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InterdisziplinaÈres GespraÈch ´ Interdisciplinary Discussion Chir Gastroenterol 1999;15:82±87 Interventionelle Therapie benigner und maligner Gallenwegstenosen GespraÈchsleiter: H. Neuhaus, DuÈsseldorf Teilnehmer: H.-J. Brambs, Ulm M. W. BuÈchler, Bern, Schweiz M. Jung, Mainz P. Neuhaus, Berlin J. F. Riemann, Ludwigshafen Einleitung FuÈr die palliative Therapie maligner Gallenwegstenosen stehen heute minimalinvasive endoskopische und radiologische Techniken der Stentimplantation als Alternative zur Bypassoperation zur VerfuÈgung. Diese interventionellen Techniken koÈnnen daruÈber hinaus auch zur temporaÈren oder definitiven Behandlung benigner biliaÈrer Strikturen eingesetzt werden. Da nur wenige kontrollierte Studien zum Vergleich der einzelnen Verfahren vorliegen, sollte das Vorgehen im Einzelfall interdisziplinaÈr eroÈrtert werden. Das folgende ExpertengespraÈch verdeutlicht, zu welchen Fragen diesbezuÈglich Konsens besteht und wann ausfuÈhrliche Diskussionen zwischen den einzelnen Fachdisziplinen erforderlich erscheinen. 1. Frage: Gibt es Indikationen fuÈr eine praÈoperative endoskopische oder perkutane Drainage bei malignem Verschluûikterus? Riemann: In der Regel kommt der ikterische Patient zunaÈchst zur Diagnostik. In diesem Rahmen werden nicht selten intervenierende Maûnahmen durchgefuÈhrt, um beispielsweise Material fuÈr histologische und zytologische Untersuchungen aus dem Gallengang zu gewinnen. In solchen FaÈllen ist eine Drainage auch praÈoperativ haÈufig zwingend, da theoretisch mit dem Entstehen einer iatrogenen Cholangitis gerechnet werden muû. Eine gesicherte Indikation liegt aus meiner Sicht dann vor, wenn ein hochgradiger Ikterus (Bilirubin uÈber 20 mg%) besteht. Jung: Eine klare Indikation zur biliaÈren Ableitung ist gegeben, wenn als diagnostische Untersuchung eine endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) bzw. perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC) mit Einbringen von Kontrastmittel oberhalb der Gallenwegstenose vorgenommen wurde. Da die Kontrastmittelinjektion in gestaute Galle ohne Ableitung eine bakterielle Infektion zur Folge hat, muû waÈhrend des endoskopischen Eingriffs der stenotische Anteil prothetisch versorgt werden. Ûberdies ist ein Teil der gestauten Galle bereits primaÈr bakteriell kontaminiert. Ó 1999 S. Karger GmbH, Freiburg Fax +49 761 452 07 14 E-mail kargergmbh@aol.com www.karger.com Accessible online at: http://BioMedNet.com/karger GrundsaÈtzlich kann auch ohne eine ERCP oder PTC operiert werden, wenn die bildgebenden Verfahren (CT, MRCP etc.) eine ausreichende Diagnostik bieten. Die Notwendigkeit einer generellen praÈoperativen Ableitung gestauter Gallenwege bei Verschluûikterus ist umstritten. Es existieren aber Daten, die auf einen besseren postoperativen Verlauf nach praÈoperativer biliaÈrer Drainage hinweisen. Neuhaus: Ja, aber wahrscheinlich muû nach der Lokalisation und dem voraussichtlichen Operationsverfahren differenziert werden. Bei den zentralen Gallenwegkarzinomen sollten moÈglichst alle Gallenwegsegmente praÈoperativ drainiert werden, um schweren postoperativen Komplikationen, insbesondere nach Gallenwegresektion mit Leberteilresektion, aus dem Wege zu gehen. Leberinsuffizienz und Cholangitis treten nach eigener Erfahrung, aber auch nach Meinung anderer Gruppen, besonders haÈufig auf, wenn bei komplettem Verschluûikterus oder nur partieller Drainage operiert wird. Beim distalen