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Fuldaer Hochschulschriften Fuldaer Hochschulschriften Im Auftrag der Theologischen Fakultät Fulda herausgegeben von Jörg Disse in Zusammenarbeit mit Richard Hartmann und Stephan Lauber Tobias Hack, Richard Hartmann, Stephan Lauber (Hrsg.) Machtmissbrauch und Gewalt – religiöse Versuchung und Versagen der Kirche echter Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http ://dnb.d-nb.de› abrufbar. 1. Auflage 2021 © 2021 Echter Verlag GmbH, Würzburg www.echter.de Gestaltung : Crossmediabureau – https ://xmediabureau.de Druck und Bindung : Pressel, Remshalden ISBN 978-3-429-05642-1 978-3-429-05161-7 (PDF) Inhalt 5 Inhalt Vorwort Richard Hartmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Machtverzicht nach dem Machtmissbrauch? Einschätzungen zum Synodalen Weg Aurica Jax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Alttestamentliche Perspektiven auf Rechtfertigung und Überwindung göttlicher Gewalt Stephan Lauber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Umstrittene Begutachtung. Machtmissbrauch in der Kirche am Beispiel des Erzbistums Köln Ute Leimgruber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Geistlicher Missbrauch. Die rasante Entwicklung eines uralten neuen Themas Katharina Kluitmann OSF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Sexueller Missbrauch als Akt der Gewalt. Notwendige Rückfragen an das Normgefüge kirchlicher Sexualmoral Tobias Hack . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Damit aus Irritationen keine Gewalt wird : der Beitrag der TZI Hermann Kügler SJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Persönliche Erfahrungen mit Machtkritik Klaus Mertes SJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 6 Inhalt Der Elefant im Zimmer. Interview zum Thema „Machtmissbrauch“ mit Herder Korrespondenz Petra Morsbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 FULDAER HOCHSCHULSCHRIFTEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 FULDAER STUDIEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 WEITERE PUBLIKATIONEN DER THEOLOGISCHEN FAKULTAET FULDA . . 223 Alttestamentliche Perspektiven 25 Alttestamentliche Perspektiven auf Rechtfertigung und Überwindung göttlicher Gewalt Stephan Lauber 1. Hinführung Das bekannte Relief mit der „Gartenszene“ (Abb. 1) zeigt den assyrischen König Assurbanipal (669–631 v. Chr.) und seine Gattin Assurscharrat in einer gepflegten Parklandschaft unter Weinranken, Nadelbäumen und Palmen. Der König hat sich in einer Laube auf einer bettartigen Liege ausgestreckt, die Königin sitzt ihm gegenüber auf einem erhöhten Thronsessel, beide trinken aus einer Schale. Um sie herum sieht man Dienerinnen, die ihnen Luft zufächeln oder lästige Insekten vertreiben, andere tragen auf Tellern Speisen herbei, etwas entfernt steht eine Harfenspielerin. Ein Detail, das sich von dieser scheinbaren Idylle erschreckend abhebt, werden die meisten Betrachter erst auf den zweiten Blick wahrnehmen : An einem Baum links etwas abseits hängt der abgeschlagene Kopf des elamitischen Königs Te’umman (ca. 664–653 v. Chr.), und auf der rechten Seite sieht man seine Hand an einen Baumstamm gesteckt – sie umklammert dabei das königliche Szepter des Toten. Te’umman hatte sich gegen die assyrische Dominanz aufgelehnt und dadurch eine Strafaktion provoziert – 653 v. Chr. wurde er mit seinem Heer in einer Schlacht am Fluss Ulāj im äußersten Südwesten des heutigen Iran vernichtend geschlagen. Eine Reliefserie in Raum XXXIII des Südwestpalasts von Ninive1 illustrierte später mit 1 Heute im Britischen Museum (BM 124801.a- c ; 124802.a- c). 26 Stephan Lauber drastischen und detailverliebten Darstellungen dieses Gemetzel. 2 Eine besondere Rolle spielt dabei das Schicksal des abgeschlagenen Kopfs Te’ummans. Die Reliefs und ihre Beischriften schildern nicht nur die Enthauptung des Königs, sondern auch den Abtransport seines Kopfs über hunderte von Kilometern nach Ninive, wo er von Assurbanipal rituell geschändet und öffentlich zur Schau gestellt wurde, bis er schließlich im Garten des Großkönigs seine letzte demütigende Verwendung fand. Die beiläufige Brutalität im Hintergrund der Gartenszene wirft ein Schlaglicht auf die kulturellen Kontexte, zu denen auch die Königreiche Israel und Juda gehörten und die daher das biblische Welt-, Menschen- und Gottesbild mitgeprägt haben. Dazu nur eine weitere Illustration der assyrischen Gewaltkultur, und zwar mit direktem Bezug zu Juda : Dem Südwestpalast von Ninive3 stammt eine Serie von 12 Reliefs, die die Belagerung, Eroberung und Plünderung der Stadt Lachisch 701 v. Chr. darstellen. Vorausgegangen war den dort abgebildeten Ereignissen eine Revolte von Kleinstaaten in der ganzen südlichen Levante, an der sich Hiskija von Jerusalem (725–697 v. Chr.) in führender Rolle beteiligt hatte. Der Assyrer Sanherib 2 Vgl. Oskar K AELIN : Ein assyrisches Bildexperiment nach ägyptischem Vorbild : Zu Planung und Ausführung der „Schlacht am Ulai“. Münster : Ugarit-Verlag, 1999 (AOAT ; 266) ; außerdem etwa Gerlinde BAUMANN : Gottesbilder der Gewalt im Alten Testament verstehen. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2006, S. 87–88 ; Erasmus GAß : Gewalt gegen Feinde im Landnahmekontext am Beispiel der Adonibezeq-Episode. In : Irmtraud FISCHER (Hrsg.) : Macht – Gewalt – Krieg im Alten Testament : Gesellschaftliche Problematik und das Problem ihrer Repräsentation. Freiburg i. Br. : Herder, 2013 (QD ; 254), S. 83–170, hier S. 132–135. 3 Heute im Britischen Museum (BM 124904–124915). Alttestamentliche Perspektiven Abb. 1. Relief aus Raum S im Nordpalast von Ninive (BM 124920) © Trustees of the British Museum 27 28 Stephan Lauber Abb. 2. Ausschnitt aus den Lachisch-Reliefs (BM 124909) © Trustees of the British Museum Alttestamentliche Perspektiven 29 (705–681 v. Chr.) erstickte diesen Aufstand mit einer unerbittlichen Strafexpedition, durch die die Abhängigkeitsund Vasallitätsverhältnisse in kürzester Zeit wieder hergestellt wurden. Juda traf diese Kampagne mit besonderer Härte : Nach dem auf drei Ton-Prismen erhaltenen Bericht Sanheribs über diesen Feldzug4 nahm er dort 46 Städte ein, darunter zwar – aus teilweise unklaren Gründen – nicht die Hauptstadt Jerusalem, aber doch die bedeutende Festung von Lachisch.5 Ein Detail der Reliefs lässt auch hier die Grausamkeit der assyrischen Kriegsführung in aller Deutlichkeit erkennen (Abb. 2) : Es zeigt, wie die Männer, die man offensichtlichfür die Anführer der Aufständischen von Lachisch hält, von Soldaten zur Strafe und Abschreckung gehäutet werden – eine der üblichen Maßnahmen im Arsenal des Terrors gegenüber besiegten Feinden.6 In derartigen Darstellungen der königsideologischen Propaganda verdichtet sich, was seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. mit der aggressiven assyrischen Expansion nach Westen für Israel eine unterschiedlich akute, aber spätestens seit dem 8. Jahrhundert immer ganze reale Bedrohung 4 Vgl. etwa die Übersetzung von Kol. II 37-III 49 des Prismas im Chicago Oriental Institute bei Manfred WEIPPERT : Historisches Textbuch zum Alten Testament. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2010 (GAT ; 10), S. 329–333. 5 Vgl. Erasmus GAß : Im Strudel der assyrischen Krise : Ein Beispiel biblischer Geschichtsschreibung. Neukirchen-Vluyn : Neukirchener Verlagsgesellschaft, 2016 (BThS ; 166), S. 92–153 ; außerdem etwa Eckart O TTO : Krieg und Frieden in der hebräischen Bibel und im alten Orient : Aspekte für eine Friedensordnung in der Moderne. Stuttgart : Kohlhammer, 1999 (Theologie und Frieden ; 18), S. 68–71 ; Othmar K EEL : Die Geschichte Jerusalems und die Entstehung des Monotheismus. 1. Teil. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2007 (OLB ; IV,1), S. 437–471. 6 Vgl. dazu GAß : Gewalt (wie Anm. 2), S. 114–152. 