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ELEKTRONISCHE PUBLIKATIONEN DES
DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS
Dies ist ein digitaler Sonderdruck des Beitrags / This is a digital offprint of the article
Thomas G. Schattner – Sandra Azcárraga Cámara – K. Brose – B. Bouresh – Mario Gutiérrez
Rodríguez – Antje Krug – Wolfram Martini – Heliodoro Ruipérez – D. Schäffler – Roman
Scholz
Munigua, Spanien
aus / from
e-Forschungsberichte
Ausgabe / Issue 1 • 2017
Seite / Page 128–142
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128
MUNIGUA, SPANIEN
Die Arbeiten der Jahre 2015 und 2016
Abteilung Madrid des Deutschen Archäologischen Instituts
von Th. G. Schattner, S. Azcárraga Cámara, K. Brose, B. Bouresh,
M. Gutiérrez, A. Krug, W. Martini, H. Ruipérez,
D. Schäffler und R. Scholz
e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 · Faszikel 1
Since more than 60 years the Madrid Department of the German Archaeological Institute has been conducting investigations at the Hispano-Roman
municipium of Munigua. Current research focuses on a 3D-visualisation and
reconstruction of the city. The project is accompanied by a thorough study of
the function and use of the individual buildings in antiquity. During the campaigns of 2015 and 2016 the forum, the streets as well as the podium-temple
of the city were analyzed. As a result, the voting process on the forum as well
as the processional way through the city could be hypothetically reconstructed. A geophysical survey in the southern part of the city revealed the existence and structure of buildings.
Kooperation: Römisch-Germanische Kommission des DAI (RGK), Frankfurt; Exzellenzcluster
TOPOI, Berlin.
Leitung des Projektes: Th. G. Schattner.
Team: R. Braun, Th. König, S. Isselhorst, A. Schmölzer.
Die Arbeiten und Forschungen von Gelehrten der Madrider Abteilung des
Deutschen Archäologischen Instituts in Munigua sind heuer nunmehr 60 Jahre
alt geworden (1956‒2016). Insgesamt ist der Fundplatz seit annähernd 460 Jahren bekannt (A. Chacón, A. de Morales 1565). Die erste wissenschaftliche
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Publikation und Feldforschung begann vor 260 Jahren, geht auf das Jahr
1756 zurück (S. A. de Cortés, J. A. de las Cuentas Zayas). Die erste Grabungsgenehmigung beantragte im Jahre 1921 erfolgreich der französische Archäologe P. Paris. Die Kampagne konnte jedoch nicht durchgeführt werden, da
Paris keine Grabungsmannschaft zusammen brachte. Die Publikation des
ersten Fotos von Munigua findet sich in R. Thouvenots Essai sur la province
romaine de Bétique (1940). Im Jahre 1956 wurden die damals an der Madrider Abteilung des DAI arbeitenden Kollegen von dem andalusischen Denkmalpfleger F. Hernández auf den Platz aufmerksam gemacht, besuchten
bald Munigua und erhielten noch im selben Jahr die Genehmigung, sodass
im Herbst des Jahres 1956 die erste Prospektionskampagne stattfinden
konnte (Abb. 1. 2). Seither sind fortlaufend Forschungsergebnisse produziert worden, die inzwischen weit mehr als 100 Zeitschriftenartikel und acht
Monographien zählen. Munigua und seine altertumswissenschaftlichen Probleme werden inzwischen auf Foren in ganz Europa diskutiert, von Portugal
bis Polen.
1
2
Erste Planskizze von W. Schüle aus dem Jahre 1956, nach erfolgter Geländeprospektion (Abb.:
DAI Madrid, Planarchiv Munigua).
Freilegung der Kuppe des Stadthügels im Jahre 1957 (Foto: DAI Madrid, InstNeg. Nr. A 583-3).
Vorarbeiten für eine neue Rekonstruktion von Munigua
Dieses derzeit verfolgte Projekt baut auf den vorherigen Forschungen auf,
seine Durchführung ist nur möglich, weil entsprechende ältere Ergebnisse
vorliegen (s. dazu eDAI-F 2015-1, 111). Angesichts der Fragestellung werden
die öffentlichen Bauten im Hinblick auf ihre Funktion und Nutzung untersucht, um sie sodann in einer 3D-Rekonstruktion darstellen zu können. Nach
den Thermen standen im Berichtszeitraum das Forum und der Podiumstempel im Blickpunkt. Beide Gebäude zeichnen sich dadurch aus, dass für ihre
Errichtung am Osthang des Stadthügels zunächst entsprechende Terrassen
aufgeschüttet werden mussten. Wie die entsprechenden Sondagen zeigen
(Abb. 3. 4), wurde dabei ähnlich vorgegangen, indem einheitlich mächtige
Lagen von steriler Erde eingefüllt wurden. Dabei ist die Erde nach Farbe und
Körnung durchaus unterschiedlich. Das 3,5 m hohe Profil von Schnitt 85A auf
dem Forum (Abb. 3) zeigt unter dem Bodenbelag aus opus signinum von
oben nach unten eine Abfolge aus feiner Erde, Granitgrus und wiederum
feiner Erde. Man kann in der Maßnahme eine absichtsvolle Schichtung
e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1
3
Sondage in Schnitt 85A, Westprofil, SfM-Aufnahme und Handzeichnung (Abb.: DAI Madrid,
Planarchiv Munigua, D. Schäffler, J. Fernández Pérez).