Gallenwegkarzinom wiederum ist die Frage unentschieden. Die meisten Patienten, die wir operierten, haben eine endoskopische Sphinkterotomie und Stenteinlage erhalten. Beim Bilirubinwert unter 10 mg/dl operieren wir auch gelegentlich ohne vorherige Drainage. BuÈchler: Wir bevorzugen bei allen Patienten, welche ein Bilirubin uÈber 10 mg% aufweisen, eine praÈoperative endoskopische Gallenwegdrainge mit einem Plastikstent. Wir sehen durch diese Maûnahme keine Verschlechterung der operativen Gegebenheiten, sondern durch den RuÈckgang des Ikterus und die dadurch bedingte Senkung der portalen Hypertension eine Verbesserung der operativen Bedingungen. Eine praÈoperative perkutane Drainage versuchen wir in jedem Fall zu vermeiden, da die Komplikationsrate dieses Verfahrens erheblich ist. Brambs: Als Indikationen fuÈr eine praÈoperative Drainage bei malignem Verschluûikterus sehe ich 1. die eitrige Cholangitis, 2. einen schlechten Allgemeinzustand zur ÛberbruÈckung bis zur geplanten Operation. PD Dr. H. Neuhaus Medizinische Klinik Evangelisches Krankenhaus DuÈsseldorf Kirchfeldstraûe 40 D-40217 DuÈsseldorf 2. Frage: In welchen FaÈllen wuÈrden Sie eine palliative Bypassoperation einer endoskopischen biliaÈren Endoprothetik vorziehen? Riemann: Die endoskopische biliaÈre Endoprothetik ist im Regelfall der palliativen Bypassoperation uÈberlegen. Eine operative Drainage ist dann sinnvoll, wenn bei einem Patienten nach Probelaparotomie die InoperabilitaÈt festgestellt worden ist. Hier sollte in der gleichen Sitzung eine bilioduodenale Drainage angelegt werden. Dies gilt auch fuÈr solche Patienten, bei denen aus GruÈnden einer Duodenalstenose eine Gastroenterostomie angelegt wird. Hier kann in gleicher Sitzung in den meisten FaÈllen eine bilioduodenale Drainage angelegt werden. Jung: 1. Bei distaler maligner Gallenwegstenose und gleichzeitig bestehender Duodenalstenose, so daû waÈhrend einer Operation 2 Anastomosen vorgenommen werden koÈnnen ± Gastroenterostomie und Hepatikojejunostomie. 2. Wenn sich waÈhrend einer als kurativ angesetzten Whipple-Operation der Pankreastumor als irresektabel erweist und eine Gallenweganastomose technisch unproblematisch ist. Neuhaus: Wenn die voraussichtliche Ûberlebenszeit des Patienten 1 Jahr oder mehr betraÈgt, kann man eine palliative Bypassoperation sicher in Betracht ziehen. Weiter diskutieren wir eine Bypassoperation, wenn eine endoskopische Entlastung, z. B. aus anatomischen GruÈnden, unmoÈglich ist. Hier sollte dann aber die perkutane Route zur Positionierung eines Stents uÈberlegt werden. Eine perkutane Dauerableitung fuÈr laÈngere Zeit halte ich dagegen fuÈr ungeeignet. BuÈchler: Bei Patienten in gutem Allgemeinzustand, mit normaler, altersentsprechender Funktion von Herz, Lunge, Niere und Leber, bei denen die Lebenserwartung geschaÈtzt uÈber 3 Monate betraÈgt, ziehen wir eine palliative Bypassoperation einer endoskopischen biliaÈren Endoprothetik vor. sind dann perkutane Verfahren respektive chirurgische BypaÈsse nicht notwendig. Jung: Bei nicht passierbarer Duodenalstenose, die chirurgische Option ± Hepatikojejunostomie und Gastroenterostomie. Transhepatische Ableitung und laparoskopische Gastroenterostomie sind aÈquivalente Maûnahmen, falls entsprechende MoÈglichkeiten vor Ort gegeben sind. Neuhaus: Ich bevorzuge auf jeden Fall als Palliativmaûnahme Stents. Wenn aber bereits wegen Duodenalstenose eine Gastroenterostomie notwendig wird, kann in gleicher Sitzung durchaus eine biliodigestive Anastomose durchgefuÈhrt werden. Dies gilt auch fuÈr wenige FaÈlle, bei denen eine Probelaparotomie die InoperabilitaÈt, z. B. Lebermetastasen, ergibt. Hier kann bei offenem Bauch gelegentlich die biliodigestive Anastomose sinnvoll sein. BuÈchler: Bei Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom mit biliaÈrer Stenose und Duodenalstenose streben wir eine offene operative Therapie an im Sinne eines Doppelbypasses (Hepatikojejunostomie plus Gastrojejunostomie). Brambs: Perkutane transhepatische Drainage. 