The question of the contemporary political relevance of Critical Theory points to a deeper proble... more The question of the contemporary political relevance of Critical Theory points to a deeper problem: the fundamental relationship between Critical Theory and politics. Their relationship status has to be regarded as complicated. Politics, so a widespread judgement goes, has no place in the cosmos of Critical Theory: where the place for a theoretically reflected analysis of politics could or should be, so the repeatedly heard reproach (for example, Howard 2000), there is a gap in the center of the historical “Frankfurt School” (Wiggershaus 1995, Jay 1973) around Max Horkheimer and Theodor W. Adorno. In the following, we do not merely want to attest another “politics deficit” to “classical” Critical Theory, but rather, on the one hand, to measure the exact relationship to the object of politics, and on the other hand, to take a look at the current state of theory, which proves to be quite diverse. To ask whether and how a Critical Theory of politics is possible today does not, however,...
Zusammenfassung: Von der Beobachtung miteinander korrespondierender Zeitdiagnosen ausgehend, wird... more Zusammenfassung: Von der Beobachtung miteinander korrespondierender Zeitdiagnosen ausgehend, wird in diesem Beitrag eine weite Perspektive auf Ökono-misierung eingenommen. Es wird der Frage nachgegangen, wie und warum sich Ökonomisierung nach wie vor so hartnäckig hält. Wir schlagen in Abgrenzung zu einschlägigen aktuellen Theorieangeboten vor, einer institutionentheoretischen Deutung zu folgen, die eine gesellschaftstheoretische Ebene der funktionalen Differenzierung mit der subjektiven Ebene der Handlungspraxis dergestalt verbindet, dass die ökonomische Intrusion sinnrekonstruktiv erschlossen werden kann. Zentral für unsere Argumentation sind normative Leitbilder, die für jede Institution charakteristisch sind. In einem sozialkonstruktivistischen Verständ-nis arbeiten wir heraus, dass in der Spätmoderne Institutionen maßgeblich von den autonomiegetriebenen Gestaltungsabsichten der Subjekte erhalten und verändert werden. Mit dieser Perspektive wollen wir am Beispiel des Arbeitslebens mithilfe des Konzeptes des Berufsethos zeigen, wie sich die Logik der Ökonomisierung typischerweise als praktisches Ausbalancieren von Leitbildkonkurrenz manifestiert. Wir arbeiten dabei heraus, dass Ökonomisierung idealtypisch auf drei Arten subjektiv bewältigt wird: durch offensive Verweigerung, affirmative Anpassung oder widerwillige Anpassung. Anhand einer sekundäranalytischen Rekapitulation dreier empirischer Studien in unterschiedlichen professionellen Feldern, versuchen wir nahezulegen, wie der dritte Typus wirksam ist. Die Subjekte institutionalisieren damit, so unser Fazit, einen Dauerkonflikt zwischen ökonomischen und nicht-ökonomischen Leitbildern, und verhindern sowohl eine vollständige Entdifferenzierung, als auch eine autonome Weiterentwicklung normativer Leitbilder.
Dieses Kapitel zielt auf Demokratie aus einer gesellschaftstheoretischen Perspektive. Im Fokus st... more Dieses Kapitel zielt auf Demokratie aus einer gesellschaftstheoretischen Perspektive. Im Fokus stehen - exemplarisch für frühe, entwickelte und späte Moderne - die Denker*innen Tocqueville, Arendt und Rancière. Dabei werden systematisierend Vergleichsebenen (bevorzugter Demokratietyp, Totalitarismusbegriff, normative Grundkategorie, Fortschrittsverständnis und Revolutionsbegriff) und verbindende Diagnosen (wie etwa explizit oder avant la lettre zur Postdemokratie) herausgearbeitet.
Falls man geneigt sein sollte, die Politische Soziologie zu bestimmen und nicht bei einem ebenso ... more Falls man geneigt sein sollte, die Politische Soziologie zu bestimmen und nicht bei einem ebenso denkbaren glücklichen Positivismus verharren zu wollen - nach dem sie eben das ist, was Politische Soziolog*innen beruflich so machen -, falls man also etwas über eine mögliche Essenz der Disziplin sagen möchte, dann könnte das folgendermaßen aussehen: Die Politische Soziologie hat einen Gegenstand, aber sie hat - wie ebenjener Gegenstand - keinen festen Ort, kein umzäuntes Territorium, keine exklusive Arena. Die Orte des Politischen sind mithin keineswegs allein im politischen System oder in politischen Institutionen zu finden, doch selbstverständlich ebenso dort. Die Politische Soziologie braucht nicht zu versuchen, ein Gebiet für sich allein zu markieren, das bitte bloß nicht mit der Politikwissenschaft überlappen darf. Vielmehr besteht ihre Stärke darin, gerade nicht den formalen Grenzen eines limitierten Institutionenensembles unterworfen zu sein. Während es für eine Politische Soziologie heuristisch erhellend sein kann, differenzierungstheoretisch von einem mehr oder weniger distinkten (aber wandelbaren) Verhältnis von Politik und Gesellschaft auszugehen, und es ebenfalls plausibel ist, den emischen Anspruch ›des politischen Systems‹ ernst zu nehmen und aus dieser sich selbst ob der Koordinations-und Gestaltungsrolle zentral setzenden Perspektive zu blicken, ist es schlichtweg unsinnig, wesensmäßige Grenzziehungen vorzunehmen. Es passiert schlechterdings nichts außerhalb ›der Gesellschaft‹; und es ist mehr oder weniger alles politisierbar. Welchen besonderen Zugriff kann dann eine Soziologie haben? In diesem Sinne kann sie gerne auch eine spezielle Soziologie der Politik im engeren Sinne sein, aber wenn es eine wesensmäßige Bestimmung sein soll, für die man auch streiten könnte, dann wäre eine überzeugende Rolle diejenige einer Soziologie des Politischen im weiteren Sinne.
