Lavendelblüten: Kurzroman
Von Sara Jung
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Über dieses E-Book
Job weg, enttäuscht von der Liebe und jede Menge unbezahlte Rechnungen. Jaqueline hat gehörig die Nase voll von Männern und von diesem Leben.
Spontan macht sie sich auf die Suche nach ihrem Vater, der vor 20 Jahren aus ihrem Leben verschwand. Und landet in der Provence in Frankreich.
***
Manchmal geht das Leben seltsame Wege. Man muss sie nur finden und den Mut haben, sie zu gehen.
Und manchmal sind es die spontanen Entscheidungen, die uns das Glück bringen.
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Buchvorschau
Lavendelblüten - Sara Jung
Kapitel 1
Seit einer Stunde lag ich wach und starrte an die Decke. Durch die offene Balkontür strömte ein Geruch von Abgasen und der vorbeirauschende Berufsverkehr dröhnte in meinen Ohren. Köln war eine schöne Stadt, aber nicht, wenn man in ihr lebte. Meine kleine Wohnung lag direkt am Hansaring und schon lange sehnte ich mich nach mehr Ruhe und Natur. Wie so oft, fragte ich mich, ob ich woanders neu anfangen sollte. Nichts hielt mich hier, aber mir fehlte der Mut.
Ich widerstand der Versuchung, einfach liegen zu bleiben. Wieder so ein Bürotag und ich sehnte mich schon jetzt nach dem Feierabend. Ich schob die Bettdecke beiseite und setzte mich seufzend auf die Bettkante. Der Gedanke an meine unbezahlten Rechnungen trieb mich aus dem Bett.
Müde und lustlos schleppte ich mich in die Küche und stellte die Kaffeemaschine an. Während der Kaffee durchlief, ging ich ins Bad und hoffte, dass eine erfrischende Dusche meine Stimmung bessern würde. Aber auch das half nicht. Ich zog mich an und versuchte meine Haare, die widerspenstig um mein Gesicht wirbelten, zu bändigen.
Der Duft des frischen Kaffees zog mir in die Nase und ich ging zurück in die Küche. Hastig schüttete ich eine Tasse Kaffee hinunter. Ein Blick auf die Küchenuhr verriet mir, dass ich viel zu spät dran war. Wie so oft in den letzten Monaten. Es half nichts: Ich musste los.
Die Stimmung im Büro war seltsam. Schauten die Kollegen mich heute anders an als sonst? Irgendetwas lag in der Luft. In meinem Büro angekommen, schaltete ich den PC an. Marie, mit der ich mir das Büro teilte, sah vorwurfsvoll auf die Uhr.
„Mensch, Jaqu, du bist schon wieder zu spät. Mach voran, noch hat der Alte es hoffentlich nicht gemerkt."
„Jaqueline?", hörte ich Herrn Kremer im gleichen Moment rufen und mir war klar, dass ihm mein Zuspätkommen nicht entgangen war. Marie sah mich mitleidig an und zog die Schultern hoch.
„Na, dann lass dir mal eine neue Ausrede einfallen. Hört sich nach Ärger an."
„Ja?", antwortete ich Herrn Kremer.
„Kommen Sie in mein Büro", befahl er und sein Ton jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken. Mit einem flauen Gefühl im Magen, ging ich über den langen Flur zu seinem Büro. Nicole, die neue Kollegin, stöckelte mir entgegen.
„Na, wieder mal zu spät?", flötete sie und grinste hämisch. Ich ignorierte sie und betrat das Büro von Herrn Kremer. Er saß hinter seinem Schreibtisch und hatte sich in den protzigen Chefsessel gequetscht.
„Nein, Jaqueline, das hätte ich nie von Ihnen gedacht! Warum haben Sie mir nichts von Ihren Problemen gesagt?", fuhr er mich an. Sein Gesichtsausdruck ließ nichts Gutes verheißen.