4. Frage: Nach welchen Kriterien waÈhlen Sie chirurgische, endoskopische oder perkutane Drainageverfahren bei der Palliation hilaÈrer Gallenwegkarzinome (Klatskin-Tumor)? Ist bei bilateralen Stenosen eine einseitige Ableitung ausreichend? 3. Frage: Welche Form der Palliation streben Sie bei einem fortgeschrittenen Pankreaskarzinom mit biliaÈrer Stenose und Duodenalstenose an (konventionelle oder laparoskopische BypaÈsse, Duodenalstents, perkutane transhepatische Sonden etc.)? Riemann: Die hilaÈren Gallenwegkarzinome der Grade II und III sind klassische DomaÈnen des perkutanen transhepatischen Zugangs. Hier kann man nicht nur eine exaktere saubere Diagnostik der Tumorinfiltration, sondern auch eine bessere beidseitige Drainage durchfuÈhren. Wir streben, wenn immer moÈglich, eine doppelseitige Drainage an, da sich nicht nur durch eigene Erfahrung, sondern auch in Mitteilungen der Literatur gezeigt hat, daû die einseitige Drainage mit einem deutlich hoÈheren Cholangitisrisiko behaftet ist. Das gilt nicht, wenn bei der PrimaÈrdarstellung eine Seite komplett von der Darstellung ausgeschlossen ist. Hier genuÈgt haÈufig, das kann durch eigene Daten belegt werden, eine einseitige transhepatische oder transpapillaÈre Drainage. Chirurgische palliative Verfahren in diesen Situationen lassen wir nicht durchfuÈhren. Riemann: Beim fortgeschrittenen Pankreaskarzinom kommt es auf die zu erwartende Ûberlebenszeit an, die man nach dem Karnofsky-Index grob abschaÈtzen kann. Liegt ein Karnofsky-Index uÈber 70 vor, so sind laparoskopische BypaÈsse das Vorgehen der Wahl, da man, wie unter Frage 2 ausgefuÈhrt, beides in einer Sitzung durchfuÈhren kann. Bei niedrigem Karnofsky-Index wuÈrden wir uns fuÈr die endoskopischen Verfahren entscheiden. In einigen FaÈllen gelingt es, bei kurzer zufuÈhrender Schlinge auch uÈber die Gastroenterostomie einen Prothesenaustausch vorzunehmen. Hier Jung: Explorative Laparotomie bei kleiner Stenose und jungen Patienten zur Frage der diagnostischen Sicherheit (!) und einer moÈglichen Resektion. Als Palliation kommt in erster Linie die perkutane transhepatische Versorgung aufgrund des kuÈrzeren Weges und der damit leichteren Tumorpassage in Betracht. Ideal ist die beidseitige transhepatische Versorgung mit je einem Metallstent bei Verlegung beider HauptaÈste. In der Regel gelingt die Tumorpassage und StentuÈberbruÈckung leichter transhepatisch als transpapillaÈr. Bei unproblematischer Interventionelle Therapie maligner und benigner Gallenwegstenosen Chir Gastroenterol 1999;15:82±87 Brambs: Bei hochgradiger Duodenalstenose. 