Par
tous
les sens
traverse
201 5/2
Zusammenfassung
I
Vom Tasten, Hören, Riechen und Sehen
unter Grund
Sinn und Sensitivitäten der lnnerlichkeit
Verschiedene sinnliche Praktiken - vom Lärm der (Kuh-)Glocken während
des Karnevals bis zum Geruch der Osterpasteten und zur Zurschaustellung
der häuslichen Wäsche - öffnen einen Weg, der zum unergründlichen Sinn
(Sensory Politicsr im Angesicht
der nuklearen Apokalypser
Silvia Berger Ziauddin
der Innerlichkeit führt, der in einer matri-uxorilokalen Gesellschaft auf den
Zykladen dominiert.
( U b e r s et zun g
: Anj o Rathmann- Ltrtz)
"Five - four - three two one." Greissendes
Licht lässt die uniformierten Männer
in ihren Schützengräben zusammenzucken,
eine gewaltige Druckwelle f.egt über
"
sie hinweg und wirb
,-,'.t -' spüren sie'
-^-^::_ Lippen
epressten
wie der Boden unter
und ein dunkles Grollen, die
Männer halten die H
er die Ohren. Als das Grollen nachlässt,
heben sie ihre Köpfe. Behände klettern
die soldaten aus den Erdlöchern und
laufen auf die pilzförmige wolke zu, diesich
vor ihnen auftürmt.
Die Szenen spierten sich im Sommer r95i
inder wüste Nevadas ab. Anlässrich
der Truppenübung <smoky> führten
amerikanische und kanadische Infanteristen
weniger als zehn Kilometer entfernt von
einer real detonierenden Atombombe
im spengebiet der Nevada Tþst site taktische
Manöver durch. Jahrzehnte später
stellte man bei den Teilnehmern des Truppentests
stark erhöhte Raten an Leuk_
ämie und Schilddrüsenkrebs fest.2
Atommächte erfuhren bis zum Atomteststopp_
e l.r4ilitärs, Wissenschaftler, Behördenvefireter,
nenLeibFürdieüberwiegend"#;ä*:ff:T:ïï,i;ffiä.i::;ffiåî
130
imzeitalter des Kalten Krieges ausserh: rb
der Möglichkeit einer unmitterbaren
wahrnehmung. wie patrick Bernhard und
Holger Nehring betonen, war der ostwest-Konflikt primär ein <imaginärer Kriegr,ìelcher
der Einbildungskraft der
Menschen Gewart antat, nicht so sehr
abe, irr"n Körpern.3 Erweist sich eine
auf
den gesamten Körper und die fünf sinne
fokussie¡te Geschichte der Bombe im
<<radikalen Zeitalter>>a deshalb
als undurchführbar?
Diehistorisch-anthropologische Forschung
zur atomaren Bedrohung legt diesen
Schluss nahe. werden sinnliche wahrnehÀungen
der Bombe thematisiert, dann
verhandelt man sie, wie dies Joseph Masco
g"tun hut, im Horizont des nucrear
uncanny. Masco versteht. darunter einen
alltäglichen wahrnehmungsraum aus
Beklemmung und sensorischer Konfusion,
¿Jn er zum einen auf die Raum-/
Zeitkontraktion zurückführt, welche die
thermonukreare vy'affentechnologie
mit
sich brachte (die welt war immer nur
wenige Minuten entfernt von einer nukle_
131
Mll ailen 5tnnen
traverse 201 5/2
aren Apokalypse), zum andern aber auch auf die physische Eigenheit nuklearer
Materialien, insbesondere die unsichtbare, tödliche Radioaktivität. Das nukleare
unheimliche mit seinerAlles-oder-Nichts-Kosmologie habe den Körper üb efteizt,
was zur Folge hatte, dass den eigenen sensorischen wahrnehmungen scheinbar
nicht mehr zu trauen war.5 Als Ausweg flohen die einen in eine Anästhetisierung:
In einer welt voller neuer Gefahren zogen sie sich mental zurück und weigerten
sich, überhaupt an die Bombe zu denken. Andere wiederum gewannen
der Bombe
einen ästhetischen Genuss ab und rückten sie so in den Bereich des Sublimen.
Angestossen wurde dieser prozess durch Behörden und wissenschaftler,
welche
spezif,sche Bilder der Bombe mit dem zier verbreiteten, eine emotional
alerte,
jedoch nicht panische Gesellschaft zu produzieren eine <bomb-proof
society>.
Masco argumentiert, die Zivilschutzprogramme der usA hätten eine ästhetische
Politik verfolgt, bei welcher die eigene Zerstörung geradezuhypnotisch
fokussiert
wurde durch die verbreitung von Fotos von Feuerbällen, Atompilzen
und Ruinen von uS-Städten, aus denen nach dem Atomschlag unversehrre
Familien mit
dem wiederaufbau begannen. Er etabliert damit eine Lesart des
Atomzeitalters,
in welcher visuelle Imaginationen zur primären Sinneswahrnehmung erhoben
werden: Es ist das Betrachten und die Kontemplation von Bildern
nukìeare¡
Explosionen und Ruinen, die gekoppelt mit einem spezifischen <<nukespeak>>6
der Behörden und wissenschaftler die psychischen welten und
die Gefühle der
US-Amerikaner beeinfl ussten.?
Mit meinem Beitrag möchte ich die postulierte Dominanz des Sehsinns infrage
stellen. Denn beim Fokus auf die Aneignung der Bombe durch
zirkulierende
Bilder (und rexte) wird allzu schnell vergessen, dass das nukleare
zeitaltet
auch reale Bauten hervorgebracht hat, die gegen die Effekte eines
Atomkriegs
schützen sollten und damit das körperliche sensorium der Menschen
qua materiellem schutz gegen die Bombe umfassend miteinbezog. Die Rede
ist von den
<<fallout shelters> oder Atomschutzbunkern. Diese
abgeschlossenen, künstlich
beleuchteten und engen Räume stellten für die Haptik, das Gehör,
den Geruchsund Geschmackssinn ebenso wie den Sehsinn eine beispiellose
Herausforderung
dar. um die Überlebensfrihigkeit der Bevölkerung im Angesicht
der nuklearen
Apokalypse zu garantiercn, mussten sich die Behörden zwangsläufig
mit allen
Sinnen unter Grund beschäftigen. Die Bunker-Sinne sollten
derrn auch, wie ich
im folgenden Fallbeispiel aus der Schweiz zeigen werde, einem
umfassenden
staatlichen Zugnff uúerworfen werden.
