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Ein verrückter Kerl!

2024, Predigt zu Mk 3,20-33 (A/10)

Jesus war eine echte Zumutung - damals. Und Jesus ist der eigentliche Antoß für die Kirche heute.

Ein verrückter Kerl! Predigt zu Mk 3,20-33 (A/10) Jesus war eine echte Zumutung – für seine Familie. In einer Zeit, in der es weder Lebensversicherungen noch Renten gab, ließ er seine Eltern hocken, obwohl er nach jüdischem Gesetz für den Unterhalt der Eltern verantwortlich gewesen wäre. Eine echte Zumutung für die Eltern und die ganze Familie: von heute auf morgen nichts mehr zu arbeiten, sich als Landstreicher davon zu machen, Kumpane um sich zu scharen, mit denen er von Dorf zu Dorf zieht und auf Kosten anderer lebt. Und dann der Höhepunkt: Seine Familie will diesen Spinner gewaltsam zurückholen. Sie stehen draußen. Er mit seinen Kumpanen drinnen. Man sagt ihm: „Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und suchen dich!“ Und da spricht er das vermessene Wort: „Wer sind meine Mutter und wer sind meine Brüder?“ Er blickt auf die Menschen, die im Kreis um ihn herumsitzen und sagt: „Das hier sind meine Mutter und meine Brüder!“ Welch ein Affront! Kein Wunder, dass seine Familie ihn für verrückt erklärt. Jesus war eine echte Zumutung – auch für die religiöse Elite. Er wirft fromme Traditionen über Bord – und die einfachen Leute laufen ihm zuhauf nach. Und da setzen die Schriftgelehrten die schärfste Waffe ein, die sie haben. Sie behaupten: Jesus steht mit dem Teufel im Bund. Vorsicht vor diesem Mann! Aber Jesus gibt nicht klein bei, sondern dreht den Spieß um: Leute, sagt er, denkt doch mal logisch! Wie kann das sein? Ich soll die Teufel mit Hilfe des Teufels austreiben? Da mach ich ihn doch selbst kaputt! Da arbeite ich doch gegen das eigene Haus. Schlagfertiger geht es nicht. Mit einem logischen Argument setzt er seine Gegner schachmatt. Liebe Zuhörer, ich frage mich: Was könnte das für eine Kirche heißen, die wirklich in den Spuren Jesu gehen will? Machen wir alles wie alle Welt – und sagen: Wir auch! Wir auch! Oder sind wir wie Jesus: verrückt, anstößig – mit unseren Ideen, Menschen zusammenzubringen, Außenseiter einzubinden, uns nicht von den Urteilen anderer abhängig zu machen. Haben wir noch Ideen, die aufhorchen und Menschen sagen lassen: Da wollen wir auch hin! Mit denen wollen wir auch leben. Und wo sind wir wie Jesus schlagfertig, wenn wir angegriffen werden? Ziehen wir gleich den Kopf ein? Oder stellen wir uns der Diskussion? Haben wir Argumente, die oberflächliche Kritik entlarven? Jesus ist anstößig – nicht nur in seiner Zeit. Ob es uns recht ist oder nicht: Jesus ist der eigentliche Anstoß für unsere Kirche. Einleitung "Das Erste, das der Mensch im Leben vorfindet, das Letzte, wonach er seine Hand ausstreckt, das Kostbarste, was er im Leben besitzt, ist die Familie." Ein berührender Satz von Adolf Kolping, der ans Gemüt geht. Ich bin sicher: Das ist auch unsere Erfahrung. Aber heute im Evangelium hören wir von einem, der darüber ganz anders denkt. Fürbitten Der anstößige Jesus bietet immer Denkanstöße für unsere Kirche. Gott, wir bitten dich: V: Herr, weck‘ sie auf! A: Herr, weck‘ sie auf! - Eine Kirche, die sich immer mehr auf dem Rückzug befindet. - Eine Kirche, die sich gesellschaftlich nicht mehr einmischt - Eine Kirche, die keine anziehenden Ideen mehr hat - Eine Kirche, die nur um sich selbst kreist - Eine Kirche, die sich nichts traut - Eine Kirche, die sich nicht reformiert - Eine Kirche, der die jungen Menschen fehlen - Eine Kirche, die sich selbst bemitleidet 2