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Thomas Dausgaard

Seit Thomas Dausgaard das dänische Radiosinfonieorchester und das Schwedische Kammerorchester Örebro leitet, hat die sinfonische Musik in Skandinavien einen internationalen Aufschwung genommen. Mit diesem Orchester hat er ein umfassendes diskografisches Programm mit einer Gesamtaufnahme der Orchesterwerke von Beethoven für das Label SIMAX geplant. Die Sinfonien natürlich, aber auch die Konzerte und alle Ouvertüren, die heute in Konzerten leider zu sehr vernachlässigt werden sowie seltenere Werke wie die Ballettmusik des jungen Beethoven, Musik zu einem Ritterballett und Die Geschöpfe des Prometheus. Dieses Projekt wurde für seine Kohärenz und seine ausgezeichnete Ausführung durch die Kritik hoch gelobt. Aber die Arbeit geht im romantischen Repertoire, mit Schubert, Schumann, Brahms, Dvořák und auch Bruckner noch viel weiter.


Für seine besonders innovative Programmauswahl, für seine kreative Neugier und seine mitreißenden Interpretationen bekannt, bringt Thomas Dausgaard die Werke nordischer Komponisten erfolgreich in die Öffentlichkeit und macht dabei hochinteressante Entdeckungen. Man findet Franz Berwald und natürlich Carl Nielsen, die in der übrigen Welt nicht unbekannt sind, aber die Wiederentdeckung der Kompositionen des Dänen Rud Langgaard (1893-1952) ist besonders spannend. Diese völlig anachronistische Musik gehört keiner Schule an und stand immer in enormer Diskrepanz zu ihrer Zeit. Langgaard war in seiner Jugend Avantgardist und wurde in seinen reiferen Jahren als reaktionär eingestuft, als er der Modernität ostentativ den Rücken kehrte. Symbolische Musik (Sphärenmusik), romantische Persiflagen oder Collagen, die die 70er-Jahre ankündigen – ein verwirrendes und höchst originelles Werk, um dessen Wiederentdeckung sich Thomas Dausgaard bemüht, um ihm mit Hilfe der Aufnahmen einen Platz in der Musikgeschichte zu schaffen.


Eine andere wichtige Entdeckunge ist die des dänischen Komponisten Asger Hamerik, der nach Frankreich kam, um mit Berlioz zu arbeiten und der 7 Sinfonien hinterlassen hat, die von Dausgaard an der Spitze ausgezeichneter skandinavischer Orchester aufgenommen wurden. Dausgaards Entdeckerlust ist damit aber nicht zu Ende, denn der dänische Dirigent realisiert Konzerte und Aufnahmen zahlreicher Werke skandinavischer Komponisten wie etwa Per Nørgård, Svendsen, Hartmann oder Sinding. Das extrem reichhaltige und leider sehr verkannte musikalische Leben der nordeuropäischen Länder findet in Thomas Dausgaard einen würdigen Botschafter. Er ist auch an der Spitze des BBC Scottish Symphony Orchestra und wird ab 2019 die Leitung der Seattle Symphony übernehmen, wo seine sehr eigene Vorgehensweise bei der Programmgestaltung anscheinend hoch geschätzt wird.


Da ihm die Ausbildung des Publikums von morgen am Herzen liegt, misst Thomas Dausgaard der Musikerfahrung von Kindern und Jugendlichen eine große Bedeutung zu. Aus diesem Grund arbeitet er mit Jugendorchestern wie dem Baccarelli Institue in Brasilien, der Toronto Youth Symphony und dem Australian Youth Orchestra zusammen. Dieser einzigartige Dirigent ist ein echter Freigeist in der oftmals sehr konventionellen Welt der klassischen Musik. Sein Interesse geht weit über die Grenzen der Musik hinaus und er ist von der Lebensweise fremder Kulturen besonders fasziniert. Er hat Stämme von Kopfjägern auf Borneo besucht, auf einem Bauernhof in China ein Praktikum absolviert und eine Zeitlang mit Dorfbewohnern auf einer entlegenen südpazifischen Inseln gewohnt. Heute lebt er mit seiner Familie in Dänemark.


Die Vielseitigkeit seiner umfassenden Diskografie ist für seinen musikalischen Abenteuergeist bezeichnend. Er erforscht ohne Unterlass neue Welten und hasst die Routine, die so oft in Konzertsälen herrscht. Diese Anreicherung von Wissen wirkt sich auch wohltuend auf seine Aufführungen von Werken des klassischen Repertoires aus, die durch diese vielen Erfahrungen bereichert werden.


 


François Hudry/QOBUZ/November 2017
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