Big Star
Kaum einer kennt sie. Dabei beeinflusst ihre Musik über Jahrzehnte Künstler wie R.E.M., Beck, Wilco oder Nada Surf. Kommerzieller Erfolg sollte der mysteriösen US-Band Big Star jedoch nie beschieden sein.
In der musikalischen Pilgerstätte Memphis/Tennessee gründet Sänger und Gitarrist Chris Bell Ende der 60er Jahre mit Gitarrist Steve Ray, Drummer Jody Stephens und Basser Andy Hummel die Band Icewater. Ray verlässt die Band jedoch kurz nach der Gründung und Alex Chilton (Gesang, Gitarre) nimmt seinen Posten ein.
Bell und Chilton kennen sich seit ihrer Kindheit. Beide wachsen in Memphis auf und lernen sich im lokalen Aufnahmestudio bei jeweiligen Aufnahmesessions kennen. Chilton verbuchte bereits im Teenageralter mit den Box Tops ("The Letter") musikalische Erfolge. Seine Solopläne verwirft er mit dem Einstieg bei der Gruppe, die sich nun Big Star nennt. Der Name stammt von einer amerikanischen Ladenkette. Beide Sänger sind begeisterte Anhänger des britischen Pop der 60er Jahre. Ihr eigener Stil sollte sich aus den Beatles, The Who, den Animals und den Byrds zusammen setzen.
In den lokalen Ardent Studios nehmen die Jungs ihre ersten Songs auf. Bell und Chilton fungieren als Leader der Band. John Fry, Produzent und Gründer des Studios, hilft bei den Aufnahmen mit und unterstützt Big Star tatkräftig am Keyboard und mit Backgroundgesang. Ihr hoch melodisches Debütalbum "#1 Record" erscheint 1972. Die Platte bleibt wegen Vertriebsschwierigkeiten und geringer Auflage jedoch unter dem erwarteten Verkaufserfolg.
Der kommerzielle Flop sorgt für bandinternen Zwist, der auch zu Handgreiflichkeiten führt. Bell verlässt die Gruppe, kehrt kurz darauf aber noch einmal zurück. Doch die Atmosphäre bleibt eisig, so dass er endgültig einen Schlussstrich zieht und eine Solokarriere startet. Diese verläuft wenig ertragreich. Bei einem Autounfall 1978 kommt er ums Leben.
Als sich das später als Meisterwerk gefeierte Album "Radio City" zwei Jahre nach dem Debüt ebenfalls schlecht verkauft, resignieren die Bandmitglieder. Hummel verlässt die Band, für ihn kommt John Lightman. Mit ihm brechen Chilton und Stephens zu einer US-Tour auf.
Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist nach den schlechten Labelerfahrungen jedoch auf einen Nullpunkt gesunken. Zwar spielt das Trio für ein drittes Album noch Songs ein, trennt sich aber kurz darauf. 1978 erscheinen die Aufnahmen in Europa unter den zwei Titeln "Third" und "Sister Lovers".
Erst als Bands wie R.E.M. Big Star den 80ern als maßgeblichen Einfluss angeben, rücken ihre Alben wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Die musikalische Anerkennung erfolgt durch das Rolling Stone Magazin. Es erhebt all ihre drei Alben in den Olymp der 500 besten Alben aller Zeiten. Derweil erscheint auch das unveröffentlichte Album "Live" mit Aufnahmen von 1974.
1993 folgt schließlich die Reunion. Stephen und Chilton treffen sich mit Ken Stringfellow und Jon Auer und gehen sogar auf eine Tournee.
Es folgen einige Alben mit Live-Aufnahmen und unbekannten Studioaufnahmen. 2005 erscheint dann auf "In Space" das erste neue Material seit 1974.
Die Band schwebt auf einer Woge der Begeisterung und erfreut sich des verdienten, späten Ruhms. Den Höhepunkt erreichen Big Star im Juni 2009, als sie ein Konzert im Londoner Hyde Park geben. Wenig später erscheint bei Rhino Records ein ultimatives 4-CD-Boxset der Band mit kanpp 100 Songs.
Die Geschichte der Band endet am 17. März 2010, als Alex Chilton an einem Herzinfarkt in einem Krankenhaus in New Orleans stirbt. Nur wenige Tage später sollten Big Star auf dem renommierten South By Southwest-Festival (SXSW) in Austin, Texas auftreten. Es kommt zu zahlreichen Huldigungen an den Verstorbenen von anderen Festival-Bands.
© Laut
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