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Powered by TCPDF (www.tcpdf.org) https://publications.dainst.org iDAI.publications ELEKTRONISCHE PUBLIKATIONEN DES DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS Dies ist ein digitaler Sonderdruck des Beitrags / This is a digital offprint of the article Thomas G. Schattner – Sandra Azcárraga Cámara – K. Brose – B. Bouresh – Mario Gutiérrez Rodríguez – Antje Krug – Wolfram Martini – Heliodoro Ruipérez – D. Schäffler – Roman Scholz Munigua, Spanien aus / from e-Forschungsberichte Ausgabe / Issue 1 • 2017 Seite / Page 128–142 https://publications.dainst.org/journals/efb/1965/6104 • urn:nbn:de:0048-journals.efb-2017-1-p128-142-v6104.6 Verantwortliche Redaktion / Publishing editor Redaktion e-Jahresberichte und e-Forschungsberichte | Deutsches Archäologisches Institut Weitere Informationen unter / For further information see https://publications.dainst.org/journals/efb Redaktion und Satz / Annika Busching (jahresbericht@dainst.de) Gestalterisches Konzept: Hawemann & Mosch Länderkarten: © 2017 www.mapbox.com ©2017 Deutsches Archäologisches Institut Deutsches Archäologisches Institut, Zentrale, Podbielskiallee 69–71, 14195 Berlin, Tel: +49 30 187711-0 Email: info@dainst.de / Web: dainst.org Nutzungsbedingungen: Die e-Forschungsberichte 2017-1 des Deutschen Archäologischen Instituts stehen unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International. Um eine Kopie dieser Lizenz zu sehen, besuchen Sie bitte http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/ Terms of use: The e-Annual Report 2017 of the Deutsches Archäologisches Institut is published under the Creative-Commons-Licence BY – NC – ND 4.0 International. To see a copy of this licence visit http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/ 128 MUNIGUA, SPANIEN Die Arbeiten der Jahre 2015 und 2016 Abteilung Madrid des Deutschen Archäologischen Instituts von Th. G. Schattner, S. Azcárraga Cámara, K. Brose, B. Bouresh, M. Gutiérrez, A. Krug, W. Martini, H. Ruipérez, D. Schäffler und R. Scholz e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 · Faszikel 1 Since more than 60 years the Madrid Department of the German Archaeological Institute has been conducting investigations at the Hispano-Roman municipium of Munigua. Current research focuses on a 3D-visualisation and reconstruction of the city. The project is accompanied by a thorough study of the function and use of the individual buildings in antiquity. During the campaigns of 2015 and 2016 the forum, the streets as well as the podium-temple of the city were analyzed. As a result, the voting process on the forum as well as the processional way through the city could be hypothetically reconstructed. A geophysical survey in the southern part of the city revealed the existence and structure of buildings. Kooperation: Römisch-Germanische Kommission des DAI (RGK), Frankfurt; Exzellenzcluster TOPOI, Berlin. Leitung des Projektes: Th. G. Schattner. Team: R. Braun, Th. König, S. Isselhorst, A. Schmölzer. Die Arbeiten und Forschungen von Gelehrten der Madrider Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts in Munigua sind heuer nunmehr 60 Jahre alt geworden (1956‒2016). Insgesamt ist der Fundplatz seit annähernd 460 Jahren bekannt (A. Chacón, A. de Morales 1565). Die erste wissenschaftliche e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 129 Publikation und Feldforschung begann vor 260 Jahren, geht auf das Jahr 1756 zurück (S. A. de Cortés, J. A. de las Cuentas Zayas). Die erste Grabungsgenehmigung beantragte im Jahre 1921 erfolgreich der französische Archäologe P. Paris. Die Kampagne konnte jedoch nicht durchgeführt werden, da Paris keine Grabungsmannschaft zusammen brachte. Die Publikation des ersten Fotos von Munigua findet sich in R. Thouvenots Essai sur la province romaine de Bétique (1940). Im Jahre 1956 wurden die damals an der Madrider Abteilung des DAI arbeitenden Kollegen von dem andalusischen Denkmalpfleger F. Hernández auf den Platz aufmerksam gemacht, besuchten bald Munigua und erhielten noch im selben Jahr die Genehmigung, sodass im Herbst des Jahres 1956 die erste Prospektionskampagne stattfinden konnte (Abb. 1. 2). Seither sind fortlaufend Forschungsergebnisse produziert worden, die inzwischen weit mehr als 100 Zeitschriftenartikel und acht Monographien zählen. Munigua und seine altertumswissenschaftlichen Probleme werden inzwischen auf Foren in ganz Europa diskutiert, von Portugal bis Polen. 