehenden Probleme in Frage-/Antwortform
JBB Rechtsanwälte Dr. Till Jäger, München; Dr. Carsten Schulz, München
März 2005

Inhalt

Einführung

Die nachfolgenden Hinweise sollen eine erste Orientierung für alle diejenigen geben, die Wikipedia nicht nur nutzen möchten, sondern auch eigene Beiträge für Wikipedia zur Verfügung stellen. Dabei sollte eines klar sein: Rechtsberatung im Einzelfall kann und darf dabei an dieser Stelle nicht gegeben werden. Es handelt sich vielmehr auch nicht um eine kurze, erschöpfende Darstellung aller Urheberrechtsfragen und Fragen zur Bild- und Textnutzung, die im Zusammenhang mit Wikipedia auftauchen können, sondern lediglich um eine kursorische Übersicht über mögliche Problemfelder.

Unter Juristen sind zahlreiche Rechtsfragen, die die Nutzung und Einstellung von Beiträgen bei Wikipedia betreffen, umstritten. Die Vielzahl dieser unterschiedlichen Meinungen konnte hier unmöglich vollständig aufgearbeitet werden. Der nachfolgende Fragen-/Antwortenkatalog ist daher von vornherein auf die Darstellung einzelner Ansichten beschränkt. Dabei wird vorrangig die jeweils in der Rechtsprechung vorherrschende Auffassung nachgezeichnet, um auf diese Weise eine zügige Orientierung für die Praxis zu ermöglichen.

Die Darstellung befindet sich auf dem Stand von Rechtsprechung und Gesetzgebung im Februar 2005.

Urheberrecht

I. Anwendbares Recht

1) Wann ist welches Recht für urheberrechtliche Fragen des deutschsprachigen Wikipedia-Angebotes anwendbar?

Die Frage nach dem anwendbaren Recht richtet sich nach dem Internationalen Privatrecht (IPR), das sich – anders als der Name vermuten lässt – aus den jeweiligen nationalen Regelungen eines Staates zu grenzüberschreitenden Sachverhalten ergibt. Das deutsche IPR kennt keine expliziten gesetzlichen Regelungen für urheberrechtliche Fragen, die Gerichte wenden aber das sogenannte „Schutzlandprinzip“ an. Dieses Prinzip beruht auf der Überlegung, dass die Geltung von nationalen urheberrechtlichen Befugnissen auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt ist. Dem Urheber kommt also kein einheitliches „internationales“ Urheberrecht zu, sondern ein Bündel nationaler Urheberrechte, deren Inhalt sich nach den jeweiligen Urheberrechtsordnungen richtet. Daher wenden deutsche Gerichte deutsches Urheberrecht an, wenn für Handlungen in Deutschland um Schutz nachgesucht wird. Da das deutschsprachige Wikipedia-Angebot in Deutschland abrufbar ist und sich an Nutzer in Deutschland richtet, wird ein deutsches Gericht stets (auch) deutsches Urheberrecht anwenden, wenn Verletzungen gegen die Betreiber von Wikipedia geltend gemacht werden.

Kompliziert wird die Problematik des anwendbaren Rechts dadurch, dass auch von (fast allen) anderen Staaten aus auf die deutschen Wikipedia-Seiten zugegriffen werden kann. Die damit verbundenen Rechtsfragen sind gerichtlich nicht entschieden und in der rechtswissenschaftlichen Literatur stark umstritten. Dies hat dazu geführt, dass ganz unterschiedliche Vorschläge zum anwendbaren Recht gemacht werden. Diese reichen vom Recht des Staates, in dem sich der Server befindet, über das Recht des Staates, in dem der Betreiber der Website seinen Sitz hat, bis zu der Ansicht, dass die Urheberrechtsordnungen aller Staaten anwendbar sind, in denen ein Werk abrufbar ist. Dann würden immer die strengsten urheberrechtlichen Regelungen den Maßstab bilden. Um diese praktisch kaum durchführbare Konsequenz zu vermeiden, findet eine Meinung zunehmend Anhänger, die darauf abstellt, für welche Staaten das Angebot intendiert ist. Demzufolge wären für die deutschsprachige Wikipedia die Urheberrechtsordnungen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz anwendbar.

Ein weiterer Aspekt tritt hinzu, wenn Urheberrechte vor einem Gericht im Ausland geltend gemacht werden. Dieses Gericht wendet sein eigenes, nationales IPR an und kann daher wiederum zu anderen Ergebnissen kommen. So kann es durchaus sein, dass ein Gericht in den USA das US-Copyright anwendet, weil das deutschsprachige Wikipedia-Angebot in den USA abrufbar ist. Allerdings haben sich diese theoretischen Risiken in der Praxis bislang nicht realisiert. Das Fehlen von einschlägigen Gerichtsentscheidungen in Deutschland trotz der inzwischen jahrelangen Nutzung des Internet zeigt, dass die Beachtung ausländischer Rechtsordnungen für Betreiber in Deutschland derzeit keine praktische Bedeutung hat. Dies mag auch darin begründet sein, dass bei Beachtung des hohen urheberrechtlichen Schutzstandards in Deutschland die Gefahr der Verletzung ausländischer Urheberrechte gering ist.

II. Rechtsinhaberschaft

1) Wer ist Inhaber der Rechte an Texten und Bildern?

In Deutschland gilt das sogenannte „Schöpferprinzip“. Danach ist Inhaber des Urheberrechts stets derjenige, der das geschützte Werk geschaffen hat. Haben mehrere ein Werk gemeinsam geschaffen, sind sie Miturheber. Nimmt jemand Veränderungen an einem fremden urheberrechtlich geschützten Werk vor, kann er als Bearbeiter ein eigenes Urheberrecht erwerben. Bei diesem Bearbeiterurheberrecht handelt es sich um ein abhängiges Recht: zur Verwertung der bearbeiteten Fassung ist sowohl die Zustimmung des Bearbeiters als auch die Zustimmung des Urhebers des Originalwerks erforderlich.

Das Urheberrecht schützt den Urheber – wie es das Gesetz ausdrückt – „in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes“ (§ 11 UrhG). Das Urheberrecht gewährt damit seinem Inhaber sowohl persönlichkeitsrechtliche als auch vermögensrechtliche Befugnisse.

Das Urheberrecht kann der Urheber nach deutschem Rechtsverständnis (anders als etwa das US-amerikanische Copyright) nicht insgesamt auf Dritte übertragen. Dies hängt damit zusammen, dass es sich nicht allein um ein Vermögensrecht, sondern eben auch um ein Persönlichkeitsrecht handelt. Denn wenn das Urheberrecht auch die Persönlichkeit des Urhebers schützt, kann es natürlich nicht frei handelbar sein, sondern muss stets derjenigen Person zustehen, deren Schutz es dient, nämlich dem Urheber.

Allerdings kann der Urheber Dritten Nutzungsrechte einräumen. Diese Nutzungsrechte gestatten es ihrem Inhaber, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu benutzen (§ 31 Abs. 1 UrhG). Dabei können entweder einfache (nicht-exklusive) oder ausschließliche (exklusive) Nutzungsrechte eingeräumt werden. Während das einfache Nutzungsrecht jeweils nur zur Nutzung auf die erlaubte Art berechtigt, gestattet das ausschließliche Nutzungsrecht darüber hinaus die Nutzung des Werkes „unter Ausschluss“ aller anderen Personen, grundsätzlich auch unter Ausschluss des Urhebers. Der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts ist in diesen Fällen, derjenige, der grundsätzlich über die Nutzung des Werks durch Dritte entscheiden darf. Insoweit kann man dann sagen, dass er „Inhaber der für die Nutzung erforderlichen Rechte“ ist; er kann Dritten Unterlizenzen einräumen, wenn der Urheber zustimmt.

Dass ein anderer als der Urheber über die ausschließlichen Rechte verfügt, ist in der Praxis vielfach der Regelfall. Arbeitgeber lassen sich häufig bereits im Arbeitsvertrag die ausschließlichen Nutzungsrechte für Arbeitnehmerwerke einräumen (bei Software erhält sie der Arbeitgeber sogar schon von Gesetzes wegen, § 69b UrhG). Auch bei Zeitungs- oder Buchverlagen ist es üblich, dass diese sich die ausschließlichen Rechte für eine Vielzahl unterschiedlicher Nutzungsarten einräumen lassen. In diesen Fällen ist es dem Urheber nicht möglich, sein Werk (auch) bei Wikipedia einzustellen. Denn das ausschließliche Nutzungsrecht beschneidet, wie oben ausgeführt, auch die Rechte des Urhebers.

Insgesamt kann man festhalten: „Inhaber der Rechte“ ist grundsätzlich der Urheber (Schöpfer); er entscheidet darüber, ob seine Texte, Bilder, etc. auf Wikipedia eingestellt werden können und sollen; bei Miturheberschaft müssen sich alle darüber einig sein; bei der Bearbeitung müssen Bearbeiter und Urheber des Originalwerks zustimmen. Stets ist zu prüfen, ob einem Dritten ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt wurden; dann gilt: Bitte nicht mehr ohne ausdrückliche Zustimmung des Dritten auf Wikipedia einstellen.

2) Können gesonderte Rechte an Zusammenstellungen von Texten und Bildern entstehen?

