Schicksalsnächte in Spanien
Von Kate Walker
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Über dieses E-Book
Als Cassandra im sonnenverwöhnten Andalusien den spanischen Weingutsbesitzer Joaquin Alcolar trifft, weiß sie sofort: Dieser Mann ist ihr Schicksal! Grenzenlose Tage des Glücks erlebt sie mit ihm, bis sie erfährt, dass Joaquin nie länger als ein Jahr bei seinen Geliebten bleibt ...
Kate Walker
Kate Walker wurde zwar in Nottinghamshire in England geboren, aber ihre Familie zog nach Yorkshire, als sie 18 Monate alt war, und deshalb sah sie Yorkshire immer als ihre Heimat an. In ihrer Familie waren Bücher immer sehr wichtig, und so lasen sie und ihre vier Schwestern schon als Kind alles, was sie in die Finger bekamen. Schon bevor sie schreiben konnte, dachte sie sich Geschichten aus, und sie schrieb ihr erstes "Buch" im zarten Alter von 11 Jahren. Jeder sagte ihr, sie könne nie vom Bücher schreiben leben, und so suchte sie sich einen Beruf, bei dem sie wenigstens mit Büchern zu tun hatte: Sie wurde Bibliothekarin. Nach der Schule studierte sie in Wales Englisch und Bibliothekswissenschaften. Dort lernte sie ihren zukünftigen Mann kennen, der ebenfalls dort studierte. Nach ihrer Heirat zogen sie nach Lincolnshire, wo sie als Bibliothekarin arbeitete, bis ihr Sohn auf die Welt kam.
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Buchvorschau
Schicksalsnächte in Spanien - Kate Walker
IMPRESSUM
Schicksalsnächte in Spanien erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2004 by Kate Walker
Originaltitel: „The Twelve-Month Mistress"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA, Band 284
Übersetzung: Gudrun Bothe
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A., ventdusud, Cn0ra, Photo2008 / GettyImages
Veröffentlicht im ePub Format in 07/2022
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751515276
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
Der Kalender hing dort an der Wand, wo Cassie ihn unmöglich übersehen konnte.
Egal, in welche Richtung sie schaute, er war immer in ihrem Blickfeld. Tatsächlich schien er sogar mit jeder Sekunde, die verstrich, größer zu werden, wobei das Foto mit der bunten, stimmungsvollen Festszene vor Lebendigkeit förmlich vibrierte.
Und mittendrin die fett gedruckten schwarzen Zahlen, die das Datum anzeigten. Besonders jenes, das sie krampfhaft zu verdrängen suchte und dem sie doch auch entgegenfieberte …
Cassie wusste selbst nicht, was sie genau empfand. Denn die Bedeutsamkeit und der Verlauf jenes Tages unterlagen ganz allein Joaquins Kontrolle. Und nur seiner. Sie hatte keinerlei Einfluss darauf.
Zumindest, wenn sie nicht riskieren wollte, die Dinge ungewollt in eine Richtung zu lenken, die ihr absolut missfiel. Aber war es das wert, in einer Situation auszuharren, die sie nur unglücklich machen konnte?
„Himmel! Hör endlich auf, dich verrückt zu machen!, rief sie sich selbst zur Ordnung und strich gereizt eine vorwitzige goldblonde Haarsträhne hinters Ohr. „Lass dieses leidige Thema endlich ruhen, du drehst dich ja doch immer nur im Kreis!
Und das hatte sie in den letzten drei Wochen tatsächlich getan, wie sie widerstrebend zugeben musste. Dabei entsprach das gar nicht ihrer üblichen spontanen und entschlussfreudigen Art.
Cassie schob die fein geschwungenen Brauen über den intensiv blauen Augen zusammen, verschränkte die Arme vor der Brust und nagte an der Unterlippe. Seit sie das Kalenderblatt vom Vormonat abgerissen hatte, lauerte in der Mitte der dritten Woche dieses Monats der alles entscheidende Jahrestag.
