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Tino Plümecke Rasse in der Ära der Genetik Die Ordnung des Menschen in den Lebenswissenschaften Juni 2013, 320 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-2145-7 Die Einteilung von Menschen in Rassen ist eine der umstrittensten Praktiken biologischer Forschung. Doch statt ihres Endes zeichnet sich in den letzten Jahrzehnten eine Renaissance rassifizierter Konzepte ab. Tino Plümeckes detaillierte Studie geht erstmals der Frage nach, wieso Rasse immer wieder Teil modernster Forschungen werden konnte. Analysiert werden die Rassifizierungen in verschiedenen biologischen Disziplinen und die Entwicklungslinien im Kontext genetischer Ansätze. Das Buch führt Kompetenzen aus den Bio- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen und liefert einen Beitrag zur Weiterentwicklung kritischer und intervenierender Wissenschaftsforschung. Tino Plümecke (Dr.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie, Schwerpunkt Biotechnologie, Natur und Gesellschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Weitere Informationen und Bestellung unter: www.transcript-verlag.de/ts2145/ts2145.php Inhalt Einleitung Differenzierende Verhältnisse .......................................................................................... 9 Ungleichheit in den Lebenswissenschaften .............................................................13 Kapitel Eins Perspektiven und Grundlagen ........................................................................................19 Was ist Rasse? .........................................................................................................................19 Sozialität der Differenz ......................................................................................................23 Gesellschaftsforschung als Wissenschaftsforschung ...........................................25 Gesellschaftskritische Wissenschaftsforschung.......................................................28 Gesellschaftstheorie und Historisierung.....................................................................33 Rasse, Rassifizierung, Rassismus: Theorien ................................................................34 Bedingungen der Rassismusanalyse ............................................................................37 Dimensionen von Rassismen...........................................................................................39 Nichts ist wie es bleibt: Zur Fassung von (Dis)Kontinuitäten ............................46 Begriffe und Semantiken ..................................................................................................49 Kapitel Zwei Geschichte: Die Vergangenheit untersuchen, um die Gegenwart zu destabilisieren .......................................................................... 5 Gesellschaftliche Funktionalitäten von Rasse .........................................................59 Differenzen und Teilungen der Moderne ..................................................................61 Historie des Rassebegriffs und der Rassekonzepte ...............................................66 Wie Rassismus wissenschaftlich wurde ......................................................................69 Akademisierung und Naturalisierung: Boom der Rassen-Anthropologie ....75 Antirassismus: Von der Kritik an Rasse zur Zurückweisung des wissenschaftlichen Rassismus .......................................78 Kritiken: Gegen Bio-Essentialismus, Determinismus und Hierarchisierung der Rassen .................................................81 UNESCO-Statements zur »Rassenfrage« ....................................................................84 Kontinuitäten und Brüche seit 1945: Zur Gegenwart der Vergangenheit ....93 Weiterführung typologischer Rassekonzepte nach 1945 ...................................95 Kapitel Drei Genetifizierung .......................................................................................................................99 Genetische Verhältnisse ................................................................................................ 100 Problematisierungen: Gen-Determinismus, Genetischer Essentialismus, Genetifizierung ............ 102 Genetifizierung von Rasse – Rassifizierte Genetik .............................................. 105 Die Ära der Genetik ......................................................................................................... 108 Die Vererbung des Unterschieds ............................................................................... 111 Biopolitik der Vererbung: Die Erfassung des Lebens ........................................ 114 Genetifizierung der Lebenswissenschaften .......................................................... 118 Vom Phän zum Gen ......................................................................................................... 121 Verinnerlichung und Verkleinerung ......................................................................... 125 Knochen, Haut und Haare ............................................................................................ 129 Psyche – Das Seelenleben der Rasse ........................................................................ 134 Transfusionen zwischen Rasse und Blut ................................................................. 139 Proteine – Grundstoff des Lebens und der Differenz ........................................ 147 Populationsgenetik: Rasse als Merkmalsverteilungen und Frequenzunterschiede ....................... 152 Seroanthropologie als epistemische Schwelle .................................................... 156 Metamorphosen genetischer Rassekonzepte ...................................................... 161 Kapitel Vier Rasse in der Post/Genomik: Die neuen Differenzen der Lebenswissenschaften௘ ............................................169 Differenzierende Genomik – Das Human Genome Diversity Project ......... 170 Von der Genetik zur Genomik zur Postgenomik ................................................. 178 Modernisierungslinien rassischer Differenz .......................................................... 180 Molekularisierung ......................................................................................................... 182 Die Sequenzierung des Lebens .................................................................................. 183 Genetische Marker der Differenz: Vom Blut zu Mitochondrien, Satelliten und repetitiver DNA ......................... 185 Der Junge aus Ghana und die Knochen von Mengele ..................................... 189 Einzelnukleotid-Polymorphismen und Admixture Mapping ......................... 191 Herkunfts-Marker und Phänotypisierung in der Molekularen Forensik ..... 193 Medikalisierung ............................................................................................................. 197 Rasse auf Rezept: BiDil ................................................................................................... 197 Gesellschaftliche Aushandlungen um Gesundheit und Krankheit .............. 200 Der lange Schatten rassistischer Medizin .............................................................. 203 Genetische Screenings als Mittler zur neuen Rasseforschung ...................... 206 Zensuskategorien und »Biomultikulturalismus« ................................................. 209 Differenzdilemma der Gesundheitsunterschiede .............................................. 211 Bio-Integrationismus ................................................................................................... 217 Genetische Herkunftstests ............................................................................................ 217 Differente Differenzierungen: Von der sozialen zur genetischen Ungleichheit .................................................. 223 Von Minderwertigkeit zu Diversity ............................................................................ 225 Diversity Marketing – Rasse© als Produkt ................................................................ 229 Humanitarisierung und rhetorische Adaptionen ................................................ 231 Kapitel Fünf Analytik rassifizierender Gesellschaften௘ ................................................................ 237 Kontinuierungen kategorialer Differenz ................................................................. 238 Moderne gesellschaftliche Teilungen und moderne Genetik ....................... 242 Erfolge der Kritik… .......................................................................................................... 246 …und Erfolge der neuen Rassifizierungen ............................................................ 252 Resistenzen biologischer Rassekonzepte ............................................................... 255 Kontinuitäten rassifizierender Biopolitik ................................................................ 259 Radikalisierung sozialwissenschaftlicher Analyse und Kritik .......................... 264 Für eine postrassifizierende Wissenschaft vom Menschen ............................. 270 Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 277 Register ....................................................................................................................................... 313 Einleitung Differenzierende Verhältnisse Am . Juli  kehrte Henry Louis Gates Jr. von einer Reise nach China zu seinem Wohnhaus in Cambridge, Massachusetts zurück und fand die Tür beschädigt vor. Da sie sich nicht öffnen ließ, betrat er sein Haus durch den Hintereingang und konnte schließlich mit Hilfe seines Fahrers die Eingangstür aufdrücken. Gates hatte auf seiner Chinareise als Teil seiner genetisch-genealogischen Nachforschungen die Familiengeschichte des Cellisten Yo-Yo Ma für die von ihm koproduzierte Fernsehserie »Faces of America« untersucht. In dieser wie auch in der ebenfalls von ihm produzierten Sendung »African American Lives« stellt er die Herkunsgeschichten prominenter Afroamerikanerˍinnen vor. Er arbeitet dafür mit klassisch genealogischen Materialien ebenso wie neuesten genetischen Methoden. Gates popularisiert aber nicht nur moderne molekulargenetische Forschungsansätze, er ist auch Professor für Englische Literatur an der Harvard University sowie Direktor des W.E.B. Du Bois Institute for African and African American Research. Er ist bekannt für seine Arbeiten zu black literature, für seine Kritik an rassistischen westlichen Diskursen und für seine Argumentationen gegen »intellektuellen Rassismus« europäischer ästhetischer Normen. Das Magazin Time bezeichnete ihn  als einen der » Most Influential Americans«. An jenem Tag, an dem Gates zurückgekehrt war, und sich schon einige Minuten in seinem Haus befand, stand plötzlich ein Beamter der örtlichen Polizei vor dem Eingang. Officer James Crowley forderte Gates auf, aus dem Haus herauszutreten. Jemand hatte, mit dem Hinweis auf einen möglichen Einbruch, die Polizei gerufen. Gates weigerte sich der Aufforderung des Polizisten Folge zu leisten, denn schließlich sei er der rechtmäßige Bewohner des Hauses und könne sich ausweisen. Nach einem Wortgefecht nahm ihn der Beamte jedoch fest und brachte ihn in Handschellen auf die Polizeiwache (Ogletree ). 10 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Der Vorfall erlangte schnell öffentliche Aufmerksamkeit und wurde in verschiedenen regionalen und landesweiten Medien als Beispiel für racial profiling debattiert. Auch Gates kritisierte die Festnahme als rassistische Ungleichbehandlung. Schon zwei Tage später äußerte sich Präsident Barack Obama auf einer Pressekonferenz zu der Angelegenheit und kommentierte, dass die Polizei »stupidly« (zit. nach McPhee ) reagiert habe, was wiederum weitere öffentliche Auseinandersetzungen hervorrief. Als Ergebnis lud Obama kurz darauf Gates und Crowley ins Weiße Haus zu einem »beer summit« ein, um über den Vorfall zu sprechen. Die Festnahme hat über die öffentliche Aufmerksamkeit und die Debatte um rassistische Polizeipraktiken hinaus noch weitere Bedeutungen. Gates betätigt sich seit dem Tod seines Großvaters im Jahr  als Hobbygenealoge. Damals fand er ein Bild einer Vorfahrin, der  geborenen Sklavin Jane Gates. Seitdem beschäigt er sich mit seiner Familiengeschichte – zunächst per klassischer genealogischer Recherche in Akten, behördlichen Einträgen etc. Im Jahr  ließ Gates dann einen der damals ersten genetischen Herkunstests durchführen, mit dem Ergebnis, dass seine mütterliche Linie am ehesten nach Äthiopien, wahrscheinlich zu den Nubiern zurück zu verfolgen sei. Fünf Jahre später ließ er einen weiteren Test von einem anderen Gentest-Anbieter vornehmen, der allerdings herausfand, dass seine Vorfahren mütterlicherseits nicht von den Nubiern, nicht mal aus Afrika, sondern mutmaßlich aus Europa stammten (Nixon ). Dies hatte zur Folge, dass Gates sich seither genauer mit genetischen Testmöglichkeiten befasst. So genau, dass er mittlerweile Mitglied des Personal Genome Project an der Harvard Medical School ist. Er und sein Vater sind die ersten Afroamerikaner, deren Genom vollständig sequenziert wurde. Neben dem Harvard-Projekt ist Gates Partner des personal genomics-Testanbieters »andme« und »AfricanDNA«, mit deren ancestry tests er die eben schon erwähnten Familiengenealogien prominenter Afroamerikanerˍinnen als genetische Geschichte(n) präsentiert. 1 Er selbst erfuhr durch den Gentest von »andme«, dass sein Genom zu über   europäischer Herkun sei und er zehn von elf Marker-Übereinstimmungen mit mutmaßlichen Abkömmlingen des irischen Königs »Niall of the Nine Hostages« (Niall Noígíallach) besitze (Bayton ). Dieselbe Markerkombination wie der im vierten Jahrhundert geborene König besitzt auch der Polizeibeamte Crowley, weshalb er und Gates entfernte genetische Cousins sind. Aber das ist noch nicht alles: Diese »irischen Gene« verbinden beide auch mit Präsident Obama (O'Dowd ). Die DNA des Afro-Amerikaners Gates besteht also zu mehr als   aus europäischen Genen? Kann er dann überhaupt Opfer einer rassistisch motivierten Polizeibehandlung werden, wie Bloggerˍinnen im Kontext der Festnahme fragten? Was macht Gates zu einem Schwarzen? Die Hautfarbe, die Gene, wie viele Gene, 1 Siehe www.andme.com/partner/foa und http://www.africandna.com, Stand ... DIFFERENZEN IN DEN LEBENSWISSENSCHAFTEN | 11 die ›one-drop rule‹ 2, Politiken der Segregation oder die Erfahrung rassistischer Handlungen? Wieso sollte eine Einteilung von Genen in europäisch, afrikanisch, asiatisch und Native American überhaupt sinnvoll sein? Obwohl Gates, wie auch Obama, aufgrund ihrer Abstammung ebenfalls sowohl als »multiracial« wie auch als »weiß« klassifziert werden könnten, scheint ihre Zugehörigkeit im Kontext der US-amerikanischen Gesellscha nur mit dem Label »schwarz« richtig benannt zu sein. Die Gene, deren rassifzierte Zuordnung den Anbietern und Konsumentˍ innen von genetischen Herkunstests vernünig erscheint, sind offenbar als Faktum genealogischer Herkun dienlich, können gleichzeitig aber die politische Bedeutung rassischer Zuordnungskategorien wenig erschüttern. Zwar eignen sich die genetischen Marker offenbar gut dazu, eine Herkun zu einem »Ursprungsvolk« zu enthüllen und damit die eigene Familiengeschichte in eine Zeit zurückzuverfolgen, für die es keine schrilichen Aufzeichnungen gibt. Gegen die ›harten‹ sozialen Einteilungspraktiken kommen sie offensichtlich aber nicht an. Die mehr als   europäischen Gene und die ›irische Markerkombination‹ seines Y-Chromosoms machen Gates nicht zu einem Irish American, genauso wenig wie Obama als Sohn einer weißen Amerikanerin (überwiegend englischer Herkun) und eines Kenianers kaum als Angloamerikaner wahrgenommen wird. Die als Fakten präsentierten rassifzierten Ergebnisse der Gentests erlangen also vor dem Hintergrund der Bedeutung alltäglicher wie institutionalisierter rassifzierender Zuordnungen wenig Wirkmacht. Selbst die Macht der Zahlen von ›über   Gene europäischer Abstammung‹ scheint in diesem Fall nicht relevant. An anderer Stelle werden ›große‹ Zahlen aber mit allerlei Bedeutung aufgeladen. So schaltete das Monatsmagazin »U.S. News & World Report« zwei Tage nach dem Vorfall am . Juli  eine Onlineumfrage: »Wer hat recht: Henry Louis Gates oder Officer James Crowley? Spielte Rasse eine Rolle bei dem Vorfall?« Das Ergebnis war, dass ,  Gates und ,  Crowley glaubten (U.S. News Staff ). Nach Obamas Äußerungen zu dem Vorfall auf der Pressekonferenz fel die Zustimmung weißer Wählerˍinnen zu seiner Politik innerhalb von zwei Tagen von  auf   (Harnden ). Was aus all dem deutlich wird, ist zunächst, dass rassische 3 Einteilungen in Politik und Alltagssituationen mit Machtverhältnissen, sozialer Ungleichheit, mit Politiken des Empowerment, mit Hierarchisierungen, Wertungen und mit Geschichte(n) verwoben sind. Darüber hinaus zeigt der Fall Gates, dass Rasse ein 2 3 Die ›one-drop rule‹ beschreibt die historischen und kulturell auch heute gängigen Praktiken zur Einteilung von Schwarzen und Weißen in den USA, bei der etwa eine Person mit einer/m schwarzen Vorfahrˍin in der Urgroßelterngeneration ebenfalls als schwarz gilt. Ein Tropfen »schwarzes Blut« wird zum ausschlaggebenden Merkmal. Zur umfangreichen Debatte um die Verwendung und Schreibung des Begriffs »Rasse« siehe die Ausführungen unter »Begriffe und Semantiken« ab Seite . 12 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK heikles und brisantes ema ist – nicht nur in den Vereinigten Staaten. Gates’ Geschichte verdeutlicht vor allem die Verwicklung von biologischen Aussagen mit sozialen Kategorien. Die öffentliche Aufmerksamkeit rund um seine Verhaung zeigt zuallererst eine politische Bedeutung rassischer Zuordnungen in Alltagsinteraktionen und institutionalisierten Settings wie etwa Polizeikontrollen auf. Was ist aber mit Gates’ genetischem Engagement? Viele Menschen entrüsteten sich über seine Festnahme und werteten sie als Indiz einer rassistischen Exekutive. Aber maßen sie den von Gates durchgeführten rassifzierten Gentests eine ähnliche Bedeutung zu? Wie sind die Gentests im Kontext rassifzierend segregierender Verhältnisse zu bewerten? Welche Rolle könnte ein Fall wie der von Gates im deutschsprachigen Kontext spielen? Der Begriff »Rasse« ist im Deutschen nur wenig gebräuchlich. Rasse ist vielmehr das Unwort der letzten  Jahre, semantisch verknüp mit der auf Reinheit und Vernichtung ausgerichteten eugenischen Politik der Nazis. Nicht einmal rassistische Schmähschrien wie ilo Sarrazins »Deutschland scha sich ab« dürfen dieses Wort enthalten, weil es ihm im Verlagslektorat durch den Begriff »Ethnie« ersetzt wurde (Broder ). Trotz solcher Vermeidungen des Begriffs Rasse im öffentlichen Raum sind rassi(sti)sche Zuordnungen omnipräsent. Wenn Gates oder Obama nach Deutschland kommen, werden sie nicht nur als Bürger eines anderen Landes, sondern zudem als Schwarze wahrgenommen. Auch wenn Sarrazins Buch nicht den Titel »Das weiße Deutschland schaf sich ab« trägt, so enthält es dennoch diese Bedeutung. Denn der Autor geht wie selbstverständlich von einem Deutschland aus, zu dem Migrantˍinnen, Muslimˍ innen, People of Color und Schwarze nicht gehören. 4 Obwohl der Begriff Rasse also vergleichsweise wenig in Erscheinung tritt, tri das für Rassismus und Rassifzierungen keinesfalls zu. Ausgangspunkt für die weiteren Erörterungen ist deshalb, dass es sich bei Rasse, Rassismus und Rassifzierung um verwickelte Verhältnisse handelt, in denen biologische und politische Bedeutungen miteinander verwoben sind, sich erst gegenseitig Sinn verleihen und entsprechend schwer zu entwirren sind. Der Frage, was dies mit Genen und mit neuesten genetischen Forschungen zu tun hat, widmet sich dieses Buch. Eine Grundannahme ist dabei, dass Macht und Wissen konstitutiv aufeinander bezogen und moderne Gesellschaen durch eine In-FunktionSetzung insbesondere lebenswissenschalichen Wissens gekennzeichnet sind. Um diese Verwicklungen von Politik und Wissen zu entwirren, gilt es zunächst einige Ausgangspunkte des Blicks auf diese Verhältnisse zu besprechen. Denn Rasse ist 4 Das amerikanische Pedant zu Sarrazins Buch ist wohl Patrick J. Buchanans »Suicide of a Superpower: Will America Survive to ?«, in dem er im . Kapitel mit dem Titel »e End of White America« über die Gefährdung des »weißen Amerikas« schreibt. DIFFERENZEN IN DEN LEBENSWISSENSCHAFTEN | 13 kein sachliches Objekt in einem neutralen Kontext, weshalb es nicht ausreichen kann, von einem vermeintlich unbeteiligten Standpunkt aus Gebrauchsweisen der Kategorie Rasse zu beobachten. Für die Untersuchung des Inhalts aktueller biologischer Rasse-Verständnisse ist entsprechend eine gesellschastheoretische Grundlegung und eine Perspektivierung der hier zu erörternden Fragen notwendig. Ungleichheit in den Lebenswissenschaften Eigentlich schienen sich doch fast alle einig zu sein: Rasse, dieser Begriff zur biologischen Kategorisierung von Menschen, der wie kaum ein anderer äußerst negative Assoziationen zu wecken vermag, ist überholt. Dieser Annahme, die sich aus einer antirassistischen Hoffnung und einem sozialwissenschalichen Basiswissen speist, steht jedoch eine Persistenz biowissenschalicher Forschungspapieren, Studien und Untersuchungsansätzen entgegen, die in den letzten beiden Jahrzehnten entstanden. Keinesfalls gehört also die rassische Einteilung von Menschen der Vergangenheit an. Dabei sind es aber nicht etwa nur jene vermeintlich Ewiggestrigen, jene Nazis, Rassistˍinnen oder Populistˍinnen, die sich immer wieder rassifzierender Taxonomien bedienen. Nein, Unterteilungen der Menschheit in Rassen anhand biologischer Merkmale sind en vogue, auch und gerade in den produktivsten wissenschalichen Disziplinen der Gegenwart. Rassekonzepte fnden in den hochtechnisierten Laboren der Lebenswissenschaen 5 Verwendung, sowohl als Untersuchungsobjekt, als Erkenntnismittel sowie als Resultat der Forschung. Biologische Rassemodelle und verschiedene Formen von Rassifzierung sind in der Mitte der lebenswissenschalichen Disziplinen, in diversen gesundheitsrelevanten Forschungen, in medizinischen, pharmakologi- 5 In Anlehnung an den angloamerikanischen Sammelbegriff life sciences ist der Terminus »Lebenswissenschaften« in den letzten beiden Jahrzehnten geläufig geworden. Im deutschen Sprachraum wird der Begriff mittlerweile o als Eigenbezeichnung synonym zu Biowissenschaften verwendet und bezeichn et allgemein die Wissenschaften vom Leben wie die Genetik, Medizin, Forensik, Pharmakologie, Neurowissenschaen, häufg auch die Psychologie, Anthropologie usw. Erst gegen Ende des . Jahrhunderts wurden im Kontext einer epistemischen Verschiebung zum Lebensbegriff die Lebenswissenschaften zu einer Chiffre innovativer, zumeist genetischer oder neurobiologischer Forschung sowie für anwendungs- und marktorientierte Bereiche der Biowissenschaen. Vor der Biologisierung des Begriffs umfasste dieser auch geisteswissenschaftliche Zugänge: »Was ist das Leben?« war zur Mitte des . Jahrhunderts keine Frage, die sich auf die kleinsten Einheiten von Leben und dessen Dispositions- und Determinationsverhältnisse, sondern vielmehr auf Kultur und Gesellscha richtete. Im Folgenden werden die Begriffe »Bio-« und »Lebenswissenschaen« zumeist synonym verwendet, wobei mir für historische Ausführungen der Begriff »Biowissenschaen« angemessener erscheint. 14 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK schen, epidemiologischen und forensischen Studien zu fnden. Zudem wird Rasse in kommerziellen genetischen Abstammungstests konstruiert und vermarktet sowie in der biologischen Anthropologie unter Zuhilfenahme genetischer Marker neu formiert. Eine über die letzten beiden Jahrzehnte steigende Anzahl an Forschungsprojekten postuliert die Brauchbarkeit rassischer Einteilungsmodelle unter der Annahme einer genetischen Bestimmbarkeit menschlicher Differenz. Rassekonzepte zur Einteilung von Menschen besitzen also wissenschaliche Aktualität. Dennoch bleibt die Verwendung rassischer Kategorien hoch umstritten – sowohl innerhalb wie außerhalb lebenswissenschalicher Disziplinen. Um die Bedeutung von Rasse in den heutigen Lebenswissenschaen zu untersuchen, sind also auch die Kritiken, Infragestellungen und begrifflichen Ersetzungen des Terminus »Rasse« in die Analyse einzubeziehen. Es geht somit darum, den konstitutiven Nexus von Macht und Wissen in den spezifschen Verknüpfungen von rassischen Kategorien mit Wissenscha als Teil von Gesellscha zu untersuchen. Rasse kann dabei nicht aus sich heraus bestimmt oder als rein wissenschalicher Gegenstand verstanden werden. Vielmehr muss für ein Verständnis von Rasse in der Gegenwart die Geschichte des Konzepts in den Biowissenschaen einbezogen werden. Es ist zu rekonstruieren, warum rassifzierende Konzepte bis in die heutige Zeit Bestand haben, wie sie reformuliert und modifziert werden, und schließlich, welche Auseinandersetzungen und Kämpfe um Deutungsmacht im Konglomerat aus Wissenscha, Politik und Gesellscha ausgetragen werden. Ansatzpunkt dieser Untersuchung ist die Persistenz rassischer Konzepte und die Konjunktur der Rassifzierung menschlicher Differenz in aktuellen Forschungen. Hierzu lässt sich eine Reihe von Fragen stellen, denen aus verschiedenen Perspektiven nachgegangen wird. Leitend ist die Frage, warum es noch immer biologische Rassekonzepte gibt und wieso Rasse angesichts der massiven Kritik nicht schon längst ins Museum für Wissenschasgeschichte verabschiedet worden ist. Wie kommt es, dass stattdessen rassifzierte und rassifzierende Forschung in den letzten Jahrzehnten wieder eine Ausweitung erfährt? Aufbauend auf diesen Leitfragen wird die gesellschaliche Verfasstheit menschlicher Unterschiede und wissenschalicher Differenzierungen in den Blick genommen: Wie erlangen lebenswissenschaliche Forschungen zu Rasse trotz aller Kritik den Status seriöser Wissenscha? Um dies zu klären, ist dem Bedeutungswandel wissenschalicher Rassekonzepte von ihren Ursprüngen über ihre Genetifzierung bis in die Gegenwart zu folgen. Die hieran geknüpen Fragen lauten: Warum sind in modernen, demokratischen und liberalen Gesellschaen rassische Taxonomien (noch immer) relevant – und nicht völlig andere oder gar keine? Welche Rolle nehmen die verschiedenen Wissenschaen dabei ein? Inwiefern wirken sie an der Reproduktion rassischer Differenz und der (Re)Formulierung kate- DIFFERENZEN IN DEN LEBENSWISSENSCHAFTEN | 15 gorialer Einteilungen von Menschen oder aber an der Kritik rassistischer Zuschreibungen und rassifzierender Konzepte mit? Auf welches ›Problem‹ suchen die vielfältigen Rasseeinteilungen zu antworten? Welche Effekte erzeugt ein Liberalismus, der das Leben und das Wissen um dieses ins Zentrum von Regierungshandeln setzt? Und letztlich, wieso wird überhaupt nach biologischen Erklärungen für ein zuallererst soziales Phänomen gesellschalicher Stratifzierung gesucht? Zu ergründen ist also, wie Rassekonzepte immer wieder mit neuem Leben erfüllt, in je aktuellen Modellen reformuliert werden, und in welchen Bedingungsgefügen dies geschieht. Die theoretische Rahmung der Untersuchung bildet ein sozialwissenschaliches Verständnis von Rasse, mit dem davon ausgegangen wird, dass rassische Kategorisierungen Resultat sozialer Sinnproduktion und institutionalisierter (Zu)Ordnungen sind, durch die menschliche Heterogenität anhand kontingenter Unterscheidungen (meist nach Hautfarbe, Augenform, Haarstruktur, Herkun, Genen, aber auch kulturellen und sozialen Attribute wie Religion, Staatszugehörigkeit, Sprache) auf eindeutige Differenzen festgeschrieben wird. Um die Funktionen und Wirkungen rassifzierter Taxonomien zu erfassen, bedarf es einer gesellschastheoretischen, mithin gesellschaskritischen Perspektive. Die damit verbundene Ausgangsthese lautet daher, dass Rasse eine gesellschaliche Teilungspraxis ist, deren lebenswissenschaliche Konzeptionen keinesfalls aus der Biologie heraus erklärt werden können, sondern im Kontext einer gesellschalichen Legitimationsordnung und – im Konkreten – als Praxen der Rassifzierung zu begreifen sind. Rassifzierte Konzepte in den Lebenswissenschaen sind, entgegen der Darstellung mancher kulturalistischer Ansätze, keinesfalls allein aus den gesellschalichen Bedingungen heraus zu bestimmen. Weder sind biologische Rassekonzeptionen von gesellschalichen Mythen oder rassistischen Stereotypen determiniert, noch reicht ein ideologietheoretischer Zugang aus, der Rassifzierungen lediglich als pseudowissenschaliche Versuche der Rechtfertigung bestehender UngleichheitsVerhältnisse zu fassen versucht. Vielmehr unterliegt Gesellscha – und in ihr Wissenscha – mit ihren rassifzierenden Teilungskonzepten jeweils eigenen, spezifschen Dynamiken. Die wissenschalichen Akteure betreten eigene, den gesellschalichen und politischen Anrufungen o nicht bzw. nicht in Gänze entsprechende Wege. Zudem beugt sich menschliche Differenz immer nur bedingt den theoretischen Entwürfen und gesellschalichen Kategorisierungen. Rasse und lebenswissenschaliche Rassifzierungen sind deshalb als komplexe Konfgurationen mit spezifscher Dynamik zu begreifen, für deren Analyse ein multiperspektivischer Ansatz erforderlich ist. Insbesondere bedarf es für die neue, modernisierte Rasseforschung in der gegenwärtigen Ära der Genetik, Genomik und Postgenomik einer aktuellen sozialwissenschalichen Analyse und Kritik. 16 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Die hier aufgeworfenen Fragen werden in fünf Schritten bearbeitet: Im ersten Kapitel erfolgt eine gesellschastheoretische und historiologische Einordnung der Teilungsdimension Rasse und der wissenschalichen Rassekonzepte in Relation zu außerwissenschalichen sozialen Praktiken, ökonomischen Bedingungen und politischen Deutungsmustern. Hierfür werden somit zunächst gesellschas- und rassismustheoretische Dimensionen, die Heuristik der Wissenschasforschung und das begriffliche und konzeptionelle Vorgehen erläutert. Das zweite Kapitel erkundet mittels einer Historisierung den Rassebegriff und die Rassekonzeptionen in Relation zur Entstehung der europäischen Moderne. Ziel dieses Vorgehens ist es, eine Grundlegung für die Ausgangsthese zu erarbeiten, mit welcher die Gesellschalichkeit rassifzierender und rassifzierter Teilungskonzepte verstanden werden kann. Der Fokus liegt dabei auf biowissenschalichen Konzeptualisierungen von Rasse und deren stetigen Veränderungen und Erneuerungen. Daher werden die wechselnden Bedeutungen, Funktionalitäten, aber auch Kontinuitäten von Rasse mit Blick auf deren Verwissenschalichung und die damit verbundenen (Aus)Wirkungen beleuchtet. Besondere Beachtung erhält darin die Entstehung der Kritik und der Absagen an Rassevorstellungen. Bedeutungsvoll für die Erörterung von Kontinuitäten und Brüchen in der Rasseforschung der letzten Jahrzehnte sind insbesondere die Nachkriegsdebatten um die Validität von rassischen Einteilungen. Während die Historisierung im zweiten Kapitel weitgehend einem linearen Muster folgt, aus dem die gesellschalichen Bedingungen, die Auseinandersetzungen um Rasse und die wissenschaliche Produktion rassischer Konzepte deutlich werden sollen, geht es im dritten Kapitel vor allem darum, den stetigen Wandel bei gleichzeitigem Bestand rassischer Konzepte anhand verschiedener Forschungsstränge herauszuarbeiten. Rassekonzepte zeichnen sich von Anfang an durch eine koproduktive Bindung an Vererbungsmodelle aus, die sich bereits zu Beginn des . Jahrhunderts mit dem Aufkommen genetischer Vererbungstheorien und Untersuchungsmethoden massiv verstärkt. Rekonstruiert wird deshalb, wie Rassemodelle in Relation zur Entwicklung der Genetik (und genetischer Narrative) fortgeschrieben wurden. Neben den Kontinuitäten rassifzierter Differenzforschung stehen dabei auch die Brüche in den Konzepten, d. h. die Veränderungen der Erzählungen über die ›Natur der Differenz‹ und die Wechsel in deren Signaturen – Knochen, Psyche, Blut, Proteine, Gene und Punktmutationen – im Fokus. Auauend auf der Analyse zunehmender Genetifzierung von Rasse im . Jahrhundert werden im vierten Kapitel die aktuellen Rassifzierungen der Genomik und Postgenomik untersucht. In den Blick geraten die mit der technischen Darstellbarkeit von Nukleotidbasensequenzen der DNA (ab Mitte der er Jahre) im Zusammenhang stehenden Transformationen lebenswissenschalicher Rasse- DIFFERENZEN IN DEN LEBENSWISSENSCHAFTEN | 17 konzepte. Die Reform(ul)ierungen rassifzierender Differenz sind dabei als Modernisierungen entlang den Prozessen der Molekularisierung, Medikalisierung und des Bio-Integrationismus zu untersuchen. Im Schlusskapitel werden die vorgenommen Analysen, die historischen Erörterungen und die Modernisierungen rassischer Kategorien, ihre Beständigkeit und Wandlungsfähigkeit diskutiert sowie die gesellschalichen Verhältnisse und Potentiale einer Radikalisierung sozialwissenschalicher Kritik nochmals in den Fokus gesetzt. Für die Bearbeitung der aufgestellten Fragen wird nun zuerst eine Klärung der sozialwissenschalichen Perspektive und theoretischen Grundlagen der Gesamtuntersuchung vorgenommen. Kapitel Eins Perspektiven und Grundlagen Despite public declarations of the end of biological race, however, the concept refuses to die. Anne Fausto-Sterling , S.  Was ist Rasse? Die Einteilung von Menschen in Rassen ist aus sozialwissenschalicher Perspektive betrachtet ein Tun, eine Praxis kategorisierender Zuordnung von Individuen zu Gruppen. Eine solche Praxis der Unterscheidung und Zuordnung kann der Sichtbarmachung von Gleichheit, Ähnlichkeit und Unterschieden dienen. Über eine solche Zwecksetzung hinaus ist die Einteilung von Menschen in Rassen zumeist mit weiteren Bedeutungszuweisungen und Wertungen sowie mit Hierarchisierung, Privilegierung und Deprivilegierung verbunden, wie in zahlreichen Studien herausgearbeitet wurde. 6 Mithin wird Rasse in Interaktionen und wissenschaftlich-technischen Handlungen erzeugt. Rasse ist dabei nichts Statisches, dessen Faktizität erschlossen werden kann, sie wird vielmehr hergestellt und in unterschiedlichen Praxen mit biologischen, kulturellen, politischen, religiösen und psychischen Eigenschaften verknüpft. Dabei ist das Zuordnungs- bzw. Teilungskonzept Rasse nicht nur durch eine Fülle an Bedeutungen, sondern vor allem – wie auch der Gates-Fall verdeutlicht – durch eine grundlegend unentwirrbare Verschränkung sozial-kultureller, politischer und biologischer Sinnstiungen gekennzeichnet. Sowohl historisch wie aktuell oszilliert Rasse deshalb immer wieder zwischen sozial-kulturellen sowie naturalisierenden Zuschreibungen und verbindet diese miteinander. Zusammen mit weiteren Differenzdimensionen wie 6 Herauszuheben aus der Fülle von Studien sind Fanon ; Omi/Winant ; Poliakov/ Delacampagne/Girard ; Hall . 20 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Geschlecht, Sexualität, oder Behinderung ist Rasse dabei immer wieder Gegenstand von Debatten über Natur versus Kultur (nature-nurture) und über das Biologische versus das Soziale. Seit der Verwissenschalichung rassischer Konzepte wurde versucht, die konstitutive Verwobenheit biologischer und sozialer Dimensionen mittels der Behauptung eines natürlichen Unterschieds zur biologischen Seite hin aufzulösen. Für die Rechtfertigungsordnung der westlichen Moderne schien der Nachweis natürlicher Unterschiede zwischen den Rassen das Mittel der Wahl. Zwar erzeugten die biologischen Merkmale immer auch Probleme bei der Suche nach kategorialen Unterschieden, sodass nie ein allgemeiner Konsens über eine ›Ordnung der Natur des Menschen‹ erlangt werden konnte. Der Erfolg dieser naturalisierenden Einteilungsweise liegt aber darin, ein Konzept erschaffen zu haben – wie die Rassismustheoretiker Michael Omi und Howard Winant herausarbeiteten – »mit dem soziale Konflikte und Interessen durch eine Referenz auf verschiedene Arten des menschlichen Körpers benannt und symbolisiert werden können« 7 (: ). Der Rekurs auf die Biologie des Menschen hat sich seit seiner Entstehung als sehr funktional erwiesen, gerade weil er soziale Konfikte und Herrscha hinter einer vermeintlich nicht hinterfragbaren Natur verbergen kann. Bis heute hat dieses Konzept trotz vielerlei Kritiken und erheblicher Veränderungen kaum an Wirkmacht verloren, sodass weiterhin biologisch rassifzierte Einteilungen von Menschen konzipiert werden, etwa in klinischen Studien, bei Medikamententests, bei Screenings für genetische Erkrankungen, in Samenbanken oder in Kliniken, die Eizellspenden vermitteln, in forensischen Datenbanken, bei genetischen Abstammungstests oder in verschiedenen Projekten der Humanevolutionsforschung. In den verschiedenen Anwendungen und unterschiedlichen Kontexten werden Rassenkategorien mit sehr differenten Anforderungen belegt. Die Unterschiedlichkeit zeigt sich in der Vielzahl an Zuordnungspraktiken und Benennungen sowie in der Feingliedrigkeit der unterteilten Gruppen. Mal wird für eine Zuordnung die Selbstbezeichnung der Individuen verwendet, mal werden historische Begriffe verwendet, ethnische oder kontinentale Zuordnungen von Forschenden ›nach Augenschein‹ vorgenommen, mal geht es um binäre Einteilungen etwa in »schwarz« und »weiß«, mal fnden bürokratisch-administrative Zensuskategorien in biowissenschaliche Untersuchungen Eingang. Innerhalb der jeweiligen Forschungskontexte unterliegen die Anforderungen an die Einteilung von Menschen ständiger Umarbeitung und Veränderung. Diese Unterschiedlichkeit rassischer Zuordnungen in den verschiedenen Anwendungspraxen wird noch Gegenstand der weiteren Analyse sein. 7 Übersetzung von mir, wie bei weiteren Zitaten, wenn keine deutsche Übersetzung vorliegt. PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 21 Die konzeptionelle und inhaltliche Vielfalt rassifzierter Einteilungen steht zwar der innerbiologischen Programmatik vom Auffinden einer eindeutigen Ordnung entgegen. Doch trotz dieser Widersprüchlichkeiten konnten sich Rassekonzepte bisher in den unterschiedlichen Feldern – von der Wissenscha über das Alltagsverständnis bis zu administrativen Politiken – immer wieder als nützlich und letztlich produktiv erweisen. Diese Nützlichkeit und Produktivität diente jahrhundertelang zur Rechtfertigung von Privilegiensicherung, Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt, heute legitimiert sie molekulargenetische Forschungen zur Differenz oder die Regulierung und Optimierung des Lebens durch zeitgenössische Regierungspraktiken. Dieser Funktionalität der Rassekonzepte steht jedoch die weitgehend enttäuschte Hoffnung der Rasseforscher 8 entgegen, jemals eine überzeitliche bzw. mindestens mehrere Jahrtausende zurückreichende Ordnung der Menschheit auffinden zu können. Kennzeichnend für die Rasseforschung ist vielmehr, dass im Laufe ihrer Geschichte eine Unzahl an Systematiken aufgestellt wurde, und auch heutige Konzepte keinesfalls die Forschung einigen, sondern vielmehr heig umstritten sind (vgl. Kattmann ). Biologische Vorstellungen von Rasse sind also trotz einer mittlerweile mehr als zwei Jahrhunderte währenden biowissenschaftlichen Forschung zu diesem Ordnungsmodell nach wie vor außerordentlich unklar. 9 Aber auch diese Unklarheit hat bisher nicht zu einem Ende biologischer Rassekonzepte geführt. Stattdessen werden weiterhin immer neue Untersuchungsmethoden angewandt und Klassifkationsmodelle überarbeitet, mit dem gleichgebliebenen Ziel, eine endgültig zutreffende Einteilung zu fnden. Damit stehen wir also vor der paradoxen Situation, dass trotz der Fülle an biologischen, sozialwissenschalichen und politischen Kritiken, dennoch weiterhin rassifzierende Differenzforschung betrieben wird und damit über die Kritik hinaus nach Antworten für die Weiterverwendung und Reformulierung von Rasse in den Lebenswissenschaen gesucht werden muss. Während in den letzten Jahrzehnten verhältnismäßig viele historische Arbeiten zu wissenschalichem Rassismus oder zu Verknüpfungen von biologischen 8 9 Naheliegenderweise gab und gibt es auch Forscherinnen, die sich mit der Einteilung von Menschen in Rassen anhand biologischer Merkmale beschäigten. Bis in die er Jahre fnden sich jedoch nur vereinzelt Wissenschalerinnen, sodass ich in den historischen Ausführungen die männliche Form wähle, um nicht die Dominanz von Männern in der Wissenscha zu verschleiern. Flexibilität und Bedeutungsweite fnden sich auch bei anderen Konzepten der Biowissenschaen. Paradigmatisch ist etwa die Unschärfe des Gen-Begriffs, die noch Gegenstand des Kapitels zur »Genetifzierung« sein wird. Die Besonderheit solcher Bedeutungsweite besteht in einer Ambivalenz, in der die Bedeutungsfülle einerseits mit der biowissenschalichen Vorstellung materialer Konkretheit der Untersuchungsobjekte bricht, andererseits aber auch eine außergewöhnliche Produktivität des Begriffs bzw. Konzepts bewirkt. Vgl. hierzu Arbeiten zu boundary objects (Star/Griesemer ; Löwy ). 22 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Rassevorstellungen und staatlichen Handlungen vorgelegt wurden und auch ein Spektrum an Untersuchungen zu Rassekonstrukten im Alltag, in den Medien, zu staatlichen, strukturellen, kulturellen und alltäglichen Rassismen existiert, 10 gibt es zu gegenwärtigen Rassifzierungen in den Lebenswissenschaen (insbesondere im deutschsprachigen Raum) nur wenige Analysen. Das liegt vor allem daran, dass einem Großteil gegenwärtiger Analytikerˍinnen biologische Rassekonstrukte als ausreichend ›wissenschaftlich widerlegt‹ gelten, vor allem, weil sie auch innerhalb der biologischen Disziplinen massiv kritisiert worden sind und weil heute in antirassistischen Ansätzen »symbolischer Rassismus« (Sears/Henry ), »racism without racists« (Bonilla-Silva ) sowie deterministische Kulturkonzepte, ein »Rassismus ohne Rassen« (Balibar ), als dominante Probleme angesehen werden. Viele sozialwissenschaftliche Autorˍinnen sprechen daher in Bezug auf Rasse von einer »biologischen Bedeutungslosigkeit«, »genetischen Widerlegtheit«, einem »retreat of scientifc racism« oder einer »Crisis of ›Race‹ and Raciology«. 11 Solchen Darstellungen vom ›Ende biologischer Rassekonzepte‹ stehen allerdings vielfältige Analysen vor allem aus dem englischsprachigen Raum gegenüber, in denen die Zunahme und Ausweitung bzw. ein Wiederauferstehen, eine Renaissance der Rasseforschung seit den er Jahren und vor allem im letzten Jahrzehnt, untersucht und skandalisiert werden. 12 Die neue biowissenschaftliche Beschäftigung mit Rasse stellt die kritische Untersuchung allerdings vor einige Probleme. Die mit klassischen Mitteln vorgenommen sozialwissenschalichen Analysen tendieren zu linearen Interpretationen, die aktuelle biowissenschaliche Rassifzierungen entweder in Kontinuität mit rassistischen und eugenischen Konzepten des . und frühen . Jahrhunderts sehen oder sie als vollkommen neue Zugänge wahrnehmen. Fragen nach den Gründen für die anhaltende biowissenschaliche Beschäigung mit Rasse und nach den Auswirkungen auf alltagsrelevante Vorstellungen oder auch nur eine Analyse der Sinnproduktion in lebenswissenschalicher Forschung können dabei nicht hinreichend mit allein internalistischen, institutionen- oder akteursfokussierenden Untersuchungen beantwortet werden. Ebenso wie nicht bereits aus den einzelnen lebenswissenschaftlichen Projekten heraus über die Sinnhaftigkeit von Rasseeinteilungen entschieden werden kann, sind auch Untersuchungen, die lediglich auf einzelne Aspekte rassifzierter Differenz eingehen, dem Problem Rasse 10 Siehe etwa Balibar/Wallerstein ; Delacampagne ; Fredrickson ; Hannaford ; Hund ; Kerner a.; Priester ; Weingart/Kroll/Bayertz . 11 Siehe Arndt ; Barkan ; Degele , Eggers et al. ; Gilroy , ; Gissis ; Guillaumin . 