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Messbare Funktionen (englisch measurable functions) werden in der Maßtheorie untersucht, einem Teilbereich der Mathematik, der sich mit der Verallgemeinerung von Längen- und Volumenbegriffen beschäftigt. Von messbaren Funktionen wird verlangt, dass das Urbild gewisser Mengen wieder in einem bestimmten Mengensystem liegt. Messbare Funktionen spielen eine wichtige Rolle in der Stochastik und der Maßtheorie, da durch sie Zufallsvariablen und Bildmaße konstruiert werden können.

Definition

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Gegeben seien zwei Messräume   und  , das heißt je eine Grundmenge und eine σ-Algebra auf dieser Menge, sowie eine Funktion (bzw. Abbildung)

 .

  heißt nun eine messbare Funktion (bzw. messbare Abbildung), wenn das  -Urbild jeder messbaren Menge   eine messbare Menge von   ist.

Formalisiert lautet diese Bedingung:

 , für alle  [A 1], wobei  

Eine solche Funktion (bzw. Abbildung) wird auch als  - -messbar bezeichnet. Falls klar ist, welche Messräume beteiligt sind, sagt man oft auch einfach,   sei messbar.

Eine Funktion heißt Borel-messbar (Lebesgue-messbar), wenn sie bezüglich zweier Borelscher σ-Algebren (Lebesguescher σ-Algebren) messbar ist. Teilweise werden auch Mischformen (Lebesgue-Borel-messbar oder Borel-Lebesgue-messbar) verwendet. Zu beachten ist, dass kein Maß definiert sein muss, um eine messbare Funktion zu definieren.

Elementare Beispiele

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  • Sind zwei Messräume   und   gegeben, und ist   die triviale σ-Algebra, so ist jede Funktion    - -messbar, unabhängig von der Wahl der Funktion und der σ-Algebra  . Dies liegt daran, dass immer   und   gilt. Diese Mengen sind aber immer in der σ-Algebra   enthalten. Wählt man hingegen als σ-Algebra die Potenzmenge  , so ist ebenfalls jede Funktion    - -messbar, unabhängig von der Wahl der Funktion und der σ-Algebra  . Dies liegt daran, dass jedes Urbild   immer in der Potenzmenge liegt, da diese per Definition jede Teilmenge der Obermenge enthält.
  • Jede konstante Funktion, also jede Funktion der Form   für alle  , ist messbar. Ist nämlich  , so ist
 
Da die Grundmenge und die leere Menge in jeder beliebigen σ-Algebra enthalten sind, sind sie insbesondere in   enthalten und die Funktion ist messbar.
  • Sind   und   Messräume, dann ist für beliebiges   die Indikatorfunktion   eine  - -messbare Funktion. Es gilt dann   und   sowie   und  . Diese Mengen sind aber nach Voraussetzung in der σ-Algebra enthalten.

Einordnung

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Urbild einer messbaren Menge

Der Begriff der Messbarkeit wird durch die Definition der Integration von Henri Lebesgue motiviert: Für die Lebesgue-Integration einer Funktion   bezüglich des Lebesgue-Maßes muss Mengen der Form   ein Maß zugeordnet sein. Beispiele für Funktionen, für die dies nicht möglich ist, sind Indikatorfunktionen von Vitali-Mengen. Die Definition der Lebesgue-Integration für beliebige Maßräume führt dann zu obiger Definition der messbaren Funktion.

Der Begriff der messbaren Funktion hat Parallelen zur Definition der stetigen Funktion. Eine Funktion zwischen topologischen Räumen   und   ist genau dann stetig, wenn die Urbilder offener Mengen von   wiederum offene Mengen von   sind. Die von den offenen Mengen erzeugte σ-Algebra ist die borelsche σ-Algebra. Eine stetige Funktion ist also messbar bezüglich der Borel-σ-Algebren von   und   kurz borel-messbar. Eine gewisse Umkehrung dieser Aussage ist der Satz von Lusin.

Messbare Funktionen spielen als Zufallsvariablen eine wichtige Rolle in der Wahrscheinlichkeitstheorie.

Eigenschaften

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Messbare Funktionen und Erzeugendensysteme

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Oftmals ist eine σ-Algebra viel zu groß, um jede Menge aus ihr direkt angeben zu können oder das Urbild jeder Menge zu überprüfen. Die Überprüfung einer Funktion auf Messbarkeit wird aber dadurch erleichtert, dass man dies nur auf den Urbildern eines Erzeugers machen muss. Ist also   ein Erzeuger von  , sprich ist  , so ist die Funktion   genau dann messbar, wenn

 

für alle   gilt.

Daraus folgt direkt, dass stetige Funktionen zwischen topologischen Räumen, die mit der borelschen σ-Algebra versehen sind, immer messbar sind, da Urbilder offener Mengen immer offen sind. Da die borelsche σ-Algebra aber von den offenen Mengen erzeugt wird und demnach die Urbilder des Erzeugers wieder im Erzeuger liegen, folgt die Messbarkeit.

Initial-σ-Algebra

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Zu jeder Abbildung  , wobei   mit der σ-Algebra   versehen ist, lässt sich eine kleinste σ-Algebra angeben, bezüglich derer die Funktion   messbar ist. Diese σ-Algebra nennt man dann die Initial-σ-Algebra der Funktion und bezeichnet sie mit   oder mit  . Sie lässt sich auch für beliebige Familien von Funktionen   definieren. Sie ist dann die kleinste σ-Algebra, bezüglich derer alle   messbar sind, und wird dann mit   oder   bezeichnet. Für eine einzelne Funktion   ist aufgrund der Operationsstabilität des Urbildes bereits   die Initial-σ-Algebra.