30 Stephan Lauber war, die ihren Höhepunkt in der Eroberung des Nordreichs 722 v. Chr. fand. Und natürlich war Assur bei weitem nicht die einzige Bedrohung im Lauf der biblischen Geschichte : Ägypter, Philister, Aramäer, Babylonier, Perser, Griechen und Römer unterschieden sich, was ihre Entschlossenheit und die Wahl der Mittel angeht, kaum. Gewalt und Krieg, die Erfahrungen von Gefährdung, Unterwerfung und Unfreiheit und ein Lebensgefühl ständiger Bedrohung – das war für die Menschen des Alten Orients nicht die Ausnahme, sondern die Regel und über die Jahrhunderte der Geschichte Israels und Judas eine im Kern unveränderte prägende Realität. Wenn die Vorstellung von Gott angesichts dieser Lebensrealität Relevanz und Deutungskraft entfalten sollte, musste sie den Aspekt der Gewalt notwendig integrieren oder zumindest eine Verhältnisbestimmung zu der ständigen Gefahr von Gewalt ermöglichen. Die Rede von einem gewaltlosen und damit ohnmächtigen Gott wäre unter diesen Bedingungen zwangsläufig als kraftlose Fiktion empfunden worden, von der im Entscheidenden kein Beistand zu erwarten ist.7 7 Vgl. zur Gewalterfahrung als Motivation gewalthaltiger Gottesbilder etwa BAUMANN : Gottesbilder (wie Anm. 2), bes. S. 79–83 ; speziell in Jesaja : Bernd OBERMAYER : Göttliche Gewalt im Buch Jesaja : Untersuchung zur Semantik und literarischen Funktion eines theologisch herausfordernden Aspekts im Gottesbild. Göttingen : V&R unipress, 2014 (BBB ; 170), bes. S. 334–335. Vgl. außerdem zum Motiv der Klage über die Macht der (prototypischen, individuellen, kollektiven) Feinde und der Hoffnung auf den Beistand JHWHs etwa Othmar K EEL : Feinde und Gottesleugner : Studien zum Image der Widersacher in den Individualpsalmen. Stuttgart : Katholisches Bibelwerk, 1969 (SBM ; 7), bes. S. 85–90 ; Erich ZENGER : Psalmen : Auslegungen. 4. Ein Gott der Rache? : Feindpsalmen verstehen. Freiburg i. Br. : Herder, 22003, bes. S. 129–163 ; zur Entwicklungsgeschichte der Vorstellung einer universalen Königsherrschaft JHWHs und der Überwindung der Feindvölker etwa Otto K AISER : Der eine Gott Israels Alttestamentliche Perspektiven 31 Aus heutiger Perspektive wirken gewalttätige Züge des biblischen Gottesbildes dagegen hochproblematisch.8 Wir blicken auf eine lange Wirkungsgeschichte der entsprechenden Texte zurück und wissen auch um ihre Verwendung zur Legitimation religiöser Gewalt – bis in unsere Gegenwart. Allerdings ist der Begriff der „Gewalt“ selbst uneindeutiger und vielschichtiger, als es die spontanen ablehnend-negativen Assoziationen denken lassen. Deshalb zunächst einige Begriffsklärungen : 2. Begriffsklärungen Mit dem deutschen Begriff „Gewalt“ ist keine Unterscheidung getroffen zwischen der Ausübung legitimer Macht, die lateinisch als potestas bezeichnet wird, und illegitimer Gewalt, die darauf abzielt, andere zu schädigen oder zu vernichten, und lateinisch violentia heißt.9 und die Mächte der Welt : Der Weg Gottes im Alten Testament vom Herrn seines Volkes zum Herrn der ganzen Welt. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2013 (FRLANT ; 249), S. 135–171. 8 Vgl. zum Problem und Forschungsstand BAUMANN : Gottesbilder (wie Anm. 2), S. 9–83 ; DIES. : Gewalt im Alten Testament : Grundlinien der Forschung – hermeneutische Überlegungen – Anregungen. In : FISCHER : Macht – Gewalt – Krieg (wie Anm. 2), S. 29–52 ; OBERMAYER : Gewalt (wie Anm. 7), S. 13–26. 9 Vgl. Peter I MBUSCH : Der Gewaltbegriff. In : Wilhelm H EITMEYER ; John H AGAN (Hrsg.) : Internationales Handbuch der Gewaltforschung. Wiesbaden : Westdeutscher Verlag, 2002, S. 26–57. Außerdem etwa Wolfgang L IENEMANN : Kritik der Gewalt : Unterscheidungen und Klärungen. In : Walter DIETRICH ; DERS. (Hrsg.) : Gewalt wahrnehmen – von Gewalt heilen : Theologische und religionswissenschaftliche Perspektiven. Stuttgart : Kohlhammer, 2004, S. 10–30 ; Bernd JANOWSKI : Ein Gott, der straft und tötet? : Zwölf Fragen zum Gottesbild des Alten Testaments. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 32018, S. 95. 32 Stephan Lauber Macht / potestas ist die notwendige Voraussetzung, dass jemand strategische und politische Entscheidungen treffen und dann auch durchsetzen kann. Sie beruht auf der grundsätzlichen Akzeptanz durch einen gesellschaftlichen Konsens darüber, wie Macht angeeignet und repräsentiert werden darf, mit welchen Mitteln sie auszuüben ist und welche Ziele sie mit welchen Intentionen realisieren soll. Nicht selten wird diese Akzeptanz freilich erst durch eine Verschleierung faktischer Gewaltanwendung erreicht. Grundformen solcher legitimer Gewalt sind die Durchsetzung der staatlichen Ordnung und ihrer Institutionen, um politische Unordnung zu beseitigen oder zu verhindern, außerdem – im biblischen Horizont – Zwangsmaßnahmen im Krieg, bei der Rechtsprechung, in der Erziehung und auch die Darbringung von Tieropfern. Illegitime Gewalt / violentia dagegen ist – zumindest nach heutigem Bewusstseinsstand – vor allem durch physischen oder psychischen Zwang gekennzeichnet, d. h. sie wird unter Anwendung überlegener Mittel immer gegen den Willen und das Wohl der Betroffenen durchgesetzt. Sie will die Opfer schädigen, erniedrigen oder sogar töten, um dadurch einen Vorteil des Gewalttäters zu erreichen. Dabei ist das Urteil darüber, was legitime Machtausübung bedeutet und was illegitimen Zwang darstellt, natürlich in vielen Fällen abhängig vom historisch-kontingenten Wertesystem der Akteure und vor allem von der Perspektive – die Dinge stellen sich anders dar aus Sicht der Täter und der der Opfer. Nur ein Hinweis dazu :10 10 Vgl. Andreas FUCHS : Waren die Assyrer grausam? In : Martin ZIMMERMANN (Hrsg.) : Extreme Formen von Gewalt in Bild und Text des Altertums. München : Utz, 2009 (Münchner Studien zur Alten Welt ; 5), S. 65–119, hier S. 111–113. Alttestamentliche Perspektiven 33 Die assyrische Gesellschaft besaß ein Rechtswesen, das Exzesse wie die, die auf den Reliefs der in den Palästen von Nimrud und Ninive dargestellt sind, im Alltagsleben streng unter Strafe stellte. Allgemein akzeptiert und deswegen auch tauglich für die königsideologische Selbstdarstellung war die Anwendung drastischster Gewalt dagegen, wenn sie sich gegen feindliche Ausländer richtete oder – schlimmer noch – gegen Rebellen. Als gerechte Sanktion ihres Vertragsbruchs hatten sie sich aus assyrischer Perspektive ihre Behandlung selbst zuzuschreiben. In diesem Kontext wurde eigentlich illegitime, verbotene Gewalt als legitim und sogar als geboten betrachtet. 3. Gewalt als Handlungs- und Erscheinungsweise Gottes In welches Verhältnis lässt die Hebräische Bibel nun Gott zur Gewalt treten? Wie erzählt sie konkret von seinem Gewalthandeln und wie begründet und rechtfertigt sie es als legitime Gewalt? Wie steht es um die Beziehung Gottes zu ungerechtfertigter, illegitimer Gewalt? Exemplarisch sollen dazu einige aussagekräftige Textbereiche in den Blick genommen werden. a. Gott als Krieger für sein Volk An drei Stellen wird der Gott Israels explizit als „Krieger“ bezeichnet und damit mit der offensichtlichsten Form von gesellschaftlicher Gewalt in Verbindung gebracht.11 11 Vgl. Johannes SCHNOCKS : Das Alte Testament und die Gewalt : Studien zu göttlicher und menschlicher Gewalt in alttestamentlichen Texten und ihren Rezeptionen. Neukirchen-Vluyn : Neukirchener Verlagsgesellschaft, 2014 (WMANT ; 136), S. 16–20 ; Christoph 34 Stephan Lauber Zwei dieser Belege (Jes 42,13 [‫ ; ]כאיש מלחמות‬Ps 24,8 [‫ )]גבור מלחמה‬verwenden die Bezeichnung in einem eher metaphorischen Sinn, um die Tatkraft und Durchsetzungsfähigkeit JHWHs zu prädizieren. Das dritte Vorkommen im Schilfmeerlied Ex 15 zeichnet JHWH dagegen eindeutig als tatsächlichen Akteur in einer militärischen Auseinandersetzung. In der Erzählung des Exodus-Buches feiern die Israeliten mit diesem Lied ihre Rettung : Gerade erst in das Wagnis der – ebenfalls nur durch die göttliche Gewaltanwendung, nämlich die Tötung der ägyptischen Erstgeburt (vgl. Ex 12), errungenen – Freiheit gerufen, sind sie der feindlichen Streitmacht Ägyptens wehrlos ausgeliefert und entkommen dem Untergang nur durch das gewaltsame Eintreten JHWHs. Seine Gewalt erweist sich der Gewaltmacht der Unterdrücker als überlegen : Er ist Krieger für Israel, und – wie V. 3 in einer pointierten hymnischen Kurzformel formuliert – diese Eigenschaft ist von jetzt an eingeschlossen, wenn sein Name genannt wird :12 Ex 15,3a b JHWH ist ein Kriegsmann (‫)איש מלחמה‬, JHWH ist sein Name.13 Nach der Schilderung der grundlegenden Rettungserfahrung am Schilfmeer in V. 3–6 leitet das Lied dann in V. 7–11 über zu Aussagen, die diese einmalige Rettung als einen Erweis für JHWHs Unvergleichbarkeit (vgl. V. 11a.b : ‫„ מי־כמכה‬Wer ist wie du?“) deuten, die sich in seiner grundDOHMEN : Exodus 1–18. Freiburg i. Br. : Herder, 2015 (HThKAT), S. 334–367. 12 Vgl. Martin NOTH : Das zweite Buch Mose : Exodus. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 41968 (ATD ; 5), S. 98. 13 Wiedergabe der biblischen Zitate in eigener Übersetzung mit Satzabgrenzungen nach Wolfgang R ICHTER (Hrsg.) : Biblia Hebraica transcripta. 