12 Siehe etwa Duster ; Wade ; Fausto-Sterling ; Fujimura/Duster/Rajagopalan ; Gissis ; Koenig/Lee/Richardson ; Müller-Wille/Rheinberger ; Whitmarsh/ Jones ; Roberts ; Morning ; Bliss ; Wailoo/Nelson/Lee . PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 23 nicht angemessen. Denn rassische Teilungskonzepte und -praktiken sind mit einer Reihe von Aspekten verbunden, wie denen nach der Unterschiedlichkeit von Menschen und menschlichen Lebensweisen, nach Vielfalt, aber auch sozialer Ungleichheit, nach der Rechtfertigung für die ungleiche Verteilung beschränkter Güter, nach gesellschaftlichen Produktionsformen und deren Aueilung sowie der Vorenthaltung von Lebensgestaltungsmöglichkeiten. Rasse ist jedoch nicht ›einfach nur‹ eine soziale Teilungspraxis, sondern wird immer wieder biowissenschaftlich begründet. Rassische Zuordnungen fnden diskursiv statt, sind materiell an Praxen auf der Ebene von Interaktionen sowie auf gesellschaftsstruktureller Ebene in Institutionen, Subjektivierungen, Rechten und Zugangsregulierungen zu sozialen Positionen und Gütern verortet. Zugleich sind rassifzierte Identitätskategorien aber auch Ansatzpunkt für Antidiskriminierungspolitiken, für die Darstellung und Benennung sozialer Ungleichheit sowie für Empowermentpolitiken. Rasse ist – das liegt auf der Hand – eine zutiefst problematische aber auch ambivalente Kategorie, der es sich in Refexion dieser Ambivalenz, ihrer Entstehung im Kontext der westlichen Moderne und deren Postulat der Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit zu widmen gilt. Sozialität der Differenz Klassische sozialwissenschaliche eorieansätze waren zuallererst mit Fragen nach gesellschalicher Stabilität und Kohäsion beschäigt und fassten in dieser Ausrichtung auch gesellschaliche Entwicklungen, indem sozialer Wandel von sogenannten traditionalen zu entwickelten Gesellschaen in Form von Stufenoder Stadienmodellen dargestellt wurde. Kennzeichnend für diese frühen Sozialtheorien sind etwa teleologische Entwicklungsmodelle, wie Auguste Comtes’ Dreistadiengesetz, das Modell naturgeschichtlicher Entwicklungsstufen ökonomischer Gesellschasformationen bei Karl Marx oder Émile Durkheims Darstellung der gesellschalichen Erscheinungsformen, der zufolge mechanische durch organische Solidarität abgelöst werde. Gleich sind sich alle klassischen eorien darin, dass sie je einer Triebkra einen Vorrang als Kausalgrund von Veränderung einräumen. Die Unterschiede zwischen den Positionen bestehen dagegen darin, welche Ursache für die historischen und aktuellen Transformationen als zentrale angenommen wird: kapitalistische Warenproduktion und der Kapitalzyklus Investition-Proft-Investition, komplexe Arbeitsteilung in der industriellen Ordnung oder technologische Rationalität sowie Organisierung und Versachlichung von Herrschaft. Auch die später aufgestellten, als »moderne soziologische eorien« bezeichneten Ansätze beschäigen sich größtenteils mit ähn- 24 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK lichen Fragen gesellschaftlicher Ordnung: der Erfassung, Beschreibung und Erklärung von Operationen sozialer Stabilität, jedoch mit einer Ausdifferenzierung der untersuchten und als relevant angesehenen Aspekte sozialer Kohäsion, Formen von Macht, Herrscha und Regierung. In neueren Sozialtheorien entstanden demgegenüber Ansätze, mit denen die Binnendifferenzierungen und der Wandel moderner Gesellschaften sowie Soziales nicht lediglich als inkludierende, Ordnung erschaffende Prozesse, sondern ebenso als klassifzierendes, normierendes und normalisierendes Gebilde zu verstehen sein sollen. Analysen zur ›Totalität instrumenteller Vernunft‹ oder zu den ›Rissen, Brüchen und Dysfunktionen‹ gesellschalicher Institutionen, der Rationalität, und der Ordnung ermöglichen einen quasi konträren Zugang zur Gesellscha. Nicht die faustische Frage nach dem ›was die Welt im Innersten zusammenhält‹, sondern die Frage nach der Dynamik, nach ›jener Kra‹, die mit einer stetigen Grenzarbeit erst ein Inneres von Gesellscha scha, rückt damit ins Zentrum. Gesellscha ist demnach nicht als Konglomerat aggregierter Handlungen auf der Ebene von Individuen und Gruppen und auch nicht als integrierende, Gemeinscha erzeugende Entität zu fassen. Vielmehr zeigen solche Analysen die Herstellung von Gesellscha durch Ausgrenzung sowie die Be- und Umgrenzungen von Handlungsmöglichkeiten durch ideologische Anrufungen, Praxen der Unterwerfung, des Verwerfens sowie durch Techniken der Führung und Kontrolle auf. Wenn etwa Foucault die »Rationalität des Abscheulichen« als eines Faktums zeitgenössischer Geschichte oder Judith Butler die »Grenzen der Intelligibilität«, das abject, ins Zentrum ihrer sozialtheoretischen Ansätze stellen, werden sowohl Undenk- wie Unlebbares – etwa Handlungsoptionen, Körper, Begehrensweisen etc. – als auch Genealogien und eine historische Ontologie Gegenstand herrschaftskritischer Analyse (Dreyfus/Rabinow : ; Butler : , ). Doch geht es bei solcherart Fokus auf Begrenzungs- und Segregationsmechanismen sozialer Formierung nicht einfach ›nur‹ um Nichtdenk- oder Nichtlebbares, sondern gerade um die Analyse jener Gleichzeitigkeit und prinzipiellen Unentwirrbarkeit von In- und Exklusion, in der sich Sozialität demnach gerade aus der Relevanz des Abwesenden herstellt. Foucaults Begriff der Biomacht verdeutlicht diese Simultanität, in der die Potenzierung des Lebens ebenso mit Eliminierung einhergeht. Derartige Analysen geben letztlich die Gesellscha selbst in die Mühle historischkritischer Untersuchungen und nehmen diese ob ihrer spezifschen Regierungsformen unter die Lupe. Mithin erscheinen das Konzept und der analytische Begriff der Gesellschaft selbst in eine bürgerlich-kapitalistische Form der Herrschaft (mehr oder weniger) fest eingebunden. Die Wandelbarkeit sozialer Gebilde wird in Theorietraditionen des Poststrukturalismus und in dekonstruktivistischen Ansätzen vornehmlich von jenen eben PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 25 erwähnten ›Rändern‹ des Gesellschaftlichen her konzipiert. Sei es in Foucaults Strategien der Kritik, der Entunterwerfung/Desubjektivierung, Derridas Entwürfen zur Differenzialität von Bedeutungen, von Verschiebungen in Iterationen, aber auch den von Butler umrissenen subversiven Optionen performativer Aneignungen und Rekonstruktionen – allen Ansätzen ist gemeinsam, dass sie Veränderung als konstitutiv für Stabilität ansehen und die Auseinandersetzungen an vielfältigen Orten (und damit nicht nur in einem vermeintlichen Zentrum der Macht) ausfndig machen. Diese Stränge sozialphilosophischer Theorien erzeugten auch eigene Modernisierungsvorstellungen, in denen erkenntnistheoretische Begründungsversuche und Vernunftentwürfe der Aufklärung selber dekonstruiert werden. Die Postmoderne von Jean-François Lyotard etwa führt demnach weg von einer auf Fortschritt hoffenden Emanzipation des Menschen, weg von den ›großen Erzählungen‹, weg von einer alles umgreifenden ›Geschichte‹, mit der letztlich die allgemein verbindlichen Rationalitäten der Aulärung und des Humanismus legitimiert werden sollten (Lyotard ). Plausibel wird damit die Behauptung der Postmoderne, dass wir uns von der Vorstellung einer fortschreitenden rationalen Erkenntnis und vernünig geordneten Welt verabschieden müssen. Statt dass sich die Hoffnung der Aulärung auf eine zunehmend durchschaubarere Welt erfüllen würde, ist im Gegenteil die grundsätzliche ›Ambivalenz alles Menschlichen‹ (Bauman ), die Kontingenz sozialer Existenz bestimmende Grundlage dieses sozialwissenschaftlichen Zugangs zum Verständnis der Welt. Gesellschaftsforschung als Wissenschaftsforschung Wissenscha machte Rassismus historisch und bis in die jüngere Vergangenheit theoretisch verfügbar und stellte nicht etwa eine Barriere für die Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus dar, sondern war schließlich maßgeblich an ihrer Operationalisierung und Exekution beteiligt. Ruth Stiasny , S.  f. Rasse ist zusammen mit Klasse und Geschlecht eine der zentralen, alle modernen 13 Gesellschaen strukturierenden Ungleichheitsdimensionen. Zwar entstanden 13 Der Begriff modern beinhaltet in sich nicht nur eine Epochenbezeichnung, die durch Industrialisierung, Entstehung der Nationalstaaten, Säkularisierung und die wissenschaftlichtechnische Beherrschung der Natur gekennzeichnet ist, sondern lässt auch eine Abgrenzung zu »unmodern«, »vormodern« bzw. »rückständig« assoziieren. Hier sollen jedoch jene Verän- 26 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK rassische Gruppenkategorien bereits bevor sich Wissenschaftler mit menschlichen Varietäten beschäigten; sie wurden herangezogen für die Abwertung, Ausbeutung, Ermordung und Vertreibung verschiedener Menschengruppen (siehe Ausführungen zur Geschichte im Kapitel ). Doch entstand mit der Verwissenschalichung von Rasse eine Verbindung zwischen dieser Ordnungsform und wissenschalichem Wissen, die bis in die heutige Zeit anhält. Neben den Differenzen, die Aulärer wie Montesquieu oder Kant am Menschen feststellten, hatten insbesondere die Rassekonzeptionen der Naturforscher, Mediziner und Anthropologen, wie Blumenbach, Linné, Bernier und Darwin, an der Konsolidierung von Rasse als omnipräsenter Strukturdimension quasi aller moderner Gesellschaften einen maßgeblichen Anteil. Mit biologischem Wissen über die Unterschiede ließ sich die bestehende soziale Ordnung, die ständische Schichtung mit ihrer religiös abgesicherten Zuteilung neu begründen. Darüber hinaus konnten damit jene mit der Säkularisierung und Industrialisierung intensivierten Teilungspraktiken (vor allem Geschlecht/Sexualität, Klasse, Krankheit/Behinderung) mit einem neuen, sich auf Natur stützenden Klassifkationssystem legitimiert und konsolidiert werden. Die wissenschalichen Differenzierungen waren nicht lediglich ein Versuch, Ordnung in die ›Natur der Gesellscha‹ zu bringen, sondern dienten ebenso der Rechtfertigung sozialer Ungleichheiten, die mit den kolonialen Eroberungen sowie der durch geschlechtliche Arbeitsteilung und kapitalistische Produktionsverhältnisse erzeugten Ungleichverteilung gesellschalicher Güter entstanden. Die Relation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ist in Bezug auf die Legitimationsfunktion gesellschaftlicher Teilungsdimensionen aber keinesfalls ein unidirektionales Verhältnis. Wissenschaftliche Wissensproduktion über ›natürliche Differenz‹ ist kein verlängerter Arm bestehender gesellschaftlicher Ungleichheiten, sondern produziert jene Verhältnisse mit, in die sie selber eingebunden ist. Wissenscha kann aus diesem Grunde niemals als unabhängige Instanz, keineswegs als unschuldig gelten. Andererseits wäre es jedoch auch falsch, wissenschalicher Wissensproduktion, mithin den Biowissenschaen, eine einseitige Verantwortung für die Konstruktion von Differenz im Kontext sozialer Ungleichheiten zuzuweisen. Stattdessen bedarf es einer Analyse, die von der prinzipiellen Reziprozität von Wissenscha und Gesellscha ausgeht und das Spektrum der gesellschaftlichen Kräfte, die an der (Re)Produktion von Rassekonzepten beteiligt sind, aufzeigt. derungen benannt werden, die mit der Entstehung der westlichen Moderne verbunden sind und sich in den spezifschen Ausprägungen von Teilungskonzepten ausdrücken. In dieser Perspektive sind in der heutigen (globalisierten) Welt fast alle Gesellschaen nach Maßgabe der Moderne durch die zentralen Ungleichheitskategorien Rasse, Klasse und Geschlecht strukturiert. PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 27 Biowissenschaen tragen somit eine Verantwortung für rassifzierende Praktiken, da sie ebenso wie nicht-wissenschaftliches Wissen, politische Regulationen, institutionalisierte Stratifzierungen und alltägliche Interaktionen Rassifzierungen erzeugen und perpetuieren. Bei der Analyse biowissenschalicher Forschung über Differenz ist zudem zu beachten, dass das erzeugte Wissen gleichzeitig für rassistische Argumentationen und als Quelle der Kritik, Infragestellung und Widerlegung von Rassekonzepten verwendet wird. Von beiden Argumentationspolen in den Auseinandersetzungen um Rasse – für deren Begründung ebenso wie für deren Widerlegung – eingesetzt. Diese Besonderheit macht es umso notwendiger, die Verwicklungen von Wissenschaft, rassischen Gruppenzuordnungen und Gesellschaft zu analysieren. Darüber hinaus begründen die Wirkungen biologischen Differenzwissen und deren Verquickung mit gesellschalichen Teilungspraxen einen sozialwissenschaftlichen Analysebedarf. Erklärungsnotwendig sind zudem, die Resistenzen und stetigen Modifkationen von Differenzkonzepten im Kontext der gegenwärtigen Autorität lebenswissenschaftlicher Aussagen. Wenn die »Praktiken des Lebens […] gegenwärtig das bedeutendste Feld von Macht und Wissen bilden«, wie der Anthropologe und Analytiker kontemporärer Biowissenschaen Paul Rabinow (: ) konstatiert, dann ist eine kritische Analyse vorherrschender lebenswissenschaftlicher Wissensproduktionen zur Kategorisierung des Menschen umso dringlicher. Rabinows ese folgend muss eine Untersuchung biowissenschalicher Wissensproduktion zu Rasse bei jenen Praktiken der Forschung, Konzeptualisierung und Sinnstiftung ansetzen, die autorisiert sind »im Namen der Wahrheit über das Leben zu sprechen« (ebd.: ), und sie muss jene Disziplinen befragen, die derzeit die bedeutungs- und machtvollsten Aussagen zum Wesen des Menschen, seinem Innersten, seinen Bestimmungen und seinem Wert produzieren. Obschon sich die Inhalte lebenswissenschalicher Differenzkonzepte stetig verschoben haben, sind auch heutige wissenschaliche Diskurse weiterhin in die Rechtfertigung gesellschalicher Teilungen verstrickt. Entsprechend steht wissenschaliches Wissen in Relation zu sozialer Ungleichheit, nicht nur, »weil die Wissenscha die herrschende Form des legitimen Diskurses darstellt; sondern auch und vor allem deshalb, weil eine Macht, die meint, sie habe eine wissenschaliche Grundlage, von der Wissenscha natürlich verlangt, daß sie dieser Macht die Grundlage liefert« (Bourdieu : ). »Die Wissenschaft« so vermerkt Bourdieu »ist verbunden mit dem, dessen Legitimierung von ihr verlangt wird« (ebd.: ). 14 Dies ernst genommen, besteht kritische soziologische Analyse darin, eine »umsichtige Darstellung der Strukturen, die ein Objekt des Wissens erzeugen« (Spivak 14 Leicht korrigierte Übersetzung des Originals: »La science a partie liée avec ce qu’on lui demande de justifer.« 28 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK : ) indem eine ›historische Ontologie der Gegenwart‹ herausgearbeitet wird. Im Sinne Michel Foucaults ist damit eine Ausgrabung der »Akzeptabilitätsbedingungen eines Systems« und (: ) vorzunehmen. Hierfür bedarf es – neben den Untersuchungen zu verschiedenen Formen von Rassifzierungen, zu staatlichen, institutionalisierten oder alltäglichen Rassismen, zu Stereotypisierungen und individuellen Vorurteilen – einer Untersuchung der lebenswissenschalichen Wissensproduktion, um die gesamte Realität von Rasse, ihrer Strukturen, Effekte und Wirkungen sichtbar und damit anfechtbar zu machen. Gesellschaftskritische Wissenschaftsforschung Entgegen mündlichen Überlieferungen, bei denen es vor allem um die Weitergabe von Traditionen, um die Erhaltung des Wissens und der mit ihr verbundenen Werte und Normen geht, steht bei Wissenschaen konstitutiv das Innovative im Vordergrund (vgl. Steinert : ). Da sich im Niedergeschriebenen Erkenntnisse, Sicht- und Denkweisen festhalten lassen, bedarf Wissenschaft im Unterschied zur Traditionspflege eines stetigen Erschaffens von Neuem, einer Neuinterpretation des schon Vorhandenen, einer entdeckenden, erfndenden Praxis und des Neudenkens von Noch-nicht-Dagewesenem. Zwar werden in der Wissenscha ebenso Werte und Normen vermittelt und festgeschrieben, dennoch entstand gerade in der Anwendung von Schri ein Primat (vor allem, aber nicht nur) der Hervorbringung von Neuem. Wissenscha ist somit an und für sich eine auf Dauer gestellte Praxis der Erneuerung. Auch die wissenschaliche Beschäigung mit Rasse ist entsprechend per se stetigen Reinterpretionen, Überarbeitungen und Modifkation unterworfen. Denn von da an, wo Rasseforschung nur das Althergebrachte erörtern würde, geriete sie zur reinen Nacherzählung und verlöre die Legitimation zu weiteren Forschungen. Zwar ließe Rasse als Gegenstand der Biowissenschaften zunächst Konstanz erwarten, da das Konzept in diesem Zusammenhang für eine zehntausende bis Millionen Jahre zurückreichende Teilung der Menschheit in differente Gruppen steht. Entgegen dieser fachinternen Grundannahme ist die Rasseforschung jedoch durch sehr unterschiedliche Gruppierungsformen und eine Fülle an Einteilungen (von drei bis mehreren Hundert) gekennzeichnet. Diese stetige Wandlung wissenschaftlicher Rassekonzeptionen liegt im Sinne der hier vertretenen These in deren gesellschalicher Bedingtheit begründet. Mit dem Fokus auf den gesellschaftlichen Bedingungen der Wissensproduktion bietet die folgende Untersuchung eine weitere Antwortperspektive auf die eröffnete Frage nach der Aktualität von Rasse. Ansätze der Wissenschasforschung PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 29 ermöglichen mit ihren relationalen Perspektivierungen, mit ihrem Methodenrepertoire eine weitreichende Analyse der Verquickungen von Gesellscha und Wissenscha, von Wissen und Macht, von als »wahr« autorisierten Aussagen und gesellschalicher Ordnung. Die diversen Zugänge der Wissenschasforschung – Wissenschaftsgeschichte, Wissenschaftstheorie, Wissenschaftssoziologie sowie Erkenntnis-, Wissenschas- und Technikkritik – stellen vielfältige Mittel zur Verfügung, um Wissenscha als gesellschaliche Praxis und realitätsschaffende Macht zu untersuchen. Entgegen dem üblichen Selbstbild der Wissenschaften als lediglich beschreibende, objektives Wissen schaffende Unternehmungen, deren Repräsentation der ›Natur‹ unabhängig von Geschichte, Kultur und Gesellscha sei, entwickelte sich zu Beginn des . Jahrhunderts eine Wissenschaswissenscha, mit der diese Sonderstellung hinterfragt und die sozialen Bedingungen von Wissenscha untersucht werden können. Die Sozialisierung der Wissenschaen ist eine Perspektive, deren Grundsteine zunächst in den  und er Jahren mit Arbeiten der frühen Wissenssoziologie und Wissenschaftsforschung (z. B. Fleck ; Mannheim ; Scheler ) gelegt wurden. Statt die Wissenschaften weiterhin als Ideal einer objektiven, die ›Geheimnisse der Natur‹ entdeckenden Kunde zu verstehen, begann eine neue Sichtweise, die wissenschaftliches Wissen als gesellschaftlich eingebundene, an Denkstile und Denkkollektive gebundene Wissensform fasst. Wissenscha wurde mit dieser Sichtweise perspektivisch und relational. Zu einem weiteren Bruch mit dem bis dahin vorherrschenden Idealbild von Wissenscha kam es in Folge der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki, indem diese politische Problematisierungen von Wissenschaft und Technik und deren negativen Auswirkungen auf gesellschaliche Verhältnisse nach sich zogen. Wissenschaft und Technik wurden seitdem nicht mehr nur als Heilsbringende einer fortschreitenden Emanzipation des Menschen angesehen. Vielmehr ließen die oftmals gravierenden Auswirkungen wissenschaftlicher und technischer Entwicklungen vermehrt Fragen nach den Gefahren und nach den politischen Indienstnahmen von Wissenschaft aufkommen. Debatten über die Auswirkungen wissenschaftlichen Forschens, um Ethik, Risiken und normative Fragen wie ›Welche Wissenschaft brauchen wir?‹ führten, wie Nico Stehr formuliert, auch dazu, ausgehend von der Besorgnis »über die destruktiven Konsequenzen von Wissenschaft und Technik […] den Weg zu Diskussionen über die konstruktiven Konsequenzen von Wissenschaft und Technik« zu eröffnen (: ). In den er Jahren wurden die Perspektiven der Wissenschasforschung auf Wissenschaen als soziales Feld erheblich erweitert. Auauend auf Ludwik Flecks zuerst  erschienener Monographie »Entstehung und Entwicklung einer wissenschalichen Tatsache«, in der er seine Argumentationen zur Kollektivität 30 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK von Wissenscha, zum »Denkstil« und der Bestimmung von Wissenscha durch externe Faktoren entwickelte, löste die Arbeit des Wissenschasphilosophen und -historikers omas Kuhn, »Die Struktur wissenschalicher Revolutionen« (), heige Debatten darüber aus, ob Erkenntnisprozesse ›durch die Natur geleitet‹ seien oder sich bestenfalls ›der Natur annäherten‹. Kuhn vertritt die Auffassung, dass Erkenntnis- und Wissensbildung nicht im fortschreitenden kumulativen Entdecken und Verstehen bestehe. Stattdessen sei der Prozess von aufeinander folgenden Paradigmen geprägt, das heißt von der sozialen Konstellation von »Meinungen, Werten, Methoden usw.« sowie von – in der gegebenen wissenschalichen Gemeinscha geteilten – »Problemlösungen«, die regelten, welche Aussagen als wahr anerkannt würden (ebd.: ). Die Repräsentationen der Natur seien bedingt und zudem begrenzt durch die von vornherein paradigmatisch eingeschränkten eorien, Methoden und Problemlösungsansätze. Kuhns Arbeit sowie der in derselben Zeit formulierte Sozialkonstruktivismus (Berger/Luckmann ) stimulierten Forschungsansätze, die sowohl die Praktiken als auch die Inhalte der Wissenschaen immer weiter sozialisierten. So entstand als ein neues Forschungsfeld die Sociology of Scientifc nowledge, als deren bekanntester Ansatz das sogenannte strong programme entwickelt wurde. Mit diesem Ansatz konnten wissenschaliche Aussagen als durch vielfältige Faktoren geformt (kulturelle Kontexte und individuelle wie Gruppeninteressen) verstanden werden (Bloor ). Statt die Wirkung des Sozialen nur in der Verzerrung der Wissenscha zu sehen, bei der von außen an diese herangetragene politische Interessen zu ›falschen‹ eorien und schließlich deren ›Scheitern‹ führen, fordert das strong programme, alle wissenschalichen Praktiken und Aussagen unabhängig von deren nachträglicher Bewertung zu untersuchen und Wissenscha in ihrer Verwicklung mit gesellschalichen Verhältnissen (und nicht nur als Opfer politischer Instrumentalisierungen) zu fassen (vgl. Kaufmann ). Dieser Ansatz provozierte eine Reihe von Fragen: Wie wird wissenschaftliches Wissen und Technologie konstruiert, wenn nicht die Natur die Erkenntnisse leitet und Wissen statt ›entdeckt‹ vielmehr umkämpft ist? Wie kommt es, dass (Labor-)Experimente zur wichtigsten Methode der (Natur)Wissenschaften wurden? Welchem epistemischen Wandel unterliegen scheinbar eherne Vorstellungen von Objektivität, Wahrheit und Evidenz? (vgl. Shapin/Schaffer ; Fujimura ; Daston/Galison ) Während sich die Wissenschasgeschichte damit befasst, wann und wie die vorherrschenden Formen der Erkenntnisproduktion aufkamen, bildete sich zudem ein praxeologischer Ansatz der Wissenschasforschung heraus, der Wissenscha als Gefüge von Handlungen fasst, von Praktiken in den Laboren oder in den Besprechungsräumen sowie von lokalen Aushandlungen über die Inhalte des Wissens (Knorr Cetina ; Law ; Latour/Woolgar ). Ebenfalls ab Mitte der PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 31 er Jahre entwickelten feministische Wissenschastheoretikerinnen einen wissenschaskritischen Zugang, demzufolge »die gesellschaliche Struktur der Wissenscha nicht nur sexistisch, sondern auch rassistisch, kulturfeindlich und von der herrschenden Klasse bestimmt ist« (Harding : ). Sowohl die Problemstellungen, Begriffe, Theorien und Methodologien, als auch die mit diesen erzeugten Wahrheiten seien von ihren kollektiven und individuellen Entstehungsbedingungen geprägt. Daher versprächen eine »wertabhängige Forschung«, worunter antisexistische Forschungsvorhaben verstanden wurden (ebd.  u. ), sowie eine »partiale Perspektive«, die den »Standpunkten der Unterworfenen« geschuldet ist, bisweilen ein höheres Maß an Objektivität als der vermeintlich wertfreie und neutrale Blick der Mächtigen, die sich als »bescheidene Zeugen« darstellen würden (Haraway , ). In Anlehnung an die Ansätze des strong programme und an marxistische Standpunkttheorien kritisiert die feministische Wissenschasforschung an der vorherrschenden Forschung, dass allein die ›Wissenden‹ und ihre Institutionen sowie ›Irrtümer‹ der Wissenscha untersucht würden. Diese Herangehensweise könne weder den erkennenden Menschen als Teil eines sozialen Zusammenhangs, noch allgemein das Wissen – auch die als »wahr« und »korrekt« anerkannten Erkenntnisse – als sozial determiniert erkennen (Felt/Nowotny/Taschwer :  u. ). So greife, wie die Wissenschastheoretikerin Sandra Harding herausstellt, eine Kritik an »schlechter Wissenscha« zu kurz. Stattdessen müsse Wissenscha als »science-as-usual« in ihrer herrschasstützenden Verfasstheit untersucht werden (:  ff.). Für die hier vorgenommene Untersuchung bedeutet dies, dass die untersuchten Begriffe, Konzepte und wissenschalichen Praktiken nicht als vermeintlich wertfreie, lediglich analytische oder beschreibende angesehen werden können und dass der Fokus nicht auf dem (alleinigen) Nachweis »schlechter Wissenscha« liegt. Vielmehr sollen die typischen, aktuellen und modernsten wissenschaftlichen Arbeiten in den Blick genommen werden. Wissenscha, die »Entzauberin der modernen Welt« (Weber ; vgl. Felt/Nowotny/Taschwer : ), muss selber entzaubert, d. h. hinsichtlich ihrer Bedingungen, Zusammenhänge und Wirkungen befragt werden. Aus den bisherigen Ausführungen darf jedoch nicht missverstehend geschlossen werden, dass Wissenschaft ein bloßes Anhängsel kultureller, politischer, sozialer Mythen und weiter nichts als eine Autorisierungsinstanz der Macht sei. Wissenschaftliche Wissensproduktion ist nicht durch gesellschaftliche Verhältnisse determiniert. Biowissenschaliche Differenzforschungen sind aber andererseits nicht losgelöst von gesellschalichen Problemstellungen und entsprechend nicht ohne eine gesellschastheoretische und gesellschaskritische Perspektive zu verstehen. Ebenso schreibt umgekehrt biowissenschaliche Wissensproduktion trotz aller 32 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Autorität die alltagsweltlichen Vorstellungen auch nicht einfach fest. Stattdessen ist Wissenscha als »agonistisches Machtfeld« (Haraway : ) zu analysieren, in dem wie in allen sozialen Gefügen um Deutungsmacht gerungen wird und in dem sich Aushandlungs- und Anerkennungskämpfe abspielen. Wissenschaftliches Wissen ist damit als eigene, gesellschaftsgestaltende Kraft zu verstehen, durch deren Streben nach Hegemonie ambivalente Wirklichkeiten produziert werden. Trotz ihrer gesellschalichen Grundlegung geht Wissenscha eben nicht glatt in den jeweiligen Herrschasverhältnissen auf, sondern kann auch dazu dienen, diese herauszufordern. Diese Ambivalenz wissenschalichen Wissens arbeiteten insbesondere marxistische, poststrukturalistische und feministische Wissenschasforschung und -kritik heraus, in dem sie einerseits zeigten, dass Wissenscha in Herrschas- und Unterdrückungsverhältnisse eingebunden ist, andererseits aber auch deutlich machten, wie in und mit den Wissenschaften ebenso Widerständigkeiten, Subversionen und eigensinnige Begründungs- und Bedeutungsstrukturen erzeugt werden. Entsprechend wird Wissenschaft in neuen Ansätzen nicht länger darauf reduziert, die »Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln« zu sein (Latour : ). Stattdessen liegt der Fokus nunmehr darauf, die Fähigkeit von Wissensobjekten, Bedeutungen hervorzubringen und ›performativ‹ zu wirken, zu untersuchen (Hammer/Stieß ). Die Eigendynamik der Materialität, die ›Widerständigkeit‹ der Dinge, d. h. der Untersuchungsobjekte, Apparaturen und Experimentalsysteme (Palm ), dient auch der vorliegenden Arbeit als Ausgangspunkt für die Analyse von Kontinuitätslinien und Brüchen wissenschalicher Rassekonzeptionen. Im Sinne eines praxeologischen Zugangs ist Rasse quasi als Verb zu betrachten, als ein Tun, als erzeugte, gemachte Relation, als währender Prozess, der verdinglicht, verstetigt, institutionalisiert, zu Struktur wird. Auch wenn im Folgenden vor allem Texte als Untersuchungsobjekte dienen, gilt es über den Blick auf Zeichen- und Sinnsysteme, Normen und Semantiken hinaus ebenso auf die Dynamik, Vieldeutigkeit und Veränderbarkeit kultureller Phänomene zu fokussieren. Wie zu zeigen sein wird, sind biowissenschaliche Differenzforschungen in diesem Sinne Schauplätze sehr unterschiedlicher, oft konträrer Erkenntnisbildung, die durchaus auch als Quelle wirkmächtiger Kritiken an rassischen Einteilungen der Menschheit dienen können. Zur Annäherung an diese Argumentation werden nun die zentralen Vorgehensweisen sowie die für die Analyse notwendigen rassismustheoretischen Ansätze und Begriffe einer Klärung unterzogen. PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 33 Gesellschaftstheorie und Historisierung Wie schon Gates’ Verhaung deutlich machte, ist Rasse keine Entität, die mit ausreichend feingeschliffenen mikrologischen Analyseinstrumenten aus der sozialen Situation heraus seziert werden könnte, genauso, wie kein biologischer ›Urgrund‹ übrigbliebe, wenn die kulturellen Wertungen extrahiert würden. Rasse kann nicht mit monokausalen Ansätzen oder einseitig strukturalen Zugängen ausreichend analysiert und verstanden werden. Statt also nur von einem Punkt aus zu blicken, muss Rassifzierung hier in jener Verwobenheit körperlicher und kultureller Zuschreibungen, biologischer, genetischer und sozialer Bestimmungen untersucht werden. Eine solche Analyse macht eine historische und gesellschaftstheoretische Einbettung notwendig, die einerseits die Gewordenheit rassifzierter Ordnungskonzepte im Blick behält, andererseits die Erzeugung neuer Konzepte insbesondere mithilfe molekulargenetischer Ansätze verstehbar macht. Dies erfolgt ausgehend von der ese, dass lebenswissenschaliche Rassekonzeptionen und deren zeitgenössische Aktualisierungen nur mit einem gesellschaftliche Verhältnisse einbegreifenden Ansatz, also aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive begriffen werden können. Die Analyse von Rasse bedarf einer kritischen Gesellschastheorie – und umgekehrt ist für eine zeitgemäße Gesellschastheorie und -kritik sowohl ein Verständnis von lebenswissenschaftlicher Wissensproduktion als auch von Rassismus (und weiteren Teilungsdimensionen) in der westlichen Moderne Voraussetzung. Es bedarf einer Analyse der Moderne, in der trotz ihres Freiheitsund Gleichheitsversprechens keinesfalls alle Menschen gleichermaßen in den Genuss der postulierten Gleichheit und Liberalität kommen. Auf der Grundlage ungleicher gesellschalicher Teilhabe- und Teilnahmemöglichkeiten einer stratifzierten Gesellscha können rassifzierende Einteilungen von Menschen niemals – auch nicht in ihren wissenschalichen Formulierungen – unschuldig sein. Sie können nicht neutral, wertfrei oder unpolitisch sein, da sowohl die verwendeten Bezeichnungen als auch die Einteilungskonzepte bei rassischen Taxonomien immer in Relation zu gesellschalichen Wertungen, Stereotypisierungen, Hierarchisierungen sowie zu Identitäts- und Subjektivierungsformen stehen. Der hier bisher als Verwicklung und Verwobenheit benannte Untersuchungszusammenhang ist dabei nicht in einzelne Stränge sinnvoll aufzulösen. Bei der Analyse biologischer Rassekonzeptionen geht es nicht im Wortsinne um eine Auflösung aller einzelnen Bestandteile, die dann den »wahren Gehalt« von Rasse zum Vorschein bringen würden, sondern um die Klärung der einzelnen Bestandteile, aus denen rassische Gruppenzuordnungen gebildet werden und die sich gegenseitig begründen und zugleich bestärken. Historisierende und gesellschastheoretische Perspektiven sind deshalb notwendig, um Rasse als ein komplexes 34 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Konglomerat in den Blick zu bekommen. Rasse ist, wie die sozialen Strukturdimensionen Geschlecht und Klasse, nur als vielfältiges und widersprüchliches Ensemble analysierbar, in dem Diskurse, Institutionen, Gesetze, moralische und normative Regelungen, wissenschaftliche Aussagen sowie Nichtdiskursives wirken (vgl. Foucault :  f.). Eine Untersuchung der Elemente dieses Ensembles soll dazu dienen, die Entstehung, Konstanz und Veränderung von Rassekonzeptionen verstehbar zu machen. Rasse kann in diesem Sinne nur als komplexes Phänomen verstanden werden, in welchem divergente, sich gegenseitig unterstützende und infrage stellende Elemente, biologische wie soziale, historische, kulturelle wie technische Bestimmungen aufeinander treffen. Nur unter dem Einbezug mehrerer Perspektiven kann erklärt werden, warum Rassekonzepte in einer »funktionalen Überdeterminierung« (ebd.: ) trotz aller Kritiken nicht verabschiedet, sondern bisher immer wieder erneuert wurden. Für eine solche Bestimmung werden die Entstehungsbedingungen rassischer Einteilungen in der europäischen Moderne und deren Legitimationsfunktion bei der Kolonisierung der »Neuen Welt« erörtert. Nachverfolgt wird ebenfalls die Verwissenschaftlichung rassischer Einteilungen der Menschheit und deren jeweilige Erneuerungen entlang vorherrschender biowissenschaftlicher Methoden und Forschungsparadigmen. Zu klären ist auch das Verhältnis von Kritik an biologischen Rassekonzeptionen und deren produktiver Wendung und Einmündung in neue Modelle. Erforderlich ist aus diesem Grund zunächst eine Erörterung der Ansätze einer Untersuchung rassifzierender Verhältnisse. Rasse, Rassifizierung, Rassismus: Theorien »Das Grundprinzip von Rassismus ist der Glaube an Rassen« postuliert die Historikerin Barbara Fields (: ) und die Fachkollegin Michelle Brattaine präzisiert, dass »ein Konzept von Rassen als natürlich, zeitlos und außerhalb menschlichen Einwirkens unzweifelhaft einer der hartnäckigsten Rückstände des Rassismus« ist (: ). Beide Aussagen stellen den Glauben an bzw. die Existenz des Konzepts Rasse in eine enge Beziehung zu Rassismus – erstens als Grundprinzip und zweitens als Überbleibsel (residue) rassistischer Verhältnisse. Für beide stellt die Einordnung von Menschen in rassifizierte Gruppen ein zentrales Element des Rassismus dar. Aus einer analytischen Perspektive ist einem Bedingungsverhältnis zwischen Einteilungen von Menschen und Rassismus zunächst leicht zuzustimmen. Aber was ist mit dem umgekehrten Blick auf die verschiedenen ematisierungen von Rasse? Sind alle Verwendungen des Rassebegriffs per se rassistisch, weil Rasse als ein Residuum des Rassismus zu verstehen ist? PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 35 Tatsächlich plädier(t)en viele Rassismus-Analytikerˍinnen und -Theoretikerˍinnen für eine Abschaffung der Begriffs Rasse, um dem Rassismus die biologische bzw. biologisierte Basis zu entziehen und um alternative, mit einer sozial konnotierten Bedeutung versehene Begriffe für die gesellschalich konstruierte Einteilung von Menschen zu verwenden. 15 Andere sprechen sich vehement für die Verwendung des Begriffs Rasse bzw. der englischen Vokabel race aus, um soziale Ungleichheit und Diskriminierung entlang von Gruppeneinteilungen klar in der gebotenen Deutlichkeit benennen zu können. 16 Erschwert wird die Analyse des Begriffs und die Entscheidung über seine sinnvolle Verwendung oder Nicht-Verwendung dadurch, dass er in sehr unterschiedlichen Diskursen auaucht und häufg nur unscharf defniert wird. Zur Systematisierung dieser Unschärfe unterscheidet z. B. der Soziologe Robert Miles den Gebrauch des Rassebegriffs im Englischen in den drei (miteinander interagierenden) Diskursen der Biologie (Genetik), der Sozialwissenschaen und des Alltags (: ). Diese mit Blick auf die Bedeutungsunterschiede sinnvolle Aufteilung muss hier unter der Frage nach dem rassistischen Gehalt noch weiter differenziert werden, da etwa ein sozialwissenschalicher Gebrauch zur Kennzeichnung von Diskriminierung oder die analytische und antirassistische Verwendung im Zusammenhang mit Empowerment-Politiken sowie im Kontext postkolonialer eoriebildung eine völlig andere Bedeutung erhält als im rassistischen Alltagsdiskurs. Damit ist auch die Unterscheidbarkeit in affrmative und kritische Bedeutungen angesprochen, wobei jedoch auch die antirassistischen und analytischen – also die Rassifzierungen kritisierenden – Gebrauchsweisen selbst Gegenstand von Kritiken sind. Denn auch ein kritischer Gebrauch des Begriffs oder von Ersatzbegriffen wie »Ethnie« läu Gefahr, rassistische Kategorisierungen gerade durch die Abfrage, Benennung und Zuordnung zu reifzieren. 17 15 Zum Beispiel verwendet Max Weber in seinen Ausführungen zur »Rassenzugehörigkeit« zwar auch den Begriff »Rasse«, bevorzugt aber die Bezeichnung »ethnische Gruppen«, da er »ständische, also anerzogene Unterschiede und […] Bildung« (: ) gegenüber »ererbten und vererblichen Anlagen« (ebd.: ) als bedeutender einschätzt. Ebenfalls für den Begriff Ethnizität votiert etwa das erste UNESCO-Statement »e Race Question« von . Hier wird konstatiert: »it would be better when speaking of human races to drop the term ›race‹ altogether and speak of ethnic groups« (: ). Seitdem gab es eine Reihe von Vorschlägen zu Alternativen zum Rassebegriff und auch heute wenden sich viele Akteurˍinnen mit guten Gründen gegen seine Verwendung etwa in Gesetzestexten (Cremer ; Liebscher et al. ) oder innerhalb der Biologie und Genetik (Freeman ; Fullilove ; Kattmann ; UNESCO a). 16 Barskanmaz ; vgl. hierzu sowie zu den Begriffsdifferenzen zwischen Rasse und race die Ausführungen unter »Begriffe und Semantiken«. 17 Mit Blick auf die Reifzierung ethnischer Differenz durch Forschung weisen beispielsweise Diehm/Kuhn/Machold () darauf hin, dass auch kritische, etwa sozialkonstruktivistische 36 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Mit solchen Unterscheidungen und Problematisierungen der Gebrauchsweisen von Rasse ist noch keinesfalls die oben formulierte Frage beantwortet, ob der Rassebegriff per se und ob biowissenschaftliche Rassekonzeptionen notwendigerweise rassistisch sind. Zwar haben Theorien, die rassische Einteilungen als Ergebnis von Rassismus auffassen, auf diese Frage folgerichtig eine bejahende Antwort. In der vorliegenden Studie wird zwar auch davon ausgegangen, dass eine enge Beziehung zwischen Rassekonzepten und Rassismus besteht, jedoch nicht einer einfachen Ableitungslogik gefolgt. Stattdessen wird hier eine praxeologische und gesellschaftstheoretische Perspektivierung vorgenommen, mittels derer eine Untersuchung der Inhalte, also ein Blick auf das Was und Wie sowie auf die jeweiligen Wirkungen rassifzierter Differenzforschung erfolgen kann. Eine soziologische Beschreibung und Kritik, die sich bloß an die Nutzung des Rassebegriffs wendet, reicht angesichts der zahlreichen unterschiedlichen Bedeutungszuweisungen und Verwendungsformen nicht aus. Statt eines deduktiven Vorgehens, bei dem schon die Wirkverhältnisse feststehen und in der Empirie Fälle aufgefunden werden müssen, die die eorie bestätigen, gilt es folglich, das Wie und die inhaltlichen Bedeutungen jener Konzeption von und wissenschalichen Beschäigung mit Rasse zu klären. Zu dem schon erörterten sozialwissenschalichen Analysebedarf bezüglich der neuen lebenswissenschalichen Rasseforschungen kommt also noch hinzu, dass den jeweiligen Projekten und ihren spezifschen Bedeutungsproduktionen zu folgen ist, um biologische Rassekonzeptionen in all ihren Formen zu verstehen. Eine Voraussetzung für eine solche Klärung ist zunächst die nähere Bestimmung von Rassismus anhand einer Erörterung relevanter Aspekte bestehender Rassismustheorien. Perspektiven von diesem Problem der Reifizierung betroffen sind und dies eben schon allein aufgrund der sprachlichen Möglichkeiten der Benennung von diskriminierungsrelevanten Dimensionen und Kategorien. Mithin besteht stets jene auch von der feministischen Theorie hinsichtlich der Kategorien Geschlecht und Frauen umfangreich diskutierte Gleichzeitigkeit von Analyse und Konstruktion des beforschten und analysierten Gegenstandes. D. h. »Forschung über soziale Differenz ist immer auch eine Forschung unter Bedingungen von sozialer Differenz« (ebd.: ). Die damit aufgeworfenen nicht nur forschungsethischen, sondern wissenschastheoretischen Fragen machen es, wie auch Sabine Hark () mit Blick auf die Sozialfigur der »Überflüssigen« einwendet, notwendig, soziologische Analyse und wissenschaliches Wissen kritisch auf seine Bedeutungsambivalenzen hin zu hinterfragen. Denn soziologische Beschreibungen nehmen ihrerseits stets Bezug auf gesellschaliche Stereotype, die sich als »kulturelles Sediment« in sozialwissenschaliche Aussagensysteme einschleichen und Herrschas- und Ausschließungswissen produzieren (ebd.: ). PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 37 Bedingungen der Rassismusanalyse Der Bestand an theoretischen Ansätzen zur Erklärung von Rassismus ist sehr divers. In Bezug auf die hier gestellten Fragen divergieren die einzelnen Ansätze so stark, dass sie nicht zu einer Rahmentheorie zusammengefügt werden können. Fundamentale Differenzen zeigen sich etwa in den Annahmen zum Ursprung des Rassismus, den einige eoretikerˍinnen in der Antike, andere erst in den Aus- und Einschlüssen der Moderne verorten oder in der Reichweite der theoretischen Ansätze, in denen sehr unterschiedliche Kriterien angelegt werden, wer als Objekt bzw. Opfer des Rassismus anzusehen und welche Diskriminierungen als rassistisch zu bezeichnen seien. Unterschiede bestehen auch hinsichtlich des Status einzelner Abwertungs- und Vernichtungsideologien. So werden Antisemitismus und Antiromanismus teilweise als Formen von Rassismus defniert, in anderen eorien kategorisch davon abgegrenzt. Diese Differenzen sind so fundamental, dass aus ihnen kein Basistheorem extrahiert werden kann, das der vorliegenden Arbeit als Ausgangstheorie dienen könnten. 18 Schon über die Akteure rassistischer Handlungen besteht große Uneinigkeit, da Rassismus entweder als Problem individueller Einstellungen und Vorurteile sowie Ängste (Xenophobie) oder als strukturelles, institutionalisiertes und in der ›Mitte der Gesellschaft‹ 19 verankertes Problem gefasst wird. Die große Unterschiedlichkeit der verschiedenen theoretischen Ansätze mag zum einen an den historisch und kontextuell verschiedenen sowie auf unterschiedliche Gruppen gerichteten Ausprägungen von Rassismen liegen, begründet sich aber auch in einem bisher schwierigen Verhältnis zwischen dem Mainstream sozialwissenschalicher Forschung und den darin eher randständigen Rassismusanalysen und -theorien. Zwar hat sich vor allem im angelsächsischen Sprachraum in den letzten Jahrzehnten eine relativ umfangreiche Rassismusforschung etablieren können. Diesem Forschungs- und Theoretisierungsfeld kommt im internationalen, insbesondere kontinentaleuropäischen Soziologiediskurs jedoch nach wie vor eine marginale Position zu, sodass Rassismus und Rassifzierungen statt als zentrale Dimension 18 Eine Vielfalt an eorien an sich ist nicht überraschend. Aber im Vergleich zum eorienbestand etwa im Bereich der Geschlechterforschung, bei dem so unterschiedliche Ansätze wie das sex/gender system, doing gender, Dekonstruktion, Klassen-Geschlechts-Hypothese, zumindest zueinander in Beziehung gesetzt werden können, sind viele der rassismustheoretischen Ansätze entschieden differenter und weniger kompatibel. 19 Ansätze, die rassistische und antisemitische Einstellungen in typischen, ›normalen‹ Persönlichkeitsstrukturen verorten, existierten auch schon in den psychoanalytisch inspirierten Untersuchungen zur »autoritären Persönlichkeit« (Adorno et al. /). Vorherrschend in der deutschsprachigen Forschung waren aber bis in die er Jahre Untersuchungen zu sogenannter »Fremdenfeindlichkeit«, zu Vorurteilsmustern oder Desintegrationsphänomenen (vgl. Institut für Sozialforschung ). 38 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK zur Analyse von Gesellschaft eher als Randphänomen behandelt werden. So haben sozialwissenschaliche Untersuchungen zu rassistischen Ausgrenzungen nach wie vor zumeist einen Nischenstatus und werden nicht in den Kanon zentraler gesellschastheoretischer Fragestellungen aufgenommen. Zudem beschäigen sich die bestehenden Studien eher mit den offensichtlichsten Auswirkungen von Rassismus, mit historischen Erklärungen zum ›Rassenwahn‹ der Nazis, dem eliminatorischen Antisemitismus sowie mit Lynchmorden und »Rassengesetzgebungen«, die Schwarze von gesellschalicher Teilhabe ausgrenzten und Weiße privilegierten. Mit der Analyse dieser Ausbeutungs-, Gewalt- und Vernichtungspraktiken wurden zwar wichtige und zum Teil noch immer relevante Erklärungen vorgelegt, die Untersuchung der alltäglichen ›Normalität‹ rassistischer Verhältnisse blieb aber lange auf psychologische und ideologietheoretische Zugänge beschränkt. Diese Situation spiegelt sich deutlich in den kanonischen Lehrbüchern, Lexika und Einführungsbänden der deutschsprachigen Soziologie wider, in denen in aller Regel nur marginale Beiträge zu Rasse, Rassismus oder ethnischer Diskriminierung zu fnden sind. 20 Mit Ausnahme der Forschungen zu »Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« (Heitmeyer ) und einigen Ansätzen der Vorurteilsund Ungleichheitsforschung, die im Mainstream sozialwissenschaftlicher Analysen mittlerweile einen akzeptierten Platz eingenommen haben, werden Forschungen zu Rassismus, Rassifzierung und Diskriminierung bisher nicht zu denjenigen sozialtheoretischen Analysen gezählt, die für das Verstehen von Gesellschaft unerlässlich sind. »Während die Rassenforschung in Deutschland zu ihrer mörderischen Blüte gelangte, ist es mit der Rassismusforschung hierzulande nicht weit her«, kommentiert treffend die Antirassistin Lou Sander den bisherigen Stand sozialwissenschalicher eoriebildung (: ). Rassismus ausschließlich im Sinne individueller oder kollektiver Vorurteile, Stereotype und intentional-ideologischer Konstrukte zu fassen, verfehlt zentrale gesellschaftliche Dimensionen und bedeutende Bereiche alltäglicher Diskriminierung, von denen jene betroffen sind, die nicht zur Mehrheitsbevölkerung zählen. Für die bisherige Marginalisierung der Rassismusforschung gibt es mehrere Gründe: Erstens wird in den Sozialwissenschaen Rassismus als ein Phänomen an den Rändern der Gesellscha, etwa als extremer Ausdruck einiger weniger Altnazis oder desintegrierter Jugendlicher verortet, dass in allen demokratischen Staaten mehr oder weniger zum ›Normalzustand‹ gehöre. Zweitens sehen manche 20 Siehe etwa Farzin/Jordan ; Fuchs-Heinritz/Barlösius ; Hillmann ; Joas ; Korte/Schäfers . Neben dem Fehlen von Analysen und theoretischen Bearbeitungen in den kanonischen Werken deutschsprachiger Soziologie zeigt sich der Stellenwert von Rassismus, Rassifizierungen und Ethnisierung auch an den thematischen Untergruppen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, in der sich keine der  Sektionen explizit mit Rassismus oder der gesellschaftlichen Segregation entlang der Teilungsdimension Rasse beschäftigt. PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 39 Sozialwissenschalerˍinnen Rassismus als ein vormodernes Phänomen an, als Atavismus, der sich in Prozessen der Globalisierung, Individualisierung oder unter der sich ausweitenden kapitalistischen Verwertungslogik auflösen werde. Drittens verlangt eine Analyse, die Rassismus in der Mitte der Gesellscha verortet, auch die kritische Beschäftigung mit sich selbst, mit der Wissensproduktion der eigenen Disziplin und den eigenen Verfechtungen in rassistischen Strukturen und Privilegiensystemen. Und zuletzt gilt die Beschäigung mit Rassismus o als politisch anrüchig und moralisch motiviert. Analysen der rassistischen Verhältnisse werden vom Mainstream mit einem Ideologieverdacht belegt, oder den Wissenschaler ˍinnen selbst wird eine problematische Nähe zum Gegenstand unterstellt, um ihnen damit die Wissenschalichkeit abzusprechen. Trotz der Randlage und der beschriebenen Schwierigkeiten besteht mittlerweile ein Spektrum verschiedener Ansätze, die Rassismen sowie die mit ihnen zusammenhängenden Wirkverhältnisse erklären. Diese dienen im Folgenden der weiteren Erarbeitung eines Verständnisses der Dynamiken zwischen biowissenschalichen Rassifzierungen und Rassismus. Dimensionen von Rassismen Für die gesellschas- und rassismustheoretische Grundlegung der weiteren Überlegungen ist eine Systematisierung der bestehenden Zugänge und Analyseansätze anhand ihrer unterschiedlichen Perspektiven auf die Untersuchung von Rassismus sinnvoll, um sich den Problematiken von Rassismus, Rassifzierung und modernen biologischen Rassekonzepten zu nähern. Eine erste Unterscheidung lässt sich anhand des Ziels der Rassismusanalysen vornehmen, die entweder den Kerngehalt verschiedener Ausprägungen von Rassismen suchen, oder aber die Funktionen von Rassifzierungen bestimmen wollen. Viele Ansätze fokussieren nach diesem Unterteilungsschema auf die Gemeinsamkeiten von Rassismen, auf eine Grundstruktur, die hinter den unterschiedlichen historischen und aktuellen Ausprägungen bestehe. Andere fokussieren dagegen vor allem auf gesellschaftliche und individuelle Ursachen und versuchen daraus Rassismus zu bestimmen. Der ersten Bestimmung entsprechend fasste die Anthropologin Ruth Benedict schon  Rassismus als ein »Dogma, wonach eine ethnische Gruppe von Natur aus zu erblicher Minderwertigkeit verdammt ist, während einer anderen erbliche Überlegenheit bestimmt ward« (: ). Benedict stellt also zur Bestimmung von Rassismus die Behauptung erblicher Wertigkeit von Gruppen als Gemeinsamkeit aller Rassismen und damit als Merkmal heraus. 