Wir wollen die ganze Freiheit: Über Feminismus und Identität. Ein notwendiges Manifest.
Von Najat El Hachmi und Michael Ebmeyer
()
Über dieses E-Book
Ein wichtiger Beitrag zum Verständnis und ein Appell für die Befreiung von Frauen, der angesichts der aktuellen Lage von Frauen im Iran und in Afghanistan neue Dringlichkeit erhält.
Mehr von Najat El Hachmi lesen
Eine fremde Tochter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAm Montag werden sie uns lieben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Wir wollen die ganze Freiheit
Ähnliche E-Books
Zart und frei: Vom Sturz des Patriarchats Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRaus aus dem Genderkäfig: Der Kampf um Frauenbefreiung im 21. Jahrhundert Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5After Woke Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLesbisch. Eine Liebe mit Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerschwörungsmythen: Woher sie kommen, was sie anrichten, wie wir ihnen begegnen können Bewertung: 1 von 5 Sternen1/5Die dominante Kuh: Neue Glossen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMcSex: Die Pornofizierung unserer Gesellschaft Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeltflucht: Essays Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDiese bittere Erde (ist womöglich nicht, was sie scheint) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchwarzlicht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTod im Cabaret Voltaire: Josephine Wyss ermittelt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn der Jasmin auswandert: Die Geschichte meiner Flucht Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Das Leben in Rot Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEinige Einzelheiten über die Seele der Fälscher Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHaft: Notizen und Geschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAuf uns gestellt: Armutsklasse, Trauma und Solidarität Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGlitsch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFrauen- und Geschlechtergeschichte un/diszipliniert?: Aktuelle Beiträge aus der jungen Forschung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRosa in Grau. Eine Heimsuchung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEines Tages wird es leer sein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLaborschläfer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGegenwindschiff: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAngsttier Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Keim Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBannmeilen: Ein Roman in Streifzügen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenQueere KI: Zum Coming-out smarter Maschinen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen4 TAGE WOCHE: Mehr Gesundheit, Freizeit und Lebensqualität. Mehr Produktivität, Umsatz und Bewerbungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPuschkins Erben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGentzen oder: Betrunken aufräumen: Ein Kalkülroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Sozialwissenschaften für Sie
Warum lernst du kein Deutsch ?! Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Psychologie der Massen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Systemische Fragetechniken für Fach- und Führungskräfte, Berater und Coaches: Die Bedeutung von Fragen im Beruf Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnverfügbarkeit Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Lexikon der Symbole und Archetypen für die Traumdeutung Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Griechische Mythologie für Anfänger: Gesamtausgabe Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die Welt der Commons: Muster gemeinsamen Handelns Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchlagfertigkeitstechniken für Anfänger: Grundlagen und Techniken der Schlagfertigkeit lernen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Vagina-Monologe Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Hure spielen. Die Arbeit der Sexarbeit: Nautilus Flugschrift Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Organisationsentwicklung und Konfliktmanagement: Innovative Konzepte und Methoden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZusammenfassung: Utopien für Realisten: Kernaussagen und Analyse des Buchs von Rutger Bregman: Zusammenfassung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGregory Bateson - Eine Einführung in sein Denken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus: Enthält außerdem die 'protestantischen Sekten' und vier Antikritiken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Erfindung der Hausfrau – Geschichte einer Entwertung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKunstsoziologie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLiedtexte aus literaturwissenschaftlicher Perspektive: Die Eignung von Liedtexten für den Deutschunterricht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas ist Deutschland!: Eine Landeskunde für alle Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Psychologie der Massen (Grundlagenwerk der Sozialpsychologie) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Erotik Bewertung: 2 von 5 Sternen2/5...Als die Noten laufen lernten...Band 2: Kabarett-Operette-Revue-Film-Exil. Unterhaltungsmusik bis 1945 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnglizismen und andere "Fremdwords" deutsch erklärt: Über 1000 aktuelle Begriffe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKlinische Psychologie und Psychotherapie des Alters Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIntuition und Improvisation in der Praxis der Sozialen Arbeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEntstellt: Über Märchen, Behinderung und Teilhabe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen200 Duas für Muslim Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Soziales Lernen in der Grundschule: Gewaltfreie Kommunikation im Kontext lerntheoretischer Ansätze Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Wir wollen die ganze Freiheit
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Wir wollen die ganze Freiheit - Najat El Hachmi
Wenn ich Feminismus sage
Wenn ich Feminismus sage, sage ich Freiheit. Nicht die Freiheit, mir etwas auszusuchen, nicht die Freiheit zum Konsum, nicht die Freiheit, mich vor ein Regal voller Möglichkeiten zu stellen und mich für eine davon zu entscheiden, was auch immer das dann bedeutet. Nein, wenn ich Feminismus sage, wenn ich Freiheit sage, dann meine ich: Ich will leben, ohne als nachrangig zu gelten. Ich will nicht, dass mein Leben, meine Meinung, meine Lust und mein Schmerz weniger wert sein sollen als Leben, Meinung, Lust und Schmerz meiner männlichen Mitmenschen.
Wenn ich Freiheit sage, sage ich Würde. Ich will mich nicht eingeschlossen fühlen, sei es in der Küche, im Haus, in der Familie, in der Religion oder »unter meinesgleichen«. Ich will mir all die Knebel herausreißen, will die Gesetze des Schweigens brechen, die alten Regeln, die mich einschränken, die meine Existenz unendlich viel enger machen, als sie es sein könnte, und die mir immer wieder einen Platz ohne Belang, ohne Bedeutung zuweisen.