1 2 Erste Planskizze von W. Schüle aus dem Jahre 1956, nach erfolgter Geländeprospektion (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua). Freilegung der Kuppe des Stadthügels im Jahre 1957 (Foto: DAI Madrid, InstNeg. Nr. A 583-3). Vorarbeiten für eine neue Rekonstruktion von Munigua Dieses derzeit verfolgte Projekt baut auf den vorherigen Forschungen auf, seine Durchführung ist nur möglich, weil entsprechende ältere Ergebnisse vorliegen (s. dazu eDAI-F 2015-1, 111). Angesichts der Fragestellung werden die öffentlichen Bauten im Hinblick auf ihre Funktion und Nutzung untersucht, um sie sodann in einer 3D-Rekonstruktion darstellen zu können. Nach den Thermen standen im Berichtszeitraum das Forum und der Podiumstempel im Blickpunkt. Beide Gebäude zeichnen sich dadurch aus, dass für ihre Errichtung am Osthang des Stadthügels zunächst entsprechende Terrassen aufgeschüttet werden mussten. Wie die entsprechenden Sondagen zeigen (Abb. 3. 4), wurde dabei ähnlich vorgegangen, indem einheitlich mächtige Lagen von steriler Erde eingefüllt wurden. Dabei ist die Erde nach Farbe und Körnung durchaus unterschiedlich. Das 3,5 m hohe Profil von Schnitt 85A auf dem Forum (Abb. 3) zeigt unter dem Bodenbelag aus opus signinum von oben nach unten eine Abfolge aus feiner Erde, Granitgrus und wiederum feiner Erde. Man kann in der Maßnahme eine absichtsvolle Schichtung e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 3 Sondage in Schnitt 85A, Westprofil, SfM-Aufnahme und Handzeichnung (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, D. Schäffler, J. Fernández Pérez). 4 Schnitte 61-a, Osterweiterung. Aufnahmen des Nordprofils, händisch und durch SfM-Verfahren während verschiedener Phasen der Freilegung (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, J. Fernández Pérez, D. Schäffler). 130 erkennen. Offenbar sollte Regenwasser schon von dem opus signinum, das wasserundurchlässig ist, abgeleitet werden. Für den Fall, dass dennoch Wasser eindringen könnte, wäre es zunächst von den Schichten aus feiner Erde gebunden worden. Sollte Wasser auch dort durchdringen, wäre es recht schnell durch den grobkörnigen Granitgrus hindurch auf die untersten Lagen feiner Erde gekommen, die unmittelbar auf dem gewachsenen Felsen liegen. Der Abfluss zur Thermengasse hin wäre über den geneigten Felsboden erfolgt. Da der Sockel der Stützmauer des Forums aus Bruchstein besteht, wäre der Durchfluss durch die Mauer entsprechend gewährleistet. Auch die Terrasse des Hangtempels zeigt eine vergleichbare Schichtung aus Paketen gelblicher Erde (Abb. 4), welche die Lücke zwischen dem anstehenden Felsen und der über 5 m hohen Terrassenmauer ausfüllt. Diese bildet einen Unterbau von beachtlichem Ausmaß, auf dem der Tempel steht (Abb. 5). Das Podium selbst, das darauf für den Tempel errichtet ist, wirkt mit 0,5 m Höhe dagegen niedrig. Dieses Merkmal zeichnet eine ganze Gruppe römischer Tempel aus, zu denen auch der Forumstempel Muniguas gehört. Beide sind tetrastyl zu ergänzen wie viele Tempel auf der Iberischen Halbinsel (Abb. 5. 6). Durch die umlaufenden Säulenhallen muss er als Kubus ergänzt werden, sodass er nach außen als geschlossener Baukörper in Erscheinung getreten sein dürfte (Abb. 7). Der Zugang erfolgte über eine steil wirkende Treppe an der Südseite (Abb. 8). Im Hinblick auf die Nutzung ist besonders das Forum interessant, da es sich ja um die zentrale öffentliche Baulichkeit handelt, in der etwa jedes Jahr die Wahlen für die städtischen Magistrate stattfanden. Überträgt man die von den Althistorikern und Rechtsgeschichtlern namentlich für die Stadt Rom zusammengetragenen Forschungsergebnisse auf Munigua, so könnte man vielleicht an folgenden Ablauf eines Wahlvorganges denken (Abb. 9): Nach gehöriger Diskussion der Kandidaten im Rahmen von öffentlichen Versammlungen der römischen Bürger sog. Konventionen (conventio/contio) wird die Abstimmung 24 Tage vorher durch öffentliche Bekanntmachung angekündigt (trinum nondinum). Am Tage der Abstimmung bleiben die Läden geschlossen. Vor Tagesanbruch wird von den Priestern die göttliche Vorsehung befragt (auspicium) und zwar an einem inaugurierten Ort, an dem also e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 5 Podiumstempel, Schnittzeichnung West‒Ost durch die Mitte des Bauwerks (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, D. Schäffler). 