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    Recht als Nebenfach LMU

    BOFAXE Das deutsch-griechische Reparationskarussell …und jährlich grüßt das Murmeltier Autor / Nachfragen Am 08.02.2015 forderte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras Deutschland erneut dazu auf, Zwangskredite aus der Zeit der... more
    BOFAXE Das deutsch-griechische Reparationskarussell …und jährlich grüßt das Murmeltier Autor / Nachfragen Am 08.02.2015 forderte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras Deutschland erneut dazu auf, Zwangskredite aus der Zeit der Besatzung durch die deutsche Wehrmacht zurückzuzahlen. Ein Jahr zuvor hatte sein Kollege und noch amtierender Staatspräsident Karolos Papoulias bei einem gemeinsamen Presseauftritt mit Bundespräsident Gauck in Athen ebenfalls auf die Zahlung von Re-parationen bestanden. Darüber hinaus vollstrecken griechische Gerichte seit 1997 in deutsches Staatseigentum auf griechischem Territorium, um so Ansprüche Privater aus der Zeit des zweiten Weltkrieges zu entschädigen. Dieses Vorgehen wurde sowohl seitens des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als auch des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag als Verletzung des völ-kerrechtlichen Grundsatzes der Staatenimmunität qualifiziert. Die diesjährige Diskussion dreht sich um 1942 geschlossene Kreditverträge zwischen Griechenland und der deutschen Besatzungsmacht. Die zinslos gewährten Darlehen dienten der Finanzierung und Entlohnung der in Griechenland stationierten Wehrmachtssoldaten. Laut eines Berichts des Auswär-tigen Amtes vom 12.04.1945 soll die Bank von Griechenland insgesamt 476 Millionen Reichsmark an die deutsche Reichsbank überwiesen haben. Diese Summe inklusive Zinsen soll Deutschland nun an Griechenland zurückzahlen. Die hellenistische und die deutsche Rechtsauffassung gehen diesbezüg-lich jedoch weit auseinander. Athen beharrt darauf, dass es sich bei den Kreditverträgen um ein ge-wöhnliches bilaterales Abkommen zwischen zwei Völkerrechtssubjekten handelt, welche kraft ihrer Souveränität derlei Vereinbarungen treffen können. Danach wäre die Rückzahlung der Kredite eine Frage der Fälligkeit. Folgte man dieser Argumentation, so müssten die 476 Millionen Reichsmark zurückgezahlt werden, allerdings ohne Verzinsung, da dies gerade nicht Bestandteil der Verträge war. Die deutsche Regierung hält die Sache mit Verweis auf den Zwei-Plus-Vier-Vertrag für abschlie-ßend geregelt und damit erledigt. Die Frage nach dem Regelungsgehalt dieses völkerrechtlichen Abkommens geht auf das Jahr 1953 und das damals vereinbarte Reparationsmoratorium im Rahmen des Londoner Schuldenabkommens zurück. Danach sollte die endgültige Lösung der Reparationsfrage "bis zum Abschluss eines förmli-chen Friedensvertrages" aufgeschoben werden. Zwar kam es nie zu einem solchen Friedensvertrag, an seine Stelle trat jedoch der 1990 geschlossene Zwei-Plus-Vier-Vertrag. Dieser sollte nach dem Willen der Alliierten jegliche noch offene Fragen in Bezug auf Deutschland klären. Allerdings schweigt das Dokument zum Punkt Reparationszahlungen. Für gewöhnlich wird einem Schweigen juristisch gerade keine Bedeutung beigemessen. Es war jedoch die Intension der Vertragsparteien eine ab-schließende Regelung für alle noch ungeklärten Punkte zu schaffen. Dieses Schweigen kann deshalb als Perpetuierung des Londoner Moratoriums verstanden werden. Rechtliche Bindungswirkung für Griechenland entfaltet das Dokument hingegen nur dann, wenn Athen diese Bindungswirkung für sich akzeptiert, es also diesbezüglichen völkerrechtlichen Konsens gab. Zwar gehörte Griechenland nicht zu den sechs Unterzeichnern des Vertrags, allerdings nahmen die KSZE-Staaten, darunter auch Griechenland, in der Charta von Paris " mit großer Genugtuung " Kenntnis von dem in Moskau unterzeichneten Zwei-Plus-Vier-Vertrag. Dies könnte durchaus als konkludente Genehmigung des Vertragsinhalts und damit als Zustimmung Griechenlands verstanden werden. Darüber hinaus ließe sich die sachliche und personelle Kompetenz der alliierten Siegermächte zum Abschluss eines sol-chen Vertrages aus dem Potsdamer Abkommen herleiten. Darin wurden Großbritannien, die USA und die Sowjetunion mit dem Mandat betraut, den Umgang mit Deutschland zu regeln, darunter auch die Frage der Reparationsforderungen. Die heutigen deutsch-griechischen Differenzen drehen sich hauptsächlich um die Rechtsnatur der damaligen Zwangskredite. Der Zwei-Plus-Vier-Vertrag greift nur für den Fall, dass es sich bei den Kreditverträgen um während des Krieges verübtes Unrecht handelt. Das humanitäre Völkerrecht überträgt die Finanzierungslast der Besatzungskosten laut Arti-kel 49 Haager Landkriegsordnung auf den besetzten Staat. Die griechischen Kredite dienten der Besoldung der Wehrmachtssoldaten, also zweifelsfrei der Finanzierung der Besatzung. Gegen einen Vertrag auf Augenhöhe, wie von Athen angeführt, spricht vor allem der Umstand, dass es sich um ein zinslos gewährtes Darlehen handelt und ein besetztes Land für gewöhnlich nicht freiwillig die Kosten der eigenen Besetzung trägt. Danach handelt es sich um abgenötigte Zwangskredite, die zwar mit dem Haager Kriegsrecht vereinbar sind, dennoch klassischerweise unter die Kategorie der reparati-onsfähigen Kriegshandlungen fallen. Sollten die Differenzen zwischen Berlin und Athen keine diplo-matische Lösung erfahren können, wäre eine abschließende juristische Klärung des Sachverhalts durch den Internationalen Gerichtshof in Den Haag wünschenswert.0)234/32-14208, Web: http://www.ruhr-uni-bochum.de/ifhv/. Die BOFAXE werden vom Deutschen Roten Kreuz unterstützt. Bei Interesse am Bezug der BOFAXE wenden Sie sich bitte an: ifhv-publications@rub.de. Für den Inhalt ist der jeweilige Verfasser allein verantwortlich.