Verkettungen messbarer Funktionen

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Sind  ,   und   Messräume und ist    - -messbar und    - -messbar, so ist die Funktion    - -messbar. Unter Umständen kann auch aus der Messbarkeit von verknüpften Funktionen auf die Messbarkeit ihrer Teilfunktionen geschlossen werden: Sind   Funktionen von   nach   und ist   die Initial-σ-Algebra, dann ist eine Funktion   von   nach   genau dann messbar, wenn   für alle    - -messbar ist.

Faktorisierungslemma

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Das Faktorisierungslemma ist ein maßtheoretischer Hilfssatz, der die Messbarkeit von Funktionen bezüglich einer am Urbildraum von einer anderen Funktion induzierten sigma-Algebra charakterisiert.

 
Kommutatives Diagramm für das Faktorisierungslemma

Lemma (Faktorisierunglemma): Es seien   ein Messraum und   eine Abbildung. Es bezeichne   die von   und   erzeugte σ-Algebra auf  . Es sei nun   ein weiterer Messraum und   eine weitere Abbildung. Dann sind äquivalent:

(1) Die Abbildung   ist  -messbar.

(2) Es existiert eine messbare Funktion   mit

 .

Man sagt in diesem Fall, dass die Abbildung   über   messbar faktorisiert wird.

Informell in Worten beschrieben besagt das Faktorisierungslemma, dass eine Funktion genau dann bezüglich einer induzierten  -Algebra am Urbildraum messbar ist, wenn messbar faktorisiert werden kann.

Die  -messbaren Funktionen   sind also genau jene, die im Bild des Pullback-Operators  , der  -messbaren Funktionen liegen.

Das Faktorisierungslemma wird bei einigen weitreichenden stochastischen Konstruktionen und Sätzen der mathematischen Statistik verwendet. Zum Beispiel wird das Lemma in der Wahrscheinlichkeitstheorie bei der Konstruktion der faktorisierten bedingten Erwartung eingesetzt, die ein Schritt auf dem Weg zur regulären bedingten Verteilung ist, und in der Statistik für suffiziente Statistiken zur Datenreduktion.

Messbarkeit reellwertiger Funktionen

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Überprüfung

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Für eine Abbildung   von einem Messraum   nach   gilt, dass   genau dann messbar ist, wenn eine der folgenden äquivalenten Bedingungen erfüllt ist

  •  ,
  •  ,
  •  ,
  •  .

Dabei ist   als Abkürzung für

 

zu verstehen. Es würde auch ausreichen, wenn   nur alle rationalen Zahlen durchliefe, denn die angegebenen Intervalle bilden immer ein Erzeugendensystem der borelschen σ-Algebra.

Messbare Funktionen

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Die folgenden Funktionen   sind beispielsweise messbar:

 
 
 
 .

Ist außerdem eine Funktion   gegeben, so ist sie genau dann messbar, wenn jede ihrer Komponentenfunktionen    - -messbar ist.

Sind   messbare Funktionen von   nach  , so sind auch   und   messbar. Ist   messbar von   nach  , so ist   messbar. Vereinbart man die Konvention  , so ist sogar   messbar.

Ist eine Funktionenfolge  - -messbarer Funktionen   gegeben, so sind auch das Infimum, das Supremum sowie der Limes inferior und der Limes superior dieser Folge wieder messbar.

Approximation

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Jede positive messbare Funktion lässt sich durch eine monoton wachsende Funktionenfolge von einfachen Funktionen (also Linearkombinationen von Indikatorfunktionen von messbaren Mengen) approximieren. Eine Funktionenfolge, die das leistet, ist beispielsweise

 .

Diese Approximationseigenschaft wird bei der Konstruktion des Lebesgue-Integrals genutzt, welches zuerst nur für einfache Funktionen definiert wird und dann auf alle messbaren Funktionen fortgesetzt wird.

Lebesgue- und Borelmessbare Funktionen

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Eine (reelle) Lebesgue-Borel-messbare Funktion ist nicht unbedingt Borel-Borel-messbar. Auch ist eine Lebesgue-Borel-messbare Funktion nicht unbedingt Lebesgue-Lebesgue-messbar. Die Verkettung zweier Lebesgue-Borel-messbarer Funktionen ist also nicht zwangsläufig wiederum Lebesgue-Borel-messbar.[1][2]

Verwandte Begriffe

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Starke Messbarkeit

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Ist eine Funktion in einem metrischen Raum punktweiser Limes von Elementarfunktionen, d. h. messbaren Funktionen mit endlichem Bild, so heißt sie „stark messbar“.

  • Jede messbare Funktion mit separablem Bild ist stark messbar.
  • Jede stark messbare Funktion ist messbar.

Starke Messbarkeit und Messbarkeit unterscheiden sich nur voneinander, wenn der Zielraum nicht-separabel ist. Dies ist beispielsweise bei der Definition von verallgemeinerten Integralen wie dem Bochner-Integral der Fall.

Bimessbare Funktionen

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Messbare Funktionen, deren Umkehrabbildung ebenfalls messbar ist, werden bimessbare Funktionen genannt.

Abgrenzung

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Eine Teilmenge eines Messraums heißt messbar, wenn sie Element der σ-Algebra des Messraums ist und ihr somit potentiell ein Maß zugeordnet werden kann. Des Weiteren existiert noch die Messbarkeit nach Carathéodory von Mengen bezüglich eines äußeren Maßes. Hier wird nur ein äußeres Maß benötigt.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Robert B. Ash, Catherine Doléans-Dade: Probability and measure theory. 2nd edition. Academic Press, San Diego CA u. a. 2000, ISBN 0-12-065202-1, S. 41.
  2. Vladimir I. Bogachev: Measure theory. Band 1. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-354-03451-3-8, S. 193.

Anmerkungen

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  1. Es ist also (in verkürzter Schreibung)