Der Tag, von dem sie hoffte, dass Joaquin sich nicht daran erinnerte – oder falls doch, dass er dann anders als in der Vergangenheit darauf reagieren würde. Jedenfalls nicht damit, dass er sie verließ …
Oder besser, dass er ihr nahelegte, ihn zu verlassen, da es schließlich sein Haus war, in dem sie zusammenlebten.
Keine Frau durfte länger als zwölf Monate bei ihm bleiben. Immer wenn ein Jahr vergangen war – manchmal exakt auf den Tag genau –, verabschiedete er sich von seiner jeweiligen Geliebten und fuhr mit seinem Leben fort, ohne auch nur ein Mal zurückzuschauen.
Und am Ende dieser Woche würde eben ihr Traum zu Ende sein … oder nicht?
„Ach, Joaquin … wenn ich nur wüsste, was du denkst und fühlst", flüsterte Cassie voller Pein.
Ob er sie jemals als etwas anderes gesehen hatte denn als eine Geliebte auf Zeit? Würde ihr das gleiche Schicksal beschieden sein wie ihren Vorgängerinnen?
Das Geräusch eines Schlüssels, der sich im Schloss der Haustür im Erdgeschoss drehte, riss Cassie aus ihren Ängsten und sehnsüchtigen Hoffnungen und katapultierte sie unsanft in die Wirklichkeit zurück. Sie war so in sich versunken, dass sie das Motorengeräusch des Wagens gar nicht wahrgenommen hatte, und jetzt erschien Joaquin. Und das auch noch unerwartet früh, ehe sie richtig Zeit fand, sich zu fassen.
„Cassandra!"
Der Klang ihres Namens, wie nur er ihn aussprechen konnte, ließ einen wohligen Schauer über ihren Rücken rinnen – ein rauer Singsang mit einem weichen rollenden R, der ihr Herz weitete.
Inzwischen war sie darin geübt, jede noch so winzige Nuance in der warmen dunklen Stimme wahrzunehmen und sie zu interpretieren. Sie gab ihr Aufschluss über seine momentane Laune und einen Hinweis darauf, was für die nächsten Stunden zu erwarten war.
Hörte Joaquin sich an wie gewöhnlich, war alles in Ordnung. Gab es Anzeichen einer gewissen Distanz oder echter Verstimmung, hatte sie so immer noch einige Sekunden Zeit, sich die passende Reaktion zurechtzulegen.
„Cassie!"
Oh, was diesen Ton betraf, der war nicht misszuverstehen …
In dem kleinen Wort lag mehr Missbilligung und Ungeduld, als wenn Joaquin eine donnernde Schimpfkanonade abgefeuert hätte. Während andere die Kurzform ihres Namens als zärtliche und liebvolle Variante benutzten, diente sie ihm dazu, ihr zu vermitteln, dass sie aus irgendeinem Grund mal wieder in Ungnade gefallen war.
Wahrscheinlich hatte er damit gerechnet, dass sie ihn bereits an der Tür mit geöffneten Armen und einem Kuss empfing. Und an einem anderen Tag hätte Cassie auch nichts lieber getan als das. Aber heute schienen die quälenden Gedanken wegen des bevorstehenden Jahrestages ihre Reaktionsfähigkeit auf ein Zeitlupentempo zu reduzieren.
„Cassie, wo bist du?"
„Hier oben!"
Während sie sprach, war sie bereits auf dem Weg. Ein neuer Ton in seiner Stimme hatte den auf ihr lastenden Bann schlagartig gebrochen. Diesmal hörte Joaquin sich nicht so selbstsicher und überzeugt davon an, dass er nur den Mund aufmachen musste, um seinen Willen durchzusetzen.
Als ältestem Sohn von Juan Ramón Alcolar, dem spanischen Aristokraten, der gleichzeitig Besitzer und Geschäftsführer der Alcolar Corporation war, stand ihm seiner Meinung nach nicht nur Respekt und absoluter Gehorsam zu, sondern ebenso die Erfüllung jedes geäußerten oder zu erahnenden Wunsches. Wie er es von Kindesbeinen an gewohnt war.
