Reallexikon der
Germanischen
Altertumskunde
Begründet von Johannes Hoops
Zweite völlig neu bearbeitete und stark
erweiterte Auflage unter Mitwirkung
zahlreicher Fachgelehrter
und redaktioneller Leitung von
Rosemarie Müller, Göttingen
Herausgegeben von
Heinrich Beck, Bonn- Dieter Geuenich, Duisburg
Heiko Steuer, Freiburg
Band 18
Sonderdruck
WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK
Lauch
Röm. Denkmäler von Weinbau an Mosel, Saar und
Ruwer, Trierer Zeitschr. 7, 1932, 1--60. (4) C.
Patsch, in: Wiss. Mitt. aus Bosnien und Herzegowina 7,1900, 74f. (5) M. Pietsch, Die röm. Eisenwerkzeuge von Saalburg, Feldberg und Zugmantel,
Saalburg-Jb. 39, 1983,5-132, bes. 75 f. (6) 0. Roller, Röm. Erntewerkzeuge III. Baum- und Rehmesser, Faltbl. "Röm. Weinkeller Oberriexingen 5,
1976. (T) M. Schulze, Eine merow. Glefe aus K.obern-Gondorf an der Mosel, Arch. K.orrespondenzbl. 9, 1979, 345-353. (8) A. Steensberg,
Ancient Harvesting Implements. A Study in Arch.
and Human Geogr., 1943.
129
die Komposita ae. leac-tün ,Kräutergarten'
(4, 624; 22 s. v. leighton; vgl. aisl. lauka-ganJr,
8, II, 431; 12, 34), ae.liac-weard ,Gärtner' zeigen und wie sie auch beim Simplex aisl.
laukr in - Völuspa 48 (jJti var grund groin
gmnom lauki ,da wurde der Grund bewachsen von grünem Kraut') vorliegen kann (ablehnend 11, 383 Anm. 36). Ae. liahtiin (23
s. v.) dient in den Interlinearversionen der
Evangelien der Codices Lindisfarne und
Rushworth zur Wiedergabe von hortus im
J. Henning Senfkorn-Gleichnis (Lk. 13,19), des Gartens Getsemani Ooh. 18,1,26) und des Gartens der Grablegung Ooh. 19,41). Auch in
Lauch
engl. ON sind liac und liactiin anzutreffen
§ 1: Sprachliches-§ 2: Botanisch-Archäologisches
(6, 291; 27, II, 18). Ähnlich scheint im nd.
Raum lök (mit Var. läk) mehrfach in ON
§ 1. Sprachliches. Die Bezeichnung ist vertreten zu sein (7, II, 42 f.). Doch ist die
gemeingerm. Nach Auffassung von Wolf- Unterscheidung von dem Wort für ,Grenzgang- Krause ist germ. *iallk-a-z der ur- zeichen', das in ahd. lah(ha) (-ä-?) weiterlebt
spr. Name der /-Rune (sonst mit germ. */a- (-Grenze) und gleichfalls die Schreibung
&J'Z,Wasser, See' verbunden; zur Diskussion lak aufweisen würde, nicht sicher vorzunehRunenin- men. Zu germ. *lauk-a- ist von Gysseling
- Fl0ksand und 11, SWセRIN@
schriftlich IaukaR ist mehrfach v. a. auf das Erstgtied des ONs lッ」エセオゥイ、・@
(bei Aar-Brakteaten belegt (14, Nr. 37, 108-110, denburg!Zeeland) gestellt worden, der be120) und wird als Ausdruck im Zusammen- reits in den Traditionsnotizen von St. Peter/
hang von Riten des Fruchtbarkeitszaubers Gent bezeugt ist (datiert auf a. 791, Kopie
gedeutet (11 mit weiteren Hinweisen). Die a. 941; 10, I, 633; 15,233 s. v. Loquaerde, hier
Verwendung als Herr-schaftssymbol ist aus wird daneben das Etymon mndl. loc ,Loch'
der Erzählung der Helgakviöa Hundings- erwogen).
bana I, 78 geschlossen worden, wo von der
Die Belege für ahd. /ouh (31, 386 f.) finÜbertragung von Herrschaftsrechten durch den sich meist in den sachlich geordneÜbergabe eines itrlaukrdie Rede ist: siti!frgecc ten Pflanzenglossaren und in den alphavisi or vigprimo 1 ungom Jara itrlauc grami "der betischen Vokabularien hauptsächlich zum
Herrscher selbst (Sigmundr) kam aus dem Lemma porrum (porrus) ,Porree', häufiger
Kampfeslärm, dem jungen Fürsten (seinem auch zu cepa, cepe -,Zwiebel'. Allium, für
Sohn Helgi) edlen Lauch zu bringen" (26, das bereits die ae. Glossare Epinal/Erfurt
73f.).