4
Schnitte 61-a, Osterweiterung. Aufnahmen des Nordprofils, händisch und durch SfM-Verfahren
während verschiedener Phasen der Freilegung (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, J.
Fernández Pérez, D. Schäffler).
130
erkennen. Offenbar sollte Regenwasser schon von dem opus signinum, das
wasserundurchlässig ist, abgeleitet werden. Für den Fall, dass dennoch Wasser eindringen könnte, wäre es zunächst von den Schichten aus feiner Erde
gebunden worden. Sollte Wasser auch dort durchdringen, wäre es recht
schnell durch den grobkörnigen Granitgrus hindurch auf die untersten Lagen
feiner Erde gekommen, die unmittelbar auf dem gewachsenen Felsen liegen.
Der Abfluss zur Thermengasse hin wäre über den geneigten Felsboden erfolgt. Da der Sockel der Stützmauer des Forums aus Bruchstein besteht,
wäre der Durchfluss durch die Mauer entsprechend gewährleistet.
Auch die Terrasse des Hangtempels zeigt eine vergleichbare Schichtung
aus Paketen gelblicher Erde (Abb. 4), welche die Lücke zwischen dem anstehenden Felsen und der über 5 m hohen Terrassenmauer ausfüllt. Diese
bildet einen Unterbau von beachtlichem Ausmaß, auf dem der Tempel steht
(Abb. 5). Das Podium selbst, das darauf für den Tempel errichtet ist, wirkt
mit 0,5 m Höhe dagegen niedrig. Dieses Merkmal zeichnet eine ganze Gruppe römischer Tempel aus, zu denen auch der Forumstempel Muniguas
gehört. Beide sind tetrastyl zu ergänzen wie viele Tempel auf der Iberischen
Halbinsel (Abb. 5. 6). Durch die umlaufenden Säulenhallen muss er als Kubus ergänzt werden, sodass er nach außen als geschlossener Baukörper in
Erscheinung getreten sein dürfte (Abb. 7). Der Zugang erfolgte über eine
steil wirkende Treppe an der Südseite (Abb. 8).
Im Hinblick auf die Nutzung ist besonders das Forum interessant, da es
sich ja um die zentrale öffentliche Baulichkeit handelt, in der etwa jedes Jahr
die Wahlen für die städtischen Magistrate stattfanden. Überträgt man die
von den Althistorikern und Rechtsgeschichtlern namentlich für die Stadt
Rom zusammengetragenen Forschungsergebnisse auf Munigua, so könnte
man vielleicht an folgenden Ablauf eines Wahlvorganges denken (Abb. 9):
Nach gehöriger Diskussion der Kandidaten im Rahmen von öffentlichen Versammlungen der römischen Bürger sog. Konventionen (conventio/contio)
wird die Abstimmung 24 Tage vorher durch öffentliche Bekanntmachung angekündigt (trinum nondinum). Am Tage der Abstimmung bleiben die Läden
geschlossen. Vor Tagesanbruch wird von den Priestern die göttliche Vorsehung befragt (auspicium) und zwar an einem inaugurierten Ort, an dem also
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5
Podiumstempel, Schnittzeichnung West‒Ost durch die Mitte des Bauwerks (Abb.: DAI Madrid,
Planarchiv Munigua, D. Schäffler).
131
ein Altar steht, was auf dem Forum von Munigua z. B. vor dem Forumstempel der Fall gewesen sein muss. Sind die Vorzeichen günstig, so ruft der Herold (praeco) die Bürgerschaft zusammen. Die entsprechende Versammlung
beginnt zunächst mit einem Gebet (carmen precationis) durch den vorsitzenden Magistrat, das durch die sog. rogatio abgeschlossen wird, das heißt
von der Frage, ob die vom Vorsitzenden bezeichneten Personen/Kandidaten
die infrage stehenden Magistraturen bekleiden sollen oder nicht. Sodann
lädt der Herold die Versammlung der Bürger zum zweiten Mal zur Abstimmung. Nun werden die Bürger geschieden in stimmberechtigte und nichtstimmberechtigte Bürger, die letzteren werden weggewiesen (populus summovetur), die ersteren werden vom vorsitzenden Magistrat hineingerufen
(intro vocare) in den eingehegten Raum des Comitium, also in Munigua zum
Forum, das ja als sog. Blockforum einen nach außen geschlossenen Raum
darstellt. Auf dem Forum befiehlt der vorsitzende Magistrat den stimmberechtigten Bürgern, ihr Wahlrecht auszuüben (impero qua convenit ad comitia centuriata) und schickt sie zur Abstimmung (in suffragium mittit), dazu
wird das Forum geschlossen, um die mehrmalige Stimmabgabe auszuschließen. In Munigua wird es sich dabei um die mittlere Tür zur Forumsgasse hin
gehandelt haben, die verschließbar war. Von dort werden die Bürger sicher
durch den nördlichen Flügel des Forums einer nach dem anderen zur Front
des Forumstempels gegangen sein, wo der vorsitzende Magistrat erhöht auf
dem (niedrigen) Podium des Tempels gesessen haben könnte, um die Stimmabgabe zu überwachen. Diese kann entweder mündlich durch Abfrage und
entsprechende Antwort erfolgt sein, aber auch die geheime Stimmabgabe
von Stimmtafeln (tabellae), auf denen der Name des Kandidaten verzeichnet
stand, ist denkbar. Diese Tabellae wurden in Kästen abgelegt (cistae), die beaufsichtigt wurden. Sodann müssen die Bürger über den südlichen Flügel
des Forums an der Basilika vorbei das Forum an seiner Südwestecke beim
sog. Vestibül verlassen haben. Auf diese Weise wurde vermieden, dass zwischen den noch Wartenden und denen, die ihre Stimme schon abgegeben
hatten, eine Vermischung stattfand und damit die Möglichkeit zur mehrfachen Stimmabgabe verhindert. Am Wahlende wurde das Ergebnis ausgezählt und an den vorsitzenden Magistrat gemeldet, der dieses durch den
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Herold verkünden ließ. Dieser Akt wird nun auf der Forumsgasse vor dem
Merkurtempel stattgefunden haben, wo die Bürger nach Stimmabgabe und
Verlassen des Forums warteten.