40 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Andere heben statt der Wertungen und erblichen Zuschreibungen die »Verbindung von Vorurteilen und Macht« hervor, aus der etwa weiße Vorherrscha (white supremacy) als Essenz der Konstruktion von Differenz zusammen mit Hierarchisierungen und Macht hervorgehe (Kilomba : ; vgl. bell hooks ) oder stellen heraus, dass Rassismus dort anfange, wo für »gesellschaliche Unterschiede eine naturbedingte Rechtfertigung« gesucht (Delacampagne : ) bzw. ein unlösbarer Zusammenhang von »somatischen und psychischen, körperlichen und seelisch-intellektuellen Eigenschaen oder Fähigkeiten« angenommen werde (Priester : ). Anhand der Funktion(en) wird Rassismus etwa als »machtvolles, mit Rassekonstruktionen operierendes […] System von Diskursen und Praxen« defniert, »mit welchen Ungleichbehandlung und hegemoniale Machtverhältnisse erstens wirksam und zweitens plausibilisiert werden« (Mecheril/ Melter :  f. oder Rommelspacher : ). Ähnlich argumentieren auch Untersuchungen, die Rassismus als »ideologische Formation« (Demirović : ) fassen und herausstellen, dass etwa »körperliche Merkmale zur Klassifzierung« benutzt werden, die »dazu dienen, bestimmte Gruppen vom Zugang zu kulturellen und symbolischen Ressourcen auszuschließen« (Hall : ). Selbstverständlich lassen sich nicht alle eorien zum Rassismus entlang der Zielrichtung der Rassismusanalyse – gerichtet auf die Gemeinsamkeiten der Rassismen oder auf deren gesellschaliche Funktion – zuordnen. Insbesondere werden in einigen Analysen die beiden Perspektiven miteinander verglichen und zusammengebracht und Rassismus etwa als »verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fktiver biologischer Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers« defniert (Memmi : ; vgl. auch Hall : ; Räthzel ). Entsprechend könnten Rassismustheorien auch anders systematisiert werden, z. B. entlang der Pole psychologisch-individueller versus gesellschaftlicher Erklärungsansätze, hinsichtlich intentionaler versus struktureller Dynamiken oder aber anhand der Reichweite sehr enger Defnitionen (die den Rassenrassismus des NS erklären) versus sehr weiten (die jegliche Differenzzuschreibung als Rassismen fassen). Für die hier vorgenommene Untersuchung ist es sinnvoll, an das Analysepotential von Ansätzen anzuschließen, die Rassismus als eine soziale Praxis betrachten, »bei der körperliche Merkmale zur Klassifzierung bestimmter Bevölkerungsgruppen benutzt werden« (Hall : ) und die auf Prozesse der »Hervorhebung von Unterschieden« (Memmi : ) und der »Signifzierung« (Miles : ) fokussieren. In diesem Sinne bieten sich für eine Analyse gegenwärtiger biowissenschalicher Differenzforschungen Ansätze an, die sowohl die Inhalte und historisch sowie kulturell spezifschen Ausprägungen als auch die gesellschaftliche Funktionalität von Rassifzierungen in den Blick nehmen. Als Rah- PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 41 mung der Erörterungen dienen somit immer wieder auch eorien, die nach dem »Willen zur« und der »Legitimation von Vorherrscha« (Priester :  u. ), nach der »Erklärungs- und Rechtfertigungsideologie« (Geiss : ) und nach ihren Verknüpfungen mit der Kolonialisierung, mit Macht und Herrscha sowie schließlich mit zentralen Entwicklungen der westlichen Moderne fragen. Als Referenzpunkt einer solchen Analyse, die nach den Verwicklungen von Rassismen mit der Moderne fragt, sind Michel Foucaults Untersuchungen hilfreich, in denen er Rassismus als Teil der ›Normalisierungsgesellscha‹ fasst, deren Ziel die Regelung, Kontrolle und letztlich Steigerung des Lebens ist. Eine wichtige Grundlage für die Untersuchung biowissenschalicher Rassifzierungen bieten also jene Analysen, die qualitative Veränderungen von Rassismen in der Herausbildung der Moderne in Europa in den Fokus rücken. Diese betrachten Rassismus im Zusammenhang mit biowissenschalichen Rassekonzepten, mit der kolonialen Expansion Europas, mit der Herausbildung von Nationalstaaten und Staatsbürgerrechten, mit der Entstehung kapitalistischer Ökonomien und mit dem Wechsel von einer theologisch abgesicherten zu einer auf Natur rekurrierenden Rechtfertigungsordnung (Fanon ; Hannaford ; Kerner a; Kilomba ; Müller ; Priester ). Die hier hervorzuhebende heuristische Stärke derartiger Analyseansätze besteht darin, die Bedeutung von Rasseklassifkationen für die Legitimierung sozialer Ungleichheit ergründen zu können. So lässt sich etwa fragen, inwiefern das othering, die naturalisierende Veranderung von Personen, diese zu unterdrückbaren Subjekten macht. Können die ›Anderen‹ beherrscht, entmenschlicht, ausgebeutet und vernichtet werden, weil in der bestehenden Rechtfertigungsordnung ihre soziale Ungleichheit als biologische Differenz begründet werden kann? Einer der Ansätze, mit dem aus einer gesellschaskritischen Perspektive die Dynamiken und Funktionalitäten der Moderne in den Blick genommen werden können, ist Foucaults Analyse der Biomacht. Seine Studien bilden in den folgenden Erörterungen einen wichtigen Referenzrahmen, um etwa das produktive Verhältnis moderner Gesellschaen zu Rasseeinteilungen und Rassismus als das Gegenüber der Optimierung des Lebens fassen zu können. Foucault ermöglicht mit dem Begriff der Biomacht oder auch Biopolitik eine Schärfung des Blicks für moderne Regierungstechniken sowohl der Überwachung und Kontrolle als auch der Liberalisierung, Verschiebung von Verantwortlichkeit vom Staat auf die Individuen und der Regierung des Selbst. Ab dem . Jahrhundert ging laut Foucault mit dem ›Eintritt des Lebens in den Bereich der bewussten Kalküle‹ einher, dass neue bzw. intensivierte Praktiken der Subjektivierung, Unterwerfung und Kategorisierung entstanden, deren produktive Seite notwendigerweise auch die andere Seite des Ausschlusses, der Umgrenzung, Normierung und Eliminierung, mithin 42 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK den Tod, erzeugte (Foucault ). Rassismus versteht Foucault im Anschluss daran als das notwendige Gegenüber biopolitischen Kalküls, das vordringlich die Vermehrung des Lebens zum Ziel hat. In seinen Untersuchungen zur »Vereinnahmung des Lebens durch die Macht«, zur »Verstaatlichung des Biologischen« (Foucault : ), arbeitet er heraus, wie im . und . Jahrhundert Machttechniken entstanden, die sich auf den Körper richteten, der im doppelten Sinne, nämlich als individueller und als Gattungs-Körper, zum Zielpunkt von Regierungstechniken wurde (ebd. ). Als »Biopolitik der menschlichen Gattung« seien die Lenkung der Geburten- und Sterberaten sowie die Verbesserung der Gattung zum Bestandteil rationaler Führung geworden; die Optimierung des Lebens geriet zum Credo der Regierung. Für das Leben interessiert sich Foucault nicht etwa im Sinne eines biologischen Substrats, sondern er untersucht dieses als Korrelat historischer Formationen von Macht und Wissen. In diesem Korrelat sei auch der Tod von vornherein schon eingeschrieben, da die Feststellung des Lebens, die Heraushebung dessen aus dem Reich des Anorganischen, die Entstehung der Wissenschaen vom Leben auf Grundlage eines »Mortalismus« (Foucault / : ) vor sich gehe. Foucault hebt dabei auf die Bedeutung der Pathologie und der ›Öffnung der Leichen‹ für die Bestimmung des Lebens ab, geht aber darüber hinaus, indem er ein in den Lebenswissenschaften verortetes »fundamentales Band zwischen dem Leben und dem Tod« (ebd.) sieht. Seit dem . Jahrhundert defnierten die Lebenswissenschaen das Leben über seine grundlegenden Prozesse der Ernährung und Atmung, also über die Zusammenführung von toter Materie und Organischem. In der Konzeption des Tieres verkörpere sich genau diese Manifestation des Lebens, es »erscheint als Träger jenes Todes« indem »[e]s tötet, weil es lebt« (Foucault : ). Die Bestimmung des Lebens in Relation zum Tod grei Foucault in seinen Analysen der modernen Regierungskünste auf. So folgert er, dass mit der Politisierung des Gattungswesens Mensch in Form eines auf den Volkskörper gerichteten Verbesserungsgebots notwendigerweise zugleich ein »Staatsrassismus« als Gegenüber entstanden sei. Mit dem Aufkommen der Biomacht ziehe nicht nur das Leben, sondern mit ihm auch der Tod, »der Rassismus in die Mechanismen des Staates ein«. Dieser werde notwendig, um Gruppen innerhalb der menschlichen Spezies gegeneinander zu differenzieren und zu hierarchisieren sowie den »Tod des Anderen […], der bösen Rasse, der niederen (oder degenerierten oder anormalen) Rasse« in Kauf zu nehmen, um »das Leben im allgemeinen […] gesünder und reiner« zu machen (ebd.:  u. ). Fortan obliege es dem Rassismus, eine Zäsur innerhalb des biologischen Kontinuums vorzunehmen, mit der die Verbesserungsfähigen von den Aussätzigen, Kranken, Minderwertigen, Anormalen und damit Gefährlichen zu unterscheiden sind, bevor sich (und hier wird die Verbindung PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 43 mit einer Theorie der Vererbung bedeutsam) diese Eigenschaften fortpfanzten und zu einer Degeneration der Gattung führten. Foucaults Bestimmung von Rassismus als notwendige Bedingung der Biomacht für die »Akzeptanz des Tötens in einer Normalisierungsgesellschaft« (ebd.: ) bietet eine Ausgangsbasis, mit der moderne Gesellschaften und deren lebenswissenschaftliche Konzeption von Rasse in den Blick genommen werden können. Mit der Akzeptanz des Tötens ist von Foucault nicht lediglich der direkte Mord gemeint, sondern jener Gegensatz der Steigerung, Privilegierung und Bevorzugung, der sich ausdrückt in der Bereitscha, »jemanden der Gefahr des Todes auszuliefern«, das Risiko, den politischen Tod, Vertreibung, Abschiebung usw. zu erhöhen also dem ›sozialen Tod‹ auszuliefern (ebd: ). Aber statt mit diesem Ansatz immer schon zu wissen, welche Rolle und Funktion Rassemodelle einnehmen können und müssen, soll mit ihm vielmehr nach dem Verhältnis zwischen heutigen Rassifzierungen und biopolitischen Anforderungen gefragt sowie aktuelle Reaktivierungen und Erneuerungen von Rasse als fortwährende biologische Wahrheit in den Blick genommen werden. Als Leitfaden für diese Perspektivierung dienen die folgenden Fragen: Wie sind also die Wissenschaen vom Leben mit einer Macht verbündet, die das Leben in Beschlag nimmt? Welche sozialen und politischen Folgen zeitigt ein Diskurs, der sich medizinisch, biologisch und in den letzten Jahrzehnten vor allem genetisch formiert, wenn er menschliche Differenz entlang gesellschalicher Stratifzierungslinien reproduziert? Welche Wirkung besitzen Aussagen zur Wahrheit über Rassen, die in den Praktiken und Interpretationen der Differenzforschung produziert werden? Die Lebenswissenschaften nehmen derzeit, besonders mit der Wissensproduktion der Genetik, eine Rolle als Leitwissenschaft 21 ein, wodurch ihre Narrative für viele über den Bereich der Wissenschaft hinausgehende gesellschaftliche Bereiche organisierende und formierende Kraft erzeugen. Entsprechend dieser Vorrangstellung lebenswissenschalicher Aussagen über das Sein, über die Bedingtheiten lebender Materie und biologische Prädispositionen des Menschen liegt es zunächst nahe, dass sich auch Rassismen solcher Diskurse zur Ontologie des Lebens bedienen müssen, um nicht als überholt zu gelten oder gar widerlegt zu werden. Rassismus bedarf, dass muss klargestellt werden, nicht unbedingt eines biologischen Konstrukts, um Menschen zu kategorisieren und zu hierarchisieren. Aber die biowissenschalichen, naturalisierten Konzepte von Rasse hatten historisch eine bedeutungsvolle Rolle, und biologische Modelle zeitigen auch heute weitreichende Effekte für gesellschaliche Teilungspraxen. Kulturalisierende Konzepte bestehen bisher gerade in einer – nicht stets expliziten – Verwicklung mit naturalisierten 21 Die Funktion der Leitwissenscha ist ausführlicher Gegenstand unter »Die Ära der Genetik« im Kapitel »Genetifzierung«. 44 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK biologischen Ansätzen. »Rassismus ohne Rassen« (Balibar : ) ist entsprechend kein neues Phänomen, da kulturelle und soziale Merkmale seit Beginn moderner Teilungen in die Konstruktion kategorialer Differenz eingewoben sind, und auch heutige Ausprägungen kultureller und sozialer Gruppenzuordnungen rekurrieren vielfach auf biologische Signifkationen wie Hautfarbe, Physiognomie, Haare, Augen etc. Ob biowissenschaliche Differenzforschungen deshalb rassistisch sind, ist damit allerdings nicht abschließend zu klären. Hinderlich ist für das Verständnis der derzeitigen Rassifzierungen zudem, dass sich viele Debatten zu Rassismus um die Intentionalität (Ist der Rassist bewusst oder strukturell rassistisch?) und um Werturteile (Ist schon die Einteilung von Menschen in Gruppen oder erst die hierarchisierende Wertung einer gruppenbezogenen Differenz rassistisch?) drehen. Die gesellschalichen Dimensionen, sozialen Hintergründe und Effekte biowissenschalicher Differenzforschung sind mit derartigen Auseinandersetzungen kaum zu erhellen. Gerade zeitgenössische Rassifzierungen sind – wie sich im Weiteren zeigen wird – dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht mehr vorrangig für den Beweis der Minderwertigkeit der ›Anderen‹ oder zur Erzeugung von Ungleichheiten verwendet werden. Entsprechend wäre die Beschreibung heutiger biowissenschalicher Konzeptionen als »Wissenschalicher Rassismus« zwar prononciert, in Bezug auf die Unterschiede zu wissenschaftlichen Rassekonzeptionen des . und der ersten Häle des . Jahrhunderts aber undifferenziert und entsprechend ineffektiv in ihrer kritischen Schärfe. Neben einigen eben angerissenen rassismustheoretischen Unzulänglichkeiten erschwert zudem der Rassismusbegriff mit seinen differenten Bedeutungen die Beantwortung derartiger Fragen. Zu einer Klärung von rassistischen Verhältnissen jenseits von nazistischen Ideologien, diskriminierenden Aussagen und gewalttätigen Angriffen sind viele Rassismustheorien nur begrenzt einsetzbar. Hintergrund dieser Begrenzung ist über die schon beschriebene marginale Stellung der Rassismustheorie im Kanon der Sozialwissenschaen hinaus, dass der Begriff »Rassismus« lange Zeit auch in den kritischen Analysen umstritten war. Befürchtet wurde, dass sein Gebrauch auch die Behauptung einer Existenz von Rassen verfestigen könne. Überdies schien er vielen – nicht nur im deutschsprachigen Kontext – mit dem Rassenrassismus des Nationalsozialismus semantisch verknüp und entsprechend nicht für aktuelle Gesellschasanalysen und -kritiken verwendbar. Aus eben diesem Grund benutzte z. B. die Frankfurter Schule den Begriff zunächst nicht, und deshalb dauerte es noch bis in die er Jahre, bis er sich im deutschsprachigen Raum nach umfangreichen Debatten allmählich etablierte (Demirović ; Räthzel ). PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 45 Es steckt also eine Problematik im Diskurs um Rassismus, welche die Verwendung des Begriffs für eine Untersuchung der Formen, Veränderungen und Kontinuitäten von Rasse in der Ära der Genetik kompliziert macht. Das heißt keinesfalls, dass die Bezeichnung in Bezug auf die hier vorgenommene Untersuchung nicht sinnvoll wäre und schon gar nicht, dass dem Rassismusbegriff entsagt werden sollte – im Gegenteil. Jedoch bietet sich als analytische Perspektive der hier schon mehrfach verwendete Begriff Rassifzierung an. Dieser ermöglicht es, von den inhaltlichen Debatten über die Einordnung spezifscher Individuen, Aussagen, Behauptungen, eorien und Meinungen als rassistisch oder nicht abzusehen und darüber hinaus die verschiedenen Prozesse der Rassifzierung, die Dynamiken und Wirkungen mit in die Analyse einzubeziehen (vgl. Rattansi : ). Als analytische Bezeichnung, der in Relation zu Rassismus steht, dient der Begriff Rassifizierung 22 dazu, die Praxen der Unterscheidung, hier vor allem die vielfältigen Prozesse der wissenschaftlichen Herstellung von Rassen, zu ergründen. Das Gemachtsein von Rassen wird mit diesem Terminus am deutlichsten, aber auch der Begriff Rassismus enthält diese konstruktivistische Bedeutung, da er eine soziale Strukturdimension beschreibt, die als Verhältnis sowohl auf das Verhalten einzelner Individuen wirkt, als auch institutionell spezifsche Ungleichheit und Ungerechtigkeit erzeugt. Der Begriff Rassismus prononciert somit einen doppelten Einspruch gegen die Konstruktion von Rasse und gegen die damit verbundenen Hierarchisierungen und Beschädigungen. Rasse, Rassifzierung und Rassismus sind hier also immer mit dem Fokus auf ihre Prozesshaftigkeit, auf ihr Gewordensein und bisher währendes Werden zu verstehen. Wenn Rassismus also (und darin stimmen alle theoretischen Ansätze überein) ein Versuch ist, gesellschaliche Teilungen zu rechtfertigen, Attribute von Menschen entlang von Gruppenzugehörigkeiten zu ordnen und die Unmöglichkeit der Überwindung dieser Grenzen zu behaupten, dann dient die Untersuchung von Prozessen der Rassifzierung dazu, den ›Erfolg‹ jener Versuche, die Formen ihrer Argumentation, ihre Mittel zur Autorisierung und ihre Wirkungen sichtbar zu machen und zu kritisieren. Für ein Verständnis von Rasse in der Relation Wissenscha–Gesellscha ist es somit notwendig, der Wissensproduktion in den 22 Zur Untersuchung wurden in der internationalen Rassismustheorie Begriffe wie »racial formation« (Omi/Winant ), »racialisation« (Miles ), »race creation« (Goldberg ) oder »fabrication of race« (Jacobson ) gesprochen. Am gebräuchlichsten sind die Begriffe »raciation« und »racialization« (vgl. Miles ; Hannaford : ; Hund : ). Im deutschen Sprachraum werden entweder Begriffe wie »Rassenkonstruktion«, etwa in der Übersetzung von Miles , verwendet oder Rassialisierung bzw. Rassifzierung übernommen. Während Rassialisierung sich an den englischen Begriff anlehnt und analog zu Ethnisierung steht (vgl. Arndt ), grei Rassifzierung eine Konnontation des lateinischen fcare machen, tun auf. 46 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Biowissenschaen zu folgen. Hierfür bedarf es aber zunächst der Klärung des Instrumentariums zum Umgang mit Veränderung und Konstanz des Wissensfeldes rassifzierender Differenzforschung. Nichts ist wie es bleibt: Zur Fassung von (Dis)Kontinuitäten Der Gates-Fall machte deutlich, wie rassifzierende Zuweisungen in einem Konglomerat aus biologischen Deutungen physischer Marker, sozialen und politischen Bedeutungen sowie Status- und Privilegienzuweisungen erzeugt werden. Weitere aktuelle Thematisierungen biologischer Rassekonzepte wie die von James Watson, einem der bekanntesten Genetiker, zu angeblichen Intelligenzunterschieden von Schwarzen und Weißen (siehe Kapitel »Analytik rassifzierender Gesellschaen«) oder jenen von ilo Sarrazin machen eine kritische Analyse gegenwärtiger lebenswissenschalicher Differenzkonzepte kaum leichter. Zwar besteht in Bezug auf völkische und intentional rassistische Rassekonzepte ein Repertoire an sozial- und politikwissenschalichen Analyseansätzen, die auch deren Skandalisierung ermöglichen. Für ein Verstehen und Bewerten neuer ematisierungen von Rasse in den Lebenswissenschaen lassen sich diese Analysemittel aber höchstens beschränkt einsetzen. Reformulierungen rassifzierender Differenzkategorien, wie sie im Human Genome Diversity Project, bei genetischen Abstammungsanalysen, oder in forensischen, medizinischen und pharmakologischen Forschungen Anwendung fnden, (siehe Kapitel »Rasse in der Post/Genomik«) sind omals gerade durch die Inklusion von Kritik gekennzeichnet. Die Ambivalenz und Komplexität aktueller Rassifzierungen zeigt sich an der schon ausgeführten gleichzeitig bestehenden Überzeugung von der »biologischen Bedeutungslosigkeit«, »genetischen Widerlegtheit«, mithin vom ›Ende biologischer Rassekonzepte‹ und dem Urteil jener, die eine Zunahme und Ausweitung bzw. ein Wiederauferstehen, eine Renaissance der Rasseforschung festzustellen meinen. Die divergierenden Einschätzungen zur Aktualität von Rasse erzeugen natürlich Fragen nach der Richtigkeit bzw. Angemessenheit der jeweiligen Zeitdiagnosen. Welche Analyse tri die Realität am genausten? Welche Rolle spielen Rassekonzeptionen derzeit tatsächlich in den Lebenswissenschaen? Wird in den Wissenschaen ein neues Rasseverständnis konzipiert oder sind die Entwicklungen besser als Veränderungen zu verstehen, in denen es zur Absage an Rasse bzw. mindestens zu grundlegenden Veränderungen des Verständnisses von biologischer Differenz kommt? Zu fragen ist auch, warum aktuell derart gegensätzliche Einschätzungen formuliert werden. Was macht biowissenschaliche Differenzfor- PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 47 schungen so speziell, dass sie offensichtlich nicht einfach in den bekannten Bildern von Kontinuität, Brüchen oder Veränderungen beschreiben werden können? Für die hier vorgenommenen Erörterungen wäre es möglich, sich auf eine Seite der bestehenden Interpretationen – der Erklärung vom Ende oder der Erneuerung der Rasseforschung – zu schlagen und dann zu versuchen, die ›Richtigkeit‹ dieser jeweiligen Position nachzuweisen. Denkbar wäre auch, beide Positionen auf ihre Vor- und Nachteile, ihre Einsichten und Blindstellen hin zu überprüfen, um schließlich eine mittlere bzw. vermittelnde Position einzunehmen. Erörterungen im Feld der Wissenschaftsforschung und Wissenschaftsgeschichte wählen üblicherweise chronologie-fokussierte Darstellungen, in denen entweder wissenschaftlichen und politischen Institutionen gefolgt wird oder aber entlang einzelner Akteure die Tradierung des Untersuchungsgegenstandes und der mit ihm verbundenen eorien, Ideen und technischen Möglichkeiten erörtert werden (so etwa Kay ; Kröner ). Vor allem angesichts der Beobachtung, dass die aktuellen Thematisierungen von Rasse mehrere Interpretationen und mit diesen verknüpfte politische Einschätzungen ermöglichen, scheint ein Instrumentarium angebracht zu sein, welches Dynamiken und Veränderungen als ambivalente Prozesse erfassbar macht. Statt etwa akteurszentrierte oder allzu starre strukturfunktionalistische Modelle in Anwendung zu bringen, bieten sich mit der zusätzliche Fragerichtung nach den Gründen vielmehr kontextualisierende interaktionistische und praxeologische Analyseansätze an. Im Folgenden geht es somit darum, sowohl rassifzierende Differenzkonzepte zu beschreiben, als auch den aufgeworfenen Fragen nach Kontinuitäten, Veränderungen und Brüchen zu folgen. Als Bearbeitungsmittel dient dabei ein soziologisches Verständnis, mit dem Rasse als konstitutiv wandelbares Konzept in den Blick genommen wird. Zugegebenermaßen mutet Wandelbarkeit als Konstitutivum von Rasse zunächst paradox an, da sich lebenswissenschaliche Forschungen zu Rasse doch scheinbar gerade mit den stabilen, in den jeweiligen Menschengruppen gleich geblieben biologischen und insbesondere genetischen Merkmalen beschäftigen. Die Natur biowissenschaftlicher Rassekonzepte soll ja gerade in deren Statik bestehen, d. h. in der Annahme, dass Rasse den kulturellen Wandlungsprozessen nicht (oder kaum) unterliege. In der historischen Perspektive wird jedoch deutlich, dass Rassekonzepte seit ihrer Verwissenschalichung und insbesondere seit ihrer Genetifzierung vielfältigen Veränderungen unterlagen. Entsprechend bedarf es einer Analyse, die jene stetigen Veränderungen der als konstant konzipierten rassischen Differenz in den Blick nimmt. Zu untersuchen ist, aus welchem Grund und in welcher Weise die lebenswissenschaftliche Ordnung der Menschen ständigen Wandlungen unterliegt und wie die jeweiligen Konzepte mit einer statischen Kultur kategorialer Unterscheidung zusammenhängen. Die Wandelbarkeit rassi- 48 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK fzierter Differenzkonzepte darf dabei nicht als eine Kontinuitäten negierende Erneuerung missverstanden werden. Vielmehr besteht ein Kopplungsverhältnis zwischen beiden, indem der Neuerungsdrang eine beständige Rekonzeptualisierung von Rasse als biowissenschaliches Objekt produziert. Entgegen dem üblichen Verständnis von Kontinuität als etwas substanziell Unverändertem, das entlang einer Zeitlinie gleich bleibt, ist ein naiv statisches Verständnis in Bezug auf wissenschaliche Konzepte und im Besonderen auf Rasse kaum sinnvoll. Konzeptualisierungen unterliegen schließlich in wissenschalichen Praktiken einer immerwährenden Reinterpretation. Konstanz und Kontinuität von Konzepten entstehen somit erst in einer stetigen Neukonfguration unter zeitlich, örtlich und kontextuell wechselnden Bedingungen. Kontinuität ist also immer nur in Relation zu prinzipiell nichtstatischen Bedingungen sozialer Prozesse zu verstehen. Kurz gesagt ist Kontinuität ein Interpretationsergebnis, dessen konstanter Gehalt erst durch variierende Bedingungen und diese Bedingungen und Gehalte vergleichende Analysen erfasst werden kann. Leider wird in vielen bestehenden Analysen und Kritiken zu Rasse nicht von einem analytisch differenzierenden Verständnis von Kontinuitäten ausgegangen, sondern stattdessen eher punktuell etwa der Fortbestand von Ideologien, mit denen eugenische, nazistische oder völkische Verständnisse in Rassenbegriffe tradiert werden, untersucht. Derartig pragmatisch vorgenommene Bewertungen geraten allerdings bei populations- und molekulargenetischen Rassekonzeptionen und umso mehr unter den Bedingungen der Genomik und Postgenomik an ihre Grenzen. Besonders mit den seit während des Zweiten Weltkriegs wirkmächtig formulierten Infragestellungen biologischer Rassekonzeptionen und den in den letzten Jahrzehnten auch innerhalb der Lebenswissenschaften formulierten Absagen an rassische Einteilungen der Menschheit scheinen Weiterführungen von biologischen Rasseverständnissen nunmehr nur unter der Bedingung entschiedener konzeptioneller Veränderungen und Implementationen der Kritiken möglich zu sein. 23 Die sehr unterschiedlichen Einschätzungen zum Stand gegenwärtiger Rassifzierungen resultieren somit – so ist zu resümieren – vor allem in jeweils sehr unterschiedlichen Verständnissen von Kontinuität. Für die Erklärung aktueller Entwicklungen rassifzierter Konzepte ist es deshalb notwendig, statt den Disziplinen, einzelnen Akteuren oder Institutionen zu folgen, vielmehr auf die Dynamiken – also kontingente Bedingungen, nichtdeterminierte Wirkungen, Bewegungen, Verschiebungen – in mehreren Disziplinen, verschiedenen wissenschaftlichen Feldern und an unterschiedlichen Gegenständen zu fokussieren. Somit gilt es, die Modernisierungen von Rasse aus möglichst vielen Perspektiven in Relation zu politischen und Alltags-Thematisierungen zu betrachten. 23 Siehe hierzu auch die Ausführungen im Kapitel »Analytik rassifzierender Gesellschaen«. PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 49 Zur Debatte steht in der Rekonstruktion rassifzierender Differenzforschung deshalb auch, wie Dis/Kontinuitäten von wissenschaftlichen Konzeptualisierungen, Forschungspraxen und deren Verwobenheit mit sozialpolitischen Kontexten erfasst werden können. Als fehlenden Teil der hierfür notwendigen Grundlagen und Perspektiven bedarf es noch einer Klärung semantischer Aspekte. Begriffe und Semantiken »Rasse ist ein böses Wort«, pointiert der Sozialwissenschaler Paul Mecheril: »es sticht, es tut weh, kein anderes Zeichen, das besser paßte«, um die Realität rassistischer Ordnung zu benennen und deren Hierarchie und Gewalttätigkeit nicht zu unterschlagen (: ). »Rasse« – um diesen gewaltvollen Begriff, der in der vorliegenden Arbeit im Zentrum steht, kreisen alle hier vorgenommenen ematisierungen, Problematisierungen, Analysen und Kritiken. An ihn heften sich die hier verhandelten Fragen nach seiner Aktualität in den Lebenswissenschaften, nach seiner Persistenz trotz vielfältiger Einwände und nach seinen konzeptionellen Veränderungen. Unübersehbar ist, dass dieser Terminus in verschiedenen Kontexten sehr unterschiedliche Bedeutungen hat. Aus den Erörterungen zu Rassismustheorien, der Geschichte und Modernisierung von Rassekonzepten sowie der Soziologie von Rassifzierung und Rassismus wird deutlich, dass er in unterschiedlichen Disziplinen als beschreibender, als politischer und als skandalisierender Begriff verwendet wird. Die offensichtliche Unmöglichkeit einer beständigen und klaren Defnition hat ihn auch historisch außerordentlich wandelbar gemacht. Diese Unklarheit bestärkte den Gebrauch des Begriffs eher, als ihn zu beschränken, seine Offenheit für allerlei soziale und politische Zuschreibungen hat ihn schließlich zur Kategorie einer der zentralen Teilungsdimensionen der westlichen Moderne werden lassen und nach wie vor zirkuliert er sowohl im Alltagswissen als auch in biowissenschalichen Disziplinen. Darüber hinaus fndet er sich aber auch in postkolonialen Interventionen und kritischen Studien zu Weiß-Sein, in sozialwissenschalichen Analysen zur Benennung von rassifzierten und rassistischen sowie zur Benennung und Bekämpfung von (de-)privilegierenden Strukturen bis hin zu juristischen Einlassungen zur Gleichstellungsgesetzgebung. Trotz seines Alters ist Rasse ein äußerst unklarer Begriff: Was bezeichnet er? Eine Menschengruppe? Wozu? Ist der Begriff Ergebnis oder Ursache sozialer Teilungspraktiken, von Ungleichbehandlung, Unterdrückung, Ausbeutung und Exklusion? Repräsentiert Rasse die mörderische Seite der europäischen Moderne, des Kolonialismus, Kapitalismus und der fortbestehenden Segregation sozialer Gruppen? Rasse ist umstritten, gerade weil der Begriff sticht, weil er verletzt, weil er 50 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK ein beschädigender und herrschalicher Begriff ist. Und weil er trotz seines so umfangreichen Bedeutungsgehaltes für viele Gebrauchsweisen nicht richtig passt. Insbesondere in den emanzipativen Debatten und Kämpfen erscheint dieser Begriff o unzureichend und ambivalent. Anschaulich wird dies unter anderem in der Äußerung ›Rassen gibt es nicht!‹ Diese wird vielstimmig konstatiert, ist aber nahezu kontrafaktisch mit einer Gesellschaft konfrontiert, die nach Rassen unterteilt und damit verkoppelter Diskriminierungen, Angriffe und Missachtungen ausübt. Mithin gibt es gute Argumente sowohl für, als auch gegen die Verabschiedung des Rassebegriffs. Schon der Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld meinte , dass »wir gewiß gut daran täten, den Ausdruck ›Rasse‹ zu streichen« (: ), da er Differenzen zwischen Menschen behaupte, die inakzeptable Wirkungen hätten. Seitdem gab es vielfältige Versuche, den Begriff durch andere wie etwa »Ethnizität« zu ersetzen oder aber ihn durch analytische Vokabeln und Konzepte wie »Rassismus« und »Rassifzierung« abzulösen, die der Behauptung von Rassen widersprechen und zugleich rassistische Verhältnisse kritisieren (siehe UNESCO : ). Doch trotz aller Kritik persistiert der Begriff in alltagsweltlichen ebenso wie in bio- und sozialwissenschalichen Debatten und Praxen. Dem Hinweis von Mecheril – dass Rasse ein böses, aber passendes Wort sei – ist somit zuzustimmen: Kein anderer Begriff vermag bisher so deutlich auszudrücken, welche Probleme Segregation anhand von Konzepten wie Herkun, Abstammung und physischer Marker erzeugt. Rasse sticht, das Wort tut weh, aber es bezeichnet etwas, dessen adäquate Bezeichnung für eine Analyse dieser Situation unabdingbar und für eine Überwindung dieser Verhältnisse notwendig erscheint. Auch in dieser Untersuchung geht es um eine solche Benennung und damit Sichtbarmachung, nämlich jener Bereiche der Lebenswissenschaen, die aktuell mit Rassemodellen hantieren, rassifzierende Forschungen betreiben sowie Rasse als wissenschaliches Konzept entwickeln und modernisieren. Dem Rassebegriff wird also in dieser Arbeit ein analytischer Wert zugesprochen, mit dem die Brisanz lebenswissenschaftlicher Forschungen zu biologisch-hereditären Gruppenzugehörigkeiten verdeutlicht wird. Bei aller Unklarheit aufgrund seiner Bedeutungsvielfalt besticht der Begriff dennoch aufgrund dessen, dass er eben kein rein beschreibender, analytischer oder gar abstrakter ist. Neben der heuristischen und skandalisierenden Anwendung des Begriffs geht es im fünen Kapitel zur »Analytik rassifzierender Gesellschaen« auch um eine Erörterung der Auseinandersetzung um Potentiale und Gefahren des sozialwissenschalichen Gebrauchs des Rassebegriffs und seines englischen Pendants race. Rasse (und ebenso race) nehmen somit auch in dieser Arbeit mehrere Bedeutungen und Funktionen an, die im Kontext der weiteren Erörterungen deutlich werden. Der hauptsächliche Zweck der Verwendung des Begriffs liegt dabei in der Heraus- PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 51 stellung seines problematischen biologistischen und kategorialen Bedeutungsgehaltes. Rasse dient in dieser Untersuchung zuallererst als Bezeichnung für jene Unterscheidungen menschlicher Gruppen anhand biologischer Merkmale, die mit erblicher Stabilität und geographischer Herkun verknüp wurden. Entsprechend ist er zum einen ein Diskurszitat aus lebenswissenschalichen Konzepten mit einem biologischen Sinngehalt. Zum anderen dient er als kritische Analysekategorie, mit der die soziale Bedeutungszuweisung – in diesem Fall die biowissenschaftliche Produktion von rassifzierter Differenz – kenntlich gemacht werden kann. Kurz gesagt: Rasse ist als durch Rassifzierung und Rassismus hervorgebrachte soziale Kategorie zu verstehen. Der Begriff benennt also die Ergebnisse wirkmächtiger gesellschalicher Prozesse der Teilung und Zuweisung und macht deren Realitäten beschreibbar und analysierbar. Um das soziale Hergestelltsein in Schriform zu verdeutlichen, existieren verschiedene Vorschläge. Die meisten kritischen und antirassistischen Auseinandersetzungen im deutschsprachigen Raum setzen den Begriff Rasse in doppelte oder einfache Anführungszeichen. Andere, vor allem sich auf postkoloniale und Critical Race Studies beziehende Publikationen verwenden die englische Vokabel race, da diese – gegenüber dem deutschen Begriff Rasse – einen haltbareren sozialen, kulturellen und politischen Bedeutungsgehalt habe (vgl. bspw. Arndt ; Arndt/Hornscheidt b; Tischleder ; vgl. auch U.S. Census Bureau ). Analog zum englischen Begriff gender, der zur Verdeutlichung der sozialen Dimensionen von Geschlecht auch in der deutschen Wissenschaftssprache etabliert wurde, wird mitunter geho, eine solche Begriffstransformation auch für »Race« vornehmen zu können (vgl. Arndt ; Dietze et al. b). Weitere Autorˍinnen kritisieren dagegen den Gebrauch des Begriffs race wegen seiner nach wie vor immanenten »Naturalisierungsanfälligkeit« und der konstitutiv mit ihm verbundenen Rekurse auf körperliche und vermeintlich natürliche Evidenzen, wodurch unproblematische Bezugnahmen auf race ebenso wie auf Rasse nicht möglich seien (Kerner b). Der Begriff beinhalte die »Gefahr der Verharmlosung«, da »Race als einen kritischen Terminus zu deklarieren«, die in ihm steckenden Ambivalenzen verwische und eine Neutralität suggeriere, die er niemals besessen habe (Wollrad ). In den deutschsprachigen sozialwissenschaftlichen Untersuchungen und Interventionen, in denen der Begriff Rasse als Analysekategorie oder deskriptiver Terminus verwendet wird, sind weder der Gebrauch noch die Schreibung einheitlich. Zwar überwiegt die Verwendung von Anführungszeichen, aber ohne eine allgemeine Einigkeit. So kritisiert etwa die feministische Philosophin Cornelia Klinger neben terminologischen Ausweichmanövern wie der Verwendung der Begriffe Ethnie/Ethnizität statt Rasse auch die Verwendung von Anführungszei- 52 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK chen, da diese »bloß kosmetischen Wert« hätten und lediglich geeignet seien, die »zugrunde liegenden sachlichen Härten sprachlich zu mildern und zu vertuschen« 24 (: ). Manche Sozialwissenschalerˍinnen argumentieren ähnlich, wenn sie die Strukturkategorie Rasse als »enorm wirksam« und »Tag für Tag verantwortlich für großes Leid« ausweisen und fragen: »Wieso sollten wir diesen brutalen Begriff mit Anführungszeichen relativieren und damit banalisieren?« (Winker/Degele : ; vgl. Degele : ). Die Soziologin Manuela Boatcă problematisiert darüber hinausgehend die paradoxe Situation, in der sich die Phänomene wie Rassismus und soziale Prozesse wie Rassifzierung scheinbar gegenstandslos ereignen, da ihre Grundkategorie unaussprechlich bleibe. Als Effekt dieser scheinbaren Unausprechlichkeit sei der Begriff »Rasse« im deutschsprachigen Diskurs unterthematisiert und untertheoretisiert (Boatcă : ). Einige Sozialwissenschalerˍinnen andere verwenden die Schreibung ohne Markierungen, begründen dies aber nicht weiter, sondern weisen den Begriff inhaltlich als soziale Konstruktion, politische Kategorie oder als Strukturbegriff aus (Becker ; Bös ; Geulen , ). Vorherrschend ist im Deutschen jedoch die Schreibung in Anführungsstrichen, die von Hirschfeld bereits Mitte der er Jahre vorgeschlagen wurde, »um zu zeigen«, dass das Wort und Konzept »fragwürdig sind« (Hirschfeld : ). Von antirassistischen Arbeiten nach dem Zweiten Weltkrieg bis Ende der er Jahre wurde der Rassebegriff zumeist nicht als analytische Kategorie gefüllt und entsprechend vermieden oder lediglich historisch gebraucht. 25 In Referenz auf kritische Texte, insbesondere der Cultural Studies etablierte sich ab Anfang der er Jahre auch im Deutschen die Schreibung in Anführungsstriche als Abgrenzung zur biologischen/biologisierenden Bedeutung. Dies erfolgte auch aufgrund eines »Übersetzungsproblems« die bei der Übertragung etwa von Texten Stuart Halls oder Étienne Balibars auraten. So wurden auch Texte, in denen im Original race ohne Hervorhebung Verwendung fand, im Deutschen mit doppelten oder einfachen Anführungsstrichen versehen (Hall , ). 26 Später kamen noch die Kursivschreibung sowie die Beibehaltung der englischen Vokabel hinzu. 24 In späteren Publikationen ändert Klinger diese Ansicht wieder. So verwendet sie in einem Text von  wieder Anführungsstriche (Klinger/Knapp ), während sie in einer Publikation von  (bis auf eine Ausnahme) wieder verschwunden sind (Klinger/Knapp ; Knapp a). 25 Ein analytischer Gebrauch von Rasse ohne Anführungsstreiche fndet sich beispielsweise in Hannah Arendts »Elemente und Ursprünge totaler Herrscha (). 26 Das ›Übersetzungsproblem‹ besteht nach wie vor, wie etwa eine Übersetzerin ausführt, dass im Deutschen »im Allgemeinen in einem beinahe automatisierten Refex mit der Setzung obligater Anführungszeichen« auf die Schwierigkeiten mit dem Begriff reagiert werde (In: Mbembe : ). PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 53 Aktuell wird im Kontext kritischer Arbeiten mit Bezugnahmen auf postkoloniale Ansätze der critical race- und critical whiteness-Analysen, ›Rasse‹ üblicherweise mit einfachen Zeichen ausgewiesen (vgl. z. B. Eggers et al. ; El-Tayeb ; Dietze et al. a; Ha ; Hutson , ). Angelehnt wird sich dabei zumeist an die Schreibweisen in vielen (linken) englischsprachigen Publikationen, in denen eine Apostrophierung von ’race’ vorgenommen wird (z. B. Gissis ; Gilroy ; Kilomba ; Miles ; Reardon ; Wade  27). In einigen Texten versuchen die Autorˍinnen mit einer Unterscheidung zwischen einem in doppelte Anführungszeichen zu setzenden Diskurszitat »Rasse« und der kritischen Analysekategorie ›Rasse‹, die in Ermangelung eines besseren Begriffs mit einfachen Anführungsstrichen als problematisch gekennzeichnet werde, die Schwierigkeiten des Begriffs differenzierter zu kennzeichnen (AG gegen Rassismus in den Lebenswissenschaen : ), oder sie setzen Rasse in der biologistisch konstruierten Bedeutung von der kursiv gesetzten kritischen Wissens- und Analysekategorie Rasse ab (Solomos ; Eggers et al. :  f.). Wieder andere sprechem dem Begriff grundsätzlich einen analytischen Status ab und schreiben ihn aus diesem Grund in Anführungszeichen, da »Rasse« nicht zugleich Objekt und konzeptuelles Werkzeug der Analyse, explanandum und explanans, sondern nur ein zu konstruierendes Objekt sein könne (Wacquant : ; vgl. auch ). Auffällig ist, dass es vielmals dieser »diskurstechnischen Absicherungen« (Ha : ) bedarf, um herauszustellen, dass es keine menschlichen Rassen gebe (Arndt : ) oder um zu betonen, dass es sich um eine »soziale Konstruktion«, um das »Ergebnis gesellschaftlicher Bedeutungszuweisung« handele (Dietze et al. b: ). Beachtenswert erscheint, dass Rasse bisher zumeist dieser zusätzlichen Zeichen bedarf, während andere Begriffe als wissenschaliche Termini (wie etwa Geschlecht, Sexualität, Körper etc. 28) ohne derartige institutionalisierte Disclaimer auskommen. Aber Rasse ist keinesfalls der einzige Begriff, dem spezielle Markierungen zugewiesen werden. Vor allem im Kontext poststrukturalistischer eorieansätze existiert eine Reihe semantisch orientierter und repräsentationskritischer Ausweisungen, mit denen etwa der politische Gehalt von Begriffen wie Schwarz sowie die »Konstruktionshaigkeit« der Bezeichnung weiß durch Kursivsetzung oder Großschreibung dieser Adjektive hervorgehoben wird (Arndt/ Ofuatey-Alazard ; Arndt/Hornscheidt a; Eggers et al. : ; Wollrad : ). Andere Begriffe werden mit Sternchen * oder Unterstrich ˍ versehen, 27 In seinem gleichnamigen, aber neun Jahre später erschienen Buch setzt Wade nur noch selten Anführungsstriche (:  ff.). 28 Diese Unterscheidung fndet bisweilen sogar in einem direkten Zusammenhang statt. So schreiben etwa Dietze et al. »Analog zu unserem Verständnis von Gender begreifen wir auch ›Rasse‹ als Ergebnis gesellschalicher Bedeutungszuweisung« (: ). 54 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK um Repräsentationsräume schrisprachlich sichtbar zu machen (sˍhe ; Hermann ; Baumgartinger ; sowie verschiedene Beiträge in NdukaAgwu/Hornscheidt ). Neben der Problematisierung und Distanzierung, die mit den Anführungszeichen vorgenommen werden, gibt es noch eine weitere Funktion, nämlich die noch nicht ausreichende wissenschalich-analytische Etablierung einer Bezeichnung anzuzeigen. Eine solche Markierung wird insbesondere bei wissenschalichen Begriffen vorgenommen, die sich im Übergang von einem Alltagsgebrauch in wissenschaliche Kontexte befnden. Diese ›szientifsche Aneignung‹ wird zunächst durch das In-Anführungszeichen-Setzen vorgenommen (vgl. Bachelard :  f.) 29. Wieder weggelassen werden diese Zeichen dann, wenn die Übersetzung des umgangssprachlichen Begriffs in eine wissenschaftliche Sinngebung vollzogen wurde. Entsprechend ist »Rasse« etwa in Max Webers Ausführungen zur »Rassenzugehörigkeit« in seinem Werk »Wirtscha und Gesellscha« () zunächst in Anführungsstrichen gesetzt und wird im Weiteren von ihm ohne diese verwendet. Dieser »Bruch«, diese »Reform des Wissens«, die der Philosoph Gaston Bachelard in Bezug auf die Verwissenschalichung von Begriffen beschreibt, konnte mit dem Wort »Rasse« bisher anscheinend nicht wirklich vollzogen werden. Rasse steht also – so lässt sich an dieser Stelle zunächst resümieren – für die Behauptung einer »ultimativen, nicht reduzierbaren Differenz« zwischen Menschengruppen (Gates : ), als eines Produkts darauf beruhender vielfältiger Praktiken der Kategorisierung und Zuweisung vermeintlicher Andersheit, der Hierarchisierung und Ausbeutung aber auch der Benennung und Identifzierung sozialer Ungleichheit reichen. Daraus folgt, dass dieses »stechende Wort« – dessen Sinngehalt historisch mit unermesslichem Leid und Tod und aktuell mit rassistischen Verhältnissen verbunden ist – weder ein herkömmlicher, unkomplizierter wissenschaftlicher Begriff noch ein harmloses Analyseinstrument sein kann. Diese Problematik und gewaltige Ambivalenz des folgenreichen Begriffs und seiner aufgeladenen Verwendungen wird auch in den weiteren Erörterungen immer wieder deutlich. Die Bedeutungsschwere des Begriffs steckt jedoch in ihm, in seiner Konzeption, der wissenschaftlichen wie institutionellen und interaktionellen Füllung. Da sich die Studie genau diesem Inhalt in seinen verschiedenen Facetten widmet, ist es hier angebracht, auf die stetig alarmierende Apostrophierung zu verzichten. Statt eine vorsichtige Distanz zu versuchen, wie sie sich auch in der englischen Formulierung scare quotes ausdrückt, geht es hier gerade darum, dem verschreckenden Gehalt des Begriffs, der verschiedenen Konzeptionen und der mit ihnen verbundenen Argumentationen auf den Grund zu gehen. Hierfür ist den Seman29 »Der Ausdruck in Anführungszeichen erhebt die Stimme. Er nimmt, oberhalb der Umgangssprache, den wissenschalichen Ton an.« (Bachelard : ) PERSPEKTIVEN UND GRUNDLAGEN | 55 tiken sowohl durch die Geschichte als auch in den einzelnen ReKonzeptionen zu folgen. Statt eine mögliche »falsche« Begriffsbedeutung mit Anführungsstrichen zu kennzeichnen, sollen somit vielmehr in einer gesellschaskritischen Perspektivierung die Gebrauchsweisen von Rassekonzepten sichtbar gemacht werden. Zur Artikulation gesellschalicher Stratifzierung und zur Sichtbarmachung von Materialisierungen sozialer Ungleichheit muss der Rassebegriff als sozial manifester verwandt werden. Eine Apostrophierung symbolisiert dagegen die Abgrenzung von einem biologischen Gebrauch und steht damit in der Gefahr, die Debatte in der Biologie zu belassen. Doch die gesellschalich erzeugten Ungleichheiten lassen sich ebenso wenig wie rassifzierende und rassistische Praktiken durch Anführungsstriche entschärfen. Gerade weil Rasse eben kein objektiver Klassifkationsbegriff, sondern »in Wirklichkeit aber eine gefährlich Trope« (Gates : ) ist, muss sich ihr mit all ihren Problemen gestellt werden. Vor diesem Hintergrund nimmt die Gesamtargumentation nunmehr ihren historisierenden Faden auf, um dem Begriff Rasse in seinen veränderlichen Konzeptualisierungen, Ausprägungen, Anpassungen und Bedeutungsgehalten durch die Zeit bis hin zu seinen aktuellen Modernisierungen zu folgen und ihn abschließend einer substanziellen sozialwissenschalichen Kritik zu unterziehen. Kapitel Zwei Geschichte: Die Vergangenheit untersuchen, um die Gegenwart zu destabilisieren What race was is not what race is, but understanding how it has been constructed in the past is essential to understanding and contributing to debate about its current construction. Michelle Brattain :  Rasse hat Geschichte. Durch die Zeiten steht der Begriff für barbarische Konzepte, die an wissenschaftlichen Rassismus, die Vernichtung der europäischen Jüdˍinnen sowie die Versklavung, Ausbeutung und Ermordung der Kolonisierten denken lassen. Zwar sind die Konnotationen des Terminus je nach geopolitischer Verortung unterschiedlich in ihrer Gewichtung: So schultert das englische »race« vor allem die Semantik des Kolonialismus, die Verschleppung und Versklavung von Schwarzen, die Ermordung und Vertreibung der Einwohnerˍinnen der Amerikas sowie die rassistischen Lynchmorde Ende des . bis Mitte des . Jahrhunderts in den USA. Darüber hinaus ist der Begriff assoziiert mit der bis  bestehenden Apartheitspolitik in Südafrika sowie rassistischen Diskriminierungen, die Ausgangspunkt zahlreicher bis zur Gegenwart andauernder Kämpfe der Befreiungsund Bürgerrechtsbewegungen von Schwarzen und People of Color waren. Demgegenüber ist »Rasse« im deutschen Kontext vordringlich mit dem Nationalsozialismus, mit Politiken der Sterilisierung, Deportierung und Ermordung von Millionen nicht dem imaginierten Typus der »arischen Rasse« entsprechenden Menschen und erst in zweiter Hinsicht mit kolonialistischen Konnotationen verknüpft. Gemein haben diese unterschiedlichen Bedeutungen von Rasse jedoch, dass sie eine spezifsche historische Belastung des Begriffs kennzeichnen. 