Ja. In Betracht kommt auf der einen Seite ein Schutz als Sammelwerk (und – als dessen Unterfall – als Datenbankwerk) und auf der anderen Seite ein Schutz als Datenbank (ohne „-werk“). Dieser Schutz kann gegebenenfalls neben einen Schutz der Einzelelemente treten, er kann aber auch dort greifen, wo die Einzelelemente selbst nicht (mehr) geschützt sind. Im Überblick gilt hier:

Die Auswahl und die Anordnung geschützter oder ungeschützter Werke können zu einem eigenen urheberrechtlichen Schutz der Zusammenstellung als sogenanntes Sammelwerk führen, § 4 UrhG. Voraussetzung des Schutzes ist dabei, dass es sich bei dem Schaffensergebnis um eine „persönliche geistige Schöpfung“ handelt; es muss ein gewisses Maß an Individualität zugrunde liegen. Dies ist bei reinen Adresssammlungen regelmäßig nicht der Fall; Sammelwerk ist aber beispielsweise ein schriftliches oder als elektronisch strukturiertes und abrufbares Lexikon oder eine Enzyklopädie.

Geschützt ist bei Sammelwerken die Auswahl oder Anordnung. Dieser rechtliche Schutz des Sammelwerkes ist zu trennen vom Schutz der einzelnen Elemente (z.B. einzelne Artikel einer Enzyklopädie). Die Trennung hat zur Folge, dass urheberrechtlich nicht geschützte Elemente eines Sammelwerkes als solche frei genutzt werden dürfen, wenn durch die Übernahme nicht zugleich eine Übernahme der geschützten Auswahl oder Anordnung erfolgt.

Von dem Schutz als Sammelwerk bzw. als Datenbankwerk ist ein Schutz als Datenbank (ohne „-werk“) zu unterscheiden. Datenbank in diesem Sinne ist eine Anordnung unabhängiger Elemente, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder in anderer Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung wesentliche Investitionen erfordert. Die Schutzschwelle ist hier niedriger anzusehen als bei „Datenbankwerken“, da es nicht auf die Frage ankommt, ob es sich um eine „persönliche geistige Schöpfung“ handelt, sondern lediglich darauf, ob wesentliche Investitionen erforderlich waren.

Geschützt wird der Hersteller der Datenbank vor der unrechtmäßigen Verbreitung, Vervielfältigung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art und Umfang wesentlichen Teil der Datenbank und der wiederholten und systematischen Übernahme kleinerer Teile. Das bedeutet, dass einzelne Elemente ohne weiteres übernommen werden können, soweit nicht sonstige Rechte (z.B. Urheberrechte) an diesen bestehen und solange die Übernahme nicht systematisch erfolgt.

3) Welche Rechte können durch Reproduktion gemeinfreier Texte und Bilder entstehen? Können dadurch Verbotsrechte gegenüber Wikipedia entstehen?

Die bloße technische Reproduktion gemeinfreier Texte und Bilder ist keine persönliche geistige Leistung sondern lediglich eine handwerkliche Vervielfältigung. Ein eigenes Urheberrecht entsteht an den Reproduktionen daher nicht. Denkbar ist allerdings, dass aufgrund der Auswahl oder Anordnung der Elemente ein Schutz als Sammelwerk besteht, oder dass die gemeinfreien Texte und Bilder in eine geschützte Datenbank eingestellt werden (dazu s.o. „Können gesonderte Rechte an Zusammenstellungen von Texten und Bildern entstehen?“). Weder der Schutz als Datenbank noch der Schutz als Datenwerk schützten jedoch das einzelne Element. Dieses kann daher nach wie vor auch bei Wikipedia eingestellt werden, solange nicht gleichzeitig wesentliche Teile der Datenbanken übernommen werden oder eine Übernahme der geschützten Anordnung oder Auswahl von Sammelwerken erfolgt.


Von der technischen Reproduktion zu unterscheiden ist die sogenannte Reproduktionsfotografie. Fotografien von Werken der bildenden Künste können – auch wenn letztere bereits gemeinfrei sind – Schutz als Lichtbild oder Lichtbildwerk genießen (dazu siehe unten „Unterschiede im Schutz von Lichtbildern und Lichtbildwerken?“). Denn dort wird erstmals ein Foto, nicht aber die Vervielfältigung eines Fotos hergestellt. In diesen Fällen können Verbotsrechte des Fotografen bestehen.

Die Abgrenzung schutzfähiger Reproduktionsfotografie von bloßer technischer Reproduktion ist dabei im Einzelfall nicht immer leicht zu ziehen. Zum einen kann bedeutsam sein, ob ein Mindestmaß an eigener Leistung erbracht wurde, etwa durch die Wahl bestimmter Blickwinkel und/oder Beleuchtungen. Zum anderen kann es auch darauf ankommen, ob durch die eigene Leistung ein neues, selbständig verwertbares Wirtschaftsgut entsteht. Stets als Lichtbilder geschützt sind wohl jedenfalls Reproduktionen von dreidimensionalen Kunstwerken; hier kann sogar ein Schutz als Lichtbildwerk vielfach zu bejahen sein, da von der Beleuchtung bis zur Auswahl der Perspektive und des Fotopapiers zahlreiche Gestaltungsspielräume bestehen.

4) Sind Wikipedia-Artikel, die anonym erstellt wurden, überhaupt urheberrechtlich geschützt?

Ja. Das Entstehen des Urheberrechts ist nicht daran gebunden, dass sich eine bestimmte Person öffentlich zu ihrer Urheberschaft bekennt.

Für anonyme Werke gelten allerdings gewisse Besonderheiten. So erlischt das Urheberrecht bei diesen – wenn nicht der Urheber innerhalb der Schutzfrist seine Identität offenbart – bereits siebzig Jahre nach Veröffentlichung, unter bestimmten Voraussetzungen siebzig Jahre nach Entstehung des Werkes. Demgegenüber erlischt das Urheberrecht bei Werken, deren Urheber benannt sind, erst siebzig Jahre nach dem Tod des Urhebers.

III. Nutzung

1) Unter welchen Voraussetzungen dürfen „fremde“ Texte und Bilder für Wikipedia genutzt werden?

Die Voraussetzungen, unter denen fremde Texte und Bilder für Wikipedia genutzt werden dürfen, richten sich zunächst danach, ob es sich bei diesen überhaupt um immaterialgüterrechtlich geschützte Leistungen handelt, oder ob ein solcher Schutz von vornherein nicht besteht oder später weggefallen ist. Weiter kommt es darauf an, ob die vorgesehenen Handlungen gesetzlich oder vertraglich gestattet wurden.

a) Sind Texte und Bilder immaterialgüterrechtlich geschützt oder nicht?

Uneingeschränkt nutzen darf man fremde Texte und Bilder, wenn an diesen überhaupt keine Rechte Dritter bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn die Texte oder Bilder entweder von vornherein überhaupt nicht durch das Urheberrecht oder durch sonstige Rechte Dritter geschützt sind, oder wenn zwar ursprünglich ein Schutz bestand, dieser aber mittlerweile abgelaufen ist.

Von vornherein urheberrechtlich nicht geschützt sind Texte und Bilder, die keine – wie es das Gesetz in § 2 Abs. 2 UrhG ausdrückt – „persönliche geistige Schöpfung“ sind. Damit es sich bei Texten und Bildern um eine „persönliche geistige Schöpfung“ handelt, ist unter anderem ein gewisses Maß an Individualität erforderlich. Das Werk muss sich von der Masse des Alltäglichen und von lediglich handwerklichen oder routinemäßigen Leistungen abheben. Diese Anforderungen werden in der Praxis allerdings vielfach sehr großzügig gehandhabt. Urheberrechtlicher Schutz wird auch schon für Leistungen gewährt, die in großen Massen hergestellt werden und lediglich ein geringes Mindestmaß an Individualität aufweisen (Formulare, Adressbücher, Bedienungsanleitungen, etc.). Allerdings ist auch zu berücksichtigen: Man muss sich immer den Werkteil anschauen, der übernommen werden soll und nicht das Werk als Ganzes. Und dabei gilt: Nicht jedes einzelne Stück (z.B. jeder einzelne Satz) eines individuellen Werkes muss individuell sein.

Auch wenn kein urheberrechtlicher Schutz vorliegt, kann es sein, dass die Schaffensergebnisse noch durch andere Immaterialgüterrechte geschützt sind. Dies ist zum Beispiel bei Lichtbildern der Fall. Hier hat der Gesetzgeber in § 72 UrhG ein eigenes, vom Urheberrecht zu trennendes Leistungsschutzrecht für den Fotografen geschaffen. Geschützt ist danach jedes eigenständig geschaffene (d.h. nicht von einem anderen Foto abfotografierte) Foto für die Dauer von fünfzig Jahren nach Erscheinen des Lichtbildes (siehe dazu ausführlicher unten „Unterschiede im Schutz von Lichtbildern und Lichtbildwerken?“).

Sind Texte und Bilder zwar ursprünglich urheberrechtlich oder durch sonstige immaterialgüterrechtliche Schutzrechte geschützt gewesen, so kann es dennoch sein, dass dieser Schutz mittlerweile „erloschen“ ist; die Werke sind dann „gemeinfrei“. Beim Urheberrecht beträgt die Schutzdauer 70 Jahre über den Tod des Urhebers hinaus. Besonderheiten gelten für anonyme Werke; hier endet der Schutz regelmäßig 70 Jahre nach Veröffentlichung des Werkes.

Wichtig ist auch die Schutzfrist für das Leistungsschutzrecht des Lichtbilderherstellers. Diese Frist beträgt – wie bereits angedeutet – anders als der urheberrechtliche Schutz als Lichtbildwerk gemäß § 72 Abs. 2 UrhG in der Regel 50 Jahre ab Erscheinen des Lichtbildes.


b) Ist die angestrebte Nutzung schon von Gesetzes wegen gestattet?

