Billie Eilish
Billie Eilish war prädestiniert, ein Star zu sein. So sehr, dass es niemand überraschen sollte, dass sie 2018 mit gerade 16 Jahren bereits Tourneen weltweit ausverkauft, mehrere Songs in den Billboard Hot 100 und auf prominenten Serien-Soundtracks platziert und ihre Kerbe in der Alternative-Pop-Szene deutlicher geschlagen hat, als viele ihrer Zeitgenossen in ihren späten Zwanzigern.
Prädestiniert meint in diesem Sinne: Die Kunst wurde ihr gewissermaßen in die Wiege gelegt. Das sieht man bereits daran, dass ihr bürgerlicher Name Billie Eilish Pirate Baird O'Connell lautet. Ihr Vorname ist wortwörtlich "Pirat". Sie kommt am 18. Dezember 2001 zur Welt und wächst in einer Schauspielerfamilie auf. Ihr großer Bruder Finneas O'Connell macht Musik in einer Band. Der Unterricht findet zuhause statt, nicht zuletzt auch, weil Billie unter einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung leidet. Neben Schulwissen erhält sie aber auch früh in ihrem Leben privaten Tanzunterricht.
Mit elf beginnt sie, selbst Songs zu schreiben, es dauert jedoch noch bis 2014, bis sie mit Unterstützung ihres Bruders einen von ihm geschriebenen Song vertont. "Ocean Eyes" wird ein kleiner Soundcloud-Hit und beeindruckt unter anderem ihre Tanzlehrer so sehr, dass diese sich prompt für eine Choreographie anbieten. Mitsamt des Videos erregt der Song die Aufmerksamkeit von Interscope Records und Billie erhält einen Vertrag. Mit vierzehn Jahren.
"Ocean Eyes" erscheint auf dem Soundtrack der derzeit äußerst populären Serie "13 Reasons Why" und sammelt auf allen Plattformen einiges an Klicks. Im Gegensatz zu anderen Teeniestars verzichtet Billie gänzlich auf Bubblegum, ihre bald darauf erscheinende Debüt-EP "Don't Smile At Me" verschwendet keinen Raum für Disney-Komplexe. Songs wie "Bellyache" oder "idontwannabeyouanymore" klingen kompromisslos finster, angsty und überraschend authentisch erwachsen.
Auch zur zweiten Staffel von "13 Reasons Why" trägt Billie zum Soundtrack bei. Das Khalid-Duett "Lovely" wird ihre erste Single sein, die bis in die Billboard-Charts vorstößt, doch bei weitem nicht die letzte. Nach ein paar weiteren Singles aus "Don't Smile At Me" erscheint mit "You Should See Me In A Crown" der erste Vorbote für das auf 2018 datierte Debutalbum. Ein weiterer Pop-Trap-Banger, der prompt in die Charts einsteigt.
Selten war die Starqualität eines Newcomers so deutlich, dass dieser noch weit vor dem 18. Geburtstag oder dem Release einer kommerziellen Platte spürbar an den Toren des Superstar-Status kratzt. Inspiration findet sich Billie nach eigener Aussage allen voran bei Tyler The Creator, was die dominante Hip Hop-Kante in manchen Songs erklärt, charakterlich erinnert sie aber auch deutlich an Musiker wie Lana Del Rey, Marina And The Diamonds, Fiona Apple oder Troye Sivan.
Bedenkt man, dass die Rolle des Popstars sich zu Zeiten ihres Durchbruchs in einer der schrägsten Übergangsphasen der 2010er befindet, beeindruckt es um so mehr, wie reibungslos dieser bis auf Weiteres abzulaufen scheint. Man kann eben nicht leugnen: Dieses Stardasein, das scheint ihr wie auf den Leib geschneidert. 2019 nutzt sie den rapide wachsenden internationalen Hype noch einmal aus und schiebt eine "Japan Version" ihrer ersten EP "Don't Smile At Me" nach, die mit drei Remixes extra und stilvollem neuen Artwork aufwartet. Parallel dazu geht sie auf große Europa-Tournee und stellt sich erstmals auch ihren deutschen Fans vor.
"When We All Fall Asleep, Where Do We Go?", ihr offizielles Debütalbum, erscheint Ende März 2019. Das Album entstand in Kooperation mit ihrem Bruder Finneas hauptsächlich in dessen Schlafzimmer in Los Angeles. Mit dem Album dominiert Eilish auch die Grammy-Verleihung Anfang 2020: Als erste Musikerin überhaupt gewinnt sie die Preise in allen vier Haupt-Kategorien: für das Beste Album, die Beste Aufnahme, den Besten Song (beides für "Bad Guy") und als Beste Newcomerin des Jahres.
Kurz darauf hinterlässt sie auch auf der 92. Oscar-Verleihung in Hollywood ihre Spuren. Gemeinsam mit ihrem Bruder am Klavier interpretiert sie den Beatles-Klassiker "Yesterday" in einer sehr minimalistischen Version, die auch ein Publikum erreicht, das mit ihr oder moderner Popmusik sonst eher nichts zu tun hat.
Nur eine Woche später folgt ein weiterer Meilenstein: Billie veröffentlicht den erneut mit ihrem Bruder komponierten Song "No Time To Die", den Titelsong des kommenden James Bond-Films mit Daniel Craig. Die Orchesterarrangements des Songs komponierte Soundtrack-Spezialist Hans Zimmer mit Dirigent und Arrangeur Matt Dunkley, die Gitarrenspuren spielte der frühere The Smiths-Songwriter Johnny Marr ein. Entsprechend kann Billie ihr Glück kaum fassen: "Es fühlt sich verrückt an, in jeder Hinsicht daran beteiligt zu sein. Es ist eine große Ehre, das Titellied zu einem Film zu schreiben, der Teil einer so legendären Serie ist. James Bond ist das coolste Filmfranchise, das es je gab. Ich stehe immer noch unter Schock."
Somit findet sich 2021 kein vergleichbarer internationaler Pop-Artist, auf dem so viel Erwartungsdruck lastet wie auf Billie. Mit den Vorabsingles "My Future" und "Therefore I Am" teast sie ihre Fans schon ein wenig und macht deutlich, dass man ein zweites "Bad Guy" nicht unbedingt erwarten sollte. "Your Power" und "Lost Cause" gehen ebenfalls in Richtung Mood-Song, was im Juli 2021 schließlich das 16 Songs starke zweite Album "Happier Than Ever" bestätigt. Die Platte wirkt ihrem Standing als messianisch-irdische Vertretung ihrer Generation bewusst entgegen. Anstatt ein großes Pop-Album abzuliefern, nimmt sich die 19-Jährige die Zeit, ihren Status Quo auf zumeist langsamen Songs zu erkunden und zu reflektieren.
2022 bekommen Billie Eilish und ihr Bruder Finneas für "No Time To Die" einen Oskar, zwei Jahre später wird mit "What Was I Made For" auch ihr Songbeitrag zum Film "Barbie" bei den Academy Awards in Los Angeles ausgezeichnet.
Im Frühjahr 2024 kündigt Billy Eilish ihr viertes Album "Hit Me Hard and Soft" an, das im Mai ganz ohne Vorab-Singles erscheint. Bald darauf gibt sie die Termine für die zugehörige Tournee bekannt, die sie um Mai 2025 auch nach Hannover, Berlin und Köln führt.
© Laut
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