Interessant ist nun, dass die Statuen, deren Aufstellungsort auf dem
Forum wir kennen, allein in dem westlichen und dem nördlichen Flügel des
Forums aufgestellt waren. Westlich standen Statuen der Honoratiores wie
durch Vater und Sohn Rufinus belegt, deren Postamente nebeneinander in
einer der vier Nischen gefunden wurden. Dagegen standen im nördlichen
Flügel Götterstatuen, wie das Postament für Bonus Eventus bezeugt und ferner das Heiligtum des Dis Pater. In der Nische neben der Curia könnte man
eine Statue für den örtlichen Genius vermuten. Damit aber erweist sich das
Statuenprogramm des Forums in diesen beiden Flügeln als geplante Maßnahme und zwar im Sinne einer dynamischen Steigerung (Abb. 10): von den
Ehrenbürgern über die nachrangigen Gottheiten wie Dis Pater und Bonus
Eventus hin zur Gottheit im Forumstempel, die vielleicht Ceres gewesen ist,
wie anschließend begründet wird.
Die Frage nach der Zuweisung der inschriftlich oder bildlich belegten
Gottheiten in Munigua zu den vorhandenen Tempeln und Heiligtümern ist
weithin offen. Sichere Verbindungen gibt es aber durchaus etwa dadurch,
dass die betreffende Inschrift oder Statuenbasis in unmittelbarer Nähe gefunden wurde. Diese Fälle liegen mit dem Heiligtum des Dis Pater auf dem
Forum, ferner der Statue des Bonus Eventus und vielleicht auch des Genius
daselbst sowie mit dem Merkurtempel vor. Die Gesamtsituation zeigt die
nachfolgende Tabelle im Überblick:
Tabellarischer Überblick über die bekannten Gottheiten in Munigua
6
Podiumstempel, Grundriss mit Bauphasen (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, Th. Hauschild, aktualisierte Fassung: D. Schäffler).
Gottheit
Epigraphisch
Ceres Augusta, Statuenbasis
X
Fortuna Crescens Augusta,
Statuenbasis
X
Archäologisch
Fundort
Basilika
Nördlicher Anbau
am Terrassenheiligtum
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133
Hercules Augustus, Statuenbasis
„am Osthang“ des
Stadthügels
X
Thermengasse vor
der Therme
Pantheus Augustus, StatuenX
basis
7 Podiumstempel,
hypothetische 3DRekonstruktion
(Abb.: DAI Madrid,
Planarchiv, Visualisierung: D. Ruipérez).
Merkur, Platte
Numen Ditis Patris, Statuenbasis
Genius municipii, Inschriftplatte
X
X
X
X
Basilika
X
Bonus eventus, Statuenbasis X
Nymphen, Statue
Minerva
8
Podiumstempel, Südansicht mit rekonstruiertem Treppenzugang (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, D. Schäffler).
Merkurtempel
Heiligtum des Dis
Pater, Forum
Nordhalle Forum
X
X
Therme
Kanal der Therme
Im Hinblick auf die Gottheiten fehlt für die folgenden die Zuweisung an
ein entsprechendes Bauwerk: Ceres Augusta, Fortuna Crescens Augusta,
Hercules Augustus, Pantheus Augustus sowie Minerva. Ihnen stehen folgende
drei Anlagen gegenüber, denen umgekehrt die Bestimmung eines Kultherrn
fehlt: Terrassenheiligtum, Podiumstempel, Forumstempel. Als Kriterium
mag vielleicht die Bedeutung der Gottheiten dienen, die spekulativ in ein
Verhältnis zu der Bedeutung des entsprechenden Bauwerks gesetzt werden
kann. Denn diese ergibt sich bereits bei einer raschen Durchmusterung der
bestehenden Gebäude. Zunächst ist zu unterscheiden zwischen einzeln liegenden Anlagen und solchen, die in andere Baulichkeiten eingebunden sind.