58 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Für eine Klärung der heutigen Verwendungsweise, Bedeutungen und Effekte von Rasse in den Lebenswissenschaen ist es aufgrund dieser Last des Begriffs und der damit zusammenhängenden wissenschalichen Konzepte notwendig, sich mit der Entstehungsgeschichte, mit dem Gewordensein dieser Ordnungs- und Teilungsdimension zu befassen. Entgegen der Vorstellung von Rasse als einem neutralen und die Natur lediglich beschreibenden Begriff soll hier vielmehr das gesellschaliche Eingebundensein solcher Kategorisierung mit dem Fokus auf wissenschaftliche Aussagesysteme in den Blick genommen werden. In dieser Perspektive ist Rasse nicht ohne eine Erörterung der Geschichte des Rassismus und die aktuelle Realität nicht ohne ein Verständnis der Geschichte nachvollziehbar. Kurz gesagt: Um die Aktualität von Rasse erklären zu können, ist eine Beschäigung mit der Geschichte des Rassismus unentbehrlich. Dabei ist für die Analyse gegenwärtiger Konzepte rassifzierter Differenz zu rekonstruieren, wie Rasse welche Wirkungsmacht innerhalb von wissenschaftlichen Erörterungen erlangen konnte, welche Relationen zu Alltagsmythen und -praktiken bestanden und umgekehrt, welche Auswirkungen wissenschaftliche Rassismen auf Politiken sozialer Stratifzierung hatten. Die Erörterung der Historie von Rasse von der Entstehung der europäischen Moderne bis in die Auseinandersetzungen um das Konzept nach dem Zweiten Weltkrieg dient also dem Verständnis aktueller Rassekonzeptionen. Geklärt werden kann mit dem Blick auf die Geschichte von Rasse, welche Funktionen das Teilungskonzept übernahm und welchen Wandlungen es dafür unterzogen wurde. Für eine solche Klärung sind vor allem folgende Fragen wesentlich: Wie entstanden rassis(tis)che Teilungen? Welche Bedeutungen hatte die wissenschaliche Beschäigung mit diesem Taxonomiekonzept? Welche Auseinandersetzungen wurden um die jeweiligen Konzeptionen geführt? Darüber hinaus ist mit zu klären, welche Wirkungen wissenschaliche Rassekonzepte auf stratifkatorische Praktiken erzeugten sowie welche Relationen zwischen gesellschaftlichen Teilungen und wissenschaftlichen Konzepten bestanden. Die folgende Historisierung fußt dabei auf zwei scheinbar konträren Basisannahmen: erstens einer ontinuität und zweitens einer emergenten Neuordnung von Rasse in den zeitgenössischen Ansätzen. Die erste These entspricht eher den klassischen historischen Vorstellungen einer (in Teilen gebrochenen) Konstanz, die zweite folgt einer in poststrukturalistischen Zugängen verbreiteten Herausarbeitung der Brüche und sich verändernder und reorganisierender Strukturen. Während unter der Konstanzannahme vor allem bestehende Wirkungen von Rassekonzepten untersucht werden können, reicht eine solche Perspektive aber nicht aus, um neben der Konstanz auch die Erneuerungen zu erklären. Hierfür ist es notwendig, die aktuellen Rassemodelle auf ihre ›historische Hypothek‹ hin zu GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 59 befragen und darüber hinaus die Eigendynamiken der jeweiligen Kämpfe um Rasse zu analysieren. Grundlage dieser Historisierung ist zum einen die Verortung von Rasse und Rassismus in der europäischen Moderne, zum anderen die ese, dass es für die Erklärung der Entwicklung und Persistenz rassifzierter Differenz gesellschastheoretischer Instrumentarien bedarf. Entsprechend ist gerade eine historische Analyse notwendig, welche die Wandelbarkeit bei gleichzeitiger Beständigkeit von Rassemodellen untersucht. Dafür werden nun zunächst die Geschichte des Rassebegriffs sowie dessen Verwissenschalichung erörtert und im Anschluss mit den verschiedenen Entwicklungen nach  sowohl die Brüche, Kritiken und Absagen als auch die Weiterführungen von Rassekonzepten nachgezeichnet. Gesellschaftliche Funktionalitäten von Rasse Ein wichtiger Zugangsweg zur Erklärung von Rassismus ist, dessen historische Ausprägungen zu untersuchen. In diesem Sinne verfahren viele Ansätze, indem sie anhand der vermeintlich transhistorischen und transkulturellen Gemeinsamkeiten von Rassismen eine allgemeine Geschichte des Rassimus (im Singular) rekonstruieren. In einer Reihe historischer Arbeiten wurden in dieser Weise rassifzierte Teilungs- und Unterdrückungspraktiken, die Zuordnung von Menschen zu hierarchisch geordneten Gruppen sowie die damit verbundene Gewalt, Herrscha und Ausbeutung untersucht. 1 Mit den in diesen Arbeiten aufgefundenen Übereinstimmungen verschiedener zeitlich und örtlich auftretender Rassismen wird deutlich, dass Machtstrategien der Absonderung und Hierarchisierung von Menschengruppen keine Erfndung neuerer Zeit sind. Vielmehr ist für alle Epochen seit der Antike gezeigt worden, dass die Verbindung von Herrscha und Teilungs- und Hierarchisierungspraktiken sehr funktional und produktiv für die Aufrechterhaltung der jeweiligen hegemonialen Strukturen war. Demgemäß argumentieren manche Rassismustheoretikerˍinnen dafür, die Ursprünge von Rassismus schon in den ersten schriftlichen Überlieferungen, wie etwa in der Sonderung und Abwertung der Barbaren durch die Griechen zu verorten (Detel ; Hering Torres ; Hund ). Zweifellos lassen sich einige Faktoren rassistischer Praktiken sowie die antijudaistische Ausgrenzung als konstitutive Merkmale insbesondere für die europäische Geschichte belegen. Ebenso lassen sich schon für die Antike und alle 1 Grundlegende Arbeiten, die über eine Historisierung gegenwärtige Rassismen zu verstehen suchen sind z. B. Fredrickson ; Geulen ; Gilroy ; Hering Torres ; Hund , ; Koller ; Memmi ; Priester . 60 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK nachfolgenden Zeiten philosophische bzw. in einem weiten Sinne wissenschaftliche Rechtfertigungen von Gewalt, Herrschaft und Ausbeutung fnden. Den dabei verwendeten Argumentationsmustern ist bei allen Differenzen gemein, dass den ›Anderen‹ Triebhaftigkeit und Mangel an Vernunft zugeschrieben sowie die Herrschaftsfähigkeit abgesprochen wurde und damit die Versklavung oder der Ausschluss der so konstruierten Gruppe legitimiert werden konnte. Außerdem sollten schon frühzeitig zahlreiche Analogien zwischen verschiedenen (teil)ausgeschlossenen Gruppen wie Frauen, Barbaren, Kindern und Tieren die zugeschriebene Inferiorität der jeweiligen Gruppenmitglieder anhand der schon allseits anerkannten Unterlegenheit anderer verdeutlichen. So herrschen bei Aristoteles ( v. u. Z.) »von Natur aus« die Älteren über die Jüngeren, die Männer über die Frauen und die Griechen über die »Barbaren« – über »Barbaren« u. a. weil bei jenen »das Weibliche und das Regierte denselben Rang« einnähmen und diese somit nicht zu einer differenzierenden Herrscha, sondern nur zu einem Dasein als Sklaven befähigt seien (: a). Die jeweilige Form der Wissensproduktion hat somit schon in der Frühzeit ihrer schriftlichen Überlieferung dazu gedient, abwertende Zuschreibungen zu untermauern und damit Herrschaftsansprüche zu legitimieren. Bis in die Neuzeit diente dieses Wissen etwa dazu, die bestehenden gesellschalichen Stratifzierungen als »gottgegeben« zu rechtfertigen. Allerdings tendieren solche historisierenden Arbeiten, die nach antiken Formen gegenwärtiger Rassismen und dem Ursprung rassischer Teilungen forschen, oftmals dazu, (Herrschafts-)Praktiken der Antike, des Mittelalters und der Moderne unter derselben Folie zu betrachten und damit Unterschiede einzuebnen. Missdeutungen wie die einer teleologisch linearen Entwicklung von der Antike bis zur Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden während des deutschen Nationalsozialismus werden damit möglich. Eine solche Darstellung impliziert eine logische, unabwendbare Entwicklung und vernachlässigt so die jeweiligen Kontexte, die sozialen Kämpfe und sehr unterschiedlichen Machtstrategien, die mit rassistischen und antisemitischen Praxen verbunden sind und waren. Außerdem werden Besonderheiten sowie die Brüche und Unvereinbarkeiten einzelner Ausprägungen von Rassismus tendenziell unsichtbar. Die Spezifka des wissenschalichen Rassismus sowie der eugenischen und auf Vernichtung zielenden Rassismen bis hin zum Neorassismus der zweiten Häle des . Jahrhunderts lassen sich damit kaum ausreichend beschreiben und aktuelle Rassismen und Rassifzierungen in ihrer Spezifk nicht adäquat erfassen. Im Folgenden wird deshalb auf die Besonderheiten der europäischen Neuzeit und westlichen Moderne fokussiert – und zwar aus dem Grund, dass sich mit der Moderne eine Zäsur in den Formen und den Dimensionen der Machtstrategien und Teilungspraktiken vollzog, die es für ein Verständnis von Rasse zu klären gilt. GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 61 Die Veränderungen in der Produktionsweise, die kolonialen Eroberungen, die Nationalstaatenbildung und die Herausbildung der sich disziplinär aufgliedernden Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaen hatten, so die hier verfolgte ese, derart bedeutende Auswirkungen auf die Denk- und Handlungsweise zu Rasse, dass sie nicht von diesem Kontext losgelöst und nicht ohne diesen verstanden werden können. Die Revolutionierung der Wissenschaften ab dem . Jahrhundert ist für diese Studie von besonderem Interesse, denn mit der Entwicklung der Wissenschaften zu einer der tragenden Institutionen säkularer Herrschaft wurden auch rassistische Strukturen und Praktiken immer mehr durch (bio-)wissenschaftliche Erklärungen gerechtfertigt. Die rassistische Stratifzierung der Welt wurde im Zuge einer Ausweitung und schließlich dem Erreichen einer Vorrangstellung wissenschaftlicher vor religiöser Welterklärung ebenfalls verwissenschaftlicht. Kurz: Rassismus wurde wissenschalich und Rasse zu einem wissenschalichen Konzept. Dass diese Neuerung zu einer substanziellen Veränderung rassistischer Theorien und Praktiken führte, wird im Folgenden dargelegt. Differenzen und Teilungen der Moderne Mit den europäischen Eroberungen auf dem afrikanischen Kontinent ab Beginn des . Jahrhunderts und der Kolonialisierung der gesamten Welt entwickelte sich eine neue Qualität und Quantität an Auseinandersetzungen über die Unterschiede der Menschen. Diese Gleichzeitigkeit ist nicht lediglich eine Koinzidenz, sondern steht in unmittelbarer Verbindung mit veränderten gesellschalichen Anforderungen, in denen kolonialistische Eroberungen und damit verknüpe Praktiken gerechtfertigt werden mussten und ständische Sozialordnungen allmählich durch neue sozioökonomische Ordnungen und soziale Mobilitätsanforderungen verschoben wurden. Mit der kolonisierenden ›Entdeckung‹ wurden Ausbeutung, Ermordung und Versklavung von Menschen allgegenwärtig, kollidierten jedoch mit den bestehenden christlichen Schöpfungsvorstellungen sowie schließlich mit den universalistischen Idealen der Aulärung und den damit verbundenen Gleichheitspostulaten, wie sie etwa im Zuge der französischen Revolution kodifziert wurden. Waren soziale Hierarchien bis in die Frühe Neuzeit durch eine göttliche oder ständische Ordnung feudaler Systeme legitimiert, bedurfte es infolge des Widerspruchs zwischen Kolonialismus und seinen Folgen und der Proklamierung aufklärerischer Freiheitsrechte eines neuen Rechtfertigungssystems. Während die jüdisch-christliche Religion eine Rechtfertigung des Leidens auf Erden angesichts von Gottes Allmacht und Güte benötigte, erfordert eine Gesellscha, die Gleichheit und Gerechtigkeit zum Credo macht, der Rechtfertigung ihrer Un- 62 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK gleichheiten und Ungerechtigkeiten. Das, was Pierre Bourdieu in Anlehnung an Max Webers religionssoziologische Arbeiten zum Theodizeeproblem (Rechtfertigung Gottes) als »Soziodizee« benennt, macht deutlich, welche inneren Probleme die Neuordnung der Moderne erzeugte (Bourdieu : ). »Dem Selbstanspruch nach darf die ›moderne Gesellschaft‹ nicht auf Verhältnissen basieren, die ihrem eigenen Begriff widersprechen.« (Knapp : ) Unrecht und Ungleichheit sind in der Ordnung der Moderne entsprechend Unmöglichkeiten und nur auf Basis meritokratisch erlangter Unterschiede legitimierbar. Die Widersprüche innerhalb dieser neuen Ordnung und zwischen traditionalen und neuen bzw. ausgeweiteten Machtformen trieben dazu an, eine neue, diesen Antagonismus umgehende Rechtfertigungsordnung zu installieren und abzusichern. Somit ist die immense Erweiterung und Wirkungsmachtzunahme des Rassediskurses als Teil der umfangreichen gesellschalichen Veränderungen in der Herausbildung der europäischen Moderne zu sehen. Denn Rasseeinteilungen und rassische Hierarchisierungen konnten einen Großteil der Unvereinbarkeiten zwischen aulärerischen Gleichheitspostulaten und christlichen Moralkodizes auf der einen Seite und den Praktiken in den Kolonien auf der anderen produktiv auffangen. Wenn rassische Ordnungssysteme auch nie das Ungleichheitsproblem der Moderne lösen konnten, so entstand doch mit der Unterteilung und Hierarchisierung der Menschheit in verschiedene Rassen ein funktionaler Umgang mit der Problemstellung, die aus der idealistisch-formalen Gleichheit und der faktischen Unterdrückung und Ermordung der ›Anderen‹ entstand. Ob nun alle Menschen vor Gott durch ihren Glauben gleich sein sollten 2 oder die Gleichheit der Menschen sich aus der  deklarierten »Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte« in Bezug auf unveräußerliche Rechte und Freiheit ergebe (Art. I der Déclaration des Droits de l'Homme et du Citoyen) – beides konnte mit dem Verweis auf eine alles erklärende Differenz negiert werden. So zählten Frauen nicht zu den »mündigen Bürgern« der ersten Französischen Republik, und die Bevölkerung der Amerikas bekam vielfach den Besitz einer Seele und damit einhergehend des Menschheitsstatus abgesprochen (vgl. Todorov ). Als sich im Kontext von Aulärung, Säkularisierung und Kolonialismus die modernen Naturwissenschaen herausbildeten, wurden ihre wissenschalichen 2 Die Gleichheitsbegründungen im Christentum beziehen sich auf ein Gleichsein aller Christen vor Gott, die aufgrund ihres Glaubens am Tag des Jüngsten Gericht nicht zur Strafe zu ewigem Feuer verurteilt, sondern als Gerechte in das ewige Leben gehen werden (Johannes , ). Außerdem legte die christliche Kosmologie in der Genesis fest, dass alle Menschen von Adam und Eva bzw. von Noah und Naama abstammten. Siehe zur Gleichheitsbegründung den Brief des Paulus an die Galater , : »Hier ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Weib; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus« sowie hierzu auch Römer  und Johannesevangelium . GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 63 Modelle zu einer bedeutenden Stütze rassistischer, sexistischer und ausbeuterischer Herrscha. Vor allem der wissenschalichen Konstruktion von ›Andersheit‹ kam dabei eine tragende Rolle zu, da die moralische Berücksichtigung und die Zusicherung von Rechten verstärkt an exklusive, ausschließende Aspekte des ›Gleichseins‹ gekoppelt wurden. Die Naturwissenschaen lieferten nun anstelle der Religion als bisher zentraler gesellschalicher Funktionsträgerin die Erklärung der Welt und die Rechtfertigung der weltlichen Stratifkations-Ordnung. Entsprechend dieser Verschiebung der Rolle der Religion als ordnungsstiftender Instanz zur naturwissenschalichen Wahrheit über die Welt und den Menschen veränderten sich auch die erklärungstragenden Objekte. War bisher die gesellschaftliche Ordnung als göttliche mittels Bibelexegese fundiert und durch das machtvolle Wort von Kirchenoberhäuptern verkündigt worden, so geriet im Wechsel der Legitimation die Natur selbst zur neuen Wahrheitsträgerin. Die Wahrheit der Natur konnte fortan von Wissenschalern an den Körpern und ihren Signaturen der Differenz aufgeklärt werden. Massive Veränderungen vollzogen sich aber nicht nur in Bezug auf die Träger der Wahrheit und deren Verkündigungsinstanzen, sondern auch in Bezug auf die Rechtfertigungsordnung, epistemische Rationalität und gesellschalichen Institutionen: Mit dem Bruch in der Rechtfertigungsordnung wurde die Legitimierung gesellschalicher Schichtung über Standesordnung und Religionszugehörigkeit abgelöst von einer im örper, im Gattungswesen, im Genus und in der Rasse verorteten sowie an die Stellung im Produktionsprozess gekoppelten Wertigkeit. Für die epistemische Rationalität entstand eine Fülle von Differenzierungen, die nur noch die Wissenschaften – und auch die nur durch Aufspaltung in Disziplinen und Subdisziplinen – gewährleisten und verarbeiten konnten. Auf der Ebene der gesellschaftlichen Institutionen ging damit eine enorme Ausweitung des differenzierenden Zugriffs auf Individuen, Körper, die Seele, das Verhalten einher; das Leben von Menschen geriet umfassend in den prüfenden Blick und wurde mit der Moral und der Hygiene viel weitgehender als bisher Teil herrschalich-regulativer Handlungen. Divide et impera bekam die neue Bedeutung einer kategorialen Einteilung von Menschen, die in immer weitere Untergliederungen in Sexualitäten, unzählige Formen des Wahnsinns, der Aueilung in verschiedenste Rassekonstrukten, verschiedene Körperkonstitutions- und Temperamentstypen und Syndrome der Devianz mündeten. Mit den Verschiebungen, die den Körper zum Ort der Differenz werden lassen und der Stellung im ökonomischen Verwertungssystem Bedeutung zuweisen, entstehen im Zuge der Herausbildung der europäischen Moderne Geschlecht, lasse und Rasse als die drei universalisierenden Ordnungsprinzipien. Diese drei Teilungsdimensionen waren und blieben nicht die einzigen, die gesellschaftlich wie 64 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK individuell relevant wurden, doch können sie, wie etwa die Philosophin Cornelia Klinger und die Soziologin Gudrun-Axeli Knapp () argumentieren, als die drei wirkmächtigsten gesellschalichen Kategorien sozialer Hierarchisierung und Ausbeutung gelten. Gesellschaliche Ungleichheiten entlang der bis heute wirksamen Achsen von Klasse, Rasse/Ethnizität und Geschlecht/Sexualität bilden sich in eben jenem historischen Zeitraum als die wirkmächtigsten Ein- und Ausgrenzungsverhältnisse heraus, in welchem ein religiös hierarchisch gestues Weltbild an Macht verliert und dessen Formen von Ungleichheit bzw. deren Legitimationen außer Kra gesetzt werden (vgl. ebd.: ). Dementsprechend bezieht sich die in dieser Studie unternommene Analyse von Rasse auf die Einsicht, dass die Herausbildung der westlichen Moderne nicht ohne ihre wirkmächtigen Teilungspraktiken zu verstehen und diese Teilungspraktiken nicht ohne ihre Bedeutung und Funktion in der Entwicklung der Moderne zu erklären sind. Entgegen der in den Sozialwissenschaen lange Zeit dominanten und noch immer beliebten Annahme, dass diese Dimensionen mit zunehmender Modernisierung, Säkularisierung, juridischer Gleichstellung und allgemeinem Anwachsens des Wohlstandsniveaus irrelevant werden bzw. sich auflösen würden, wird hier vielmehr angenommen, dass die Kategorien Geschlecht/Sexualität, Klasse, Rasse/Ethnizität weiterhin die Basis aktueller Vergesellschaungsformen bilden. Gegen eine solche ese zur spezifschen Funktionalität dieser gesellschalichen Teilungskategorien für westliche Gesellschaen gibt es zwei zunächst naheliegende Einwände: Zum einen bestanden gesellschaftliche Teilungen und Wertigkeiten anhand geschlechtlicher Unterschiede schon mindestens seit der Antike. Rasse ist als Begriff zur Bezeichnung von Menschengruppen keine Erfndung der Moderne, und Klassenwidersprüche lassen sich seit den Sklavenhaltergesellschaften ausmachen. Zum anderen mutet es paradox an, dass ausgerechnet mit der Moderne, in der zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit mit einem allseitigen universellen Gleichheitsversprechen argumentiert wurde, die beschriebenen Differenzdimensionen erst entstanden sein sollen. Zeichnet sich die europäische Moderne nicht vielmehr durch eine rationale soziale Schichtung anhand meritokratischer Ideale, durch Humanismus, Freiheit, Brüderlichkeit und eben Gleichheit aus? Sind nicht insbesondere in den letzten Jahrhunderten auf dieser Basis immense Entwicklungen in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter, auf Bürgerˍinnen- und Minoritätenrechte und die Umsetzung sozialstaatlicher Ansprüche erreicht sowie durch die Anhebung des Wohlstandsniveaus in den Industrieländern Klassengegensätze entschärft worden? Und ist die Moderne in diesem Sinne nicht mindestens auf dem Weg ihr Gleichheitsversprechen einzulösen? Aus der Perspektive der gängigen Gesellschastheorien – von System-, Wohlfahrtsstaats- bis hin zu Modernisierungstheorien – erscheinen rassifzierte und GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 65 geschlechtliche Stratifzierungen auch als weitgehend dysfunktional und damit anachronistisch. Klassenanalysen galten im Kanon des soziologischen Mainstreams der zweiten Häle des . Jahrhunderts zumeist als unangemessen und erlangen erst mit der Finanzkrise und der weltweiten Zunahme von Einkommensungleichheiten wieder analytische Wirkmacht. Statt mit Klassenmodellen werden gesellschaliche Verhältnisse aber nach wie vor dominant in Schichtmodellen und ästhetischen Milieus unterscheidend beschrieben (Beck ; Geiger ; SinusMilieu-Studien; für einen grundlegenden Überblick siehe Burzan ). Aber nicht nur konservative Sozialtheoretikerˍinnen oder Fortschrittsapologetˍ innen stellen Ungleichheiten und Klassenlagen in den westlichen Gesellschaften als zunehmend nivelliert oder hinter kulturalisierten Gruppenzugehörigkeiten sowie Individualisierungsanforderungen zurücktretend dar. Auch kritische Analysen sehen vorausschauend eine Auflösung von rassischen und ethnischen Klassifzierungen. So strebt doch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nach antidiskriminatorischen Praktiken, sind Gleichstellungsprogramme erfolgreich, etwa auf der Ebene des Zugangs von Frauen zu beruflichen Bereichen und Positionen, oder führte die feministische Kritik am Modell des male breadwinner zu dessen (Teil)Ablösung durch das Doppelverdiener-Modell 3. Allerdings kann schon überraschen, wie einig sich sowohl die affirmativen Beschreibungen der bürgerlichen Gesellscha als auch einige der kritischen Untersuchungen mit ihren Mutmaßungen über den zukünigen Bedeutungsverlust der Kategorien Geschlecht und Rasse sind. Zwar glauben die einen an Fortschritt und Individualisierung, die anderen an eine zermalmende Kra des Marktes als notwendige Entwicklung kapitalistischer Produktionsverhältnisse. Beide sozialtheoretischen Zugänge gleichen sich aber zuweilen in ihrer generalisierenden Einschätzung, dass sich mindestens Rasse/Ethnizität, zum Teil aber auch Geschlecht unter den Bedingungen allgemeiner Arbeitskraverwertung bald auflösen würden. Einhergehend mit der ese, dass Kategorien sozialer Ungleichheit wie Rasse/Ethnizität, Klasse und Geschlecht/Sexualität keineswegs ihre gesellschaftsstrukturelle Bedeutung verloren haben, wird nun – für die hier angestrebte Analyse des Gewordenseins – zunächst eine Historisierung des Rassebegriffs und der Rassekonzeptionen notwendig. 3 Auch dieses Modell soll hier nicht Lösung der Trennung von Produktions- und Reproduktionsarbeit missverstanden werden, da es als rassifiziertes und klassenspezifsches Emanzipationsmodell vor allem für »die weiblichen [weißen] Kader der berufstätigen Mittelschichten mit ihrer Entschlossenheit, the glass ceiling […] zu durchbrechen« weitere Probleme erzeugt (Fraser : ). 66 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Historie des Rassebegriffs und der Rassekonzepte Der Begriff Rasse als Bezeichnung zur Kategorisierung von Menschengruppen trat erstmals im . Jahrhundert im Zusammenhang mit der christlichen »Reconquista« der letzten von muslimischen Mauren regierten Gebiete der Iberischen Halbinsel auf. Den ersten schrilichen Beleg weist der Historiker Max Herring Torres () für das Jahr  aus, wo der Terminus »rraça« im Sinne der Zugehörigkeit zu einer Familie von »edlem Geschlecht«, vor allem zu königlichen und adligen Familien, gebraucht wurde. 4 Gegen Ende des Jahrhunderts fndet er sich neben der Verwendung zur Bezeichnung familialer Herkun zur Kennzeichnung eines Unterschieds zwischen sogenannten »Altchristen« und jüdischen sowie maurischen (Zwangs-)Konvertiten (conversos), denen auch dann, wenn der Religionswechsel von lediglich einem der Großeltern vollzogen wurde, eine jüdische bzw. maurische Rasse 5 zugeschrieben wurde. In diesem Sinne fndet sich der Begriff in amtlichen Anordnungen der spanischen Königshäuser nach der Eroberung der letzten muslimischen Hochburg des Emirats von Granada am . Januar  durch die vereinigten spanischen Truppen. Kurz darauf ordneten die Königin von Kastilien und der König von Aragón im »Alhambra-Edikt« die Vertreibung aller Jüdˍ innen aus allen spanischen Territorien an. Sofern sich diese nicht zum Christentum bekehren ließen, mussten sie bis zum . Juli desselben Jahres das Land verlassen. Im Zusammenhang mit dem Zwangsbekehrungsedikt und antijüdischen Pogromen verwendete die christliche Aristokratie den Begriff »race« bzw. »raza« zur Bezeichnung von Menschen jüdischer oder maurischer »Abstammung«. Damit waren nicht die Jüdˍinnen und Muslimˍinnen gemeint, die Ziel der Vertreibung und Ermordung waren, sondern jene conversos, die im Laufe des . Jahrhunderts infolge vorheriger Zwangsbekehrungen zum Christentum übergetreten waren, 4 5 Den Begriff weist Herring Torres in einem Text des Priester Alfonso Martínez de Toledo nach: »Man nehme zwei Söhne an, den eines Bauern und den eines Ritters: Beide wüchsen im Gebirge unter der Erziehung eines Mannes und eines Weibes auf. Du wirst sehen, dass der Bauer sich weiterhin über die Dinge eines Dorfes, so wie ackern, graben und Holz mit dem Vieh einsammeln, erfreuen wird; und der Sohn des Ritters wird sich nur dann erfreuen, wenn er reitend Waffen zu horten vermag und Messerstiche erteilen darf. Dies beabsichtigt die Natur, so wirst Du dieses in jenen Orten, in denen Du leben wirst, Tag für Tag beobachten können, so dass der Gute einer guten Rasse [rraça] von seiner Herkun angezogen wird und der Benachteiligte, einer gemeinen Rasse [rraça] und Herkun angehörig, unabhängig wer er ist und wie reich er sein mag, sich niemals von einer anderen Herkun angezogen fühlen wird, als woher er ursprünglich stammt.« (zit. nach Hering Torres : , vgl. auch Hannaford ). Die Etymologie des Begriffs ist umstritten. Vermutet werden einerseits Ableitungen vom lateinischen radix Wurzel oder ratio im Sinne von Wesen eines Dings sowie vom arabischen rás für Kopf, Ursprung (vgl. Conze/Sommer  u. Hannaford : ). GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 67 denen die Aristokratie aber ein heimliches Festhalten am Judentum unterstellte. Bereits  wurden deshalb die ersten »Estatutos de limpieza de sangre«, Statute über die Reinheit des Blutes, eingeführt, um die sogenannten »Kryptojuden« und »-moslems« (marranos und moriscos 6) von den aristokratischen Ämtern fernzuhalten. Neuchristen konnten hiernach keine öffentlichen Funktionen mehr bekleiden und waren nicht mehr für Zeugenaussagen vor Gericht zugelassen. Bei Abstammung von jüdischen oder maurischen Ahnen bis in die Großelterngeneration führte dies zum Ausschluss aus dem Staatsdienst. Dies zunächst auf dem Gebiet der spanischen Königshäuser, mit der Eroberung der »Neuen Welt« konnten aber auch dort nur Altchristen Regierungsposten übernehmen. Hinzu kam, dass ab  mit einer von Rom weitgehend unabhängigen spanischen Inquisition überall im Land Verfolgungen mit dem Ziel der Ausrottung des »Kryptojudentums« stattfanden. So wurden in den ersten Jahren bis  ca.   conversos wegen vermeintlichen »Judaisierens« verurteilt, von denen etwa  auf dem Scheiterhaufen endeten. Ergebnis dieser Vertreibung und Ermordung war, dass es  in den Spanischen Königreichen keine offen praktizierenden Jüdˍinnen mehr gab, und alle Konvertierten dem Zugriff der Inquisition schutzlos ausgeliefert waren (Bossong :  u. ) 7. Mit diesen Ausgrenzungspraktiken erreichten die antijudaistischen Zuschreibungen eine neue Bedeutung, indem nicht mehr die Religion als Ausschlussgrund herhalten musste, sondern von nun an die Herkun zu einer unveränderlichen, Generationen überdauernden und vor allem für die Christenheit »schädlichen« Eigenschaft wurde. Nicht mehr die richtige (mit der Taufe zu erlangende) Religion galt als Eintrittskarte in die Gemeinscha, sondern die »Reinheit des Blutes« (limpieza de sangre) wurde zur notwendigen Voraussetzung, womit ein vorher mittels Konvertierung veränderbarer Zustand zu einem fxierten (später biologisch genannten) Merkmal mutierte. 8 Mit den Statuten zur Blutreinheit wurde aus dem Religionsproblem eine Rassenfrage, die die Bevölkerung Spaniens schließlich in »alte« und »neue« Christen aufteilte und eine Wertigkeit einführte, nach der nur derjenige ein richtiger Christ sein konnte, der reines altchristliches Blut in den 6 7 8 Der Begriff marrano hat im Spanischen die Doppelbedeutung »Abtrünniger« sowie »Schwein« (Herring Torres : ; Bossong ). Letztere Begriffszuweisung für Jüdˍinnen blieb in vielen europäischen Staaten, wie auch in Deutschland, bei antisemitischen Diffamierungen in dem Schimpfwort »Judensau« erhalten. Die Kryptomoslems wurden nach der Reconquista morisco (spanisch: »maurisch«) genannt. Bossong (: ) gibt folgende Gesamtzahl von vertriebenen Juden an:   bis   Jüdinnen und Juden, die aus Kastilien fohen (von ca. vier Millionen Einwohnerˍinnen insgesamt) und   bis  , die aus dem Königreich Aragón vertrieben wurden. Zur weiteren Genese des Rassebegriffs siehe die Ausführungen in Bossong ; Conze/ Sommer ; Fredrickson ; Hering Torres ; Terkessidis . 68 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Adern hatte. (vgl. ebd.: ). Derartige Nachweise über das ›richtige Blut‹ blieben als Ahnennachweise auf der Grundlage der Limpieza-Statute bis in die Mitte des . Jahrhunderts im spanischen Königreich Voraussetzung für den Zugang zu Staatsämtern, zu Universitäten, Ritterorden, religiösen Orden etc. (Hering Torres ; vgl. Priester ). Der Umgang mit den spanischen Muslimˍinnen unterschied sich in den ersten Jahren der Reconquista noch von der Behandlung der Jüdˍinnen. Bei der Eroberung der letzten maurischen Bastion Granada sicherten die Christen den Mauren bei Kapitulation das Recht auf die weitere Religionsausübung und Beibehaltung ihrer Traditionen zu. Diese Zusicherungen wurden jedoch nicht eingehalten, und nach einem Aufstand der moriscos um dienten die Statuten zur »Reinheit des Blutes« und Vertreibung der Jüdˍinnen schließlich als Vorlage für die Enteignung muslimischer Institutionen und führten zum Verbot der maurischen muslimischen Religion, der arabischen Namen und des Tragens maurischer Gewänder. Auf die entsprechende Zwangsbekehrung folgte ab Anfang des . Jahrhunderts ebenfalls die Vertreibung der noch auf der Iberischen Halbinsel verbliebenen conversos muslimischer Abstammung. Analog zur Verweisung der Jüdˍinnen zwangen bis  die katholischen Könige ca.   moriscos Spanien zu verlassen (vgl. Harvey ). Der Rassebegriff fand neben der Funktion zur Aueilung von Alt- und Neuchristen in Spanien auch im Wandel der Adelsvorherrscha in Frankreich Verwendung. Seit Mitte des . Jahrhunderts hatte dort der alte Geburtsadel (frz. noblesse de race) versucht, durch die Berufung auf seine Abstammung, die mit dem Begriff race belegt wurde, den Aufstieg des Amtsadels (noblesse de robe) und damit des Bürgertums zu verhindern (Conze/Sommer : ). Von diesem Ursprung breitete sich der Begriff in den europäischen Sprachen mit einer Breite an Bedeutungen aus, die sich in Bezeichnungen wie »christliche Rasse«, »Adelsrasse« oder »menschliche Rasse« belegen lassen (Geulen :  f.). Diese weiterreichende Bedeutung erlangte der Rassebegriff, indem er in der Aulärung zu einer Brücke wurde, die zwei gesellschaftlich wichtige Bereiche – die Legitimation hierarchischer sozialer Teilungen und daran gekoppelte ungleicher Privilegien- und Ressourcenverteilung sowie die wissenschaftliche Ordnungssuche – zur rationalen Aueilung der Menschheit vereinen konnte. Zum Verständnis dieser Bindefunktion ist dem Rassebegriff nun in seiner Verwissenschaftlichung weiter zu folgen. GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 69 Wie Rassismus wissenschaftlich wurde Medizinische, naturforscherische und philosophische Akteure und darunter insbesondere die Aulärer griffen ab Ende des . Jahrhunderts bereitwillig den Rassebegriff zur ordnenden Beschreibung und Hierarchisierung der Menschheit auf. Sie begegneten damit zum einen den Legitimationsproblemen, die im Zusammenhang mit den Eroberungen und damit einhergehenden theologischen und philosophischen Debatten um den Status der eroberten und versklavten Menschen entstanden, und unternahmen zum anderen den Versuch, die Ordnung der Natur in ihren Formen und Spezies aufzudecken. Die Suche nach einer rationalen Ordnung der Natur darf hierbei nicht als Selbstzweck missverstanden werden. Denn die Bedeutung der Aulärung liegt vor allem in einer Emanzipationsbewegung, die eine erweiterte Naturbeherrschung zum Ziel hat. Die rationale Erfassung der Komplexität natürlicher Erscheinungen in einer der Natur selbst inne liegenden Ordnung ließ eine Kontrollierbarkeit der Natur erhoffen. Was die beiden Sozialkritiker Theodor W. Adorno und Max Horkheimer () mit der mimetischen Annäherung an die Natur als ersten Versuch des gleichzeitigen Verstehens und Beeinfussens natürlicher Vorgänge beschreiben, wandelt sich in der Aulärung zur Zielsetzung eines Wissens über die Natur als zentrales Mittel ihrer Beherrschung. Das Ringen mit der Natur fndet fortan wesentlich durch den Versuch statt, sie kategorial ordnend zu ›besiegen‹. Das Ordnen der Natur wurde damit zur Grundlage wissenschalichen Agierens schlechthin. Fachdisziplinen wie die Anthropologie, Statistik, Soziologie entstanden im Sinne dieser Ordnungssuche und Problemlösungsstrategie. Aber nicht nur die Natur als äußere Umgebung und inneres Wesen des Menschen sollte mit der Suche nach Ordnung kontrolliert werden, auch modernen Regierungsformen sollte die Zuordnung des Menschen in Kategorien dienen. Die Ordnung im Sinne von »identifziere, teile und herrsche« wurde zum Prinzip souveräner Herrscha und damit Grundlage moderner Menschenführung. Verbunden mit den Ordnungsversuchen war stets eine Hierarchisierung der Lebewesen, die in wirkmächtige Konstrukte zur Behauptung der Unterentwicklung der ›Anderen‹ und der europäischen Überlegenheit umgesetzt wurde. Als zweckdienlich für diese Verschränkung von vertikalem Ordnen und horizontalem Hierarchisieren erwiesen sich die naturphilosophischen Fortschritts- und Entwicklungstheorien. Mit der Vorstellung einer göttlichen oder natürlichen Ordnung im Sinne einer Stufenleiter der Lebewesen ließen sich ebenfalls Entwicklungsstufen der »Völker« vom »primitiven Naturzustand« über verschiedene Zwischenstufen bis zur kulturellen Höhe der europäischen »Zivilisationen« imaginieren. Die Einteilung von Menschen in Rassen lag entsprechend nahe, da mit dem in verschiedenen 70 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK europäischen Sprachen vorhandenen Begriff trotz aller Unterschiedlichkeit der Bedeutungsvarianten eine grundlegende und nicht überwindbare kategoriale Trennbarkeit menschlicher Gruppen begründbar wurde. Die wahrscheinlich erste Verwendung von Rasse als wissenschaftlichem Klassifkationsbegriff fndet sich in dem von dem französischen Arzt François Bernier  anonym publizierten Aufsatz »Neue Einteilung der Erde anhand der verschiedenen Arten oder Rassen der Menschen, die sie bewohnen«. 9 Dieser Text Berniers wird von Rassismushistorikern am »›Beginn‹ einer langen und komplexen intellektuellen Bewegung modernen rassischen Denkens« gesehen (Stuurman : ). Bernier berichtet darin von seinen Reisen, den Unterschieden der Menschen in den verschiedenen Teilen der Erde und nimmt eine »Einteilung der Menschen in vier oder fünf Spezies oder Rassen« vor, »deren Differenzen so auffallend sind, dass sie zur Begründung einer neuen Einteilung der Erde geeignet wären« (:  f.). Beschreibungen und Zuordnungen ›anderer Völker‹ waren zu dieser Zeit keinesfalls unüblich. Vor allem in Form von Reisebeschreibungen fnden sich im . und . Jahrhundert vielerlei Darstellungen der Einwohnerˍinnen ferner Länder hinsichtlich deren Religion, Sitten und Gebräuchen, Sprache und Staatsformen, jedoch selten zu körperlichen Merkmalen. Bernier, im Besitz eines Doktortitels in Medizin, nahm seine Einteilung hingegen anhand physischer Merkmale vor, wie der Form der Lippen, der Nase, der Stärke der Bartbehaarung sowie der Färbung von Haaren, Zähnen und Zunge. Die beiden zentralen Merkmale waren für ihn die Hautfarbe, deren Ausprägung er mit Vererbungsvorstellungen koppelte, sowie die »Schönheit der Frauen«, die er in sexualisierender Weise beschrieb. Mittels dieser Merkmale unterschied er vier »races«: Zur »ersten Spezies«, zählte er alle Länder Europas sowie Teile von Nordafrika, Kleinasien, Indien und einige Länder in Südostasien; zur zweiten zählte er alle Länder in Afrika mit Ausnahme Nordafrikas; die dritte umfasste die Länder Ost- und Nordasiens und zur vierten Spezies erklärte er die Lappen 10. In seinen weiteren Ausführungen ordnete er auch die Einwohnerˍinnen der Amerikas der ersten Rasse zu, von denen die meisten zwar »olivfarben« 11 und ihre Gesichter zu »unseren« unterschiedlich 9 Originaltitel: »Nouvelle Division de la Terre, par les differentes Especes ou Races d'hommes qui l'habitent, envoyée par un fameux Voyageur à M. l'Abbé de la *****, à peu prés en ces termes«. 10 Bernier berichtet, in Danzig zwei Lappen gesehen und darüber hinaus Berichte von Reisenden aus Lappland gehört zu haben, die die Einwohner als »abscheuliche Tiere« beschrieben hätten (Bernier : ). 11 Die Beschreibung »olivfarben« (bei Bernier olivastres) war im . und . Jahrhundert üblich. Erst im . Jahrhundert verbreitete sich die Farbzuweisung »rot« für die Haut von Amerikanerˍinnen. GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 71 seien, die aber »nicht ausreichend different zu uns sind, um sie zu einer eigenen Spezies zu machen« (ebd.: ). Bernier konstituierte aber nicht nur eine neue Taxonomie anhand jener physischen Unterscheidungsmerkmale, sondern wich auch von den sonstigen Erklärungen ab, welche etwa menschliche Unterschiedlichkeiten anhand der biblischen Genesis, der Abstammung von den Söhnen Noahs oder der »Verlorenen Stämme Israels« zu belegen suchten (vgl. Stuurman : ). Neu war aber vor allem, dass er mit den üblichen Darstellungsformen der früheren Naturforscher brach. Diese hatten sich auf die Variabilität und Monstrosität der Natur konzentriert und waren damit nicht in der Lage gewesen, eine allgemeine Ordnung der natürlichen Vielfalt zu entdecken (vgl. Daston/Galison : ). Bernier ermöglichte demgegenüber mit seinem Klassifkationsentwurf jene Probleme zu lösen, die mit der kolonialen Expansion und der damit einhergehenden explodierenden Vielfalt an in Europa bekannten Gesteinsformationen, Pflanzen, Tieren und Menschen entstanden waren. Die Erkundungen der ›Neuen Welt‹, Afrikas und Asiens brachten eine Fülle an Materialien und Untersuchungsgegenstände nach Europa, die von den Wissenschaftlern nicht mehr sinnvoll mit den alten Beschreibungs- und Ordnungsprinzipien zu bearbeiten waren. Allein die Beschreibung der diversen Wunder und Varietäten führte die Naturforscher an eine Grenze des noch Bearbeitbaren und Darstellungsfähigen (Lestringant ). Für diese Fülle und ebenso für die Debatten um den Status von Sklaven bot Bernier eine Ordnungsform an, mit der zum einen die vorfndliche Vielfalt gebändigt und zum anderen grundlegende, kategoriale Unterschiedlichkeit zwischen Menschen konstatiert werden konnte. Seine »neue Einteilung« erschien zu einer Zeit, als der französische Sklavenhandel massiv zunahm. , ein Jahr nach dem Erscheinen von Berniers Text, verabschiedete der französischen König ein umfangreiches Gesetz zum Sklavenhandel und zur Ordnung in den Kolonien. In diesem Dekret, dem »Code Noir«, einer »Sammlung der Erlasse, Anweisungen und Urteile über die Negersklaven von Amerika«, wurden ähnliche Vorgaben wie in den spanischen Statuten über die Reinheit des Blutes festgelegt. So duren etwa Jüdˍinnen sich nicht in den Kolonien aualten und allen Menschen, inklusive der Sklaven, war nur die römisch-katholische Religion erlaubt. Bernier bot mit seiner neuen Systematik ein Ordnungssystem an, das physische Unterschiede als Zeichen einer weitreichenden Differenz einsetzte und erzeugte schließlich einen Wechsel im Diskurs um menschliche Unterschiedlichkeit. Er begründete damit jene bis heute gültige Suche nach einer einfachen Aueilung und Klassifzierung der Menschheit in Rassen. Einer der Rezipienten Berniers war der deutsche Anatom und Wegbereiter der Anthropologie Johann Friedrich Blumenbach, der mit seinen Erweiterungen 72 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK der Rassen-Konzeptionen als eine zentrale Figur für die Entwicklung des wissenschaftlichen Rassismus bezeichnet werden kann. Einen nachhaltigen Einfluss erreichten vor allem Blumenbachs umfangreiche schädelkundliche Untersuchungen, seine Typologie physischer Differenzen und die  eingereichte Dissertation »Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte«. Sein Klassifkationsschema, mit dem er die Menschheit in »fünf festgesetzte Hauptvarietäten« bzw. »Rassen« 12, und zwar die »kaukasische, mongolische, äthiopische, amerikanische, malayische« (Blumenbach : ) unterteilte, wurde zum Grundmodell vieler nachfolgender Rasse-Kategorisierungen. Zudem fndet der von ihm geprägte Begriff »caucasische Rasse« als Bezeichnung für die »Europäer mit Ausnahme der Lappen« (: ) noch immer Verwendung als Umschreibung für europäische Abstammung, etwa im US-amerikanischen Zensus sowie in der Medizin und der Psychologie. Blumenbachs Systematik und die sich daran orientierenden schädelkundlichen Untersuchungen begründeten schließlich die Entstehung einer eigenen Disziplin, der Craniometrie bzw. Craniologie, die über mehr als ein Jahrhundert das wichtigste Untersuchungsfeld rassenkundlicher Forschung blieb, und seine Arbeiten waren für die vergleichenden Anthropologen des . Jahrhundert immer wieder ein wichtiger Referenzpunkt. Große Bedeutung für die weitere Verwendung und den Ausbau der Rassekonzepte hatten darüber hinaus die Schrien Carl von Linnés, einige Texte Immanuel Kants sowie die Evolutionstheorie von Charles Darwin. Schon vor Blumenbach teilte der schwedische Naturforscher Linné in seiner biologischen Taxonomie »Systema Naturæ« von  die Menschheit in vier Varietäten (homo variat) ein, denen er in späteren Auflagen des Werkes spezifsche körperliche, charakterliche und sittliche Merkmale, bezogen auf Hautfarbe, Haare, Charakter, Temperament, Geist sowie Kleidung zuordnete. Linnés Innovation war es, die gesamte Natur anhand von wenigen gemeinsamen physischen Charakteristika hierarchisch in Gruppen anzuordnen. Auch die Menschen fasste er wie die Pfanzen und Tiere anhand von Merkmalsbeschreibungen in Variationen zusammen. Unter Zuhilfenahme der vorherrschenden medizinischen Viersäftelehre wies er dem Homo europæus positive Bewertungen als »weiß, heiter-lebha, muskulös, durch Gesetz regiert und zu Erfndungen geschickt« zu und versah die nichteuropäischen Varietäten mit deutlich abschätzigen Wertungen, indem er diese als »gallig, cholerisch, melancholisch, steif, bosha, faul, lässig, phlegmatisch und schlaff« beschrieb 13 (Linné :  f.). 12 In den verschiedenen »durchgehend verbesserte[n]« Auflagen seines »Handbuchs der Naturgeschichte« findet ein Wechsel von der Bezeichnung »Varietät« über »Raçe« zu »Rasse« statt. 13 Siehe Abbildung . Schon in der ersten Auflage der »Systeme naturae sive tria naturae systematice proposita per classes, ordines, genera et species« von  nimmt er eine viergliedrige GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 73 Für den deutschsprachigen Diskurs um die Rassen des Menschen sind die Arbeiten des Aulärers Kant von besonderer Relevanz. Er verwendete den Begriff »Race« in mehreren seiner Vorlesungen und Aufsätze 14 und erzeugte eine nachhaltige Wirkung, weil er über die Klassifkation und Wertung der Menschengruppen hinaus auch Spekulationen über die »unausbleibliche erbliche Eigenthümlichkeit« (Kant : ) anstellte und die Hautpigmentierung zur Unterteilung der von ihm konstatierten vier »Abartungen« bzw. »Racen« verwendete. Er konstatierte die Überlegenheit der Menschen des »gemäßigten Erdstrichs«, welche er »in ihrer größten Vollkommenheit in der Race der Weißen« sah (Kant : ) und spekulierte über die Auswirkungen der »Rassenmischung«, die »Halbschlächtige« oder »Blendlinge« erzeuge (:  ff.; vgl. auch Eisler : ). Als Aulärer ging es ihm um die Bestimmung des Menschen (Was ist der Mensch?) und um die Begründung einer Ethik (Was soll ich tun?). Sein Menschenbild formierte sich um den Besitz der Vernunft, die nur den Menschen kennzeichne und die sich in seiner zentralen Defnition der Aulärung als »Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit« ausdrückt. Während er als allgemeinen Wahlspruch der Aufklärung ausrief: »Sapere aude! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!« (Kant : ) sprach er »Schwarzen« den Besitz eben jenes Verstandes ab und folgerte, dass diese »keine Menschen« seien. 15 Kants Rassebegriff, inklusive der damit verknüpften Bedeutungskonstruktionen, fand in der zweiten Häle des . Jahrhunderts im europäischen Raum weite Verbreitung. Darwin griff die bestehenden Rassevorstellungen auf und verband den Begriff in seinem  publizierten Werk »Die Abstammung des Menschen« mit Spekulationen über dessen Entstehung in Afrika. Von einer linearen evolutionären Fortentwicklung ausgehend formulierte er, dass in »einer künigen Zeit […] die zivilisierten Rassen der Menschheit wohl sicher die wilden Rassen auf der ganzen Erde ausgerottet und ersetzt haben« werden. Dann werde der Abstand zwischen dem zivilisierten »kaukasischen« Menschen und dem Affen vergrößert sein und nicht mehr, »wie jetzt zwischen einem negro oder australian und dem Gorilla« liegen (Darwin :  f., Hervorh. und Übers. aus dem engl. Original TP). Einteilung vor, benennt diese jedoch erst in der Auflage von  (S. ) als homo variat und fügt in der zehnten Auflage  somatische Kriterien und geistig kulturelle Eigenschaften hinzu. In der  veröffentlichten Aufstellung »Fauna Suecica« nimmt er außerdem eine Einteilung der Schweden in »Gothen, Finnen, Lappen und Mannigfaltige« (Gothi, Fennones, Lappones, Varii & Mixti) vor, die er ebenfalls anhand physischer Merkmale des Körpers, der Haare und der Augen unterscheidet (Linné : ). 