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Bernd Nitzschke

The motivation for recounting individual and collective stories and the (re)construction of history as the eternal struggle of “good” and “evil” is subjected to critical examination. Historical salvation expectations are interpreted as... more
The motivation for recounting individual and collective stories and the (re)construction of history as the eternal struggle of “good” and “evil” is subjected to critical examination. Historical salvation expectations are interpreted as efforts to make traumatic wounds un-happen in order to return to a pre-traumatic time. This fruitless attempt is confronted with Freud's “trans¬cultural” heritage, his insight into what lies behind the repetition compulsion and the demand for instinctual renunciation (renunciation of revenge) derived there from. Such considerations are concretized by means of examples from Freud’s own life and from the Jewish-Palestinian conflict.
The motivation for recounting individual and collective stories and the (re)construction of history as the eternal struggle of “good” and “evil” is subjected to critical examination. Historical salvation expectations are interpreted as... more
The motivation for recounting individual and collective stories and the (re)construction of history as the eternal struggle of “good” and “evil” is subjected to critical examination. Historical salvation expectations are interpreted as efforts to make traumatic wounds un-happen in order to return to a pre-traumatic time. This fruitless attempt is confronted with Freud's “trans¬cultural” heritage, his insight into what lies behind the repetition compulsion and the demand for instinctual renunciation (renunciation of revenge) derived there from. Such considerations are concretized by means of examples from Freud’s own life and from the Jewish-Palestinian conflict.
In Krisenzeiten, in denen das Vertrauen in die Narrative schwindet, die von den bislang anerkannten geistlichen und/oder weltlichen Autoritäten vorgegebenen wurden, mit deren Hilfe die Welt – beziehungsweise die Weltgeschichte – als sinn-... more
In Krisenzeiten, in denen das Vertrauen in die Narrative schwindet, die von den bislang anerkannten geistlichen und/oder weltlichen Autoritäten vorgegebenen wurden, mit deren Hilfe die Welt – beziehungsweise die Weltgeschichte – als sinn- und zweckvoll geordnetes Ganzes zu verstehen sein sollte, schlägt die Stunde charismatischer ‚Führer‘. Sie geben vor, die guten alten Zeiten wiederherstellen zu können, in denen man sich angeblich noch sicher fühlen konnte.
Diese An- und Verführer greifen die Angst vor einer realen oder mehr oder weniger willkürlich bestimmten Bedrohung auf und verknüpfen sie mit – ideologisch unterschiedlich begründeten – Maßnahmen der Aggressionslenkung. Das ermöglicht jenen, die sich als Teil des Großen-und-Ganzen begreifen – sei es eine Nation, ein Volk oder sonst eine Glaubensgemeinschaft –, ihre Wut an denen auszulassen, die sie für den Zustand der chaotisch erlebten Welt verantwortlich machen und als Abweichler, Volksfremde, Verräter usw. brandmarken. Auf diese Weise kann das Selbstwertgefühl der „kompakten Majorität“[1] in Abgrenzung zu den Ausgeschlossenen, denen man sich überlegen fühlt, neu justiert werden.