Auch wenn Dritte Urheberrechte oder sonstige immaterialgüterrechtliche Schutzrechte an Texten und Bildern haben, kann dennoch deren Verwendung schon durch das Gesetz selbst gestattet sein. Das Gesetz sieht bestimmte Grenzen (sogenannte „Schranken“) der weitreichenden Urheberbefugnisse vor.

Die bekannteste Schranke ist sicherlich die sogenannte „Privatkopie“: Jedermann ist nach § 53 UrhG befugt, unter den dort genannten Voraussetzungen einzelne Vervielfältigungen für den privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch herzustellen. Die Privatkopie spielt allerdings, da die Informationen bei Wikipedia jeweils öffentlich zugänglich gemacht werden sollen und gerade nicht „privat“ bleiben, für den Betrieb einer Online-Enzyklopädie keine Rolle. Im Zusammenhang mit der Einstellung von Artikeln bei Wikipedia ist von den unterschiedlichen Schranken im Wesentlichen das Zitatrecht gemäß § 51 UrhG von Bedeutung. Bei Abbildungen können daneben die Schranken in § 57 UrhG (unwesentliches Beiwerk) und § 59 UrhG (Werke an öffentlichen Plätzen) von Bedeutung sein:

(1) Zitatrecht

Das Zitatrecht soll eine Auseinandersetzung mit fremden Werken ermöglichen. Dabei regelt das Urheberrechtsgesetz unterschiedliche Fallgruppen des Zitatrechts, und zwar das sogenannte wissenschaftliche Großzitat (dieses betrifft die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit vollständig zitierten ganzen Werken und ist bei einer Online-Enzyklopädie in der Regel nicht einschlägig), das Kleinzitat und das Musikzitat. Alle Arten der gestatteten Zitate haben dabei gewisse gemeinsame Voraussetzungen. Insbesondere sind Zitate stets durch einen bestimmten Zweck gebunden und nur in dem jeweils gebotenen Umfang zulässig.

Aus der Zweckgebundenheit folgt zunächst, dass man nicht einfach zitieren darf, nur um sich eigene Ausführungen zu ersparen. Zitieren setzt vielmehr voraus, dass damit ein bestimmter Zweck verfolgt wird. Dieser kann beim Kleinzitat in der kritischen Auseinandersetzung mit einer bestimmten Aussage liegen. Denkbar ist aber auch die Verwendung als Devise oder Motto, die Verwendung zum Zweck der Ehrerbietung etc.

Weiter ist das Zitieren auch nicht unbegrenzt zulässig, sondern jeweils nur in dem „gebotenen Umfang“. Dabei gibt es keine bestimmte Faustregel für den zulässigen Umfang (also z.B. 12 Worte sind zulässig, 13 unzulässig). Es kommt vielmehr jeweils darauf an, wie lang das Werk war, aus dem zitiert wurde, wie lang die Passage ist, deren Zitieren für den jeweiligen Zitatzweck tatsächlich erforderlich ist, etc. Man sollte sich aber merken, dass das Zitatrecht wie alle sogenannten Schranken des Urheberrechts tendenziell eng ausgelegt wird. Bei Zitaten gilt daher in besonderem Maße: Fasse dich kurz!

Wird zur inhaltlichen Erörterung ein Foto oder Screenshot verwendet, darf dies vollständig wiedergegeben werden. Dies sollte aber nur geschehen, wenn sicher ist, dass die Verwendung nicht nur zur bloßen Bebilderung des Textes dient.

(2) Unwesentliches Beiwerk / Werke an öffentlichen Plätzen

Das Einstellen von Abbildungen auf Wikipedia, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke zu sehen sind, kann insbesondere durch die §§ 57, 59 UrhG gesetzlich gestattet sein:

Gemäß § 57 UrhG dürfen Werke Dritter vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder Wiedergabe anzusehen sind. Diese Schranke ist eng auszulegen; sie erfasst im Wesentlichen die Fälle, bei denen ein geschütztes Werk – z.B. im Rahmen eines Personenfotos – nur zufällig mit in Erscheinung tritt und so nebensächlich ist, dass es austauschbar ist, ohne die Gesamtwirkung zu beeinträchtigen.

Gemäß § 59 UrhG ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.

c) Besteht eine vertragliche Gestattung der angestrebten Nutzung?

Ist ein fremder Text oder ein Bild urheberrechtlich oder durch ein sonstiges Schutzrecht geschützt und ist dessen Nutzung auch nicht durch das Gesetz ausnahmsweise gestattet, dann benötigt man eine vertragliche Gestattung („Lizenz“), wenn man das Werk für Wikipedia verwenden möchte. Der Rechtsinhaber muss einer Vereinbarung zustimmen, die festlegt, dass seine Werke für Wikipedia verwendet werden dürfen.

Ist der Lizenzgeber dazu nicht bereit, gilt: Die Texte oder Bilder dürfen nicht bei Wikipedia eingestellt werden. Werden sie dennoch eingestellt, drohen Unterlassungs-, Beseitigungs-, Auskunfts- und schlimmstenfalls Schadensersatzansprüche des Rechtsinhabers (siehe „Welche Ansprüche können Urheber bei der Verletzung von Rechten geltend machen?“).


2) Kann es aus urheberpersönlichkeitsrechtlichen Gründen zu Schwierigkeiten bei der Veränderung oder bei der Löschung von Wikipedia-Einträgen kommen?

Das Urheberrecht schützt den Urheber nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern gemäß § 11 UrhG auch in seinen „geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk“. Dieser persönlichkeitsrechtliche Schutz ist im kontinentaleuropäischen Urheberrecht deutlich stärker ausgeprägt als im angloamerikanischen „Copyright“. Zu den Urheberpersönlichkeitsrechten gehören das Veröffentlichungsrecht (§ 12 UrhG), das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 UrhG), sowie das Recht, Entstellungen und Beeinträchtigungen zu verbieten (§ 14 UrhG).

Konflikte zwischen den genannten urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen einerseits und der Veränderung oder Löschung von Wikipedia-Einträgen andererseits treten in der ganz überwiegenden Anzahl der Fälle nicht auf:

Das Veröffentlichungsrecht gemäß § 12 UrhG betrifft die Frage, ob ein Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Der Urheber soll in der Entscheidung geschützt sein, ob er das Werk überhaupt an die Öffentlichkeit gelangen lassen möchte. Dieses Recht wird (spätestens) durch das Einstellen bei Wikipedia verbraucht. Es kann also nicht mehr durch spätere Änderungen oder Löschungen betroffen sein.

Das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft gemäß § 13 UrhG wird allein durch eine durch den Urheber gestattete Bearbeitung des Werkes nicht beeinträchtigt, solange nicht zugleich ausdrücklich die Urheberschaft des Originalurhebers bestritten wird. Auch die Löschung stellt kein Bestreiten der Urheberschaft im Sinne dieser Vorschrift dar.

Ob eine Entstellung oder Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG vorliegt, ist im Wege einer Interessenabwägung festzustellen. Bei der vollständigen Löschung auf Wikipedia stellen sich hier keine Probleme; das Werk selbst wird durch solche Handlungen nicht beeinträchtigt, es wird lediglich dessen Auffindbarkeit eingeschränkt. Bei der Veränderung ist im Rahmen der Interessenabwägung auch zu berücksichtigen, ob derjenige, der ein Werk verändert, aufgrund einer Nutzungsrechtseinräumung zu Änderungen des Werkes befugt war. In diesem Fall muss der Urheber Veränderungen weitgehend hinnehmen. Denn dort, wo der Urheber Dritten die Rechte zur Bearbeitung erteilt hat, Dritte also Veränderungen vornehmen dürfen, gehen zwangsläufig Beeinträchtigungen des Integritätsinteresses des Urhebers damit einher. Da bei Wikipedia keine Beiträge eingestellt werden, die nicht unter der GNU FDL stehen und diese Lizenz jedermann Rechte zur Bearbeitung einräumt, muss der Urheber es regelmäßig auch hinnehmen, dass von diesen Befugnissen Gebrauch gemacht und sein Beitrag geändert wird.

Das Vorgesagte bedeutet allerdings nicht, dass es unter keinen Umständen zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Urheberpersönlichkeitsrechte kommen kann. Finden massive (z.B. ideologische) Verzerrungen des Werkes statt und muss der Leser den Eindruck gewinnen, dass diese vom Originalurheber selbst stammen, kann es unter Umständen doch einmal zu rechtswidrigen Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte kommen. Rücksicht auf denjenigen, der das vorbestehende Werk schuf, ist daher stets geboten.

3) Schließen die einzelnen Autoren einen Verlagsvertrag im Sinne des Verlagsgesetzes, der Wikipedia zur Veröffentlichung verpflichtet?

Ein Verlagsvertrag ist ein spezieller urheberrechtlicher Vertrag für den es im sogenannten Verlagsgesetz eine Reihe besonderer gesetzlicher Bestimmungen gibt. Eine der wesentlichen Regelungen des Verlagsvertrages ist, dass der Verleger verpflichtet ist, das vertragsgegenständliche Werk zu verlegen, d.h. körperliche Werkexemplare zu vertreiben. Tut er dies nicht, kann der Autor auf Erfüllung klagen. Umgekehrt muss der Autor dem Verleger in der Regel das ausschließliche Verlagsrecht verschaffen und sich weiterer Vertriebshandlungen enthalten.