132
Ausgangspunkt meiner historischen Tiefenbohrung an der
schnittsteile von
sinnesgeschichte, Körpergeschichte, Emotionsgeschichte und Raumgeschichte
sind shelter habitability studies. unter diesen studien sind
die Anstrengungen
von wissenschaftlern verschiedenster Disziplinen zu verstehen,
physiologische,
soziale und psychologische Effekte des Aufenthalts in schutzräumen
zu
unter-
Berger Ziauddin: Vom Tasten,
Hören, Riechen und Sehen unter
Grund
suchen. Sie
Westdeutsch
lanciert.s In
hörden
in den USA,
Grossbritannien,
und der Schweiz seit den l950er_Jahren
man dabei auch verschiedene
Gruppen
im Bunker aus. Die Versuchsteilnehmer
achtet, Variablen wie Temperatu¡
Licht_
verschiedene Einrichtungen getestet.
die Bevörkerung enrsrand in der
Schwe,,
;1"tiffä;îYffiïiï1i::ï",i
ntren und parkhäusern eingebauten
Matrix, die den Nuklearkrieg für die
gtäglich aktualisierte und die
Frage nach
habensichdieZiv'schürzerdiese.","illlìol"ttJ:ïlrît'""ff
li:i:,t"'fiiî
der Schutzraumsubjekte angeeignet?
Inwiefern wurden die sinne unter
Grund
für die Herstelrung einer emotional
gefestigten Nation instrumentalisiert?
werche sensorischen Träume und
und
phun,ur-"î brachen
sict im unt"rgrund Bahn?
Paradigmatische Weichenstellungen
ImAnschluss an die Verankerung
des
Gründung des Bundesamts
Zivits
fi)r
der Zivilschu tzgesetzgebungen (1962/
63.
Aufmerksamkeit zunächst auf den
baulicien Sekto¡. Es galt, mögrichst
rasch tech_
nische Richtlinien für die Erstellung
von schutzräumen zu entwickeln.
Gemäss
dem 7964 in Kraft tretenden Baumassnahmengesetz,
das alle Hauseigentümer
zum Einbau von Schutzräumen
in Neubauten und bei grösseren
umbauten ver_
pflichtete, sollten die Sicherheitszeilen
im Keiler sowohl gegen die Effekte
eines
Atomkrie
chutz bieten.
Exp
nahmdie
Eine
enschaftle¡n
weisungen für den privatschutzrauh,
ku¡z Twp66, auf der
mathematischer Optimierungsstudien
vor.e
Dank dem zeitgleich einsetzenden
Bauboom
""rrr'i#;t""1ï
begannen sich in der Folge bis
ins
privatschutzrâume
letzte Detail standardisierte
rasend schnell im schweizer
untergrund zu verbreiten. Bis 1970
verdopperte sich de¡ Bestand von
50000 auf
100 000 Personenschu tzrätme,womit
u"r"it, für die Hälfte der Bevölkerung
ein
Schutzplatz im untergrun-d bereitstand.r'
Aufgrund der sich materialisierenden
Sicherheitsarchitektur und d er in
der zivirschuäkonzep tion i rfestgehalten
Dok_
trin, dass die Schutzräume ab einem
bestimmten SpannungsniveauLvorsorglich,
133
traverse
201 5/2
Berger Ziauddin: Vom Tasten, Hören, Riechen und Sehen unter Grund
z;ubeziehen seien,rr rückten seit Ende der 1960er-Jahre Fragen zum Bezug und
Aufenthalt im Schutzraum immer mehr in den Vordergrund. 1967 wurde von
Im Folgenden werde ich zwei, für die schweizerisch en habitability studies zentrale
Laborstudien exemplarisch in den Blick rücken und anhand der experimentellen
Mit allen Sinnen
der Sntdienkommission für Zivilschutz eine Untersuchung aller Faktoren gefordert, die für das Überleben der Bevölkerung in der Vorangriffs-, Angriffs- und
Nachangriffsphase eines Atomschlags von Bedeutung waren. Das Grundlagenproblem des Ûberlebens in Schutzräumen überantwortete man Werner Heierli,
einem Bauingenieur mit eigenem Büro und Studien- und Arbeitserfahrungen
in den USA, der schon bei der Ausarbeitung der technischen Richtlinien für
Schutzbauten eine massgebliche Rolle gespielt hatte.r2 Heierlis Ingenieurbüro
lancierte in der Folge in Zusammenarbeit mit medizinischen Fachleuten und
Zivilschutzvertretern mehrere Studien und Laborversuche, die sich bis weit in
die 197Oer-Jahre erstreckten.
r3
Epistemisch und methodisch legte Heierli von Beginn weg Prämissen für die
schweizerische Grundlagenforschung zum Überleben im Schutzraum fest. Basierend auf der Annahme, dass der Mensch in Extremsituationen zu Aussergewöhnlichem fähig sei und sich in bisherigen Katastrophen und Kriegen (insbesondere
dem Zweiten Weltkrieg) meist <<zweckmässig> und nicht etwa panisch verhalten
habe,ra sollte das Erkenntnisinteresse nicht psychologischen oder gruppendynamischen Fragen gelten. Im Zentrum stand vielmehr die Auslotung von körperlich
vertretbaren Mindestwerten. Gelänge es, Mindestanforderungen für das physiologisch Tragbare im Schutzraum zu eruieren, so Heierlis These, würde alles <normal funktionieren>.t5 Die Konzipierung des Menschen als homogenes Subjekt,
das sich grundsätzlich rational verhält und sehr anpassungsfähig ist, sowie die
kategoriale Gleichschaltung des Atomkrieges mit Katastrophen und konventionellen Kriegen bildeten auch die Basis für die Entscheidung, welche Methoden zum
Einsatz kamen. Erstens studierten Heierli und seine Mitarbeiter wissenschaftliche
Literatur zum LuftschutzimZweiten Weltkrieg, aber auch Berichte über räum-
liche Beengtheit wie etwa in Konzentrationslagern oder auf Sklavenschiffen.l6
134
Zweitens konsultierte man Belegungsversuche aus dem Ausland; deutsche und
skandinavische Studien wurden dabei mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen,
da sie physiologischen Aspekten die grösste Bedeutung zumassen.rT Drittens
veranlassten Heierli und sein Team selbst Laborstudien. Vor dem Hintergrund des
von ihm entworfenen rationalen Menschenbilds wurde der Einbezug <normaler>
Gruppenkompositionen (Männer, Frauen, Kinder, Alte, Kranke) in die Versuche
nicht als notwendig erachtet. Zu Beginn zeichneten sich die schweizerischen
Studien gar durch eine eklatante Absenz realer Menschen im Überlebenslabor
Bunker ab. So fühfe die Arbeitsgruppe Grundlagen der Studienkommission für
Zivilschutz 1968 etwa Versuche zum Raumklima in Privatschutzräumen durch, bei
welchen über mehrere Monate hinweg mittels Wärme- und Feuchtigkeitsquellen
menschliche Aktivitäten im Raum simuliert wurden.rs
versuchsanordnungen und Praktiken diskutieren, welche Sinneswahrnehmungen
darin adressiert wurden.