complete text see:
https://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=29488&p=c110
Research Interests:
ABSTRACT
Historische, psychlogische und soziologische Aspekte der Einsamkeit werden diskutiert
Zum Selbstdenken in den Wissenschaften gehört eben so viel Phantasie, als zu poetischen Erzeugnissen und es ist zweifelhaft, ob Newton oder Shakespeare mehr Phantasie besessen haben. Johann Friedrich Herbart (1776-1841) 1. Der... more
Zum Selbstdenken in den Wissenschaften gehört eben so viel Phantasie, als zu poetischen Erzeugnissen und es ist zweifelhaft, ob Newton oder Shakespeare mehr Phantasie besessen haben. Johann Friedrich Herbart (1776-1841) 1. Der achtzehnjährige Sigmund Freud berichtet seinem Freund Eduard Silberstein im März 1875 von einem Besuch, den er soeben Franz von Brentano, Professor für Philosophie an der Universität Wien, abgestattet hat, bei dem er im Sommersemester eine Vorlesung über "alte und neue Logik" hören sowie an der "Lesung, Erklärung und kritischen Besprechung ausgewählter philosophischer Schriften" teilnehmen will. Der Brief enthält eine Köstlichkeit-die Beurteilung der neuzeitlichen Philosophie durch den Professor, wiedergegeben in der Prosa des Studenten: "Bei Cartesius sollten wir beginnen, diesen ganz durchlesen, weil von ihm ein neuer Anstoß für die Philosophie ausgehe. Von seinen Nachfolgern Guelin[c]x, Malebranche, Spinoza sei keiner lesenswert. Sie knüpften alle an die verfehlte Seite des Cartesius' Philosophie an, seine vollständige Trennung von Seele und Leib. […] Locke und Leibniz hingegen seien nicht zu umgehn […]." Auch Hume und Kant wären zu lesen, Kant verdiene jedoch "das Ansehn durchaus nicht, das man ihm lasse, er sei voll von Sophismen, ein unausstehlicher Pedant und kindisch erfreut, wenn er etwas dreiteilen oder vierteilen" könne. "Kurz, Kant kommt bei ihm sehr schlecht weg, was Kant hebt, das sind seine Nachfolger, Schelling, Fichte, Hegel", die Brentano "Schwindler" genannt habe. "Von diesen wollen Sie uns also dispensieren?" fragt der Student an. "Im Gegenteil, ich will Sie warnen, sie zu lesen, begeben Sie sich nicht auf diese schlüpfrigen Wege des Verstandes, es geht einem wie dem Irrenarzt, der anfangs wohl merkt, daß es dort toll zugeht, aber sich später daran gewöhnt und nicht selten selbst einen Span holt'", antwortet der Professor (Freud 1989, S. 117f.). 2. Jetzt wissen wir also, welche philosophische Lektüre Freud in jungen Jahren empfohlen worden ist. Und wir wissen auch, wovor er gewarnt worden ist: vor den "schlüpfrigen Wegen des Verstandes". Allerdings ignorierte Freud diese Warnung, als er später am Leitfaden der Gedankenassoziationen ins Labyrinth des Verstandes vorzudringen versuchte. Wir hingegen halten uns an eine Empfehlung des Professors, die gewiss auch sein Student Freud beherzigt hat: wir beginnen bei Descartes, um dann die Wege nachzuvollziehen, die zur Psychoanalyse geführt haben. Damit folgen wir einem Hinweis, den Freud selbst gegeben hat, als er bemerkte, die Psychoanalyse sei "nicht aus dem Stein gesprungen oder vom Himmel gefallen". Sie knüpfe vielmehr an "Älteres an, das sie fortsetzt, sie geht aus Anregungen hervor, die sie verarbeitet. So muß ihre Geschichte mit der Schilderung der Einflüsse
Da in den nachfolgenden Ausführungen zum Teil sehr detailliert auf historische Quellen eingegangen wird und die angesprochenen Sachverhalte nur hinreichend zu verstehen sind, wenn man sie in den geschichtlichen Kontext einordnen kann,... more