131 ein Altar steht, was auf dem Forum von Munigua z. B. vor dem Forumstempel der Fall gewesen sein muss. Sind die Vorzeichen günstig, so ruft der Herold (praeco) die Bürgerschaft zusammen. Die entsprechende Versammlung beginnt zunächst mit einem Gebet (carmen precationis) durch den vorsitzenden Magistrat, das durch die sog. rogatio abgeschlossen wird, das heißt von der Frage, ob die vom Vorsitzenden bezeichneten Personen/Kandidaten die infrage stehenden Magistraturen bekleiden sollen oder nicht. Sodann lädt der Herold die Versammlung der Bürger zum zweiten Mal zur Abstimmung. Nun werden die Bürger geschieden in stimmberechtigte und nichtstimmberechtigte Bürger, die letzteren werden weggewiesen (populus summovetur), die ersteren werden vom vorsitzenden Magistrat hineingerufen (intro vocare) in den eingehegten Raum des Comitium, also in Munigua zum Forum, das ja als sog. Blockforum einen nach außen geschlossenen Raum darstellt. Auf dem Forum befiehlt der vorsitzende Magistrat den stimmberechtigten Bürgern, ihr Wahlrecht auszuüben (impero qua convenit ad comitia centuriata) und schickt sie zur Abstimmung (in suffragium mittit), dazu wird das Forum geschlossen, um die mehrmalige Stimmabgabe auszuschließen. In Munigua wird es sich dabei um die mittlere Tür zur Forumsgasse hin gehandelt haben, die verschließbar war. Von dort werden die Bürger sicher durch den nördlichen Flügel des Forums einer nach dem anderen zur Front des Forumstempels gegangen sein, wo der vorsitzende Magistrat erhöht auf dem (niedrigen) Podium des Tempels gesessen haben könnte, um die Stimmabgabe zu überwachen. Diese kann entweder mündlich durch Abfrage und entsprechende Antwort erfolgt sein, aber auch die geheime Stimmabgabe von Stimmtafeln (tabellae), auf denen der Name des Kandidaten verzeichnet stand, ist denkbar. Diese Tabellae wurden in Kästen abgelegt (cistae), die beaufsichtigt wurden. Sodann müssen die Bürger über den südlichen Flügel des Forums an der Basilika vorbei das Forum an seiner Südwestecke beim sog. Vestibül verlassen haben. Auf diese Weise wurde vermieden, dass zwischen den noch Wartenden und denen, die ihre Stimme schon abgegeben hatten, eine Vermischung stattfand und damit die Möglichkeit zur mehrfachen Stimmabgabe verhindert. Am Wahlende wurde das Ergebnis ausgezählt und an den vorsitzenden Magistrat gemeldet, der dieses durch den e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 132 Herold verkünden ließ. Dieser Akt wird nun auf der Forumsgasse vor dem Merkurtempel stattgefunden haben, wo die Bürger nach Stimmabgabe und Verlassen des Forums warteten. Interessant ist nun, dass die Statuen, deren Aufstellungsort auf dem Forum wir kennen, allein in dem westlichen und dem nördlichen Flügel des Forums aufgestellt waren. Westlich standen Statuen der Honoratiores wie durch Vater und Sohn Rufinus belegt, deren Postamente nebeneinander in einer der vier Nischen gefunden wurden. Dagegen standen im nördlichen Flügel Götterstatuen, wie das Postament für Bonus Eventus bezeugt und ferner das Heiligtum des Dis Pater. In der Nische neben der Curia könnte man eine Statue für den örtlichen Genius vermuten. Damit aber erweist sich das Statuenprogramm des Forums in diesen beiden Flügeln als geplante Maßnahme und zwar im Sinne einer dynamischen Steigerung (Abb. 10): von den Ehrenbürgern über die nachrangigen Gottheiten wie Dis Pater und Bonus Eventus hin zur Gottheit im Forumstempel, die vielleicht Ceres gewesen ist, wie anschließend begründet wird. Die Frage nach der Zuweisung der inschriftlich oder bildlich belegten Gottheiten in Munigua zu den vorhandenen Tempeln und Heiligtümern ist weithin offen. Sichere Verbindungen gibt es aber durchaus etwa dadurch, dass die betreffende Inschrift oder Statuenbasis in unmittelbarer Nähe gefunden wurde. Diese Fälle liegen mit dem Heiligtum des Dis Pater auf dem Forum, ferner der Statue des Bonus Eventus und vielleicht auch des Genius daselbst sowie mit dem Merkurtempel vor. Die Gesamtsituation zeigt die nachfolgende Tabelle im Überblick: Tabellarischer Überblick über die bekannten Gottheiten in Munigua 6 Podiumstempel, Grundriss mit Bauphasen (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, Th. Hauschild, aktualisierte Fassung: D. Schäffler). Gottheit Epigraphisch Ceres Augusta, Statuenbasis X Fortuna Crescens Augusta, Statuenbasis X Archäologisch Fundort Basilika Nördlicher Anbau am Terrassenheiligtum e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 133 Hercules Augustus, Statuenbasis „am Osthang“ des Stadthügels X Thermengasse vor der Therme Pantheus Augustus, StatuenX basis 7 Podiumstempel, hypothetische 3DRekonstruktion (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv, Visualisierung: D. Ruipérez). Merkur, Platte Numen Ditis Patris, Statuenbasis Genius municipii, Inschriftplatte X X X X Basilika X Bonus eventus, Statuenbasis X Nymphen, Statue Minerva 8 Podiumstempel, Südansicht mit rekonstruiertem Treppenzugang (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, D. Schäffler). Merkurtempel Heiligtum des Dis Pater, Forum Nordhalle Forum X X Therme Kanal der Therme Im Hinblick auf