16 Bde. St. Ottilien : EOS, 1991–1993 (ATSAT ; 33,1–16). Alttestamentliche Perspektiven 35 sätzlichen Überlegenheit über alle seine Feinde manifestiert. V. 12–17 ziehen daraus die Konsequenz, wenn in einem zeitlichen Sprung in die weite Zukunft von der Führung Israels in das Verheißungsland die Rede ist. Es wird vom Schrecken berichtet, der die „Bewohner Philistäas“ (V. 14), die „Fürsten Edoms“, die „Mächtigen Moabs“ und generell die „Einwohner Kanaans“ (V. 15) erfasst, als sie die überlegene Stärke JHWHs erkennen müssen, der sein Volk einziehen lässt in das Land, das bisher ihnen gehört hatte. Damit sind die Wanderung zum verheißenen Land und dessen gewaltsame Inbesitznahme als die Folge und Vollendung des Rettungshandelns JHWHs verstanden, das mit dem vernichtenden Sieg über Ägypten begonnen hat. Die Lebensmöglichkeiten Israels verdanken sich also der gewaltsamen Durchsetzung seiner Ansprüche durch JHWH – und das wird hier gedeutet als durch und durch legitime, sogar alternativlose Anwendung von Gewalt. Ausführlich berichtet wird von der kriegerischen Landnahme, die der Sieg am Schilfmeer in kanonischer Perspektive eröffnet, in den Büchern Deuteronomium und vor allem Josua. Die Endfassung der Darstellung adaptiert dabei Erfahrungen mit assyrischer Kriegspraxis und verrät Kenntnisse von Topoi der assyrischen Königspropaganda.14 Vor allem ist die Rolle JHWHs – zumindest in einigen Aspekten – nach der Funktion und Aufgabe des assyrischen Staatsgottes Assur modelliert, der die göttliche Verkörperung der Ideale des assyrischen Staates war – 14 Vgl. etwa BAUMANN : Gottesbilder (wie Anm. 2), S. 84–99 ; GAß : Gewalt (wie Anm. 2), S. 110–111 ; O TTO : Krieg (wie Anm. 5), S. 86–107 ; DERS. : Deuteronomium 12,1–23,15. Freiburg i. Br. : Herder, 2016 (HThKAT), S. 1598–1604. 36 Stephan Lauber und das hieß seit der Mitte des 2. Jahrtausends, dass er ein Gott des Krieges und der Eroberung ist.15 Der Großkönig verstand sich dabei als das Werkzeug Assurs bei der Durchsetzung von dessen Weltherrschaftsanspruch. Ganz analog konzipiert etwa die Gottesrede in Jos 1,1–9 das Verhältnis zwischen Josua und JHWH in einem Heilsorakel, das ebenfalls assyrische Vorbilder hat16 und im Zuspruch JHWHs : „Fürchte dich nicht!“ (V. 9d) kulminiert – Josua soll im Auftrag JHWHs und in Abhängigkeit von ihm handeln, denn JHWH ist der Garant seines Erfolgs :17 Jos 1,5a Niemand wird sich dir gegenüber behaupten können, solange du lebst. b Wie ich mit Mose war, c so will ich auch mit dir sein. d Ich lasse dich nicht fallen e und verlasse dich nicht. 6a Sei mutig, b und sei stark! c Denn du sollst diesem Volk das Land zum Besitz geben, cR von dem ich ihren Vätern geschworen habe, es ihnen zu geben. […] 15 Vgl. Wilfred G. L AMBERT : Assyrien und Israel. In : TRE 3. Berlin : de Gruyter, 1993, S. 265–277, hier S. 267. 16 Vgl. Ernst Axel K NAUF : Josua. Zürich : Theologischer Verlag Zürich, 2008 (ZBK.AT ; 6), S. 44 ; außerdem Manfred WEIPPERT : „Ich bin Jahwe“ – „Ich bin Ištar von Arbela“ : Deuterojesaja im Lichte der neuassyrischen Prophetie. In : Beat HUWYLER ; Hans- Peter M ATHYS ; Beat WEBER (Hrsg.) : Prophetie und Psalmen / Festschrift Klaus SEYBOLD. Münster : Ugarit-Verlag, 2001 (AOAT ; 280), S. 31–59, hier S. 37–42. 17 Zur Redaktionsgeschichte von Jos 1 vgl. etwa K NAUF : Josua (wie Anm. 16), S. 40–42, mit der Zuweisung von 1,1–6* und 1,7–9 zu verschiedenen Redaktionen. Alttestamentliche Perspektiven 9a b c d e f fR 37 Habe ich dir nicht befohlen : Sei mutig, und sei stark? Fürchte dich also nicht, und hab keine Angst ; denn JHWH, dein Gott, ist mit dir bei allem, was du unternimmst. Um diese Stilisierung des Eroberungskampfes der israelitischen Stämme nach assyrischem Vorbild richtig einordnen zu können, muss sie vor dem Hintergrund ihrer Entstehungsumstände gelesen werden : Die Erzählung über die kriegerische Landnahme fand ihre wesentliche literarische Form in der Exilszeit und ist eine Reaktion auf die Katastrophenerfahrung von Untergang und Vertreibung, von Landverlust und äußerster Machtlosigkeit. Die Texte sind also von Anfang an nicht als historische Tatsachenbeschreibung angelegt, sondern als ein fiktionales Aufbegehren gegen die tatsächlich erlebte Unterdrückung. Dazu erzählen sie gegen die faktische Wirklichkeit von Gottes überlegener Gewalt, mit der er alle Widerstände überwindet, indem er selbst eintritt in die Rolle der Gewalthaber, unter denen Israel Jahrhunderte seiner Geschichte zu leiden hatte. Die Erzähler wollen in trostloser Lage Mut und Hoffnung zusprechen, das Vertrauen in Gottes Wirkmacht erneuern, indem sie ihn als nicht nur ebenbürtige, sondern überlegene Gewaltmacht inszenieren.18 18 Zu der demselben Zweck dienenden metaphorischen Prädikation JHWHs als „Krieger“ in der Gebetssprache des Psalters vgl. etwa Martin K LINGBEIL : Yahweh Fighting from Heaven : God as Warrior and as God of Heaven in the Hebrew Psalter and Ancient Near Eastern Iconography. Freiburg (CH) : University Press, 1999 (OBO ; 169), besonders S. 28–37.302–310. 38 Stephan Lauber Ernste theologische Schwierigkeiten bereitet heute freilich, dass damit und vor allem mit der Stilisierung JHWHs nach dem Vorbild der assyrischen Großkönige, die unbedingte Vasallentreue einfordern und andernfalls mit rigorosen Sanktionen drohen, der Gottesvorstellung ein fanatisch-intoleranter Zug eingeschrieben wird.19 Allerdings spricht gegen die Lesart, dass die kriegerischen Berichte eine Handlungsempfehlung geben wollen, selbst gewalttätig zu werden, nicht nur die vollkommene Machtlosigkeit der primären Adressaten, für die jede Art von kämpferischen Unternehmungen ganz und gar ausgeschlossen war. Auch die Gegner, um die es da geht – „Hetiter, Girgaschiter und Amoriter, Kanaaniter und Perisiter, Hiwiter und Jebusiter“ (Dtn 7,1) – waren zur Zeit der Abfassung nur noch blasse Erinnerungen an längst vergangene historische Größen. Sie haben lediglich die literarische Funktion, die Versuchungen des Unglaubens zu illustrieren, vor der sich das Ideal des Glaubens an JHWH umso strahlender abheben sollte. 20 Dass die Texte in ihrer späteren Rezeptionsgeschichte auch zur religiösen Legiti19 Was Jan Assmann in mehreren viel beachteten Veröffentlichungen, die eine breite Diskussion ausgelöst haben, als – neben anderen Faktoren und Einflüssen – einen „Geburtsfehler des Monotheismus“ beschreibt, vgl. unter anderem Jan A SSMANN : Die Mosaische Unterscheidung : oder der Preis des Monotheismus. München : Carl Hanser, 2003, besonders S. 19–37 ; DERS. : Monotheismus und die Sprache der Gewalt. In : Peter WALTER (Hrsg.) : Das Gewaltpotential des Monotheismus und der dreieine Gott. Freiburg i. Br. : Herder, 2005 (QD ; 216), S. 18–38, besonders S. 21–30 ; DERS : Exodus : Die Revolution der Alten Welt. München : C. H. Beck, 22015, S. 106–119.249–256 ; DERS. : Totale Religion : Ursprünge und Formen puritanischer Verschärfung. Wien : Picus, 2016, S. 29–57.119–125. 20 Vgl. etwa Eckart O TTO : Theologische Ethik des Alten Testaments. Stuttgart : Kohlhammer, 1994 (Theologische Wissenschaft ; 3,2), S. 199–202 ; DERS. : Krieg (wie Anm. 5), S. 106–107. Alttestamentliche Perspektiven 39 mation von Gewalt herangezogen und missbraucht wurden, ist jedoch nicht zu beschönigen und als ein Sinnpotential in ihnen offenkundig zumindest angelegt.21 b. Gottes Gewalt gegen sein Volk Eine weitere Tradition, die Gott mit der Ausübung von Gewalt in Verbindung bringt, findet sich vor allem im Deuteronomistischen Geschichtswerk (DtrG) und in den Prophetenbüchern : Gott wendet Gewalt gegen sein eigenes Volk an oder lässt sie zumindest zu. Unter dem Eindruck der ständigen existenzbedrohenden Gefährdung durch die übermächtigen aggressiven Großmächte – zuerst der Assyrer und später der Babylonier – entsteht das Lebensgefühl, sich in einer grundsätzlichen Unheilssituation zu bewegen, die sich unabwendbar in einer Katastrophe entladen wird. Die Ursache dieses bedrohlichen Verhängnisses deuten die Schriftpropheten des 8. und 7. Jahrhunderts im Horizont des weisheitlichen Prinzips vom TunErgehen-Zusammenhangs : Unheil und Gericht sind – ohne die Bereitschaft zur radikalen Umkehr – zwangsläufige Konsequenz aus Israels eigenem Versagen und eigener Schuld. Diese Schuld sehen die Propheten beim ganzen Volk, und zwar vor allem aus zwei Gründen, nämlich wegen der gravierenden sozialen Missstände von Ausbeutung und Unterdrückung und wegen des ständigen Abfalls von JHWH durch die Verehrung anderer Götter, was eine Missachtung seiner Lebensgaben bedeutet. 21 Vgl. dazu etwa Thomas STAUBLI : Antikanaanismus : Ein biblisches Reinheitskonzept mit globalen Folgen. In : Peter BURSCHEL ; Christoph M ARX (Hrsg.) : Reinheit. Wien : Böhlau, 2011 (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Anthropologie e. V. ; 12), S. 349–387. 