Fields Of The Nephilim
Die fünf Engländer Carl McCoy (Gesang), Paul Wright (Gitarre), sein Bruder Nod (Schlagzeug), Tony Pettit (Bass) und Gary Whisker (Saxophon) gehören zu den optisch und musikalisch herausragenden Gothic-Acts von der Insel. Lange schwarze Ledermäntel, staub(mehl)verdreckte Cowboystiefel, finstere Hüte, das dunkle Timbre der Stimme von Carl McCoy und vernebelte Shows, bei denen man die Hand nicht mehr vor Augen sehen kann, entwickeln sie zu ihrem unverwechselbaren Markenzeichen: Italo-Western-Gothic-Style par excellence.
Der hebräische Name Nephilim (singular: Nephil) stammt ursprünglich aus der jüdischen Mythologie. Als Nephilim bezeichnet man dort Bastarde, gezeugt von Engeln und Menschen, die mit überirdischen Fähigkeiten gesegnet sind. Gegründet werden die Fields Of The Nephilim 1984 im mittelenglischen Stevenage, als Gothic-Rock langsam den Kinderschuhen entwächst.
Die erste EP "Burning The Fields" wird ursprünglich auf 500 Kopien begrenzt, muss aber schnell neu aufgelegt werden. Die Nachfrage ist enorm. Kurze Zeit später verlässt Gary Whisker die Band. An seine Stelle tritt als zweiter Gitarrist Peter Yates. Der Sound der Fields entwickelt sich nun in eine etwas rockigere und druckvollere Richtung: offenbar eine gute Mischung, die auch die Labelchefs von Beggar's Banquet überzeugt, wo unter anderem auch die Gothic-Legende Bauhaus unter Vertrag sind.
1986 kommen auf dem renommierten Label die ersten beiden Singles "Power" und "Preacher Man" heraus. Zu letztgenanntem Song drehen sie mit Richard Stanley, dem Regisseur von "Hardware", ein ansprechendes Video. "Preacher Man" schafft es sogar auf Platz zwei der britischen Indiecharts, was wohl mehr als nur ein Achtungserfolg für die junge Band ist.
Mit ihrem Debütalbum "Dawnrazor" etablieren sich die Fields Of The Nephilim endgültig in der schwarzen Szene und werden Ende der 80er Jahre zusammen mit The Mission, Phillip Boa und den Sisters Of Mercy zu den einfußreichsten Kräften des Gothic-Rock gezählt.
"Elizium" ist 1990 die letzte Studioscheibe, denn scheinbar sind die Vorstellungen von Carl McCoy und dem Rest der Band zu verschieden. Auf der letzten Tour schneiden sie einige Auftritte mit und veröffentlichen 1991 das Live-Album "Earth Inferno". Dies ist dem Autor Austin Osman Spare gewidmet, der ein gleichnamiges Stück verfasst hat.
Der ultimativ letzte Gig findet im Londoner Town And Country Club während des Fire Festivals statt. Danach versucht McCoy mit Nefilim seine musikalischen Wege zu gehen, die sich sogar in Richtung Death Metal bewegen, und woraus nur eine CD "Zoon" entsteht. Der Rest der Band sucht sich mit Andy Delaney einen neuen Sänger, um unter dem Namen Rubicon weiterzumachen.
Von Rubicon erscheint 1992 schon das Album "What Starts, Ends" und drei Jahre später "Room 101". Der kommerzielle Erfolg und die Anerkennung der Fans bleiben jedoch aus. Auf das Nefilim-Werk "Zoon" muss man noch bis 1996 warten. Das Album verkörpert McCoys Hinwendung zu schnellen Heavy Metal-Klängen, eingebettet in angedeutete Industrial-Muster.
Presse und Publikum zeigen sich polarisiert von diesem schroffen und sehr roh gehaltenen Arrangement. Erst nach Jahren erfährt der Longplayer eine späte künstlerische Rehabilitierung in der öffentlichen Meinung. Danach bekommt man von beiden Bands zunächst nichts mehr zu hören. Nod Wright besinnt sich schließlich auf ein Solo-Projekt mit dem Namen The Last Rites, dessen Album "Guided By Light" von der Atmosphäre her an "Elizium" anschließt und sich nach und nach zur festen Band entwickelt, in der auch sein Bruder aktiv ist.