14 »Physische Geographie« (Kant ); »Von den verschiedenen Racen der Menschen« (Kant ) und »Bestimmung des Begriffs einer Menschenrace« (Kant ). 15 Zitiert nach Monika Firla (: ), die hierfür auf Johann Gottfried Herders Mitschrien von Kants Vorlesungen über »Physische Geographie« im Wintersemester / verweist. 74 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Abbildung : Vier Varietäten der Menschen (mit einer fünen Sonderform) Seitenausschnitt aus Carl von Linnés »Systema Naturæ«, . Aufaae von . Die in den Beschreibunaen enthaltenen Wertunaen werden an der auf der Temperamentelehre basierenden Zuordnuna der Hautfarben »rufus, albus, fuscus (später luridus), niaer [rot, weiß, braun (fahl), schwarz]« zu »cholerisch, sanauinisch, melancholisch, phleamatisch« deutlich: »Europæus: albus, sanauineus, torosus [weiß, leichtblütia, muskulös] … Regitur Ritibus [wird regiert durch Reaeln, Bräuche].« Linné beschrieb noch eine fünfte Variante, die er Montrosus nannte und in der er eine Sammluna mythischer Erzählunaen zusammenfasst. GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 75 Die anaeführten frühen wissenschaftlichen Kateaorisierunaen aller möalichen Erscheinunaen der Natur und mit ihr der menschlichen Vielfalt erzeuaten eine nachhaltiae Wirkuna auf die Ordnuna des Menschen in der Moderne. In Nachfolae dieser ersten Ordner und Systematisierer der Auläruna werden bis heute menschliche Gruppen konstatiert, die anhand äußerer Merkmale und aeoaraphischer Herkun zugeordnet werden. Diese Merkmale werden zudem mit Vererbungskonzepten zu einer biologisch-körperlichen Statik (»unausbleibliche erbliche Eigenthümlichkeit«) verbunden und mit hierarchisierenden Wertungen versehen. Die Kategorisierung der Aufklärung war nicht nur bedeutungs- und effektvoll, insofern mit ihr die beobachtbare Vielfalt entlang einer rationalen Logik sortiert werden konnte, sondern zudem Ansatzpunkt für neue Legitimationspraxen und Ausgang immer wieder neuer wissenschalicher Erkundungen. Akademisierung und Naturalisierung: Boom der Rassen-Anthropologie Ausgehend von den ab Ende des . Jahrhunderts entwickelten Grundkonzepten zur Systematik menschlicher Vielfalt und den ersten typologischen Forschungen entwickelte sich im . Jahrhundert eine umfangreiche Rassen-Anthropologie, die mit verschiedensten Klassifkationsmodellen, diversen Messmethoden und einer Fülle von Differenzmarkern eine schier gigantische Menge von Studien und Daten erzeugte. Mit diesen Daten sollte die kategoriale Unterschiedlichkeit der Rassen und die Minderwertigkeit der ›Anderen‹ – insbesondere von Schwarzen, aber auch von Frauen, Juden/Jüdinnen etc. – bewiesen werden. Für die Konstruktion ›natürlicher Differenz‹ und den daran gekoppelten wissenschalichen Nachweis einer Hierarchie zwischen den konstituierten Gruppen erwiesen sich Rassentheorien als besonders ergiebig, sowohl in Bezug auf politische Funktionalität als auch als Mittel wissenschaftlicher Forschung. Mit dem Rassebegriff konnten sich immer wieder unterschiedliche Ansätze der Differenzforschung zum Menschen formieren, die einerseits wissenschaftlich anerkannte Ergebnisse erzeugten, andererseits allerdings immer auch neue Fragen und weitere Forschung inspirierten. Rasse avancierte damit nicht nur zu einem Leitbegriff der Rechtfertigung von Ausbeutung und Beherrschung, sondern darüber hinaus zu einem wirkungsreichen wissenschalichen Konzept, um das sich immer wieder entscheidende Fragen des Menschlichen, von Zugehörigkeit und Ausschluss, Privilegien oder Diskriminierung, Leben und Tod drehten. Die Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Rasse bestimmte in den Kolonien wie in den europäischen Nationalstaaten über den Besitz oder den Entzug grundlegender Rechte. Die Selbstkonstruk- 76 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK tion der europäischen Moderne auf Grundlaae eines rationalen Weltverständnisses, politischer Brüderlichkeit, Freiheit und Gleichheit erfolate in Abarenzuna und Geaenüberstelluna zu dem Konstrukt der ›Anderen‹, denen die Fähiakeit zu Rationalität, Selbstreaieruna und Zivilisation abaesprochen wurde. Neben ihrer politischen Dimension als exklusiver Beariff der Zuaehöriakeit oder des Ausschlusses wurde Rasse in wissenschalichen Erörterungen zu einem Forschungsmotor, mit dem immer wieder neue Ordnungen erzeugt wurden. Über diese Ordnungsfunktion hinaus hatten die Forschungen aber nicht nur Variationen des Menschen, sondern grundlegende Differenzen zu belegen. Die aufwendigen Vermessungen tausender und abertausender Schädel, die Berechnung des Gehirngewichts mit unterschiedlichen Verfahren, die Intelligenzquotient-Tests dienten jeweils der Bestätigung der implizit oder explizit vorausgesetzten und mit den Untersuchungen wissenschalich zu bestätigenden Inferiorität der Anderen (Gould ). Mit der Bestätigungsforschung zum wissenschaftlichen Nachweis kategorialer Unterschiede und einer Hierarchisierbarkeit menschlicher Gruppen entstand ein hochproduktives Wissensfeld, das immer wieder in andere Bereiche hineinwirkte, auch von außerwissenschalichen Annahmen angetrieben wurde und wieder auf außerhalb liegende Domänen ausstrahlte. Am Kulminationspunkt imperialistischer Eroberungen im . und zu Beginn des . Jahrhunderts erreichten auch die wissenschaftlichen Ausarbeitungen zu Rasse ihren Zenit (vgl. El-Haj ). Verwendungsweisen und Funktionen des Begriffs in Wissenschaft, Politik und Alltagsmythen wurden derart eng verknüpft, dass sie sich seit dieser Zeit kaum mehr sinnvoll voneinander trennen lassen. Alltagsweltliche Rassismen sowie staatliche Ausbeutungs- und Exklusionspraktiken wurden mit einem biologischen Rassebegriff fest verknüpft und umgekehrt Rasse zu der Chiffre wissenschaftlicher Verbesonderung, deren Differenzproduktion weitere Ungleichbehandlung sicherte. Über diese Verwicklungen von Rasse hinaus konsolidierten die aus ihr entwickelten Argumentationsmuster eine Legitimationsordnung, in der auch verschiedene weitere Diskriminierungsformen wie Sexismus, Antisemitismus, Imperialismus und Nationalismus wirkten und sich diskursiv gegenseitig stützten. Es ist dieses Konglomerat aus der Erzeugung natürlicher, objektiver Faktizitäten, der Erschaffung und Fortschreibung von Normen anhand statistisch ermittelter Standards und einer wissenschaftlichen, gesellschaftlichen autorisierten Wirkmacht, das naturwissenschaftliche rassifzierte Differenzproduktion zu einer der zentralen Voraussetzungen des eliminatorischen Rassismus machte. Innerhalb der Disziplinen, die sich mit Menschenrassen beschäftigten, bewirkte diese Verknüpfung von politischer und allgemeingesellschaftlicher Relevanz sowie wissenschalichem Drang, menschliche Variabilität zu ordnen, einen immensen Professionalisierungsschub und eine Ausweitung der Forschungspraktiken und GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 77 eorien. Seit Beainn des . Jahrhunderts beschäigte sich eine Unmenge von Forschern mit Rassen und brachte dabei eine Unzahl verschiedener Klassifkationen zustande. Teilten Bernier, Linné und Kant die Menschheit in vier Rassen ein (wenn auch mit sehr unterschiedlichen Zuordnungen), so hielt schon Blumenbach fünf für richtig. Georges-Louis de Buffon entdeckte sechs, Oscar Peschel fand sieben, Louis Agassiz ermittelte acht, Charles Pickering schließlich elf. Samuel G. Morton sah schon , Jean Baptiste Bory , John Crawfurd zählte , George Gliddon kam auf  und Joseph Deniker allein in Europa auf  in  Gruppen (vgl. Grimm ). Zur Klassifzierung erfanden die Forscher eine Reihe von Messinstrumenten wie spezielle »Tast- und Gleitzirkel«, Farbkarten und Skalen, nutzen elaborierte statistische Methoden und erstellten Unmengen an Datenkolonnen, Tabellen und Diagrammen. Für diese Messungen wurden verschiedene Indizes zu Längen- und Größenrelationen, dem Längen- und Breitenverhältnis des Gesichts, der Gesichtswinkel etc. ersonnen. Doch auch mit den neuen Bestimmungsmitteln und den aus den erzeugten Daten ermittelten Gruppen stellten die Systematiker stetige Vervielfältigungen ihrer Rasseneinteilungen her. In der Anthropologie wurde dieses Problem gesehen, und darauf zumeist mit einer Ausweitung der Untersuchungen, mit neuen Messmethoden und neuen Indizes reagiert. Diese Ausweitung und Vervielfältigung der anthropologischen Studien erzeugte schließlich gegen Ende des . Jahrhundert eine wahre »Erhebungswut« (Hanke ), in der Unterschiede der Menschen – neben rassischen auch geschlechtliche, sexuelle, charakterliche und mentale – mit einer nie dagewesenen Akribie angesammelt wurden. Als markanter Ausdruck dieser Entwicklung können die Untersuchungen des Anthropologen Aurel von Török gelten, der  allein für den Schädel   Einzelmaße vornahm (vgl. ebd.:  u. Massin : ). Auf dem Höhepunkt der Schädelvermessung und Erstellung von Indizes konnte also keine einheitliche Einteilung der Rassen in klar abgegrenzte Gruppen erzeugt werden. Für die Untersuchungsmöglichkeiten bedeutete das jedoch keine Einschränkung. Stattdessen schien vielmehr alles, was sich messtechnisch erfassen oder auszählen ließ, wert, registriert zu werden. Über die Messungen am Schädel und anderen Knochen hinaus waren das fortan vor allem Farbbestimmungen von Haut, Haaren und Augen, aber auch weniger naheliegende Merkmale wie die Gestalt der Handfalten (sog. Fingerbeerenmuster), die Form der weiblichen Brust, die Konsistenz des Ohrenschmalzes oder die Defäkationsdauer, von denen schließlich viele bis zu ihrer Ablösung durch populationsgentische Untersuchungen an Proteinen und den molekularbiologischen Methoden Bestand haben sollten. 16 Unzäh16 Knußmann führt in seinem Lehrbuch der Anthropologie (: , ) zur Übersicht über die »Merkmalsbilder der  rassischen Hauptgruppen« noch über  Merkmale von Mess- 78 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK liae Messpunkte auf den Körpern dienten zur Erfassuna, und aus ihnen ließen sich weitere Verhältniswerte und Mittelmaße errechnen. Mit den Hilfsmitteln der »mechanischen Objektivität« (Daston ) erzeugten die Anthropologen eine weitreichende Instrumentalisierung und Quantifzierung ihrer Disziplin. Wissenschaliche Wahrheit über menschliche Differenz sollte fortan durch Messung und Berechnung und mittels mathematischer Verfahren erzeugt werden (El-Haj ; Rheinberger/Müller-Wille ). Für den damit einhergehenden Prozess der Professionalisierung der Wissenschaen vom Menschen wurde der Rassebegriff und die um ihn entwickelten Konzepte ab dem . aber vor allem im . Jahrhundert zu einem der wichtigsten Antriebe des Forschens und Theoretisierens. Seine wissenschaftlich produktive und darüber hinaus politisch und gesellschalich integrierende Kra ist nicht zuletzt einer der gewichtigen Gründe, weshalb Rasse bisher nicht einfach aus den Wissenschaen verabschiedet wurde. Jedoch bewirkten wissenschaliche Taxonomien anhand rassischer Modelle nicht nur die Produktion ordnungsstiender Kategorien, sondern erzeugten schon bald auch Gegenbewegungen, die im Mittelpunkt der folgenden Überlegungen zu Antirassismus stehen. Antirassismus: Von der Kritik an Rasse zur Zurückweisung des wissenschaftlichen Rassismus Die wissenschaliche Aueilung der Menschheit in Rassen konnte von Anfang an keine rein ›objektiv wissenschaliche‹ bzw. unpolitische Ordnungssuche sein, da alle Bemühungen schon in die Debatten über den Status des Menschseins der ›Anderen‹ in den Kolonien, die Abstammung der Menschen und die göttliche Schöpfungsgeschichte verstrickt waren. Während der Schriftsteller und Philosoph Johann Gottfried Herder als Schüler von Kant in dessen Vorlesungen / noch jene Einteilungen und Hierarchisierungen der »Racen« und sein Negieren des Menschseins von Afrikanerˍinnen mitschrieb, äußerte er sich zwei Jahrzehnte später in seinen eigenen »Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit« aber klar gegen eine Rasseneinteilung: »[W]eder vier oder fünf Racen, noch ausschließende Varietäten giebt es auf der Erde« (: ) Als Humanist ist er fortan von einer fundamentalen Einheit des »Menschengeschlechts« überzeugt, stellt die Vernunft als Charakteristikum menschlicher Natur heraus und weist die Bedeutung punkten an Rumpf und Gliedern, Hinterkopf und Gesicht, Haar, Hautleisten, Blutmerkmalen, PTC-Schmeckfähigkeit, Ohrenschmalzkonsistenz und Hautgeruch aus. Siehe zu verschiedenen Differenzmerkmalen auch Schwidetzky  sowie die Ausführungen im Kapitel »Genetifzierung«. GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 79 von Hautfarben für die Einteiluna von Menschen zurück, da diese ledialich oberfächliche Erscheinunaen seien (ebd.  u. ; vgl. Löchte ). Entgegen der verbreiteten Historisierung, in der die frühen Rassentheoretiker als im Zeitgeist verfangen dargestellt werden, ist hervorzuheben, dass auch in der Frühzeit der Rassenkunde von verschiedener Seite umfangreiche Kritiken formuliert wurden, begründet etwa mit der christlichen Schöpfungslehre, mit einer humanistisch inspirierten Einheit sowie mit aufklärerischen Gleichheitsvorstellungen. Entsprechend können die Rassentheoretiker nicht pauschal entschuldigt werden. »Kant entschloss sich ganz bewußt zu seinen rassistischen Thesen«, schlussfolgert in diesem Sinne die Geisteswissenschalerin Monika Firla (: ), und es ließe sich hinzufügen: wie die anderen Rasseapologeten auch. Da Rasse von Anbeginn an eine umstrittene Kategorie, ein umkämpes Wissensfeld zur Ordnung menschlicher Natur war, war es immer auch eine politische Entscheidung, ein bestimmtes Rassekonzept als wissenschaliches zu propagieren. Zur politischen Aufladung kam noch hinzu, dass die Kriterien zur Defnition von Rassen umstrittener waren (und nach wie vor sind) als etwa der (auch immer wieder strittige, aber letztlich konsensuellere) Artbegriff. Nichtsdestotrotz gelang es den Aulärern, Naturphilosophen und Anthropologen, den Rassebegriff als wissenschalich zu etablieren. Insbesondere für die Konstituierung und Außenwirkung des Fachs Anthropologie spielten die Forschungen zu den Rassen der Menschheit eine zentrale Rolle. Mit der politischen Funktionalität des Wissens über die Differenz zwischen den Rassen und besonders des Wissens über die Inferiorität der ›Anderen‹ konnten zudem Regierungshandlungen ausgeweitet werden, die auf die Bevölkerung, ihre Vermehrung sowie die Verbesserung ihrer Gesundheit und Produktivität zielten. Im Rahmen dieser Funktionalität konnten Rassevorstellungen weitgehend sowohl als populäres Allgemeingut als auch in Form wissenschaftlicher Konzepte stabilisiert werden. So gingen wissenschaftliche Rassekonzepte zum Ende des . Jahrhunderts in vielfältige politische Vorgaben und legislative Ordnungen zur Regulierung der Menschen in den Kolonien wie in den Kolonialländern ein. Ab  verankerten die Südstaaten der USA die »Rassentrennung« gesetzlich für öffentliche Bereiche, Schulen, Restaurants etc. In zahlreichen Kolonien nahmen die Kolonialregierungen rassische Unterteilungen der Bevölkerung vor. Ausgrenzungspolitiken unter Verweis auf Rassentheorien gingen mit Antisemitismus und im beginnenden . Jahrhundert schließlich mit Eugenik eine immer engere Verbindung ein. An dieser Ausweitung und Einbindung von Rasse auf vielfältigen Ebenen sowie an ihrem Eingang ins Allgemeinwissen waren aber nicht nur die Biowissenschaften, sondern auch die Geistes- und die im Entstehen begriffenen Sozialwissenschaften maßgeblich beteiligt. 80 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Im Zuae der immer stärkeren Verwickluna von Rassekonzepten mit antisemitischen und euaenischen Ideoloaien sowie mit politisch-leaislativen Ordnunasund Ausschlusspraktiken kam es aeaen Ende des . Jahrhunderts auch zur Ausweitung jener Kritikformen, die nicht lediglich auf eine »Verbesserung« der Untersuchungen oder auf die »richtigen« zu messenden Merkmale zielten. In Auseinandersetzung mit den vielfältigen politischen Implikationen entwickelte sich in jener Zeit eine grundlegende Kritik, die zunächst aus einer fachexternen Position – insbesondere aus den Sozialwissenschaen – formuliert wurde. Mit dieser wurden die biowissenschalichen Einteilungen der Menschheit in Rassen und deren Defnition über psychische, moralische, charakterliche und ähnliche Eigenschaen massiv infrage gestellt. Zwar lässt sich ein Anfangspunkt für das Einsetzen derartiger Kritiken nicht klar festlegen, da der Rassebegriff und die Einteilungen der Menschheit zum einen von Beginn an in kontroverse Auseinandersetzungen um die Implikationen der Aueilungen und um die ›richtige‹ Behandlung der ›Anderen‹ eingebunden war. Zum anderen sind viele der frühen Einwände aus heutiger Sicht als äußerst ambivalent zu werten, da sie o selber rassistisch argumentierten. 17 Ein Großteil der kritischen Argumentationen agierte zunächst nur gegen einige Aspekte der vorherrschenden Rassentheorien und verblieb in anderen Gesichtspunkten im rassistischen Diskurs, indem etwa Theorien der »Reinerbigkeit«, der »Degeneration durch Rassenmischung« oder der »Minderwertigkeit« der ›Anderen‹ bekämpft, dennoch aber unterschiedliche Rasseneigenschaften z. B. im »Temperament«, »Charakter« oder in »geistigen Eigenschaften« angenommen wurden. So übte etwa der Pfarrer und Publizist Carl Jensch mit seinem Essayband »Sozialauslese: Kritische Glossen« von  eine verhaltene Kritik an den biologischanthropologischen Ideologien der »Rassenverbesserungen«, »Auslese« und rassischen Klassifkation der »Lang- und Rundköpfgkeit«, rückte aber dennoch ein Verständnis von Rassen als kulturell und von der Umwelt determiniert in den Vordergrund. In vergleichbarer Weise übte auch der Anthropologe Léonce Manouvrier  Kritik an Einteilungen von Rassen anhand des »Schädelindex« 17 Eine historische Bearbeitung und systematische sozialwissenschaliche Aufarbeitung der Geschichte, Inhalte und Ausdrucksformen des Antirassismus existiert bisher nicht. Statt die konkreten Beiträge zur Entwicklung des Wissens über Rasse, die Prozesse der Rassifzierung zu untersuchen, wird in vielen existierenden historischen Arbeiten Rasseapologeten ein Persilschein ausgestellt oder sie gelegentlich sogar zu Antirassisten uminterpretiert, weil bei ihnen etwa partialen Kritiken an Ansätzen ihrer Kollegen zu fnden sind. Für die hier vorgenommene Untersuchung nehmen die um die Wende zum . Jahrhundert entstehenden Kritiken eine wichtige Rolle bei der weiteren Entwicklung biowissenschalicher Rassekonzepte ein. Siehe hierzu die Ausführungen im Kapitel »Genetifizierung« sowie »Analytik rassifzierender Gesellschaen«. GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 81 und sprach sich aeaen bioloaisch determinierte Vorstellunaen und für eine Sozialphilosophie aus, die Persönlichkeit und Charakter als durch die Umwelt beeinfusst bearei. Als einer der ersten sozialwissenschalichen Kritiker griff der Soziologe William Isaac Thomas 18  in dem Artikel »e Scope and Method of Folk-Psychology« die Praktiken rassischer Klassifkationen an, vor allem jene, die Hirnvolumen mit Intelligenz in Verbindung brachten (vgl. Bös : ). Dieser Perspektive der kritischen Einlassungen ist nun weiter zu folgen, indem sie zunächst inhaltlich und analytisch skizziert wird, um darauf folgend auf eine wesentliche Intervention – die UNESCO-Statements zur Rassenfrage – zu sprechen zu kommen. Kritiken: Gegen Bio-Essentialismus, Determinismus und Hierarchisierung der Rassen Auf Basis der genannten Ansätze entwickelten sich um die Jahrhundertwende neue umfassendere Kritikperspektiven, die über Einzelaspekte sowie religiös oder humanistisch inspirierte Argumente hinausgingen. Diese stellten die bestehenden »Rassentheorien« mit wissenschalichen Mitteln bezüglich ihres biologischen Determinismus und daran geknüpe Ableitungen zur Weltgeschichte, zur Entwicklungsfähigkeit von Nationen sowie zu Wertsetzungen und Hierarchisierungen in Frage. Jene Kritiken entwickelten sich in drei zwar unterschiedlichen, aber an einigen Punkten miteinander verbundenen Kontexten: Erstens im Zusammenhang mit einer ausgreifenden Debatte um Antisemitismus in Frankreich und Deutschland, zweitens im Rahmen einer Auseinandersetzung um die Anwendbarkeit biologischen Wissens auf gesellschaftliche und politische Fragen, letztlich in Bezug auf Determination, Degeneration, Ungleichheit, Moral und Solidarität und drittens in Verbindung mit Kontroversen um die »race question« in den USA. Vor dem Hintergrund sowohl der Auseinandersetzungen um Antisemitismus, insbesondere in Folge des von Heinrich von Treitschke entfachten »Berliner Antisemitismusstreit« von -, als auch im Kontext der wissenschaftlichen Erörterungen zur Anthropologie der »jüdischen Rasse«, entstand um  eine umfängliche Kritik an Antisemitismus, an hierarchischen Zuordnungen und vermeintlich wissenschalich belegten Unterschieden zwischen Jüdinnen/Juden und der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung (Deutschen, Französˍinnen etc.). So klagte beispielsweise der Jurist Ludwig Fuld in der  erschienen Streitschri »Antisemitismus in der Wissenschaft« eine Reihe von Wissenschaftler an, die ihm 18 Jener omas, der  gemeinsam mit Dorothy omas das ›Grundgesetz der Soziologie‹, das omas-eorem formulierte. 82 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK zufolae ihre Arbeit in den »Dienst von Parteiunaen« stellten und mit der von ihnen voraenommenen »Rassen- und Reliaionsverhetzuna nicht die Objektivität« der Wissenschaft wahrten (:  ff.; vgl. Lipphardt b). Der Diplomat Heinrich von Coudenhove-Kalergi veröffentlichte  die Abhandlung »Das Wesen des Antisemitismus«, in welcher er verschiedene Argumente gegen einen »Rassenantisemitismus«, gegen die Vorstellung einer sich von »Ariern« unterscheidenden »semitischen Rasse« sowie gegen die verbreitete Lehrmeinung, dass »Rassenmischung« schädlich sei, anführt (Coudenhove-Kalergi ). Eine dezidierte Auseinandersetzung mit einem Großteil der zu seiner Zeit vorherrschenden Rassekonzepte veröffentlichte  der österreichische Soziologe und Nationalökonom Friedrich Otto Hertz in den beiden Bänden »Moderne Rassentheorien. Kritische Essays« sowie »Antisemitismus und Wissenscha«, in welchen er gegen die ese vom »Rassenkampf« als Hauptfaktor der Geschichte, gegen die angebliche »Affenähnlichkeit Schwarzer« und gegen die Degeneration durch »Rassenmischung« vorgeht und den »Rassentheorien« die Wissenschalichkeit abspricht: »Der Rassentheoretiker hat ein Leitprinzip mit dem sich eigentlich alles beweisen und erklären lässt. Er lehnt die Einfüsse der Aussenwelt ab und erklärt alles aus ›Rassenzügen‹« (Hertz a: ). Gegen die verbreiteten Methoden der Anthropologie, die Vermessung der Schädel, Gehirngewichte und Untersuchungen zur Pigmentierung der Haut und Haare, wendet er ein, dass »[s]owohl die Grösse, als die Konstanz der Rassenmomente unglaublich übertrieben« würden. Stattdessen plädierte er für ein »soziales Schauen« und formulierte eine Kritik an Differenz-Essentialisierungen, da die »zwischen den entferntesten Gliedern einer Sprachfamilie oder Rasse bestehenden Kulturunterschiede grösser sind als die zwischen zwei beliebigen Rassen als Ganzes« (ebd.: II,  u.  f.; siehe auch Hertz b). Der zweite Strang dieser neuen Kritikform entwickelte sich in den Auseinandersetzungen um die Relevanz biowissenschaftlichen Wissens für gesellschaftliche und politische, moralische bzw. ethische Fragen und Probleme. So veröffentlichte der Soziologe Jean Finot  den Band »Le préjugé des races«, in welchem er gegen die Existenz vererbbarer biologischer Charaktereigenschaen und intellektueller Fähigkeiten argumentierte. Statt auf Rasse begründete er die »organische Ungleichheit unter den Menschen« auf der individuellen Ebene und hielt den Begriff »Rasse« für »ungeeignet, den spezifschen Charakter der in ewigem Fluß befndlichen Verschiedenheiten zwischen den Gliedern der menschlichen Einheit zu umgrenzen« (Finot : ; ). Die Bezeichnung Rasse sei »ein Erzeugnis unserer Geistesgymnastik, der Tätigkeit unseres Intellekts außerhalb der Wirklichkeit«, sie bestünde lediglich als »eine Fiktion unseres Gehirns« (ebd). In ähnlicher Weise argumentierte der Anthropologe Franz Boas in verschiedenen Studien GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 83 ( u. ) zur Vererbung der Kopfform, in denen er physische Merkmale der Kinder von Immigrantˍinnen vermaß und nachwies, dass die als »Rassenmerkmale« verwendeten Kopf- und Körpermaße nicht über die Generationen stabil waren und dass es keinerlei physische Differenzen zwischen sogenannten »Primitiven« und »Zivilisierten« gebe. Boas stellte mit seinen Forschungen nicht nur die Vermessungen der Rassenanthropologen in Frage, sondern ebenso jenen Nachweis der Minderwertigkeit der ›Anderen‹, der in der vergleichenden Schädelvermessung eingeschrieben war, da der Sitz des Gehirns schon als Ort der Vernun galt und ein vermeintlich kleinerer Schädel der nichteuropäischen Rassen (wie auch von Frauen) im Rahmen der vorherrschenden Basisannahmen rassistische Mythen bestätigten. 19 Zu den ersten Arbeiten der Kritik aus dem Kontext der Debatte um die »Race Question« zählen die Texte des US-amerikanischen Bürgerrechtlers und Soziologen W. E. B. Du Bois. Im Jahr  argumentierte Du Bois in dem Artikel »Heredity and the Public Schools«, dass »keine Abweichung vom europäischen Typus« hinreichend sei, um auch nur irgendeine »Theorie grundlegender menschlicher Differenzen darauf zu stützen«. Seine Arbeiten begründeten eine antiessentialistische und kritische Race eory, mit der schließlich ein Wechsel von den Biowissenschaen zur Politik, von der biologischen Taxonomie zur ematisierung von Ausbeutung und Unterdrückung vollzogen werden konnte (Du Bois : , siehe auch Du Bois  u. vgl. Bös ). In den folgenden Jahren erschienen weitere Kritiken einer Reihe von Akteurˍ innen, die sich gegen die Unwissenschalichkeit und Unangemessenheit der Rassentheorien wandten. Ab den er Jahren kamen außerdem Kritiken aus der im Entstehen befndlichen Populationsgenetik und der Kulturanthropologie hinzu, die vehement Vorstellungen wie die von vermeintlich angeborenen Charaktereigenschaen oder vom »Rassenkampf« ablehnten (Huxley/Haddon ; Haldane ; Dahlberg ; Dunn/Dobzhansky ; Benedict ). In diese Zeit fallen auch Interventionen, die mit den neuerschaffenen Begriffen »rassistisch« und »Rassismus« agieren sowie Vorschläge, den Begriff »Rasse« aufgrund seiner wissenschalichen Unzulänglichkeiten durch »Ethnie« oder »ethnische Gruppe« zu ersetzen. Als Buchtitel erschien der Begriff Rassismus Weltweit erstmals in dem in den er Jahren vom Berliner Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld geschriebenen (und posthum  veröffentlichten) Buch »Racism«, 19 Bezeichnend ist jedoch, dass die Grundannahme – die generationale Stabilität der Schädelgröße (und damit zusammenhängend der Hirnmasse) vor Boas offensichtlich keiner Untersuchung wert war. Die Materialität der Knochen schien den Forschern offensichtlich so mächtig, dass eine Änderung innerhalb einer Generation nicht denkbar sein konnte. 84 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK in welchem er aeaen die in Deutschland vorherrschende Nazidoktrin des »Rassenkampfes« anschreibt. Wie die Wissenschaftshistorikerin Veronika Lipphardt (a, b) zeigt, waren mit den Kritiken an den vorherrschenden Rassekonzepten im Wesentlichen Absagen an biologisch deterministische Vorstellungen und an die Werturteile, mit denen Rassen in höher und niedriger stehende eingeteilt wurden, verbunden, während gleichzeitig, zumindest in den biowissenschaftlichen Kritiken, in aller Regel dennoch von der Existenz biologischer Rassen ausgegangen wurde. Mit der Politisierung und Sozialisierung des Rassebegriffs durch die Kritik an biowissenschalichen Festschreibungen rassischer Charakteristiken und den damit verbundenen Wertungen entstanden jedoch zunehmend wirkmächtige Absagen an Rasse. Diese mündeten zum einen in eine sozialwissenschaliche Kritik an rassistischen Verhältnissen und zum anderen in die biowissenschalichen Infragestellungen der Taxonomiekategorie selbst. In den bisherigen Darstellungen zur Geschichte sozialwissenschalicher Kritiken an Rasse bleibt deren Bedeutung in der weiteren Entwicklung meist unterbelichtet, weshalb es notwendig wird, die Kritiken nach dem Zweiten Weltkrieg und insbesondere die Statements der UNESCO näher zu beleuchten. UNESCO-Statements zur »Rassenfrage« At mid-century, social scientists believed that they had won the battle with hereditarians over who could better explain the great human concerns of our era. Troy Duster : VII Eine neue Qualität der Kritik erreichten zwei Statements zur »Race Question« sowie zur »Nature of Race and Racial Differences« (UNESCO a, UNESCO b), die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Dach der United Nations Educational, Scientifc and Cultural Organization (UNESCO) mit dem Ziel ausgearbeitet wurden, das »Rassenvorurteil« zu beseitigen. Für das Verständnis der heutigen Relationen von Kritik an Rassekonzepten und biowissenschaftlicher Rasseforschung nehmen die Statements eine besondere Rolle ein, denn mit ihnen wurden die Kritiken auf eine sozialwissenschalich und zugleich politisch wirkmächtige Bühne gehoben. Besondere Bedeutung erlangte das erste Statement aufgrund der sofort einsetzenden internationalen Debatte. Beide Erklärungen erhielten darüber hinaus in den er Jahren einen zusätzlichen GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 85 Bedeutunaszuwachs, indem sie häufa als Marksteine einer Zäsur in der wissenschalichen Beschäigung mit Rasse dargestellt und o auch als schlussendlich verfasster Beweis der wissenschalichen Widerlegtheit von Rasseunterteilungen aufgeführt werden. Bemerkenswert sind die beiden UNESCO-Statements daher nicht nur, weil damit erstmals eine einfussreiche politische Institution eingesetzt wurde, um »wissenschaliche Fakten zu verbreiten«, die »rassische Vorurteile« (UNESCO : ) demontieren könnten, sondern weil diese von vielen Kommentatorˍinnen mit einer hohen Wirkmacht und wissenschalichen Aussagekra versehen werden. Nicht selten wird dabei der tatsächliche antirassistische Gehalt der Texte überbewertet, wenn etwa die Erklärungen so resümiert werden, als hätten diese »festgestellt, dass es keine wissenschaliche Basis für die Einteilung der Menschheit in Rassen gebe« (Räthzel : ). 20 Aus der Bedeutung, die die Statements aktuell haben und aus der Besonderheit ihres Entstehungszusammenhangs ergeben sich zwei Gründe für die dezidiertere Betrachtung: Zum einen ist es notwendig, die Rolle sozialwissenschaftlicher Kritik und deren Wirkung auf die weitere biowissenschaliche Beschäigung mit Rasse in den Blick zu nehmen, um die Dynamik von Rasseforschung seit den er Jahren zu verstehen. Zum anderen zeigen die UNESCO-Statements bei einer näheren Betrachtung auch auf, welche Interventionen mit der gewählten Form der Kritik möglich wurden und die weitere Geschichte von Rasse bis in die Gegenwart beeinfussten. Zwar sind in den letzten Jahren auch einige detaillierte Fallstudien 21 durchgeführt worden, aber in den bisherigen Darstellungen zu den UNESCO-Statements wird meist nur auf die Rolle einzelner Akteure oder die Auseinandersetzungen in den Biowissenschaen, aber nicht ausreichend auf die Rolle sozialwissenschalicher und politischer Intervention und deren Inhalte eingegangen. Das Besondere der UNESCO-Erklärungen ist jedoch nicht deren Kritik an vorherrschenden Rassekonzepten, sondern ihre Intervention in politische, wissenschaliche und rechtliche Bereiche zu Fragen um rassifzierende Teilungen. Anlass dieser expliziten 20 Tatsächlich findet sich in keinem der beiden UNESCO-Statements aus den er Jahren eine solche oder ähnliche Feststellung, und die dort vorgenommen Ausführungen lassen sich auch nicht derart zusammenfassen. Jedoch laden die Dokumente offenbar dazu ein, antirassistische Positionen als wissenschalich belegt zu sehen. Jedenfalls wäre so zu erklären, wie etwa omas Becker behaupten kann, »nach dem Schock des Holocaust« sei »im Auftrag der UNESCO bewiesen« worden, »dass über   des Genmaterials zwischen den unterschiedlichen Rassen identisch ist« (:  f.) oder Nina Degele, die die Einschätzung von Räthzel aufgrei und dabei ähnlich wie Becker eines der Ergebnisse des Humangenomprojekts (Venter )  Jahre vorverlegt: »denn ,  der DNA aller Menschen ist identisch« (: ). 21 Siehe etwa Provine , ; Weingart/Kroll/Bayertz ; Shipman ; Müller-Wille ; Reardon ; Brattain . 86 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Politikanbinduna waren allerdinas kaum neue wissenschaliche Erkenntnisse, sondern Veränderungen in der Rolle und Funktion gesellschalich-politischer Problematisierungen. Wissenscha konnte in Folge ihrer Verwicklung in die Vernichtungspolitiken des Nationalsozialismus nicht mehr als völlig eigenständige und nur neutralem Wissen verpflichtete Institution gesehen werden. Das eingedenkend wurde ihr nun dementgegen die Fähigkeit zugeschrieben, insbesondere mit sozialwissenschalichen Kritiken und mit »wissenschalichen Fakten« zu verdeutlichen, dass – wie im ersten Statement formuliert – Rasse »weniger ein biologisches Phänomen als vielmehr ein sozialer Mythos ist« (UNESCO : ). Hintergrund des ersten UNESCO-Statements von  ist die historische Situation des am . Juni  erfolgten Angriffs des Deutschen Reichs auf die UdSSR. Kurz darauf fanden am . August  Verhandlungen zwischen den Regierungschefs der USA und Großbritanniens statt, bei denen neben Waffenlieferungen der USA an Großbritannien und die UdSSR auch ein Nachkriegsprogramm, die sogenannte »Atlantik-Charta«, vereinbart wurde. In dieser schrieben die beiden Großmächte unter anderem den »Verzicht auf territoriale Expansion« sowie die Friedenssicherung und den Verzicht auf Gewaltanwendung und Abrüstung fest (Offce for Emergency Management et al. ). Die Atlantik-Charta wurde Grundlage der  verabschiedeten »Deklaration vereinter Nationen« der  Staaten der Anti-Hitler-Koalition. Auf deren Basis wurde schließlich im Februar  die UNO, sowie im selben Jahr die UNESCO als Sonderorganisation der UNO gegründet, um die »Zusammenarbeit der Völker der Welt auf den Gebieten der Erziehung, der Wissenschaft und der Kultur« sowie »internationalen Frieden und gemeinsame Wohlfahrt der Menschheit zu verwirklichen« (United Nations ). In der Verfassung der UNESCO wird erklärt, »dass der grosse und schreckliche Krieg […] nur dadurch möglich wurde, dass das demokratische Ideal der Würde, der Gleichheit und der gegenseitigen Achtung des Menschen verleugnet wurde, um an seine Stelle, unter Ausbeutung von Unwissenheit und Vorurteilen, die Lehre von der Ungleichheit der Rassen und der Menschen zu setzen« (Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung ). Zur Umsetzung der Ziele gegen eine Lehre von der Ungleichheit der Rassen und für demokratische Ideale, der Würde, Gleichheit und gegenseitigen Achtung verstand sich die UNESCO selbst als die international am besten gerüstete Institution, insbesondere zur Leitung einer »Kampagne gegen Rassenvorurteile« und zur »Beseitigung dieser gefährlichsten Doktrin« (Métraux : ). Gegen den »Rassenhass«, der vor allem durch »wissenschalich falsche Ideen gedeiht und durch Ignoranz genährt wird«, sah die UNESCO »die Mittel und Methoden der Bildung, Wissenschaft und Kultur« als geeignet an (ebd.). Entsprechend galten schon auf den ersten Treffen der Organisation drei Bereiche – Bildung, Wissenschaft und Kultur – als befähigt, einen Beitrag GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 87 zur Sicheruna des Friedens und zur Förderuna des Gemeinwohls der Menschheit zu leisten, aber auch als Interventionsebenen aeaen jedwede »philosophy of racialism« und »Vorstellunaen von Überleaenheit einer Nation oder einer ethnischen Gruppe« (UNESCO : ). Auf Vorschlag des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen (ECOSOC) sollte die UNESCO ein effektives Bildungsprogramm erarbeiten sowie eine Sammlung von Material und wissenschaftlichen Fakten vornehmen, die geeignet wären, »rassische Vorurteile abzubauen«. Außerdem empfahl der Rat, ein Komitee von internationalen Persönlichkeiten zu bilden, in welchem »grundlegende Prinzipien von demokratischer und allseitiger Bildung zur Abwehr jeglicher Form von Intoleranz und Feindscha zwischen Nationen und Gruppen« erstellt werden sollten (UN Economic and Social Council : ). Diesem Aufruf folgend berief die UNESCO unter ihrem Dach schließlich jenes Komitee von Wissenschaflerˍinnen ein, »deren Aufgabenstellung es war, das Konzept der Rasse zu defnieren und dafür eine Darstellung in ›klaren und leicht verständlichen‹ Begriffen, […] bezüglich des hoch kontroversen Problems rassischer Differenzen, zu formulieren« (UNESCO b: ). Die dafür gewählte Strategie war, mit »wissenschalichen Fakten« gegen das »gefährlichste Dogma« der »Rassenvorurteile« sowie gegen »rassische Propaganda« vorzugehen (UNESCO b: ). Für das Expertentreffen am . bis . Dezember  lud Arthur Ramos als Vorsitzender des Fachbereichs Sozialwissenschaen der UNESCO Personen ein, die international relevante ethnologische Arbeiten, Analysen zu »Rassenbeziehungen« sowie kritische Texte zu rassistischem Vorurteilsdenken oder ähnlichem veröffentlicht hatten. Offenbar erschien es der UNESCO im Sinne ihrer Ziele völlig legitim, die Organisation in die Hände eines Sozialwissenschaftlers zu geben (und nicht den Fachbereich Naturwissenschaften zu beauftragen), so wie es auch Ramos angebracht schien, für das Komitee nur einen physischen Anthropologen und ansonsten ausschließlich Sozialwissenschaftler zu berufen. 22 Wie der Wissenschaftshistoriker Staffan Müller-Wille darstellt, ging es der UNESCO offenbar darum, »sich mit einer klaren Position aktiv einzumischen«, wofür sie »zunächst Experten auf diesem Gebiet ein[lud], die sich, wenig überraschend, überwiegend aus den Sozialwissenschaften rekrutierten« (Müller-Wille : ). Allerdings ist es sowohl aus heutiger Sicht als auch im Kontext der damaligen Auseinandersetzungen sehr wohl überraschend, dass Sozialwissenschaftler für sich die wissenschaftliche Auto22 Die Teilnehmer waren die Soziologen Prof. Edward Franklin Frazier (USA) und Prof. Morris Ginsberg (Großbritanien), der Psychologe und Ethnologe Prof. Ernest Beaglehole (Neuseeland), der physische Anthropologe Prof. Juan Comas (Mexico), der Bildungspolitiker und Philosoph Dr. Humayun Kabir (Indien), die Sozialanthropologen Prof. Claude LeviStrauss, (Frankreich) und Prof. Luiz de Aguiar Costa Pinto (Brasilien) sowie der Kulturanthropologe Prof. Ashley Montagu (USA). 88 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK rität in Anspruch nahmen, Erklärunaen zu Rassefraaen abzuaeben, die auch für die Biowissenschaen und darüber hinaus international Gültigkeit besitzen sollten. Überraschend, weil angesichts der zu dieser Zeit schon bestehenden innerbiologischen Kritiken aus strategischem Kalkül eine aus verschiedenen Disziplinen besetzte Kommission nahegelegen hätte. Sinnvoll konnte ein solcherart zusammengesetztes Expertentreffen nur unter der Bedingung sein, dass wenigstens die Planer die race question als eine politische Frage sahen, die nicht von den Biowissenschaften bzw. nicht von diesen allein zu klären sei. Der bis dahin vor allem biologisch gefüllte Begriff Rasse wurde damit als politischer Begriff sozialisiert. Die Biowissenschaen bedure es dann nur noch als Unterstützung der politischen Interventionen. Um dies Unterstützung zu erlangen wurde das von der Kommission erstellte Statement schließlich auf Betreiben Montagus an  namhae Wissenschaler, vor allem Professoren der Genetik und der Biologie, zur Unterzeichnung gesandt. 23 In dieser Fassung erschien es im Juli  als UNESCO-Dokument, das weltweit an Presseorgane gesandt wurde, die es in vielen Ländern im Volltext oder in Zusammenfassung veröffentlichten. Die London Times druckte eine Kurzfassung ab, auf die mit zahlreichen Briefen reagiert wurde, und in der Zeitschri Man des »Royal Anthropological Institute of Great Britain and Ireland« entbrannte eine Jahre anhaltende Debatte. Wie einer der Herausgeber der Zeitschri kommentierte, waren »gewisse Textteile« des Statements »weit davon entfernt, allgemeine Übereinstimmung zu erzeugen« (zit. nach Shipman : ). Dem entsprechend erreichten die UNESCO sofort nach der Veröffentlichung eine Fülle von disparaten Kommentaren, Kritiken, Ergänzungen und Abänderungen von verschiedenen Seiten. Neben Beschwerden von Anthropologen, nicht in die Erstellung des Textes involviert worden zu sein, wurde angemerkt, dass die genetischen Ursachen für spezifsche Charakteristiken noch nicht geklärt seien und somit mehr zu Rassen geforscht werden müsse. Andere stellten heraus, dass menschliche Gruppen –entgegen den Darstellungen des Statements – sehr wohl in den ihnen angeborenen Möglichkeiten zur intellektuellem und emotionalen Entwicklung differieren würden oder sahen eine Nähe der Erklärung zur Verfälschung wissenschalicher Daten, wie es »die Russen« oder Hitler täten. 24 Die deutschen Kommentatoren hoen auf weiteres biologisches Wissen, welches die 23 Dies waren der Zoologe Edwin Grant Conklin, die Genetiker Gunnar Dahlberg, Hermann J. Muller, Curt Stern und Leslie C. Dunn, die Biologen eodosius Dobzhansky und Julian S. Huxley, der Wirtschaswissenschaler Gunnar Myrdal, der Anthropologe Donald Hager, der Soziologe Wilbert Moore, der Biochemiker Joseph Needham und sowie die Sozialpsychologen Hadley Cantril und Otto Klineberg. 24 Carleton S. Coon antwortete z. B. »…I do not approve of slanting scientifc data to support a social theory, since that is just what the Russians are doing, and what Hitler did.« (zit. in UNESCO b: ; Hervorhebung i. O.). GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 89 von ihnen als falsch anaesehenen Konzepte der Gleichheit zerstören werde, und kritisierten die Missachtuna der von ihnen anaenommenen enormen anaeborenen Differenzen und der Wissenschaft der Euaenik, da es bei einer fehlenden Selektion zu einem Zivilisationsverfall kommen werde (UNESCO b:  ff.). Offenbar trafen diese Reaktionen die UNESCO massiv, sodass von dieser schon wenige Monate nach der Veröffentlichung ein neues Meeting einberufen wurde, diesmal unter der Federführung von zwölf Humangenetikern und physischen Anthropologen. Für die Erstellung einer besser abgesicherten Fassung ging das erste Statement zur Kommentierung an über  prominente physische Anthropologen und Genetiker (darunter auch bekannte Rasseforscher 25). Ergebnis der Auseinandersetzungen und Überarbeitungen war eine im Juni  erstellte zweite Fassung, welche die UNESCO im Sommer  publizierte. In dieser versuchte die UNESCO die »dürige Beteiligung« von Vertretern der Biowissenschaen eher als ungewollt, mit dem plötzlichen Tode des Organisators Ramos am . Oktober  sowie mehreren kurzfristigen Absagen zusammenhängend, zu rechtfertigen, statt als intendiert darzustellen (UNESCO b: ). 26 Im zweiten Statement wurden schließlich bedeutungsvolle Umformulierungen vorgenommen. So löschte das neue Gremium die in der ersten Fassung enthaltenen sozialwissenschalich und politisch inspirierten Passagen, in denen Rasse als »weniger ein biologisches Phänomen« denn vielmehr als »sozialer Mythos« (UNESCO : ) defniert und die Ersetzung des Rassebegriffs durch »ethnische Gruppen« angeregt wurde (ebd.: ). 27 Außerdem wurden Umdeutungen vorgenommen, wie etwa in der Einleitung zum neuen Statement, in der der Ethnologe Alfred Métraux die erste Fassung so darstellt, als seien sich die beteiligten 25 Neben den Rassetypologen wie Ernest A. Hooton oder Coon auch die deutschen Rassenkundler und Eugeniker Eugen Fischer, Fritz Lenz, Karl Saller, Hans Weinert und Egon von Eickstedt, die alle auch Antwortbriefe verfasst hatten. 26 Unerwähnt blieb, wer als Vertreter der Biowissenschaen noch zum Gremium geladen worden war. Weder aus den recherchierbaren Dokumenten noch aus den mir zugänglichen historischen Arbeiten zur UNESCO wird dies ersichtlich. Bemerkenswert ist an der Darstellung allerdings, dass der Eindruck vermittelt wird, Ramos habe als Repräsentant der Biowissenschaen zählen können. Tatsächlich hatte dieser als ehemals klinischer Psychiater eine medizinische Ausbildung erlangt, und in den ern und ern mehrere psychiatrische und psychoanalytische Arbeiten verfasst. Ab Mitte der er Jahre arbeitete er jedoch nur noch im Bereich der Sozialpsychologie und Anthropologie. Er war Vorsitzender der Sozialpsychologie der Universität Rio de Janeiro, Gründer und erster Präsident der Brasilianischen Anthropologischen und Ethnologischen Gesellscha und verfasste mehrere ethnologische Bücher wie etwa »O Negro Brasileiro: etnografia religiosa e psicanálise« (UNESCO ). 27 Gelöscht wurden außerdem Passagen, denen zufolge individuelle Differenzen und jene, die durch Umwelteinfüsse hervorgerufen werden, bedeutender seien als Gruppendifferenzen sowie die Aussage, dass Persönlichkeit und Charakter als »rassenlos« zu betrachten seien (UNESCO : ). 