Und heute, da er mit seinem exzellenten Weingut und – vertrieb den geschäftlichen Erfolg seines Vaters weit übertroffen hatte, erwartete er eher noch mehr.
Deshalb nannten ihn auch einige el lobo, den einsamen Wolf, der seinen eigenen Weg ging, ohne Hilfe oder Unterstützung anzunehmen – nicht einmal von seiner Familie.
Aber es gab auch jene, die einen Buchstaben in seinem Spitznamen veränderten und ihn el loco nannten – den Verrückten –, weil sie es nicht verstehen konnten, dass jemand freiwillig seinem Glück den Rücken kehrte. Anstatt die herausragende Position anzunehmen, die sein Vater ihm im Familienunternehmen bot, hatte Joaquin sich für ein eigenes Unternehmen entschieden, dessen Erfolg damals nicht abzusehen gewesen war.
„Ich komme!"
Nicht immer war Cassie in der Vergangenheit so schnell bereit gewesen, diesem speziellen Kommandoton zu folgen. Manchmal hatte sie Joaquin absichtlich herausgefordert, um aus purer Abenteuerlust sein hitziges Temperament zu reizen. Und sie war neben seiner jüngeren Schwester Mercedes eine der wenigen, die damit ungestraft davonkamen.
An einem anderen Tag hätte Cassie ihm nur allzu gerne Kontra gegeben, weil sie der Meinung war, dass Joaquin es brauchte. Jemand musste mal seinen anmaßenden Ton rügen und ihn in seiner Überzeugung erschüttern, dass er nur laut werden musste, um seinen Willen durchsetzen zu können.
Aber nicht heute. Nicht in diesem Moment. Nicht mit diesem Datum vor Augen und seiner offensichtlich schlechten Laune, die sie verunsicherte.
„Du bist heute sehr früh dran. Ich habe dich erst in einer Stunde erwartet."
Sie schien auch nicht besonders erbaut von diesem Umstand zu sein, registrierte Joaquin für sich. Und genau das war einer der Gründe, warum er heute tatsächlich früher dran war als sonst. Cassandra hatte sich in der letzten Zeit auffällig verändert. Er verstand sie nicht mehr. Das passte ihm nicht, und deshalb hatte er sie überraschen wollen, um auf diesem Weg vielleicht herauszubekommen, was in ihrem hübschen Köpfchen vor sich ging.
„Das Meeting führte viel früher als erwartet zu dem gewünschten Ergebnis. Und da mich das anstehende Projekt in der nächsten Zeit völlig einspannen wird, dachte ich, ich nutze die Chance, einmal zeitiger nach Hause zu kommen."
Während der Geschäftsbesprechung war er nicht richtig bei der Sache gewesen. Deshalb brach er sie auch spontan ab und machte sich, so schnell es ging, auf den Heimweg. Sicher hatte er dabei jede Geschwindigkeitsbeschränkung und noch eine Reihe weiterer Verkehrsregeln gebrochen.
„Warum überrascht dich das? Fühlst du dich vielleicht aus irgendeinem Grund ertappt oder gar schuldig?"
„Wie bitte? Nein, natürlich nicht!", gab sie zurück.
Für ihn hörte sich ihr Protest ein wenig zu übertrieben an. Wie von jemandem, der tatsächlich etwas zu verbergen hatte.
„Ich erinnere mich nur daran, dass du sagtest, du könnest keinesfalls vor sieben hier sein."
„Weil ich auch genau das erwartet habe. Außerdem hatte ich nicht den Eindruck, als würde es dir etwas ausmachen."
„Ich habe mich doch auch überhaupt nicht beschwert", gab sie fast schnippisch zurück.
So war sie jetzt schon seit einigen Wochen. Unberechenbarer und schärfer im Ton mit jedem Tag, der verstrich. Ständig überlegte Joaquin, womit er Cassie auch nur ein winziges Lächeln entlocken konnte. Früher hatte sie so gerne gelacht. Doch momentan schien ihr nichts mehr Freude zu machen.