Während das Terrassenheiligtum und der Podiumstempel einzeln stehen, ist
der Merkurtempel mit seiner Rückwand unmittelbar vor die Seitenwand der
doppelgeschossigen Halle gesetzt, sodass die Gebäude sich berühren. Ganz
ähnlich der Forumstempel, der so knapp in das zur Verfügung stehende Hofgeviert des Forums eingepasst ist, dass sich seine Traufe mit derjenigen der
umliegenden Portikus an seiner Rückseite nahezu berührt haben dürfte.
Vollkommen eingebunden in die Architektur des Nordflügels der Forumshalle
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Forum. Hypothetischer Weg der römischen Bürger beim Wahlvorgang (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, E. Puch Ramírez, D. Schäffler).
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ist das Heiligtum des Dis Pater. Im Hinblick auf die Wirkung der Gebäude im
Stadtbild (Abb. 11) ergibt sich aus der geschilderten urbanistisch-architektonischen Einbettung eine Stufung, die sicher nicht ohne Wirkung auf die
Bedeutung der in den Heiligtümern und Tempeln verehrten Gottheiten geblieben sein kann. Für das Terrassenheiligtum auf dem Stadthügel könnte
man angesichts des Fundortes der Statuenbasis der Fortuna Crescens
Augusta und des Hercules Augustus daselbst diese beiden Gottheiten dort
vermuten. Damit läge ein Doppelheiligtum vor. Der beschriebenen Stufung
wäre sicher entsprochen, da es sich um große Figuren des römischen Götterhimmels mit überragender Bedeutung für das Reich handelt. Gesetzt den
Fall dies träfe zu, so bliebe allein die Zuweisung von Ceres Augusta und Pantheus Augustus auf den Podiumstempel bzw. den Forumstempel übrig.
Instinktiv würde man dabei Ceres aufgrund der inhaltlichen Nähe zu Bonus
Eventus aber auch zu Dis Pater (Macr. Sat. 1,16,16) in den Forumstempel
setzen, sodass für Pantheus der Podiumstempel bliebe (Abb. 12). Minerva
bildet mit Jupiter und Juno eine Triade, sodass als Platz für diese Statue
ebenfalls der Podiumstempel infrage kommt.
Aus der Konstellation von Tempeln für Ceres einerseits und für Pantheus
andererseits ergibt sich eine interessante Situation von Gegenpolen. Pantheus ist eine Gottheit, die sämtliche Götter in sich trägt, sie findet gerade in
hadrianischer Zeit weite Verbreitung. Nicht in Hispanien aber sonst erscheint
der Name im Verbund mit Jupiter als Jupiter Pantheus häufig, gerade in Rom
erscheinen beide Gottheiten eingebunden in Triaden: Jupiter, Juno und
Minerva sowie Ceres, Liber und Libera. Jeder dieser Triaden waren in der
frühen römischen Republik Heiligtümer zugeordnet, es handelt sich um Pendants, ihre Tempel bildeten die beiden religiösen Pole der römischen Frühzeit, ihre Klientel war jeweils verschieden, hie die Patrizier, dort die Plebejer.
Diese sind insofern in den Jahrhunderte alten Konflikt zwischen den Patriziern und den Plebejern einbegriffen, als sie mit der jeweiligen Klientel konnotiert werden. Ceres wird traditionell von der Forschung als die plebejische
Gottheit an sich verstanden. Sollte die oben angedeutete Lokalisierung im
Forumstempel zutreffen, erwiese sich das Forum auch in sakraler Hinsicht als
der Ort, an dem das Volk sich zusammen findet. Der Forumstempel stünde mit
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seiner flavischen Datierung damit vielleicht in der Tradition der von Claudius
in Rom betriebenen Belebung des Ceres-Kultes. Auch im Rahmen der kaiserlichen Bild-Propaganda haben Ceres-Darstellungen etwa auf Münzen eine
namhafte Rolle gespielt und damit auf die Erfolge der Kaiser in der Agrarpolitik verwiesen. In Munigua wären die beiden fraglichen Tempel in ihrer urbanistischen Erscheinung nicht gleichwertig gewesen. Dem in das Forum
gezwängten plebejischen Cerestempel stünde der auf halber Höhe des
Stadthügels thronende patrizische, stattliche Podiumstempel gegenüber,
der auf der anderen Straßenseite liegt. Die entsprechende soziale Qualifikation kann sich aber nur auf die Klientel beziehen und nicht auf die Stifter.
Diese sind für das Forum bekannt, es handelt sich um zwei Vertreter der
Großen Familien Muniguas, Valerius Firmus, der das gesamte Forum mit
dem Tempel, einer Exedra und dem Tabularium geweiht hat, sowie Lucius
Aelius Fronto, der das Heiligtum des Dis Pater erbauen ließ.
Über den Beinamen Augustus wäre in allen den entsprechenden Fällen
von Ceres, Fortuna, Hercules und Pantheus eine Verbindung mit dem Kaiserkult möglich. Die entsprechende Prozession hätte an sämtlichen größeren
Tempelbauten in Munigua vorbeiführen können, wie der Plan zeigt (Abb. 12).