90 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Sozioloaen darin einia aewesen, »dass Rasse bioloaisch defniert werden muss« (UNESCO b:  f.). Aber auch wenn in der zweiten Fassung des Statements die politischsozialwissenschaftliche Grundlegung zur ›Natur der Rasse und rassischer Differenzen‹ weitgehend umgearbeitet wurde, hatte der Text dennoch nachhaltige Wirkung. Mit den Statements trat die Kritik an Rassekonzepten aus einem bis dahin vor allem innerbiowissenschaftlich wirkenden Rahmen heraus und erreichte politische und zugleich internationale Aufmerksamkeit. Kritik an biowissenschaftlichen Konzepten konnte mit den Erklärungen zum ersten Mal nicht mehr pauschal als unwissenschalich oder als Angriff auf die Wissenschasfreiheit abgewehrt werden. Das UNESCO-Treffen stellt hierin eine bedeutungsvolle Verschiebung im Komplex Wissenschaft/Politik/Gesellschaft dar, da sozialwissenschaftlich ausgebildete Akteure erstmals sowohl in wissenschaliche Konzeptualisierungen als auch in politische Bereiche einwirkten, und das zudem auf transnationaler Ebene. Die Strategie, mit »wissenschalichen Fakten« gegen »Rassenvorurteile« und »rassische Propaganda« vorzugehen (UNESCO b: ) wandelte sich im zweiten Statement weitgehend zu einer Auffassung von Rasse im Sinne eines biologischen Verständnisses statt sozialer Strukturen und Praxen. Mit Bestimmungen wie »race had to be defned biologically« verblieb die Debatte im Rahmen einer naturalistischen Bestimmung, in der »›Rasse‹ für Menschengruppen reserviert bleiben sollte, welche offensichtliche und primär vererbte physische Differenzen zu anderen Gruppen aufweisen« (UNESCO b:  u. ). Mit einer solchen Defnition verharrte die Argumentation aber innerhalb der Biowissenschaen, denen damit zudem die wichtigste Position einer erklärenden und zur Bekämpfung von Rassismus und »Rassenvorurteil« geeigneten Instanz zukam. Anscheinend unbemerkt blieb dabei das Problem, dass ein soziales Bewertungssystem und gesellschaliche Praxen der Unterteilung und Hierarchisierung nicht biologisch widerlegt werden können. Stattdessen wurde die Hoffnung gehegt, dass mit biowissenschalicher Expertise die Bedeutungsweite von Rassekonstrukten eingeschränkt werden könne. Damit agierten sowohl die Apologetˍinnen als auch die Kritikerˍinnen der Rassekonzepte mit denselben Mitteln biologischer Begründungen, um ihre jeweilige Position zu stützen. Die Debatte um Rasse verblieb somit weitestgehend auf der Ebene der Biowissenschaen, obwohl die Fragen um Rassekonzepte für den gesellschaspolitischen Bereich zu klären waren. Trotz des weitgehenden Verbleibens der beiden UNESCO-Statements im biowissenschaftlichen Diskurs stellen diese eine Besonderheit dar, da sie als Marksteine einer Veränderung im Verständnis von Wissenscha gesehen werden können. Wissenscha wurde als ein Mittel erachtet, das intervenierend zur Erlangung bzw. Förderung des internationalen Friedens und für das »demokratische Ideal der GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 91 Würde, der Gleichheit und der aeaenseitiaen Achtuna des Menschen« aeaen eine »Lehre von der Unaleichheit der Rassen und der Menschen« einaesetzt werden könne (Oraanisation der Vereinten Nationen für Erziehuna ). Insbesondere aufgrund dieser Zuweisung von Wirkmacht an die Wissenscha stehen die UNESCO-Statements für viele Kommentatorˍinnen als Umschlagpunkt, in dessen Folge es zu einer Absage an rassifzierte Differenzkonzepte gekommen sei. Und tatsächlich befügelten die beiden Erklärungen in rascher Folge weitere ähnliche Publikationen mit dem Ziel, in den Alltags- und Wissenschaftsdiskurs einzugreifen. Ab  gab die UNESCO die Publikationsreihe »e Race Question in Modern Science« heraus, in der in den folgenden Jahren zehn kurze Bände zu »Race and Culture«, »Race and Psychology«, »Race and Biology«, »Racial Myths«, »e Roots of Prejudice«, »Race and History«, »Race and Society« u. a. von prominenten Autoren wie Otto Klineberg (), Leslie Dunn () oder Claude Lévi-Strauss () erschienen.  publizierte sie das Buch »What is Race? Evidence from Scientists«. Kurz darauf entstand eine Reihe mit dem Titel »e Race Question and Modern ought«, in der Texte wie »e Catholic Church and the Race Question« (Congar ), »Buddhism and the Race Question« (Malalasekera/ Jayatilleke ) u. a. herausgegeben wurden. In späteren Jahren veröffentlichte die UNESCO außerdem eine Reihe von weiteren Texten, Büchern und Sammelbänden, in denen es immer wieder um die Legitimität von Rasseneinteilungen und damit verbundenen Wertungen, um die Vermittlung der ›neuesten‹ wissenschalichen Erkenntnisse vor allem der Populationsgenetik und um die Zurückweisung von typologischen Rassekonzepten sowie der Annahme psychischer bzw. Intelligenz-Unterschiede oder von Problemen bei »Rassenmischung« ging. 28 Neben der Popularisierung von wissenschalichem Wissen über Differenz in Verbindung mit humanistischen Werten wurden außerdem immer wieder weitere Treffen auf Initiative der der UNESCO anberaumt, bei denen der Status von Rasse verhandelt und Interventionen gegen Rassismus, Vorurteile, Diskriminierung besprochen wurden. Auch aus diesen Meetings gingen kontinuierlich Statements wie z. B. »Proposals on the Biological Aspects of Race« (UNESCO ), »Statement on Race and Racial Prejudice« (UNESCO ), »e Declaration on Race and Racial Prejudice« (UNESCO ), »Declaration Against Racism, Violence, and Discrimination« (UNESCO a) und »Report of the World Conference 28 »Race, Prejudice, and Education« (Bibby ), »Race and Science: e Race Question in Modern Science« (UNESCO ), »Race, Science and Society« (UNESCO ), »Sociological eories. Race and Colonialism« (UNESCO ), »Racism, science and pseudo-science« (UNESCO ) sowie »e Roots of Racism« (UNESCO b). Die einzelnen Texte und die Beiträge in den Reihen wurden zumeist in mehrere, auch Nicht-Weltsprachen übersetzt. 92 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK aaainst Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and Related Intolerance« (UNESCO ) hervor. Tatsächlich erzeugten die Erklärungen eine immense Wirkung, riefen eine umfangreiche Debatte innerhalb der mit Rasse beschäigten Disziplinen hervor und wurden wie erwähnt in vielen internationalen Medien aufgegriffen. Dennoch zeitigte die mit dem zweiten Statement verstärkte biologische Verortung derartige Effekte, dass sich aus den Statements sehr unterschiedliche, mithin konträre Schlussfolgerungen ziehen ließen und nach wie vor lassen. Aufgrund der biologischen Bestimmung von Rasse waren weiterhin naturalistische Bestimmungen möglich, die eine weitere Klärung rassischer Differenzen als notwendig erachten ließen. Gleichzeitig wurden mit biologischen Forschungsergebnissen Vorstellungen von »reinen Rassen« sowie angeblichen negativen Effekte der »Rassenmischung« bekämpft. Entsprechend konnten die Statements den Einen als Beleg der »wissenschalichen Widerlegtheit« von Rasse gelten, während sie für Andere Anlass weiterer, aber nunmehr ›besserer‹ Rasseforschung sein sollten. Die verschiedenen Interpretationsvarianten der UNESCO-Statements spiegeln damit aber letztlich etwas, was als geradezu paradigmatisch für den Rassediskurs in Reaktion auf Kritik gelten kann: Die Debatten um rassifzierte Differenzen gestalten sich bisher als extrem interpretationsoffen, sodass Infragestellungen sowohl zur Absage an als auch zur Modernisierung von Rassekonzepten nutzbar sind und beides gleichzeitig dynamisieren können. Anhand dieser Ambivalenz sind die weiteren Entwicklungen von Rasse nach dem Zweiten Weltkrieg keinesfalls nur als allgemeine Durchsetzung der Kritiken zu lesen, sondern ebenfalls als Modernisierungsbewegungen und Persistenz biowissenschalicher Rasse-Konstruktionen zu interpretieren. GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 93 Kontinuitäten und Brüche seit 1945: Zur Gegenwart der Vergangenheit Wir leben in einem feinfühliaeren Jahrhundert, doch die arundleaenden Araumentationen scheinen sich nie zu wandeln. Die Plumpheiten des Schädelindex haben der Komplexität des Intelliaenztests Platz aemacht. Stephen Jay Gould :  Kann die Fülle der seit Ende des Zweiten Weltkriegs erschienenen Statements als Erfolg der UNESCO gewertet werden? Zunächst sicher ja, insofern sie auf breite Resonanz in Populärmedien stießen, in Lehr- und Bildungsmitteln thematisiert und in Policy-Vorgaben implementiert wurden. Wie in den ersten Statements ging es in den meisten weiteren Texten zunächst um die Zurückweisung nazistischer und eugenischer Vorstellungen, jedoch nicht um eine allgemeine Absage an Rassekonzepte. Stattdessen wurde Rasse, wie z. B. im »Proposal on the Biological Aspects of Race« () populationsgenetisch als Ergebnis von »hereditary physical traits« beschrieben, und konstatiert, dass »[n]early all classifcations recognize at least three major stocks« (S. ). Dennoch zeichnete sich eine Entwicklung innerhalb der Texte ab, indem die in den er und er Jahren vorherrschende Verwendung und Rechtfertigung populationsgenetischer Rassekonzeptionen ab den er Jahren einer zunehmenden Beschäigung mit Rassismus, Vorurteilen und Diskriminierung weicht. Die letzte Stellungnahme, die sich mit dem biologischen Rassebegriff beschäigte, ist  im Kontext der UNESCO-Konferenz »Gegen Rassismus, Gewalt und Diskriminierung« verabschiedet worden. In dieser formulieren Biologen, Anthropologen und Genetiker 29 entgegen den populationsgenetischen Verständnissen zu Rasse in den vorhergehenden Statements nun deutlich, dass Rasse ein völlig obsoletes Konzept sei und es »keinen wissenschalichen Grund [gibt], den Begriff ›Rasse‹ weiterhin zu verwenden« (UNESCO a: ). Auf der  von der UNESCO ausgerichteten »World Conference against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and Related Intolerance« ging es nicht mehr um den biologischen Rassebegriff, sondern ausschließlich um soziale und politische Strategien gegen Rassismus. Über die Zeit der wiederholten Veröffentlichung von Statements zur Race Question ist also eine Zuspitzung der Kritik zu verzeichnen, von einer Absage an 29 Auf dem Treffen war unter den  Beteiligten keine Frau. Irenäus Eibl-Eibesfeld nahm an der Debatte teil, unterzeichnete aber das Statement nicht (Quelle: Interview mit Ulrich Kattmann). 94 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK typoloaische und völkische Rassekonzepte und damit verbundenen hierarchisierende Wertunaen hin zu einer allaemeinen Absaae an Rasse als eines ›völlia obsoleten Konzepts‹. Gleichzeitia wird aber auch deutlich, dass mit den ersten Statements keinesfalls eine ausreichende Absaae erreicht war (zumindest nicht aus Sicht der UNESCO), es vielmehr reaelmäßia weiterer Erklärunaen bedure und biologische Rasseverständnisse damit weiterhin als Interventionsfeld angesehen wurden. Rasse war aus dieser Perspektive mit den ersten Erklärungen nach dem Zweiten Weltkrieg somit keinesfalls erledigt. Vielmehr sind die Statements als Ausgangspunkt der seit dieser Zeit anhaltenden Verhandlungen um den wissenschaftlichen Status von Rasseforschungen und der naturwissenschaftlich ›richtigen‹ Bedeutung von Rasse auszumachen. Aus dieser Beobachtung heraus stellt sich die Frage, wie die Kritiken innerhalb der Biowissenschaften auf die weitere Produktion von Differenzwissen wirkten sowie welche Aspekte konkret weitergetragen und mit welchen Formen rassischer Differenz gebrochen wurde. Schon aus den bisherigen Erörterungen zur Breite, Unschärfe und Wandelbarkeit von Rasse wird deutlich, dass Kontinuitäten in Bezug auf Rassekonzeptionen nicht im Sinne eines ›es bleibt wie es ist‹ verstanden werden können, sondern dass die Frage analytisch, mit einem Blick auf das ›Was bleibt?‹ und ›Was verändert sich wie?‹ angegangen werden muss. Kontinuitäten sind somit in Bezug auf biowissenschaliche Rasseverständnisse nach dem Zweiten Weltkrieg als partielle Persistenzen, als Konzepte, die konstitutiv Veränderung unterworfen sind, zu verstehen, in deren Gehalt es aber ebenso um die Beständigkeit von Differenz geht. Die Teilungskategorie Rasse ist somit als ein Gegenstand zu fassen, in welchem eine konzeptionelle Wandelbarkeit mit als überdauernd angenommenen Differenzen verbunden ist. 30 Diese Gleichzeitigkeit von Wandel und Konstanz biologischer Rasseverständnisse wird in bisherigen Untersuchungs- und Darstellungsformen zur Kontinuität von Rasse und rassistischer Wissenschaft wenig beachtet. Das liegt m. E. vor allem daran, dass Kontinuitäten meist schematisch ermittelt werden, in aller Regel hinsichtlich der Fortdauer von rassistischen Bedeutungen, die mit Konzepten des Nationalsozialismus sowie mit dem Faschismus und mit eugenischen Ideen verknüpft sind. Historische Kontinuitätsbeschreibungen bedienen sich dabei zumeist dreier Mittel: Erstens wird Kontinuität anhand einzelner Personen, die schon in der Zeit des NS arbeiteten, oder anhand einer ›Schule‹, also der Weitergabe von rassistischen Vorgehensweisen von einzelnen Akteurˍinnen an die ›Schülerˍ innen‹ aufgezeigt. Zweitens wird nazistisches oder extrem rechtes Gedankengut in wissenschaftlichen Forschungen, Aussagen und Konzepten ›aufgedeckt‹, und drittens 30 Die konstitutive Wandelbarkeit von Rasse wird in den beiden folgenden Kapiteln »Genetifzierung« und »Rasse der Post/Genomik« wieder aufgegriffen. GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 95 werden Analoaien zwischen einerseits neueren Forschunaen und Konzepten und andererseits klassischen Modellen der Rassenanthropoloaie und Vorstellunaen der Euaenik voraenommen. Diese enge Form der kritischen Untersuchunas- und Darstellunasform ist für den Geaenstand Rasse sowie der Fraae nach Kontinuitäten rassistischer bzw. rassifzierender Wissensproduktion sehr wichtia und lieat zudem nahe, da schon der Beariff Rasse primär mit Nationalsozialismus und Kolonialismus verknüp ist. Doch so unerlässlich solcherart Kontinuitätsuntersuchungen sind, so begrenzt ist ihre Analysekra, da der Fokus dieser Untersuchungen üblicherweise auf intentional rassistischen Rassekonzepten liegt, also auf Forschungen und Aussagen, bei denen von einem bewussten Bezug auf typologische, wertende und hierarchisierende Modelle auszugehen ist. Um die Fortschreibungen klassischer Rasseforschung, typologischer und hierarchisierender Konzeptionen aufzuzeigen, wird im Folgenden das Verständnis von Kontinuität erweitert und über intentional rassifzierende Arbeiten hinaus auch die aktuelle Produktion von Differenzwissen und damit zusammenhängende bzw. koproduzierte Kategorien, deren Ambivalenzen, Effekte und Wirkungen in den Blick genommen. So wie Wissenschaften gerade durch Weiterentwicklungen, Veränderungen und Neukonzeptionen gekennzeichnet sind, können Kontinuitäten rassifzierter Modelle prinzipiell nicht als einfache Fortschreibung immer gleicher Ansätze erfasst werden. Allzu oft sind Kontinuitäten auf derartige Formeln reduziert worden. Effekt dieses engen Verständnisses ist, dass aktuelle Forschungen, wenn sie nicht auf klassische typologische Modelle rekurrieren, als wertneutrale, nicht- bzw. gar antirassistische Unternehmungen dargestellt werden können. Statt ausschließlich auf die Weiterführung der NS-Ideologie zu fokussieren, ist von einem prozessfokussierenden Verständnis von Kontinuierungen als partieller ReProduktion auszugehen, in denen Persistenzen und Veränderungen verwoben sind. Im Weiteren geht es somit um eine analytische Klärung der ReProduktion rassifzierter Differenzkonzepte in unterschiedlichen Forschungsbereichen sowie um sich verändernde Objekte der Differenzbestimmung. Weiterführung typologischer Rassekonzepte nach 1945 Schon aus den Ausführungen zu den UNESCO-Statements wurde deutlich, dass es nach dem zweiten Weltkrieg keinesfalls zu einem Ende biowissenschalicher Rasseforschung kam. Zwar wandten sich die an den Erklärungen beteiligten Biowissenschaftler gegen klassische typologische Rassekonzeptionen und damit einhergehende Vorstellungen von unterschiedlichen geistigen Entwicklungsmöglichkeiten der Rassen sowie gegen Wertungen und Hierarchisierungen und 96 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK vermeintlich neaative Auswirkunaen von »Rassenmischuna«. Rassische Einteilunaen von Menschen lehnten sie aber zunächst nicht prinzipiell ab. Freilich hatten einiae sozialwissenschalich und politisch argumentierende Kritikerˍinnen den Rassebegriff und die rassische Unterteilung der Menschheit grundlegend infrage gestellt, die meisten biowissenschaftlichen Kritiker hielten aber trotz ihrer Ablehnung einiger Aspekte der überkommenen Rassemodelle weiterhin sowohl am Begriff als auch an kategorialen Aufteilungen der Menschheit in Rassen fest. Viele der Kritiker forschten auch unter dem Paradigma populationsgenetischer Ansätze weiterhin zu rassischen Differenzen. Statt einer Beendigung der Rasseforschung bewirkte die Kritik an den alten Modellen in Verbindung mit dem neuen populationsgenetischen Forschungsansatz und neuen technischen Mitteln vielmehr eine Dynamisierung neuer Forschungen zu den vermeintlich dem Körper innenliegenden Wahrheiten über physische Differenzen zwischen menschlichen Gruppen. 31 Kontinuierungen fnden aber nicht nur auf der Ebene der Weiterführung des Rassebegriffs statt, sondern lassen sich darüber hinaus auf verschiedenen Ebenen – im personellen, institutionellen, konzeptuellen Bereich sowie in den Forschungstätigkeiten und dem Einfluss auf die Scientific Community – nachweisen. Die personellen Kontinuitäten werden schon anhand der Wiederanstellungen der Rasseforscherˍinnen im Gebiet der späteren Bundesrepublik 32 deutlich. Allerdings existiert bisher keine umfassende historische Aufarbeitung der personellen und institutionellen Kontinuitäten der NS-Rasseforschung. Ein Blick auf die Biographien der bekanntesten Rasseforscherˍinnen im »Dritten Reich« macht deutlich, dass trotz der mit dem Ende des Nationalsozialismus möglich gewordenen Entlassung von NS-Täterˍinnen aus den deutschen Universitäten nahezu alle in den er und er Jahren als Professoren oder wissenschaftliche Assistentˍinnen tätigen Rasseforscherˍinnen – wenn sie nicht vor Kriegsende starben (Alfred Ploetz) oder emeritierten (Eugen Fischer 33, Otto Reche) – nach  wieder eine wissenschaftliche Anstellung erhielten. Selbst die berühmtesten Rasseforscher blieben entweder in ihren Anstellungen oder wurden nach kurzer Zeit neu berufen. So erhielt etwa Fritz Lenz, Mitverfasser des Standardwerks »Menschliche Erblich31 Ausführlicher werden die hier angesprochenen Entwicklungen im Kapitel »Genetifzierung« erörtert. 32 Zum Verbleib von bzw. zum Umgang mit Rasseforscherˍinnen und Eugenikerˍinnen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR besteht eine erhebliche Forschungslücke. Die bisher weitestreichende Untersuchung von Uwe Hoßfeld stellt lediglich exemplarische Weiterbeschäigungen vor und belässt es ansonsten bei dem Allgemeinplatz, »daß die Mehrheit der in der nationalsozialistischen Zeit tätigen und belasteten Anthropologen in der BRD lebte« und »wieder eine akademische Position […] bekam« (: ). 33 Der Rassenhygieniker Fischer kam auch in der Bundesrepublik zu Würden, indem er z. B.  zum Ehrenmitglied der »Deutschen Gesellscha für Anthropologie« und  zum Ehrenmitglied der »Deutschen Gesellscha für Anatomie« ernannt wurde. GESCHICHTE RASSIFIZIERENDER VERHÄLTNISSE | 97 keitslehre und Rassenhyaiene«, Inhaber des ersten Lehrstuhls für Rassenhyaiene und Beteiliater an der Erstelluna der Euthanasieaesetze im Nationalsozialismus,  ein Extraordinariat für Menschliche Erblehre in Göttingen. Otmar Freiherr von Verschuer, vor  Direktor des »Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik« sowie Gutachter für rassenhygienische Zwangssterilisationen und Profteur der Versuche seines Assistenten Josef Mengele in Auschwitz, wurde  erster Lehrstuhlinhaber für Humangenetik an der Universität Münster. Hans Weinert, Apologet der Rassenhygiene und Leiter des »Instituts für menschliche Erblehre und Eugenik« in Kiel, blieb nach  Lehrstuhlinhaber am umbenannten »Anthropologischen Institut«. Die Vertreterˍinnen der »Breslauer Schule«, die Ost-Rasseforscherˍinnen Egon Freiherr von Eickstedt und Ilse Schwidetzky, verloren mit dem Heranrücken der Roten Armee zwar ihre Arbeitsplätze, gingen jedoch beide nach einer kurzen Anstellung in Leipzig  an das Anthropologische Institut in Mainz. Die einzigen, die nicht zeitnah weiterbeschäftigt wurden, blieben Josef Mengele, der Rassenanthropologe und -Psychologe Friedrich Keiter und der Rasseforscher Hans F. K. Günther. Mengele, KZ-Arzt und Assistent von Verschuer, wurde nicht wie üblich durch einen sogenannten Persilschein (vgl. Sachse ) seiner Kollegˍinnen »entnazifziert«, sondern foh  über die »Rattenlinie« nach Südamerika. 34 »Rassen-Günther«, von den Nazis  auf eine Professur für Rassenkunde, Völkerbiologie und Ländliche Soziologie an der Universität Berlin berufen, wurde zwar nach dem Zweiten Weltkrieg in seinem »Entnazifzierungsverfahren« als »Mitläufer« eingestu, von der Universität Freiburg aber schließlich  in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, den er als Autor weiterer Bände zu »Vererbung und Umwelt« sowie zum »Begabungsschwund in Europa« beging. Keiter, Mitarbeiter des Rassenbiologischen Instituts in Hamburg, hatte Ende der er Jahre aufgrund seiner Abstammung von einem jüdischen Großvater Probleme mit den Nazis bekommen. Diese behob er mit einer Erklärung der Großmutter, in der sie versicherte, dass statt des jüdischen Großvaters ein »Deutschblütiger« Vater ihres Kindes gewesen sei, und mittels eines erbbiologischen Gutachtens des »KWI für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik«. Nicht sofort fand Keiter nach  eine Anstellung an einer Universität und arbeitete deshalb zunächst als anthropologischer Gutachter in Vaterschasgutachten und für Gerichte. Erst  verlieh ihm die Universität Würzburg den Titel »außerplanmäßiger Professor«, in der Folge hielt er dort und später in Hamburg anthropologische Vorlesungen und publizierte weiter zu rassenanthropologischen emen (Klee : ). 34 Mengele lebte weitgehend unbehelligt in Südamerika und verstarb  in Brasilien. Seine Knochen werden in den er Jahren Gegenstand molekulargenetischer Untersuchungen zur Identifzierung der Person. Siehe hierzu im Kapitel »Rasse in der Post/Genomik«. 98 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Die Weiterbeschäigung der deutschen Akteurˍinnen der Rassenanthropologie und Eugenik macht deutlich, dass es nach  keinesfalls zu einem deutlichen Bruch kam. Entsprechend kam es auch nicht zu einer klaren Distanzierung von Rassekonzepten. In den Debatten der deutschen Wissenschalerˍinnen in den er bis er Jahren fnden sich kaum Auseinandersetzungen mit der eigenen Täterschaft im Nationalsozialismus, mit den erb- und rassenbiologische Gutachten, der Mitarbeit bei Zwangsterilisationen oder allgemein mit der Verwicklung von NS-Politik und anthropologischen Forschungen. Stattdessen werden in den Publikationen fast ausschließlich Abwehrstrategien in Form der Missbrauchsthese, der angeblichen Unterdrückung der Genetik durch die Nazi-Politik und einer Täter-Opfer-Verkehrung bemüht. In Selbstdarstellungen und historischen Erörterungen der damaligen Anthropologie, Genetik und Humanbiologie fnden sich in Bezug auf die Zeit des Nationalsozialismus die immer gleichen Mythen. 35 Entsprechend erfolgte im Nachkriegsdeutschland zunächst statt einer Auseinandersetzung eher eine Verhärtung der Positionen und damit eine weitgehende Beibehaltung der bisherigen Modelle. Zwar kam es international zu einer Isolierung der deutscher Rasseforschung, im deutschsprachigen Raum wurden aber bis in die er Jahre eine Fülle von Texten und Bücher zu »Menschenrassen« veröffentlicht sowie weitere Forschungen angestrengt. Vor dem Hintergrund der Sichtung von Persistenzen, Kontinuitäten und Brüchen werden diese Publikationen und Forschungsaktivitäten nun im Folgenden mit Blick auf internationale Entwicklungen, Prozesse und Modernisierungslinien analysiert und hierfür zunächst die Entwicklung der Genetifzierung von Rasseforschung in den Blick genommen. 35 Die gängigen Mythen sind: . die Missbrauchsthese: Die eigene Disziplin sei von den Nationalsozialisten instrumentalisiert worden, mithin war man mit der eigenen Arbeit selbst Opfer des NS. . Unterdrückungsthese: Während des NS sei es zu keiner Weiterentwicklung der eigenen Disziplin gekommen, die Forschungsergebnisse waren lediglich pseudowissenschalich. . Schwarze-Schafe-ese: Nur einige aus der Disziplin hätten mit den Nazis kollaboriert und konnten nach  aus der Wissenscha entfernt oder für die »richtige« Wissenscha wiedergewonnen werden. . Widerstandsthese: In den nachträglichen Erzählungen werden diverse Nationalsozialisten und Rasseapologeten in einer Art »Selbstmutation« (Kühl : ) zu Widerständlern gegen den NS. Es Fehlen Kapitel 3 (Genetifizierung) und 4 (Rasse in der PostGenomik) Kapitel Fünf Analytik rassifizierender Gesellschaften Veralichen mit der Revolution in der Physik birat die neue Genetik vermutlich das arößere Potential zur Umformuna von Gesellscha und Leben, da sie auf der Mikroebene vermittels einer Reihe biopolitischer Praktiken und Diskurse in das gesamte soziale Gefüge eingebunden sein wird. Paul Rabinow , S.  Mit der Frage nach dem Wie und Warum der Aktualität von Rasse in den modernen Lebenswissenschaen konnten in den bisherigen Analysen vielfältige Kontinuitäten, Reformulierungen sowie Veränderungen rassifzierender Konzepte in der Ära der Genetik aufgezeigt werden. Deutlich wurde dabei, dass seit Beginn der Molekulargenetik zwar massive Absagen an biologische Rassekonzepte formuliert wurden, diese aber parallel zu einer Ausweitung und Erneuerung rassifzierender Forschungen in den Lebenswissenschaen vonstattengingen. Ausgangspunkt der Untersuchung war eine gesellschastheoretische Grundlegung von Rassifzierungen in den Lebenswissenschaen, um mit dem Blick auf wissenschaliche Wissensproduktion zu menschlicher Differenz über die Eigenlogiken der Lebenswissenschaen hinauszukommen. Mit einer solchen Grundlegung ist es möglich mehr als die Forschungserzählungen, vielmehr auch die Funktionalitäten rassifzierender Ordnungsmodelle in einer stratifzierten Gesellschaft herauszuarbeiten. In Weiterführung der in den vorherigen Kapiteln analysierten Befunde wird nun erneut auf gesellschaliche Verhältnisse fokussiert, nun aber um die Analyseergebnisse vor diesem Hintergrund zu bilanzieren. Diente zur 238 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Untersuchuna der Aktualität lebenswissenschalicher Rassekonzepte vor allem die Frage, was diese über die sozialen Verhältnisse aussagen, wird es für die folgende Bilanz notwendig, die Perspektive auf die Sozial- und Gesellschastheorie und die Interventionspotentiale der Sozialwissenschaen zurück zu wenden. Zu fragen ist damit auch nach einer Wissenschaft, die Ungleichheitsverhältnisse erfassen kann, sich aber auch als gestaltender Akteur in diesen Verhältnissen begrei. Kontinuierungen kategorialer Differenz Im Oktober  führte der Molekularbiologe James Watson in einem Interview mit dem Sunday Times Magazin zu Intelligenzunterschieden zwischen Schwarzen und Weißen aus, dass es »keinen guten Grund gebe anzunehmen, dass sich die intellektuellen Fähigkeiten von geografsch getrennten Völkern gleich entwickelt hätten« (Hunt-Grubbe ). Solche Äußerungen sind keinesfalls neu. Sie erlangten jedoch weite Aufmerksamkeit, weil sie von einem der weltweit bekanntesten Genetikerˍinnen, eben jenem Watson, vorgebracht wurden, der  zusammen mit dem Biochemiker Francis Crick das Doppelhelix-Strukturmodell der Desoxyribonukleinsäure vorstellte, das heute populär als Beginn der modernen Molekulargenetik angesehen wird. Der damals jährige Watson blieb auch in den folgenden Jahrzehnten Shootingstar der Molekularbiologie: Er erhielt für seine Arbeiten zur DNA (zusammen mit zwei Kollegen) den Nobelpreis für Medizin, wurde Professor in Harvard und Direktor einer der wichtigsten US-amerikanischen lebenswissenschaftlichen Forschungsinstitutionen, dem Cold Spring Harbor Laboratory. Schließlich beteiligte er sich  an der Gründung des Humangenomprojekts und wurde erster Direktor der Dachorganisation des Projekts. Für seine wissenschaliche Arbeit erhielt er viele Ehrungen (darunter die »Freiheitsmedaille«, die höchste Auszeichnung der Vereinigten Staaten, sowie die Ehrenritterscha von Großbritannien). Die Äußerungen des Molekularbiologen erschienen zu einer Zeit, als sich im Wechsel vom . zum . Jahrhundert die Kritik an biowissenschalichen Rassekonzepten auch innerhalb der Genetik auf ihrem Höhepunkt befand. Entsprechend ist zu fragen, wie einer der bekanntesten Genetiker angesichts der umfangreichen innerbiologischen Kritiken an rassifzierenden Einteilungen zu derartigen Aussagen gelangen konnte. Eine zunächst naheliegende Interpretation wäre, dass er einer jener Ewiggestrigen oder rechten Populisten sein könnte, die von der Realität grundlegender Differenzen zwischen menschlichen Gruppen überzeugt sind. Tatsächlich lassen sich dafür auch Hinweise fnden, da seine Behauptungen keinesfalls ein Fehltritt einer sonst integren Persönlichkeit sind. ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 239 Schon vorher fel Watson des Öeren mit diskriminierenden Äußerungen auf, so etwa mit Spekulationen zur Verknüpfung von dunkler Hautfarbe mit einer stärkeren Libido, mit Ausführungen zum Abtreibungsrecht bei mutmaßlich homosexuellen Embryos und zu eugenischen Argumentationen bezüglich Menschen mit geistiger Behinderung oder Demenz. Einzureihen wäre Watson auch zu anderen Rechtsaußen-Populist_innen wie die beiden Harvard-Professoren, der Psychologe Richard J. Herrnstein und der Politikwissenschaler Charles A. Murray, die  den Band »The Bell Curve« veröffentlichten, in welchem sie davon ausgehen, dass vererbte Intelligenzunterschiede zwischen den Rassen bestünden. Ähnliches führen auch die Psychologen Arthur R. Jensen und J. Philippe Rushton in mehreren Publikationen aus, in denen sie Unterschiede in »Intelligenz, Gehirngewicht, Penisgröße, Geschlechtsreife, Häufgkeit des Geschlechtsverkehrs, Aggressivität, Geselligkeit und Gesetzestreue, AIDS-Raten« etc. entlang rassischen Zuordnungen untersuchen und die Ergebnisse mit einem Vererbungsansatz erklären (Rushton ; Jensen/Rushton ). Auch in Deutschland fnden sich ähnliche Akteure, wie etwa der Genetiker und Historiker Volkmar Weiss, der in seinen Büchern »Die IQ-Falle« () sowie » Die Intelligenz und ihre Feinde« () über vererbte »Intelligenzunterschiede zwischen den Völkern« schreibt, oder der Bildungsforscher und Psychologe Heiner Rindermann, der  von genetisch bedingter unterschiedlicher Intelligenz von Rassen sprach. 1 Doch was wäre mit der Einordnung von Watson in diese Reihe von wissenschaftlichen Rassifizierungen und Eigenschaszuordnungen von Rassen geklärt? Eher weniger – vor allem kann dadurch nicht erklärt werden, wie er zu solchen Aussagen kommt, wie er aktuelle genetische Forschungen mit rassistischen Behauptungen verbindet und warum er glaubt, sich damit im Bereich des ›Wahren‹ zu argumentieren. Ebensolche Fragen nach den Hintergründen der veröffentlichten Aussagen nachgehend, bat Henry Louis Gates Jr. – jener am Anfang dieser Studie erwähnte Professor für Englische Literatur – Watson um ein Interview. Der Antirassist Gates befragte diesen zu seinen Ansichten über Libido und Hautfarbe, über »jüdische Intelligenz«, Gene und Basketball sowie zu dem von ihm durchgeführten 1 Die Publikationen, die Intelligenzunterschiede zwischen Rassen behaupten, sind in den USA sehr schnell umfassend kritisiert worden (siehe etwa Fraser ; Marks ), und auch Watsons Aussagen führten letztlich zu seiner Suspendierung von dem Amt am Cold Spring Harbor Laboratory. Im deutschsprachigen Raum werden klassisch rassifzierende Texte wie die von Weiss in der wissenschalichen Community nur wenig, dafür aber umfangreich im Spektrum der Neuen Rechten und des Populismus aufgegriffen (siehe etwa Sarrazin ). Die Äußerungen Rindermanns zu Rasse und Intelligenz waren zwar auch kurzzeitig Gegenstand der Kritik, allerdings stellten Fachkollegen und die Deutsche Gesellscha für Psychologie seine Bezüge zu Arbeiten von Weiss, Rushton, Jensen sowie Murray/Herrnsteins als wissenschalich einwandfrei dar – eine Positionierung, die von US-amerikanischen Fachgesellschaen kaum in ähnlicher Form denkbar wäre. 240 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK aenetischen Herkunstest (Gates b). Deutlich wird in dem Interview, dass sich Watson zwar von Rechtsradikalen, die seine Äußerungen begeistert aufgriffen, abzugrenzen versucht, gleichzeitig aber Intelligenzunterschiede oder Differenzen in sportlichen Erfolgen aufgrund genetischer Unterschiede zwischen rassischen Gruppen für möglich erachtet. Gates resümiert in einem Bericht zu dem Gespräch: »Ich denke nicht, dass James Watson ein Rassist ist, aber ich denke, dass er ein Rassifzierer [racialist] ist« (Gates a). Hier soll die Frage, ob Watson ein Rassist ist oder nicht, nicht weiter verfolgt werden. Stattdessen dient Watson hier als Ausgangspunkt für die erneute Frage nach dem Warum von Rasse in der Ära der Genetik. Über den Nachweis hinaus, dass Watson typische Behauptungen des Alltagsrassismus und der Race Psychology wiederholt, wird es in dieser Perspektive wichtiger, seine Äußerungen mit aktueller Differenzforschung und die Bedeutung gesellschaftlicher Gruppenzuordnungen in Beziehungen zu setzen. Keinesfalls werden seine Aussagen dadurch weniger problematisch. Jedoch lassen sie sich durch die Verbindung zur aktuellen Genetik und damit zu der wohl modernsten und innovativsten Wissenschaftsdisziplin kaum mehr als anachronistisch, als einem überholten Verständnis folgend, bezeichnen. Watson kennt mindestens Teile der aktuellen Differenzforschungen. So greift er etwa populationsgenetische Aussagen auf, mit denen menschliche Gruppen auf der Ebene von DNA-Markern statistisch unterschieden werden, und verbindet diese mit zwei weiteren Ebenen von Ungleichheit: erstens mit Ergebnissen der Epidemiologie und differenziellen Psychologie und zweitens mit Stereotypen aus dem Fundus rassistischer Vorstellungen über die ›Natur der Unterschiede‹. Eine solche Verbindung scheint einem der bekanntesten Genetikerˍinnen offenbar einleuchtend, obwohl nach mehr als hundert Jahren Forschung zu psychischen Differenzen der Rassen keine Ergebnisse vorliegen, die Unterschiede in Intelligenz, Libido etc. entlang rassifzierender Teilungen aufzeigen könnten. Watson greift mit seinen Behauptungen auf ein seit den Anfängen der Rasseforschung bestehendes Narrativ von Unterschieden in der Vernunbegabung menschlicher Gruppen zurück und wähnt sich wohl durch diesen Traditionsbezug in einem Wissenschasdiskurs. Denn mit der Aulärung geriet die Ratio als das höchste menschliche Gut zum wichtigsten Merkmal kategorialer Unterscheidungen. An die Vernunft wurden die Zugehörigkeit zum Menschen und der Besitz von Rechten geknüpft. Der Wahnsinn sowie Aspekte von Sexualität, Weiblichkeit wurden demgegenüber in jener Zeit als Abgrenzungseigenschaen, als Antipoden zur Vernunft etabliert. Solche Entgegensetzungen dienten seit der Verwissenschaftlichung rassistischer Teilungen einer Vielzahl von Forscherˍinnen zunächst der physischen Anthropologie, später der Psychiatrie, Intelligenzforschung und schließlich der Genetik zur Begründung eindeutiger Differenz. Neben der Intelli- ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 241 aenz rückte eine Fülle weiterer Marker vermeintlich entscheidender Unterschiede in den Untersuchunasfokus der Lebenswissenschaen. Trotz des stetigen Scheiterns der Suche nach einer schlussendlichen biologischen Differenzsignatur, wurde sie jedoch auch mit der post/genomischen Differenzforschung nicht verabschiedet. Stattdessen hoffen die Forscherˍinnen die bedeutungsvollen Unterschiede der Ordnungsdimension Rasse in den kleinsten Einheiten im Körper, in den Molekülen der DNA, aufzufnden. Das Scheitern der vielfältigen Bemühungen zur Bestimmung biologischer Differenz bewirkt somit kein Scheitern des Konzepts einer kategorialen Ordnung der Menschheit. Da den Forschungen der Genetik bzw. Genomik ein hoher Faktizitätsstatus zugesprochen wird, erzeugen die Versuche, diese in den genetischen Einheiten aufzufnden für rassifzierende Differenzmodelle sogar einen Aurieb. Dabei wirken die Differenzuntersuchungen der Post/ Genomik nicht nur kontinuierend auf die Konzeption rassifzierender Differenz, sondern gehen mit einer Verschiebung der Bedeutung von Differenz einher. Galten die Untersuchungsmerkmale der physischen Anthropologie noch als Marker einer eindeutigen Differenz in der Vernun, erhalten die Differenzen in der Ära der Genetik immer mehr einen eigenen Stellenwert als Anzeiger des Unterschieds. Zwar verschwinden die Negativ-Attribuierungen von Unterschieden keinesfalls, wie u. a. Watsons Äußerungen zeigen, doch die molekularen Unterschiede erhalten auch eine Reihe positivierbarer Zuweisungen als Zeichen spezifscher Herkunft, Verwandtschaft und Geschichte. Differenz bedeutet in Zeiten einer weitreichenden Aufwertung und In-Wert-Setzung in Form von Diversity Management und »Mainstream der Minderheiten« (Holert/Terkessidis ) weniger eine negative Attribuierung, sondern kann als ambivalente Ressource auch die Grundlage für inklusive und affirmative Politiken bilden. Selbst Einzelnukleotid-Polymorphismen in nichtcodierenden DNA-Bereichen wird dabei die Fähigkeit zugesprochen, Zeichen der Unterschiedlichkeit von Menschen entlang kategorialer Zuordnungen zu sein. In den Vordergrund tritt damit die Rolle lebenswissenschalicher Differenzierungen in Relation zu gesellschaftlichen Teilungsdimensionen. Watsons Äußerungen sind aus dieser Perspektive weniger als Auslassungen eines am Rande des Diskurses stehenden Ewiggestrigen zu verstehen. Vielmehr lassen sie sich als Sinnbild für zweierlei deuten: Erstens dafür, welche Relevanz soziale Teilungen auch in den Bereichen der Lebenswissenschaen, in den Forschungen zu den kleinsten Einheiten des Lebens, in Nukleinbasen, Mikro- und Minisatelliten-DNA erzeugen können. Zweitens zeigen die Aussagen Watsons auch auf, welche beschränkte Wirkmacht lebenswissenschaliche Ergebnisse, wie die von der genetischen Ähnlichkeit aller Menschen oder der Bedeutung von Variabilität innerhalb aller Gruppen innerhalb der Biodisziplinen, zu erreichen vermögen. Aussagen aus den Forschungen der aktuellen Leitwissenscha können 242 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK somit noch immer leicht mit rassistischen Vorstellunaen verknüp werden und die Lebenswissenschaen werden gern als Instanz herangezogen um natürliche Differenzen zwischen den Rassen zu belegen. Für Watson wird es dadurch möglich, an den in der Genetik weiterbestehenden Fragen nach der Essenz rassischer Unterschiede anzusetzen und diese mit jener Tradition rassistischer Narrative zu verbinden, die von Differenzen in grundlegenden Eigenschaen des Menschen ausgehen. Als berühmter Genetiker und Repräsentant einer der weltweit führenden lebenswissenschaftlichen Forschungsinstitutionen scheint zumindest ihm kein Problem in der Verknüpfung dieser Diskursstränge zu bestehen. Moderne gesellschaftliche Teilungen und moderne Genetik Die Untersuchung von Rasse in den Lebenswissenschaen erfolgte hier vor allem anhand von Fragen, mit denen die Aktualität rassifzierter Differenzforschung, der Inhalt und die Gründe zeitgenössischer biologischer Rassekonzeptionen erkundet wurden. Mit zwei historisierenden Perspektiven – zum einen auf die Geschichte von Rasse und deren Verwissenschalichung und zum anderen auf die Genetifzierung von Rasse im Verlauf des . Jahrhunderts – konnte sowohl ein ständiges Scheitern biologischer Modelle zur Einteilung von Menschen als auch eine unablässige, bis in die heutige Zeit andauernde Erneuerung rassifzierender und rassifzierter Konzepte herausgearbeitet werden. Deutlich geworden ist, dass wissenschaftliche Rassekonzepte im Laufe von mehr als zwei Jahrhunderten einem immensen Bedeutungswandel unterlagen und dass mit neuen technischen Apparaturen, wechselnden Forschungsparadigmen und unterschiedlichen Differenzsignaturen jeweils ebenso neue, angepasste Modelle entstanden. Zur Erfassung der Wirkverhältnisse und Bedingtheiten biowissenschalicher Differenzkonzeptionen in einem weiteren Blick auf die zugrundeliegenden gesellschalichen Dynamiken ist in den vorhergehenden Kapiteln Rasse in einem Gefüge von Wissenscha und Gesellscha als ineinander wirkender Sphären verortet worden. Lebenswissenschaliche Forschung ist mithin als gesellschalich eingebundene soziale Handlung zu verstehen, die mit vielerlei strukturellen Vorgaben, Umgrenzungen und Anrufungen verwoben ist. In diesen Verwobenheiten entstehen aus den modernen Teilungspraktiken heraus immer wieder auch Anforderungen an die Biowissenschaften. Originär soziale, kulturelle bzw. politischen Fragestellungen wirken so stetig auf lebenswissenschaliche Untersuchungen ein, werden dort in Forschungsprojekte und entsprechend in biologischen Antworten übersetzt. Jedoch darf dieses Gefüge nicht als Ableitungsverhältnis gesellschalicher Fragen missverstanden werden. Stand hier zumeist die Bedeutung lebenswissenschalicher ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 243 Forschuna in ihrer Funktion zur Leaitimieruna von Unaleichheitsverhältnissen im Vorderarund, sind biowissenschaftliche Arbeiten allerdinas keinesfalls als sozial determiniert zu beareifen. In der Rekonstruktion der Verwissenschalichung von Rassevorstellungen wurde ersichtlich, wie die Entstehung und der Bedeutungszuwachs der Teilungsdimension Rasse mit der Entstehung der europäischen Moderne und ihren Gleichheits- und Freiheitsversprechen zusammen hängen und dass trotz der Gleichheitsgebote sowie spezifscher individueller und ökonomischer Liberalität heutige Gesellschaen von Stratifzierungen entlang einiger omnipräsenter Kategorisierungen geprägt sind. Sichtbar wurde auch, dass in der bestehenden Rechtfertigungsordnung lebenswissenschaliche Aussagen eine zentrale Rolle bei der Erklärung der sozialen Unterschiede entlang dieser Kategorien einnehmen. So werden sowohl für die Trias der strukturell gewichtigsten sozialen Ungleichheitsdimensionen lasse, Geschlecht, Rasse als auch für weitere Bereiche, etwa Sexualität oder Behinderung, fortwährend essentialisierende Aussagen produziert, die jenen Kategorien einerseits eine Natürlichkeit der Unterschiede zusprechen, andererseits aber den negativen Auswirkungen eine Vermischung von Schicksalshaftigkeit und Eigenverantwortlichkeit zuschieben. Die soziale Gemachtheit und zuweisenden bzw. strukturierenden Aspekte dieser Ungleichheitsdimensionen werden in beiden Aussagevarianten verdeckt, wodurch Interventionen in die Verhältnisse gesellschalicher Teilung entweder als kaum möglich oder als lediglich auf individueller Ebene sinnvoll erachtet werden. Essentialisierende, auf die Biologie rekurrierende Aussagen wurden von zwei Einwicklungen unterstützt: Zum einen breitete sich ab den er Jahren mit der Soziobiologie in einer Reihe von Publikationen die biologische Erklärbarkeit aller möglichen kulturellen und sozialen Phänomene durch genetische und neuronale (Prä)Dispositionen aus. Lebenswissenschaliche Ansätze griffen damit weit auf das Gebiet sozialwissenschaftlicher Deutungsansprüche über.2 Zum anderen kamen mit der Molekulargenetik in den späten er Jahren und den zunächst vorherrschenden gendeterministischen Ansätzen eine Fülle von Narrativen über die Steuerung aller möglicher menschlicher Eigenheiten auf. Mit Untersuchungen an Tieren, Beobachtungen an Primaten und mittels Methoden der Zwillingsforschung schien sich fast jedes Verhalten als wesentlich oder ausschließlich biologisch geprägt belegen zu lassen. Zwar haben sich die Visionen der Soziobiologie und des Gendeterminismus der Molekulargenetik letztlich nicht erfüllt, aber Versuche, soziale Verhältnisse aus biologischen Einheiten herauslesen zu können, gehören 2 Siehe etwa Wilson ; Dawkins . 244 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK dennoch weiterhin in vielfältiaen Variationen zum Grundrepertoire etwa aenetischer oder neurobioloaischer Erzählunaen. 3 Die letzten Jahrzehnte aenetischer Forschuna sind jedoch durch enorme Transformationen aekennzeichnet. In diesen mussten lebenswissenschaliche Narrative Einbußen in Hinblick auf die Reichweite ihrer Erklärungsansätze hinnehmen, und das ›Biologische‹ wurde selber Gegenstand einer weitreichenden Kulturalisierung. Statt einer einseitigen Ausdehnung biologischer Erklärungsansätze sind vielmehr diverse, auch gegensätzliche Verschiebungen zu verzeichnen. Neben einem »biotechnologischen Angriff auf den Gesellschasbegriff« (Bude : ), der den »Lebensbegriff« als Ersatz für den des Gesellschaftlichen einzufügen vermochte, ist das Verständnis von Natur ebenfalls bedeutend in Richtung eines von Menschen gestalteten und in artifziellen Kontexten wie Laboren untersuchten Hybridobjekts verschoben worden. Der Begriff des Lebens changiert nunmehr zumeist nicht mehr zwischen Natur und Kultur, sondern zwischen zwei Ansätzen, auf deren einer Seite klassische Kausalitätsmodelle stehen, in denen der Natur die Grund- und Lenkungsfunktion zugesprochen wird, und auf deren anderer Seite neue Rationalitäten entstehen, die sich als post-dualistische Naturkonzepte zusammenfassen lassen, mit denen eine Überwindung soziozentrischer und biodeterministischer Vorstellungen versucht wird (vgl. Lemke ). Unter den neuen Bedingungen der »Biosozialität« wird das Leben nicht mehr wie von der Soziobiologie oder den deterministischen Genmodellen als Ableitung aus der Natur konzipiert, sondern die Natur selbst als wesentlich kulturell bestimmt. Das Leben wird zu etwas, das mit Hilfe von Technik erkannt und neu hergestellt wird und schließlich in dieser Konzeption selbst als biosozial verstanden wird (Rabinow : ). Für die lebenswissenschaliche Disziplin der Genetik zeitigten all diese Entwicklungen dynamisierende Effekte. Im Laufe der letzten etwas mehr als  Jahre erlangte die Vererbung eine enorme Bedeutungserweiterung, mit der sich die Genetik von der Eigenbezeichnung einer zunächst exotischen Disziplin schnell zu einem schließlich in aller Munde befndlichen Terminus entwickelte. In der Ausbreitung genetischer Erklärungsansätze im Rahmen einer allgemeinen Genetifzierung des Lebens entstand dabei eine Fülle von Ansätzen zur Bestimmung des Lebens. Parallel zum Aufstieg der Genetik zur Querschnittsdisziplin der Biowissenschaften wurden auch Rassemodelle einer Genetifzierung unterzogen. Rassekonzeptionen waren für diese Verbindung in gewisser Weise vorbestimmt, da die Rassekunde von jeher von einer generational fortbestehenden kategorialen Differenz ausging. Von Anbeginn an und lange bevor es überhaupt eine biowis3 Siehe die Sammlung von »Gen für…« des Gen-ethischen Netzwerks: www.gen-ethischesnetzwerk.de/gen-fuer, Stand ... ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 245 senschaftliche Vererbunasforschuna aab, war Rasse mit der Weiteraabe von Eiaenschaen, mit der »Unreinheit des Blutes« (limpieza de sangre), mit einer »unausbleiblichen erblichen Eigenthümlichkeit« (Kant : ) verbunden. Die Entstehung der Genetik, die technischen Fortschritte zur Abbildung der DNA und die Zunahme der diskursiven Wirkmacht der Gene dynamisierte auch die biowissenschaliche Rasseforschung. Doch trotz weitgehender Modifkationen in den lebenswissenschalichen Konzepten, wie den Erweiterungen um systembiologische und dynamische Modelle, blieben Forschungen an sozial fundierten Phänomene, die mit genetischen Markern korreliert werden, nach wie vor bestehen. Insbesondere soziale Ungleichheitsdimensionen bieten immer wieder Anlass für lebenswissenschaliche Untersuchungen, sodass biologische Darstellungen weiterhin eine besondere Rolle in der bestehenden Aussageordnung einnehmen und über den wissenschalichen Rahmen hinausgehende Wirkungen erzeugen. Für einige klassische Differenzierungen wie etwa Religion, Alter und Sprache fnden sich zwar nur gelegentlich genetische Ansätze, Verknüpfungen mit Vererbungsmodellen bestehen dennoch, wenn Sprachgrenzen mit reproduktiven Grenzen gleichgesetzt werden oder über Gene für Religiosität spekuliert wird. 4 Auch zu genetischen Differenzen zwischen Klassen gibt es aktuell eher selten Aussagen und Forschungen. Diese fnden jedoch zusammenhängend mit anderen Attributen (wie IQ, Aggressivität, Fettleibigkeit oder Promiskuität) als Zuschreibungen statt, die mit Klasse, Einkommen oder sozialer Schicht konnotiert sind. 5 Auch für die Ungleichheitsdimension Rasse/Ethnizität bestehen nach wie vor zahlreiche sozialtheoretische, sozialmedizinische, soziologische und kulturelle Erklärungen, doch mit dem »schal gewordenen Gesellschaftsbegriff« (Bude : ) lässt sich in der Ära der Genomik immer weniger wirkmächtig agieren. Die Genetifzierung 4 5 Siehe etwa »Das Gottes-Gen« von Dean Hamer (). Die Konzeption von Sprachgrenzen als rassische bzw. genetische Gruppengrenzen findet sich schon in den typologischen Vorstellungen der physischen Anthropologie im . Jahrhundert, in den Blutgruppenuntersuchungen der er bis er Jahre, ist darüber hinaus Grundlage der populationsgenetischen Analysen von Cavalli-Sforza et al. (siehe z. B. Cavalli-Sforza/Bodmer ) und spielt aktuell in forensischen Datenbanken eine Rolle. Der Glaube an die Vererbung der Klassen- bzw. Schichtposition war im . und zu Beginn des . Jahrhunderts weit verbreitet (vgl. Gould ). Insbesondere in der Eugenik-Bewegung wurden Armut und geringer gesellschaftlicher Status als »genetische Belastung«, als »Degeneration« und »schlechte Erbmerkmale« gewertet. Heute fnden sich gelegentlich Äußerungen wie die des Psychologen Heiner Rindermann, in einem Interview im Deutschlandradio Kultur: »Menschen mit bestimmter genetischer Ausstattung suchen sich eine andere Umwelt aus und beeinflussen auch ihre Umwelt in einer bestimmten Form, wie es ihren Genen eher entspricht und wie sie sich auch dann besser entwickeln können. Also, zum Beispiel Intelligentere gehen eher länger in die Schule, auf Universitäten, und die weniger Intelligenten, die meiden eher solche Umwelten.