83 Tumorpassage und fortgeschrittenem Karzinom kann auch eine beidseitige endoskopische transpapillaÈre Ableitung mit 2 Kunststoffprothesen vorgenommen werden. Der endoskopische Zugang bei hilaÈren Stenosen ist wegen der fehlenden Lebertraumatisierung (PTC) immer der komplikationsaÈrmere Weg. Eine einseitige Ableitung ist in der Regel ausreichend, um den Ikterus zu reduzieren. Sie kann aber zur biliaÈren Infektion durch Eindringen von Kontrastmittel in den gestauten Anteil fuÈhren. Eine beidseitige Ableitung ist daher immer vorzuziehen. Neuhaus: Therapie der 1. Wahl ist in unserer Klinik die endoskopische transpapillaÈre beidseitige Drainage. Eine einseitige Ableitung ist unzureichend, da es regelmaÈûig zur Infektion der nicht abgeleiteten Seite kommt. Verschlieût der Tumor die einzelnen SegmentgallengaÈnge, besteht nach unserer Erfahrung immer eine sehr schlechte Prognose fuÈr den Patienten mit wenigen Wochen Ûberlebenszeit. Die perkutane Drainage wird bei uns nur in AusnahmefaÈllen angewendet. Chirurgische Drainagen kommen so gut wie gar nicht mehr beim Klatskin-Tumor zur Anwendung. BuÈchler: Bei hilaÈren Gallenwegkarzinomen sollte, wann immer moÈglich, eine operative Exploration erfolgen. Die operative Therapie von hilaÈren Gallenwegkarzinomen ist viel haÈufiger moÈglich als fruÈher angenommen. In der Kombination von Gallenwegresektion mit einer partiellen Leberresektion sind ein Groûteil auch der komplizierten hilaÈren Gallenwegkarzinome resektabel. Ist eine Resektion nicht moÈglich, dann streben wir als erste Maûnahme eine endoskopische Drainage an. Diese kann auch einseitig durchgefuÈhrt werden, wenn ein Groûteil der Leber (in der Regel die rechte) drainierbar ist. Bei palliativer Situation muû keine beidseitige Drainage erzwungen werden. Ist die endoskopische Drainage nicht moÈglich, meist aus technischen GruÈnden, erfolgt in unserer Klinik eine perkutane transhepatische Drainage, die in der uÈberwiegenden Zahl der FaÈlle erfolgreich ist. Brambs: a) Operation, wenn nach klinischen Gesichtspunkten (Alter, Allgemeinzustand) und aufgrund der Resultate in bildgebenden Verfahren eine Resektion moÈglich ist; b) endoskopische Drainageverfahren; c) perkutane transhepatische Drainageverfahren, wenn endoskopische Verfahren nicht moÈglich sind oder nicht gelingen. Bei endoskopischen Verfahren ist wahrscheinlich in den meisten FaÈllen eine einseitige Ableitung ausreichend. Bei perkutanen transhepatischen Verfahren muû eine zwei- oder mehrseitige Ableitung erfolgen, wenn die unterschiedlichen Segmente nicht vollstaÈndig abgehaÈngt sind. Das hat technische GruÈnde, da die Implantation von perkutanen transhepatischen Stents in mehrzeitigen Schritten erheblich schwieriger ist als bei einzeitiger DurchfuÈhrung. Auch bei Atrophie eines Leberlappens (im Ultraschall, CT oder MRT) auf alle FaÈlle nur einseitige Ableitung. 84 Chir Gastroenterol 1999;15:82±87 5. Frage: Sollten in der endoskopischen Palliation maligner biliaÈrer Stenosen Kunststoffdrainagen routinemaÈûig oder nur bei Anzeichen von Komplikationen gewechselt werden? Riemann: Diese Frage ist voÈllig offen. Eine kuÈrzlich veroÈffentlichte amerikanische Untersuchung hat gezeigt, daû der regelmaÈûige Wechsel von Kunststoffdrainagen zu einer deutlich geringeren Komplikationsrate fuÈhrt und im Gesamtergebnis den Metallstents vergleichbar ist. Dies muû aber erst noch durch weitere Studien bewiesen werden. Eine solche Studie wird von uns zusammengestellt. Derzeit wechseln wir Kunststoffdrainagen erst bei Anzeichen von Komplikationen. Jung: Selbstexpandierende Metallendoprothesen besitzen eine deutlich hoÈhere Offenheitsrate (Median 6±8 Monate) als Kunststoffprothesen und sind daher fuÈr eine endoskopische Palliation am besten geeignet. Sie sind bis zu 5- bis 7fach teuerer als Kunststoffstents. Plastikprothesen verstopfen deutlich fruÈher als Metallstents durch