40 Stephan Lauber Gottes Rolle und Aufgabe ist es dabei, als Garant der Gerechtigkeit das Eintreten der schlimmen Folge aus der bösen Tat zu ratifizieren, das hereinbrechende Unheil als Gericht zuzulassen und zu realisieren. Um das zu beschreiben und ins Wort zu bringen, werden unter anderem zwei Motivkreise verwandt : der vom „Tag JHWHs“ und der von seinem „Zorn“. Mit dem „Tag JHWHs“22 war in der Frühzeit Israels die Vorstellung verbunden, dass Gott am Tag des Kampfs und der Schlacht – unter theophanen Begleiterscheinungen – kriegerisch für Israel gegen dessen Feinde eingreift und für den Sieg sorgt.23 Amos kehrt dieses Konzept als erster gegen Israel und erklärt den bevorstehenden JHWH-Tag zu einem Tag des Unheils und der Heimsuchung : Am 5,18a Wehe denen, die den Tag JHWHs (‫)את־יום יהוה‬ herbeisehnen! b Wozu soll euch nützen der Tag JHWHs? c Er (ist) Finsternis d und nicht Licht! 19a (Er ist,) wie wenn ein Mann vor dem Löwen flieht b und ihn dann ein Bär überfällt, c und (wie wenn) er dann nach Hause kommt 22 Vgl. etwa Hans- Peter MÜLLER : Jahwetag. In : NBL 2. Zürich : Benziger, 1995, Sp. 266–268 ; Hubert I RSIGLER : Zefanja. Freiburg i. Br. : Herder, 2002 (HThKAT), S. 122–130 ; Jörg JEREMIAS : Theologie des Alten Testaments. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2015 (GAT ; 6), S. 402–407. 23 Vgl. I RSIGLER : Zefanja (wie Anm. 22), S. 129 : Beispiele für diese Vorstellung sind die älteste Schicht der Meerwundererzählung Ex 14,14.25, das Deboralied Ri 5, die Gideonüberlieferung vom Kampf der Israeliten gegen die Midianiter in Ri 6–7, der Kampf Davids gegen die Philister nach 2Sam 5,17–25 oder der Kampf Josuas gegen die Kanaaniter- Könige in Jos 10. Alttestamentliche Perspektiven d e 20a b c d 41 und seine Hand auf die Mauer stützt, und ihn die Schlange beißt. Ist etwa nicht Finsternis der Tag JHWHs und kein Licht, und (ist er nicht) dunkel und ohne Glanz? Keine lichtvolle Theophanie also, sondern unheilvolle Finsternis, wenn Gott sein eigenes Volk bekriegt und so dessen Versagen vollstreckt. In ähnlicher Weise wie für Amos ist der JHWH-Tag dann bei Jesaja, Ezechiel, Joel und Zefanja gegen Israel gerichtet, 24 bis er nach dem Exil in eschatologischen Ankündigungen zu einer Chiffre für die Bestrafung aller Völker und damit von neuem zu einem Rettungstag für Israel wird. Der früheste Beleg für die Verbindung des JHWHTags mit dem zweiten (schwerpunktmäßig in exilischnachexilischen Texten verwendeten) Motiv vom göttlichen „Zorn“25 findet sich in Zef 1,14–16 (vgl. außerdem 2,2–3), einer Unheilsankündigung gegen Juda und Jerusalem, die die Redaktoren des Buches durch den Untergang 587 v. Chr. bestätigt sehen werden : 24 Vgl. MÜLLER : Jahwetag (wie Anm. 22), Sp. 267 : Jes 2,12–17, Ez 7 ; Joel 2,1–11 ; Zef 1,2–18 ; 2,1–3 ; 3,6–8. 25 Vgl. Ulrich BERGES : Der Zorn Gottes in der Prophetie und Poesie Israels auf dem Hintergrund altorientalischer Vorstellungen. In : Biblica 85 (2004), S. 305–330 ; DERS. : Klagelieder. Freiburg i. Br. : Herder, 2002 (HThKAT), S. 111–114 ; Jörg JEREMIAS : Der Zorn Gottes im Alten Testament : Das biblische Israel zwischen Verwerfung und Erwählung. Neukirchen-Vluyn : Neukirchener Verlagsgesellschaft, 22011 (BThSt ; 104), besonders S. 112–120 ; DERS. : Theologie (wie Anm. 22), S. 285–301 ; Hubert I RSIGLER : Gottesbilder des Alten Testaments : Von Israels Anfängen bis zum Ende der exilischen Epoche. Teilband II. Freiburg i. Br. : Herder, 2021, S. 885–886. 42 Stephan Lauber Zef 1,14a b c d 15a b c d e 16 Nahe ist der große Tag JHWHs (‫)יום־יהוה הגדול‬ nahe und sehr schnell! Horch, der Tag JHWHs! Bitter schreit auf ein Held! Tag des Zorns (‫ )יום עברה‬ist jener Tag, Tag der Drangsal und Bedrängnis, Tag der Vernichtung und Verwüstung, Tag der Dunkelheit und der Finsternis, Tag des Gewölks und Wolkendunkels, Tag des Widderhorns und Kriegsgeschreis gegen die ummauerten Städte und gegen die hochragenden Zinnen. Begründet wird der sich unheilvoll ankündigende Zornestag in der folgenden, später hinzugefügten Gottesrede in V. 17–18* durch die Sünde der Menschen, die zum Opfer des bevorstehenden Schreckenstags werden sollen. 26 Zef 1,17a Ich werde den Menschen ängstigen, b und sie werden herumlaufen wie Blinde, c denn gegen JHWH haben sie gesündigt (‫חטא‬-G). Ganz gezielt wird das Motiv des Gotteszorns über menschliches Versagen von den deuteronomistischen Theologen zur Deutung für den Untergang Judas und das Ende der Monarchie eingesetzt.27 Ein aussagekräftiger Beleg dafür ist die Begründung für die hereinbrechende Katastrophe am Ende des Berichts über die Regierung Joschijas (640– 609 v. Chr.) : 26 Vgl. I RSIGLER : Zefanja (wie Anm. 22), S. 165–188, der die Begründung des göttlichen Gerichts in V. 17c als Glosse zum Grundtext V. 17a–b.d–e.18a bestimmt. 27 Vgl. JEREMIAS : Zorn (wie Anm. 25), S. 46–77. Alttestamentliche Perspektiven 43 2Kön 23,26a Aber JHWH ließ nicht ab von der gewaltigen Glut seines Zorns, aR mit der sein Zorn über Juda entbrannt war wegen all der Kränkungen, aRR mit denen Manasse ihn gekränkt hatte. Die Frevel des assurhörigen Manasse (696–642 v. Chr.) hatten eine Dynamik in Gang gesetzt, die nicht mehr aufzuhalten war und wie in einem zwangsläufigen Prozess den Untergang zur Folge hatte. Im Blick auf Gott, den Vollstrecker dieses Zusammenhangs von Schuld und Untergang, stellt sich diese Unausweichlichkeit als sein gerechter und unabwendbarer „Zorn“ über das Unrecht dar.28 Weil hier die Rede vom „Zorn“ Gottes in einer zwar nicht offen geführten, aber im Hintergrund greifbaren Diskussion als Argument eingesetzt wird, lässt sich an dieser Stelle der Sinn und die Funktion der Motive illustrieren, die Gott als Gewalttäter gegen sein eigenes Volk zeichnen : Da für die Verfasser und Redaktoren des DtrG Joschija die Idealverkörperung des JHWH-treuen Königs und seine Regentschaft der Höhepunkt der Königsgeschichte schlechthin bedeutete, war die Tatsache, dass ausgerechnet Joschija einen gewaltsamen Tod fand und Jerusalem wenige Jahre später von den Babyloniern zerstört wurde, schwierig zu erklären. Im Horizont des Tun-Ergehen-Zusammenhangs, des hermeneutischen Schlüssels zur Deutung der Volksgeschichte, ist kaum nachvollziehbar, wieso der Untergang historisch gerade auf die entschiedenste Bereitschaft zur Durchsetzung des Gotteswillens folgte. Die 28 Vgl. etwa Rainer A LBERTZ : Die Exilszeit : 6. Jahrhundert v. Chr. Stuttgart : Kohlhammer, 2002 (BE ; 7), S. 229–231 ; Jürgen WERLITZ : Die Bücher der Könige. Stuttgart : Verlag Katholisches Bibelwerk, 2002 (NSK.AT ; 8), S. 311–312. 44 Stephan Lauber Auskunft, dass die Sünde Manasses so weichenstellend war, dass auch der mustergültige Joschija den Zusammenhang von böser Tat und verdienter Tatfolge nicht mehr abwenden konnte, ist für sich genommen nur eine notdürftige Rettung des Deutungsprinzips. Indem durch die anthropomorphe Rede vom unstillbaren „Zorn“ Gottes der Grund für die Katastrophe aber zugleich in Gott verankert wird, erfährt die erlittene sinnlose Gewalt zumindest eine partielle Zuschreibung von Sinn – sie soll verstanden werden als Ergebnis der Geschichtswirksamkeit JHWHs. Und damit ist zugleich eine Möglichkeit zur Bewältigung der Gewalterfahrung eröffnet : Die konkreten Ereignisse der menschlichen Gewaltgeschichte sind nicht ohne Bezug zu Gott und seinem Willen, der sich auch darin als der Souverän jeder Wirklichkeit erweist. Diese Grundüberzeugung von der sinnstiftenden Anwesenheit Gottes in aller menschlichen Erfahrung – auch der grausamen und dunklen – war nach dem Exil eine Voraussetzung dafür, auf Gott als den verlässlichen Garanten für die Wiedererstehung und den Neuanfang bauen zu können – auf die Heilswende nach dem vollzogenen Zorn. c. Gott als persönlicher Feind Noch ein dritter wesentlicher Themenkomplex, der Gott als Gewalttäter auffasst, lässt sich ausmachen. 29 In manchen Klagepsalmen, 30 den Klageliedern und im Buch Ijob wird Gott – teilweise ebenfalls unter Verwendung des Motivs seines „Zorns“ – als Verursacher von Leid angespro29 Vgl. etwa BERGES : Zorn (wie Anm. 25), S. 321–325 ; BAUMANN : Gottesbilder (wie Anm. 2), S. 138–154 ; JEREMIAS : Zorn (wie Anm. 25), S. 29–45 ; SCHNOCKS : Testament (wie Anm. 11), S. 20–25. 