An der Barkhauser Straße in Paderborn untersuchte die Firma Goldschmidt Archäologie
& Denkmalpflege in knapp zwei Monaten einen 7200 m2 großen Ausschnitt einer eisenzeitlichen Siedlung. Der Bereich südlich eines
Grabens war bereits durch eine großflächige
Abziegelung gestört und enthielt keine archäologisch relevanten Befunde mehr. Insgesamt wurden 209 Befunde und 30 jüngere
Störungen dokumentiert (Abb. 1). Dabei handelt es sich um 172 Pfostenlöcher, 35 Gruben,
ein Grubenhaus und einen Brunnen.
Quellenkritisch ist anzumerken, dass bei der
knappen Grabungszeit kein durchgängiger Flächenputz erfolgte und sich damit die Rekonstruktion der Gebäude anhand der nur teilweise
dokumentierten Pfostenlöcher erschwert. Zudem erlauben die wenigen geborgenen Funde
häufig keine präzisere Datierung der Befunde.
Einige Befunde gehören allgemein der
jüngeren Eisenzeit an. Zwei Gruben datieren
in deren älteren Abschnitt. Ein Grubenhaus
wurde erst im fortgeschrittenen 1. Jahrhundert n. Chr. angelegt. Demnach handelt es sich
um zwei zeitlich getrennte Siedlungsphasen.
Ebenso wie im nördlich anschließenden Areal
der Grabung Saatental kann auch hier von einem Hiatus der Besiedlung ausgegangen werden. Eine präzise Datierung innerhalb des Zeitraums von der jüngeren Eisenzeit bis zur frühen Kaiserzeit und damit eine Zuordnung zu
einer der beiden Siedlungsphasen ist bei der
Mehrzahl der Befunde anhand der spärlichen
Funde nicht möglich; auch kommen keine eindeutig in die Phasen Latène C oder D datierbaren Gruben vor. Trotz dieser Einschränkung
lassen sich auf dem Areal zwei getrennte
Hofareale voneinander abgrenzen und einige
Hausgrundrisse rekonstruieren.
Im Nordostteil der untersuchten Fläche
konnte ein eindeutiges, Nord-Süd-ausgerichtetes Pfostengebäude (Gebäude 1) von 6,50 m
Länge und knapp 3 m Breite erfasst werden.
Insgesamt sieben von ursprünglich acht Pfostenlöchern wurden erfasst. Die Pfosten haben einen regelmäßigen Abstand zueinander von
jeweils 1,80 m bis 2,30 m. Insgesamt acht VierPfosten-Speicher lassen sich auf der östlichen
Hofstelle rekonstruieren. Zwei davon sind
zweiphasig, ein dritter zeigt zumindest eine
Teilerneuerung. Die Speicher sind zwischen
2,00 m x 1,70 m und 4,40 m x 3,60 m groß. Außer einer Grube und der Pfostengrube eines
Speichers mit Keramik der jüngeren Eisenzeit
lassen sich diese Pfostenlöcher nur allgemein
in die jüngere Eisenzeit bzw. in die frühe römische Kaiserzeit datieren.
Die hohe Anzahl an Vier-Pfosten-Speichern und das gänzliche Fehlen von Kegelstumpfgruben deuten auf ein verändertes Verhalten beim Lagern des Getreides im Laufe
der jüngeren Eisenzeit hin. Das Fehlen dieser
Gruben ist auch bei der großflächigen Siedlungsgrabung Saatental zu bemerken, zu der
das hier vorliegende Areal eine südliche Fortsetzung darstellt. Auch dort gab es keine Befunde ab Latène C mehr. Kegelstumpfgruben
kommen dagegen auf dem Gebiet der späteren Paderborner Altstadt in den Gehöften des
1. Jahrhunderts v. Chr. regelhaft vor, wobei sich
insgesamt abzeichnet, dass sie in Ostwestfalen-Lippe ausschließlich für die Zeit Latène C
und D1 belegt sind.
Die Ausdehnung dieses östlichen eisenzeitlichen Hofareals betrug gut 1200 m2, wobei die Ostgrenze im Grabungsareal nicht erfasst wurde. Am östlichen Rand des Hofes lag
ein Brunnen (Befund 216), der anhand der Keramik auch nur grob der Eisenzeit zugeordnet
werden kann. Der runde Brunnenschacht maß
1,50 m im Durchmesser und reichte bei einer
Tiefe von 1,38 m bis in den anstehenden Kies.