Da das Verlagsgesetz nur bei Verträgen über den körperlichen Vertrieb anwendbar ist, findet es keine Anwendung auf die Online-Zurverfügungstellung von Beiträgen für Wikipedia. Zudem räumt der einzelne Autor Wikipedia keine ausschließlichen („exklusiven“) Rechte zur Vervielfältigung, Verbreitung oder Zugänglichmachung der Rechte ein. Die Autoren stellen ihre Beiträge unter die GNU FDL und räumen damit jedermann einfache Nutzungsrechte ein; jeder darf die Beiträge kopieren, weitergeben, im Internet bereithalten etc. Eine Pflicht, die Beiträge zu veröffentlichen, geht Wikipedia daher nicht ein.

4) Sind Zitaten- und Aphorismensammlungen zulässig, wenn die Texte urheberrechtlich geschützten Werken entnommen werden?

Teile von Werken, die für sich selbst nicht schutzfähig sind, darf man ohne weiteres aus diesem Werk übernehmen und ohne Zustimmung des Urhebers vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich machen (dazu siehe oben „Sind Texte und Bilder immaterialgüterrechtlich geschützt oder nicht?“). Sätze und Absätze, die das für einen Schutz erforderliche Mindestmaß an Individualität nicht erreichen, dürfen daher ohne weiteres in Zitatensammlungen etc. eingestellt werden. Allerdings sind die nicht individuellen Teile urheberrechtlich geschützter Werke nun gerade vielfach nicht diejenigen, die eine Zitaten- oder Aphorismensammlung interessant machen. Vielmehr wird oftmals ein Interesse daran bestehen, auch urheberrechtlich geschützte Teile in die Zitatensammlung zu übernehmen. Hierfür bedarf es einer Zustimmung der Urheber, denn eine solche Übernahme von Zitaten ist vom Zitatrecht in § 51 UrhG nicht gedeckt:

Das Urheberrechtsgesetz regelt in § 51 UrhG unterschiedliche Arten von Zitaten, nämlich das sogenannte Großzitat, das Kleinzitat und das Musikzitat (dazu siehe oben „Zitatrecht“). Gemeinsam ist dabei allen Arten von Zitaten, dass jeweils nur in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zitiert werden darf. Gleichzeitig müssen die Zitate jeweils in einem selbständigen, selbst urheberrechtlich schutzfähigen Werk angeführt werden.

Sammlungen urheberrechtlicher Zitate oder Aphorismen erfüllen diese Voraussetzungen in der Regel nicht. Denn die eigentliche Substanz einer derartigen Sammlung beruht auf dem Urheberrechtsgut Dritter. Daher kann – so hat es der Bundesgerichtshof ausdrücklich entschieden (BGH GRUR 1973, 216) – nicht mehr von einem „Anführen“ in einem selbständigen Werk die Rede sein. Der BGH weist zudem darauf hin, dass schon im allgemeinen Sprachgebrauch die Aneinanderreihung fremder Textstellen nicht als „Zitieren“, mithin als Anführen von Belegstellen für eigene Gedankengänge, bezeichnet werde. Die Unzulässigkeit von reinen Zitatensammlungen ohne Zustimmung der jeweiligen Rechteinhaber ergebe sich zudem aus der Entstehungsgeschichte des Urheberrechtsgesetzes.


IV. Ansprüche Dritter bei Rechtsverletzungen auf Wikipedia

1) Welche Ansprüche können Urheber bei der Verletzung von Rechten geltend machen?

Urheber können – je nach Lage des Einzelfalls – im Wesentlichen Unterlassungs-, Beseitigungs-, Schadensersatzansprüche geltend machen, vgl. § 97 UrhG. Hinzu kommen unter anderem Auskunftsansprüche, (§§ 242, 259, 260 BGB; 101a UrhG) und Ansprüche auf Vernichtung rechtswidriger Vervielfältigungsstücke (§ 98 UrhG).

Der Unterlassungsanspruch ist auf die Unterlassung künftiger Beeinträchtigungen gerichtet. Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs nach § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG ist, dass objektiv eine Urheberrechtsverletzung vorliegt und eine Wiederholungsgefahr besteht. Ein Verschulden des Verletzers ist hingegen keine Voraussetzung. Die Wiederholungsgefahr wird dabei aufgrund des vorangegangenen Rechtsverstoßes nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich vermutet. Sie kann im vorgerichtlichen Verfahren in der Regel nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt werden.

Der Beseitigungsanspruch ist dann gegeben, wenn auch nach Unterlassen der verletzenden Handlung eine Störung fortbesteht, die eine Gefährdung des geschützten Rechts zur Folge hat. Auch der Beseitigungsanspruch setzt – wie der Unterlassungsanspruch – kein Verschulden voraus. Voraussetzung ist vielmehr allein, dass eine Störung des Rechts vorliegt. Beispiele bilden das nachträgliche Entfernen (Beseitigen) einer auf einem Werkstück angebrachten falschen Signatur und das „von der Webseite nehmen“ (Beseitigen) von urheberrechtswidrigen Internetinhalten.

Der Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass die Verletzung des geschützten Rechts schuldhaft erfolgte, also vorsätzlich oder zumindest fahrlässig vorgenommen wurde. Für die Berechnung des Schadens kommen nach ständiger Rechtsprechung drei unterschiedliche Wege in Betracht: Der Rechtsinhaber kann den konkret entstandenen Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns beziffern. Er kann aber auch eine Zahlung in Höhe einer für die Überlassung angemessenen Lizenzgebühr verlangen (ohne dass der Verletzer daraufhin weiter nutzen dürfte). Schließlich kann er auch die Herausgabe des vom Verletzer erzielten Gewinns verlangen.

2) Wer haftet für Urheberrechtsverstöße? Der Autor, Wikipedia, der Inhaber von Internetadressen oder aber alle zusammen?

Eine Haftung kommt – auch nebeneinander – bei allen genannten Personen und Institutionen in Betracht. Allerdings sind die Voraussetzungen einer Haftung bei den verschiedenen Beteiligten nicht einheitlich. Zudem ist danach zu unterscheiden, ob es sich um eine Haftung für (künftiges) Unterlassen handelt oder aber um eine Haftung im Rahmen von Schadensersatzansprüchen. Denn das Gesetz sieht für die Betreiber von Tele- und Mediendiensten zwar besondere Verantwortlichkeitsregelungen vor, diese finden jedoch nach überwiegender Ansicht auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung.

Unterlassungsansprüche bestehen grundsätzlich gegenüber jedermann, der als Täter oder Teilnehmer an einer Urheberrechtsverletzung beteiligt ist. Sie richten sich darüber hinaus auch gegen jeden, der in irgendeiner Weise willentlich und kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Damit die Haftung nicht uferlos wird, gilt im letzteren Fall allerdings, dass der Störer die rechtliche Möglichkeit haben muss, die Rechtsverletzung zu verhindern, und ihm ein Einschreiten zumutbar ist.

Vor diesem Hintergrund gilt, dass die Autoren auf jeden Fall Schuldner eines Unterlassungsanspruchs sein können. Bei den übrigen Beteiligten ist hingegen zweifelhaft, ob man bei diesen von vornherein von einer Störerhaftung ausgehen kann, oder ob damit nicht zu weitgehende und nicht mehr zumutbare Prüfungspflichten für das gesamte (kaum kontrollierbare) Angebot statuiert werden. Es spricht – da sich ja sämtliche Inhalte ständig ändern können – viel dafür, Wikipedia und die Inhaber der verschiedenen nationalen Internetadressen (z.B. www.wikipedia.de), die auf das Angebot weiterleiten, erst dann als „Störer“ zu betrachten, wenn sie von den Rechtsinhabern über die Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wurden oder anders Kenntnis von dieser erlangt haben. Denn ab diesem Moment kann gezielt gegen eine Rechtsverletzung vorgegangen werden und ist ein Vorgehen auch zumutbar. Rechtsprechung ist hierzu allerdings noch nicht bekannt.

Bei Schadensersatzansprüchen ist der Autor des Beitrages dann verantwortlich, wenn er die Urheberrechtsverletzung vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat. Für die Haftung von Wikipedia dürften hingegen bestimmte Haftungsprivilegierungen des Mediendienstestaatsvertrages und des Teledienstegesetzes eingreifen:

Die Inhalte, die über die Internetseiten von Wikipedia verfügbar gemacht werden, können von jedermann zur Verfügung gestellt und geändert werden. Insofern handelt es sich daher nicht um eigene Inhalte, sondern um Inhalte Dritter, die von Wikipedia gespeichert werden. Für gespeicherte Inhalte Dritter sind Anbieter jedoch gemäß § 11 TDG nicht verantwortlich, wenn sie

  1. keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder
  2. unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.

3) Reicht der Umfang der gegenwärtigen Anmeldung/Identifizierung/Serverlogs der Benutzer aus, um Wikipedia von rechtlicher Verantwortung freizustellen?

Liegen die Voraussetzungen einer Haftung durch Wikipedia vor, so kann sich Wikipedia nicht dadurch befreien, dass sie den Anspruchsteller auf den eigentlichen Autor verweist. Insofern spielt die Ausgestaltung der Anmeldung bzw. Identifizierung keine entscheidende Rolle.