Haptische Geografien im Bareggtunnel
Anfang der 1970er-Jahre projektierten die Behörden für den SonnenbergStrassentunnel bei Luzern und den Milchbucktunnel bei zirich grosse Zivilschutzanlagen. Die zu erstellenden Tunnelröhren sollten bei einem atomaren
Angriff unterkunft für 20 000 beziehungsweise 25 000 personen bieten. um die
mobilen Einrichtungen für den Daueraufenthalt möglichst <<wirklichkeitsnah>>
zu studieren, führten die Zivilschutzverantwortlichen der Städte Luzern und
ztrich im Frühling 1970 einen zweimonatigen versuch durch. Als ort der Laborstudie wurde der kurz vor seiner lnbetriebnahme stehende Bareggtunnel bei
Baden ausgewählt. Für die Disposition, organisation undAbwicklung zeichnete
das Ingenieurbüro Heierli verantwortlich. Im technischen Bericht des Büros ist
nachzulesen, dass im Bareggtunnel ein Möblierungsversuch vorgesehen war,
bei dem diverse Räume - etwa separate Liegeräume für die Allgemeinheit, die
Blockleitung und für Kleinkinder - getestet werden sollten im Hinblick auf
Gerüstkonstruktion, Stoffbespannung, Verschnürung, Vorhänge, <<räumlichen
Eindruck> und Zugänglichkeit. te
Betrachtet man die versuchsanlage, so fällt auf, dass im Bareggtunnel in erster
Linie die haptische Geografie von Schutzräumen auf den prüfstand gestellt wurde.
Haptische Geografien umfassen die taktile Rezeptivität der Haut, die Bewegung
von Körperteilen und die Lokomotion des gesamten Körpers in seiner umwelt.
Der haptische Sinn, konstatiert Paul Rodaway, <<is more than the action of the
fingers feeling the texture ofsurfaces. Touch involves the whole body reaching out
to the things constituting the environment and those things, or that environment,
coming into contact with the body.>2' wie nun der Körper mit der Schutzraum-
umwelt in Kontakt kam und diese mit ihm - wie sich also die Reziprozität des
haptischen systems im Bunker gestaltete -, wurde durch kurzfristige Belegungen verschiedener Einrichtungen mit Puppen und Freiwilligen getestet. Auf der
Basis dieser Tests schickten sich die studienleiter an, die haptische Geografie
des Tunnels zu normieren. So legte man Mindestwerte für Körperbewegungen
im Liegen, Schlafen und wachzustand fest, indem dreistöckige Liegestellen
mit Abmessungen von jeweils 190 zentimeter Länge, 7o zentimeter Breite und
65 z'entimeter lichter Höhe pro Person (für Babyliegen 90 x 60 x 50 Zentimeter)
sowie spezifische Masse und Anordnungen der Aufenthaltsräume empfohlen
135
Mit allen Sinnen
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wurden.2r Die taktilen Erfahrungen wurden durch die Festlegung der Beschaffenheit von Oberflächenstrukturen wie Stoffen und Vorhängen geregelt, Kontakte
mit anderen Körpern durch die Einführung von Abteilen, mobilen Trennwänden
und separierten Toilettenräumen. Der Versuch etablierte damit ein Regime, das
die Bewegungen, Kontaktnahmen und Lokomotionen von Körpern im Raum
regulierte und mit einem genauen Mass ausstattete.
Im Labor Bareggtunnel wurde allerdings nicht nur der haptische Sinn adressiert,
obgleich dieser unverkennba¡ im Vordergrund stand. Er wurde auch im Zusammenwirken mit auditiven, visuellen und olfaktorischen Sinneseindrücken untersucht.
So montierte der Fachgruppenleiter <.Übermittlung> Lautsprecheranlagen, um
Tonfrequenzen, die Silbenverständlichkeit von Mitteilungen und diverse MusikprograÍrme zu testen. Überdies wurde die Farbgebung der Liegeräume geprüft, und
in Einzelversuchen erprobte man verschiedene Arten und Qualitäten von Tag- und
Nacht-Beleuchtungen, die das eingeschränkte Sehen im Tunnel kompensieren
und die Orientierung im Raum erleichtern sollten. Auch der von der Ventilation
verursachten Luftbewegung schenkte eine Versuchsgruppe Aufmerksamkeit, um
Aufschluss über Geruchsemissionen und Störungen der Schlafqualität zu erhalten.22 All diese Sinneswahrnehmungen galt es in den Augen der Versuchsleitung
zu modulieren, wollte man das <\ù/ohlbefinden>, die <freundliche Atmosphäre>>
und den <Komfort> im Raum fördern.