„Probleme? Welche Probleme?", fragte ich verdutzt. Mein Herz begann zu rasen und unter meinen Achseln bildeten sich kleine Schweißperlen. Woher weiß er von meinen Problemen? Aber, noch ehe ich darüber weiter nachdenken konnte, unterbrach er meine Gedanken.
„Es fehlen eintausend Euro in der Firmenkasse. Können Sie mir das erklären?"
„Ich … ich …, nein, das ist mir noch nicht aufgefallen? Ich ärgerte mich über mein Gestotter und spürte, wie mir das Blut ins Gesicht stieg. „Aber Sie glauben doch nicht etwa, dass ich …
„Wer denn sonst?, unterbrach er mich erneut. „Außer mir haben nur Sie einen Schlüssel. Und ich werde mich wohl nicht selbst beklauen!
„Beklauen? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein? Sie wollen mir sagen, ich hätte Sie beklaut?" Ungläubig stierte ich ihn an. Aber statt einer Antwort, hielt er mir einen Briefumschlag entgegen.
„Was ist das?", fragte ich, während ich den Umschlag annahm.
„Ihre Kündigung. Nicole war so freundlich, sie gleich heute Morgen fertigzumachen", sagte er, ohne auf eine weitere Erklärung zu warten.
„Meine was ...?", schrie ich.
„Ich könnte Sie fristlos entlassen. Diebstahl ist schließlich kein Kavaliersdelikt. Aber weil Sie eine gute Mitarbeiterin waren, kündige ich Ihnen mit der ordentlichen Kündigungsfrist. Allerdings sind Sie bis zu Ihrem Ausscheiden von der Arbeit freigestellt", sagte er kalt, ohne mich dabei anzusehen.
„Bitte Herr Kremer, so glauben Sie mir doch. Ich habe dieses Geld nicht genommen", versuchte ich mich zu verteidigen. Meine Stimme zitterte, aber Herr Kremer deutete mir wortlos mit einem Blick an, sein Büro zu verlassen. Die kleinen Schweißperlen unter meinen Armen begannen zu strömen und wie in Trance verließ ich sein Büro. Ich rannte in mein Büro, vorbei an meinen Kollegen, die mich mitleidig ansahen. Ich schnappte meine Tasche, ließ die völlig verdutzte Marie ohne ein Wort zurück und rannte aus dem Büro.
Draußen schnappte ich nach Luft. Ich lief in einen nahegelegenen Park, wo ich oft meine Mittagspause verbrachte und setzte mich auf eine Bank. Jetzt endlich konnte ich den Tränen freien Lauf lassen. Meine Gefühle fuhren Achterbahn. Ich kochte vor Wut, weil ich nicht den Hauch einer Chance bekommen hatte, mich zu verteidigen. Dann wieder war ich enttäuscht, dass man mir so etwas überhaupt zutraute. Ich war jetzt neununddreißig Jahre und die Aussichten auf einen neuen Job waren gleich null. Hatte ich heute Morgen noch meine Arbeit verflucht, jetzt war ich sie los.
Ich bemerkte nicht, dass dunkle Wolken aufzogen. Ein heftiger Wolkenbruch überraschte mich und ich rannte nach Hause. Völlig durchnässt betrat ich kurze Zeit später meine Wohnung.
Ich muss Tina anrufen! Auf Tina war immer Verlass. Hastig kramte ich in meiner Tasche nach meinem Handy und wählte ihre Nummer. Aber sie nahm nicht ab.
Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Wie sollte es weitergehen? Schon jetzt konnte ich meine Rechnungen nicht mehr bezahlen. Panik stieg in mir hoch. Ich rannte in die Küche und schnappte mir die offene Flasche Wein, die noch vom Vorabend übrig geblieben war, goss mir ein großes Glas ein und kippte es hinunter. Ich ging zurück ins Wohnzimmer und setzte mich in meinen bequemen Fernsehsessel. Hastig trank ich immer wieder an meinem Wein und die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Irgendwann schlief ich ein.
Das Schrillen meines Handys riss mich