Deshalb kann Feminismus – Freiheit – nie heißen, mich für die Unterwerfung zu entscheiden, für die Herabsetzung, für eine vermeintlich natürliche Ordnung, der gemäß ich minderwertig sein soll. Es ist kein Feminismus, mich mit einer Freiheit abzufinden, die von der Gesellschaft, Kultur oder Religion, die mich umgibt, überwacht wird. Ebenso wenig ist es Feminismus, vor den Ausflüchten einzuknicken, die aufgefahren werden, sobald ich die Stimme erhebe, um diese Diskriminierungen anzuklagen oder auch nur zu beschreiben.
Ich muss die feministischen Forderungen heute neu formulieren. Nicht, weil sich an ihnen etwas geändert hätte, sondern weil diejenigen, die uns zum Verstummen bringen wollen, ihre Strategie umgestellt haben. Der Sexismus hat gelernt, sich zu verkleiden, sich in neue Theorien, Redeweisen und schillernde Argumente zu hüllen. Aber sie alle laufen auf dasselbe hinaus wie eh und je: Sie wollen eine alte Ordnung fortschreiben. Eine Ordnung, die früher für naturgegeben gehalten wurde und in der wir unsere Unterdrückung nicht nur hinzunehmen, sondern sie als festen Teil unserer kulturellen und religiösen Identität aufzufassen haben.
In diesem Buch schildere ich den konkreten Sexismus in dem Umfeld, aus dem ich komme, und wie er sich mittlerweile in scheinbar feministische Thesen hüllt. Ich will das benennen, was offensichtlich ist und es immer war. Dafür werde ich, so oft wie nötig, die neuen Verpackungen zerreißen, in denen uns die ranzigen Normen des Patriarchats heute vorgesetzt werden. Ich sage Feminismus, um weiterhin vollständige Freiheit einzufordern: eine Freiheit ohne Einschränkungen, eine Freiheit ohne Überwachung.
Die Stimme erheben: der schwerste Schritt
Noch heute zittern mir die Hände, wenn ich meine Meinung zu Themen aufschreiben will, die mit meiner Herkunft als Tochter einer muslimischen Familie aus Marokko zu tun haben. Beim Tippen begleitet mich nach wie vor die Angst, dafür bestraft zu werden, dass ich das mir seit meiner Kindheit auferlegte Schweigen breche. Das mag verwundern, weil ich diese Fragen seit Jahren nicht nur aus dem Schutzraum der Belletristik heraus behandle, sondern auch in Diskussionsrunden, in Interviews, Artikeln oder privaten Gesprächen. Viele Leute haben mir deshalb gesagt, ich sei mutig – aber das heißt nicht, dass ich keine Angst hätte. So wie ich Angst hatte, als ich zum ersten Mal über das schrieb, was nicht erzählt werden durfte, habe ich jedes Mal wieder Angst, wenn ich auf die Gewalt zurückkomme, auf die Unterdrückung und das Unrecht, mit denen ich und die Frauen, die mir am nächsten standen, aufgewachsen sind. Ich spreche über diese Themen nicht, um mutig zu sein. Ich tue es, um zu überleben.
Viele Jahre lang war das Schreiben das einzige Instrument, das mir zur Verfügung stand, um nicht vollends zu ersticken oder unter der Wucht des Chauvinismus zu zerbrechen. Bis heute kann ich das Gefühl nicht abschütteln, ich würde etwas Verbotenes tun, sobald ich aus der Sprachlosigkeit heraustrete, in die mich das Gesetz des Vaters zwingt. Sag das nicht, erzähl das nicht, verrate nicht, was für eine Auffassung von der Rolle der Frau in deiner Umgebung herrscht: Diese Pflicht zum Vertuschen ist ein Grundpfeiler der Erziehung, die viele von uns Frauen prägt. Kaum zu glauben, da wir doch in einer modernen, westlichen, demokratischen Gesellschaft leben, in der die Gleichstellung der Geschlechter rechtlich verbrieft ist und sich ein feministisches Bewusstsein immer weiter ausbreitet. Und doch kostet es Frauen wie mich, Töchter der muslimischen Migration, immer noch unfassbar viel Kraft, öffentlich über den ganz konkreten Sexismus zu sprechen, mit dem wir aufgewachsen sind.
Unsere Angst ist alles andere als unbegründet. Sobald wir den Mund aufmachen, droht uns der Ausschluss aus unserer »Herkunftsgemeinschaft«. Jede von uns, die es wagt, ihre Stimme zu erheben, um das brutal diskriminierende System anzuprangern, das uns umgibt, oder die Gewalt zu benennen, der wir selbst oder die Frauen aus unserem Umfeld ausgesetzt sind, weiß: Die wahrscheinlichste Reaktion ist, dass wir »verstoßen« werden. Erst recht, wenn wir auch noch heikle Themen wie Sex oder Religion direkt ansprechen. Gilt es schon als subversiver Akt, überhaupt das Wort zu ergreifen und über das Unrecht zu reden, das wir Frauen erlitten haben, so betrachten die »Unsrigen« diese Unverfrorenheit obendrein als Verrat an der Familie, an der Gemeinschaft, an der Heimat – und vor allem am Islam. Dass wir unsere verschluckte Stimme hervorholen, um öffentlich die Mechanismen zu beklagen, die uns zu Menschen zweiter Klasse machen (nachdem wir die nötige Distanz gewonnen haben, um diese Mechanismen zu erkennen), wird als eine nicht hinzunehmende Revolte aufgefasst, aller irdischen und göttlichen Strafen