30 BERGES : Zorn (wie Anm. 25), S. 323, nennt Ps 6 ; 27 ; 30 ; 77 ; 88 ; 102. Alttestamentliche Perspektiven 45 chen, das ihn geradezu als persönlichen Feind, jedenfalls als teilnahmslosen Zuschauer menschlicher Verzweiflung erscheinen lässt. Ein Beispiel ist die vorwurfsvolle Klage aus dem Ijob-Buch : Ijob 7,17a b c 18a b 19a b 20a b c d Was ist der Mensch, dass du ihn groß machst und dass du richtest auf ihn dein Herz und dass du ihn musterst31 (‫פקד‬-G) Morgen für Morgen, zu (allen) Momenten ihn prüfst? Warum schaust du nicht von mir weg, lässt mich nicht los, dass ich wenigstens meinen Speichel schlucken kann? Habe ich gesündigt? Was habe ich dir getan, Menschenwächter? Warum hast du mich aufgestellt zur Zielscheibe für dich, so dass ich für mich selbst zur Last bin? Die Verse sind eine bittere Parodie auf den hochgestimmten Psalm 8.32 Dort staunt der Beter voller Dankbarkeit, dass Gott den Menschen, der ein Nichts ist gemessen an der gewaltigen Größe des Kosmos, mit der Würde eines 31 Die Wurzel ‫פקד‬-G hat die Grundbedeutung „sich kümmern“ / „auf etwas schauen“ und kann mit Gott als Subjekt die Konnotation heilvoller Zuwendung (vgl. Ps 8,5d), aber auch bedrückender Heimsuchung (wie in Ijob 7,18a), die die Verwendung in militärischem („mustern“) oder richterlichem („ahnden“ / „heimsuchen“) Kontext assoziiert, annehmen, vgl. Willy SCHOTTROFF, Art. ‫פקד‬. In : THAT 2. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 62006, Sp. 466– 486, hier Sp. 477–479. 32 Vgl. nur etwa Norman C. H ABEL : The Book of Job : A Commentary. Philadelphia, PA : Westminster Press, 1985 (OTL), S. 164–165. 46 Stephan Lauber Königs ausgestattet hat, dass er ihn zum Herrscher über die Werke seiner Schöpfung gemacht hat. Für Ijob dagegen ist der Gedanke an Gott absolut kein Grund zur Dankbarkeit, denn er fühlt sich von Gott nicht zum Leben ermächtigt, sondern zum Lebenmüssen verurteilt und dann von ihm verfolgt, bedrückt und gequält. Was ist der Mensch?, fragt er Gott, dass der ihn groß macht – allerdings nicht groß macht, indem er ihn zu seiner eigenen Größe erhebt, wie der Beter von Ps 8 das empfindet, sondern indem er ihn zur Zielscheibe und zum Opfer eines „unverhältnismäßig großen Aufwand[s] an feindseliger Aufmerksamkeit“33 macht – ohne auch nur den kleinen Moment von ihm abzulassen, den es braucht, den eigenen Speichel hinunterzuschlucken zu können. Ijob nimmt Gott wegen seiner Untätigkeit deshalb selbst als Verursacher von Gewalt und Anfeindung wahr – eine düstere Anfechtung des Glaubens, auf die das Ijob-Buch (nach dem Verständnis vieler Interpreten) keine wirkliche Antwort findet.34 Ein besonders eindringliches Zeugnis der Erschütterung unter dem Eindruck der Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. sind die Verse aus den Klageliedern : Klgl 2,20a aV b c Sieh doch, JHWH, und schau : Wem hast du das angetan (‫עלל‬-D)? 33 Klaudia E NGLJÄHRINGER : Theologie im Streitgespräch : Studien zur Dynamik der Dialoge des Buches Ijob. Stuttgart : Verlag Katholisches Bibelwerk, 2003 (SBS ; 198), S. 105. 34 Vgl. in diesem Sinn nur etwa Ernst BLOCH : Atheismus im Christentum : Zur Religion des Exodus und des Reichs. Gesamtausgabe Bd. 14. Frankfurt a. M. : Suhrkamp, 81985 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft ; 563), S. 154–155. Alttestamentliche Perspektiven 47 d Dürfen Frauen ihre Leibesfrucht essen, sorgsam umhegte Kinder (‫?)עללי טפחים‬ e Dürfen getötet werden im Heiligtum des Herrn Priester und Prophet? 21a Am Boden der Gassen liegen Kind und Greis. b Meine Mädchen und jungen Männer fielen unter dem Schwert. c Du hast (sie) erschlagen am Tag deines Zorns, d hast geschlachtet, e nicht geschont. Diese Klage der personifizierten Stadt Zion lässt keinen Zweifel an der Verantwortung Gottes für die von den Bewohnern der Stadt erlittene Gewalt.35 Er wird explizit als Täter angesprochen und mit seiner Tat konfrontiert (V. 20a–c) : Der Kannibalismus der Mütter an ihren toten Kindern ist eine der von JHWH angedrohten und von den Propheten angekündigten Strafen für den Bundesbruch,36 die auf furchtbare Weise Wirklichkeit geworden ist. Das Heiligtum, der Ort der Gottesgegenwart, ist für die Diener JHWHs zum Todesort geworden, und auf den Straßen entlädt sich der Zorn Gottes, dem vorgeworfen wird, selbst in einem enthemmten Gemetzel wie rasend die Menschen erbarmungslos abzuschlachten. Die Klagen über diese Schrecken, die zur kaum zu überbietenden Anklage Gottes werden, stehen stellvertretend für die vielen Erfahrungen von Gewalt und Grausamkeit, die Menschen einander antun, ohne dass Gott einschreiten und auf die Klagen antworten würde – eine Abwe- 35 Vgl. BERGES : Zorn (wie Anm. 25), S. 321 ; DERS. : Klagelieder (wie Anm. 25), S. 164–167. 36 Vgl. Lev 26,29 ; Dtn 26,53–57 ; Jer 19,19 ; Ez 5,10. 48 Stephan Lauber senheit, die ihn wie den Komplizen von Leid und Terror aussehen lässt. 4. Zwischenfazit Nach den vorgestellten Textausschnitten lassen sich drei Interpretationen des Verhältnisses Gottes zur Gewalt unterscheiden, die sich aus den verschiedenartigen Gewalterfahrungen ergeben, die die Menschen der Bibel gemacht haben. Gottes Funktion ist danach : 1. die Sanktion legitimer Gewalt. In einer Lebenswirklichkeit, die grundlegend von Gewalt geprägt ist und in der Gewalt notgedrungen ein selbstverständliches Mittel der Selbstbehauptung und Lebenssicherung ist, wird Gott ebenso selbstverständlich in Anspruch genommen zur Legitimation und Motivation eigener Gewalt. „JHWH ist ein Krieger“ – und deshalb darf Israel hoffen, in einer Welt voller Gewalt nicht unterzugehen. 2. die Urheberschaft oder zumindest Duldung von Gewalt. Durch die Rückführung auf den Willen Gottes, auf seinen „Zorn“, bleibt erlittene illegitime Gewalt für die Opfer nicht einfach schicksalhaftes Widerfahrnis, sondern erhält eine Sinngebung, die die Voraussetzung zur Bewältigung ist. In der konkreten Interpretation der biblischen Texte von Gewalt als Strafe für eigenes Versagen ist außerdem die Reflexion über eigene falsche Gewaltstrategien als Hindernis für eine gerechtere Lebensordnung angelegt. 3. Adressat der Klage und Anklage angesichts der Erfahrung ungerechter und als sinn- und maßlos erlebter Gewalt zu sein. Die Gewalterfahrung ist eine Lebensver- Alttestamentliche Perspektiven 49 dunkelung, die auch der Gedanke an Gott häufig nicht erklären und leichter machen kann – im Gegenteil. Gott nimmt – je weniger Ursachen für die erlittene Gewalt zu begreifen sind und je größer das verursachte Leid ist – die Züge des persönlichen Feindes an, entzieht sich oder wird im äußersten Fall zum mit der Gewalt gleichgesetzten lebensbedrohlichen Schrecken. Gemeinsam ist diesen Konzepten, dass sie Gewalt akzeptieren als eine unvermeidbare und immer drohende Realität – die auch Gott nicht einfach aufhebt oder beseitigt, sondern im Gegenteil sogar rechtfertigen und selbst einsetzen kann. Diese Projektionen faktischer Gewalterfahrung in die Wirklichkeit Gottes sind freilich nicht das letzte Wort der Bibel. Zu ihrer eigentlich theologischen Antwort findet sie, wenn ihre Gottesintuition die Logik innerweltlicher Strategien überschreitet und Gott als der ganz Andere zu Bewusstsein kommt – etwa in messianischen Konzepten des Gewaltverzichts, in eschatologischen Erwartungen des universalen Gottesheils, in der kultischen Eliminierung von Gewalt oder in der Auffassung von Gott als Gesetzgeber, der Gewalt zurückdrängt und Versöhnung will.37 Zwei der theologischen Konzepte, die die Überwindung von Gewalt als Wesenszug Gottes sehen, sollen im Folgenden in den Blick genommen werden. 37 Vgl. etwa Erich ZENGER : Der Mosaische Monotheismus im Spannungsfeld von Gewalttätigkeit und Gewaltverzicht : Eine Replik auf Jan Assmann. In : WALTER : Gewaltpotential (wie Anm. 19), S. 39– 73, hier S. 53–73. 50 Stephan Lauber 5. Gewalt und Recht Nach einer ganz allgemeinen Definition ist die Grundfunktion des Rechts der Versuch, Gewalt durch die Androhung und äußerstenfalls die Anwendung von Gewalt zu begrenzen und zurückzudrängen.38 Besonders deutlich wird das im schwerwiegendsten Fall von gesellschaftlicher Gewalt, bei Mord oder Totschlag, der nach der alttestamentlichen Rechtsauffassung mit dem Tod des Täters geahndet werden soll :39 Lev 24,17aP Ein Mann – a wenn er einen Menschen erschlägt, b muss er sterben. Zur Sühne und Abschreckung ist die Gewalttat mit einer Strafe zu belegen, die der Art und der Schwere des verübten Unrechts entspricht. Dieses Prinzip wird auf andere Fälle von körperlicher Schädigung übertragen und findet seine klassische biblische Formulierung (neben Ex 21,22–25 und Dtn 19,21) in : Lev 24,19aP a b c 20a b c Ein Mann – wenn er einen Stammesgenossen verletzt : Wie er getan hat, so soll man ihm antun : Bruch um Bruch, Auge um Auge, Zahn um Zahn. 38 Vgl. Ludger SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER : Recht und Gewalt im Alten Testament. In : FISCHER : Macht – Gewalt – Krieg (wie Anm. 2), S. 318–351, hier S. 319–321. 