die Gottheiten fehlt für die folgenden die Zuweisung an ein entsprechendes Bauwerk: Ceres Augusta, Fortuna Crescens Augusta, Hercules Augustus, Pantheus Augustus sowie Minerva. Ihnen stehen folgende drei Anlagen gegenüber, denen umgekehrt die Bestimmung eines Kultherrn fehlt: Terrassenheiligtum, Podiumstempel, Forumstempel. Als Kriterium mag vielleicht die Bedeutung der Gottheiten dienen, die spekulativ in ein Verhältnis zu der Bedeutung des entsprechenden Bauwerks gesetzt werden kann. Denn diese ergibt sich bereits bei einer raschen Durchmusterung der bestehenden Gebäude. Zunächst ist zu unterscheiden zwischen einzeln liegenden Anlagen und solchen, die in andere Baulichkeiten eingebunden sind. Während das Terrassenheiligtum und der Podiumstempel einzeln stehen, ist der Merkurtempel mit seiner Rückwand unmittelbar vor die Seitenwand der doppelgeschossigen Halle gesetzt, sodass die Gebäude sich berühren. Ganz ähnlich der Forumstempel, der so knapp in das zur Verfügung stehende Hofgeviert des Forums eingepasst ist, dass sich seine Traufe mit derjenigen der umliegenden Portikus an seiner Rückseite nahezu berührt haben dürfte. Vollkommen eingebunden in die Architektur des Nordflügels der Forumshalle e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 9 Forum. Hypothetischer Weg der römischen Bürger beim Wahlvorgang (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, E. Puch Ramírez, D. Schäffler). 134 ist das Heiligtum des Dis Pater. Im Hinblick auf die Wirkung der Gebäude im Stadtbild (Abb. 11) ergibt sich aus der geschilderten urbanistisch-architektonischen Einbettung eine Stufung, die sicher nicht ohne Wirkung auf die Bedeutung der in den Heiligtümern und Tempeln verehrten Gottheiten geblieben sein kann. Für das Terrassenheiligtum auf dem Stadthügel könnte man angesichts des Fundortes der Statuenbasis der Fortuna Crescens Augusta und des Hercules Augustus daselbst diese beiden Gottheiten dort vermuten. Damit läge ein Doppelheiligtum vor. Der beschriebenen Stufung wäre sicher entsprochen, da es sich um große Figuren des römischen Götterhimmels mit überragender Bedeutung für das Reich handelt. Gesetzt den Fall dies träfe zu, so bliebe allein die Zuweisung von Ceres Augusta und Pantheus Augustus auf den Podiumstempel bzw. den Forumstempel übrig. Instinktiv würde man dabei Ceres aufgrund der inhaltlichen Nähe zu Bonus Eventus aber auch zu Dis Pater (Macr. Sat. 1,16,16) in den Forumstempel setzen, sodass für Pantheus der Podiumstempel bliebe (Abb. 12). Minerva bildet mit Jupiter und Juno eine Triade, sodass als Platz für diese Statue ebenfalls der Podiumstempel infrage kommt. Aus der Konstellation von Tempeln für Ceres einerseits und für Pantheus andererseits ergibt sich eine interessante Situation von Gegenpolen. Pantheus ist eine Gottheit, die sämtliche Götter in sich trägt, sie findet gerade in hadrianischer Zeit weite Verbreitung. Nicht in Hispanien aber sonst erscheint der Name im Verbund mit Jupiter als Jupiter Pantheus häufig, gerade in Rom erscheinen beide Gottheiten eingebunden in Triaden: Jupiter, Juno und Minerva sowie Ceres, Liber und Libera. Jeder dieser Triaden waren in der frühen römischen Republik Heiligtümer zugeordnet, es handelt sich um Pendants, ihre Tempel bildeten die beiden religiösen Pole der römischen Frühzeit, ihre Klientel war jeweils verschieden, hie die Patrizier, dort die Plebejer. Diese sind insofern in den Jahrhunderte alten Konflikt zwischen den Patriziern und den Plebejern einbegriffen, als sie mit der jeweiligen Klientel konnotiert werden. Ceres wird traditionell von der Forschung als die plebejische Gottheit an sich verstanden. Sollte die oben angedeutete Lokalisierung im Forumstempel zutreffen, erwiese sich das Forum auch in sakraler Hinsicht als der Ort, an dem das Volk sich zusammen findet. Der Forumstempel stünde mit e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 135 seiner flavischen Datierung damit vielleicht in der Tradition der von Claudius in Rom betriebenen Belebung des Ceres-Kultes. Auch im Rahmen der kaiserlichen Bild-Propaganda haben Ceres-Darstellungen etwa auf Münzen eine namhafte Rolle gespielt und damit auf die Erfolge der Kaiser in der Agrarpolitik verwiesen. In Munigua wären die beiden fraglichen Tempel in ihrer urbanistischen Erscheinung nicht gleichwertig gewesen. Dem in das Forum gezwängten plebejischen Cerestempel stünde der auf halber Höhe des Stadthügels thronende patrizische, stattliche Podiumstempel gegenüber, der auf der anderen Straßenseite liegt. Die entsprechende soziale Qualifikation kann sich aber nur auf die Klientel beziehen und nicht auf die Stifter. Diese sind für das Forum bekannt, es