Nur eine Best-Of der Fields erscheint 1993 mit einigen B-Seiten Songs, die nicht nur für Fans interessant sind. 1997 macht dann das Gerücht die Runde, alle haben sich mal wieder zusammengesetzt, um über eine mögliche Reunion zu reden. Dies ist auch tatsächlich der Fall, jedoch ohne Pete Yates, der der Musik den Rücken gekehrt hat. Da bis zum Sommer '97 ständig Probleme und Komplikationen auftreten, trennen sich die Wright Brüder erstmal wieder von McCoy und Pettitt. Diese beiden treten aber noch bei ein paar Gelegenheiten unter dem Namen Nephilim auf, bevor es auch zwischen McCoy und Pettitt mal wieder rappelt und letzterer bei NFD einsteigt.
2001 erscheint "From Gehenna To Here", bietet aber keine neuen Songs, sondern ausschließlich alte Nummern, die schon lange nicht mehr zu haben sind. Erst 2002 erscheint mit " Fallen" das vom Label als offizielles Reunion-Debüt betitelte Album. Die CD besteht tatsächlich aber nur aus zusammen geschusterten Demos, da die einzelnen Mitglieder eigentlich nur an zwei Songs gemeinsam gearbeitet haben. Alles andere sind mehr oder weniger Stücke, die schon länger im Internet kursieren, womit eigentlich weder von einer Reunion-Scheibe, noch von einer neuen CD die Rede sein kann. Außerdem sollte das Album unter dem Namen Nephilim in den Läden stehen, womit die Sache verwirrend wird.
McCoy selbst betont, dass die Plattenfirma - getrieben von Ungeduld - das lange Warten leid gewesen sei und den Tonträger verfrüht, im Demo-Zustand und ohne seine Erlaubnis, veröffentlicht habe. Er selbst sehe diese CD nicht als Teil der Fields Of The Nephilim-Diskografie an. Von der Urbesetzung bleibt danach niemand im Line-Up übrig. Wer außer dem Sänger auch immer gerade bei der Gruppe spielt, bleibt undurchsichtig. Ende Novemeber 2005 erscheint "Mourning Sun". Aufgenommen hat McCoy die Scheibe an den unterschiedlichsten Orten und mit mehreren Musikern, von denen er aber keinen nennen mag.
Die Stimmung des Album knüpft tatsächlich an die alten Meisterleistungen früherer Zeiten an. Sie vereint die harten metallischen und sehr schnellen Passagen von "Zoon" und die elegisch-psychedelischen Soundteppiche der "Elysium"-Phase. Beide scheinbar widerstreitenden Kompositionsmuster verleihen diesem Opus Gothicus Metallicus eine Wucht, die sämtliche Gothmetal-Nachkömmlinge in ihre kreativen Schranken verweist.
Seinem Naturell folgend gibt McCoy auch weiterhin keinerlei Interviews oder Erklärungen zu seiner Musik oder Band ab. Im Laufe des Jahres 2008 spielen Fields Of The Nephilim tatsächlich einige vereinzelte Gigs in Europa. Die Gruppe präsentiert hier die neuen Songs und steckt die alten Tracks in ein frisches, etwas schrofferes Soundkleid. Ex-Mitglied Tony Pettitt und Ex-NFD-Gitarrist Stephen Carey gründen derweil ein neues Projekt namens "The Eden House". Zu ihnen gesellen sich Julianne Regan von All About Eve und M+onica Richards von Faith And The Muse. Das geminsame Debütalbum erscheint im März 2009.
Nach vereinzelten Auftritten bei Festivals wird der Ruf nach echten, nächtlichen Hallengigs um so lauter. 2011 gibt McCoy zwei umjubelte Shows im ehrwürdigen Londoner Shepherds Bush Theatre. Hier haben vor Jahren bereits die Kollegen von The Mission eine erfolgreiche Serie hingelegt. Beide Abende geraten zum bejubelten FOTN-Triumph. Kein Wunder, dass der eigenwillige Engländer die Konzerte im Frühjahr 2012 unter dem Titel "Ceremonies" veröffentlicht. Die Platte soll gleichzeitig den Abschluss eines Kapitels in der Biografie der Band bedeuten. Weitere, gänzlich neue Aktivitäten sollen folgen, so McCoy.
2014 erklärt McCoy, man sei bereits wieder im Studio und arbeite am Nachfolger zu "Mourning Sun". Auch live gibt es mit Tracks wie "Earthbound" oder "Prophecy" erste neue Töne.
Letzteres stellt er im Frühjahr 2016 als Download-Single zur Verfügung und kündigt erneut das Nahen einer echten, physischen Veröffentlichung an, ohne dass monatelang irgend etwas passiert. Wann das alles stattfindet und ob es je dazu kommt, steht einmal mehr ganz Nephilim-typisch in den Sternen.
© Laut
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