Eine mehrtägige Belegung durch Testpersonen zog man im Bareggtunnel nicht
in Erwägung. Dass letztlich ein über mehrere Tage hinweg dauernderAufenthalt
von Menschen im Uberlebenslabor unausweichlich war, hatten jedoch die im
Jahr 1968 durchgeführten, mit technischen Apparaturen simulierten Belegungsversuche erstmals angedeutet: Unerwartet starke Feuchtigkeitsentwicklung und
massive Temperaturerhöhungen drohten die Existenzbedingungen unter Grund
zu gefährden, und auch die bislang berechneten Frischluftmengen schienen
angesichts der Simulationen ungenügend. Nach längerer Vorbereitungszeit
fasste die Studienkommissionfür Zivilschutz deshalb den Plan, eine Gruppe von
Testpersonen eine rùy'oche in einen Schutzraum einzuschliessen und zu prüfen,
welche Klimaveränderungen dabei zu beobachten waren und wie sich die <Extremsituation>> auf die Versuchsgruppe auswirkte.23
Multisensorische Geografien in Niederhasli
136
An einem sonnigen Tag im August 1973 entledigten sich 25 Männer im Alter von
25-51 Jahren ihrer Kleider und begaben sich mit Unterleibchen und kurzen Hosen
in den 25 Quadratmeter grossen Schutzraum der Firma Lanz +Frei in Niederhasli
(ZH). Um 16.00 Uhr wurden die massiven Stahlbetontüren geschlossen und
Berger Ziauddin: Vom Tasten, Hören, Riechen und Sehen unter Grund
die ventilation in Betrieb genommen. Für die nächsten sieben Tage sollten die
aus Mitarbeitern kantonaler zivllschutzämter, dem Bundesamt für Zivilschutz,
privaten Ingenieurbüros und dem Laboratorium wimmis zusammengesetzte
Schar Freiwilliger erfahren, was es hiess, den Atomkrieg im schutzratrm zu
<überleben>. Im vorfeld des sogenannten Belegungsversuchs <v73> waren
sie
vom operativen Leiter Fred wälchli (Ingenieurbüro Heierli) informiert worden,
das Experiment diene der Ermittlung konkreter Daten zum Schutzraum-Klima.
Gleichzeitig gelte es aber auch Schutzraumeinrichtungen, Trinkwasserreserve,
Schutzraumbetreuung und vieles mehr eingehend zu prüfen.2a
Tatsächlich markierte <v73> die umfassendste schweizer Laborstudie, welche
die multisensorische Herausforderung im Angesicht der Bombe adressierte. Die
Effekte eines Daueraufenthalts in einem engen, düsteren, heissen und stickigen
Bunker auf den Menschen wurden dabei von einem versuchsarzt ermittelt, der
täglich Fragebögen verteilte, die aufdas individuelle Befinden und die sozialen
Interaktionen abzielten.In der versuchsanlage kommt zum Ausdruck, dass von
einer direkten Korrelation zwischen Klima, plafz,Larm,licht und wasser/Nahrung einerseits und psychischem Befinden und Gruppénverhalten andererseits
ausgegangen wurde. ziel war es deshalb, körperlich-sinnliche Minimalanforderungen zu ermitteln, um darauf aufbauend die psychologie und soziologie des
Raumes zu steuern.
Die Messungen der Gruppe Klima-Messtechnik zeigten, dass die von den
zivllschutzverantwortlichen ursprünglich befürchteten extremen Anstiege von
Luftfeuchtigkeit und remperatur ausblieben.25 Gemäss Schlussbericht stieg
die Temperatur nur bei grosser Aktivität der Teilnehmer stark an und führte
dann auch zu körperlichen Belasiungen. Als klimatisch durchaus erträgliche
werte sowohl für den Einzelnen als auch das Kollektiv ermittelte man'werte
von 28 Grad und 80-90 Prozent Raumfeuchtigkeit. Auch bezüglich der antizipierten Kondensation konnte Entwarnung gegeben werden; diese trat an
vy'änden und Boden praktisch nicht auf.26 Die dreistöckigen Liegestellen mit
den im Bareggtunnel-versuch standardisierten Abmessungen bewährten sich
gut und erlaubten ein <entspannendes und durch den Nachbar nicht eingeengtes
Ausruhen>>27 (vgl. Abb. 1, S. 139).
ztfrieden schien man auch im Hinblick auf die standardisierte Beleuchtung
(Fluoreszenzlampe, Lämpchen des ventilationsaggregats), die eine visuelle
orientierung im Raum in der Schlaf- und wachphase ermöglichte, sowie auf die
vom ventilationsaggregat ausgehende Lärmemission. Letztere lag im möblierten
Raum bei 59 Dezibel und störte die versuchsteilnehmer nicht entscheidend. Nach
einigerzeithörten sie das Aggregat dank gleichbleibendem Geräuschpegel nicht
mehr.28 Bezüglich den olfaktorischen Herausforderungen
im Raum bewährte
sich der Entscheid, den Toiletten¡aum mit Trockenklosett direkt unterhalb des
137
Mit allen Sinnen
trâverse
Berger Ziauddin: Vom Tasten, Hören, Riechen und Sehen unter Grund
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Überdruckventils einzurichten. Unangenehme Gerüche konnten so ullmittelbar
ins Freie geleitet werden.2e Auch die Querbelüftung bei den Liegestellen - ein
Abstand von l0 Zentimetern zwischen Liegestellen und Wand - führle dazu, dass
man durch Geruchsemissionen kaum belästigt schien.30
In einer abschliessenden Presseorientierung resümierte die Versuchsleitung: Die
Laborstudie <V73>> habe <die grosse AnpassungsfähigkeiÞ des Menschen an
niedrigen Komfort und relativ hohe Temperaturen und Feuchtigkeit bestätigt. Alle
Teilnehmer hätten die Anforderungen sowohl körperlich als auch psychisch <gut
ertragen>), der Versuch dürfe als <<voller Erfolg> bezeichnet werden.3l
das Tagebuch des Schutzraumleiters und den Bericht des
Arztes, erhält das ausnahmslos positive Bild allerdings Risse. So notierte det Atzt
während des Versuchs verschiedenartige <Anpassungsbeschwerden>>: Ubelkeit,
Erbrechen, Magen-Darm-Störungen, Kopfschmerzen und häufige Einschlaf- und
V/irft man einen Blick auf
Durchschlafstörungen. Auffällig schien ihm besonders der Schlafmittelverblauch,
der gegen Versuchsende massiv zunahm und von der Einnahme von Tranquilizern
begleitet wurde. Das Tagebuch des Schutzraumleiters akzentuiert diese Befunde.
So notierte er am zweiten Tag Erbrechen, starkes Kopfweh, Unbehagen und
Passivität angesichts der hohen Temperaturen. Die Haut fühle sich <immer etwas
feucht an>, man schwitze sofort bei geringer körperlicher Belastung und alles
<stinke ein wenig>>. Zugleichbefürchtete er für den kommenden Tag <die ersten
l: Laborstudie <V73>. Entspanntes Ausruhen im Bunker. (Zivilschutz 10/20
il9731,356)
Abb.
Zusammenstösse> und sprach die bange Hoffnung aus, es möge genügend Männer
geben, <<die ihre Nerven nicht verlieren>>.32 Daztt sollte es jedoch nicht kommen.
Durch das reduzierte Programm in der zweiten Hälfte der Versuchszeit und das
Appellieren an den eigenen Willen schien der Abbruch des Versuches gebannt.