« (www.ifeas.uni-mainz.de/Presse/Interview+Rindermannˍ DRadioKultur Dez.pdf, Stand ..) 246 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK von Rasse führte daaeaen unablässia zu neuen Bearbeitunaen der Fraae nach der Differenz zwischen den menschlichen Gruppen. Jedoch entstanden in Folae der Genetifzieruna nicht nur Erneuerunaen, sondern ebenso auch die Möalichkeit umfanareicher innerbioloaischer Kritiken. Eraebnisse der Populations- und Molekularaenetik sowie des Humanaenomprojekts wurden etwa im Sinne einer viel bedeutenderen aenetischen Gleichheit aller Menschen aelesen. Erfolge der Kritik… Im Laufe dieser Studie ist in verschiedenen Bereichen die Rolle der Kritik an bioloaischen Rassekonzeptionen hervoraehoben worden. Zunächst war diese bis zur Wende zum . Jahrhundert vor allem im geistes- und sozialwissenschalichen sowie politischen Kontext formuliert worden. Soziologen wie Friedrich Otto Hertz (a u. b) oder Jean Finot () sowie der Anthropologe Franz Boas (, ) sprachen den Rassetheorien ihrer Zeit die Wissenschalichkeit ab und argumentierten vehement gegen die mit diesen eorien einhergehenden Wertungen. 6 Mit der Entstehung der Populationsgenetik hinterfragten ab Mitte des . Jahrhunderts auch immer mehr biowissenschaliche Akteurˍinnen die Rassemodelle. Innerfachliche Kritiken waren bis dahin lediglich als methodische Auseinandersetzungen geführt worden, etwa weil morphologische Merkmale Probleme erzeugten, wenn sie von individuellen Einschätzungen abhingen und damit den Objektivierungsmaßstäben wissenschalicher Forschung entgegenstanden. Die Farbe von Augen, Haaren und Haut, aber auch die Längen- und Größenbestimmungen allerlei körperlicher Merkmale schienen methodisch einem gewissen subjektiven Empfinden zu unterliegen und mithin nicht wissenschaftlich eindeutig kategorisierbar zu sein. Von Beginn des . Jahrhunderts an kam hinzu, dass die als so konstant erhoen Merkmale wie Knochen und Schädel als Untersuchungsgegenstände in Frage gestellt wurden, da diese in unterschiedlichen Umwelten massiven Veränderungen unterlagen und somit kaum mehr als typische Rassemerkmale gelten konnten (Boas ). 7 6 7 Siehe hierzu die Ausführungen zu »Antirassismus« im Kapitel »Geschichte«. Bevor die Gene als Vererbungseinheiten hegemonial wurden, galten den Rassenanthropologen Knochen als manifeste Entitäten der Differenz, deren Charakteristika zudem intergenerational weitergegeben würden. Im Vergleich mit anderen körperlichen Merkmalen schienen sie den Forschern viel unabhängiger von kulturellen, Ernährungs- und anderen Umwelteinfüssen. Hinzu kam, dass Knochen im Gegensatz zu vielen anderen Merkmalen gesammelt werden konnten und sich auch durch Präparierungstechniken nicht entscheidend veränderten. Zudem lag es auch nahe, Differenzen mit vergleichenden Schädelvermessungen zu beweisen, da das Gehirn schon als Ort der Vernunft galt und der Nachweis eines vermeintlich kleineren Schädels ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 247 Da auch die aufwendia erhobenen Daten und die mit neuesten mathematischen Methoden erstellten Matrizen und Indizes nicht die erhoen klaren Differenzen zum Vorschein brachten, konnten sich zusammen mit den methodischen Problematisierunaen schließlich auch innerhalb der Biowissenschaen grundsätzliche Kritiken entwickeln. Entsprechend kann das Verhältnis zwischen Rassekonzepten und Kritiken nicht als unidirektional verstanden werden. So wie Kritiken nicht lediglich von außen kommende Interventionen in die wissenschaliche Differenzforschung sind, stützten die rassifzierenden Forschungen nicht lediglich die bestehenden Rassekonzepte, sondern erzeugten selbst ambivalente Effekte: So produzierten Differenzforschungen nicht immer nur neue Klassifkationen, sondern riefen ebenso Infragestellungen kategorialer Aueilungen der Menschheit in Rassen hervor. Beispielsweise boten sich Blutgruppen seit der ersten Reihenuntersuchung – von den Hirschfelds (Hirschfeld/Hirschfeld ) während des Ersten Weltkriegs durchgeführt – aufgrund ihrer exakten eindeutigen Gruppierbarkeit (A, B oder ) an, um Unterschiede zwischen den Rassen zu konstatieren. Schnell wurde jedoch auch schon in den er Jahren offensichtlich, dass sich anhand der Blutgruppen keine eindeutigen Unterscheidungen realisieren ließen (siehe im Kapitel »Genetifzierung« »Vom Phän zum Gen«). In diesem Sinne nutzte etwa die Kulturanthropologin Ruth Benedict die individuelle, aber nicht populations- oder rassespezifsche Verteilung von Blutgruppen als Mittel der Kritik an rassistischen Einteilungsmodellen (Benedict , Benedict/Weltfsh ). Zwar blieben die Blutgruppen und allgemein die Untersuchung von allerlei Blutproteinen ein Transportmittel, mithin Transfusionsmittel für die populationsgenetische Rasseforschung nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zu den Forschungen der Molekularbiologie des Human Genome Diversity Projects. Doch die inhärente Instabilität aller noch so ausgeklügelten Rasseklassifkationen, blieb ebenso fortan Ansatzpunkt weiterer Infragestellungen. Die neuen Untersuchungsmethoden und -technologien der klassischen Genetik, der Populationsgenetik, Serologie, Molekulargenetik und Genomik boten also allesamt neue Mittel, um die Rasseforschung weiterzuführen, aber kein einziges Modell konnte als wissenschalich allgemein anerkanntes Rassekonzept stabilisiert werden und präsentierte damit auch Ansatzpunkte der Kritik. Mit den populationsgenetischen Ansätzen entstanden weitere, über die bisherigen Kritiken hinausgehende Infragestellungen, die, ausgestattet mit der Autorität lebenswissenschalicher Wissensproduktion, bis in die heutige Zeit eine hohe Relevanz besitzen. Bedeutende Teile der klassischen Rassemodelle, wie die Vorstellung von Reinerbigkeit sowie rassistische Wertungen und Hierarchisierungen, der nichteuropäischen Rassen (wie auch von Frauen) im Rahmen der vorherrschenden Basisannahmen sinnvoll erschien. 248 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK wurden durch diese Kritiken seit den er Jahren und mit dem nach dem Zweiten Weltkrieg allgemein vollzogenen Paradigmenwechsel von der typologischen Anthropologie zur Populationsgenetik innerwissenschalich von vielen Wissenschalerˍinnen verabschiedet. Wie schon an der Wende zum . Jahrhundert mit den Kritiken gegen den grassierenden Antisemitismus entstanden seit den er Jahren in Auseinandersetzung mit den Rassengesetzgebungen im nationalsozialistischen Deutschland schließlich immer mehr politische und sozialwissenschaftliche Kritiken an biologischen Einteilungen der Menschheit. Politische Debatten um die Sinnhaigkeit biologischer Einteilungen und veränderte politisch-soziale Anforderungen erzeugten auch eine Anpassung lebenswissenschaftlicher Antworten auf Fragen nach der Differenz zwischen den Menschen. Die seit den er Jahren international entstehenden Antidiskriminierungs- und Bürgerrechtsbewegungen brachten entschiedene Einwände vor, die letztlich auch in Gesetzgebungsinitiativen zur Gleichstellung und zur Implementierung von Minderheitenrechten mündeten. Diese Kämpfe bewirkten, dass Rassismus zunehmend als allgemeines gesellschaliches und interventionsnotwendiges Problem wahrgenommenen und schließlich wirkmächtige allgemeine Absagen an biologische Einteilungen von Menschen in Rassen formuliert wurden. Die Bewegung hin zu immer weiteren Infragestellungen verstärkte sich nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere von den er Jahren an innerhalb der fachinternen Debatte. Untersuchungen zur kontinuierlichen Variation bei verschiedenen Spezies (Marder, Schmetterlinge, Sperlingsvögel) wurden schließlich so interpretiert, dass mit diesen auch rassische Einteilungen beim Menschen infrage gestellt werden konnten. Gestützt auf solche populationsgenetischen Untersuchungen formuliert schließlich  der biologische Anthropologe Frank B. Livingstone, »[e]s gibt keine Rassen, sondern nur Cline 8« (: ). Mit dieser deutlichen Aussage verband er die Hoffnung, dass »unser neues genetisches Wissen und die Bestimmung von Genfrequenzen die Studien zur Natur bzw. Essenz von Rassen ablösen wird« (ebd.: ). Biologische Forschungen dienten schließlich immer mehr auch der Absage an kategorialen Einteilungen der Menschheit. In ihrer Gesamtheit überschritten die Kritiken von den er Jahren an allmählich die Wirksamkeitsschwelle. Dadurch verschob sich die Hegemonie des auch nach dem Zweiten Weltkrieg weiterhin bestehenden biologischen Verständnisses von Rasse zu Gunsten allgemeiner Absagen an rassische Einteilungen inner8 Der Begriff »Cline« wurde in den er Jahren eingeführt, um kontinuierliche Veränderungen innerhalb einer Spezies zu beschreiben. Im genetischen Sinne dient der Begriff zur Kennzeichnung einer graduellen Änderung in der Auftretens-Wahrscheinlichkeit von Genen (Allelfrequenz innerhalb einer Art). Indem graduelle Unterschiede herausgehoben werden, wird genetische Differenz grundlegend anders verstanden, als in Rassekonzepten, in denen kategoriale Teilungen statt Übergänge im Zentrum stehen. ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 249 halb der Lebenswissenschaen sowie einer sozialkulturellen Bestimmung rassifzierter Teilungen. Beispielha zeigt sich dies an der nachhaltig wirkenden Studie des Populationsgenetikers Richard Lewontin zur Bedeutung der Innergruppenvarianz, die mit dem Resümee endet, dass »menschliche Rassenklassifkationen« weder »sozialen Wert« noch eine »genetische oder taxonomische Bedeutung besitzen« und es deshalb keine Rechtfertigung gebe, sie weiterhin zu verwenden (: ). Livingstone und Lewontin sind damit zu jener Kritikform zu rechnen, bei der Ergebnisse lebenswissenschalicher Differenzforschung nicht nur als Anlass für weitere, intensivere Forschungen gelesen, sondern als Argumente gegen rassifzierende Einteilungen eingesetzt wurden. Neben den bereits genannten Einwänden (wie dem Argument der größeren genetischen Diversität innerhalb der Gruppen als der zwischen ihnen und dem der Unmöglichkeit einer klaren Trennung zwischen den Gruppen aufgrund von Merkmalsüberlappungen und graduellen Übergängen) zeitigten vor allem die Ergebnisse zur ›Diskordanz der Merkmalsverteilungen‹ und die im Vergleich mit anderen Tierarten größere ›genetische Ähnlichkeit aller Menschen‹ weitere kritische Effekte. 9 In den er und er Jahren setzen sich entsprechende Aussagen zur Zurückweisung biologischer Verständnisse von Rasse in zahlreichen Fachpublikationen durch. Diese Entwicklung zeigt sich ebenfalls in den verschiedenen breit diskutierten Statements der UNESCO, in denen in der ersten Fassung von  noch von dem »biologischen Fakt der Rasse« (UNESCO ) 10 ausgegangen wurde. Auch  Jahre später wird entsprechend die Weiterführung von Rassekonzepten unter populationsgenetischen Vorzeichen propagiert und noch immer festgestellt: »das Konzept der Rasse ist rein biologisch« (UNESCO : ). 11 In der Ära der 9 Als diskordant wird die von rassischen Grenzziehungen unabhängige Merkmalsverteilung bezeichnet. Wie in Abbildung  auf S.  dargestellt ist, verlaufen Merkmalsgradienten (dort der Blutgruppen A und B) in der Regel nicht übereinstimmend mit anderen Verteilungen von Merkmalshäufgkeiten (z. B. Haut-, Haar- oder Augenfarbverteilung) sowie mit rassischen Unterteilungen. Die vergleichsweise geringen Differenzen zwischen allen Menschen wurden im Vergleich mit Differenzuntersuchungen an anderen Tierarten, wie z. B. Schimpansen, deutlich und über einen »evolutionären Flaschenhals« erklärt. Siehe für einen weiteren Überblick über die Kritiken an Rassekonzepten Brückmann/Maetzky/Plümecke . 10 Das erste Statement ist jedoch nicht eindeutig in der Begriffsbestimmung. So wird an anderer Stelle formuliert, dass Rasse »weniger ein biologisches Phänomen als vielmehr ein sozialer Mythos ist« (UNESCO : ). In der zweiten Erklärung, die  Biologen, Genetikern und Anthropologen verfassten, ist letztere Passage allerdings gelöscht worden. Dagegen wurde gefordert: »Rasse muss biologisch definiert werden« (UNESCO a: ). Siehe hierzu die Ausführungen im Kapitel »Geschichte«. 11 Eine ähnliche Re/Biologisierung einzelner Passagen offizieller Statements wiederholt sich nochmals bei der »Erklärung der Vereinten Nationen über die Beseitigung aller Formen der Rassendiskriminierung«, die von der UN auf ihrer  durchgeführten Generalversammlung angenommen wurde. In der Erklärung wurde formuliert, »dass jede auf Rassenunterschiede 250 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Post/Genomik seit den er Jahren kamen jedoch neue Kritiken hinzu. Vor allem Akteurˍinnen der Humangenetik führten weitere Problematisierungen biologischer Rasseeinteilungen ins Feld und erzeugen damit eine neue Qualität innerbiologischer Infragestellungen. Im Einklang mit deutlichen Absagen an biologische Rassekonzepte etwa von antirassistischen Akteurˍinnen verabschiedet  eine internationale Arbeitsgruppe von Genetikern, Anthropologen und Biologen in einer erneuerten »Stellungnahme zur Rassenfrage« im Kontext einer UNESCOKonferenz »Gegen Rassismus, Gewalt und Diskriminierung« eine unmissverständliche Absage an Rasse. Die Wissenschaftler erklären darin, dass das »Konzept der ›Rasse‹ [...] völlig obsolet geworden« sei und es »keinen wissenschalichen Grund [gebe], den Begriff ›Rasse‹ weiterhin zu verwenden« (UNESCO a:  f.). 12 Auch die Forschungsergebnisse der Molekulargenetik wurden vielfach in ähnlicher Weise interpretiert und dargestellt. Besonders die Aussagen im Rahmen des Humangenomprojekts, wie die von Craig Venter, Gründer des privaten und an der Sequenzierung beteiligten Forschungsunternehmens Celera Genomics, erlangten weitreichende Beachtung und wurden als ›Beweis‹ der wissenschaftlichen Widerlegtheit von Rassen aufgegriffen. Venter hatte als ein Ergebnis des Sequenzierungsprojekts verkündet, dass »zwei beliebige Individuen zu mehr als ,  in ihren DNA-Sequenzen identisch« seien (Venter et al. : ) und die untersuchten Genome deutlich machten, dass »Rassekonzepte keine genetische oder wissenschaliche Basis besitzen« (Venter : D). 13 oder rassische Überlegenheit gegründete Lehre wissenschalich falsch, moralisch verwerflich, sozial ungerecht und gefährlich ist und dass es für Rassendiskriminierung keine Rechtfertigung gibt, weder in der eorie noch in der Praxis« (UN , Präambel). Diese relativ weitreichende Einwendung gegen biologische Rassekonzepte, nach der jede auf Rassenunterschiede gegründete Lehre als wissenschalich falsch sei, wird im rechtsverbindlichen Gebrauch des  verabschiedeten »Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung« entschär, indem dieser Satz verändert wird zu: »dass jede Lehre von einer auf Rassenunterschiede gegründeten Überlegenheit wissenschalich falsch, moralisch verwerflich … ist«, womit die Ablehnung wissenschalicher Einteilungen (und der daran gekoppelter Wertungen) zu einer Ablehnung der Wertungen auf Basis von Rassenunterschieden wird (UN , Präambel). 12 Siehe auch die Ausführung zu »Kontinuitäten und Brüche seit « im Kapitel »Geschichte«. 13 Im Humangenomprojekt wurde in einer Sequenz das Genom von fünf Spenderˍinnen unterschiedlicher Herkun sequenziert. Siehe hierzu im Kapitel »Genetifzierung«, Fußnote .  wiederholte Venter die Aussage folgendermaßen: »Zu den besten Ergebnissen dieser Arbeit gehört die Erkenntnis, daß wir einander in fundamentaler Hinsicht gleichen. Wir Menschen teilen ,  unseres genetischen Codes miteinander« und »Wir können die ethnische Zugehörigkeit eines Menschen nicht auf der Grundlage des genetischen Codes bestimmen, weil Rasse und ethnische Zugehörigkeit nicht auf wissenschalichen, sondern auf sozialen Konzepten basieren« (Venter : ). Anfang  korrigierte er allerdings seine Feststellungen aus dem Jahr  in einem Interview wie folgt: »Wenn man mein Genom mit Ihrem vergleicht, liegen die Unterschiede bei einem bis zwei Prozent. Früher hätten viele auf , ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 251 In den letzten beiden Jahrzehnten folaten schließlich weitere Resolutionen zahlreicher wissenschalicher Fachverbände und Fachmagazine (allerdings vor allem in den USA) mit in die gleiche Richtung weisenden Wortlaut. In diesen wird die Wissenschalichkeit von Rasseeinteilungen in Frage gestellt, deren ›biologische Bedeutungslosigkeit‹ betont sowie für ein Verzicht auf Rassekategorien in der Forschung plädiert. 14 Neben den allgemeinen Erklärungen der Fachgesellschaften argumentierte auch eine Vielzahl einzelner Wissenschaftlerˍinnen vehement für die Abschaffung des biologischen Rassebegriffs und stellte die Unwissenschalichkeit der Weiterverwendung rassifzierender Konzepte heraus. 15 Entsprechend diesen Aussagen sind in den Lebenswissenschaen beträchtliche Überarbeitungen in den Fachbüchern und -lexika der verschiedenen Disziplinen zu verzeichnen. Einträge zu »Rasse« und »Menschenrasse« wurden in vielen der neuerschienenen (oder in erneuerter Auflage herausgegebenen) Lehr- und Fachpublikationen gestrichen oder im Sinne der Infragestellungen umformuliert. 16 Im Jahrzehnt des Humangenomprojekts und der ›Entschlüsselung‹ des menschlichen Genoms gilt Rasse somit zahlreichen Lebenswissenschalerˍinnen als überkommene Vorstellung. Dieser Einschätzung folgend diagnostizierte auch eine Vielzahl sozialwissenschalicher Autorˍinnen, dass die ›genetische Widerlegung‹ zu einem ›Ende Prozent getippt, aber ich fand die Zahl immer zu klein, um damit die große Variationsbreite der Menschheit zu erklären.« (Venter : ). 14 Siehe folgende Erklärungen: American Anthropological Association: Statement on »Race« and Intelligence () und Statement on »Race« (); American Association of Physical Anthropologists: Statement on Biological Aspects of Race (); Nature Genetics (); New England Journal of Medicine () American Sociological Association () sowie die im Jahr  erfolgte Erklärung der von der UN geladenen »Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz«. 15 Siehe zu vor allem biowissenschalichen Akteurˍinnen etwa Marks ; Kattmann , ; Owens/King ; Schwartz ; Wilson et al. ; Seidler ; Lewontin . 16 Beispielsweise verzeichnet das umfangreichste deutschsprachige »Lexikon der Biologie« im Lemma »Menschenrassen«: »Unterschiede zwischen den Populationen des Menschen können zwar statistisch erfasst werden, sie sind aber entweder zu gering oder zu unbedeutend, um nach den Maßstäben der zoologischen Systematik Unterarten (›Rassen‹) unterscheiden zu können.« (Kattmann : ) Auch das  erschienene deutschsprachige Lehrbuch »Anthropologie« weist aus, dass die »Frage nach der Existenz von Menschenrassen […] bis in die Gegenwart heig und kontrovers debattiert [wird], wobei die Antwort aus biologischer Sicht rasch und sicher mit ›nein‹ gegeben werden kann« (Grupe et al. : ). Als Standardlehrbuch der physischen Anthropologie ersetzt es das  letztmalig erschienene »Lehrbuch der Anthropologie und Humangenetik« von Reiner Knußmann, in dem Rasse noch als biologische Taxonomie ausgewiesen wurde. Im englischen Sprachraum setzte diese Umschreiben und Ersetzen bereits in den er Jahren ein (vgl. Littlefeld/Lieberman/ Reynolds  u. Morning ). 252 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK von Rasse‹ aeführt habe. Rassekonzepte in ihren bioloaischen Varianten seien somit nur noch ›Fiktion‹ und ›sozialer Mythos‹. 17 …und Erfolge der neuen Rassifizierungen Im Widerspruch zum verkündeten Ende bioloaischer Rassekonzepte sind diese keinesfalls mit den UNESCO-Statements oder mit den Kritiken der Genomik in die Geschichte verabschiedet worden. Vielmehr ist eine Kontinuität rassifzierender Forschuna zu verzeichnen und seit Anfana der er Jahre entstehen in verschiedenen Feldern neue Forschungen und Beiträge, welche die Notwendigkeit von Rassekategorisierungen mit vielfältigen Argumenten zu stützen versuchen und Neuentwürfe von Rassekonzeptionen mit den neuesten Mitteln genetischer Forschung vornehmen. Wie die Ergebnisse der Populationsgenetik (z. B. zur Bedeutung der Innergruppenvarianz sowie zu kontinuierlichen Unterschieden) nicht nur zu Kritiken an Rassevorstellungen, sondern zugleich zur Weiterentwicklung von Rassekonzeptionen führten, ließ sich ebenso die im Rahmen des Humangenomprojekts verkündete genetische Gleichheit aller Menschen (Venter ) auch im Sinne einer Spezifzierung rassischer Einteilbarkeit der Menschheit verwenden. Schon kurz nach Beendigung des Humangenomprojekts sprach sich in diesem Sinne der Genetiker und Vorsitzende des Ethikkomitees der die Sequenzierung koordinierenden »Human Genome Organisation« (HUGO), Abdallah Daar, dafür aus, das »Konzept der Rasse wieder in Wissenscha und Medizin« einzuführen und bei den »fünf wichtigsten Rassengruppen« nach Variationen für eine maßgeschneiderte Medizin zu suchen (zit. nach Blech : ; Daar/Singer : ). Ebenso kamen zum Jahrtausendwechsel neben molekulargenetischen Methoden in der Forensik zur Feststellung der »ethnischen Herkun« anhand von DNA-Markern (Evett/Pinchin/Buffery ) auch mehrere neue genetische Ansätze auf, die bei medizinisch relevanten »Polymorphismen« nach »Frequenzunterschieden zwischen ethnischen und rassischen Gruppen« suchen (Evans/ Relling : ). Mit der Molekularisierung der Genetik, wie allgemein eines Großteils lebenswissenschalicher Methoden und Forschungsprojekte, wird in den er Jahren ebenso das biowissenschaliche Verständnis von Rasse einer Molekularisierung unterzogen. Die Marker der genetischen Differenzanalysen (Mini- und Mikrosatelliten, SNPs und Alu-Insertionen) können dabei als Signatur rassischer Differenz 17 Siehe entsprechend Äußerungen bei Stepan ; Gates/Appiah ; Guillaumin , ; Barkan ; Witzig ; Gilroy ; Arndt ; ; Räthzel ; Eggers et al. ; Smedley/ Smedley ; Dietze et al. a; Geulen ; Degele . ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 253 voraestellt werden. Auch wenn einiae Genetikerˍinnen in ihren Studien die Darstelluna in Rassen zu vermeiden versuchen (wie z. B. Cavalli-Sforza/Bodmer ), werden die Ergebnisse dennoch häufg von anderen dahingehend interpretiert. So meinen etwa Neil Ris ch et al. (), dass mit verschiedenen genetischen Markern jeweils Zuordnungen in fünf kontinentale Gruppen (Africans, Caucasians, Pacifc Islanders, East Asians und Native Americans) möglich seien und verweisen darauf, dass in Studien von Stephens et al. () sowie Wilson et al. () mit fast  SNPs sowie mit mehreren Mikrosatelliten »genetische Strukturen in menschlichen Populationen« aufgezeigt und in »distinkte und nichtüberlappende Cluster, die sie mit Caucasian, African American und Asian« benennen, aufgeteilt werden könnten (:  f.). Aus ihrem Überblick über verschiedene zeitgenössische Differenzuntersuchungen ziehen sie den resümierenden Schluss, dass »zahlreiche populationsgenetische Studien am Menschen zum identischen Ergebnis« gekommen seien, nämlich »dass die genetische Differenzierung am größten ist, wenn diese anhand kontinentaler Zuordnungen erfolgt«, woraus sie wiederum ableiten, dass »zwei Caucasians sich genetisch ähnlicher als ein Caucasian und ein Asian« seien (ebd.:  u. ). Die neuen genetischen Differenzierungsmöglichkeiten führten auch zu neuen Rassifzierungen, etwa in der pharmazeutischen Forschung mit dem Herzmedikament BiDil oder mit genetischen Herkunstests, die auf ethnische Zuordnung von DNA-Markern oder eine »Mischungsanalyse« des Genoms zielen. Vor allem in klinischen Studien lässt sich geradezu ein Boom an Unterscheidungen nach »rassischen« Gruppen (neben Geschlecht und Alter) feststellen, in denen genetische Unterschiede zur Erklärung von Medikamenten(un)verträglichkeiten, von Unterschieden bei Krankheitshäufgkeiten oder der durchschnittlichen Lebenserwartung vermutet werden. Entsprechend stellen in den letzten Jahren Forscher ˍinnen die Bedeutung »genetischer Differenzierungen […] zwischen kontinental separierten Gruppen« (Burchard et al. : ) für medizinische Forschung und klinische Praxis heraus. So sollen »rassische Kategorien bedeutungsvolle biologische Differenzen widerspiegeln« (El-Haj : ) oder es wird davon ausgegangen, dass in »den nächsten Dekaden viele genetische rassische Differenzen entdeckt werden« (Rowe : ). 18 In weiteren Studien sind Rasse und Ethnizität als »nützlicher biologischer Anzeiger für die zugrunde liegenden genetischen Variationen« im Gebrauch (Tate/Goldstein : ). Andere ziehen für die alltägliche Verschreibungspraxis die »Rasse« der Patientˍinnen mit in Betracht, wie die Psychiaterin Sally Satel in ihrem Artikel »I Am a Racially Profling Doctor« () 18 Siehe hierzu auch die Ausführungen im vorhergehenden Kapitel zu »Rasse in der Post/Genomik«. Ähnliche Aussagen finden sich bei Evans/Relling ; Wood ; Bonham/WarshauerBaker/Collins ; Tang et al. ; Risch . 254 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK beschreibt, da »Krankheiten und Behandlunaserfolae sich entlana von Ethnizität clustern« und somit »die Realität von Differenzen« nicht zu leuanen sei (ebd.). Auch Projekte zur Untersuchuna der Korrelation von aenetischen Polymorphismen mit Zivilisationskrankheiten, wie die »Genome-Wide Association Studies«, das »International HapMap Project« oder das » Genomes Project«, basieren vielfach auf rassifzierenden Zuordnungen (vgl. Fujimura/ Rajagopalan ). In weiteren Bereichen neben dem medizinisch-pharmakologischen nutzen Forscherˍinnen genetische Marker wie Einzelnukleotid-Polymorphismen oder Mikrosatelliten, um die »biogeographische Herkun« (Shriver/Kittles : ) zu bestimmen. Andere nehmen Einteilungen der Menschheit anhand von vier »Hauptclustern« vor, die »nahezu perfekt der Selbstidentifzierung der getesteten Personen zu einer Rasse/Ethnizitäts-Kategorie« entsprächen (Tang et al. : ) oder ermitteln »sechs genetische Hauptcluster«, die mit »geographischen Hauptregionen« korrespondieren sollen (Rosenberg et al. : ). In ähnlicher Weise bieten seit den ersten Jahren dieses Jahrhunderts mehrere Unternehmen genetische Herkunstests an, mit denen anhand von genetischen Markern die kontinentale oder ethnische Abstammung der Testpersonen sowie die rassische Mischung ihrer DNA-Bestandteile ermittelt werden. So fnden in den gängigen genetischen Abstammungstests des AncestrybyDNA-Verfahrens  Marker Anwendung, um Genombestandteile den vier Kategorien »European, Indigeneous American, Sub-Saharan African und East Asian« zuzuordnen (siehe Abbildung , Seite ). Diese kontinentale Klassifizierung entspricht dabei weitgehend den Rassevorstellungen, die auch im US-amerikanischen Zensus, in sozialwissenschalichen Studien und in der Politik verwendet werden. Im Testergebnis der Firma »DNAPrint Genomics« wird die Zuordnung jedoch als biologisch-genetisches Konzept, als »biogeographische Abstammung« naturalisiert (vgl. Fullwiley a). Sämtliche populär vermarkteten Ancestry-Tests stehen – wenn auch in sehr unterschiedlicher Weise – in Relation zu rassifzierenden Einteilungen. Einige der Unternehmen versuchen dabei Rassezuordnungen explizit zu vermeiden, dennoch nehmen sie alle Zuordnungen zu »tribes, Nation, Volk, Urvolk, Population« vor oder machen Angaben über Anteile der individuellen DNA, etwa anhand der vier »Populations-Gruppen« Native American, European, East Asian und African. 19 Für die dargebotenen Ursprungserzählungen böten sich prinzipiell viele mögliche Varianten von Verwandtschafts- und Herkunftsdarstellungen an. Naheliegend und vermarktbar erscheinen jedoch lediglich Narrative, die genetische Daten im Sinne eindeutiger Zuordnungen und deutlicher Trennungen zwischen den Gruppen präsentieren. 19 Siehe die weiteren Ausführungen zu »Genetischen Herkunstests« im Kapitel »Rasse in der Post/Genomik«. ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 255 In Reaktion auf die Fülle an zeitaenössischen Rassifzierunaen warnen entsprechend verschiedene Kritikerˍinnen vor einer neuen Rasseforschuna. Als Geaenstück zu Darstellunaen, in denen ein Ende bioloaischer Rassekonzepte behauptet wird, stellen diese Analystˍinnen heraus, dass vielmehr von einer »Wiederaeburt des Rassebeariffs« (Duster ), einer »neuen Wissenschaft der Rasse« (Abraham ; Bliss ) oder einer »Neuerfndung«, einer »neuen Wissenscha und Technologie der Rassengenetik« (Roberts : X f.) gesprochen werden müsse. Andere Zeitdiagnosen legen dar, dass in bestimmten Bereichen »rassifzierte biologische Vorstellungen ein Comeback erleben« (Goodman ). So sei zu sehen, dass die »rassenbasierte Medizin fortdauert« (Wade ) oder dass in den letzten Jahren die »biomedizinische Literatur zu Rasse explodiert« sei (Fausto-Sterling : ). Statt der soeben noch verkündeten Absagen an Rassekonzepte lässt sich also für die aktuelle genetische Differenzforschung ebenso eine Renaissance biologischer Rassekonzepte feststellen. Resistenzen biologischer Rassekonzepte Die Kritiken, Infragestellungen und Absagen an biowissenschaliche Rassekonzepte haben maßgeblich dazu beigetragen, den mit der Moderne, der Kolonialisierung und säkularen Herrscha entstandenen Naturalisierungen sozialer Ungleichheit entgegen zu wirken. Mit den Kritiken ließen sich naturalisierte Differenzkonzepte als sozial erzeugte Unterscheidungen verstehen und damit von vormals als kausal vorgestellten biologischen Unterschieden entkoppeln. Allerdings beließ der dominante Bezug der Kritik auf biowissenschaliche Belege die Frage nach der Realität von Rasse in der Biologie. Die Vielzahl der während des . Jahrhunderts formulierten Argumentationen gegen biologische Rassekonzepte hat auch aus diesem Grund nicht zu einer Verabschiedung, sondern oft sogar zu weiteren Reformulierungen von Rasse beigetragen. Die Kritik wurde damit zu einem Faktor in der Fortführung der Rasseforschung, indem sie auch revitalisierend auf die Erneuerung und konzeptionelle Weiterentwicklung biowissenschaftlicher Differenzkategorisierungen wirkte. Allerdings führten die Infragestellungen spätestens seit den UNESCO-Statements von / dazu, dass sich Differenzforschungen immer, auch mit den Kritiken, mindestens in impliziter Form befassen müssen. Entsprechend können heutige lebenswissenschaliche Rassemodelle, um nicht als rassistisch, überholt und widerlegt zu gelten, nur bestehen, wenn sie mit den Kritiken an typologischen Konzepten, an Hierarchisierungen und Wertungen umzugehen wissen. 256 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Die Kritiken erzeuaten also kein Ende, sondern wurden in die Transformation hin zu moderneren Konzepten rassischer Differenz eiaewoben. Rassekonzepte erwiesen sich somit als sehr fexibel, um einerseits das empirische Problem handhaben zu können, dass unter den jeweiliaen Forschunasparadiamen und den modernsten Methoden keine abschließende Ordnuna der menschlichen Differenzen aufzufnden war. Andererseits war es bisher immer auch möalich, neue Rassemodelle zu konstituieren, die eben auch mit den verschiedenen sowohl politischsozialwissenschalichen als auch innerdisziplinären Kritiken an rassischen Einteilungen umzugehen wussten. So machten sich Differenzkonzepte die kritische Argumentation zu eigen und richteten diese an ihre Vorgängermodelle typologischer und völkischer Rasseverständnisse. Entgegen den mindestens implizit hierarchisierenden klassischen Konzepten sind Rassekonzepte nun selbst mit integrierenden Momenten ausgestattet, indem mit der Inklusion von Minoritäten (etwa in medizinische Behandlungen) oder dem Nutzen der Differenzierung für alle argumentiert wird. Diese Fähigkeit zur produktiven Integration von Kritik an biologischen Rassekonzepten ist dabei keine gänzlich neue Erscheinung, sondern schon in deren frühe Entwicklungsdynamik eingeschrieben. So übten die auf die Mendelsche Genetik zugreifenden Forschungen Kritik an vorhergehenden Rassevorstellungen (vgl. Sankar ). Mit der Populationsgenetik argumentierten Differenzforscherˍinnen, dass ihre Modelle die Evolution des Menschen im Vergleich zu den klassischen typologischen besser abbilden könnten. Die Molekularbiologˍinnen begründeten ihre Forschungen als näher an den Genen und damit viel weniger von Umwelteinfüssen abhängig als eine Analyse phänotypischer Merkmale oder die Untersuchung von Blutproteinen (»closer to the genes, closer to reality«-Argument, Reardon ). Heutige Ansätze greifen Kritikaspekte darüber hinaus auf, um sich damit rhetorisch von Rassemodellen abzusetzen, aber dennoch rassifzierende kategoriale Einteilungen vorzunehmen (vgl. die Ausführung zu den genetischen Herkunstests und zur Medikalisierung). Oder aber die Kritik wird eingesetzt, um populationsgenetische Ansätze als überholt auszuweisen, da mit genetischen Markern wie SNPs, STRs etc. viel besser als mit den proteinbasierten Studien der Populationsgenetik Differenzierungen vorzunehmen seien (siehe etwa Burchard et al. ; Edwards ; Jorde/Wooding ; Risch et al. ). Die massiven innerbiologischen Kritiken werden in einigen aktuellen Forschungen umgangen, indem diese – wie z. B. die bedeutende Intragruppenvarianz – benannt, dann aber dennoch die Intergruppendifferenz beforscht wird (siehe etwa Jorde/Wooding ; Risch et al. ), oder sie können gewendet werden, indem beispielsweise die im Rahmen des Humangenomprojekts entstandenen Verlautbarungen zur , igen genetischen Gleichheit der Menschen zum Anlass ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 257 aenommen wird, nun die ,  Varianz auf rassische Differenzen hin zu untersuchen (Rowe ). Doch trotz aller Veränderungen, trotz vieler Versuche, über neue Rassekonzeptionen der Wahrheit der Differenz näher zu kommen, konnte kein Rassekonzept über längere Zeit stabilisiert werden. Zu einem Ergebnis führte die Suche nach einer statischen natürlichen Ordnung des Menschen immer nur punktuell, lediglich bei einzelnen Forscherˍinnen oder für begrenzte Zeit unter dem jeweiligen Forschungs- und Methodenparadigma. Im Zeitverlauf waren die Modelle entsprechend massiven Wandlungen, intensiven wissenschalichen Be- und Umarbeitungen unterworfen, sodass Rasse von einer Vielzahl an Konzeptionen gekennzeichnet ist. Schon Friedrich Otto Hertz bemerkte diese Eigentümlichkeit von Rasse und resümierte, dass es »mehr Rassentheorien als Rassentheoretiker« gebe (Hertz a: ). Dies hat sich auch mit der Genetifzierung rassischer Einteilungen im Laufe des . Jahrhundert und unter den Bedingungen der Post/Genomik nicht geändert, sodass der Biologe Ulrich Kattmann am Beginn des . Jahrhunderts zur inhaltlich gleichen Schlussfolgerung gelangt: »Beim Menschen wurden beinahe so viele Rassensystematiken aufgestellt, wie es Wissenschaler gibt, die sich mit dem Problem befasst haben« (:  f.). Rasse ist somit ein in gewisser Weise prekäres wissenschaftliches Konzept, da von eindeutig belegbaren Unterschieden, die zudem im geschichtlichen Rahmen konstant sein sollen, ausgegangen wird, diese aber in den Forschungen immer wieder in Frage gestellt werden. Anstelle der natürlichen Ordnung des Menschen zeigt sich vielmehr eine geringe Halbwertzeit der einzelnen Konzepte und schließlich eine diachrone Vielfalt an Teilungsmodellen. Bei allen Weiterentwicklungen biowissenschaftlicher Differenzkonzepte, von den klassisch typologischen Modellen der Rassenanthropologie über die Paradigmen der Populations- und der Molekularbiologie bis zu post/genomischen Ansätzen, entstanden trotz der Kontinuität rassifzierender Teilungen bedeutende Verschiebungen im Inhalt der Differenz. In den Kapiteln zur Genetifzierung und zu neuen Rassifzierungen in der Post/Genomik wurde analysiert, dass einerseits kategoriale Ordnungsmodelle weiterbestehen, andererseits aber entlang der neuen Forschungs- und Methodenparadigmen jeweils neue Ansätze zur Fassung von Differenz entwickelt wurden. Als wesentliche Verschiebung konnte herausgearbeitet werden, dass aktuelle lebenswissenschaliche Differenzkonzepte neue Funktionalitäten übernehmen. Die Bestätigung einer hierarchischen Ordnung der Menschheit tritt in den Hintergrund zu Gunsten weiterer biopolitischer Bedeutungen von Differenz. 20 Mit 20 Dennoch sind weiterhin viele Forschungsergebnisse, die als kategoriale Differenzen dargestellt werden, mit wertenden und hierarchisierenden Konnotationen verknüpar. So kann die Darstellung von Ungleichheiten in Krankheitsvariablen als mutmaßlich genetische Diffe- 258 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK der Verkleineruna und Verinnerlichuna der Differenzsianaturen im Verlauf des . Jahrhunderts, mit der Einsetzung von Mini- und Mikrosatelliten sowie Einzelnukleotid-Polymorphismen als Marker der Differenz wurde Rasse jenseits der Gene nun hauptsächlich in nicht-codierenden Bereichen des Genoms, in den kleinsten Bestandteilen der DNA, den Punktmutationen und Basensequenzwiederholungen verortet. Der Wechsel vom Nachweis von Unterschieden als Zeichen der Inferiorität der ›Anderen‹ zum Abbilden von Differenz in den kleinsten Einheiten im »Buch des Lebens« zeigt eine Veränderung im Sinngehalt der Unterscheidungen an. Die Differenzmarker selbst wurden dabei immer mehr von Anzeigern eines Wesensunterschieds, die die jeweiligen Gruppen hierarchisch anzuordnen ermöglichen, zu einer Differenz, die als wissenschaftliches Abbild allerlei allgemein bekannter und nicht beweisnotwendiger Unterschiede gilt. In diesem Sinne befnden sich die Marker der meisten aktuellen genetischen Differenzuntersuchungen auf Punktmutationen und Basensequenzwiederholungen, die in Bereichen der DNA außerhalb der eigentlichen Gene liegen und damit im vorherrschenden Verständnis in der Regel keine phänotypische Wirkung haben. Die beiden Haupttechniken für kommerzielle und für forensische Herkunstests gründen zudem auf dem Y-Chromosom oder den Mitochondrien, auf denen nur je ein paar Dutzend Gene liegen. Obwohl die mit den zeitgenössischen Mitteln aufgespürten Differenzen in den gängigen Modellen der Lebenswissenschaen keine Relevanz für physische oder sozial-kulturelle Unterschiede besitzen, vermögen sie diese dennoch biowissenschalich zu bestätigen und damit als naturgegeben zu fundieren. In der Praxis lebenswissenschalicher Differenzforschung erscheinen die mit der sozialen Ungleichheitsordnung verknüpen körperlichen Attribute entsprechend als genetische Differenz. In diesem Sinne stehen die heutigen genetischen Marker zwar nicht wie bei den Vermessungen der Rasseanthropologie des . Jahrhunderts als Signatur eines Wissens über die Unterlegenheit der anderen Rassen, doch sie stellen als Unterschiede in der DNA eine eigene Differenzbedeutung dar. Die realen Unterschiede der Teilungs- und Ordnungsdimension Rasse fnden damit ihr Gegenüber in den irrealen Differenzen nichtcodierender bzw. sogenannter Junk-DNA. renz auch stigmatisierende Bedeutungen erzeugen. Wenn eine rassifzierte Gruppe als genetisch häufger krank bezeichnet wird, kann diese Aussage nicht wertfrei sein, zumindest nicht in einer Gesellscha, für die Krankheit und Gesundheit mehr als nur individuelle Zustände bezeichnen. Aber auch scheinbar nichtnormative Wahrscheinlichkeitszuordnungen von Mini- und Mikrosatelliten und Einzelnukleotid-Polymorphismen zu geographischen Räumen und Ethnien und Rassen sind im Kontext segregierender Gesellschaen leicht Gegenstand weiterer Bedeutungsaufladung. ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 259 Kontinuitäten rassifizierender Biopolitik Rassifzierende Klassifkationen sind stetiaen Veränderunaen unterworfen. Differenzen im Knochenbau und anderen physischen Merkmalen, die von Linné bis zur Rassenpsycholoaie üblich waren, die vielfältiaen Unterschiede, welche die typoloaische Rassenanthropoloaie vermessen hatte, stehen in den aktuellen biowissenschalichen Repräsentationen rassischer Differenz nicht mehr im Zentrum, sondern sind höchstens mittelbar, etwa als Auswirkungen der genetischen Ausstattung, relevant. Dennoch erfuhr Rasse in den Lebenswissenschaen entgegen einer in alltagsrassistischen Unterscheidungsideologemen und -praxen zu beobachtenden Kulturalisierung von Differenz – basierend vor allem auf Religion, Sprache, Staatsangehörigkeit 21 – keinesfalls eine solche Denaturalisierung, sondern ist durch die Genetifzierung und Anbindung an je aktuellste Forschungsmethoden immer wieder als biologisches Konzept im Sinne der Abbildung einer in der Natur vorfndlichen Ordnung reformuliert worden. Die Sozialwissenschalerˍinnen Manuela Bojadžijev und Alex Demirović stellen über »Konjunkturen des Rassismus« fest, dass »Rassismus […] nicht stabil« sei, sondern sich – wie andere Wahrheits- und Wissensproduktionen – verändere, andere Formen annehme, sich mit unvermuteten Praktiken verbinde (:  f.). Solche Konjunkturen lassen sich offensichtlich auch für die Entwicklung lebenswissenschalicher Rassekonzepte konstatieren. Diese scheitern kontinuierlich an den eigenen Kriterien lebenswissenschalicher Differenzuntersuchungen und sind dennoch immer wieder Ansatzpunkt neuer Konzeptionen und entsprechender Forschungen. Da die Kontinuierungen aber nicht aus den lebenswissenschalichen Ergebnissen selbst zu erklären sind, liegt die Frage nach den gesellschalichen Hintergründen für den unablässigen Fortbestand kategorialer Differenzkonzepte auf der Hand. Wissenschasgeschichtlich lassen sich zwar auch andere Konzepte aufzeigen, an denen trotz massiver Infragestellungen kontinuierlich mit einer Fülle von Modellen festgehalten wurde, aber die Konstanz an Reformulierungen und Infragestellungen macht Rasse zu einem besonderen Konzept. Diese Besonderheit lässt sich etwa an einem Vergleich mit den Forschungen des Wissenschastheoretikers omas Kuhn aufzeigen, der in einer Studie zu »wissenschalichen Revolutionen« () radikale Brüche in wissenschalichen eoriemodellen untersucht hat. Anhand mehrerer historischer 21 Die Kulturalisierung von Rasse sollte aber nicht als ausschließliche Form aktueller Rassifizierungen missverstanden werden. Spezifsche physische Merkmale blieben bisher trotz allgemeiner Kulturalisierungstendenzen auch im Alltagsverständnis mit rassifzierten Differenzkonnotationen verbunden. Vor allem Haut-, Haar und Augenfarbe sowie Formvarianten der Nase, Augen etc. sind in der sozialen Stratifikationsordnung und in Alltagsinteraktionen als rassifzierte Signifkanten relevant. 