und Corpus das Lauchwort verwenden (amDie einzelsprachlichen Entsprechungen bila laec, 3, III, 157; Verderbnis des Lemmas
ahd. louh, anord. laukr starkes Mask., ae. liac aus serpyllum wird in 24, 63, Note zu Nr. 64
starkes Neutr., werden für unterschiedliche vermutet), ist im Ahd. nicht mit dem SimPflanzen der Gattung Allium gebraucht (19, plex, sondern stets mit chlobolouh wiedergeI, 195-217; 3, I, 76 f.; II, 93; III, 157 f.; 12, geben (- Knoblauch). Auch in zahlreichen
34 f. mit Nachweisen von Personenbeina- sonstigen Pflanzenbezeichnungen fungiert
men, 78 f.). Frühe Entlehnungen sind finn. L. als Letztglied der Komposition. In ahd.
laukka und akslaw. lukil (17, 178; 28, 347). asclouh (2, I, 675) ist das Erstglied zu lat. ascaDas Wort konnte offenbar auch in der allg. /onium ,Schalotte' (,Zwiebel aus Askalon') zu
Bedeutung ,Kraut' verwendet werden, wie stellen. Gleichfalls Hybridbildung ist ahd.
130
•
Lauch
11nelo11h (zu lat. 11nio, 21, 496-498), das in mittelfrk. und rheinfrk. Glossaren bezeugt ist
und mit ae. ynne-llac parallelisiert werden
kann. Rein aus einheimischem Material bestehen die Komposita ahd. hollo11ch (2, IV;
1212 f.; 19, I, 197; zu hol ,hohl') mit den Parallelen as. halloc (in den Prudentiusgl. Düsseldorf F 1, mit a statt o vor Liquid; Passio
Romani 260; 29,94,37 f. 1, II, 580,58), ae.
holllac (in Rezepten und als Gl. zu tbiricori11m
,mit harter Haut versehen', 3, II, 65; III,
139; 22 s. v. t holleke) und ahd. snitilo11h (31,
566), das zwar meist zum Lemma brittola
auftritt, gelegentlich aber auch sein vermutliches Bildungsvorbild ーッイョセュ@
sectile/sectiv11m
glossiert (1, III, 586,25; IV; 235,33; 364,35).
Auf lat. ーッイョセュ@
basiert die Endehnung ahd.
pforro (31, 462), as. porro, ae. por(r), das sich
auch als Bestandteil des Kompositums ae.
por-llac, rnndl. por-looc, rnnd. por-/Ok, anord.
porla11kr (19, I, 202; 12, 121) findet. Zahlreiche weitere, jüng. belegte Komposita mit L.
als Grundwort sind z. T. wohl erst einzelsprachlich entwickelt. Doch fallt auf, daß
ein erst in Hs. des 14.Jh.s bezeugtes dt.
breidlo11ch (2, I, 1350) eine Entsprechung in
ae. bräde-llac hat und dort bereits in den
ältesten Glossaren auftritt. Da das gleiche
(vielleicht fehlerhafte) Lemma serpyll11m
,Feldthymian' glossiert wird (erörtert in 3,
III, 36; 5, B 2014), ist ein Zusammenhang
wahrscheinlich.
Z. T. neben oder parallel zu den bisher
genannten sind weitere L.-Bezeichnungen
erst im
bezeugt. Ahd. kil (31, 330) セイウ」ィ・ゥョエ@
Summarium Heinrici als Ubs. von porrus,
während ahd. s11rro bereits in alern. Hs. des
späten 8. und frühen 9. Jh.s als Glossierung
von cepa auftritt (zu Nurn. 11, 5; 1, I, 275,54;
363,24; ferner II, 742,30; 31,612), in as.