Passivität, Gereiztheit, Erbrechen, Kopfweh und massive Schlafstörungen:
Mussten diese, der Öffentlichkeit verschwiegenen Resultate die Verantwortlichen
nicht aufhorchen lassen? Wenn eine Gruppe eingeschworener Angehöriger und
Fachleute des Zivilschutzes nach einer'Woche im geschlossenen Bunker auf
die Einnahme von Beruhigungs- und Schlafmitteln angewiesen war, um die
Laborsituation zu meistern, wie sollte dann eine dem Bevölkerungsquerschnitt
entsprechende Gruppe den offiziell geforderten zweiwöchigen autarken Aufenthalt unter Grund bei einem realen Atombombenangriff bewältigen? Konnte
mit der sensorischenAusmessung des Raums und der Festlegung physiologischer
Mindestwerte ein geordnetes Leben im Angesicht der Apokalypse tatsächlich
Als Synthese der eigenen LaborVersuche und der Auswertung ausländischer
Literatur verfasste Werner Heierli im Verlauf der 1970er-Jahre diverse Publikationen. Seine Monografie Uberleben im Ernstfall, 1982 auf Deutsch und
Englisch erschienen, repräsentierte dabei das umfangreichste Werk zur Thematik.3a Auch an der Ausarbeitung des Schutzraumhandbuchr war er beteiligt,
das 1978 vom Bundesamt für Zivilschutz als <Arbeits- und Führungshilfe>
für die Schutzraumleitungen herausgegeben wurde.35 Dreh- und Angelpunkt
eines letztlich doch nicht regulierbaren Lebens im Schutzraums erfolgen, sondern
dieser Texte war die Installation eines Bunkerregimes, welches das Überleben unter Grund in eine sensorisch genau berechen- und handhabbare Grösse
überfúhrte. Neben den weiter oben be¡eits dargelegten Abmessungen und
Arrangements von Liegestellen und Toiletten bezifferte dieses Regime die
Minimalanforderungen für das Überleben mit einer Lärmbelastung von maximal 65 Dezibel, Klimawerten von maximal 29 Grad Celsius bei 100 Prozent
Luftfeuchtigkeit und Lichtstärken von mindestens 30 Lux tagsüber. Unabdingbare Basis bildete selbstverständlich Wasser (3 Liter pro Tag und Person) und
lediglich die <potentielle Suchtgefahr>> von Schlafmitteln untersuchen.33
Überlebensnahrung.36
gewährleistet werden?
Der Schlussbericht zum Laborversuch <V73> gibt auf diese Fragen keine Antwort. Angemerkt wird zwar, die Zlunahme des Schlafmittelkonsums bedürfe einer
näheren Abklärung. Diese sollte aber nicht etwa im Hinblick auf die Eventualität
138
<Sensory Politics> und die Utopie einer sedierten Gesellschaft
139
I_
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Entscheidend festzuhalten gilt nun, dass in den Augen der Zivilschutzfachleute
Angstreaktionen, Apathie, Pessimismus oder der Verlust des Selbsterhaltungstriebes vermieden werden konnten, wenn <<die Sinnlichkeib> des Bunkers mit
diesem Katalog an Minimalanforderungen gesteuert und normiert wurde. Die
sensorischen Praktiken im Rahmen der schweizerischen Laborstudien trugen
folglich zu einem Regulierungswissen bei, das letzten Endes der Schaffung einer
emotionalen Geografie des nationalen Überlebens dienen sollte. Die Zivilschützer
verschrieben sich einer s¿¡¿sory politics, bei welcher die Denk- und Gefühlswelten
der Bürger via Modulationen der sinnlichen Umweltstressoren kanalisiert wurden, um unerwünschte Emotionen, Verhaltensweisen und Phantasien im Bunker
zu eliminieren. Sie trugen mit diesen auf den Bevölkerungskörper zielenden
Verfahren und Techniken zu einer umfassenden Gouvernementalisierung der
Schutzraumgesellschaft und ihrer Subjekte bei.
Emotionale und multisensorische Geografien sind im Kalten Krieg auf engste
miteinander verwoben. Die eingangs zitierte These Joseph Mascos bedarf deshalb
einer Revision: Es ist keineswegs nur der Sehsinn, der zur emotionalen Kontrolle
der Gesellschaft und zur Produktion doziler Bürger im Angesicht der Bombe
instrumentalisiert wurde. Ich möchte vielmehr argumentieren, dass der Staat
eine auf das Sehen ebenso wie die haptischen, olfaktorischen und akustischen
Vy'ahrnehmungen zielende Steuerung und Regulierung der Sinne lancierte, um
eine <bomb-proof society>> herzustellen.
Die behördlichen Weisen des Regierens unter Grund konnten mithin illiberale
Zige annehmen.3T Dies manifestiert sich gerade mit Blick auf die Führungsstrukturen im Bunker, die ich zum Schluss kurz beleuchten möchte, da sie auf
eine grundlegende Paradoxie der sensorischen Politik des schweizerischen
Zivilschutzes verweisen. Nach Heierli sollte der Schutzraumchef nicht eine
demokratische, sondern eine <<autoritäre> Gruppenleitung pflegen, klare Befehlshierarchien installieren und eine <<scharfe> Disziplin einfordern.3s Neben der
Beschäftigung und Information der <<Schutzrauminsassen>> und demAppellieren
an das gemeinsame Ziel (Verteidigung der Unabhängigkeit der Schweiz) galt
als weitere zentrale Leitungsaufgabe die aktive Förderung des Schlafes. Immer
wieder durchzieht der Schlaf Heierlis Schriften und wird in zunehmendem Masse
zumAllheilmittel erkoren, um den sinnlichen Herausforderungen des Raumes zu
begegnen. Schlafen im Bunker bot für ihn unschätzbare Vorteile: die Menschen
brauchten weniger Platz, produzierten weniger rüy'ärme, Wasserdampf, Lärm
und Geruch, sie benötigten keine Beleuchtung und mussten nicht diszipliniert
werden. Es war deshalb <durchaus erwünscht, dass viel geschlafen und geruht
wird>.3e Gerade bei Panikreaktionen und Erregtheit einzelner Individuen durfte
der Schlaf nach Heierli auch <<erzwungen>> werden, indem der Schutzraumleiter
<<gezielt>> Schlaftabletten einsetzte.a0
An dieser Stelle, ebenso wie bei der empfohlenen Ausstattung der Schutztaùmapotheke mit Beruhigungsmitteln, schimmert das Begehren nach der Eliminie-
Mit allen Sinnen
140
traverse
rung oder zumindest möglichst umfassenden Eindämmung alles Sinnlichen im
Bunker durch - die Utopie einer sedierten Gesellschaft, die dem postapokalyptischen Zeitalter in perfekter Ordnung entgegendämmert. Die Akzentuierung
des Schlafes verweist, so möchte ich argumentieren, auf die latente Angst der
Zivilschützer vor der grösstmöglichen Bedrohung, dem <Pestzustand>>al unter
Grund: Chaos und Unordnung, irrationale, aggressive und panische Individuen,
die die Grenzen der Macht gefährden. Der <Traum> von der subterranen Pest,
der sich im Reden über den Schlaf andeutet, konterkariert dabei das rationale
Menschenbild der Zivilschützer. Die Behauptung eines zweckmässig agieren-
den Subjekts erinnert bei gleichzeitigem Insistieren auf der Notwendigkeit
des Schlafs an das laute Sprechen eines Kindes in der Dunkelheit, mit dem es
einen bösen Geist zu bannen sucht. In Gestalt des irrationalen Subjekts lauerte
dieser Geist immerfort in der stickigen Betonzelle. Vollständig regierbar war
es offensichtlich nur, wenn seine haptischen, auditiven, olfaktorischen und
visuellen Wahrnehmungen vollständig <unter Grund> gesetzf. wurden.