Die römischen Kaiser waren in Munigua durch eine Statuengalerie präsent, von der die Basen erhalten sind. Ihre Aufstellung wird sicher mit Recht
in Felseinarbeitungen vor der doppelgeschossigen Halle vermutet, da die
Maße passend sind (Abb. 13). Zwei der Basen tragen die Namen der Kaiser
Vespasian und Titus, für den eradierten dritten Kaisernamen wurde schon
von E. Hübner im 19. Jahrhundert eine Ergänzung als Domitian vorgeschlagen, denn von diesem Kaiser ist in Munigua auch ein marmornes Porträt
gefunden worden. Dieses passt jedoch insofern nicht zu der geschilderten
Statuenbasis, als alle diese Basen bronzene Statuen getragen haben müssen.
Daher könnte Domitian in Munigua wenigstens zwei Statuen besessen
haben.
10 Forum. Hypothetische 3D-Rekonstruktion des West- bzw. des Nordflügels mit den Statuen der
Honoratiores (unten) bzw. der Gottheiten (oben) (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, H. Ruipérez).
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11 Hypothetische 3D-Rekonstruktion des Stadtbildes (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, H. Ruipérez).
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Die Kleinfunde von Munigua
Mit dem 60-Jahre-Jubiläum der Grabungen auf dem Stadthügel von Mulva
konnte die Bearbeitung der Kleinfunde abgeschlossen und zum Druck gegeben werden. Die große Menge von Objekten (Abb. 14), wenn auch zerstört
und fragmentiert, gibt einen vielseitigen Einblick in die Stadtgeschichte und
das Leben ihrer Bewohner. Der isolierte felsige Stadthügel hatte bereits in
der Steinzeit Menschen angezogen, die sich dort zeitweise aufhielten und
Steinwerkzeug hinterließen. In der turdetanischen Epoche wurden die Kupfervorkommen in der näheren und weiteren Umgebung Muniguas erschlossen. Arbeitsplätze mit Werkzeugen an den Abhängen des Hügels zeigen an,
dass der Ort sich auch zu einem wirtschaftspolitischen Faktor entwickelte.
Bratspieße, Gürtelzier und Sporen weisen auf hochstehende Bewohner, die
durch Kupfergewinnung und -handel Geltung besaßen. Die Eroberung
Hispaniens durch die Römer hinterließ keine Spuren. Im Gegenteil, diese
Entwicklung und der Kupferhandel brachten eine wirtschaftliche Blüte in
spätrepublikanischer und früher Kaiserzeit. Die intensive Bautätigkeit,
welche die Siedlung mit Heiligtümern, Tempeln, Portiken und Thermen ausstattete, überdeckte allerdings fast völlig die frühere Siedlung. Diese Entwicklung lässt sich auch an zahlreichen Funden ablesen: bronzenes Tafelund Trinkgeschirr italischen Typs, kunstvoll verziertes Gerät (Abb. 15) für
Haushalt und Kosmetik und Ausstattungsreste aus Bronze und Knochen von
Möbeln passen zu den gut ausgestatteten Atriumhäusern, die nach den
Scherben zu urteilen verglaste Fenster hatten. Zahlreich sind auch Schreibgeräte und Siegelkapseln, die einen weitreichenden Schriftverkehr bezeugen. Wagen und Gewichte stehen für einen lebhaften Kleinhandel am Ort,
neben dem Kerngeschäft von Kupfergewinnung und -handel. Werkzeugfunde
sprechen für Metallhandwerk, wahrscheinlich Reparatur und Fertigung von
kleineren Bronzegegenständen. Die Entwicklung fand einen krönenden Abschluss mit der Verleihung des Municipalrechts wohl in flavischer Zeit, das
durch den Namen Municipium Flavium Muniguense und zahlreiche Kaiserstatuen auch im Stadtbild sichtbar wurde.
Eine Rückentwicklung setzte wohl gegen Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr.
ein. Die Verhüttung von Kupfer und Eisen wurde näher an der Stadt, ja sogar
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innerhalb der städtischen Grenzen betrieben. Die eleganten Atriumhäuser
wurden aufgelassen und, nach den Funden zu urteilen, von bäuerlichen Betrieben und Werkstätten genutzt. Die Verhüttungsschlacken überdeckten
Häuser und Nekropolen, die bronzenen Kaiserstatuen, von denen nur noch
winzige Reste übriggeblieben sind, wurden verschrottet und eingeschmolzen, ebenso die bronzenen Inschrifttafeln aus dem Tabularium am Forum.
Trotz des weiter betriebenen Bergbaus zeigen zerhackte Spiegel und Beschläge aus Bronze, dass die Gewinnung von Buntmetall durch Verschrottung auch ein Geschäftsmodell war.
In der Völkerwanderungs- und der Araberzeit lebten nur noch wenige
Menschen in den verfallenden Gebäuden auf dem Stadthügel, die dementsprechend wenige Dinge wie etwa Kleidungszubehör hinterlassen haben.
Kleinfunde aus der Neuzeit wie Münzen, Metallteile der Kleidung oder Flintenkugeln zeigen jedoch, dass der auffallende Siedlungshügel nie gänzlich in
Vergessenheit geriet.
12 Versuch der Zuweisung der bekannten Gottheiten zu Heiligtümern und Tempeln sowie hypothetischer Verlauf der Prozession im Rahmen des Kaiserkultes (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, E. Puch Ramírez).