Nur wenige Befunde dieser Hofstelle können genauer datiert werden. Ein Befund (Grube 1), der sich etwas weiter nördlich außerhalb des Grabungsareals befand, wurde bei
einer baubegleitenden Nachuntersuchung ausgegraben. Die Grube kann noch dem östlichen
Hofareal zugerechnet werden und enthielt Keramik (Schalen mit Fingertupfen am Rand,
senkrechte Kumpfränder und Standbodengefäße mit breitem sich kreuzendem Ritzdekor)
des älteren Abschnittes der jüngeren Eisenzeit
(Abb. 2). Ebenfalls in diesen Zeitraum fällt die
Grube 198. Zu den Keramikformen aus der
Verfüllung gehören ein Standbodengefäß mit
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AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Sven
Spiong
Kreis Paderborn, Regierungsbezirk Detmold
Archäologie in Westfalen-Lippe 2012
Eisenzeit
Eine eisenzeitliche Siedlung
bei Paderborn-Wewer
Archäologie in Westfalen-Lippe 2012
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
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breitem sich kreuzendem Ritzdekor, ein nach
außen biegender Rand sowie ein flaches Gefäß
mit deutlichem Schulterumbruch und nach außen biegender Randlippe. Diese Funde lassen
sich hauptsächlich mit Keramik aus Befunden
der Stufe Latène B vergleichen. Für die östliche
Hofstelle kann somit ein Datierungsansatz etwa ins 4./3. Jahrhundert v. Chr. vorgeschlagen
werden.
Die westliche Hofstelle lässt sich anhand
mehrerer Grubenbefunde der jüngeren vorrömischen Eisenzeit zuordnen, wenn auch konkretere Datierungen für einzelne Gruben nicht
möglich sind. Auch hier fehlen eindeutige Belege für Kegelstumpfgruben. In einem Profil
wurde zwar ein Befund erfasst, der von der
Ausgräberin als eine Kegelstumpfgrube gedeutet wurde (Befund 99). Im Planum ist allerdings kein runder Grundriss zu erkennen und
es fehlt zudem ausreichend datierbares Fundmaterial.
Von einem Vier-Pfosten-Speicher waren nur
drei Pfosten, von drei Sechs-Pfosten-Speichern
jeweils nur noch vier Pfosten erhalten. Unter
Vorbehalt lässt sich ein 5,20 m langes und knapp
3 m breites Gebäude (Gebäude 2) rekonstruieren. Es liegt am östlichen Rand der Hofstelle
und war wie das Gebäude der östlichen Hofstelle Nord-Süd-ausgerichtet, allerdings mit einer
leichten Abweichung nach Nordosten.
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AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Abb. 2 Keramik der Grube 1 der Nachuntersuchung
und des Befundes 198,
(Zeichnung: LWL-Archäologie für Westfalen/I. Patkina, O. Heilmann).
Archäologie in Westfalen-Lippe 2012
Abb. 1 (linke Seite) Grabungsplan mit datierbaren
Befunden und Rekonstruktionsvorschlägen (Grafik:
Goldschmidt Archäologie &
Denkmalpflege; Überarbeitung: LWL-Archäologie
für Westfalen/S. Spiong,
O. Heilmann).
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Unter den Grubenbefunden fällt eine Grube (78) mit ihrer regelmäßig rechteckigen
Form auf (Abb. 3, 4). Dieser Befund hat eine
ebene Sohle und senkrechte Wände. Er ist
0,16 m tief, 3,80 m lang und 2,20 m breit. An
den Schmalseiten befindet sich jeweils mittig
ein Pfostenloch von 0,30 m bzw. 0,40 m Tiefe
und 0,20 m bzw. 0,35 m Durchmesser. Es handelt sich bei dem Befund um ein einfaches, kleines Grubenhaus. Dieses einzige Grubenhaus der
Grabung beinhaltete eindeutig jüngere Keramik (Abb. 5). Unregelmäßig angeordnete dreieckige Einstichornamente, unterrandständige
Ösenhenkel, schräg ausgestellte Kumpfränder,
nach außen biegende Kumpfränder, innen verdickte und schräg abgestrichene Kumpfränder,
innen verdickte Schalenränder (teilweise mit
Fingertupfenverzierung) und einziehende RänAbb. 3 Grubenhaus 78 des
1. Jahrhunderts n. Chr. im
Planum (Foto: Goldschmidt
Archäologie & Denkmalpflege/S. Grohmann-Troll).
Archäologie in Westfalen-Lippe 2012
Abb. 4 Grubenhaus 78 des
1. Jahrhunderts n. Chr. im
Profil (Foto: Goldschmidt
Archäologie & Denkmalpflege/S. Grohmann-Troll).
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der mit außen leistenartig abgesetztem Randabschluss datieren den Befund in die frühe bzw.
ältere Kaiserzeit. Da verdickt facettierte Ränder fehlen, ergibt sich eine Datierung ins fortgeschrittene 1. Jahrhundert n. Chr.
Die meisten Befunde der westlichen Hofstelle sind – soweit bestimmbar – sonst eher der
jüngeren Eisenzeit zuzurechnen und gehören
damit wahrscheinlich wie der östliche Hof der
älteren Siedlungsphase an.
Völlig unklar bleibt leider die Datierung eines Ost-West-verlaufenden Grabens (19), der
südlich der westlichen Hofstelle liegt. Auf
dem Gebiet der Paderborner Altstadt kennen
wir zwar zwei Hofgräben der jüngeren vorrömischen Eisenzeit, ob dieser Graben zeitlich
aber überhaupt zur Siedlung passt, lässt sich
mangels Funde nicht mehr klären.