Anmerkungen
I
2
3
4
5
Dieser Artikel ist im Kontext meines Habilitationsprojekts entstanden, das sich de¡ Wissens-,
Sozial- und Kulturgeschichte der Zivilschutzbunker in der Schweiz des Kalten Krieges
widmet. Ich danke Myriam Spörri, Bruno Ziauddin und den Herausgebem des traverseHefts Par tous les sens I Mit allen Sinnen fij¡ ihre hilfreichen Anmerkungen zum Beitrag.
Die Testserie Plumbbob, zr der Smolty gehörte, galt als grösste, längste und umstrittenste
Serie in der Geschichte der Nukleartests in Nevada. Vgl. dazu: Richard L. llftller, Under
the Cloud. The Decades of Nuclear ksring, New York 1986, 25 1; Defense Nuclear Agency,
ShotSmoþ.ATestoJthePlumbbobSeries,3l August 1957, TechnicalReport 198l.Filmausschnitte zur Truppenübung finden sich im 1982 uraufgeführten Dokumenta¡film The Atortic
Cafe von Kevin Raffefy, Jayne Loader und Pierce Rafferty.
Patrick Bemhard, Holger Nehring (Hg.), Den Kalten Kríeg denken. Beitrcige zur sozialen
Ideengeschichteseit 1945, Essen2014, 14.ZtmBegitrdesimaginarywarvgl. MaryKaldor,The Imaginary War. Understanding the East-West Conflict, Cambridge 1990. Wichtig
festzuhalten bleibt allerdings, dass auch im Zeitalter des Kalten Kriegs kriegerische Konflikte
ausgetragen wurden (freilich ohne Einsatz von Nuklearwaffen). So standen diverse <heisset
Kriege in Afrika, Asien und Südamerika im Zusammenhang mit dem Antagonismus zwischen
den Supermächten. Vgl. Odd Arne Westad, The Global Cold War. Third World Interventions
and the Making of Our Times, Cambridge 2005.
Vgl.BerndStöver,DerKalteKrieg.GeschichteeinesradikalenZeitalters, 194T-1991,
München 2007.
Joseph Masco, Nuclear Borderlands. The Manhattan Project in Post-Cold War New Mexico,
Princeton 2006,28. Zu¡Aus- und Überreizung des Vorstellbaren durch die Bombe vgl. auch
Frank Reichherzer, <<Zwischen Atomgewittem und Statdtguerilla. Gedanken zum Kriegsbild
westdeutscher Wehrexperten von den l95Oer Jahren bis zum NAlO-Doppelbeschluss>>,
in Bernhard/Nehring (wie Anm. 3), 143 f.
141
Mit allen Sinnen
6
7
traverse
201 5/2
Vgl. Edward Schiappa, The Rhetoric ofNukespeak, Comnwnication Monographs 56 (19S9),
253-2'72.
Joseph Masco, <Engineering the Futu¡e as Nuclear Ruin>, in Ann Laura Stoler, hnperíal
Debris. On Ruins and Ruinaflon, Durham (NC) 2013, 252-286; Joseph Masco, <<Survival is
your Business). Engineering Ruins and Affect in Nuclear America>>, Cultural Anthropology
2312(2008),361-398; vgl. auch SpencerR. Wearf,The Rise of NucLear Fear,Harvard2012,
Berger Ziauddin: Vom Tasten, Hören, Riechen und Sehen unter Grund
l7
dynamischen und soziologischen Fragen zum Schutzraumaufenthalt mehr Bedeutung.
1977 /44,Schutzraumhandbuch (1967-1968), Bd. 54: Studienkommission
für Zivilschutz, Gruppe 2: Grundlagen, Bericht SHB Nr. 68-25-2, Versuche zum Raumklima
in TWP-Schutzräumen.
18 BAR, 84390C,
l9
BAR,E4390C,l9TTl164,BelegungsversucheTestúbungAarau-Süd(1969):Ingenieurbüro
W., R & Dr. W Heierli, Technischer Be¡icht und Kostenvoranschlag zum vorgeschlagenen
Möblierungsversuch im Bareggtunnel, 7. 10. 1969.
20
Paul Rodaway, Sensuous Geographies. Body, Sense and Place, New York 1994,44.
Ygl. Werner Heierli, L. Jundt, <<Das Uberleben im Schutzraum>, Baulicher Zivílschutz
(Sonderausgabe Scltwe izer BaLtb latt, April 19'1 2), 21.
BAR, 84390C, 197 7 I I 64, Belegungsversuche Testübung Aarau-Süd ( 1 969): BZS, Unterabteilung bauliche Massnahmen, Protokoll der Sitzung vom 8. 4. 1970, 3.
Studienkommission für Zivilschutz, EJPD, V73 Schutzrautn Belegungsversuch. Schhtssbericltt, Api.l 191 4, 97 .
135.