39 Vgl. ebd., S. 329–331. Alttestamentliche Perspektiven 51 d Der Schaden, den er einem Menschen zugefügt hat, e soll ihm zugefügt werden. Eine solche spiegelbildliche Ahndung, die hier konkret bei vorsätzlicher Körperverletzung vorgeschrieben ist, wurde wahrscheinlich tatsächlich nur dann praktiziert, wenn eine Ersatzleistung als Wiedergutmachung nicht möglich war.40 Auf jeden Fall ist die Absicht klar, der Eskalation von (dabei aber als unvermeidbar angesehener) Gewalt entgegenzuwirken : Rache und Strafe sollten nicht ausufern,41 vor allem nicht auf die Familie und Sippe des Täters übergreifen, sondern ein festgesetztes Maß haben, das sich am tatsächlichen Schaden des Opfers orientiert und der Logik von Gewalt und kontrollierter Gegengewalt eine handhabbare Ordnung gibt. Diese tief verwurzelte Logik wird im priesterschriftlichen Heiligkeitsgesetz42 in Lev 17–26 – wenigstens punk40 Vgl. Ludger SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER : „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ : Zu einem antijüdischen Klischee. In : Bibel und Liturgie 63 (1990), S. 163–175 ; O TTO : Ethik (wie Anm. 20), S. 79–80 ; Christoph DOHMEN : Exodus 19– 40. Freiburg i. Br. : Herder, 2004 (HThKAT), S. 165, im Anschluss an Adrian SCHENKER : Versöhnung und Sühne : Wege gewaltfreier Konfliktlösung im Alten Testament mit einem Ausblick auf das Neue Testament. Freiburg (Schweiz) : Verlag Schweizerisches Katholisches Bibelwerk, 1981 (BB N. F. ; 15), S. 54 ; Thomas H IEKE : Levitikus 16–27. Freiburg i. Br. : Herder, 2014 (HThKAT), S. 970–971 mit Verweis auf bBaba Qamma 83b ; Rainer K ESSLER : Der Weg zum Leben : Ethik des Alten Testaments. Gütersloh : Gütersloher Verlagshaus, 2017, S. 207–208 (zu Ex 20,21–25). 41 Vgl. Gen 4,23–24 als prototypisches Beispiel für die Gefahr ausufernder Rachegewalt. 42 Vgl. grundlegend etwa O TTO : Ethik (wie Anm. 20), S. 233–256 ; H IEKE : Levitikus 16–27 (wie Anm. 40), S. 612–613 (mit weiteren Literaturangaben) ; JEREMIAS : Theologie (wie Anm. 22), S. 384–388 ; 52 Stephan Lauber tuell – überwunden. Diese Gesetzessammlung hat ihren Namen von der besonderen Begründung, die sie für das Ethos gibt, das in Israel gelten soll (vgl. außerdem Lev 19,2 ; 20,7–8) : Lev 20,26a Seid mir geheiligt (‫; )קדשים‬ b denn ich, JHWH, bin heilig (‫)קדוש‬, c und ich habe euch von all diesen Völkern ausgesondert, damit ihr mir gehört. Heiligkeit ist das Wesen Gottes.43 Es bedeutet seine transzendente, machtvolle Überlegenheit, durch die er sich unterscheidet vom Bereich des Geschöpflichen und Profanen. Zugänglich wird für den Menschen diese Heiligkeit Gottes vor allem im Kult. Durch die Befolgung der Rituale und Vorschriften, die nach Auffassung des Alten Testaments Gott selbst angeordnet hat, werden Menschen, aber auch Dinge, Orte und Zeiten ausgesondert aus den innerweltlichen Zusammenhängen und „heilig“ – also Mittel und zugleich Realisierung der Gottesbegegnung. In diesem Sinn „heilig“ soll auch Israel als Ganzes sein. Die grundlegende Voraussetzung dafür ist die Befreiungstat des Exodus, in dem die machtvolle Durchsetzung der Heiligkeit Gottes für Israel zur geschichtlichen Erfahrung geworden ist. Mit der Herausführung aus Ägypten hat JHWH sein Volk ausgesondert aus der Völkerwelt und zum Ort seiner Anwesenheit gemacht : Die Lebensgemein- K ESSLER : Weg (wie Anm. 40), S. 224–226 ; I RSIGLER : Gottesbilder (wie Anm. 25), S. 1297–1307. 43 Vgl. Hans-Peter MÜLLER : Art. ‫קדׁש‬. In : THAT 2. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 62006, Sp. 589–609, hier Sp. 597–608. Alttestamentliche Perspektiven 53 schaft der Einwohnung Gottes im Kult Israels ist für die Priesterschrift das Ziel dieser Erwählung.44 Aus dieser Anwesenheit der Heiligkeit JHWHs ergibt sich für Israel eine Verpflichtung – sie verlangt eine entsprechende Heiligkeit des Menschen nicht nur im kultischen, sondern auch im ethischen Bereich. Die Andersartigkeit Gottes im Verhältnis zu Welt soll eine Entsprechung finden in der Andersartigkeit Israels gegenüber dem von Egoismus und Gewalt geprägten Verhalten, das bei den Völkern in der Umwelt Israels üblich ist : Das Gottesvolk steht „zu jeder Zeit und an jedem Ort unter die Forderung der Heiligung“.45 Zwei Beispiele sollen illustrieren, was das bedeutet. Das Kapitel Lev 19 enthält zwei parallel aufgebaute Gebotsreihen46 (I : 19,3–18 ; II : 19,19–36) mit kultischen, rechtlichen und ethischen Normen, die die einleitende Aufforderung zur Heiligkeit in V. 2 konkretisieren und jeweils auf das Liebesgebot (in V. 18 und V. 34) abzielen : Lev 19,18a Du sollst dich nicht rächen, b und du sollst den Kindern deines Volkes nichts nachtragen. c Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. d Ich bin JHWH. 44 Vgl. etwa K EEL : Geschichte (wie Anm. 5), S. 912–916 ; JEREMIAS : Theologie (wie Anm. 22), S. 252–257 ; K ESSLER : Weg (wie Anm. 40), S. 232–233. 45 O TTO : Ethik (wie Anm. 20), S. 247. Vgl. außerdem etwa Thomas H IEKE : Die Heiligkeit Gottes als Beweggrund für ethisches Verhalten : Das ethische Konzept des Heiligkeitsgesetzes nach Lev 19. In : Christian FREVEL (Hrsg.) : Mehr als Zehn Worte? : Zur Bedeutung des Alten Testaments in ethischen Fragen. Freiburg i. Br. : Herder, 2015 (QD ; 273), S. 187–206. 46 Vgl. O TTO : Ethik (wie Anm. 20), S. 246 ; anders H IEKE : Levitikus 16– 27 (wie Anm. 40), S. 702–709. 54 Stephan Lauber Schon der unmittelbare Kontext lässt erkennen, dass dieses Gebot zur Nächstenliebe als Verpflichtung sogar zur Feindesliebe gemeint ist :47 Der Nächste, um den es geht, gibt Anlass zu Rachegedanken und zu Groll – und trotz dieses feindseligen Verhältnisses soll ihm mit einer Haltung begegnet werden, die seine Bedürfnisse und Interessen so respektiert und sie zu realisieren bereit ist wie die eigenen. So wie JHWH beim Exodus auf die Unterdrückung Israels gesehen und es befreit hat, so soll jeder Israelit jetzt seinerseits nicht von sich, sondern vom Anderen her denken. Als Begründung für die Forderung verweist Gott daher allein auf seinen Namen (V. 18d), in dem alle Erfahrungen von Befreiung, Aussonderung und Heiligung anklingen. Ein zweites Beispiel stammt aus Lev 25. Das Kapitel beginnt mit Bestimmungen zum Sabbatjahr (V. 1–7) und zum Jobeljahr (V. 8–13) – die Idee, alle 50 Jahre sämtliche soziale Schieflagen zu korrigieren und einen Zustand der ökonomischen und sozialen Gleichheit wiederherzustellen.48 Weil dieses Programm weitgehend Utopie bleibt, schließen sich Gesetze an, die die Realität der Ungleichheit akzeptieren und wenigstens Vorkehrungen treffen, um dauerhafte Verarmung und Unfreiheit zu korrigieren. Der letzte Abschnitt (V. 39–55) beschäftigt sich dabei mit der Schuldsklaverei. Auch wenn ein Israelit so verarmt, dass er sich bei seinem Gläubiger verdingen muss, soll er nicht wie ein rechtloser Sklave, sondern wie ein Tagelöhner behandelt werden und seine Freiheit behalten, ohne der Willkür und Gewalt seines Herrn unterworfen zu sein : 47 Vgl. H IEKE : Levitikus 16–27 (wie Anm. 40), S. 730–736. 48 Vgl. ebd., S. 983. Alttestamentliche Perspektiven 55 Lev 25,46c Aber was eure Brüder, die Israeliten, angeht, so soll keiner über den andern mit Gewalt herrschen. […] 55a Denn mir gehören die Israeliten als Knechte, b meine Knechte sind sie ; ich habe sie aus Ägypten herausgeführt. c Ich bin JHWH, euer Gott. Es gibt bei allen sozialen Unterschieden eine grundlegende Gleichheit zwischen allen Israeliten, die – ob reich oder arm – ihre Freiheit allein JHWH verdanken. Derartige Bestimmungen, die ausdeuten, was es heißt, die Heiligkeit JHWHs nachzuvollziehen und aneinander zu realisieren, bedeuten auch eine Läuterung der Gottesvorstellung : Als der Heilige zwingt er nicht zum richtigen Verhalten, indem er droht und straft, sondern er ist derjenige, der aus freiem, ungeschuldetem Entschluss Leben ermöglicht und genau darin nachgeahmt sein will. 6. Überwindung der Gewalt in Gott – das Motiv der göttlichen Reue Ein weiterer biblischer Denkweg, der den Aspekt der Gewalt in Gott überwinden will, ist durch das (allerdings nicht eindeutig und widerspruchsfrei verwendete) Motiv von der „Reue“ Gottes49 eröffnet. 49 Vgl. Jörg JEREMIAS : Die Reue Gottes : Aspekte alttestamentlicher Gottesvorstellung. Neukirchen-Vluyn : Neukirchener Verlag, 32002 (BThSt ; 31) ; Jan-Dirk DÖHLING : Der bewegliche Gott : Eine Untersuchung des Motivs der Reue Gottes in der Hebräischen Bibel. Freiburg i. Br. : Herder, 2009 (HBS ; 61), besonders S. 487–529, mit einer ausführlichen Systematisierung der Verwendung ; außerdem etwa Horacio SIMIAN-YOFRE : Art. ‫נחם‬. In : ThWAT 5. Stuttgart : Kohlhammer, 1986, Sp. 366–384, hier Sp. 369–376. 