13 Forumsgasse, Westansicht. Im Vordergrund die Felseinarbeitungen (I‒IV), in denen die Basen
für die Kaiserstatuen ergänzt werden. Im Hintergrund grau schraffiert die Reste der Pilaster der
doppelgeschossigen Halle, vor denen die Statuenbasen standen (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv
Munigua, J. Fernández Pérez).
Die spätrepublikanische Keramik aus Munigua
Die sog. kampanische oder auch schwarzglasiert-italische Tonware gilt aufgrund ihrer Datierung in spätrepublikanische Zeit besonders im römischen
Westen allgemein als einer der ersten Anzeiger für die Übernahme römischer
Tischsitten. Ihre Bearbeitung in Munigua ist seit Beginn der Arbeiten der Wissenschaftler der Madrider Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts wichtiger Bestandteil des Forschungsprojektes und wird in periodischen
Abständen immer wieder aufgenommen. Nach 60 Jahren Forschung und
Ausgrabung in Munigua ist der Moment gekommen, eine komplette Materialvorlage zu planen und das gesamte, im archäologischen Museum Sevilla
befindliche Fundgut, das schon in den ersten Kampagnen zutage kam, zusammenfassend vorzulegen. Bisher sind die keramischen Grabungsfunde der Jahre 1956 bis 1976 erfaßt, also 14 Grabungsjahre. Dadurch scheint eine ausreichend breite Materialbasis gegeben, um an dieser Stelle einen vorläufigen
Überblick zu den spätrepublikanischen Funden aus Munigua zu präsentieren.
Die schwarzglasiert-italische, sog. Campana-Ware gilt als Luxusprodukt,
das am Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. aufkommt, zu einem Zeitpunkt, da
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14 Fundverteilung der Kleinfunde (Abb.: DAI Madrid, Planarchiv Munigua, D. Schäffler).
138
die Herstellung der attischen Ware zurückgeht. Mit Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. steigt ihre Produktion so stark an, dass rasch ein Standardprodukt entsteht, welches von Italien aus in den gesamten westlichen Mittelmerraum ausgeführt worden ist. Dank der intensiven Forschungen besonders
der letzten Jahre ist es mittlerweile möglich, die Herkunft von verschiedenen
Produktionen genauer zu bestimmen. Dazu zählen die sog. Tonware Kampanisch A, die nach der Landschaft am Golf von Neapel und der Insel Ischia
benannt ist, ferner die sog. Schwarzglasierte Ware aus Cales, dann die sog.
schwarzglasierte etruskische Tonware und die entsprechende Tonware aus
Sizilien, bekannt als sog. Kampanisch C. Die drei wichtigsten, generell
schwarzglasierten Produktionstypen, die man hauptsächlich exportierte,
sind: Kampanisch A, die Schwarzglasierte Ware aus Cales und Kampanisch C.
In Hispanien finden sich die schwarzglasiert-italischen Waren in großen
Mengen besonders in den Küstenstädten Emporiae, Tarraco, Carthago Nova
und Valentia. Beachtliche Fundmengen sind inzwischen jedoch auch aus
dem Hinterland bekannt wie in Segeda, in El Llano de la Horca (Santorcaz,
Madrid) oder eben auch in Munigua.
Durch das Studium dieser spätrepublikanischen Keramik und in erster
Linie der sog. schwarzglasiert-italischen Tonware lässt sich in Munigua die
dunkle Zeit zwischen dem 3.–1. Jahrhundert v. Chr. näher beleuchten, eine
Periode, die bislang kaum bekannt ist. Das Material aus Munigua umfasst
derzeit 188 Fragmente der sog. schwarzglasiert-italischen Ware, hinzu kommen 33 Fragmente an Imitationen, darunter sog. grautonige Ware und einige wenige Scherben der sog. dünnwandigen Ware (‚paredes finas‘). Im Hinblick auf die Chronologie und die Herkunft der Stücke gehören sie
mehrheitlich zu den Gruppen Kampanisch A und Schwarzglasierte Ware aus
Cales und zwar in deren mittlere und späte Produktionsphase, in der vornehmlich für den Export gefertigt worden ist. Auf Grund dessen ist damit in
der Zeit von 180–50 v. Chr. vor allem schwarzglasierte Ware nach Munigua
importiert worden. Aber auch die ältesten Erzeugnisse innerhalb der Gruppe
Kampanisch A und der Keramik aus Cales kommen vor. Als späte Keramik um
die Zeitenwende ist in Munigua, wie an anderen Fundplätzen auch, das spärliche Vorkommen von Kampanisch C und anderer grautoniger Warenarten
e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1
139
zu vermelden. Alle diese Beobachtungen führen zu der Annahme, dass der
Höhepunkt der italischen Importe in Munigua zwischen der Mitte des 2. und
der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. anzusetzen ist.
Betrachtet man die Formen, so lässt sich eine repräsentative Anzahl von
Typen innerhalb der geläufigen Typologie feststellen. Die häufigsten sind die
Patera Typ Lamb. 5, die Schüssel Typ Lamb. 1 oder die Pyxis Typ Lamb. 3,
ausgeführt in der sog. Schwarzglasierten Tonware aus Cales (Abb. 16). Daneben ist das Vorkommen einiger Teller des Typs Lamb. oder der Vasenform
Typ Morel 68 in der Ausführung Kampanisch A, oder die Form Lamb. 7 in
Kampanisch C zu betonen. Hinzu kommt das eine oder andere kleine Lampenfragment.