8
9
Shelter habitability studies wvden bisher einzig mit Blick auf die USA und auch hier nur
partiell erforscht. Vgl. Sharon Ghamari-Tabrizi, <Death and Resurrection in the Earty Cold
War. The Grand Anaìogy of the Disaster Researcher>>, in Leon Hempel, Marie Bartels, Thomas Markwart (Hg.), Aufbruch íns Unversicherbare,Bielr'feß,2013,3j5-3j8 Ein überblick
über die bis 1962 in den USA lancierter' habitability studies findet sich in George W. Baker,
Leonhard S. Cottrell (Hg.), Behavioral Science and Civíl Defense (Disaster Study 16),
Washington 1962, 114-116. Zum Aufschwung sozialwissenschaftlicher Katastrophenforschung seit den 1950e¡-Jahren in den USA, zu der auch die von den Zivilschutzbehörden
finanzierten habitability studies gezàhlt rverden können, vgl Mark Solovey, Hamilton
Cravens (Hg.), Cold War Social Sciences, Knowledge Protluction, Liberal Democracy,
and Human Nature,New York 2012.
Zur Formation der schweizerischen Schutzbauexpertise in den l960er-Jahren vgl. Silvia
Berger Ziauddin, Superpower Unclerground. Switzerktnd's Rise to Global Bunker Expertise
in the Atomic Age (im Erscheinen)
10 SilviaBerge¡Ziauddin,<ÜberlebensinselundBordell.ZurAmbivalenzdesBunkers
I
I
im atomaren Zeitalfet>>, in Sibylle Marti, David Eugster (Hg.), Das Imagincire des Kalren
Krieges. BeitrrÌge zu einer Kulturgeschichte des Ost-West-Kr¡nfliktes in Europa,Essen 2015, 80.
vgl. Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Hg.), 50 Jahre schutz und Hil;fe. Der schweizer
Zivil- und Bevölkerungsschutz int Wandel der Zeit, 1963-2013, Bern 2013, 66.
12 schweizerischesBundesarchiv(BAR),84390c,19jj/44,schutzraumlandbuch(1967-1968),
Bd. 54, Protokoll der Studiengruppe 4.1, Sitzung vom
13 BundesamtfürZivilschutz(Hg.),schutzraumhandbuch,
142
Frankfurt
a.
M.
1963.
2l
22
23
24 Fbd.,25.
25 8bd.,43.
26 Ebd', 82; Schutlraumbelegungsversuch
für Zivilschutz,
27
Bern 1978; WemerHeierli,
19'73, 9' 48"
V73,FlIm im Auftrag des SBZ, Studienkommission
.
Studienkommission (wie Anm. 23), 52.
28 Ebd., 35,78.
29 Ebd.,10.
30 Heierli/Jundt
31
(wie Anm. 21), 23.
Studienkommission (rvie Anm.23),91
.
32 Bbd'73.
33
Ebd.,69.
34 Heierli, Die Minimalanforderungen an das
9.5. 1967.
Uberleben im Ernstfall, Solothurn 1982.
14 Bei seiner Einschätzung menschlicher Verhaltensweisen in Extremsituationen und Katastrophen bezog sich Heierli v. a. aufSchriften ehemaligerWehrmachtpsychiater (z B. Friedrich
Panse) sowie auf Einschätzungen ehemaliger Reichsluftschutzverantwortlicher und Bunkerwarte, die fü¡ die Bombardements der deutschen Zivilbevölkerung während des Zweiten
Weltkriegs eine grosse Widerstands- und Anpassungsfähigkeit der Bevölkerung postulierten
und Panik als abnormale Reaktion einstuften, die auf endogene Ursachen zurückzuführen
wa¡, d. h. auf eine schwache psychische Konstitution. Zum Glauben an die nahezu unbegrenzte psychische Belastungsfähigkeit des gesunden Individuums in der NS-Militärpsychiatrie vgl. Peter Steinkamp, <<Patientenschicksale und ärztliches Handeln im Zweiten Weltkrieg>, in Livia Prüll, Philipp Rauh (Hg.), Krieg und medikale Kultur. patientenschicksale
und ärztliches Handeln in der Zeit der Weltkr-iege, 1914-1945, Göttingen 2014,153-23i.
Zur personellen und konzeptuellen Kontinuität zwischen der Militärpsychiatrie der NS-Zeit
und der Bundesrepublik Deutschland vgl.: Philipp Rauh, <<Der lange Schatten der her¡schenden Lehre. Die Entwicllung der Militärpsychiatrie nach 1945>, in prüll/Rauh (wie Anm. 14),
234-255; Frank Biess, <<The Concept of Panic: Military Psychiatry and Emotional Preparation
for Nuclear War in Postwar West Germany>>, in Ders., Daniel M. Gross (Hg.), Science and
Etnotions after 1945. ATransatlantic Perspective, Chicago 2014, lgl--209.
l5 BAR, E4390c, 1977144, Leben und ordnung in den öffentlichen schutzräumen (196g-1973):
BZS' Sektion Planung, Protokoll der sitzung vom 8. 10. 1969, Kommentar Dr. Heierli, 23.
16 wichtigstes Referenzwerk zum Luftschutz für Heierli war der vom ehemaligen Reichsluftschutzgeneral Erich Hampe verfasste Band, Der zivile LuftschutT im Zweiten Weltkrieg,
ImGegensatzdazuschenktendieindenUSAdurchgeführlenhabitability*studiesgrttppen-
35
Ùberleben im Zivilschut4fal1, Bericht fü¡ das BZS,
Berlin, 3. 10. 1968; Heierli/Jundt (rvie Anm. 21); Heie¡li (wie Anm. l3).
Bundesamt für Zivilschutz (wie Anm. 13), II.
36 Heierli/Jundt(wieAnm.2l), 16-18,20-21,26;Heierli(wieAnm.l3),26,35,40.
37 Zt denYertahrensweisen illiberaler Gouvernementalität.im Rahmen gegenwärtiger
Annrfungen der Sicherheit vgl. Sven Opitz, <Zwischen Sicherheitsdispositiven und Securittorr. Zùr Arralytik illiberaler Gouveinementalität>>, in Patricia Purtschert, Katrin Meyer,
Yves Winter (Hg.), Gouvernementalitrit und Sicherheiî, Bielefeld 2OO8,20I-228.
Heierli (wie Anm. I3), ll'7; Heierli/Jundt (wie Anm. 21), 20.
Heierli/Jundt (wie Anm. 21), 20.