Form als s11rio zu cepe in der Donat-Glossierung der Hs. Karlsruhe St. Peter perg. 87
(29, 83,11 = 1, II, 158,29). Mhd. kil ist in
der Bedeutung ,Zwiebel des Lauchs' belegt
(9, V, 676; 16, I, 1570), so daß entweder eine
Teil-Ganzes-Übertragung vorliegt oder in
Anlehnung an die zugrunde liegende IsidorStelle (Etyrn. XVII,10,15 pッイョセュL@
cui11s tbio
=
genera, capitahls et sectilis) nur ein Teil der
Pflanze bezeichnet wird. Bei ahd. s11rro ist
erein Anschluß an den Ländernamen セイゥ・ョ@
wogen worden (19, I, 204), der jedoch im
Ahd. mit allen Ableitungen stets mit Vokal
-i-erscheint. Schließlich ist noch die in bair.
Rams (Ramser, r。ュウ・セ@
weiterlebende Bezeichnung des Bärlauchs zu nennen (13,
665; 19, I, 210 f. s. v. ADi11m 11mn11m), die
früh als ae. hramsa (schwaches Mask., daneben auch hramse schwaches Fern.; 22 s. v.
rams, ramson) bezeugt ist und eine Parallele
in rnnd. ramese hat (Belege für awnord. rams
Mask. bei 12,51). As. (?) ram11sia im Trierer
Cod. 1018/40 (1, V, 47,27) beruht auf ae.
Vorlagen. Ält. dt. Belege könnten in den
ON vorliegen (7, I, 1437; vielleicht auch einige der dort unter Hraban, Sp. 1431 ff. verzeichneten, von denen sie schwer zu trennen sind), vermutlich as. Hramisitha in der
Freckenhorster Heberolle (29, 39. 27; 20,
91 ), anfrk. Hram11sd11ng (Genter Tradition
zu a. 821-823, kopiert a. 941; 10, II, 823,
dort zu Hraban) oder die hd. Namen vorn
Typ Ramsa11, z. B. Rames{a}11a a. 882-884
(30, Nr. 626). Ae. hramsa erscheint gleichfalls in ON (6, 254; 27, I, 264). Die zugrunde liegende idg. Wurzel *kerem-, *krem(25, 580 f.) bildet außer im Germ. auch im
Griech., Kelt., Balt. und Slaw. Bezeichnungen für Zwiebel- und Knoblaucharten, häufig mit -s-Suffix. Dagegen hat L. keine Entsprechung in anderen idg. Sprachen. Etyrn.
läßt sich nur eine Verbindung zur Wurzel
idg. *le11g- (18, 223 f.; 25, 685 f.) herstellen,
mit der Wörter des Biegens und Windens
gebildet werden.
Zu L. in symbolhaften Beziehungen (z. B.
la11kaR auf- Brakteaten) -Sinnbilder und
Heilswörter; - Goldbrakteaten
(1) Ahd. GI. (2) Ahd. Wb. (3) P. Bierbaumer, Der
botan. Wortschatz des Ae. 1-3, 1975-1979. (4)
Bosworth-Toller,Anglo-SaxonDict. (5) Dict. of
OE. (6) E. Ekwall, The concise Oxford dict. of
English place-names, 4 1960, Nachdr. 1977. (T) Förstern. ON. (8) Fritzner, Ordbog. (9) Grimm,
DWb. (10) M. Gysseling, Toponymisch woordenboek. (11) W Heizmann, Lein(en) und L. in der
131
Lauchheim
Inschr. von Fl0ksand und im VQisa pattr, in: H. Beck
u. a. HhイN[セI@
Germ. Religionsgesch., \992,365-395.
(12) Ders., Wb. der Pflanzennamen im Awnord.,
1993. (13) Kluge-Seebold. (14) Krause, RäF.
(15) RE. Künzel u.a., Lexicon van nederlandse
toponiemen tot 1200, 21989. (16) M. Lexer, Mhd.
Handwb. 1-3, 1872-1878, Nachdr. 1970. (17) Lex.
der ält. germ. Lehnwörter in den ostseefinn. Sprachen, begründet von A. D. Kylstra 2, 1996. (18) R
Loewe, Etym. und wortgeschichtl. bemerkungen
zu dt. pflanzennamen, PBB 61, 1937,208-241. (19)
Marzell, Wb. (20) R Möller, Dentalsuffixe in
ndsächs. Siedlungs- und FIN in Zeugnissen vor dem
J. 1200,1992. (21) G. Müller, Th. Frings, Germania Romana 2, 1968. (22) Oxford English Dict.,
2
1989. (23) A. di Paolo Healey, R. L Venezky,
A Microfiche Concordance to OE, 1985. (24) J. D.