Sludge, Gallesalze, bakterielle Ûberwucherungen sowie Nahrungsmittelreste. Die Wahl der Endoprothese korreliert daher auch mit der TumorgroÈûe und der Prognose des Patienten. Ein endoskopischer Prothesenwechsel erfolgt nur bei Auftreten von erneutem Ikterus oder Infektionszeichen (SchuÈttelfrost, Fieber, Anstieg der Bilirubin- und Cholestasewerte, dunkler Urin). Ein routinemaÈûiger Wechsel erfolgt nicht. Neuhaus: Das Wechseln der moÈglichst groûlumigen Kunststoffdrainagen sollte in regelmaÈûigen AbstaÈnden, etwa alle 8 Wochen, erfolgen. BuÈchler: Die Literaturergebnisse zeigen, daû Kunststoffdrainagen nur bei Anzeichen von Komplikationen (Fieber, Ikterus) zu wechseln sind. Der prophylaktische Wechsel dieses Typs endoskopischer Drainagen ist aus meiner Kenntnis nicht sinnvoll. Brambs: Ich wuÈrde einen routinemaÈûigen Wechsel vorziehen, da Komplikationen wie Cholangitiden fuÈr den Patienten belastender und schlieûlich wahrscheinlich auch teurer sind. 6. Frage: Bei welchen Patienten mit malignen oder benignen biliaÈren Stenosen bevorzugen Sie Metallstents gegenuÈber Kunststoffprothesen? Riemann: Die Implantation von Metallstents ist ein oÈkonomisches Problem, da es in den meisten Abteilungen fuÈr diese Technik keine Sonderentgelte gibt. GrundsaÈtzlich implantieren wir Metallstents bei allen Patienten, bei denen primaÈr ein perkutaner transhepatischer Zugang gewaÈhlt worden ist. Metallstents werden bei transpapillaÈrem Zugang dann eingesetzt, wenn bei Patienten mit gutem Karnofsky-Index die Kunststoffprothese rasch okkludiert. Neuhaus Jung: Metallstents werden aufgrund ihrer laÈngeren Offenheitsrate und geringen Komplikationsneigung grundsaÈtzlich bei malignen Stenosen bevorzugt. FuÈr benigne Stenosen eignen sich Metallendoprothesen nicht, da die offenen Drahtmaschen ein Durchwachsen von Granulationsgewebe bis hin zum Verschluû ermoÈglichen. Die durchwachsene Prothese kann endoskopisch nicht extrahiert werden. Benigne Stenosen werden zeitlich begrenzt endoprothetisch versorgt. Daher kommen Kunststoffprothesen mit periodischem Wechsel zum Einsatz. Neuhaus: Wir bevorzugen immer Kunststoffdrainagen, da die Metallstents fuÈr oftmals uÈbersehbare ZeitraÈume zu teuer sind. Auûerdem sind sie nicht mehr mobilisierbar, z. B. bei Tumorprogreû. Ûberwucherungen an den Enden sind ebenfalls problematisch. BuÈchler: Benigne Stenosen der Gallenwege sind aus meiner Sicht nicht mit Metallstents anzugehen. Hier ist der voruÈbergehende Versuch der Drainage mit einem Plastikstent im gegebenen Fall sinnvoll. Wenn dies nicht zum Erfolg fuÈhrt, sollte immer eine operative Therapie angestrebt werden. Die chirurgische Therapie von gutartigen Gallenwegstenosen ist in erfahrenen HaÈnden mit sehr guten Ergebnissen vergesellschaftet. Bei malignen Stenosen sollte, wenn eine operative Therapie nicht moÈglich oder nicht sinnvoll erscheint, fruÈhzeitig ein Metallstent eingelegt werden, da die Ergebnisse der Literatur zeigen, daû die Metallprothesen bei malignen Stenosen eine bessere Langzeitfunktion haben. Brambs: Metallstents wuÈrde ich dann vorziehen, wenn prognostisch noch eine relativ gute Lebenserwartung (uÈber 6 Monate) besteht. Bei benignen Stenosen wuÈrde ich primaÈr eine passagere Stentung mit Kunststoffprothesen versuchen. Wenn eine dauerhafte Implantation notwendig ist, wuÈrde ich in selektierten FaÈllen kurze Metallstents bevorzugen. 