Da in den nachfolgenden Ausführungen zum Teil sehr detailliert auf historische Quellen eingegangen wird und die angesprochenen Sachverhalte nur hinreichend zu verstehen sind, wenn man sie in den geschichtlichen Kontext einordnen kann, werden einige Erläuterungen vorausgeschickt. Beim so genannten "Memorandum" handelt es sich um einen von Carl Müller-Braunschweig 1933 verfassten Text, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. 1 Am 22. Oktober 1933 erschien der letzte Teil dieses "Memorandums" unter dem Titel Psychoanalyse und Weltanschauung im Reichswart, einem antisemitischen Hetzblatt (Müller-Braunschweig 1933). Diesen Artikel, "in dem die Gleichschaltung der psychoanalytischen Theorie der Neurosen mit Hitlerschen Weltanschauung vollzogen wurde"(Reich-zit. n. Fenichel 1998, S. 103), druckte Wilhelm Reich in der von ihm im Exil herausgegebenen Zeitschrift für Politische Psychologie und Sexualökonomie mit Hinweis auf den Erstdruck ("Dieser Artikel erschien am 22.10.33 im ‚Reichswart'") unter der ironischen Überschrift ‚Unpolitische' Wissenschaft unautorisiert nach (Müller-Braunschweig 1934). Damit sollte die Kollaboration der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) mit dem NS-Staat dokumentiert werden, die als ‚rein' wissenschaftlich, das heißt: als politisch ‚neutral', dargestellt wurde und in allen wichtigen Punkten mit der Führung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV)-insbesondere mit Ernest Jones und Anna Freud-abgesprochen war (Nitzschke 1997, Peglau 2013). Ende der 1960er Jahre entdeckte Helmut Dahmer den Nachdruck des Reichswart-Artikels in Wilhelm Reichs Exil-Zeitschrift. In seinem Buch Libido und Gesellschaft zitierte er daraus mehrere Passagen und gab zudem einen Hinweis auf den Erstdruck (1973, S. 444). Fünfzig Jahre nach der Erstpublikation publizierte Dahmer (1983) den Reichswart-Artikel erneut, diesmal in der Psyche (Müller-Braunschweig 1983), versehen mit einem Kommentar:
Was psychoanalysis in Germany „destroyed” or „saved” in the period 1933-1945? To this day ever new answers are given to the question, answers which depend on the time and the interests involved. This contribution seeks to reconstruct once... more
Was psychoanalysis in Germany „destroyed” or „saved” in the period 1933-1945? To this day ever new answers are given to the question, answers which depend on the time and the interests involved. This contribution seeks to reconstruct once again the steps leading to the incorporation in 1936 of the German Psychoanalytic Society (Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft [DPG]) into the National Socialist German Institute for Psychological Research and Psychotherapy (Deutsches Institut für psychologische Forschung und Psychotherapie). This process of incorporation, which was intended as a „rescue“ and led to the self-disbandment of the DPG in 1938, took place during ongoing talks between Felix Boehm and Carl Müller-Braunschweig, officials of the DPG, on the one hand, and Ernest Jones, president of the International Psychoanalytic Association (IPA), on the other. The process was connected to yet another desideratum: the expulsion of Wilhelm Reich from the DPG/IPA.
Für Wilhelm Reich stand fest: Psychoanalyse und Faschismus sind unvereinbar. Als politisch denkender und handelnder Psychoanalytiker gab er dieser Überzeugung in Wort und Tat schon lange vor 1933 Ausdruck. Ins Exil geflohen... more
Für Wilhelm Reich stand fest: Psychoanalyse und Faschismus sind unvereinbar. Als politisch denkender und handelnder Psychoanalytiker gab er dieser Überzeugung in Wort und Tat schon lange vor 1933 Ausdruck. Ins Exil geflohen veröffentlichte er 1933 sein epochales Werk Massenpsychologie des Faschismus. Bevor man die Neuausgabe dieses Buches nun wieder zur Hand nimmt, sollte man über die historischen Zusammenhänge näher Bescheid wissen, in denen es konzipiert, publiziert, rezipiert – und Jahrzehnte nach seinem Erscheinen noch immer kontrovers interpretiert wurde. Das heißt, es geht hier nicht nur um einen Text, in dem die massenpsychologischen Voraussetzungen analysiert werden, die es einem ‚Führer‘ ermöglichten, ‚die Macht zu ergreifen‘ – es geht auch um das ‚Schicksal‘ der Psychoanalyse unter Hitler und um vereinspolitisch motivierte Versuche, Autor und Werk zu diffamieren.