Wichtig ist die Frage, ob und in welchem Umfang die Autoren der einzelnen Beiträge zurückverfolgt werden können, aber dann, wenn tatsächlich Unterlassungsansprüche gegenüber Wikipedia geltend gemacht bzw. sogar gerichtlich durchgesetzt wurden. In diesem Fall muss Wikipedia, um die Geltendmachung von Ordnungsmitteln etc. zu verhindern, sicherstellen, dass die urheberrechtsverletzenden Inhalte nach der Entfernung vom Server nicht erneut hochgeladen werden. Und dies wird vielfach am effektivsten durchsetzbar sein, wenn man direkt mit dem Autor Kontakt aufnimmt und ihn auf die Konsequenzen seines Tuns hinweist. Hinzu kommt, dass die Inanspruchnahme wegen Urheberrechtsverletzungen umfangreiche Kosten verursacht, nicht zuletzt durch vielfach sehr hohe Anwaltskosten. Hier ist stets zu überlegen, ob man insoweit Regress beim primären Verletzer nehmen möchte. Dies ist jedoch nur dann denkbar, wenn überhaupt eine sichere Identifizierung möglich ist.

V. GNU Free Documentation License (GNU-FDL)

1) Welche Punkte müssen Lizenznehmer nach der GNU-FDL in jedem Falle beachten?

Die GNU-FDL gestattet es jedem, der die Lizenzbedingungen akzeptiert, das jeweilige, unter der Lizenz stehende Werk zu vervielfältigen, zu verändern, zu verbreiten und über das Internet öffentlich zugänglich zu machen. Im Gegenzug werden allerdings dem Lizenznehmer eine Reihe von Verpflichtungen auferlegt, die sich danach unterscheiden, ob eine unveränderte oder eine veränderte Version des Werks vertrieben werden soll:

a) Vertrieb unveränderter Versionen

Beim Vertrieb von Vervielfältigungen in unveränderter Form ist in jedem Fall zu beachten, dass

  • ein auf dem Werk angebrachter Copyright-Vermerk auf allen Kopien wiedergegeben wird; und
  • zusammen mit allen Kopien ein Lizenzhinweis erfolgt, der darauf hinweist, dass das Werk unter der GNU-FDL steht; und
  • keine Bedingungen zusätzlich zu den Lizenzbedingungen der GNU-FDL hinzugefügt werden.

Für gedruckte Kopien des Werks und für Kopien auf solchen Medien, die üblicherweise gedruckte Umschläge haben, sieht die GNU-FDL zusätzlich vor, dass vom Autor entworfene Umschlagtexte auf dem Umschlag der Kopie anzubringen sind, wenn es sich um eine Auflage von mehr als 100 Stück handelt und wenn der Autor überhaupt entsprechende Umschlagstexte entworfen hat und auf diese im Lizenzhinweis des Dokuments hingewiesen wird.

Wenn mehr als 100 Kopien in einem Dateiformat vertrieben werden, welches nicht ohne weiteres Änderungen der Inhalte durch jedermann zulässt (sog. opake Kopien, z.B. PDF), verpflichtet die GNU-FDL den Lizenznehmer dazu, entweder mit jeder dieser Kopien eine weitere Kopie in einem Format mitzuliefern, welches ohne weiteres Änderungen durch Dritte zulässt (sog. transparente Kopien) oder aber zumindest eine Internetadresse mitzuliefern, unter der der Download einer transparenten Kopie mindestens ein Jahr über die Auslieferung der opaken Kopie hinaus möglich ist.

Schließlich ist es beim Vertrieb größerer Mengen von Kopien erwünscht, jedoch nicht gefordert, dass der Lizenznehmer mit den Autoren Kontakt aufnimmt, um diesen die Möglichkeit zu geben, dem Lizenznehmer eine aktualisierte Version des Dokuments zuzuleiten.

b) Vertrieb veränderter Versionen

Sollen veränderte Versionen des Dokuments vertrieben werden, bedarf es in jedem Fall einer gründlichen Durchsicht von Ziffer 4 der GNU-FDL. Diese Vorschrift enthält eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen, die beim Vertrieb modifizierter Versionen zu beachten sind. Da die Interessen der verschiedenen Beteiligten sehr unterschiedlich sind, man aber zugleich bestrebt war, einen möglichst weitreichenden Interessenausgleich zu schaffen, sind verschiedenste Punkte ausdrücklich geregelt worden. Insbesondere die folgenden Regelungen sollte man stets im Hinterkopf haben:

  • Grundsätzlich benötigt man einen eigenen Titel für das Werk, der sich vom früheren Titel des Werks unterscheidet; man kann aber vom Urheber von diesem Erfordernis befreit werden;
  • grundsätzlich sind neue und alte Autoren nebeneinander zu nennen, wobei es allerdings Mengenbegrenzungen gibt (fünf alte Autoren);
  • alte Copyright- und Lizenzvermerke, Beiträge zur History etc. sind in der Regel beizubehalten, neue hinzuzufügen;
  • der Lizenztext ist mitzuliefern;
  • „Unveränderliche Abschnitte“, also solche, deren Titel in die Liste der unveränderlichen Abschnitte eingestellt wurde, sind unverändert zu lassen.
  • die volle Liste der Unveränderlichen Abschnitte und benötigten Cover-Texte, die in dem Lizenzhinweis des Dokumentes gegeben ist, ist beizubehalten;

Noch einmal: aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Regelungen ist stets ein Blick in die Lizenz erforderlich.

2) Ist eine Doppellizenzierung von Inhalten unter der GNU-FDL und einer weiteren Lizenz möglich? Was ist zu beachten?

Es kann für Urheber interessant sein, ihre Werke gleichzeitig unter unterschiedlichen Lizenzen zu veröffentlichen, sei es unter verschiedenen Open Content Lizenzen oder aber nebeneinander unter nicht-freien Lizenzen und unter Open Content Lizenzen.

Grundsätzlich steht es dem Urheber oder dem Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte frei, unter welchen Bedingungen er seine Werke lizenziert. Er kann daher mit unterschiedlichen Personen unterschiedliche Vertragsbedingungen vereinbaren. Daher ist es auch möglich, dass der Urheber oder Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechtes sein Werk gleichzeitig unter der GNU-FDL und unter einer weiteren Lizenz vertreibt.

Dabei ist allerdings folgendes zu beachten:

  • Es dürfen nicht mit einem der Verträge einem Dritten ausschließliche Rechte eingeräumt worden sein. Denn wenn ein Dritter Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte ist, kann der Urheber über diese Rechte nicht mehr verfügen. Dies ist regelmäßig bei Buch- und Zeitschriftenverträgen der Fall. Dort räumt der Urheber dem Verlag gewöhnlich ausschließliche Rechte ein; ein anschließender GNU-FDL-Vertrieb kommt daneben nicht mehr in Frage, es sei denn, der Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechtes stimmt zu.
  • Der Urheber muss über alle Rechte verfügen, um in seiner Entscheidung über die Art und Weise der Lizenzierung frei zu sein. Bei Bearbeitungen von GNU-FDL-Werken ist dies nicht der Fall; dort hat auch der Originalurheber Rechte. Und diese Rechte setzt er bereits dazu ein, um den Vertrieb von Modifikationen auf eine GNU-FDL-Lizenzierung zu beschränken. „Freie Auswahl“ hat daher in der Regel nur der Originalurheber. Der Bearbeiter kann das Werk nicht unter weiteren Lizenzen auf den Markt bringen, sofern nicht derjenige oder diejenigen, die ebenfalls Rechte an dem Werk haben, nicht ebenfalls zustimmen.

3) Wie ist mit der Namensnennung im Rahmen der GNU FDL umzugehen, wenn der Artikel anonym erstellt wurde?

Der Umgang mit anonymen Beiträgen ist in der GNU FDL nicht ausdrücklich geregelt; sachgerechte Ergebnisse ergeben sich dennoch aus den bestehenden vertraglichen Klauseln in Verbindung mit den gesetzlichen Regelungen. Dabei sind drei Fälle zu unterscheiden: erstens die Erstellung eigener anonymer Beiträge, zweitens die anonyme Veränderung bestehender namentlich gekennzeichneter Beiträge und drittens die namentliche Veränderung anonymer Beiträge.

a) Erstellung eigener anonymer Beiträge

Auch wenn die GNU FDL nicht ausdrücklich vorsieht, dass Beiträge anonym lizenziert werden können, der Autor sich also nicht zu erkennen gibt, so ist dies doch ohne weiteres möglich. Dies ergibt sich bereits aus den gesetzlichen Vorschriften zu den Urheberpersönlichkeitsrechten, insbesondere aus § 13 UrhG, der das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft regelt. § 13 UrhG lautet: „Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.“ Dieses Recht, als Urheber bezeichnet zu werden, schließt auch den gegenteiligen Fall ein, also das Recht, gerade nicht als Urheber genannt zu werden.

b) Anonyme Veränderung namentlich gekennzeichneter Beiträge

Wenn namentlich gekennzeichnete Beiträge anonym verändert werden, gleichzeitig aber der Name der Vorautoren genannt bleibt, kann das Problem auftauchen, dass nach außen hin der Eindruck entsteht, die ursprünglichen Autoren seien auch für die letzte – durch einen Dritten anonym geänderte – Fassung voll verantwortlich. In diesem Fall kann ein rechtswidriger Eingriff in das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht fließende Recht auf Anerkennung der Nichturheberschaft („droit de non-paternité“) der ursprünglichen Autoren vorliegen. Dieses Recht gestattet es jedem, einer falschen Zuordnung seiner Person zu einem fremden Werk entgegenzutreten.