handelt sich um zwei Vertreter der Großen Familien Muniguas, Valerius Firmus, der das gesamte Forum mit dem Tempel, einer Exedra und dem Tabularium geweiht hat, sowie Lucius Aelius Fronto, der das Heiligtum des Dis Pater erbauen ließ. Über den Beinamen Augustus wäre in allen den entsprechenden Fällen von Ceres, Fortuna, Hercules und Pantheus eine Verbindung mit dem Kaiserkult möglich. Die entsprechende Prozession hätte an sämtlichen größeren Tempelbauten in Munigua vorbeiführen können, wie der Plan zeigt (Abb. 12). Die römischen Kaiser waren in Munigua durch eine Statuengalerie präsent, von der die Basen erhalten sind. Ihre Aufstellung wird sicher mit Recht in Felseinarbeitungen vor der doppelgeschossigen Halle vermutet, da die Maße passend sind (Abb. 13). Zwei der Basen tragen die Namen der Kaiser Vespasian und Titus, für den eradierten dritten Kaisernamen wurde schon von E. Hübner im 19. Jahrhundert eine Ergänzung als Domitian vorgeschlagen, denn von diesem Kaiser ist in Munigua auch ein marmornes Porträt gefunden worden. Dieses passt jedoch insofern nicht zu der geschilderten Statuenbasis, als alle diese Basen bronzene Statuen getragen haben müssen. Daher könnte Domitian in Munigua wenigstens zwei Statuen besessen haben. 10 Forum. Hypothetische 3D-Rekonstruktion des West- bzw. des Nordflügels mit den Statuen der Honoratiores (unten) bzw. der Gottheiten (oben) (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, H. Ruipérez). e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 11 Hypothetische 3D-Rekonstruktion des Stadtbildes (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, H. Ruipérez). 136 Die Kleinfunde von Munigua Mit dem 60-Jahre-Jubiläum der Grabungen auf dem Stadthügel von Mulva konnte die Bearbeitung der Kleinfunde abgeschlossen und zum Druck gegeben werden. Die große Menge von Objekten (Abb. 14), wenn auch zerstört und fragmentiert, gibt einen vielseitigen Einblick in die Stadtgeschichte und das Leben ihrer Bewohner. Der isolierte felsige Stadthügel hatte bereits in der Steinzeit Menschen angezogen, die sich dort zeitweise aufhielten und Steinwerkzeug hinterließen. In der turdetanischen Epoche wurden die Kupfervorkommen in der näheren und weiteren Umgebung Muniguas erschlossen. Arbeitsplätze mit Werkzeugen an den Abhängen des Hügels zeigen an, dass der Ort sich auch zu einem wirtschaftspolitischen Faktor entwickelte. Bratspieße, Gürtelzier und Sporen weisen auf hochstehende Bewohner, die durch Kupfergewinnung und -handel Geltung besaßen. Die Eroberung Hispaniens durch die Römer hinterließ keine Spuren. Im Gegenteil, diese Entwicklung und der Kupferhandel brachten eine wirtschaftliche Blüte in spätrepublikanischer und früher Kaiserzeit. Die intensive Bautätigkeit, welche die Siedlung mit Heiligtümern, Tempeln, Portiken und Thermen ausstattete, überdeckte allerdings fast völlig die frühere Siedlung. Diese Entwicklung lässt sich auch an zahlreichen Funden ablesen: bronzenes Tafelund Trinkgeschirr italischen Typs, kunstvoll verziertes Gerät (Abb. 15) für Haushalt und Kosmetik und Ausstattungsreste aus Bronze und Knochen von Möbeln passen zu den gut ausgestatteten Atriumhäusern, die nach den Scherben zu urteilen verglaste Fenster hatten. Zahlreich sind auch Schreibgeräte und Siegelkapseln, die einen weitreichenden Schriftverkehr bezeugen. Wagen und Gewichte stehen für einen lebhaften Kleinhandel am Ort, neben dem Kerngeschäft von Kupfergewinnung und -handel. Werkzeugfunde sprechen für Metallhandwerk, wahrscheinlich Reparatur und Fertigung von kleineren Bronzegegenständen. Die Entwicklung fand einen krönenden Abschluss mit der Verleihung des Municipalrechts wohl in flavischer Zeit, das durch den Namen Municipium Flavium Muniguense und zahlreiche Kaiserstatuen auch im Stadtbild sichtbar wurde. Eine Rückentwicklung setzte wohl gegen Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. ein. Die Verhüttung von Kupfer und Eisen wurde näher an der Stadt, ja sogar e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 137 innerhalb der städtischen Grenzen betrieben. Die eleganten Atriumhäuser wurden aufgelassen und, nach den Funden zu urteilen, von bäuerlichen Betrieben und Werkstätten genutzt. Die Verhüttungsschlacken überdeckten Häuser und Nekropolen, die bronzenen Kaiserstatuen, von denen nur noch winzige Reste übriggeblieben sind, wurden verschrottet und eingeschmolzen, ebenso die bronzenen Inschrifttafeln aus dem Tabularium am Forum. Trotz des weiter betriebenen Bergbaus zeigen zerhackte Spiegel und Beschläge aus Bronze, dass die Gewinnung von Buntmetall durch Verschrottung auch ein Geschäftsmodell war. In der Völkerwanderungs- und der Araberzeit lebten nur noch wenige Menschen in den verfallenden Gebäuden auf dem Stadthügel, die dementsprechend wenige Dinge wie etwa Kleidungszubehör hinterlassen haben. Kleinfunde aus der Neuzeit wie Münzen, Metallteile der Kleidung oder Flintenkugeln zeigen jedoch, dass der auffallende Siedlungshügel nie gänzlich in Vergessenheit geriet. 