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Nack (2024) Philosophie & Feminismus

2024, Mitteilungen der DGPhil

Vorstellung meines Podcasts Philosophie & Feminismus mitsamt der Entstehungsgeschichte und den Hintergründen

Mitteilungen | Frühling 2024 – Nr. 63 Philosophie & Feminismus Das Blockseminar „Der Streit um Kategorien im Feminismus“ goes Podcast die Folgen zu einem Fachgebiet oder Fachthema, dann wieder begriffs- oder personenkonzentriert. Oft beinhalten sie Interviews, etwas seltener wird der Inhalt von einer einzelnen Person vorgetragen. Was ich im Sommer 2023 hingegen nicht fand, waren Philosophieseminare zum Nachhören. Podcasts also, die seminarähnlich detailreich und in Tiefe verschiedene Textgrundlagen zu einem Oberthema besprachen, schien es nicht zu geben. Aus dieser Einsicht – sei sie einer realen Lücke oder doch schlechter Recherche geschuldet – erwuchs die Idee, meine eigene Lehre als Podcast aufzubereiten (zumal mir eine Kol- von Ulrike Nack legin den Floh ins Ohr setzte, ich hätte eine dafür geeignete Stimme). Eigentlich wollte ich diesen Artikel mit einem kurzen Überblick zu Podcasts, die sich mit Philosophie beschäftigen, beginnen. Aber schon eine kurze Recherche zeigt: das Angebot an allein deutschsprachigen Philosophie-Podcasts ist beeindruckend. Online zum Nachhören finden wir Philosophie „zum Schlummer“ oder „to go“ genauso wie ganze Philosophievorlesungsreihen. Große Radiosender haben ihre eigenen Philosophiepodcasts genauso wie Universitäten, aber auch Fachkolleg*innen und Autodikat*innen warten mit ihren eigenen Podcasts auf. Manchmal umfassen sie nur wenige Folgen, manchmal sehr viele. Mal sind die Folgen lang, mal kurz. Es gibt sie als Audio und/oder als Video. Mal sind Doch ob sich diese Idee umsetzen ließ, musste sich zuerst in dem Seminar zeigen, das als Podcast-Grundlage dienen sollte: das Blockseminar „Der Streit um Kategorien im Feminismus“, welches Prof. apl. Katrin Wille und ich im August 2023 an der Universität Hildesheim gaben. Waren die Seminartexte von Katrin Wille und mir so ausgewählt, dass sie einen roten Faden auch für die Studierenden ergaben? Waren unsere kurzen Einführungen zu den Texten nachvollziehbar? Konnten wir mit den Studierenden Forschungsfragen und Problemstellungen herausarbeiten und so die Komplexitäten des Themas etwas eindämmen? Würde das Seminar ein rundes Ganzes werden oder in viele lose Einzelthemen zerfallen? Das Blockseminar – so zumindest mein Eindruck – wurde, nicht zuletzt Dank der engagierten und wissbegierigen Studierenden, eine runde Sache. Der rote Faden war da und wurde im Verlauf der Tage noch klarer, die textlichen Einführungen nachvollziehbar und zentrale Fragestellungen lagen nach fünf Tagen auf den Tisch. Natürlich waren dies Zwischeneindrücke und Zwischenergebnisse, auch das intensivste Blockseminar kann ein Thema nicht umfassend bearbeiten. Doch warum nicht philosophische Lehre in ihrer Vorläufigkeit wiedergeben? 13 Mitteilungen | Frühling 2024 – Nr. 63 Selbstverständlich war es mehr Arbeit als gedacht. Die Fol- Ohne Katrin Wille und die Studierenden aus dem Seminar gen mussten geplant, geschrieben, aufgenommen und ge- wäre dieser Podcast nicht möglich gewesen. Ob er sich gut schnitten werden. Ich erwarb Mikrophon, Aufnahme- und hören lässt oder sich nicht doch in der einen oder anderen Schnittfähigkeiten. Recherchierte Veröffentlichungsbedin- Komplexität verheddert, darüber kann jede frei entscheiden. gungen und traf Designentscheidungen. Eine Podcasthome- Mein Respekt gilt jenen, die universitäre Philosophie nicht page fehlt bis heute. Doch im Januar 2024 war es dann so- gewöhnt sind und sich doch alle Folgen anhören. Denn einer weit. Ich veröffentlichte die erste Staffel meines Podcasts Schwierigkeit bin ich nicht entkommen. Zwar mache ich mit „Philosophie & Feminismus“. Nun ist sie „überall, wo’s Pod- diesem Podcast universitäre philosophische Lehre auch jen- casts gibt“ zu hören. seits des Seminarraumes und der Seminarzeit zugänglich, In sieben Folgen von 20 - 30min Länge befasse ich mich mit dem Streit um Kategorien im Feminismus. In der ersten führe ich in den Streit ein, indem ich mein Forschungsvorhaben und -anliegen vorstelle. In der zweiten eröffne ich mithilfe von Blitzlichtern aus der europäischen Philosophietradition die Bedeutungs- und Assoziationsräume von Kategorien. den Inhalt des Themas bereite ich jedoch nicht allgemein zugänglich auf. Ich verbleibe zum Großteil in der akademisch geschulten Fachsprache und mitunter in den langen Gedankengängen und den Abstraktheiten, die sich Philosoph*innen über Jahre und Jahrzehnte aneignen. Die Hürden, die damit einhergehen, bestehen im Podcast weiter. Die dritte Folge thematisiert, was es heißt, der Kategorie Ge- Noch eine Schwierigkeit tut sich auf: Schon wenige Monate schlecht im Modus des „forschenden Fragens“ (Deuber-Man- später würde ich mein Forschungsthema anders als in der kowsky) zu begegnen und warum es unmöglich sein könnte, ersten Folge beschreiben. Doch dies liegt in der Natur der die Geschlechterdifferenz zu denken. Folge vier bis sechs be- Sache der philosophischen Forschung. In diesem Sinne, viel fassen sich mit jeweils einer prägnanten Position im Streit: Freude beim Hören. So machte ich mich daran, das Blockseminar in einen Pod- mit Cornelia Klingers Plädoyer für eine Neukonstruktion der cast zu übersetzen. Und stand damit vor der Aufgabe, einen Kategorien Klasse, Rasse und Geschlecht, Tove Soilands mar- Prozess des gemeinsamen, vielstimmigen und forschungs- xistischem Kategorienverständnis und Isabell Loreys queer- orientierten Erarbeitens einer Problemstellung unter univer- feministischer Kritik an Kategorien und Kategorisierungen. sitären Seminarbedingungen in einen von mir eingesproche- In der letzten Folge bringe ich die verschiedenen Streitpunk- nen und linear anzuhörenden Audiopodcast zu übertragen. te auf ihre jeweiligen Nenner. Ulrike Nack promoviert an der Universität Hildesheim über den Zusammenhang von Sexismus, Rassismus und Kapitalismus aus feministisch-marxistischer/sozialistischer Perspektive. 14