Die Vorlage des gesamten spätrepublikanischen Scherbenmaterials aus
Munigua wird zweifellos dazu beitragen, dass diese wichtige Etappe in der
Stadtentwicklung näher in den Blick genommen werden kann.
15 Kandelaberfuß B 08 a,04 mit Silbereinlagen (Foto: D-DAI-MADMREC-DG-038-2014-0796).
16 Beispiel der sog. Schwarzglasierten Tonware aus Cales (Typ Lamb. 1) und Zeichnungen der
häufig vorkommenden Formen von Teller-Typen Lamb. 3 und Lamb. 5 (DAI Madrid, Planarchiv
Munigua, S. Azcárraga Cámara).
Römische Mauerziegel in Munigua und dem Umland
Im Rahmen der Untersuchung der Therme von Munigua durch W. Martini
ergab sich die Notwendigkeit einer eingehenden Auseinandersetzung mit
den Mauerziegeln in Munigua. Aufbauend auf den bisherigen Untersuchungen zu diesem Baumaterial, soll Munigua mit den vor Ort verwendeten Ziegeln in einen (über-)regionalen Kontext eingeordnet werden. Im Zentrum
der Untersuchung stehen statistische Beobachtungen zum Material. Dazu
wurden und werden in Munigua Daten zur verbauten Menge und Verteilung
der Ziegel sowie zur Materialbeschaffenheit erhoben und mit Daten aus
dem Umland verglichen. Neben Anhaltspunkten zur möglichen chronologischen Entwicklung unterschiedlicher Ziegeltypen, steht die Produktion der
Ziegel, vor allem ihre Beschaffenheit und Herkunft, im Fokus der Arbeit.
Bereits während der Datenerfassung im Mai 2016 ergab sich als erstes
Ergebnis, dass die bisherige Einteilung in rote und gelbe Ziegel und die damit
einhergehenden Thesen zu unterschiedlichen Qualitäten und Produktionsstätten oder-zeiten nur bedingt zu halten ist. Eine nicht unerhebliche Menge
an Ziegeln besteht aus einem Materialmix (Abb. 17). Die Farbigkeit des Materials ergibt sich bei identischer Brennweise aus einer unterschiedlichen
e -FORSCHUNGSBERICHTE DES DAI 2017 ·Faszikel 1
140
17 Mauerziegel in der
nördlichen Cellawand des Terrassenheiligtums
(Foto: Th. König).
18 Schnitt 211, Südprofil mit Versturzlage
(Foto: K. Brose).
mineralogischen Zusammensetzung der Rohstoffe. Das Vorkommen beider
Farben in einem Ziegel, schichtenweise getrennt, lässt daher den Schluss zu,
dass sie nicht aus unterschiedlichen Produktionsstätten kommen, sondern,
dass eine Produktionsstätte aus unterschiedlichen Materialvorkommen versorgt wurde.
Zur Verbreitung der in Munigua hauptsächlich verwendeten Mauerziegel
mit durchschnittlich 30 × 21 × 6 cm kann bislang festgestellt werden, dass
diese in großer Zahl entlang des Guadalquivir, mindestens im Gebiet zwischen Itálica und Peñaflor Verwendung fanden. Die stromaufwärts im Raum
Córdoba verwendeten Ziegel weichen in ihren Maßen stark von jenen in Munigua und der Umgebung ab. Stromabwärts muss die Verbreitung über Itálica
hinaus noch eingegrenzt werden, ebenso wie die nach Norden und Süden.
Darüber hinaus muss eine mögliche chronologische Abweichung zwischen
den erwähnten, in großer Zahl vorkommenden Ziegeln und den davon abweichenden Typen noch genau untersucht werden.
Geophysikalische Prospektionen am Südhang Muniguas und Neudokumentation des Altgrabungsschnittes 211
Im Berichtszeitraum wurden auf dem Südhang des Stadthügels von Munigua
die geophysikalischen Messungen fortgeführt. Nach vorausgegangenen geomagnetischen Prospektionen wurde heuer geoelektrisch prospektiert und
durch Georadaraufnahmen ergänzt. Im Hinblick auf eine archäologische
Kontrolle der geophysikalischen Aufnahmen sind die Profile und das Planum
des alten Grabungsschnitt 211 aus den 1970er-Jahren, der sich im Prospektionsgebiet befindet, erneut dokumentiert worden, da dort Baubefund zutage kam (Abb. 18).
Ziele
Der Südhang des Stadthügels von Munigua ist in den feldforschenden Untersuchungen in Munigua bisher aus verschiedenen Gründen wenig berücksichtigt worden. Im Hinblick auf die eingangs geschilderte Fragestellung des
Gesamtprojektes ist es jedoch erforderlich, eine Vorstellung vom Baubefund
auf dieser großen Fläche zu gewinnen, die etwa ein Drittel des Stadtgebietes
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ausmacht (Abb. 12). Insofern bestand das Ziel in der Detektion von Baubefunden. Die 2013 gewonnenen geomagnetischen Daten hatten bereits eine
Reihe von Anomalien gezeigt, die jedoch nicht sicher angesprochen werden
konnten. Der Grund liegt in der Streuung von Schlacke sowie im Granit als
Ausgangsgestein des Untergrundes, die beide als Baumaterial genutzt wurden, sowie möglicherweise eine Mehrphasigkeit in der Bebauung. Entsprechend wurden an geeigneten Stellen im Südareal der Stadt Geoelektrik- und
Georadarmessungen unternommen, die z. T. auch die Geomagnetikmessflächen abdeckten.
