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MC5

Detroit war schon immer eine Drecksstadt, und nur auf solchem Boden kann wahrer Drecksrock gedeihen. 1964 wagen es eine Handvoll Prä-Hippies in der Garage ihrer Eltern erstmals, ihre Amps sprichwörtlich auf Stufe 11 zu drehen. Die Nachbarn mit selbstgebauten Verzerrern zu necken, war für die Kinder derer, die die McCarthy-Ära überlebten, eine wahre Revolution. Noch vor den Stooges erfinden MC5 in Motor City den Garage-Rock, wo auch sonst als in der Stadt der Muscle-Cars. In einer Zeit, als noch niemand ahnen konnte, dass hier gerade der Grundstein für Generationen von Noiserockern gelegt wurde. Ob Ramones, Sex Pistols, Sonic Youth, Nirvana oder Monster Magnet: Sie alle zählten sich zu bekennenden Jüngern des MC5-Movements. Im Detroiter Vorort Lincoln Park nimmt die Geschichte ihren Lauf. Damals nennen sie sich noch The Motor City 5. Die Gitarristen Wayne Kramer und Fred "Sonic" Smith, Sänger Rob Tyner, Bassist Michael Davis und Drummer Dennis Thompson haben keinen Bock auf Konventionen. Pfeilschneller Rock'n'Roll mit den besten Momenten aus R'n'B, Blues und Free Jazz schwebt den Jungspunds als musikalische Vision vor. Motto: Rock'n'Roll, Dope and fucking in the streets. Die Texte drehen sich um Frustration, sowohl im privaten, als auch im politischen Bereich. Das Them-Cover "I Can Only Give You Everything" ist 1967 ihre erste Single, auf dem Labelwinzling AMG, Anfang 1968 folgt die Eigenkomposition "Looking At You". Der Beat-Dichter und Jazz-Liebhaber John Sinclair aus Michigan, der oft mit den Jungs Joints dreht und nächtelang politisiert, erklärt sich bereit, den Manager-Job zu übernehmen. Mit ihm gründen sie außerdem die White Panther Party als linksradikales Äquivalent zu den Black Panthers. Den Namen auf MC5 verkürzt treten sie 1968 bei den Demonstrationen gegen den Parteitag der Demokraten in Chicago auf. Der Gig muss wegen einer Straßenschlacht vorzeitig abgebrochen werden. Mittlerweile überzeugt Sinclair den wichtigen Elektra-Mann Danny Fields vom Talent seiner Jungs. Erst als Elektra auf die von Psychedelika gedopten Pferde setzt, beginnt die kurze kommerzielle Karriere der MC5 vor allem in den USA. Auch auf die damals noch als Psychedelic Stooges musizierenden Krawallbrüder um Iggy Pop macht Sinclair Fields aufmerksam. Doch zunächst steckt das Label sämtliche Power in die MC5. "The time has come for each of you to decide, if you're gonna be the problem or the solution!", um es mit Sänger Tyners Worten zu sagen. 1969 erscheint ihr heute wegweisendes Debütalbum "Kick Out The Jams" mit dem berühmten Ausruf "Kick out the jams, motherfuckers". Es ist die erste Platte auf einem Majorlabel, die diesen Kraftausdruck beinhaltet. Auch in den Liner Notes von Sinclair steht das böse F-Wort erstmals unverschlüsselt. Für die gleichnamige Single besteht Elektra aber auf die radiofreundlichere Wortwahl "brothers and sisters". Die Live-Platte dokumentiert einen Zusammenschnitt zweier Konzertabende im Detroiter Grande Ballroom. Während die Scheibe die Top 30 der Billboard-Charts knackt, verkriechen sich MC5 mit it 100.000-Dollar-Vorschuss im Sack in eine Kommune von Spaßvögeln ins sprichwörtlich Grüne, um etwas Inspiration zu finden. Als Ober-Pothead Sinclair zwei Joints an Zivilcops vertickt, bekommt die Sache eine politische Dimension. Sinclair wird zu zehn Jahren State Prison verdonnert und eine Welle der Empörung geht durch die vom 'Pursuit Of Happiness' geprägte Rockwelt. 'Free John Sinclair' wird zum Motto etlicher Konzerte, nur die MC5 streiten jegliche Verwicklung ab. Erst als sich John Lennon und Yoko Ono für ihn einsetzen, kommt er 1971 frei. MC5 können 1970 mit dem Zweitling "Back In The USA" nicht mehr an den Erfolg von "Kick Out The Jams" anknüpfen und covern teilweise sogar klassische Rocksongs. Sie hätten keine Power mehr, heißt es in Plattenkritiken. Der Faden beginnt jedoch erst zu reißen, als keine Konzertangebote mehr auf den Tisch flattern. MC5 veröffentlichen 1971 noch "High Time", das aber von der Öffentlichkeit kaum gewürdigt wird. In Europa geht allerdings noch einiges. Im Sommer 1972 spielen MC5 zum Beispiel im Londoner Wembley Stadion vor 60.000 Menschen neben Little Richard, Jerry Lee Lewis und Chuck Berry. Trotzdem kommt im selben Jahr das jähe Aus: Am 31. Dezember steigt ihr letzter Auftritt im Grande Ballroom in Detroit, und damit an dem Ort, wo alles begann. Später heiratet Fred "Sonic" Smith seine Geliebte Patti Smith und Wayne Kramer startet eine minder erfolgreiche Solokarriere. 1991 stirbt Frontmann Rob Tyner mit 46 Jahren an einem Herzanfall. Im Vorjahr hatte er gerade seine Soloplatte "Blood Brothers" veröffentlicht. Ab 1992 treten MC5 mit wechselnden prominenten Frontleuten - etwa Lemmy, Evan Dando oder Ian Astbury - immer mal wieder auf. Fred Smith geht 1994 leider ebenfalls in die ewigen Rockgründe ein (Herzversagen). Das Tischtuch im zwischenmenschlichen Bereich war leider bei fast allen Beteiligten zerschnitten, was Kramer in seiner Biographie "The Hard Stuff: Dope, Crime, The MC5 And My Life Of Impossibilities" sehr bedauerte. 2003 gehen er, Thompson und Davis als DKT-MC5 (Davis Kramer Thompson - MC5) und diversen Gastmusikern nochmal auf Welttournee. 2012 stirbt auch Basser Davis im Alter von 68 Jahren in einem Krankenhaus in Kalifornien an Leberversagen. Völlig überraschend darf 2018 die überübernächste Generation noch einmal erleben, was so faszinierend an dieser Band gewesen ist. Zumindest ansatzweise: Denn der 70-jährige Gitarrist Wayne Kramer hat zum 50. Geburtstag des Meilensteins "Kick Out The Jams" die Allstar-Band MC50 für eine Welttournee zusammengestellt. Auch Thompson spielt auf einigen US-Shows mit, für Europa sagt er aus gesundheitlichen Gründen ab. Im Februar 2024 stirbt Kramer im Alter von 75 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ein neues MC5-Album war bereits weit fortgeschritten und dürfte voraussichtlich noch veröffentlicht werden. Mit Schlagzeuger Thompson folgt ihm im Mai das letzte noch lebende MC5-Mitglied. Wenigstens bekam Thompson noch die Ehre mit, dass seine Band nach sechs vorherigen Nominierungen 2024 tatsächlich in die Rock'n'Roll Hall Of Fame aufgenommen wurde. Sein Kommentar: "Es war verdammt nochmal an der Zeit!"
© Laut

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