Gleichzeitig liegt, wenn die bearbeitete Version ohne Hinweis auf zumindest einen verantwortlichen Bearbeiter vertrieben wird, ein Verstoß gegen die lizenzvertraglichen Bestimmungen der GNU FDL vor. Diese bestimmt in Ziffer 4 ausdrücklich, dass auf der Titelseite (bei Wikipedia: die Seite „Versionen/Autoren“) ein oder mehrere Personen als Autoren aufgenommen werden müssen, die für das Einbringen von Veränderungen in die modifizierte Version verantwortlich sind. Die GNU FDL ist in ihrer Formulierung dabei nicht eindeutig, ob dabei ein Name oder wenigstens Pseudonym genannt werden muss, oder ob auch ein Hinweis auf einen anonymen Beitrag (wie häufig alleine durch eine IP-Adresse) ausreicht.

c) Namentliche Veränderung anonymer Beiträge

Bei der Bearbeitung anonymer Beiträge und der ausdrücklichen Nennung des Bearbeiters kann der Eindruck entstehen, dass das vollständige Werk (also auch das übernommene Original) von dem Bearbeiter herrührt.

Wenn dieser Eindruck erweckt wird, liegt ein rechtswidriger Eingriff in das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft aus § 13 UrhG vor. Denn in diesem Falle maßt sich der Bearbeiter die Urheberschaft an dem originalen Werk an und erkennt damit zugleich dem Originalurheber die Urheberschaft ab. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Originalurheber das Werk anonym veröffentlicht hat. Denn in der Ausübung des Rechtes, das Werk anonym zu veröffentlichen liegt keineswegs die Gestattung an jedermann, sich ohne weiteres mit fremden Federn zu schmücken und ein fremdes Werk als eigenes ausgeben zu dürfen.

Bei der Bearbeitung von anonymen Werken sollte daher immer darauf hingewiesen werden, dass „Anonymus“ ursprünglicher Autor des Werkes war. Sofern – wie auf der Webseite von Wikipedia – die einzelnen Änderungsschritte lückenlos dokumentiert sind, besteht keine Gefahr einer fehlerhaften Zuordnung.

4) Dürfen Artikel, die unter der GNU FDL stehen, einfach so auf den Seiten von Wikipedia gelöscht werden? Oder braucht man dafür ein „Recht zum Löschen“?

Sämtliche Beiträge, die auf den Seiten von Wikipedia eingestellt werden, stehen unter der GNU FDL. Mit dieser Lizenz wird jedermann ein einfaches Nutzungsrecht gewährt, aufgrund dessen die Beiträge vervielfältigt, verbreitet, öffentlich zugänglich gemacht und verändert werden dürfen. Eine Ausübungspflicht enthält der Lizenzvertrag jedoch nicht. Wikipedia ist daher nicht verpflichtet, die Rechte auch tatsächlich auszunutzen. Daher können die Beiträge auch jederzeit gelöscht werden.

VI. Ansprüche gegenüber Dritten bei GNU FDL Verletzungen

1) Welche Ansprüche bestehen bei Verletzung der GNU FDL?

Verstößt ein Lizenznehmer gegen die Pflichten aus der Lizenz so entfallen gemäß Ziffer 9 GNU-FDL automatisch die Rechte aus der Lizenz. Jede weitere Nutzung der Inhalte ist unzulässig, sofern es sich nicht ausnahmsweise um gesetzlich gestattete Nutzungen (z.B. Privatkopie, Zitat) handelt. Wer die Inhalte anschließend dennoch (unverändert oder modifiziert) kopiert, verbreitet und/oder öffentlich zugänglich macht, begeht eine Urheberrechtsverletzung.

Gegen den Rechtsverletzer stehen dem Rechtsinhaber in diesem Fall gemäß § 97 ff. UrhG unter anderem Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung und – bei Verschulden – Schadensersatz zu (vgl. zu diesen Ansprüchen im Einzelnen bereits oben „Welche Ansprüche können Urheber bei der Verletzung von Rechten geltend machen?“).

2) Kann der Wikimedia Verein bestehende Ansprüche durchsetzen? Oder muss das eine betroffene Person machen?

Liegt eine Urheberrechtsverletzung vor, so kann nicht jedermann die Beseitigung oder Unterlassung der Rechtsverletzung verlangen oder den Rechtsverletzer auf Zahlung von Schadensersatz an den Rechtsinhaber verklagen. Grundsätzlich sind vielmehr nur der Urheber sowie der Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte dazu berechtigt.

Da mit der GNU FDL nur einfache und keine ausschließlichen Nutzungsrechte eingeräumt werden, ist der Wikimedia Verein grundsätzlich nicht zur Durchsetzung der Ansprüche berechtigt. Die Rechtsverfolgung müssen die Urheber vielmehr in der Regel selbst in die Hand nehmen. Soll dennoch eine Rechtsverfolgung durch den Wikimedia Verein erfolgen, muss sich dieser die ausschließlichen Nutzungsrechte von dem jeweiligen Urheber übertragen lassen.

Bei der Durchsetzung der Ansprüche ist weiter zu beachten, dass zwar Unterlassungsansprüche ohne weiteres von jedem Urheber alleine geltend gemacht werden können, wenn der Beitrag von mehreren gemeinschaftlich geschaffen wurde. Sind mehrere als Miturheber oder Bearbeiter an einem Werk beteiligt oder haben sie Ihre Werke zur gemeinsamen Verwertung verbunden, sind bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen jedoch aufgrund gesetzlicher Regelungen alle Urheber als Berechtigte zu benennen bzw. müssen diese gemeinsam klagen.


3) Können dem Rechtsinhaber Nachteile entstehen, wenn nach einer Rechtsverletzung nicht schnell und entschieden gehandelt wird?

Das deutsche Zivilprozessrecht sieht die Möglichkeit vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein „einstweiliges Verfügungsverfahren“ durchgeführt werden kann. In diesem Verfahren wird summarisch geprüft, ob die Voraussetzungen eines Anspruchs vorliegen. Das einstweilige Verfügungsverfahren soll lediglich eine vorübergehende Regelung bis zur endgültigen Entscheidung in der Sache schaffen.

Ein solches einstweiliges Verfügungsverfahren ist dort von Interesse, wo dem Rechtsinhaber weitere wesentliche Nachteile drohen, wenn nicht eine weitere Verletzung umgehend abgestellt wird. Denn anders als bei einem normalen Hauptsacheverfahren wird hier eine Entscheidung umgehend, d.h. unter Umständen bereits innerhalb weniger Tage oder Stunden, getroffen.

Allerdings werden an die Zulässigkeit eines einstweiligen Verfügungsverfahrens besondere Voraussetzungen gestellt. So muss ein besonderer „Verfügungsgrund“ für die Eilentscheidung bestehen. Einen solchen Grund stellt regelmäßig die besondere Eilbedürftigkeit der Entscheidung dar.

Diese Eilbedürftigkeit kann man aber dort kaum begründen, wo der Rechtsinhaber selbst lange wartet, bevor er den Anspruch geltend macht. Daher können insofern Nachteile entstehen, wenn nicht schnell und entschieden nach Kenntnis von der Rechtsverletzung gehandelt wird. So lassen zahlreiche Gerichte lediglich einen Monat ab Kenntnis von der Rechtsverletzung Zeit, um Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen. Danach muss ein normales - und oft langwieriges - Hauptsacheverfahren betrieben werden.

VII. Bilder

1) Unterschiede im Schutz von Lichtbildwerken und Lichtbildern?

Fotografien können urheberrechtlich als „Lichtbildwerke“ geschützt sein. Unterhalb des urheberrechtlichen Schutzes hat der Gesetzgeber in § 72 UrhG ein eigenes, vom Urheberrecht zu trennendes (ihm aber verwandtes) Leistungsschutzrecht für den Fotografen geschaffen. Die Schutzvoraussetzungen sind hier deutlich niedriger; geschützt ist jedes eigenständig geschaffene (d.h. nicht von einem anderen Foto abfotografierte) Foto für die Dauer von fünfzig Jahren nach Erscheinen des Lichtbildes. Für die Abgrenzung von Lichtbildwerken und Lichtbildern gilt: Lichtbildwerke müssen eine individuelle Betrachtungsweise oder künstlerische Aussage des Fotografen zum Ausdruck bringen, die sie von der lediglich gefälligen Abbildung abhebt. Im Einzelfall kann die Abgrenzung hier schwierig sein.

Der Schutz des Lichtbildes ist gemäß § 72 Abs. 1 UrhG inhaltlich an den des Lichtbildwerkes angelehnt. Da sich der Schutzumfang eines Werkes nach seiner Individualität richtet, ist er jedoch bei Lichtbildern enger. Er beschränkt sich in der Regel auf die Übernahme des Fotos, so das jeder Dritte ein nahezu identisches Foto fotografieren darf.

Unterschiede bestehen insbesondere auch bei der Schutzdauer: Während der urheberrechtliche Schutz als Lichtbildwerk regelmäßig erst 70 Jahre nach dem Tod des Fotografen endet, beträgt die Schutzdauer bei Lichtbildern in der Regel 50 Jahre ab Erscheinen des Lichtbildes.


2) Dürfen Abbildungen und Fotografien von Marken und Firmenlogos oder -zeichen für Wikipedia genutzt und unter der GNU FDL zur Verfügung gestellt werden?

a) Markenrecht

Unter markenrechtlichen Gesichtspunkten bestehen in der Regel keine Probleme bei der Einstellung von Abbildungen oder Fotografien von Marken in die freie Enzyklopädie Wikipedia. Das Markenrecht schützt nur vor bestimmten Angriffshandlungen, insbesondere nur vor solchen Handlungen, die „im geschäftlichen Verkehr“ erfolgen. Das Verwenden einer Marke in Nachschlagewerken stellt kein solches Handeln „im geschäftlichen Verkehr“ dar. Anders wäre dies, wenn die Marke zur Kennzeichnung von Wikipedia benutzt würde.