7. Frage: WuÈrden Sie bei einem Patienten mit durchschnittlichem Operationsrisiko bei einer postoperativen biliaÈren Stenose zur Relaparotomie oder zur endoskopischen bzw. perkutanen Dilatation mit/ ohne anschlieûender Endoprothetik raten? Riemann: Die Antwort ist abhaÈngig von der Art der postoperativen Stenose. Bei einem Totalverschluû wuÈrde ich unbedingt eine Relaparotomie anstreben. Bei einer Stenose, die sehr hilusnahe sitzt, wuÈrde ich ebenfalls einen operativen Eingriff bevorzugen. Alle anderen postoperativen Stenosen sind prinzipiell der endoskopischen Prothetik nach Protokoll sehr gut zugaÈnglich. Eigene Erfahrung uÈber mehr als 7 Jahre belegen ein gutes Ergebnis in uÈber 70% der so behandelten Patienten. Jung: Die endoprothetische Versorgung einer postoperativen biliaÈren Stenose mit periodischem Wechsel uÈber 1 Jahr zeigt gleiche Erfolgsraten wie die fruÈhzeitige Hepatikojejunostomie. Ûber 80% der Patienten profitieren von einer einjaÈhrig durchgefuÈhrten endo- Interventionelle Therapie maligner und benigner Gallenwegstenosen prothetischen Versorgung mit definitiver Offenhaltung des Gallengangs. Bei gegebener Passage und Dilatation einer postoperativen biliaÈren Stenose ist daher aktuell die endoskopische Prothetik als Therapie der Wahl anzusehen. Die Strategie beinhaltet die Ballondilatation und das Einbringen von 1±2 10-French-Endoprothesen mit periodischem Wechsel in 3monatigem Abstand. Nach einjaÈhriger prothetischer Versorgung wird die endoskopische Therapie beendet. Bei Eintreten einer Rezidivstenose erfolgt die Entscheidung zur Hepatikojejunostomie. Die biliaÈre Anastomose kann durch eine seitlich zur Bauchwand verlagerte blinde Schlinge modifiziert werden (permanent access Hepaticojejunostomy). Bei Auftreten einer Rezidivstenose ist eine endoskopische Therapie uÈber die EroÈffnung dieses intestinalen Stomas moÈglich. Neuhaus: Bei einer postoperativen biliaÈren Stenose und benigner Grunderkrankung empfehle ich zunaÈchst fuÈr 6±12 Monate Dilatation und Stent. Dies ist aber immer nur als temporaÈre Maûnahme anzusehen. Wenn die Stenose nach 12 Monaten weiterhin behandlungsbeduÈrftig ist, empfehle ich eine Relaparotomie. Bei maligner Grunderkrankung scheint es mir immer besser zu sein, eine endoskopische bzw. perkutane Maûnahme mit dauerhafter Stenteinlage vorzunehmen. BuÈchler: Bei einem Patienten mit «durchschnittlichem» Operationsrisiko wuÈrde ich einen ersten Versuch mit endoskopischer Drainage bzw. Dilatation anstreben. FuÈhrt dieser Versuch nicht zum Erfolg, ist unbedingt eine operative Therapie anzustreben. Die operative Therapie solcher Stenosen hat eine sehr hohe Erfolgsrate (uÈber 90%). Brambs: Bei durchschnittlichem Operationsrisiko wuÈrde ich eher zu einer erneuten Operation raten. 8. Frage: Welches therapeutische Konzept vertreten Sie bei benignen Stenosen biliodigestiver Anastomosen? Riemann: Wenn nach einem operativen Eingriff an den Gallenwegen eine Stenosierung eingetreten ist, so bevorzugen wir in erster Linie den perkutanen Weg. Meistens liegen diese Stenosen sehr hilusnahe (Zustand nach Hepatikojejunostomie). Nach Schaffung eines stabilen Traktes durch die Leber mit Anschluû an das Gallengangsystem kann optimal sondiert werden, auch dann, wenn ein subtotaler Verschluû vorliegt. Wir bevorzugen die Einlage von Yamakawa-Prothesen, die wir in dreimonatigem Abstand wechseln. Kommt es nach Beendigung einer meistens uÈber 1 Jahr gehenden Dilatationsbehandlung zu einer Restenose, so wuÈrden wir in AbhaÈngigkeit vom Alter des Patienten erneut perkutan behandeln oder dann einen Metallstent implantieren. Jung: ZunaÈchst bevorzugen wir die perkutane transhepatische Ballondilatation, gegebenenfalls auch die wiederholte Ballondilatation mit kritischer Indikationsstellung zur Implantation einer Me- Chir Gastroenterol 1999;15:82±87 85 tallendoprothese. Erst danach erfolgt die Aufhebung der narbigen Stenose und Neuanlage einer biliodigestiven Anastomose, eventuell mit seitlichem Stoma. Neuhaus: Diese Frage ist bereits im Prinzip beantwortet. Die entzuÈndlichen UmbauvorgaÈnge an biliodigestiven Anastomosen ziehen sich uÈber 6±12 Monate hin, so daû auch in diesem Zeitraum eine wiederholte interventionelle Therapie gerechtfertigt ist. Ist sie nach dieser Zeit nicht erfolgreich, wuÈrde ich bei benignen Stenosen immer eine erneute chirurgische Maûnahme bevorzugen. BuÈchler: In dieser Situation sollte die operative Therapie die erste Wahl sein. ErfahrungsgemaÈû sind endoskopische Verfahren bei stenosierten, biliodigestiven Anastomosen nicht von Langzeiterfolg gekroÈnt. Im Gegensatz dazu ist die operative Therapie stenosierter, biliodigestiver Anastomosen in erfahrenen HaÈnden mit einer hohen Erfolgsrate vergesellschaftet. Da die operative Therapie dieser Situation sehr von der Expertise des Chirurgen abhaÈngt, ist dies eine wichtige Voraussetzung fuÈr den Therapieerfolg. Brambs: Bei perkutanem Zugang wuÈrde ich hier primaÈr kurze Metallstents implantieren, unter der Voraussetzung, daû diese Stents so implantiert werden, daû noch ausreichend Platz fuÈr eine eventuell notwendig werdende biliodigestive Anastomose besteht. hende Stenose bei chronischer Pankreatitis ist daher keine Indikation zur endoskopischen Prothesenimplantation, zumal Plastikprothesen zur FruÈhokklusion neigen und damit nur zusaÈtzliche Probleme (Sludgebildung, biliaÈre Infektionen) hervorrufen. Neuhaus: Cholestase bei chronischer Pankreatitis ist zunaÈchst die DomaÈne der endoskopischen Therapie. Wenn aber dauerhaft eine Stentimplantation notwendig ist, ist sicherlich auch die duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion mit Dekompression des D. choledochus nach Beger heute die erfolgversprechendste Behandlung. BuÈchler: Die durch chronische Pankreatitis verursachte Cholestase sollte unbedingt operativ angegangen werden. Die Ergebnisse des Langzeitstentings bei chronischer Pankreatitis sind enttaÈuschend, wohingegen die Ergebnisse der chirurgischen Therapie der Choledochusstenose bei chronischer Pankreatitis (duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion) im Langzeitverlauf sehr gut sind. Selbst sehr erfahrene interventionelle Gastroenterologen sind in der Zwischenzeit vom Langzeitstenting der Choledochusstenose bei chronischer Pankreatitis wegen der Problematik des regelmaÈûigen Stentwechsels und der damit vergesellschafteten multiplen Untersuchungen und Komplikationen fuÈr den Patienten wieder abgekommen. Brambs: Bei dreifach erhoÈhter alkalischer Phosphatase. 9. Frage: Wann und wie behandeln Sie eine durch chronische Pankreatitis bedingte Cholestase endoskopisch? Riemann: Nur in AusnahmefaÈllen. Eigene Erfahrungen haben gezeigt, daû vor allem bei der alkoholbedingten chronischen Pankreatitis die Mitarbeit der Patienten aÈuûerst schlecht ist. Als Folge der meist langen (patientenbedingten) Liegezeit der Prothesen entstehen bei uÈber 40% dieser Patienten Choledochosteine, die zum Teil sehr schwer zu behandeln sind und immer wieder zu Cholangitiden fuÈhren. Wir empfehlen eine endoskopische Drainage nur in AusnahmefaÈllen, z. B. dann, wenn