Außer natürlich ihre Zeit im Bett. Zumindest dort hatte sie nichts von ihrer Lebhaftigkeit verloren. Wenn überhaupt möglich, schien ihr sexueller Appetit sich in der letzten Zeit noch verstärkt zu haben. Sie war leidenschaftlicher und wilder. Weniger die hingebungsvolle Cassandra, die er kannte, sondern eine entfesselte Verführerin und fordernde Geliebte, die ihn mit ihrer Intensität fast in den Wahnsinn trieb.
Trotzdem schien ihrer Beziehung plötzlich etwas Entscheidendes zu fehlen, und das machte ihn unruhig und seltsam traurig.
„Ich bin einfach nur überrascht."
Inzwischen stand sie oben am Treppenabsatz und lächelte ihm zu. Eher freundlich als zärtlich oder gar begeistert, konstatierte Joaquin. Den dunklen Kopf stolz erhoben, stand er breitbeinig am Fuß der Treppe auf dem terrakottafarbenen Fliesenboden der weitläufigen Eingangsdiele und schaute zu ihr empor.
Ein weniger selbstbewusster Mann hätte so von oben betrachtet ungünstig und optisch verkürzt gewirkt. Joaquin hingegen sah seltsamerweise auch aus dieser Perspektive so imposant und überwältigend männlich aus, dass Cassies Herzschlag sich unwillkürlich beschleunigte.
Das dichte Haar, blauschwarz schimmernd wie das Gefieder eines Raben, trug er im Nacken etwas länger. Die ausdrucksvollen Augen waren womöglich noch dunkler und glühten in einem seltsamen Feuer. Die olivfarbene Haut hatte durch die sengende Sonne, wie sie um diese Jahreszeit in Jerez vom Himmel brannte, einen samtenen Bronzeton angenommen.
Für einen Spanier war er ungewöhnlich groß, was Joaquin in erster Linie seinen andalusischen Vorfahren verdankte. Die breite Brust ebenso wie die schmale Taille und die langen muskulösen Beine wurden durch den klassischen Schnitt des maßgefertigten grauen Designeranzugs eher unterstrichen als kaschiert. Vollendet wurde die elegante Aufmachung von einem blütenweißen Hemd und einer seidenen Krawatte.
Natürlich hing die – typisch für ihn – lässig gelockert um den kräftigen Hals. Joaquin Alcolar war zwar durchaus bereit, Zugeständnisse an eine konventionelle Businessuniform zu machen, aber dann zu seinen Bedingungen und nur solange es unbedingt notwendig war. Sobald er nach Hause kam, befreite er sich von solchen Fesseln der Zivilisation.
„Als das Meeting früher als erwartet beendet war, habe ich mir überlegt, dass ich hier wahrscheinlich noch mehr schaffen kann als im Büro."
„Dann bist du also früher nach Hause gekommen, um noch zu arbeiten?" Es hätte sie nicht so sehr treffen dürfen. Sie kannte ihn lange genug und wusste doch, wie er war. Trotzdem tat es jedes Mal aufs Neue weh.
„Ich dachte, du freust dich darüber."
„So ist es auch."
Es hört sich an, als müsse sie sich zwingen, das zu sagen, dachte Joaquin, und die nervöse Stimmung, die ihn schon den ganzen Tag über gefangen hielt, verstärkte sich von Sekunde zu Sekunde. Und warum stand sie immer noch dort oben auf der Treppe? Sie hätte längst herunterkommen sollen, um sich in seine Arme zu schmiegen.
Ja, das brauchte er jetzt, um sein gereiztes Gemüt zu besänftigen. Doch in letzter Zeit waren das, was er sich wünschte und was Cassandra wollte, offenbar ganz verschiedene Dinge. Ihre herzliche Spontaneität, mit der sie ihn im Sturm erobert hatte, war einer kühlen Indifferenz gewichen, die fast an Unhöflichkeit grenzte.
„Wenn sich Freude derart bei dir äußert, dann möchte ich dich nicht enttäuscht sehen." Mit Genugtuung sah er, wie sie vor Ärger errötete. Oder war das nur ein Zeichen ihres schlechten