Allerdings hat der Markeninhaber in den Fällen, in denen seine Marke in einem Nachschlagewerk aufgelistet oder dargestellt wird, einen besonderen Anspruch: Gemäß § 16 MarkenG kann der Rechtsinhaber, wenn der Eindruck entsteht, dass es sich bei der Marke um eine Gattungsbezeichnung handelt, verlangen, dass der Wiedergabe der Marke ein Hinweis beigefügt wird, dass es sich um eine eingetragene Marke handelt.

Der Hintergrund dieser Regelung ist folgender: Wenn eine bestimmte Bezeichnung eine ganze Gattung von Produkten kennzeichnet, dann ist sie als Marke nicht mehr schutzfähig. Darum müssen die Inhaber der Marken auch die Möglichkeit haben, einer Entwicklung eines bestimmten Wortes hin zu einem Gattungsbegriff entgegenzuwirken. Sonst würden letztlich stets die Inhaber besonders starker Marken „bestraft“, da hier leicht die Tendenz besteht, den Namen des Produktes als Bezeichnung für eine ganze Gattung von Produkten zu verwenden. Deshalb sind im Duden® beispielsweise die Marken „Coca Cola®“ und „Aspirin®“ ausdrücklich als Marken gekennzeichnet.

b) Firmenrecht

Auch unter firmenrechtlichen Gesichtspunkten bestehen keine Schwierigkeiten, solange Firmennamen etc. lediglich wiedergegeben werden. Denn zwar unterfällt die Firma dem Namensschutz gemäß § 12 BGB. § 12 BGB schützt jedoch nicht gegen jede Verwendung des Namens. Geschützt wird vielmehr allein der Name als Identitätsbezeichnung gegen Namensleugnung und Namensanmaßung. Beide Fälle liegen bei der reinen Wiedergabe in einer Enzyklopädie nicht vor.

c) GNU-FDL-Lizenzierung

Auch wenn das Einstellen von Abbildungen von Marken und Firmennamen in die Wikipedia-Artikel unter marken- und firmenrechtlichen Gesichtspunkten in der Regel problemlos möglich ist, können in der Praxis Probleme entstehen, wenn die entsprechenden Abbildungen unter die GNU FDL gestellt werden.

Denn die GNU FDL gestattet die umfassende Nutzung und kann damit nach ihrem Wortlaut auch solche Nutzungen erfassen, die – anders als das Einstellen in eine Enzyklopädie – marken- und firmenrechtsverletzend sind. Da gleichzeitig für den Nutzer nicht stets erkennbar ist, dass es sich um eine Marke oder eine Firma handelt (nicht jede Marke ist so bekannt wie Coca Cola®), besteht hier die Gefahr, dass dieser – ohne dies unbedingt zu wollen – Markenverletzungen begeht, für die er dann dem Rechtsinhaber gegenüber einzustehen hat.

Markenabbildungen etc. sollten daher nicht unbedingt unter der GNU FDL lizenziert werden.

d) Urheberrecht

Auch wenn die Wiedergabe von Marken oder Firmennamen und Firmenlogos unter marken- und firmenrechtlichen Gesichtspunkten zulässig ist, kann es dort zu Problemen kommen, wo die Bezeichnung oder Gestaltung auch urheberrechtlich schutzfähig ist. Dies ist bei entsprechender künstlerischer Gestaltung möglich. In diesen Fällen bestehen die verschiedenen Rechte nebeneinander. Hier bedarf es, wenn nicht ausnahmsweise gesetzliche Schranken (insb. Zitatrecht) eingreifen, einer Nutzungsrechtseinräumung durch die Rechtsinhaber.

3) Unter welchen Bedingungen können Screenshots von Computerprogrammen, Fotografien von Buchcovern, Abbildungen von Donald Duck Figuren, Briefmarken, Münzen, Banknoten und Wappen von Nationen, Städten und Gemeinden zur Erläuterung und Illustration von Artikeln in Wikipedia verwendet werden?

Grundsätzlich gilt: Wenn an den unterschiedlichen Elementen ein immaterialgüterrechtlicher Schutz besteht (insbesondere durch das Urheberrecht) und nicht ausnahmsweise eine gesetzliche Gestattung vorliegt, bedarf die Benutzung einer Lizenz durch den Rechtsinhaber. Im Einzelnen:

a) Screenshots

Bei den Screenshots kommt es darauf an, ob diese die Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werkes darstellen. Wenn ja, dann ist ein erlaubnisfreies Kopieren und Einstellen bei Wikipedia grundsätzlich nicht möglich, soweit nicht ausnahmsweise eine der bereits oben erläuterten urheberrechtlichen Schranken eingreift (insbesondere das Zitatrecht). Dabei ist zu beachten, dass Benutzeroberflächen urheberrechtlich geschützt sein können, wenn sie ein gewisses Maß an Individualität aufweisen. Das, was üblich oder durch technische Notwendigkeiten vorgegeben ist, kann jedoch nicht zur Individualität beitragen.

b) Fotografien von Buchcovern

Ähnliches wie für Screenshots gilt auch für Fotografien von Buchcovern: Es kommt darauf an, ob der Einband selbst ein gewisses Maß an Individualität aufweist, wobei die Anforderungen relativ niedrig anzusetzen sind. Ist die Schwelle urheberrechtlichen Schutzes überschritten bedarf es einer Gestattung des Rechtsinhabers, soweit nicht ausnahmsweise eine urheberrechtliche Schranke eingreift.

c) Donald Duck Figuren etc.

Donald Duck und andere Comic-Figuren sind in der Regel urheberrechtlich geschützt, so dass die Verwendung regelmäßig einer vorherigen Gestattung des Rechtsinhabers bedarf.

d) Banknoten

Banknoten dürfen nicht ohne weiteres abgebildet werden. Hier sind vielmehr streng vorgegebene Voraussetzungen einzuhalten, die in den von der Bundesbank veröffentlichten „Abbildungsvorschriften von Banknoten zu Werbe- und anderen Zwecken“ nachgelesen werden können. Die Abbildung auf elektronischem Wege ist danach zulässig, wenn

  • auf der Reproduktion das Wort „SPECIMEN“ in der Schriftart „Arial“ oder einer der Schriftart „Arial“ ähnlichen Schriftart quer gedruckt ist und die Abmessungen des Wortes „SPECIMEN“ mindestens 75 % der Länge und 15 % der Breite der Reproduktion betragen und das Wort „SPECIMEN“ eine undurchsichtige (opake) Farbe hat, die einen Kontrast zur Hauptfarbe der jeweiligen Euro-Banknote bildet; und
  • die Auflösung der elektronischen Reproduktion in Originalgröße 72 Punkte pro Inch nicht überschreitet.

Siehe dazu: http://www.bundesbank.de/download/bargeld/abbildungsvorschriften_euro_banknoten.pdf

e) Münzen

Ebenso wie Banknoten sind auch Münzen einem urheberrechtlichen Schutz zugänglich und dort, wo die Darstellung Individualität aufweist, auch tatsächlich urheberrechtlich geschützt (sofern nicht die Schutzdauer inzwischen abgelaufen ist). Inwieweit die Münzen dennoch dargestellt werden dürfen, ist abhängig von der Gestattung des Inhabers der Rechte an den jeweiligen Münzbildern.

Für die gemeinsame Seite der Euro-Münzen (also diejenige, die bei den Euro-Münzen aller Staaten gleich ist) hat die Kommission beispielsweise bestimmt, dass Abbildungen ohne besondere Verfahren zulässig sein sollen bei Fotografien, Zeichnungen, Bildern etc., sofern sie die Euro-Münzen wahrheitsgetreu wiedergeben und in einer Weise verwendet werden, die das Ansehen des Euro nicht beeinträchtigt oder herabsetzt (vgl. ABlEG Nr. C 318/3 vom 13.11.2001 „Mitteilung der Kommission zum urheberrechtlichen Schutz des Münzbilds der gemeinsamen Seite der Euro-Münzen“). Bei anderen Münzbildern können jedoch andere Regelungen bestehen.

f) Briefmarken

Briefmarken sind regelmäßig urheberrechtlich geschützt. Ein Nachdruck ist daher nur mit Zustimmung der Rechteinhaber zulässig und wird von diesen (jedenfalls in Deutschland) nicht generell sondern nur für den jeweiligen Einzelfall erteilt. Erforderlich ist es daher jeweils, sich eine Genehmigung bei dem jeweiligen Rechtsinhaber einzuholen.

Deutsche Briefmarken werden vom Bundesministerium der Finanzen ( http://www.bundesfinanzministerium.de/ ) herausgegeben, welches ein eigenes Referat „Postwertzeichen“ unterhält. Dorthin muss man seine Anfrage stellen, wenn eine bestimmte deutsche Briefmarke bei Wikipedia abgebildet werden soll (Bundesministerium der Finanzen, Referat Postwertzeichen, Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin). Das Bundesministerium der Finanzen setzt sich dann mit dem jeweiligen Graphiker in Verbindung und trifft gemeinsam mit diesem eine Entscheidung.

Bei ausländischen Marken ist zunächst der jeweilige Rechtsinhaber zu ermitteln.

g) Wappen und Flaggen

Wappen und Flaggen können urheberrechtlich geschützt sein. Maßgeblich ist dafür zunächst, ob ursprünglich urheberrechtliche Schutzfähigkeit vorlag, es sich also um ein individuelles Werk handelte. Dies wird bei Wappen regelmäßig der Fall sein, kann jedoch bei einfachen Flaggen durchaus fraglich sein. Weiter kommt es darauf an, ob der urheberrechtliche Schutz gegenwärtig noch fortdauert oder ob die Schutzdauer bereits abgelaufen ist (70 Jahre nach Tod des Urhebers). Bei Traditionswappen oder -flaggen wird dies vielfach der Fall sein.