Um Strukturen im Untergrund in ihrer jeweiligen Tiefe erfassen zu können, bietet sich diese Methodenkombination an. So besteht die Möglichkeit,
dass durch eine gezielte Auswahl der entsprechenden Tiefenscheiben Störungen herausgefiltert und Mauerstrukturen nachgewiesen werden können.
Die Ergebnisse fließen in das aktuelle Projekt zur Rekonstruktion der Stadt
Munigua ein.
Technische Ausrüstung
Für die geoelektrische Prospektion wurde ein RM15 mit MPX15 und dem
entsprechenden Probearray PA5 des Herstellers Geoscan Reasearch verwendet. Die Messungen fanden im 1,5 m Twin-Modus mit sechs Elektroden statt
(Tiefenscheiben: 0,25 m; 0,5 m; 0,75 m; 1 m; 1,25 m; 1,5 m). Der Messpunktabstand betrug in x- und y-Richtung 0,5 m und die Bahnen wurden im
‚Zick-Zack‘-Modus gemessen. Die Datenauslesung und -verarbeitung erfolgte mit dem Programm Geoplot.
Bei den Georadarmessungen kam das Messsystem SIR3000 mit einer 400
MHz Antenne (Modell 5103) der Firma Geophysical Survey Systems Inc. zum
Einsatz. Der Messpunktabstand lag bei 0,5 m mit 59 Scans pro Meter. Die
Auswertung der Daten erfolgte mit dem Programm GPR-SLICE mit freundlicher Unterstützung durch M. Posselt (Posselt & Zickgraf Prospektionen GbR).
19 Geophysikalische Prospektionsflächen, grün: Geoelektrik und Georadar außer Feld 10 nur Geoelektrik; gelb: Georadar (Foto und Montage: R. Scholz).
Auswahl und Lage der Messflächen
Anhand der Ergebnisse der Geomagnetikprospektion des Jahres 2013 wurde
ein zentrales Untersuchungsfeld für die geoelektrischen Messungen im
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Bereich der angenommenen Kreuzung zweier Wege in östlichen Teil des Prospektionsgebietes gewählt. Die geplante Fläche für die Geoelektrikmessung
betrug 30 × 30 m und konnte beliebig erweitert werden.
Die Ausgangsfläche der Geoelektrik wurde ebenfalls mithilfe des Georadars gemessen, wodurch die Möglichkeit besteht, die Ergebnisse der vorangegangenen Geomagnetikprospektion, aber auch die der Geoelektrik- und
der Georadarprospektion in eine Interpretation einfließen zu lassen. Zudem
wurde die Ausgangsfläche um weitere Flächen ergänzt, sodass insgesamt
1000 qm geoelektrisch und 2400 qm mit dem Georadar untersucht wurden
(Abb. 19).
20 Georadarmessbild bei einer Eindringtiefe von ca. 18,28–21,7 ns und dem Grabungsschnitt 211
ca. mittig des Planes (Plan: K. Brose und R. Scholz).
Erste Ergebnisse
Die Daten der Geophysikkampagnen werden aktuell innerhalb einer Masterarbeit des Studiengangs Landschaftsarchäologie an der Freien Universität Berlin
von K. Brose bearbeitet. Daher können erste Ergebnisse nur vorläufig sein. Die
Methode der Geoelektrik hat sich in Munigua, vermutlich aufgrund der trockenen Bodenverhältnisse (auch im niederschlagsreichen Monat November)
als ungeeignet herausgestellt. Die Methode des Georadars, die besonders für
trockene Böden und für die Detektion von Mauerstrukturen geeignet ist, lieferte hingegen sehr gute Ergebnisse (Abb. 20). Die Strukturen im Radargramm
lassen sich eindeutig archäologischen Befunden zu ordnen: Es sind eine Straße und mehrere Mauerverläufe zu erkennen, die Räumen und ggf. Gebäuden
zugeordnet werden können. Ebenso ist im Radargramm auffällig, dass die Anordnung der architektonischen Befunde etwas lockerer zu sein scheint, als im
bisherigen Stadtbild von Munigua bekannt. So erweckt es den Anschein, dass
das Bebauungsmuster im Südareal nach anderen Regeln erfolgte, als im restlichen Teil der Stadt. Vielleicht wurde dieses Areal anders genutzt.
Da 2013 mithilfe der Geomagnetik mehr Flächen gemessen worden waren,
als 2015 mit der Geoelektrik und dem Georadar, wird aktuell versucht, mithilfe
des Radargramms und den darin erkennbaren archäologischen Strukturen,
die Anomalien der Geomagnetik zu filtern, um ggf. eindeutige archäologische
Strukturen im Magnetogramm nachweisen zu können. Bei diesem Prozess
werden die Ergebnisse der Neudokumentation des Schnittes 211 einbezogen.