260 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Phänomene der Auffächeruna und Vervielfältiauna von eorien deutet er diese als typisch für eine Krise des eorieaebäudes, die letztlich zu einem völlia neuen Paradiama und einer Überwinduna der alten wissenschaftlichen Vorstelluna führe. Wie etwa zu Ende des . Jahrhunderts unzählige Versionen der Phlogistontheorie zur Erklärung von Phänomenen mit Bezug auf Gase entstanden, so ließe sich die Fülle an Modellen und Markern der Differenz, mit denen rassische Einteilungen vorgenommen wurden und werden, ebenso als eine Krise der kategorialen Differenzforschung interpretieren. Die Phlogistontheorien wurden schließlich von der Oxidationstheorie (mit dem Gas Sauerstoff), genauso wie die komplexen eoriemodelle des geozentrischen durch das heliozentrischen Weltbild, abgelöst. Zwar lässt sich für die wissenschaliche Rasseforschung seit ihrem Beginn eine ähnliche wie die von Kuhn bezeichnete Krise konstatieren. Im Gegensatz zur Phlogistontheorie oder dem geozentrischen Weltbild sind Rassetheorien in der Erforschung menschlicher (biologischer) Differenz jedoch bisher keinesfalls verabschiedet worden. Die Auseinandersetzungen haben lediglich zu reichlichen Veränderungen, aber nicht zu einer Ablösung der eorie einer rassischen Aueilung durch ein neues Verständnis biologischer Diversität geführt. Statt aufgrund der vorliegenden eorien- und Konzeptfülle also kurz vor ihrer Ablösung zu stehen, erneuerten sich Rassemodelle bisher immer unter Anwendung der jeweils aktuellen Ansätze biowissenschalicher Forschung. Das ›Scheitern‹ der Rassemodelle wirkte eher als ein produktives Moment und als eoriemotor, auf das mit noch mehr und detaillierteren Forschungen zu antworten war (vgl. Hanke ; Kerner a). Zur Untersuchung der Produktivität biowissenschalicher Konzepte bietet Kuhns klassische Studie keine Erklärung, sondern unterstützt vielmehr die Frage nach der Besonderheit von Rassekonzepten. Für die Beantwortung der Frage bietet sich aber Foucaults Analyse, jene hier schon am Beginn der Studie eingeführte Perspektive auf moderne Regierungshandlungen unter dem Begriff der »BioPolitik«, an. Mit dem Blick auf die »Vereinnahmung des Lebens durch die Macht« untersuchte Foucault zunächst jene Regierungstechniken, die sich im doppelten Sinne auf den Körper – als individueller und als Gattungs-Körper – richte (Foucault :  u. ). In einer Genealogie jener Techniken, identifziert er eine Zäsur in der Regierungskunst innerhalb der Moderne, die er kontrastiv mit den Begriffen »Leben« und »Tod« fasst. Während sich die ›alte‹ Macht des Souveräns aus der Verfügung über den Tod herleitete, entwickelte sich seit dem klassischen Zeitalter eine Macht, die sich auf das Leben zu stützen versucht. Die Macht, »sterben zu machen und leben zu lassen«, sei abgelöst worden von einer Macht, die vor allem beinhalte, »leben zu machen und sterben zu lassen« (Foucault :  Hervh. i. Orig., siehe auch /: ). Was Foucault hier kontrastiv ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 261 auf den Beariff brinaen will, ist jener Wechsel in den Reaierunashandlunaen, in dem das Leben in den Fokus der bewussten Kalküle rückt. In seinen Analysen untersucht er somit Machttechniken, die den individuellen Körper unter Maßaaben der Formuna, Steiaeruna und Nützlichkeit umareifen. Statt wie Kuhn damit auf die Transformationen wissenschaftlicher Konzepte zu schauen, fokussiert Foucault auf Veränderunaen von Reaierunasrationalitäten und kann in dieser Perspektive die Erfnduna der Bevölkeruna, die Wirkuna disziplinierender und reaulierender Machttechniken und die Dezentralisieruna der Macht in Form aouvernementaler Praktiken untersuchen. Für die hier aestellte Fraae nach den Gründen der Kontinuieruna rassischer Klassifkationen, bietet sich mit den foucaultschen Untersuchunaen zur Biopolitik ein Ansatz sowohl um die weiter bestehende Funktionalität kateaorialer Einteilunaen des Menschen als auch die Veränderunaen rassifzierender Konzepte zu verstehen. Für die hier untersuchte Fraae nach dem Wie und Warum rassifzierender Konzepte dienten Foucaults Ansatz dabei als Grundieruna. Deutlich aemacht werden konnte, dass über die Praktiken in den Wissenschaen hinaus auch die Frage nach gesellschalichen Stratifzierungen und der Bedeutung von Differenz mitgestellt werden muss. Doch auch aktuelle Biopolitiken unterliegen Veränderungen. Die Konzeption des Lebens, das es zu steigern und zu optimieren gilt, das Verständnis rationaler Regierungsweisen oder die Form des Zugriffs auf die Individuen dürfen nicht als statische Formationen missverstanden werden. Wie das Leben als fexibles und als in gewissen Grenzen zu regulierendes verstanden wird, müssen auch aktuelle Regierungspraktiken und das Verhältnis von wissenschalichen Konzepten und gesellschalichen Teilungsdimension als vielfältigen Wandlungen unterliegende untersucht werden. Gerade für die Rekonstruktion biologischer Rassekonzeptionen wird es deshalb notwendig die Funktionalitäten rassischer Teilungen als ebenso veränderbare zu verstehen. In vielen der bestehenden Weiterführungen von Analysen unter dem Begriff der ›Biopolitik‹ und ›Biomacht‹ werden allerdings omals die disziplinierenden, ausschließenden und mittels Zwang erfolgenden Aspekte moderner Gesellschaften herausgehoben. So greift etwa der Philosoph Giorgio Agamben in seinen Untersuchungen zur Biopolitik die Arbeiten Foucaults und Hannah Arendts auf, betont aber seinerseits vor allem die Grenzfguren des Lebens. Diese identifziert er im homo sacer als »nacktes Leben« und als Grundform sowohl der Unterwerfung unter die souveräne Macht als auch der individuellen Freiheit (: ). In diesem Sinne und in Anlehnung an Agamben fokussiert der Politikwissenschaler und Historiker Achille Mbembe die Politiken des Todes und erweitert Foucaults Begriff der »Biomacht« um die Begriffe »Nekropolitik« und »Nekromacht«, um »heutige Formen der Unterwerfung des Lebens unter die Macht des 262 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Todes zu verstehen« (: ). Dem gegenüber stehen Arbeiten wie etwa das »Empire« des Literaturwissenschalers Michael Hardt und des Philosophen Antonio Negri, mit dem die Autoren den Begriff der Biopolitik auf den Übergang vom Fordismus zum Postfordismus beziehen und auf die produktiven Dimensionen liberaler Machttechniken beschränken. In ihrem Gebrauch des Begriffs Biomacht begrenzen sie Foucaults Entwurf auf die Kapitalisierung von Natur bzw. die reelle Subsumtion selbiger sowie der Gesellschaft unter das Kapital (Hardt/ Negri , S. ). Dabei vollziehen sie eine Zuspitzung der produktiven Dynamiken und versuchen, die der ›lebendigen Arbeit‹ innewohnenden Kräe als emanzipatives Vermögen, um in gesellschaliche Verhältnisse transformativ einzugreifen, fruchtbar zu machen. Beide analytische Perspektiven auf die Nutzbarmachung des Lebens in gesellschalichen Prozessen beinhalten Begrenzungen, die eine adäquate Analyse gegenwärtiger lebenswissenschalicher Rassifzierungen erschweren. Während mit dem Fokus auf die Disziplinierung der Körper, die Ausschlüsse und Nekropolitiken zwar viele Effekte intentionaler und struktureller Rassismen in den Blick genommen werden können, sind viele der Ausweitungen rassifzierender Forschung in den Lebenswissenschaen damit kaum angemessen zu fassen. Auf der anderen Seite lassen sich mit einer »produktivistischen Zentralperspektive« (Schultz : ) etwa lebenswissenschaliche Rassekonzepte als Hoffnungsträger, als »Chance das akute Problem von Rasse zu bearbeiten« bzw. die Fehler des »vergangenen wissenschalichen Rassismus zu korrigieren« (Bliss : ) sichtbar machen. Die reifzierenden Effekte von (Selbst)Identifzierungen, medizinischen Differenzierungen und allgemein von rassischen Klassifzierungen sind jedoch aus einer affirmativen Fassung von Biopolitik kaum zu überblicken. Die gesellschaftliche Segregationen entlang rassischer Einteilungen und die lebenswissenschaftlichen Konzeptionen kategorialer Differenz entweder als Ausdruck disziplinierender Nekropolitik oder als affrmative Handlungen eines aktiven »biological citizenship« (Rose : ) zu beschreiben, würde nur jeweils eine Seite der ambivalenten Prozesse um Rasse umfassen. Für die Analyse von Rassekonzepten in den Lebenswissenschaen bedarf es somit eines Blicks auf die ineinander verschränkten Wirkungen rassifzierender Praktiken. Rasse in der Ära der Genetik ist eingebunden in gesellschaliche Verhältnisse und in Machtpraktiken der Kontrolle, für die die Unterteilung der menschlichen Gattung von Nutzen ist. Gleichzeitig ist Rasse Ort sozialer und politischer Markierungen, in dem Selbst-Defnitionen der Identität und Kämpfe der Anerkennung und Umverteilung ausgefochten werden. Wie bei anderen Identitätsformen etwa entlang der Ungleichheitsdimensionen Geschlecht, Sexualität oder Behinderung können auch rassische Zuordnungen empowernde und emanzipative Potentiale aufweisen. Aus dieser Potentialität aber den Schluss zu ziehen, ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 263 dass heute die Repräsentationsfunktion rassischer Verortuna im Zentrum von Differenzkonzepten stünde, würde das unlösbare Dilemma verkennen, dass auch bei die Aneianuna sozial verorteter Differenzierunaen Mechanismen disziplinierender und unterwerfender Macht wiederholt werden (val. Hark ; Fraser ). Zweifelsfrei haben die Entwicklungen der Molekulargenetik neue emanzipatorische Ansätze ermöglicht – erinnert sei an die identitätspolitische Funktion von genetischen Herkunstests beispielsweise für Afroamerikaner ˍinnen, denen mit den Tests eine Herkunserzählung geboten wird, die über die Versklavung oder die Erzählungen weniger Generationen hinausweisen. Ebenso ist die Intention der Association of Black Cardiologists, die die Marktzulassung des »rassenspezifschen Medikaments« BiDil unterstützten, als Versuch zu verstehen, die ungleichen Zugänge zu angemessener Gesundheitsversorgung anzugleichen. Eine ausschließliche Untersuchung der Intentionalität der Akteurˍinnen rassifzierender Forschungsprojekte würde jedoch ebenso, wie eine einseitige Interpretation disziplinierender oder vitalisierender Wirkungen aktueller Rassifzierungen viel zu kurz greifen. Ansätze zur Analyse biopolitischer Regulierungen stellen dagegen für eine symmetrische Untersuchung rassifzierender Praktiken weitreichende Mittel zur Verfügung. Rassifzierungen lassen sich damit als ein komplexes Gefüge von Macht-Wissenstechniken rekonstruieren. Als Assemblage von Regulierungen, die sowohl disziplinieren, normieren, normalisieren, als auch integrieren, optimieren und dezentralisieren. 22 Bedeutungsproduktion und Materialisierung kategorialer Einteilungen können somit analytisch in ihren Facetten zwischen Ausschluss, Zwang, Kontrolle und Selbstführung aufgegliedert, gleichzeitig aber als ineinander verschränkt verstanden werden. Rassemodelle erweisen sich aus einer solchen symmetrischen biopolitischen Perspektive als nach wie vor modern. So wie mit der Verwissenschalichung von Rasse im Zeitalter der Aulärung die Spannung zwischen Gleichheitsversprechen und gesellschalicher Ungleichheitsproduktion in ein rationales Verhältnis gebracht werden konnte, vermögen biologische Differenzkonzepte auch in der heutigen Ära der Genetik verschiedene Funktionen auszufüllen. Boten biowissenschaftliche Rassifzierungen Erklärungsansätze für die Fragen der Moderne nach menschlicher Ungleichheit und der Legitimität von Ausbeutung und Unterdrückung der ›Anderen‹, indem sie die Natur durch Kategorienbildung ordnen und beherrschen halfen, ermöglichen sie auch in der vorherrschenden Rechtfertigungsordnung soziale Ungleichheit zu legitimieren und sie sind als Ressource für Politiken nutzbar, die auf die Steigerung, Optimierung, Nützlichkeit und Ausnutzung eigener Kräfte abzielen. Rasse ist damit 22 Vgl. Klöppel  für eine solche symmetrische analytische Perspektive sowohl auf disziplinierende als auch vitalisierende Aspekte biopolitischen Agierens in geschlechtertheoretischer Sicht. 264 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK noch immer in der Laae vermeintliche Lösunaen vielfältiaer, unter Umständen aar aeaensätzlicher Problemstellunaen zu präsentieren. Doch die neuen aenetischen Marker der Differenz sind nicht nur darauf festaeleat Sianaturen einer Ordnuna des Menschen zu repräsentieren. Zwar lieat es für vielen Forscherˍinnen offenbar nahe die Basensequenzmuster als typoloaische Zeichen kateaoriale Differenz zu interpretieren. Ebenso können die Zeichen aber auch für Selbstidentifzierunaen anaeeianet oder zur Umsetzuna von antidiskriminatorischen Politiken benutzt werden. Lebenswissenschaftliche Forschunaen determinieren somit keinesfalls den Gebrauch ihrer Eraebnisse in sozialen Deutunaskontexten. War es das Ziel dieser Studie, den Kontinuierunaen bioloaischer Rassekonzepte in der Ära der Genetik zu folaen und die Gründe für jene Konstanz bioloaischer Rassifzierunaen herauszuarbeiten, stellt sich vor dem Hinterarund aesellschalicher Erklärungen jener Konstanz die Frage nochmals auf einer weiteren Ebene, nämlich als Frage nach der Überwindung rassifzierender Verhältnisse. Auf Grundlage der zumindest potentiellen Offenheit genetischer Daten bleibt zu fragen, wie diese auch für Verschiebungen in der Funktion lebenswissenschalicher Differenzkonzepte genutzt werden können. Wenn die neuen Wahrheiten in der DNA nicht lediglich die bekannte Anordnung des Verhältnisses von Sichtbarem und Sagbarem, von sozialen Ordnungs-, Denk- und Handlungsmustern moderner Rechtfertigungsordnung wiederholen sollen, richtet sich die Frage auch an die Potentiale sozialwissenschalicher Analyse und Kritik. Radikalisierung sozialwissenschaftlicher Analyse und Kritik Was sagen die aktuellen genetischen Rassifzierungen über die bestehenden gesellschalichen Verhältnisse aus? Auf welche Problemstellungen versuchen heutige Konzepte lebenswissenschalicher Einteilungen der Menschheit eine Antwort zu geben? Mit diesen Fragen nach dem Gesellschalichen in der biowissenschalichen Beschäigung mit der Unterschiedlichkeit der Menschen wurde die Entwicklung rassifzierender Ansätze, die Genese von Rasse in der Ära der Genetik und die Aktualität rassifzierender Differenzforschung rekonstruiert. Herausgearbeitet werden konnten die beständigen Auseinandersetzungen um RasseTaxonomien, deren konstitutive Wandelbarkeit und Modernisierungsfähigkeit sowie jene folgenreiche Ambivalenz der Kritik im Sinne der Gleichzeitigkeit von wirkmächtigen Absagen und Erneuerungsimpulsen, von antirassistischen und rassifzierenden Potentialen. Mit der gesellschaftstheoretischen Perspektive konnte zum Vorschein gebracht werden, was in den lebenswissenschalichen Differenzkonzepten gerade nicht offen zu Tage trat. Sichtbar wurde, wie die stetigen Ver- ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 265 änderunaen in den Differenzmodellen jenes Beharrunasvermöaen rassischer Teilunasvorstelluna in den Biowissenschaen bedingen. Als besonders bedeutsam zeigten sich zudem die sozialwissenschalichen und politischen Kritiken, mit denen seit dem Wechsel zum . Jahrhundert zunächst Teilaspekte rassischer Zuordnungen infrage gestellt und seit Mitte des letzten Jahrhunderts grundlegende Absagen an Rassekonzepte formuliert wurden. Derartige Kritiken sind aber während der zunehmenden Genetifzierung der Wissenschaen vom Leben allgemein und damit auch der Rassemodelle kaum mehr weiterentwickelt worden. Nicht nur in der Praxis der Kritik, sondern auch in der üblichen Historisierung gelten nunmehr die lebenswissenschalichen, insbesondere die genetischen Kritiken als die wirkmächtigen. Politische und sozialwissenschaliche Interventionen treten entsprechend hinter den älteren populations- und neueren molekulargenetischen Kritiken zurück. Auf der Seite der sozialwissenschalichen Arbeiten liegen heute zwar Untersuchungen zu Kontinuierungen klassischer wissenschalicher Rassismen vor. Mit diesen kann etwa relativ schnell auf den Band »e Bell Curve« oder auf ilo Sarrazins rassifzierende Aussagen reagiert werden. Aktuelle, mit den Mitteln zeitgenössischer Genetik/Genomik erzeugte rassifzierende Konzepte fnden dagegen wenig kritische Beachtung. Heutige rassifzierende Verwicklungen von lebenswissenschalicher Wissensproduktion mit vorherrschenden Teilungspraktiken sind bisher völlig unzureichend untersucht. Doch wäre es verkürzt, die geringe Bedeutung sozialwissenschalicher Kritik nur der Wirkmacht der Genetik im Sinne einer allgemeinen Genetifzierung anzulasten. Die Argumentationen eines Großteils sozialwissenschalicher und insbesondere soziologischer Analyse und Kritik fndet in einer Art Selbstbeschränkung statt, indem auf biowissenschaliche Aussagen rekurriert, mit denen etwa die ›biologische Widerlegtheit‹ von Rasse ausgewiesen wird. Aus dem Blick gerät damit, dass soziale Ordnungsmuster und Teilungspraxen biologisch gar nicht in ihrer Bedeutung erfasst werden können. Gegenüber der sozialen Realität von Rasse greifen Verweise auf innerbiologische Kritiken an dem Konzept deshalb zu kurz, da damit noch keinesfalls die Entstehung und ReProduktion rassifizierender Praktiken geklärt ist. Statt weiter auf die biologische Widerlegungen zu hoffen, bedarf es vielmehr einer intensiveren Beschäigung mit den sozialen Hintergründen und den Praxen jenes Willens zum Wissen über die Differenz. Erst mit einer Klärung der bisher unablässigen Herstellung rassifzierender Teilungen werden wirksame Interventionen in diese Realität möglich gemacht. Für eine zeitgemäße sozialwissenschaliche Analyse sind somit Rasse, Rassifzierungen und Rassismen als wesentliche Bestandteile gesellschalicher Fragen zu bearbeiten. Leider wird ein Verständnis dieser Prozesse im Mainstream der 266 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Sozialwissenschaen bisher keinesfalls als Grundbedingung eines Verständnisses von Gesellscha angesehen. Stattdessen wird Analysen zu Rassismus, Rassifzierungen sowie rassischer bzw. ethnischer Stratifzierung lediglich der Status einer Nische zugestanden. Hinzu kommt, dass auch innerhalb der Analysen zu Rassismus wenig Arbeiten vorliegen, mit denen Prozesse der Rassifzierung aus einer gesellschaftstheoretischen und -kritischen Perspektive untersucht werden. So liegt zwar »am Ende des . Jahrhunderts […] ein bedeutender Umfang an Wissen über race relations, Stratifzierung, Diskriminierung und Identität vor, aber über »racial conceptualisation« (Morning : ) ist wenig bekann. Was die Soziologin Ann Morning für die amerikanische Soziologie konstatiert, gilt für die Sozialwissenschaen außerhalb des angelsächsischen Raums umso mehr. Während zu psychischen Phänomenen, Vorurteilsmustern, nazistischen, eugenischen oder sozialdarwinistischen Rassismen zahlreiche Arbeiten vorliegen und eine Reihe von allgemeinen Erklärungen unter Heranziehung verschiedener Rassismustheorien versucht wurden (siehe auch das Kapitel »Perspektiven und Grundlagen«), existieren verhältnismäßig wenige Studien, die aktuelle Funktionalität kategorialer Differenzmodelle und lebenswissenschaftlicher Konzepte untersuchen. In gewisser Weise wurde sich auf den Erfolgen der frühen sozialwissenschalichen Kritik an biologischen Rassekonzepten ausgeruht. Diese hatten schließlich beträchtliche Transformationswirkungen erzeugten, indem sie Aspekte rassischer Kategorisierung erschwerten oder unmöglich machten. So sind Vorstellungen, die Rasse als reinerbige Gruppe konzipieren, eorien zur »Degeneration« und der Schädlichkeit der »Rassenmischung« oder die Feststellung der Inferiorität der ›Anderen‹ nicht mehr Bestandteil aktueller lebenswissenschalicher Konzepte. Entsprechend sind die meisten aktuellen lebenswissenschalichen Arbeiten, in denen mit rassifzierenden Konzepten hantiert wird, nicht mit einer Kritik zu fassen, die nach Wertungen und Kontinuitäten klassisch typologischer Modelle sucht. Ebenso wenig sind aktuelle Rassifzierungen (wie etwa die zu Beginn des Kapitels angeführten Äußerungen Watsons) mit einer Beurteilung zu fassen, die lediglich auf intentional rassistische Denkweisen oder die Fortführung nazistischer Vorstellungen schaut. Da die Konstanz der kategorialen Ordnungsvorstellungen gerade auf deren Wandlungsfähigkeit der Konzepte beruht, bedarf es – diesem Befund stetiger Modernisierungen lebenswissenschaftlicher Rassekonzepte entsprechend – auch einer an die Veränderungen der Modelle angepasste Kritik. Spielten sozialwissenschaliche und politische Kritiken zu Beginn des . Jahrhunderts und für das UNESCO-Statement zur »Rassefrage« von  eine zentrale Rolle im Diskurs um Rasse, sind sie heute gegenüber den innerbiologischen Infragestellungen eher marginal. Zur Stärkung sozialwissenschalicher Perspektiven auf Differenzkonzepten braucht es deshalb zuallererst der Einsicht, dass soziale Ordnungssys- ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 267 teme und aesellschaliche Praxen der Stratifzierung gar nicht biologisch widerlegt werden können. So wenig, wie sich Stereotypisierungen, Differenzkonstruktionen und damit verkoppelte Privilegienzuteilung bzw. Deprivilegierungen in körperlichen (physischen, molekularbiologischen oder genetischen) Signaturen aulären lassen, so wenig lassen sie sich mit diesen entkräen. In diesem Sinne bedarf es einer Resoziologisierung der ritik, um dem Rekurs auf genetische Marker zur Darstellung von Rasse ein Verständnis sozialer Teilungs- und Ordnungsdimensionen entgegensetzen zu können. Auf die bisher unablässige Modernisierung rassifzierender Modelle muss also ebenso eine Modernisierung des sozialwissenschalichen Analyse- und Interventionsinstrumentariums folgen. Ausgangspunkt eines aktualisierten sozialwissenschaftlichen Instrumentariums muss das Verständnis jener mit der europäischen Moderne installierten Normsetzungen, die identitätsstiend und ungleichheitsgenerierend wirken. In der hier vorgenommenen Analyse zeitgenössischer biologischer Differenzkonzepte wurde deshalb von einem noch immer ungelösten Gleichheits- und Differenzproblem ausgegangen. In Folge jener ›Norm der Gleichheit‹ steht die Frage nach den Gründen bestehender menschlicher Ungleichheit in vielfältiger Weise an vorderer Stelle. Da ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dem Selbstbild bürgerlicher Gesellschaen vordergründig entgegensteht, wird Ungleichheit als zu erklärendes, rational zu fassendes und zu legitimierendes Problem. Diese Notwendigkeit zur Legitimation stellt sich vielfältig in alltäglichen Interaktionen und fndet sich in politischen Problematisierungen sozialer Ungleichheit. Funktional für solche Legitimationsnotwendigkeiten waren bisher vor allem Argumentationen, die auf eine wesenhae Differenz rekurrieren. Mit einer Differenzierungsmaschinerie wird somit nach Merkmalen gesucht, die jene sozial wahrnehmbaren Unterschiede den Personen selbst zuweisen und zugleich eindeutige Identifzierungen zulassen sollen. Seit Beginn der Moderne hat sich dafür vor allem der Rekurs auf die Natur als Urgrund allerlei Differenz bewährt. In der Ankopplung rassifzierender Teilungen an physische Merkmale wie Haut- und Haarfarbe liegt die Biologie scheinbar schon als Differenzmarker nahe. Hinzu kommt, dass im Wertesystem wissenschaftlicher Aussagen Bestimmungen substantieller, biologisch begründeter Differenz allgemein hoch bewertet werden. Seit Beginn der Verwissenschaftlichung von Rasse versuchen deshalb Forscherˍinnen deshalb unablässig, eine materiale Signatur zum Vorschein zu bringen, die der sozialen Teilung entspricht und diese zumindest implizit auch erklären kann. Die Hoffnung auf eine Aulärung der Unterschiede dynamisierte so eine bis heute bestehende Suche nach biologischer Differenz zwischen menschlichen Gruppen. Mit vielfältigen Messungen sollte damit naturwissenschalich belegt werden, was im Alltag wie in politischen Vorstellungen vorherrschende Überzeugung war, nämlich die Andersheit 268 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK der anderen Rassen sowie die von Frauen und Anaehöriaen unterer Klassen im Veraleich zum jeweiliaen Idealbild der Zivilisation und Kultur. Seit Erfnduna des Rassebeariffs in der Frühen Neuzeit stand dieser für die Behauptuna eines wesenhaen, über Generationen stabilen Unterschieds, der nicht durch soziale Praktiken, sei es der Konversion, der Migration oder der ›Vermischung‹ zum Verschwinden gebracht werden konnte. Zu der Zeit, als mit dem entstehenden Bürgertum und einer allmählichen Säkularisierung soziale Standesunterschiede immer mehr zur Disposition standen, boten kategoriale Differenzen somit eine produktive Möglichkeit, bestehende Statuspositionen zu festigen. Differenz ist aus diesem Grund in ihrer Doppelfunktion als Systematisierungsschema einer natürlichen Ordnung des Menschen und der Legitimierung von Ungleichheit unter dem Ideal bürgerlicher Gleichheit tief in die Verfasstheit gegenwärtiger Verhältnisse eingeschrieben und zudem mit Prozessen der Subjektivierung und Identifzierung überdeterminiert. Für sozialwissenschaftliche Analysen erzeugt die Überlagerung mehrerer Bedeutungsebenen von Differenz besondere Herausforderungen. Diese werden jedoch darüber hinaus noch erschwert in Folge der nachwirkenden Trennung in eine Ungleichheitsforschung, die aus sozialpolitischen Auseinandersetzungen um die Soziale Frage im . und . Jahrhundert entstand und seither selten Rassifzierungen in den Fokus nahm, sowie Rassismustheorien, die wenig über den Antidiskriminierungsdiskurs hinausreichend in den Kanon der Gesellschaftstheorien aufgenommen wurden. Als Ergebnis der Trennung können Analysen rassifzierender Verhältnisse bisher nicht an die Wirkmacht politischer und sozialwissenschalicher Kritik der ersten Häle des . Jahrhunderts anschließen. Heutzutage fnden sich allerdings für eine selbstbewusste soziologische Perspektive einige Anschlussmöglichkeiten an lebenswissenschaliche Forschungen. So lässt sich das wiederholte Misslingen eindeutiger Zuordnungen als ein verbindendes Merkmal aller bisherigen biologischen Sammelleidenschaft und Ordnungsversuche deuten. Dass Rasse für die ›exakten Wissenschaen vom Leben‹ zu keiner Zeit in eine allgemein anerkannte Bedeutung zu fassen war, kann entsprechend für eine Stärkung sozialtheoretischer Analysen genutzt werden. Schließlich blieb die prinzipielle Unterbestimmtheit der Rassemodelle trotz der mehrere Jahrhunderte andauernden Suche und der Menge an physischen, psychischen, molekularbiologischen und genetischen Datensammlungen bestehen. Die dabei immer wieder erzeugte Unzulänglichkeiten versuchten die Forscherˍinnen mit mehreren Strategien zu begegnen: Etwa mit dem Verweis auf vermeintlich verfälschende Einflüsse durch die Umwelt oder mit der Hoffnung, dass weiterer Datenerhebungen und neue Differenzmarker klarere Ergebnisse zum Vorschein bringen würden. Letztlich versuchten Generationen von Forschenden den Problemen mit einer Vielzahl ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 269 neuer Modelle zu beaeanen. Doch immer wieder erzeuaten die neuen Messunaen, die Sequenzierunaen und umfanareichen statistischen Bearbeitunaen fießende Überaänae, Ausreißer und verschwimmende Ränder. Im Verlaufe des . Jahrhunderts glaubten die Forscherˍinnen, die Probleme mit einer immer tiefer reichenden Suche im Innern der Körper, mit der Untersuchung der Proteine und den Genen tilgen zu können. Mit dieser Verinnerlichungs- und Verkleinerungsbewegung gerieten deshalb neue Objekte des Lebens in den Fokus der Differenzierungsmaschinerie. Aber auch mit Erreichen der kleinen Differenzmarker und mit der Darstellbarkeit der DNA ließ sich die Kontingenz sozialer Einteilung noch immer nicht in ein an biologischen Merkmalen abgesichertes Ordnungskonzept verstetigen. Neben dieser Möglichkeit, an dem Misslingen biologischer Ordnungsbestrebungen anzusetzen, bieten sich zudem weitere Anschlüsse an aktuelle lebenswissenschaftliche Ansätze an. Insbesondere Untersuchungen zum embodiment, zu epigenetischen Phänomenen, zur Materialisierung sozialer Praktiken, aber auch Studien zur Materialität körperlicher Prozesse, denen es nicht um eine Vorgängigkeit der Biologie geht, bieten reichlich Potential für eine modernisierte sozialwissenschaliche Perspektive. Da sich einige lebenswissenschaliche Ansätze immer mehr von deterministischen Konzepten abwenden und interdependente, die Umwelt und das Soziale eingedenkende Modelle entwerfen, bieten sich vielfältige sozialtheoretische Überschneidungen. Eine radikalisierte sozialwissenschaliche Kritik kann mit Bezug auf diese Forschungen auch über die Einsicht – dass soziale Ungleichheitskategorien nicht biologisch widerlegt werden können – hinausgehen und mit einer selbstbewusste Position vertreten, dass menschliche Ungleichheit prinzipiell biologische Erkenntnismittel übersteigt. Das heißt nicht, dass zwischen beiden keine Bezüge möglich sind. Im Gegenteil, soziale Ungleichheiten können sehr wohl auch mit biologischen Differenzen korreliert und soziale Teilungen können auch in körperliche Effekten dargestellt werden. Aber Praxen der rassifzierenden Kategorieneinteilung und Zuordnung und lassen sich eben niemals adäquat als körperliche Differenz verstehen. Die biologische Unbestimmbarkeit menschlicher Differenzen meint somit die Unmöglichkeit, menschliche Vielfalt mit den Mitteln und in den Ordnungsprinzipien lebenswissenschalicher Unterscheidungen zu verstehen zu können. Da Rassifzierungen in je spezifschen gesellschaftlichen Kontexten stattfnden, sind diese auch nur als je spezifsche soziale Praxis, als Praktiken der Kategorisierung zu analysieren. durch die Menschen in Gruppen geordnet werden. Was in alltäglichen Interaktionen zählt, sind eben nicht die ›kleinen Unterschiede‹ in genetischen Markern, sondern Unterscheidungen, in denen soziale Bedeutsamkeit mittels Einteilungen und daran gekoppelte gesellschaftliche Positionierungen eingeschrieben wird. Um die Selbstbeschränkung sozialwissenschaftlichen Agierens aufzuheben, bedarf es somit 270 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK eines dynamischen Verständnisses aesellschalicher Kontingenz, inklusive einer Analyse der Wirkungen biowissenschalichen Wissens und deren gegenseitiger Verwicklungen. Für eine postrassifizierende Wissenschaft vom Menschen Produktion von Wissen stellt keinesfalls nur eine neutrale Widerspieglung der Welt her, sondern mit wissenschalichem Wissen werden immer auch Interventionen in diese Welt erzeugt. Diente Wissenscha in der Vormoderne und der Aulärung vor allem der Beherrschung der Natur, sollte die Problematisierung dieser Sichtweise ihr Ideal nicht in der bloßen Wiederholung der Welt suchen, sondern Wissenschaft als eine Ermöglicherin verstehen, die gestaltend in Verhältnisse eingreift und gesellschaftliche Bedingungen somit mit formt. In diesem Sinne ist Wissenschaft als eine Praxis zu verstehen, die ergründet, was die Welt im Innersten zusammen hält, um die Veränderbarkeit dieser Welt, die Erzeugung von Neuem zu ermöglichen. Und deshalb obliegt der Produktion von Wissen und Wahrheit eine Verpfichtung die bestehenden Verhältnisse zu refektieren, diese kritisch zu machen sowie alternative Gestaltungen von Gesellscha zu befähigen. Eine Refexion der Funktion und Wirkung von Wissenscha als Teil von Gesellscha hat insbesondere Auswirkungen auf die Verwendung von Kategorien als Erkenntnis- und Darstellungsmittel. In Kategorien kann benannt werden, was als Ordnungsstruktur gerade nicht offenbar ist. Gleichzeitig vollzieht sich mit dieser Artikulationsfunktion immer auch die Gefahr, gesellschaliche Stratifzierung zu festigen und voranzutreiben. Diese Doppelwirkung der Sichtbarmachung und Reifzierung ist kategorialen Zuordnungen eingeschrieben. Statt aber weiterhin nach den richtigen biologischen oder kulturessentialistischen Signaturen einer Ordnung des Menschen zu suchen, ist die Unschärfe des Rassebegriffs, die empirische Unterbestimmtheit und Fluidität der Modelle als das Wesen menschlicher Beschäigung mit Unterschiedlichkeit zu verstehen. Als Terminus soziokultureller Gruppenzuordnungen ist Rasse deshalb auch wesentlich durch kontingente, relationale, ambige und kontextspezifsche Zuordnungen geprägt und muss dies auch sein, um sich potentiell wechselnden und sich entwickelnden gesellschalichen Prozessen anpassen zu können. Die sozialwissenschalichen Konzepte zur Fassung von Ungleichheit (neben Rasse und Ethnie etwa Geschlecht, Sexualität, Behinderung) benötigen in aller Regel jene spezifsche Anpassungsfähigkeit, um sowohl für eine adäquate Beschreibung der sozialen Welt als auch für Interventionsstrategien geeignet zu sein. Rasse und Ethnizität müssen demgemäß als analytische Begriffe variabel sein, wenn sie kulturell, historisch und kontextuell ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 271 variierende aesellschaliche Praktiken beschreib- und verstehbar machen sollen. Die Qualität der sozialwissenschaftlichen Analysekategorie beruht also gerade auf ihrer fexiblen Anwendbarkeit in sich wandelnden Situationen und auf der Prämisse, dass politische Interventionen Veränderungen in den Praktiken, Repräsentationen und Materialisierungen bewirken können. So bezeichnen die Begriffe Rasse, Ethnizität, Rassifzierung und Rassismus analytische Kategorien zur Beschreibung und Problematisierung von Herrscha, sozialer Schließung, Segregationspraktiken, sozialstruktureller Ungleichheit sowie zur Fassung von Identitätspolitiken unter sich verändernden gesellschalichen Bedingungen. Der konstitutiven Anpassungsfähigkeit sozialer Heuristik zur Bestimmung sozialer Ungleichheit entlang rassischer und ethnischer Kategorien stehen die Versuche biologischer Bestimmung entgegen. Mit diesen sollen stattdessen möglichst statische Unterschiede gefunden werden. Doch der Rassebegriff vereinte auch in den diversen biowissenschalichen Ausformungen schon immer biologische Merkmale mit sozialkulturellen Zuweisungen. Dadurch war es möglich, dass Rasse als »boundary concept« (Löwy ) immer wieder Anschlüsse sehr unterschiedlicher Zugriffe zur Beschreibung von Unterschieden in sich vereinen konnte. Während jedoch lebenswissenschaliche Kategorien lediglich die Möglichkeit bieten, Differenzsignaturen mit technischen und mathematischen Mitteln sichtbar zu machen, können sozialwissenschaliche Analysen darüber hinaus die Decodierung der Entstehung und Reproduktion von Rasse sowie der diversen rassifzierten Wissensbestände leisten. In diesem Sinne ist Rasse eben nicht als überzeitliches Phänomen, sondern als umkämpes und immer wieder durch Umarbeitung und Veränderung gekennzeichnetes Wissensfeld zu analysieren. Doch in der Anforderung an einen sozialkulturellen Begriff von Rasse besteht ein Problem mit der herkömmlichen und in das Wort eingeschriebenen Bedeutung. Neben der Konnotation mit Kolonialismus und Rassenhygiene und Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus sind dem Rassebegriff statische Bedeutungen quasi eingeprägt, die auf starre Vorstellungen von Herkun, Abstammung etc. rekurrieren. Aus diesem Grund kann der Begriff bisher die Anforderungen eines sozialwissenschalichen Gebrauchs an Fluidität, Kontingenz und Wandelbarkeit höchst unzureichend erfüllen, weshalb für eine zeitgemäße sozialwissenschaftliche Bestimmung von Rassifzierungen anpassungsfähige Analysekonzepte entwickelt werden müssen. Hierfür bedarf es vor allem eines sich stetig modernisierenden analytischen Verständnisses von Rassismus und Rassifzierungen. Rassismus kann entsprechend nicht mit der Mastererzählung einer allumfassenden Rassismustheorie erfasst werden. Theorien zu Rassismus und Rassifzierung sind vielmehr als ein (zumindest zurzeit absehbar) unabgeschlossenes Feld zu entwerfen. Voraussetzung dafür ist eine Wissenschaft, die Ungleichheit als kontingenten Effekt sozialer 272 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Teilunaen fassen kann, dessen Erscheinunaen aus umkämpen, vorgefundenen, aber auch geschaffenen und gestalteten Bedingungen hervorgehen. Der Analyse und Kritik von Gesellscha kommt in einem solchen Verständnis die Aufgabe zu, den Widerspruch zwischen Gleichheits- und Freiheitsversprechen und die (Re)Produktion gesellschalicher Teilungsdimensionen zu analysieren und Möglichkeiten zur Herstellung sozialer Gerechtigkeit beizutragen. Um die »Realität unannehmbar zu machen« (Boltanski : ) braucht es jedoch eine Abkehr von kategorial statischen Modellen menschlicher Ungleichheit. Für die Untersuchung rassischer Teilungen bedarf es entsprechend einer postrassifzierenden Wissenscha. Ein solcher Ansatz umfasst die Einsicht, dass Rasse im herkömmlichen Verständnis kein Konzept sein kann, mit dem menschliche Diversität – sowohl im biologischen als auch im sozialstrukturellen Sinne – ausreichend erfassbar ist. Rasse ist viel zu krude, da unter diesem Konzept bisher Vielfältigkeiten homogenisiert und entlang vermeintlich essentieller Merkmale in sich gegenseitig ausschließende Gruppen geordnet werden. Aus diesem Grund lag es für mittlerweile mehrere Generationen von Kritikerˍinnen nahe den Rassebegriff zu verabschieden und anderen Benennung von Kategorisierungen, nach Herkun, Hautfarbe, Nationalität, Kultur etc. zu versuchen. Diese Versuche sind jedoch bisher minder erfolgreich verlaufen, sodass in sozialwissenschalichen Kontexten omals nur die Kritiken an Rassekonzepten vorliegen ohne eine adäquate Artikulation sozialer Teilungsdimensionen vornehmen zu können. Statt aber lediglich Kategorien zu bekämpfen, ist – wie es die Rechtstheoretikerin Kimberle Crenshaw formuliert – für eine Wissenschaft zu plädieren, welche die Art und Weise herausarbeitet, in der »Macht um einzelne Kategorien gruppiert ist und gegen andere eingesetzt wird« (:  f.). Die Verabschiedung rassifzierender Kategorien darf somit nicht zu einer Beschneidung sozialwissenschalicher Analyse- und Kritikfähigkeit führen. Statt einer bloßen Vermeidung der Kategorie Rasse wird somit ein darüber hinaus gehender Ansatz nötig. Für die Konzeption eines solchen macht- und herrschaskritischen Ansatzes lässt sich eine von der Soziologin Leslie McCall vorgenommene Systematisierung intersektionaler Analysen aufgreifen und weiterentwickeln. McCall fasst verschiedene Forschungs- und Theorieansätze multiperspektivischer Untersuchungen anhand ihrer Gemeinsamkeiten in der Konzeption von Differenz zusammen. Anhand dessen, wie die Untersuchungen »analytische Kategorien verstehen und nutzen, um die Komplexität der Intersektionalität im Sozialen zu ergründen«, (: ) unterteilt sie die Ansätze in drei Gruppen: Dekonstruktivistische Zugänge beschreibt sie als antikategorialen Komplexitätsansatz. Differenztheoretische und makrosoziologische Ansätze fasst sie unter dem Begriff interkategorial, und standpunkttheoretische sowie identitätspolitische Ansätze z. B. Schwarzer ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 273 Feministinnen als intrakateaorialen Ansatz zusammen. Anaelehnt an diese Gliederuna lassen sich ebenso sozialwissenschaftliche Differenzkonzepte anhand ihrer jeweiliaen Schwerpunktsetzunaen zusammenstellen. In Anschluss an McCalls Systematisierunasvorschlaa versuchen beispielsweise rechtstheoretische Entwürfe zur internationalen Antidiskriminierunasaesetzaebuna einen Ansatz der Postkategorialität zu entwickeln (Baer ; Liebscher et al.  sowie Naguib ). Ob im Rahmen von Benachteiligungsverboten und Gleichstellungsgesetzen oder zur Beschreibung gesellschaftlicher Verhältnisse stehen kategoriale Unterscheidungen immer in Relation zu Reifzierungen der Differenz. So wie kategoriale Differenzmodelle problematische Effekte bei der Beschreibung menschlicher Ungleichheit erzeugen, steht der Bezug auf Gruppenrechte in der Gefahr, Essentialisierungen zu wiederholen. »Wer Unterschiede sät, kann Diskriminierungen ernten« problematisiert etwa die Juristin Susanne Baer Wirkungen des Antidiskriminierungsrechts und konkretisiert, dass die Einteilung von Menschen in Gruppen diese unzulässig auf ein Merkmal oder eine Eigenscha reduziere (:  u. , vgl. auch in soziologischer Perspektive Bienfait , Knapp ). Ähnlich argumentiert auch der Jurist Tarek Naguib, dass »essentialistische Fehlschlüsse« die »Diskriminierungs-Opfer-Kategorien« zu einer schlechten Lösung werden ließen, da die geltende Antidiskriminierungspraxis die Essentialismen reproduziere, die sie zu beseitigen sucht (: ). Sowohl in der Rechtspraxis aber auch in affrmative bzw. ausgleichende Maßnahmen werde von Betroffenen zumeist die Verortung in jeweilig anerkannte Kategorien verlangt. Postkategorial meint dagegen eine solche Reproduktion von Zuordnungskategorien zu vermeiden und stattdessen die Markierung von Prozessen, die Differenz konstruieren vorzunehmen (ebd. ). In Abkehr von kategorialen Konzepten, die nach Signaturen des Unterschieds suchen, stellen solche Ansätze zur Fassung von Diversität und Intersektionalität Binnendiversitäten innerhalb von Kategorien heraus. Damit wird versucht, die Komplexität sozialer Strukturen und jene innerhalb aller Identitätsklassifzierungen enthaltenen »vielfältigen Identitäten« (Yuval-Davis : ) zum Vorschein zu bringen sowie zugleich Zuordnungen mindestens zu »verUneindeutigen« (Engel ). Angeschlossen wird hierfür an poststrukturalistische, insbesondere feministische, queere sowie Analysen von People of Color, in denen die gesellschaliche Konzeption von Differenz sowie die enthistorisierenden, essentialisierenden, naturalisierenden und homogenisierenden Praktiken als Problem in den Blick genommen werden (Hill Collins ; Crenshaw ; Fraser ; Young ; Klinger/ Knapp , ). Neben interaktionistischen und mikrologischen Analysen bedarf es zur Erfassung der verschiedenen Ebenen von Rassifzierungen ebenso makrosoziologischer Ansätze, die auf gesellschaliche Strukturen, Institutionen und (Herrschas-)Verhältnisse fokussieren und damit den Blick auf die mit kate- 274 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK aorialen Unterscheidunaen verbundenen Normsetzunaen, Wertunaen, Hierarchisierunaen und Ausschlussproduktionen ermöalichen. Für die Vielfalt menschlicher Unterschiede bedeutet dies, über die Differenzdimension Rasse/Ethnie hinauszuaehen und für die Analyse sozial-kultureller Verhältnisse offene und variable Bezeichnunaen vorzunehmen. Oder aber den Bedeutunasaehalt der Beariffe soweit zu sozialisieren, dass mit ihnen die Artikulation sozialer Verhältnisse aelinat, ohne Personenkateaorien im Sinne einer starren und naturalisierten Zuordnuna zu aenerieren. Postkateaorialität in Bezua auf die Repräsentation von Differenz folat somit der Einsicht, dass ein Verständnis aesellschalicher Verhältnisse auch die Artikulation sozialer Ungleichheiten zwischen im sozialen, kulturellen und historischen Kontext relativ stabilen Gruppen notwendig macht. Aber Postkategorialität bedeutet zudem, die Refexion darüber, dass die Benennung von Ungleichheit immer mit der Gefahr einher geht, Unterschiede zu reifzieren. Dieses als »Dilemma der Differenz« (Minow ) bekannte Problem umfasst einerseits die Notwendigkeit analytischer Kategorisierungen zur Artikulation sozialer Differenzierungen und andererseits die Tendenz, eben jene Kategorien zu ontologisieren. Das Ziel ist es, mit postkategorialen Differenzierungen dann die Verabschiedung von rigiden Ordnungsprinzipien und die Entwicklung eines postrassifzierenden Zugangs als eines wandlungsfähigen und beweglichen Modells von Ungleichheit zu ermöglichen. Ein solches Modell, kann analytisch gesellschaliche Strukturen und Teilungsdimensionen in ihrer Relation zu körperlichen und biologischen Merkmalen erfassen, ohne diese als vorgängig zu sozialen Praktiken darzustellen. Ausgangspunkt einer reflektierten Benennung von Ungleichheit kann deshalb nur ein Verständnis der Vielfalt an kulturellen Praktiken, des Eigensinns der Akteurˍinnen und der Diversität an Materialisierungen sein. Möglich wird aus einer solchen Perspektive »die soziale und historische Verfasstheit und die Relationalitätsformen spezifscher Kategorien von Personen« (Knapp b) genauer zu begreifen. Hierfür müssen Identifkationen, Ungleichheitslagen, Ungleichheitsund Diskriminierungserfahrungen und gesellschaliche Herrschasverhältnisse in den Blick genommen, aber ebenso die mit ihnen einhergehenden Homogenitäts-Unterstellungen, Strategien der Naturalisierung und Ent-Historisierung sichtbar gemacht werden (vgl. ebd.). In der Analyse und Kritik von Rassismus und Rassifzierung geht es deshalb nicht um Zugehörigkeiten, sondern um Prozesse der Zuordnung, nicht um Merkmale, sondern um die Verteilung begrenzter Güter und die Vorenthaltung gleicher Teilhabe- und Teilnahmemöglichkeiten. Für die Überwindung rassifzierender Verhältnisse muss Wissenscha über die Artikulation gesellschaftlicher Ungleichheit hinaus agieren und die Verhältnisse als von Menschen gemachte auch als von Menschen gerecht zu gestaltende entwerfen. ANALYTIK RASSIFIZIERENDER GESELLSCHAFTEN | 275 Der Startpunkt für eine postrassifzierende Wissenschaft ist somit ein Verständnis jener mit der Moderne erzeuaten und seitdem stetia, aber veränderlich reproduzierten Unaleichheiten. Richtunasweisend bedarf es dafür eines Selbstverständnisses einer unaleichheitssensiblen, aber postkateaorialen Wissenscha vom Menschen – sowohl als analytisch produktiver als auch als intervenierender Kraft. 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Aristoteles  Abstammunastest ↑ Herkunstests Admixture Linkage Disequilibrium (admixture mapping, MALD) f.,  African Ancestry , ,  AIM ↑ Ancestry Informative Marker Allele ,  Altchristen , ,  AncestryByDNA , ,  Ancestry Informative Marker ,  ancestry tests ↑ Herkunstests Anthropologie , , , , ,  f.,  ff., , , , , , , , , ; biologische A. , , ; Rassena. , , , , , ,  ff., , ,  f., , , ,  ff.; Kultura. , physische A. , , , , ,  f.; Seroa. , , , ,  f., , , , ; genetische A.  Antirassismus , , ,  f., , , , , , , , ,  Antisemtismus  f., , ,  ff., ,  Bell Curve, e (Herrnstein/Murray) ,  Benedict, Ruth ,  Bernier, François ,  f.,  BiDil  ff., , , , , , ,  Biologie , , , , , , , ,  f., ,  f., , , , , ; Molekularb. , , , , , ,  Biomacht ,  ff.,  f. Biopolitik  f.,  ff., ,  f. Biowissenschaen  f., ,  ff., , , , ,  ff., , , , , , , ,  f., ,  f., , , , , ,  Blumenbach, Johann Friedrich ,  f., , ,  Blut ,  f., , , , , ,  ff.,  f., , , , ,  f., , , , ,  f., ,  Blutgruppen ,  f.,  ff.,  ff., ,  ff., ,  ff., , , , , ,  Caucasian , , ,  314 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK Cavalli-Sforza, Luiai Luca , , , ,  ff., , , , ,  Centre pour l'Etude du Polymorphism Humaine (CEPH)  Cline  Darwin, Charles ,  f., ,  Dobzhansky, odosius , ,  Du Bois, W. E. B.  Dunn, Leslie C. , , , , ,  Duster, Troy , , , , , , , ,  ff., , ,  Eickstedt, Eaon Freiherr von ,  Einzelnukleotid-Polymorphismus (SNP)  ff., , , , , , ,  ff.,  f. Elektrophorese , , , ,  Epidemioloaie ,  ETC Group ↑ RAFI Euaenik , , , ,  f., ,  ff., ,  ff.,  f.,  ff., , , , , ,  European , , ,  Fausto-Sterlina, Anne , , ,  ff., ,  Feministische Wissenschastheorie & -kritik  f., , ,  Fischer, Eugen , , , ,  ff., , , ,  forensic DNA phenotyping  Forensik  f., , ,  ff.,  ff., ,  ff., , ,  Foucault, Michel , ,  ff., ,  ff.,  f.,  Frequenzunterschiede / Gen-, Allelfrequenzunterschiede ,  ff., , , , , , , ,  Gates, Henry Louis Jr.  ff., , , , , ,  f.,  Gelelektrophorese ↑ Elektrophorese Gender/Geschlecht , , , , , , ,  ff.,  f., , , , , , ,  Genographics ,  genome-wide association study ,  HapMap, International Haplotype Map , , , ,  Herder, Johann Gottfried  Herkunftstests  f.,  f.,  ff., , , ,  ff., ,  f., , ,  Hertz, Friedrich Otto , , ,  Human Genome Diversity Project , , , ,  f., , ,  Humangenomprojekt , , ,  f., , , , , ,  Identität , , , ,  iGENEA ,  Innergruppenvarianz , ,  Intelligenz, Intelligenzquotient (IQ) , , , , , ,  f., , , , ,  ff. Jensch, Carl  Jensen, Arthur ,  Johannsen, Wilhelm , ,  Juden/Jüdinnen , ,  ff., , , , , ,  f.,  ff., ,  f. Kant, Immanuel , ,  ff., , , ,  Knußmann, Rainer ,  Kolonialismus , ,  f., , ,  Kraniologie, Schädelkunde ,  REGISTER | 315 Krankheit, aenetische K. , ,  f.,  f., , , ,  ff.,  Lewontin, Richard , , , ,  limpieza de sangre, Estatutos de ,  Linné, Carl von ,  f., , ,  Livinastone, Frank ,  f. Louisiana Serial Killer  mapping by admixture linkage disequilibrium ↑ Admixture L. D. Mendel, Greaor Johann, mendelsche Genetik  f.,  ff, ,  ff.,  f., , , ,  f., , , ,  Medikalisieruna , , , ,  ff., , ,  f.,  Medizin , , , ,  ff., , , , , ,  ff., , , , ,  Menaele, Josef , , , f.,  Metapopulation  f. Mikrosatelliten , ,  ff., , , ,  Minisatelliten  ff., ,  Mitochondrien, mitochondriale DNA (mtDNA) , , ,  ff.,  Molekularbioloaie ↑ Bioloaie Native American , , , , , , ,  f. Nitromed , ,  Nukleinbase, Nukleotid , ,  ff, ,  ff., ,  Obama, Barack  ff. Ohrenschmalz  f. People of the First Nation ,  Polymorphismus  f.,  Population  f., ,  f., , ,  ff., ,  ff., , , , ,  ff., , , , , ,  ff.,  Populationsaenetik , , , , , ,  ff.,  f., , ,  f., , , , , ,  ff., ,  Psycholoaie , , , , , ; Rassenpsycholoaie , ; Race Psycholoaie , ,  Rabinow, Paul , , , , ,  Race Psycholoay ↑ Psycholoaie RAFI, Rural Advancement Foundation International  Rassenhyaiene ↑ Euaenik Rassenmischuna , , ,  f., , ,  f., ,  Rassismustheorien , ,  f., , , ,  Rehobother Bastards ,  f., ,  Restriktions-Fraament-LänaenPolymorphismen (RFLP)  ff.,  Rushton, Phillippe  Sarrazin, ilo ,  Schädelkunde ↑ Kranioloaie Schwidetzky, Ilse , , ,  Seroanthropoloaie ↑ Blutaruppen Seroloaie ↑ Blutaruppen SNP, sinale nucleotid polymorphism ↑ EinzelnukleotidPolymorphismus Stammbaum , ,  Stanford-Binet-Test ↑ Intelliaenzquotient STR, short tandem repeats  f. Sub-Saharan African , , ,  316 | RASSE IN DER ÄRA DER GENETIK typoloaische Rassekonzepte, Typoloaien , , ,  f.,  ff., ,  f.,  f.,  ff., ,  ff., ,  f.  f., , ,  f.,  ff., , , , , ,  ff., , ,  Tuskeaee Syphilis Experiment  ff.,  UNESCO , , ,  ff., , , ,  Vaterschastest ,  Venter, Craig , ,  Verschuer, Otmar Freiherr von , , ,  Watson, James , ,  ff.,  Wissenschalicher Rassismus  Wissenschasforschung , ,  ff., , ,  Y-Chromosom , , ,  ff., 