56 Stephan Lauber Eine zentrale biblische Ätiologie der Gewalterfahrung und des Umgangs Gottes mit der Gewalt ist die SintflutErzählung in Gen 6,5–9,17.50 Anders als von Gott geplant, entwickelt sich die menschliche Geschichte als Abfolge von Schuld, beginnend mit dem Sündenfall (vgl. Gen 3,5–22), durch den die anfängliche paradiesische Einheit mit der Schöpfung verloren geht. Diese erste Auflehnung setzt eine Dynamik in Gang, die das Böse immer mehr Raum greifen lässt. Als entscheidende Etappen dabei wird vom Brudermord Kains an Abel (Gen 4,1–17) erzählt, dann etwa von der Erfindung des Schwerts, das sofort Mittel der Gewalt und Rohheit wird (Gen 4,22–24). Der Mensch hat die Erde zu einem Ort des Unrechts gemacht. Daher bereut Gott (Gen 6,6a.7c), den Menschen geschaffen zu haben und entschließt sich zur Vernichtung seiner Schöpfung. Der Entschluss JHWHs zu dieser dramatischen Gewalttat ist in der nicht-priesterlichen Fluterzählung in Gen 6,5–7 geschildert : Gen 6,5a JHWH sah, b dass groß war die Bosheit des Menschen auf der Erde 50 Vgl. Norbert Clemens BAUMGART : Die Umkehr des Schöpfergottes : Zu Komposition und religionsgeschichtlichem Hintergrund von Gen 5–9. Freiburg i. Br. : Herder, 1999 (HBS ; 22), S. 419–495. Außerdem JEREMIAS : Reue (wie Anm. 49), S. 19–27 ; BERGES : Zorn (wie Anm. 25), S. 310–313 ; DÖHLING : Gott (wie Anm. 49), S. 85–133 ; JANOWSKI : Gott (wie Anm. 9), S. 96–105 ; DERS. : Die Empathie des Schöpfergottes : Gen *6,5–8,22 und das Apathie-Axiom. In : DERS. : Das hörende Herz : Beiträge zur Theologie und Anthropologie des Alten Testaments 6. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2018, S. 175–200 ; Jan Christian GERTZ : Das erste Buch Mose (Genesis) : Die Urgeschichte Gen 1–11. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2018 (ATD ; 1), S. 231–236 ; 270–275 ; Georg FISCHER : Genesis 1–11. Freiburg i. Br. : Herder, 2018 (HThKAT), besonders S. 406–409 ; I RSIGLER : Gottesbilder (wie Anm. 25), S. 505–507. Alttestamentliche Perspektiven 57 c und (dass) alles Streben und Nachdenken seines Herzens nur böse war die ganze Zeit. 6a Da bereute (‫נחם‬-N) JHWH, b dass er den Menschen gemacht hatte auf der Erde, c und es schmerzte ihn (‫עצב‬-Dt) bis in sein Herz hinein. 7a Und JHWH sagte : b Ich will vertilgen den Menschen, bR den ich geschaffen habe, b von der Oberfläche der Erde – vom Menschen bis zum Vieh, bis zum Gewürm bis zu den Vögeln des Himmels, c denn ich bereue (‫נחם‬-N), d dass ich sie gemacht habe. Die Entscheidung Gottes geschieht nicht leichtfertig und grausam, sondern mit innerem Schmerz (V. 6c), in einem Akt der widerwilligen Überwindung.51 Diese Ambivalenz dem eigenen Vernichtungsentschluss gegenüber findet eine Auflösung nach dem Bericht über die Flut und die Rettung Noachs und seiner Familie : JHWH schließt für die Zukunft eine nochmalige Vernichtung aus und sichert den Fortbestand der Menschen und der Erde mit ihrem Lebensrhythmus zu – und das, obwohl die Schuld der Menschen weiter besteht und er auch nicht mehr mit einer Änderung rechnet : Gen 8,21a JHWH roch den beruhigenden Duft, b und JHWH sprach zu seinem Herzen : c Nicht noch einmal will ich verfluchen die Erde wegen des Menschen, d denn das Streben des Herzens des Menschen ist böse von seiner Jugendzeit an. 51 Vgl. BERGES : Zorn (wie Anm. 25), S. 312. 58 Stephan Lauber e Und nicht noch einmal will ich schlagen alles Lebendige, f wie ich (es) getan habe. 22 Solange alle Tage der Erde (sind) – Saat und Ernte und Kälte und Hitze und Sommer und Winter und Tag und Nacht sollen nicht aufhören. Obwohl der Begriff anders als am Beginn der Erzählung hier nicht auftaucht, ist damit sachlich von der nachträglichen Reue Gottes über die Gewalt, die er entfesselt hat, erzählt.52 Dieses Schwanken zwischen Gewaltbereitschaft und reuevoller Zuwendung erklärt sich religionsgeschichtlich aus der Konzentration unterschiedlicher Rollenvorbilder in den polytheistischen Vorlagen der Erzählung auf den einen Gott JHWH : Im altbabylonischen Atramchasis-Mythos (19.–17. Jh. v. Chr.), in dem der mesopotamische Flutmythos erstmals greifbar ist, 53 veranlasst der Götterkönig Enlil die anderen Götter zum Beschluss, die Menschen durch die Sintflut auszulöschen – weil sie sich zu stark vermehrt haben und wegen des störenden Lärms, den sie machen. Vor der völligen Vernichtung wird die Menschheit nur durch den Schöpfergott Enki / Ea bewahrt, der dem weisen Atramchasis dazu verhilft, sich mit einigen Gefährten retten zu können. Bemerkenswert im Blick auf die Version der Ge52 Vgl. I RSIGLER : Gottesbilder (wie Anm. 25), S. 506 : „Ein unerhörter Wandel ist eingetreten, in Gott selber. Gott hat seiner eigenen reaktiven Gewalt auf die Bosheit der Menschen entsagt, er hat sich selbst überwunden!“ 53 Davon wohl abhängig ist der Flutbericht des Utnapischtim im Gilgameschepos XI 8–196 ; ein fragmentarisch erhaltener sumerischer Flutmythos wurde zeitgleich zum oder nach dem Atramchasismythos abgefasst, vgl. BAUMGART : Umkehr (wie Anm. 50), S. 421 ; 480. Alttestamentliche Perspektiven 59 nesis ist die Rolle der Muttergöttin Nintu, die die Menschen zusammen mit Enki erschaffen hatte : Nach der Katastrophe klagt sie über ihre toten Kreaturen und weint : III : IV : 5/6 „Zwei Fluten erzeugte das […] Meer ; wie Libellen füllten sie den Fluß! Wie ein Floß trieben sie an die (früheren) Auen ; wie ein Floß trieben sie auf der Ebene ans Ufer. 10 Ich sah es und weinte über sie ; ich brachte zu Ende mein Wehklagen über sie.“ Sie weinte und verhalf dadurch ihrem Herzen zum Aufatmen ; es klagte Nintu, ihre Sehnsucht wurde (dadurch) laut.54 Die biblische Fluterzählung vereinigt die Eigenschaften des gewalttätigen Enlil, des rettungsbereiten Enki und der mitleids- und reuevollen Nintu in JHWH. Dieser inklusive Monotheismus hat eine entscheidende Konsequenz : Jede Eindimensionalität und Eindeutigkeit des göttlichen Verhältnisses zur Gewalt wird so aufgebrochen und die Überwindung der Gewalt – sogar der durch Gott legitimierten und ausgeübten Gewalt – im Innersten Gottes selbst verankert. Im Blick auf Gott ist damit die Rechtfertigung von legitimer und erst recht illegitimer Gewalt nach den Maßstäben innerweltlicher Logik grundsätzlich dekonstruiert – die Legitimation von Gewalt steht in dieser widersprüch54 Zitiert nach : Wolfram VON SODEN : Der altbabylonische Amtramchasis-Mythos. In : TUAT III/4, Gütersloh : Gütersloher Verlagshaus, 2005, S. 612–645, hier S. 641. 60 Stephan Lauber lich-vielschichtigen Gottesvorstellung unter dem Vorbehalt der göttlichen Reue, die sie überbietet und aufhebt. In kanonischer Perspektive wird die damit eröffnete theologische Sicht wohl am deutlichsten in Hos 11 angewandt. 55 Das Prophetenwort kontrastiert zunächst die väterlich-mütterliche Liebe Gottes zu Israel, seinem Sohn, den er aus Ägypten zu sich geholt hat (V. 1.3a– b.4), mit dem Vorwurf der fortgesetzten Treulosigkeit, mit der das Volk sich immer neu anderen Göttern zuwendet (V.2.3c–d), und begründet damit das unausweichliche Gericht und das Ende der Heilsgeschichte : Israel verdient es, erneut nach Ägypten (oder jetzt Assur) verschleppt zu werden, in selbstverschuldete Unfreiheit und Zerstörung (V. 5–7). Aber paradoxerweise kann es Gott dabei nicht belassen – es würde seinen innersten Empfindungen für sein Volk widerstreiten. An der Stelle eines abschließenden Gerichtsworts steht eine feierliche Erklärung, in der JHWH seine Entscheidung zur gerechten Strafe unterdrückt und widerruft : Hos 11,8a b c d e f Wie könnte ich dich preisgeben, Efraim, (wie) könnte ich dich ausliefern, Israel? Wie könnte ich dich preisgeben wie Adma, (wie) könnte ich dich behandeln wie Zebojim? Mein Herz wendet sich gegen mich, meine Reueregungen (‫ )נחומי‬lodern auf. 55 Vgl. etwa O TTO : Krieg (wie Anm. 5), S. 77–86 ; Eberhard B ONS : Das Buch Hosea. Stuttgart : Verlag Katholisches Bibelwerk, 1996 (NSK.AT ; 23/1), S. 134–145 ; JEREMIAS : Reue (wie Anm. 49), S. 52– 59 ; DERS. : Zorn (wie Anm. 25), S. 140–143 ; DÖHLING : Gott (wie Anm. 49), S. 304–364 ; JANOWSKI : Gott (wie Anm. 9), S. 103–105 ; I RSIGLER : Gottesbilder (wie Anm. 25), S. 607–610. Alttestamentliche Perspektiven 61 9a Ich kann meinen glühenden Zorn nicht vollstrecken, b ich kann Efraim nicht noch einmal vernichten. c Denn Gott (‫ )אל‬bin ich, d nicht ein Mensch (‫– )איׁש‬ e in deiner Mitte der Heilige. f Darum lasse ich die Zorneswut nicht aufkommen. Das Verhalten Israels lässt JHWHs glühenden Zorn entbrennen – wie ausgeführt eine Chiffre für seine gerechte, gewaltsam-strafende Reaktion auf menschliche Schuld. Aber „nun findet unerwartet ein Kampfesgeschehen statt, an dem Israel unbeteiligt ist, denn sein Ort ist Gottes eigenes Herz. Jahwes glühendem Zorn tritt eine andere Kraft entgegen, die ebenfalls leidenschaftlich ‚brennt‘, aber dem Zorn hart entgegensteht : Jahwes niḥûmîm.