12 Versuch der Zuweisung der bekannten Gottheiten zu Heiligtümern und Tempeln sowie hypothetischer Verlauf der Prozession im Rahmen des Kaiserkultes (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, E. Puch Ramírez). 13 Forumsgasse, Westansicht. Im Vordergrund die Felseinarbeitungen (I‒IV), in denen die Basen für die Kaiserstatuen ergänzt werden. Im Hintergrund grau schraffiert die Reste der Pilaster der doppelgeschossigen Halle, vor denen die Statuenbasen standen (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, J. Fernández Pérez). Die spätrepublikanische Keramik aus Munigua Die sog. kampanische oder auch schwarzglasiert-italische Tonware gilt aufgrund ihrer Datierung in spätrepublikanische Zeit besonders im römischen Westen allgemein als einer der ersten Anzeiger für die Übernahme römischer Tischsitten. Ihre Bearbeitung in Munigua ist seit Beginn der Arbeiten der Wissenschaftler der Madrider Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts wichtiger Bestandteil des Forschungsprojektes und wird in periodischen Abständen immer wieder aufgenommen. Nach 60 Jahren Forschung und Ausgrabung in Munigua ist der Moment gekommen, eine komplette Materialvorlage zu planen und das gesamte, im archäologischen Museum Sevilla befindliche Fundgut, das schon in den ersten Kampagnen zutage kam, zusammenfassend vorzulegen. Bisher sind die keramischen Grabungsfunde der Jahre 1956 bis 1976 erfaßt, also 14 Grabungsjahre. Dadurch scheint eine ausreichend breite Materialbasis gegeben, um an dieser Stelle einen vorläufigen Überblick zu den spätrepublikanischen Funden aus Munigua zu präsentieren. Die schwarzglasiert-italische, sog. Campana-Ware gilt als Luxusprodukt, das am Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. aufkommt, zu einem Zeitpunkt, da e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 14 Fundverteilung der Kleinfunde (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, D. Schäffler). 138 die Herstellung der attischen Ware zurückgeht. Mit Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. steigt ihre Produktion so stark an, dass rasch ein Standardprodukt entsteht, welches von Italien aus in den gesamten westlichen Mittelmerraum ausgeführt worden ist. Dank der intensiven Forschungen besonders der letzten Jahre ist es mittlerweile möglich, die Herkunft von verschiedenen Produktionen genauer zu bestimmen. Dazu zählen die sog. Tonware Kampanisch A, die nach der Landschaft am Golf von Neapel und der Insel Ischia benannt ist, ferner die sog. Schwarzglasierte Ware aus Cales, dann die sog. schwarzglasierte etruskische Tonware und die entsprechende Tonware aus Sizilien, bekannt als sog. Kampanisch C. Die drei wichtigsten, generell schwarzglasierten Produktionstypen, die man hauptsächlich exportierte, sind: Kampanisch A, die Schwarzglasierte Ware aus Cales und Kampanisch C. In Hispanien finden sich die schwarzglasiert-italischen Waren in großen Mengen besonders in den Küstenstädten Emporiae, Tarraco, Carthago Nova und Valentia. Beachtliche Fundmengen sind inzwischen jedoch auch aus dem Hinterland bekannt wie in Segeda, in El Llano de la Horca (Santorcaz, Madrid) oder eben auch in Munigua. Durch das Studium dieser spätrepublikanischen Keramik und in erster Linie der sog. schwarzglasiert-italischen Tonware lässt sich in Munigua die dunkle Zeit zwischen dem 3.–1. Jahrhundert v. Chr. näher beleuchten, eine Periode, die bislang kaum bekannt ist. Das Material aus Munigua umfasst derzeit 188 Fragmente der sog. schwarzglasiert-italischen Ware, hinzu kommen 33 Fragmente an Imitationen, darunter sog. grautonige Ware und einige wenige Scherben der sog. dünnwandigen Ware (‚paredes finas‘). Im Hinblick auf die Chronologie und die Herkunft der Stücke gehören sie mehrheitlich zu den Gruppen Kampanisch A und Schwarzglasierte Ware aus Cales und zwar in deren mittlere und späte Produktionsphase, in der vornehmlich für den Export gefertigt worden ist. Auf Grund dessen ist damit in der Zeit von 180–50 v. Chr. vor allem schwarzglasierte Ware nach Munigua importiert worden. Aber auch die ältesten Erzeugnisse innerhalb der Gruppe Kampanisch A und der Keramik aus Cales kommen vor. Als späte Keramik um die Zeitenwende ist in Munigua, wie an anderen Fundplätzen auch, das spärliche Vorkommen von Kampanisch C und anderer grautoniger Warenarten