Daneben können Wappen etc. namensrechtlichen Schutz genießen. Dies ist dann der Fall, wenn sie aufgrund ihrer individualisierenden Unterscheidungskraft geeignet sind, auf den Namensträger hinzuweisen. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass eine bestimmte Institution oder Person mit einem Wappen etc. bezeichnet werden soll und kann (z.B. Universitätsemblem, Rotes Kreuz).

Besteht urheberrechtlicher oder namensrechtlicher Schutz, dürfen entsprechende Flaggen, Wappen oder sonstige Symbole nicht ohne Weiteres bei Wikipedia eingestellt werden. Vielmehr bedarf es in diesen Fällen einer Genehmigung durch die jeweiligen Rechtsinhaber.

Unabhängig vom immaterialgüterrechtlichen und namensrechtlichen Schutz ist stets zu berücksichtigen, dass die Verwendung hoheitlicher Symbole (z.B. Bundesadler, Bundesflagge) ordnungs- und strafrechtlich reglementiert ist und z.B. verunglimpfende Darstellungen etc. auf jeden Fall zu unterbleiben haben.


VIII. Urheberrecht und Hausrecht

Dürfen Fotografien, die unter Verletzung des Hausrechts oder entgegen einem Fotografierverbot (beispielsweise in einem Museum) gemacht worden sind, deren Abbildungsgegenstand aber gemeinfrei ist, eingestellt werden?

Klar ist, dass ein Eingriff in fremde Urheberrechte in diesen Fällen nicht vorliegt. Darüber hinaus kann man wohl auch davon ausgehen, dass das Hausrecht, im Sinne eines Rechts über die Benutzung eines geschützten Raums zu verfügen, das spätere Veröffentlichen von Fotos dieses Raumes nicht erfasst.


Es gilt jedoch: Jedermann sollte die Rechte anderer respektieren. Schon aus diesem Grund sollte die Frage, ob Fotografien, die entgegen ausdrücklicher Verbote erstellt wurden, eingestellt werden können, hier eher eine theoretische bleiben. Dies gilt auch dann, wenn man sich im Einzelfall aufgrund gesamtgesellschaftlicher Interessen oder sonstiger Allgemeininteressen eine weitergehende Zugänglichkeit der gemeinfreien Gegenstände wünscht.

Hinzu kommt, dass dort, wo eine Hausordnung oder Allgemeine Benutzungsbedingungen das Fotografieren ausdrücklich verbieten, bereits mit dem Fotografieren ein Verstoß gegen die Benutzungsbestimmungen vorliegt, der unter Umständen sanktioniert sein kann, z.B. durch künftige Benutzungsverbote etc. Auch ist zu berücksichtigen, dass das Hausrecht in bestimmten Umfang strafrechtlich geschützt ist.

Außerdem kommen vielfach auch andere Rechte in Betracht, die einer Veröffentlichung entgegenstehen können. Zu nennen sind hier insbesondere mögliche Persönlichkeitsrechte Dritter. Insbesondere die Veröffentlichung von Aufnahmen von Privatwohnungen oder sonstiger Fotografien mit Bezug zum Privat- oder Intimbereich bedarf der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung durch den Rechtsinhaber, auch wenn die abgebildeten Gegenstände nicht immaterialgüterrechtlich geschützt sind.

Persönlichkeits- und Datenschutzrecht

1) Was ist bei der Aufnahme von Berichten über Personen zu berücksichtigen? In welchen Grenzen darf über öffentliche Termine und Reden, sowie über private oder intime Erlebnisse unbekannter Personen in Wort und Bild berichtet werden?

Im Folgenden wird unterschieden zwischen der Wort- und der Bildberichterstattung:

a) Wortberichterstattung

Erfolgt Wortberichterstattung nicht mit der gebotenen Sorgfalt, kann dies schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Unwahre Tatsachenbehauptungen und ehrverletzende Werturteile über Personen sind daher (von engen Ausnahmen abgesehen) grundsätzlich verboten und können in der Regel auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Daneben unterliegt – zum Schutze der Persönlichkeit derjenigen Personen, über die berichtet wird – auch die Verbreitung wahrer Tatsachen bestimmten Grenzen. Diese beruhen auf einer Abwägung der widerstreitenden gegenläufigen Interessen. Dabei kann grob wie folgt untergliedert werden:

  • Über die Intimsphäre eines Menschen darf überhaupt nicht berichtet werden; Ausnahmen gelten allein dort, wo der Betroffene einwilligt oder das Geschehen von vornherein öffentlich ist. Zur Intimsphäre zählen stets sexuelle Vorgänge.
  • Über die Privatsphäre – also das Privat- und Familienleben, soweit es nicht bereits der Intimsphäre unterfällt – darf grundsätzlich nicht berichtet werden, es sei denn, an dem grundsätzlich privaten Ereignis kann die Öffentlichkeit ein berechtigtes Informationsinteresse geltend machen, was zum Beispiel der Fall ist, wenn die private Information Rückschlüsse auf politische Vorgänge erlaubt.
  • Berichte über die Sozialsphäre – im Wesentlichen also die Beziehungen eines Menschen zu seiner Umwelt – sind bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Berichterstattung in der Regel zulässig.

Zusätzlich ist zu berücksichtigen: Kinder haben ein besonderes Recht darauf, unbeobachtet durch Medien und Öffentlichkeit aufzuwachsen. Sie sind daher noch stärker gegen eine Berichterstattung geschützt als erwachsene Personen.

b) Bildberichterstattung

Für die Bildberichterstattung gilt grundsätzlich ebenfalls die oben geschilderte Einteilung nach Intim-, Privat und Sozialsphäre. Zusätzlich sind unter anderem die folgenden Punkte zu berücksichtigen:

  • Bilder von Versammlungen und Demonstrationen sind ohne Einwilligung der darauf abgebildeten Personen zulässig, es dürfen jedoch ohne ein besonderes Informationsinteresse einzelne Teilnehmer nicht in Großaufnahmen bloßgestellt werden.
  • Begleiter prominenter Personen müssen es hinnehmen, wenn sie zusammen mit den Prominenten dargestellt werden, solange sie nicht im Vordergrund stehen und solange die Ablichtung des Prominenten zulässig ist.

Schließlich gilt auch bei der Bildberichterstattung: Kinder haben ein besonderes Recht darauf, unbeobachtet durch Medien und Öffentlichkeit aufzuwachsen. Die Abbildung von Fotos von Kindern ist daher grundsätzlich unzulässig.

2) Welche Ansprüche bestehen bei Eingriffen in Persönlichkeitsrechte? Wer haftet?

Bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch das Einstellen von Berichten bei Wikipedia kommen unter anderem Ansprüche auf Unterlassung weiterer Störungen und, bei Verschulden, auch auf Schadensersatz für bereits erfolgte Verletzungen in Betracht. Die Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz richten sich zunächst gegen den unmittelbaren Verletzer, also denjenigen, der die Beiträge eingestellt hat. Ob daneben auch Wikipedia haftet, richtet sich nach den bereits oben bei den urheberrechtlichen Ansprüchen geschilderten Grundsätzen (siehe oben „Wer haftet für Urheberrechtsverstöße? Der Autor, Wikipedia, der Inhaber von Internetadressen oder aber alle zusammen?“) . Daneben sind im Falle einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung Ansprüche auf Geldentschädigung („Schmerzensgeld“) denkbar.

Außerdem kann unter Umständen – namentlich im Falle von Tatsachenbehauptungen, ganz gleich ob diese wahr oder unwahr sind – ein Gegendarstellungsanspruch bestehen, d.h. ein Anspruch darauf, dass eine persönliche Erklärung des Betroffenen zugänglich gemacht wird, in der dieser seine eigene Sicht der Dinge wiedergibt. Maßgeblich ist dafür, ob Wikipedia als ein Dienst anzusehen ist, bei welchem „in periodischer Folge Texte verbreitet werden“. Dies kann jedenfalls für die Rubrik „Artikel des Tages“ und ähnliche Rubriken gelten. Der Gegendarstellungsanspruch richtet sich allein gegen den „Diensteanbieter des journalistisch-redaktionell gestalteten Angebots“, also nicht auch gegen den Ersteller des Beitrags.

3) Was regelt das Datenschutzrecht? Kann es das Einstellen von Artikeln auf Wikipedia beeinflussen?

Grundsätzlich darf niemand ohne Einwilligung des Betroffenen persönliche Daten an Dritte übermitteln und diese auch nicht im Internet zur Verfügung stellen. Erfolgt eine solche Übermittlung dennoch, stehen dem Betroffenen unter Umständen (und vielfach: wenn weitere hier nicht näher beleuchtete Voraussetzungen vorliegen) verschiedene Ansprüche zur Verfügung, u.a. Ansprüche auf Auskunft sowie auf Sperrung oder Löschung der Daten. Dies ist auch beim Einstellen von Artikeln bei Wikipedia zu beachten: Personenbezogene Daten dürfen auch dort nicht ohne weiteres eingestellt werden.

Eine Ausnahme gilt gem. § 28 Abs. 1 Nr. 3 BundesdatenschutzG, wenn die Daten allgemein zugänglich sind, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung gegenüber dem berechtigten Interesse an der Nutzung bei Wikipedia offensichtlich überwiegt.