Pfeifer (Hr.;g.), OE Glosses in the Epinai-Erfurt
Glossary, 1974. (25) Pokorny, IEW. (26) B. Sijmons, H. Gering, Kommentar zu den Liedern der
Edda III/2, 1931. (27) Smith, EPNE. (28) de
Vries,Anord. etym. Wb. (29) E. Wadstein HhイN[セI@
Kleinere as. sprachdenkmäler, 1899. (30) H. Wartmann, UB der Abtei Sanct Gallen 1-2, 1863-1866,
Nachdr. 1981. (31) J. C. Wells, Ahd. Glossenwb.,
1990.
H. Tiefenbach
§ 2. Botanisch-Archäologisches. Wie
Knoblauch gehört L. (AIIium pomtm L.) zur
gleichnamigen Gattung (Alllium) aus der Familie der I.iliengewächse (5). L. im weiteren
Sinn meint also die Gattung, während man
unter L. im engen Sinn Allium pomtm, auch
al.r Porree, Winter-L. oder Frz. L. bezeichnet, versteht, wie dies nachfolgend gehandhabt wird. L. ist ein bis 85 cm hoher, in Kultur meist zweijähriger Zwiebel-Geophyt,
dessen Stammpflanze der mediterran verbreitete Sommer-L. (AIIiNm ampeloprasNm
Rchb.) ist (1). Der gestauchte Sproß mit
zwiebelähnlichen Verdickungen der Blattscheiden (,Schaft') wird als - Gemüse genutzt (2). Die Oberblätter sind nicht röhrenförmig, sondern flach. L. enthält neben
89 % Wasser 3 % Kohlenhydrate, 2,5% Eiweiß, 0,3 % Fett und schwefelhaltige Alliine
als Geschmacksstoffe. Er soll schon vor
mehr als 2000 J. angebaut und bereits im
alten Ägypten geschätzt worden sein. Der
arch. Nachweis dafür ist jedoch schwierig,
weil die vegetativen Teile kaum erhaltungs-
fahig und schwer bestimmbar sind, weil Samen der Gattung nur geringe Überlieferungschancen haben und dementspr. selten
gefunden werden, und weil an ihnen eine
morphologische Artdifferenzierung innerhalb der Gattung äußerst schwierig ist.
Entspr. spärlich ist die Zahl der bekanntgewordenen Nachweise. Neben Erwähnung in
zusammenfassenden Übersichten ohne vollständige Fund-Dokumentation (3; 8) sind
das röm. bis neuzeitliche Nachweise aus
England u. a. in Form von Blatt-Epidermen
(4; 6; 7).
(1) W. Franke, Nutzpflanzenkunde, 2 1981. (2) G.
Geisler, Farbatlas landwirtschaftl. Kulturpflanzen,
1991. (3) J. Greig, Archaeobotanical and hist. records compared - a new Iook at the taphonomy of
edible and other useful planr.; from the 11th to the
18th centuries A. D., Circea 12, 1996, 211-247. (4)
A. R. Hall, H. K. Kenward, Environmental evidence from the Colonia: General" Accident and
Rougier Street, in: The Arch. ofYork 14/6, 1990,
289-434. (5) G. Hegi, Illustrierte Flora von MitteJeuropa 2, 21939, 268-294. (6) P. Tomlinson, Plant
remains, irt R McNeil, A. F. Roberts HhイN[セI@
A
plant tank from Nantwich, 1986, 287-295. (7)
Dies., Vegetative plantremains from waterlogged
deposits identified at York, in: J. Renfrew HhイN[セI@
New Light on Early Farming, 1991, 109-119. (8)
U. Willerding, Zur Agrarproduktion von der
ェセ@
vorröm. EZ bis ins frühe MA, Historicum,
1996, to-20.
M. Rösch
Lauchheim. Im J. 1986 wurde in L, Ostalbkr., Baden-Württ., im Gewann "Wasserfurche" bei Neubaumaßnahmen ein bis dahin unbekanntes und unbeeinttächtigtes
Reihengräberfeld
Reihengräberfriedhöfe) angeschnitten. Rettungsgrabungen der
Arch. Denkmalpflege Stuttgart unter Leitung von Stark führten zur vollständigen
Aufdeckung des bislang größten und am
umfangreichsten untersuchten Friedhofs der
MZ in Baden-Württ.
Das Gräberfeld, dessen Freilegung 1996
abgeschlossen wurde, lag 1400 m w. des
alten Ortskerns der Stadt L. am Fuße der
Schwäbischen Alb, unmittelbar unterhalb ei-
c-