e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 139 zu vermelden. Alle diese Beobachtungen führen zu der Annahme, dass der Höhepunkt der italischen Importe in Munigua zwischen der Mitte des 2. und der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. anzusetzen ist. Betrachtet man die Formen, so lässt sich eine repräsentative Anzahl von Typen innerhalb der geläufigen Typologie feststellen. Die häufigsten sind die Patera Typ Lamb. 5, die Schüssel Typ Lamb. 1 oder die Pyxis Typ Lamb. 3, ausgeführt in der sog. Schwarzglasierten Tonware aus Cales (Abb. 16). Daneben ist das Vorkommen einiger Teller des Typs Lamb. oder der Vasenform Typ Morel 68 in der Ausführung Kampanisch A, oder die Form Lamb. 7 in Kampanisch C zu betonen. Hinzu kommt das eine oder andere kleine Lampenfragment. Die Vorlage des gesamten spätrepublikanischen Scherbenmaterials aus Munigua wird zweifellos dazu beitragen, dass diese wichtige Etappe in der Stadtentwicklung näher in den Blick genommen werden kann. 15 Kandelaberfuß B 08 a,04 mit Silbereinlagen (Foto: D-DAI-MADMREC-DG-038-2014-0796). 16 Beispiel der sog. Schwarzglasierten Tonware aus Cales (Typ Lamb. 1) und Zeichnungen der häufig vorkommenden Formen von Teller-Typen Lamb. 3 und Lamb. 5 (DAI Madrid, Planarchiv Munigua, S. Azcárraga Cámara). Römische Mauerziegel in Munigua und dem Umland Im Rahmen der Untersuchung der Therme von Munigua durch W. Martini ergab sich die Notwendigkeit einer eingehenden Auseinandersetzung mit den Mauerziegeln in Munigua. Aufbauend auf den bisherigen Untersuchungen zu diesem Baumaterial, soll Munigua mit den vor Ort verwendeten Ziegeln in einen (über-)regionalen Kontext eingeordnet werden. Im Zentrum der Untersuchung stehen statistische Beobachtungen zum Material. Dazu wurden und werden in Munigua Daten zur verbauten Menge und Verteilung der Ziegel sowie zur Materialbeschaffenheit erhoben und mit Daten aus dem Umland verglichen. Neben Anhaltspunkten zur möglichen chronologischen Entwicklung unterschiedlicher Ziegeltypen, steht die Produktion der Ziegel, vor allem ihre Beschaffenheit und Herkunft, im Fokus der Arbeit. Bereits während der Datenerfassung im Mai 2016 ergab sich als erstes Ergebnis, dass die bisherige Einteilung in rote und gelbe Ziegel und die damit einhergehenden Thesen zu unterschiedlichen Qualitäten und Produktionsstätten oder-zeiten nur bedingt zu halten ist. Eine nicht unerhebliche Menge an Ziegeln besteht aus einem Materialmix (Abb. 17). Die Farbigkeit des Materials ergibt sich bei identischer Brennweise aus einer unterschiedlichen e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 140 17 Mauerziegel in der nördlichen Cellawand des Terrassenheiligtums (Foto: Th. König). 18 Schnitt 211, Südprofil mit Versturzlage (Foto: K. Brose). mineralogischen Zusammensetzung der Rohstoffe. Das Vorkommen beider Farben in einem Ziegel, schichtenweise getrennt, lässt daher den Schluss zu, dass sie nicht aus unterschiedlichen Produktionsstätten kommen, sondern, dass eine Produktionsstätte aus unterschiedlichen Materialvorkommen versorgt wurde. Zur Verbreitung der in Munigua hauptsächlich verwendeten Mauerziegel mit durchschnittlich 30 × 21 × 6 cm kann bislang festgestellt werden, dass diese in großer Zahl entlang des Guadalquivir, mindestens im Gebiet zwischen Itálica und Peñaflor Verwendung fanden. Die stromaufwärts im Raum Córdoba verwendeten Ziegel weichen in ihren Maßen stark von jenen in Munigua und der Umgebung ab. Stromabwärts muss die Verbreitung über Itálica hinaus noch eingegrenzt werden, ebenso wie die nach Norden und Süden. Darüber hinaus muss eine mögliche chronologische Abweichung zwischen den erwähnten, in großer Zahl vorkommenden Ziegeln und den davon abweichenden Typen noch genau untersucht werden. Geophysikalische Prospektionen am Südhang Muniguas und Neudokumentation des Altgrabungsschnittes 211 Im Berichtszeitraum wurden auf dem Südhang des Stadthügels von Munigua die geophysikalischen Messungen fortgeführt. Nach vorausgegangenen geomagnetischen Prospektionen wurde heuer geoelektrisch prospektiert und durch Georadaraufnahmen ergänzt. Im Hinblick auf eine archäologische Kontrolle der geophysikalischen Aufnahmen sind die Profile und das Planum des alten Grabungsschnitt 211 aus den 1970er-Jahren, der sich im Prospektionsgebiet befindet, erneut dokumentiert worden, da dort Baubefund zutage kam (Abb. 18). Ziele Der Südhang des Stadthügels von Munigua ist in den feldforschenden Untersuchungen in Munigua bisher aus verschiedenen Gründen wenig berücksichtigt worden. Im Hinblick auf die eingangs geschilderte Fragestellung des Gesamtprojektes ist es jedoch erforderlich, eine Vorstellung vom Baubefund auf