Ebd., 20; BAR, 84390C, 1977 /44,Schutzraumlandbuch (1967-1968), Bd. 54: Protokoll
der Studiengruppe 4.1, Sitzung vom 16. ll. 1967 ,9.
Zum Pestmodell der Macht und dem behördlichen Traum vom Pestzustand im Anschluss
an Michel Foucault vgl. Philipp Sarasin, <Smallpox Liberalism. Michel Foucault und
die Infektion>, in Claus Pias (Hg.), Aåwehr. Modelle, Strategien, Medien, Bielefeld 2009,
z
38
39
40
41
3t-33.
143
traverse
traverse 201512
Zeitschrift f ür Geschichte
Revue d'histoire
201 5/2
Par tous les sens
Mit allen Sinnen
Beirat / Comité scientifique
(Basel)
Susanna Burghaltz
(Friboulg)
Jean-Jacques Friboulet
ChristoPh Graf (Beln)
Sébastien Guex (Lausanne)
Elísabeth Joris (Zür'ich)
Flans Uh'ich Jost (Lausanne)
Guy P. Malchal (Basel)
Daniel Roche (Palis)
Regina Schulte (Bochum)
Hannes Sieglist (LeiPzig)
Jakob Tanner' (Zür'ich)
Regina Vy'ecker' (Basel)
I
o
traverse
rédaction
Redaktion / Comité de
Tina Asmussen (Basel)
Andleas Behr' (Fribourg)
Karine Crousaz (Lausanne)
Bertland Folclaz (Neuchâtel)
201 5/2
Inhalt / Table des matières
Daniel Kr'ämer (Bern)
Matthieu Leimgruber (Genève)
Sonja Matter'(Bet'n)
Malik Mazbouri (Lausanne)
Stefan Nellen (Basel)
Marc Gigase (Lausanne)
Gisela Hürlimann (Zürich)
Katja Hürlimann (Zür'ich)
Anja Rathmann-Lutz (Basel)
Hans-Ulrich Schiedt (Horgen)
Yan Schubert (Genève)
Aline Steinbrecher' (Konstanz)
Michael Jucker (Luzern)
Mario König (Basel)
Porträt / Portrait
Museum Burghalde Lenzbulg
Cltristine von Arx, Leonie Meier
Schwerpunkt / Dossier thématique
Verantwortlich für den Heftschwerpunkt
Responsables du dossier thématique
Ulrite Krampl, Jan-Friedrich Missfelder, Anja Rathmann-Lutz'
Par tous les sens. Editolial
U
lr i ke Kr amp l, J an- F r i e dr
í
c
lt Mi s sfe ld e r, A4j a Rathmann - Lut z,
Aline Steinbrecher
Aline Steinbrecher .
Mit allen Sinnen. Editorial
Übersetzungen / Traduct¡on
Aline Steinbrecher
Anschrift / Adresse
des sens dans I'ancienne Mésopotamie
U
Rathmann-Lutz, Ulrike Klampl
JiegfLied Bod"n*unn, Matthieu Leimgruber, Anja
lri ke K r amp l, J an- F r ie dr
11
ic
h Mi s sfe lde r, Anj a Rat ltmann- Lut z,
24
.
La sensorialité hors normes. De la privation à l'exacerbation
Chronos Verlag, Eisengasse 9, CH-800 8 Zwich, info
@
chronos-verlag' ch
lnformationen
Artikel odel Plojektsktzzen
senden Sie bitte an
ch
revue-traverse'
schiedt@
hans-ulrich.
Anne-Caroline Rendu Loisel
Zusammenfassung .
Les articles proposés à la revue doivent être envoyés à
malik. mazbouri @ levue-traverse. ch
31
.
43
Le sacrifice en Grèce ancienne ou,quand les sens s'invitent à la fête
Véronique
Mehl
44
.
Zusammenfassung
Renseignements
o
9
56
.
Sehen, Riechen, Tasten, Schmecken.
Eine Archäologie des Geschmacks im Mittelalter
Buchbesprechungen
Dorothee Rippmann
51
9. und 20. J cthrhunderl; mario.koenig @ revue-traverse' ch
Vormode r ne uncl E-Medierz; michael.jucker@revue-traverse'ch
Résumé
15
I
Une topographie sensible. La visite pastorale (Milan,
Comptes rendus
MarieLezowski....
ériode c ontemporain¿: matthieu.leimgruber@revue-traverse'ch
P ériocles médiévale et moderne : karine'crousaz@revue-traverse'ch
Zusammenfassung
P
Hinweise zu Redaktion und Schreibformatvorlagen
Feuille de style et rédaction
www.revue-traverse.ch, info
@
revue-traverse. ch
l6e-l1e siècle)
76
.
9t
Une scénologie ambiantale pour saisir le sensible.
Les demeures des dignitaires de la Régence de Tunis (1704-1815)
Hind Karoui
Zusammenfassung
92
.
104
5
traverse
stimulaient les sens'
Quand les vitrines
suggestton
La mécanique d'ull art de la
Eric Monitt, Nathalie Simonnot" ' ' '
Zusamtnenfassung
'
lnhalt / Table des matières
201 5/2
Agenda
105
118
Call for Papers / Appel à contributions
Autorlnnen /Les auteurEs . . .
Heftschwerpunkte / Dossiers thématiques.
.
2t4
219
223
'
Espace, cuisines et corps
Sens et sensibilités de l,intériorité.
essai d'écrire les sens
Kalerina Melissinou
Zusammenfassung
'
Glunrl'
Vom Tasten, Hören, Riechen und Sehen untel
Apokalypse
nuklearen
der
<Sensory Politics> im Angesicht
Silvia Berger Ziauddin
Résumé
De la photo-digitalité à la dactylo-phonie'
Pour une contre-histoire de la pensée de l'écran
JulienHonnorat..,
Zusammenfassung
Der Artikel
119
130
.
131
144
t45
155
/ L'article
Katholische Reform als soziale Praxis'
Handlungslogiken eines Churer Bischofs im l7' Jahrhundert
Philipp ZwYssig
156
É
Dokument / Document
Gipsabgüsse als <originale> Repliken im Museum'
Von der Form zur Materie
Karin Renold
a
110
Der Pfeil des Hünenbelgers' Möglichkeiten und Grenzen
einer Objektgeschichte
Rainer Hugener
t78
Besprechungen / Comptes rendus
Literatul zum Thema / Comptes rendus thématiques
Allgemeine Buchbesprechungen / Comptes rendus généraux
6
188
200
7