aufgrund des Allgemeinzustandes oder der absoluten Ablehnung einer Operation ein anderer Eingriff nicht moÈglich ist. Behandelt werden sollte nur die symptomatische Cholestase. Jung: Eine chronische Pankreatitis fuÈhrt durch entzuÈndliche VeraÈnderungen im Bereich des Pankreaskopfes zur RoÈhrenstenose des distalen Gallengangs. Diese Gallengangverengung kann ohne, mit reiner enzymatischer Cholestase oder mit einem Ikterus einhergehen. GrundsaÈtzlich sind ± abhaÈngig vom EntzuÈndungsgrad und von der narbigen kalzifizierenden PankreasveraÈnderung ± die Gallenwegstenosen ruÈckbildungsfaÈhig. Eine RoÈhrenstenose mit begleitendem Ikterus bei chronischer Pankreatitis wird aktuell mit der Implantation einer Kunststoffprothese und periodischem Wechsel etwa alle 4 Monate behandelt. Der Benefit einer verbesserten (?) Galleableitung bei RoÈhrenstenose und Cholestase ohne Ikterus ist nicht bewiesen. Die nur mit einer Cholestase einherge- 86 Chir Gastroenterol 1999;15:82±87 10. Frage: Wie therapieren Sie dominante Stenosen bei primaÈr sklerosierender Cholangitis? Riemann: Dominante Choldochusstenosen sind der endoskopischen Dilatationsbehandlung sehr gut zugaÈnglich. Sie erfolgt meistens durch wiederholte Ballondilatation unter Antibiotikaschutz. FuÈhrt das nicht zu einem befriedigenden Ergebnis, koÈnnen auch Kunststoffendoprothesen eingelegt werden. Hier muû allerdings fuÈr einen regelmaÈûigen Wechsel gesorgt werden. Jung: Endoprothetisch mit Plastikprothesen im periodischen Wechsel, allerdings nur bei gleichzeitig bestehendem Ikterus und Cholestase. Neuhaus: Durch wiederholte vorsichtige endoskopische Dilatation. BuÈchler: Hier kann eine endoskopische Therapie mit Stent/Dilatation angestrebt werden. GrundsaÈtzlich ist die primaÈr sklerosierende Cholangitis eine Indikation zur Lebertransplantation, weswegen das endoskopische Verfahren nur voruÈbergehenden Charakter haben kann. Die Gefahr der Entwicklung von cholangiolaÈren Karzinomen ist bei primaÈr sklerosierender Cholangitis groû, weswegen vor einer Langzeittherapie mit endoskopischen Methoden zu warnen ist. Brambs: Mit Ballondilatation. Neuhaus 11. Frage: Gibt es bei Klatskin-Tumoren Indikationen fuÈr eine Lebertransplantation? Riemann: Selbst durch erfahrene Chirurgen sind nur 25% der Cholangiokarzinome zum Zeitpunkt der Diagnose operabel. Die 5-Jahres-Ûberlebensrate ist aÈuûerst niedrig. Vor diesem Hintergrund sollte unter der Voraussetzung von genuÈgend Spenderorganen die Lebertransplantation neu bedacht werden. Jung: Nein. Neuhaus: Prinzipiell sind die zentralen Gallenwegkarzinome fuÈr eine Lebertransplantation ungeeignet. Im Rahmen klinischer Studien muû aber speziell auch dieser Tumor mit seinen im Prinzip auûerordentlich schlechten Heilungsaussichten fuÈr innovative Techniken in Betracht gezogen werden. In unserer Berliner Klinik haben wir ein spezielles Programm der totalen Gallenwegresektion durch Entfernung der gesamten Leber, des Lig. hepatoduodenale und des Pankreaskopfes mit gleichzeitiger Lebertransplantation begonnen; die Ergebnisse lassen zur Zeit noch keine endguÈltigen SchluÈsse zu. BuÈchler: Die Ergebnisse der Literatur zeigen, daû die Lebertransplantation bei Klatskin-Tumoren nicht zum Erfolg fuÈhrt, weswegen eine Transplantation fuÈr diese Indikation nicht durchgefuÈhrt werden sollte. Brambs: Eher nicht. Wenn eine Transplantation, dann wahrscheinlich eine En-bloc-Resektion von Leber, Duodenum und Pankreas. 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