Summary
Between the excavations Saatental in the
north and K 37 in the south, parts of a settlement consisting of two separate farmsteads
were uncovered on Barkhauser Straße on the
western periphery of the City of Paderborn.
Based on the pottery, the vast majority of the
features, which belonged to two dwellings and
15 storehouses, could be dated approximately
to the 4th/3rd centuries BC. A pit dwelling
with two posts dated from the advanced 1st
century AD.
Samenvatting
Aan de Barkhauser Straße, aan de westelijke
stadsrand van Paderborn werd, tussen de opgravingen Saatental aan de noordkant en de K
37 aan de zuidkant, een deel van een nederzetting met twee afzonderlijke boerderijarealen
opgegraven. Het aardewerk dateert het overgrote deel van de sporen, met twee huisplattegronden en 15 spiekers, in de 4e tot 3e eeuw
v. Chr. Een hutkom met twee paalsporen behoort al tot de gevorderde 1e eeuw na Chr.
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AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Archäologie in Westfalen-Lippe 2012
Abb. 5 Keramik aus dem
Grubenhaus 78 (Zeichnung: LWL-Archäologie
für Westfalen/I. Patkina,
O. Heilmann).
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Literatur
Manuel
Zeiler
Eisenzeit
Klaus Günter, Schmiedesiedlung der älteren Römischen
Kaiserzeit bei Warburg-Daseburg (Münster 1990). –
Daniel Bérenger, Zur Chronologie der Vorrömischen
Eisenzeit und Römischen Kaiserzeit in Nordost-Westfalen.
Bodenaltertümer Westfalens 38 (Mainz 2000). – Georg
Eggenstein, Das Siedlungswesen der jüngeren vorrömischen Eisenzeit und der frühen römischen Kaiserzeit im Lippebereich. Bodenaltertümer Westfalens 40 (Mainz 2003). –
Bernhard Sicherl, Anmerkungen zu den Kegelstumpfgruben der Eisenzeit. In: Beate Herring/Elke Treude/Michael
Zelle (Hrsg.), Römer und Germanen in OstwestfalenLippe. Untersuchungen zu kulturhistorischen Entwicklungen von der Mittellatènezeit bis zur jüngeren römischen
Kaiserzeit 1 (Oldenburg 2011) 133 –159.
Eine neue eisenzeitliche Höhenbefestigung in
Westfalen – der Weilenscheid bei Lennestadt
Kreis Olpe, Regierungsbezirk Arnsberg
Höhenbefestigungen mit heute noch sichtbaren
Wällen sind häufige und prominente Bodendenkmäler des deutschen Mittelgebirgsraumes.
Allerdings sind die meisten von ihnen kaum ausreichend archäologisch untersucht, teilweise
ist sogar ihre zeitliche Einordnung gänzlich
spekulativ. Angesichts der Bedeutung dieser
Anlagen für die Siedlungsarchäologie, die
Höhenbefestigungen zumeist als Wirtschaftsund Kultzentren interpretiert, ist dieser Forschungsstand problematisch. Umso erfreulicher
ist es daher, wenn eine bislang undatierte Höhenbefestigung durch Neufunde endlich zeitlich eingeordnet werden kann.
bildet mit ihnen einen von Südwesten nach
Nordosten streichenden Höhenzug (Abb. 2). Die
exponierte Lage des Weilenscheids erlaubt eine weite Fernsicht bis zur Hohen Bracht bei
Lennestadt-Altenhundem im Südosten und
zur Höhenbefestigung Borghausen (LennestadtGrevenbrück) im Nordwesten.
Die Bergkuppe des Weilenscheids ist von
zwei konzentrisch verlaufenden Terrassen umgeben (Abb. 2), eine dritte befindet sich weiter
östlich am Bergkamm. Die Breite der Terrassierungen schwankt zwischen 2 m und 7 m
und die Höhe der Terrassenkante über der Geländeoberkante zwischen 0,4 m und 1,2 m. Ins-
Dies gelang kürzlich für den Weilenscheid,
ein ca. 300 m x 150 m großes Bodendenkmal auf
einer Bergkuppe mit steilen Bergflanken und
Höhen von 440 m bis 481 m ü. NN bei Lennestadt-Elspe und -Grevenbrück (Abb. 1). Die Kuppe überragt die umliegenden Erhebungen und
gesamt umfassen die Terrassen eine Fläche von
ca. 4,2 ha, allerdings ist der Großteil aufgrund
der Steilheit des Geländes für Siedlungsaktivitäten kaum nutzbar. Zudem finden sich periodisch schüttende Quellen erst außerhalb der
Terrassen.
Archäologie in Westfalen-Lippe 2012
Abb. 1 Der Weilenscheid
von Westen (Mitte im
Hintergrund) (Foto: LWLArchäologie für Westfalen/H. Menne).
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