“56 Dieses Substantiv ‫ נחומים‬und das Verb ‫נחם‬-N bedeuten, wenn sie im Blick auf Menschen verwendet werden, das Bereuen des eigenen, nachträglich als falsch erkannten Verhaltens im Rückblick auf eine vergangene Tat. Hier geht es aber um eine Sanktion, die JHWH erst vollstrecken will und die auch nicht falsch wäre, sondern wegen der Schuld Israels voll und ganz berechtigt. Daher meint Gottes „Reue“ beim Gedanken an diese Sanktion seinen Willen zur Selbstdistanzierung von den Mitteln der (nach menschlichen Maßstäben legitimen) Gewalt um eines größeren, entscheidenderen Guts willen – die Rettung seines Volkes.57 Dazu handelt Gott in seiner Liebe maßlos inkonsequent : Es geht ihm nicht um die Durchsetzung gerechter Vergel56 JEREMIAS : Reue (wie Anm. 49), S. 110. 57 Vgl. ebd. 62 Stephan Lauber tung, sondern um die Bewahrung seiner Beziehung zu Israel – trotz dessen Versagens. Diese Selbstdistanzierung ist „eine letzte Weise, in der Jahwe sein unrettbar verlorenes Volk dem von ihm selber fest beschlossenen Verderben entreißt“.58 In der Mehrzahl der Belege für die Verwendung des Reuemotivs59 wird anders als in Hos 11 das rechte menschliche Verhalten, die Hinwendung zu Gott, als Voraussetzung für dessen Abwendung vom schon beschlossenen Unheil angesehen.60 Unter dieser Voraussetzung der Bereitschaft zur Umkehr und zur vertrauensvollen Bitte dürfen dann aber sogar den Heiden auf die Gewaltabwendung Gottes hoffen. Das jedenfalls ist die Positionierung des Jona-Buchs : Die Niniviten lassen sich von der Predigt Jonas aufrütteln – sie tun Buße und kehren um von ihrer Schlechtigkeit in der Hoffnung, dass Gott sich dann seinerseits abkehrt 58 Ebd. Mit dieser Rückführung der Rettung allein auf eine Reuebewegung in Gott ist Hos 11 konzeptionell radikaler als das rezeptionsgeschichtlich so bedeutsame vierte Gottesknechtslied in Jes 52,13–53,12, das die stellvertretende Lebenshingabe des Knechts als „Sühnopfer“ (vgl. ‫ אׁשם‬in Jes 53,10c) für die Abwendung der Folgen aus dem Tun-Ergehen-Zusammenhang für sein schuldhaftes Volk versteht (vgl. nur etwa Ulrich BERGES : Jesaja 49–54. Freiburg i. Br. : Herder 2015 [HThKAT], S. 208–278). 59 Als Analogiefälle, in denen „die Reue eine von Gott geplante und angesagt Unheilstat vereitelt“, nennt DÖHLING : Gott (wie Anm. 49), S. 491–493 : Ex 32,10–14 ; Jona 3,4–10 ; Am 7,1–6 ; Jer 18,7–10 ; 26,3.13.19. 60 JEREMIAS : Reue (wie Anm. 49), S. 75–87 ; 112–113, sieht in dieser exilisch-nachexilischen Entwicklung die Gefahr einer Verflachung des ursprünglichen Theologumenons : Gottes Reue ist nicht mehr als Ausdruck seines äußersten Rettungswillens gegenüber seinem unrettbar verlorenen Volk verstanden, sondern als „ständig gültiges Angebot“ (ebd., S. 77), das nur die Bereitschaft zur Umkehr voraussetzt, die dann aber quasi automatisch mit Schuldvergebung rechnen darf (vgl. vor allem die lehrsatzmäßige Formulierung in Jer 18,7–10). Alttestamentliche Perspektiven 63 von der Gewalt, die er nach menschlicher Gerechtigkeitserwartung als Strafe zu vollstrecken hätte (vgl. Jona 3,6–9). Und sie werden in ihrem Gottvertrauen nicht enttäuscht – Gott reagiert auf ihre Abwendung vom Bösen seinerseits mit einer reuevollen Abwendung von seinem Plan, Böses mit Bösem zu vergelten :61 Jona 3,10a Gott sah ihr Verhalten, b dass sie von ihren bösen (‫ )הרעה‬Wegen umkehrten (‫שוב‬-G). c Da reute (‫נחם‬-N) Gott das Böse (‫)הרעה‬, cR das er angekündigt hatte, ihnen anzutun, d und er tat es nicht. Wie sehr diese Einsicht in die göttliche Bereitschaft zum Gewaltverzicht menschlichen Strategien und Intuitionen zuwider läuft, ist in der als Klagegebet stilisierten Reaktion Jonas in Jona 4,1–3 reflektiert : Jona 4,2d Daher wollte ich fliehen nach Tarschisch, e denn ich weiß, f dass du ein gnädiger und barmherziger Gott bist, langmütig und reich an Huld und (dass) dich das Böse (‫ )הרעה‬reut (‫נחם‬-N). 61 Vgl. DÖHLING : Gott (wie Anm. 49), S. 437–446 ; außerdem etwa Hans Walter WOLFF : Dodekapropheton 3 : Obadja und Jona. NeukirchenVluyn : Neukirchener Verlag, 1977 (BKAT ; XIV/3), S. 118–142 ; Peter WEIMAR : Jona. Freiburg i. Br. : Herder, 2017 (HThKAT), S. 350–376. Dagegen vermeidet JEREMIAS : Reue (wie Anm. 49), S. 108, (im Interesse der theologischen Grundauffassung von der Schuld- und Irrtumslosigkeit Gottes, vgl. ebd., S. 110–111) die Rede von einer durch das Verhalten der Niniviten bewirkten Bewegung Gottes zur Selbstkorrektur, sondern sieht hier das Bekenntnis ausgedrückt : „Jahwe bleibt seiner primären Intention mit den Menschen treu.“ (vgl. zu diesen Prämissen Jeremias‘ DÖHLING : Gott [wie Anm. 49], S. 53–54 ; 491–492). 64 Stephan Lauber Jona begründet seinen Widerwillen, sich zum Instrument göttlicher Gewaltüberwindung machen zu lassen, ausgerechnet indem er in V. 2f die Gnadenformel aus Ex 34,6 zitiert – die Selbstdefinition, mit der JHWH in der Wüste auf den Bundesbruch durch die Anfertigung des Goldenen Kalbs reagiert, um zu begründen, warum er seinem Volk dennoch treu bleibt und Schuld nicht mit strafender Gewalt ahndet.62 Jonas faktisches Vertrauen auf die Mittel von Abgrenzung, Strafe und Gewalt ist stärker als sein theoretisches Bekenntnis, dass nur der in Gott selbst errungene Gewaltverzicht aus Barmherzigkeit und Gnade die Lebensgrundlage Israels und darüber hinaus aller Völker ist. Dieser innere Widerstand gegen den Verzicht auf Gewalt – und auf die Projektion unserer Gewaltbereitschaft in Gott – markiert die Differenz zwischen uns und Gott, der nach dem Hosea-Wort eben kein Mensch ist, sondern „der Heilige“ in unserer Mitte (Hos 11,9e). 7. Resümee Gewalthaltige Gottesvorstellungen im Alten Testament sind ein Reflex auf Erfahrungen erlittener Gewalt : In einer bedrohlichen und feindlichen Lebenswelt wird Gott in Anspruch genommen als überlegene Gegenmacht, als Urheber von Gewalt, die durch die Rückführung auf ihn rationalisiert wird, und als Adressat der Klage über 62 Vgl. Matthias FRANZ : Der barmherzige und gnädige Gott : Die Gnadenrede vom Sinai (Exodus 34,6–7) und ihre Parallelen im Alten Testament und seiner Umwelt. Stuttgart : Kohlhammer, 2003 (BWANT ; 160), S. 193 : Diese Gottesvorstellung wurde – wie hier im Jona-Buch – zu einem „Schlüsselbekenntnis der nachexilischen Zeit“. Alttestamentliche Perspektiven 65 Leid, das er zulässt und für das er deshalb Verantwortung trägt. Diese Projektionen innerweltlicher Logiken von Gewalt und Gegengewalt auf Gott werden aufgebrochen, wo in einer eigentlich theologischen Betrachtung Gott nicht von der Erfahrung von Gewalt ausgehend verstanden, sondern umgekehrt Gewaltausübung von der Besinnung auf das Wesen und Handeln Gottes her bedacht und in der Konsequenz delegitimiert wird : Die Nachahmung der Heiligkeit Gottes, zu der Israel aufgefordert ist, schließt für das priesterschriftliche Heiligkeitsgesetz eine Abkehr von Strategien, wie sei bei den anderen Völkern üblich sind, ein und soll eine damit kontrastierende gesellschaftliche Praxis von Gewaltverzicht, Solidarität und Versöhnungsbereitschaft begründen. Und in den geschichtlichen Katastrophenerfahrungen wird das Vertrauen in die Selbstdistanzierung Gottes von Strafgewalt zugunsten seiner vergebungsbereiten Treue zum Hoffnungsgrund für die Zukunft. Der biblische Kanon lässt beide Modelle, das Verhältnis Gottes zur Gewalt zu denken, nebeneinander stehen : das Zugeständnis an die oft leidvolle Realität neben der Vision, dass Gewalt keine Option mehr sein wird – weder für Gott noch für die Menschen. Literatur A LBERTZ , Rainer : Die Exilszeit : 6. Jahrhundert v. Chr. Stuttgart : Kohlhammer, 2002 (BE ; 7) ASSMANN, Jan : Die Mosaische Unterscheidung : oder der Preis des Monotheismus. München : Carl Hanser, 2003 – : Exodus : Die Revolution der Alten Welt. München : C. H. Beck, 22015 66 Stephan Lauber – : Monotheismus und die Sprache der Gewalt. In : Peter WALTER (Hrsg.) : Das Gewaltpotential des Monotheismus und der dreieine Gott. Freiburg i. Br. : Herder, 2005 (QD ; 216), S. 18–38 – : Totale Religion : Ursprünge und Formen puritanischer Verschärfung. Wien : Picus, 2016 BAUMANN, Gerlinde : Gottesbilder der Gewalt im Alten Testament verstehen. 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