dieser großen Fläche zu gewinnen, die etwa ein Drittel des Stadtgebietes e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 141 ausmacht (Abb. 12). Insofern bestand das Ziel in der Detektion von Baubefunden. Die 2013 gewonnenen geomagnetischen Daten hatten bereits eine Reihe von Anomalien gezeigt, die jedoch nicht sicher angesprochen werden konnten. Der Grund liegt in der Streuung von Schlacke sowie im Granit als Ausgangsgestein des Untergrundes, die beide als Baumaterial genutzt wurden, sowie möglicherweise eine Mehrphasigkeit in der Bebauung. Entsprechend wurden an geeigneten Stellen im Südareal der Stadt Geoelektrik- und Georadarmessungen unternommen, die z. T. auch die Geomagnetikmessflächen abdeckten. Um Strukturen im Untergrund in ihrer jeweiligen Tiefe erfassen zu können, bietet sich diese Methodenkombination an. So besteht die Möglichkeit, dass durch eine gezielte Auswahl der entsprechenden Tiefenscheiben Störungen herausgefiltert und Mauerstrukturen nachgewiesen werden können. Die Ergebnisse fließen in das aktuelle Projekt zur Rekonstruktion der Stadt Munigua ein. Technische Ausrüstung Für die geoelektrische Prospektion wurde ein RM15 mit MPX15 und dem entsprechenden Probearray PA5 des Herstellers Geoscan Reasearch verwendet. Die Messungen fanden im 1,5 m Twin-Modus mit sechs Elektroden statt (Tiefenscheiben: 0,25 m; 0,5 m; 0,75 m; 1 m; 1,25 m; 1,5 m). Der Messpunktabstand betrug in x- und y-Richtung 0,5 m und die Bahnen wurden im ‚Zick-Zack‘-Modus gemessen. Die Datenauslesung und -verarbeitung erfolgte mit dem Programm Geoplot. Bei den Georadarmessungen kam das Messsystem SIR3000 mit einer 400 MHz Antenne (Modell 5103) der Firma Geophysical Survey Systems Inc. zum Einsatz. Der Messpunktabstand lag bei 0,5 m mit 59 Scans pro Meter. Die Auswertung der Daten erfolgte mit dem Programm GPR-SLICE mit freundlicher Unterstützung durch M. Posselt (Posselt & Zickgraf Prospektionen GbR). 19 Geophysikalische Prospektionsflächen, grün: Geoelektrik und Georadar außer Feld 10 nur Geoelektrik; gelb: Georadar (Foto und Montage: R. Scholz). Auswahl und Lage der Messflächen Anhand der Ergebnisse der Geomagnetikprospektion des Jahres 2013 wurde ein zentrales Untersuchungsfeld für die geoelektrischen Messungen im e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1 142 Bereich der angenommenen Kreuzung zweier Wege in östlichen Teil des Prospektionsgebietes gewählt. Die geplante Fläche für die Geoelektrikmessung betrug 30 × 30 m und konnte beliebig erweitert werden. Die Ausgangsfläche der Geoelektrik wurde ebenfalls mithilfe des Georadars gemessen, wodurch die Möglichkeit besteht, die Ergebnisse der vorangegangenen Geomagnetikprospektion, aber auch die der Geoelektrik- und der Georadarprospektion in eine Interpretation einfließen zu lassen. Zudem wurde die Ausgangsfläche um weitere Flächen ergänzt, sodass insgesamt 1000 qm geoelektrisch und 2400 qm mit dem Georadar untersucht wurden (Abb. 19). 20 Georadarmessbild bei einer Eindringtiefe von ca. 18,28–21,7 ns und dem Grabungsschnitt 211 ca. mittig des Planes (Plan: K. Brose und R. Scholz). Erste Ergebnisse Die Daten der Geophysikkampagnen werden aktuell innerhalb einer Masterarbeit des Studiengangs Landschaftsarchäologie an der Freien Universität Berlin von K. Brose bearbeitet. Daher können erste Ergebnisse nur vorläufig sein. Die Methode der Geoelektrik hat sich in Munigua, vermutlich aufgrund der trockenen Bodenverhältnisse (auch im niederschlagsreichen Monat November) als ungeeignet herausgestellt. Die Methode des Georadars, die besonders für trockene Böden und für die Detektion von Mauerstrukturen geeignet ist, lieferte hingegen sehr gute Ergebnisse (Abb. 20). Die Strukturen im Radargramm lassen sich eindeutig archäologischen Befunden zu ordnen: Es sind eine Straße und mehrere Mauerverläufe zu erkennen, die Räumen und ggf. Gebäuden zugeordnet werden können. Ebenso ist im Radargramm auffällig, dass die Anordnung der architektonischen Befunde etwas lockerer zu sein scheint, als im bisherigen Stadtbild von Munigua bekannt. So erweckt es den Anschein, dass das Bebauungsmuster im Südareal nach anderen Regeln erfolgte, als im restlichen Teil der Stadt. Vielleicht wurde dieses Areal anders genutzt. Da 2013 mithilfe der Geomagnetik mehr Flächen gemessen worden waren, als 2015 mit der Geoelektrik und dem Georadar, wird aktuell versucht, mithilfe des Radargramms und den darin erkennbaren archäologischen Strukturen, die Anomalien der Geomagnetik zu filtern, um ggf. eindeutige archäologische Strukturen im Magnetogramm nachweisen zu können. Bei diesem Prozess werden die Ergebnisse der Neudokumentation des Schnittes 211 einbezogen.