In Chapter 8 of The Language Animal, Charles Taylor claims that narratives are unsubstitutable fo... more In Chapter 8 of The Language Animal, Charles Taylor claims that narratives are unsubstitutable for an appropriate understanding of social life and the ‘human affairs’ in general. In order to identify open questions in his argumentation as well as unwanted consequences of his outlook, I proceed in three consecutive steps. I first problematize Taylor’s distinction between laws and stories, then go on to address his intentional blurring of stories and histories, and finally suggest that the concept of genealogy might be a promising candidate for describing Taylor’s approach, concluding that he implicitly forms the equation: narrative equals history equals critique.
Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 2018
This contribution takes its starting point from the assumption held by a theory of differentiatio... more This contribution takes its starting point from the assumption held by a theory of differentiation that the political shaping of society is challenged by anincreasing desynchronization of distinct social sub-areas. Drawing upon the example of financial market regulation, we demonstrate how this political shaping capability is to a great extent successfully sustained or retrieved through the employment ofhybrid organizations such as the German Federal Financial Supervisory Authority (BaFin), of which we undertake an in-depth analysis in this paper. However, thiscomes at the prize of another (vertical) desynchronization at the intersection of well-established political institutions and the elementary processes of the formation of a democratic will. As a consequence, we develop an interpretation of post-democratic tendencies that exceeds common diagnoses of post-democracy and populism by offering a structural-temporal explanation of the perception that the formation of a democratic will and the political establishment are drifting apart.
Der Artikel untersucht aus der Perspektive einer akteurzentrierten Differenzierungstheorie, wie p... more Der Artikel untersucht aus der Perspektive einer akteurzentrierten Differenzierungstheorie, wie politische Entscheidungen und finanzökonomische Entwicklungen zeitlich koordiniert werden. Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage entwickelt der Beitrag eine vierdimensionale Heuristik zur Erfassung gesellschaftlicher Zeitdifferenzen und modelliert mit der "Hybridorganisation" eine Arena, in der sich solche Differenzen überbrücken lassen. Ausgehend von diesem Theoriemodell wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter-sucht, um herauszufinden, inwiefern mit dieser hybriden Organisation die anvisierte Synchronisation zwischen Politik und Finanzökonomie erreicht wird. Die qualitative Organisationsstudie zeigt, dass die BaFin diese Funktion nur eingeschränkt erfüllt: Globale Kapitalströme und bürokratische Vorgaben erodieren ihren Einfluss als Wächterin des Finanzmarktes, und die beschleunigte Verbreitung von Finanzderivaten lässt sie als lethargische Behörde erscheinen. Aus soziologischer Sicht sind daher an der Schnittstelle zwischen Politik und Finanzmarkt weitere Umbauarbeiten erforderlich, um das Risiko für ökonomische Krisen und postdemokratische Entwicklungen zu reduzieren.
Gleichheit, Politik und Polizei: Jacques Rancière und die Sozialwissenschaften, 2018
Jacques Rancière unterhält einen interessanten wie eigentümlichen Demokratiebegriff, dessen Ersch... more Jacques Rancière unterhält einen interessanten wie eigentümlichen Demokratiebegriff, dessen Erschließung eine mehrfache Herausforderung darstellt. Sein Ausgangspunkt ist ein Paradox: Die Demokratie steht nicht im Gegensatz zu etwas anderem, sondern zu sich selbst – als vermeintlich ‚gute demokratische Regierung‘, die das angebliche ‚Übel des demokratischen Lebens‘ ordnen und beherrschen muss. Um diese Eigentümlichkeit zu ergründen, wird zunächst das ungewöhnliche Motiv des ‚Hasses der Demokratie‘ behandelt, das einen Schlüssel zu Rancières Verständnis darstellt. Sodann wird das Verhältnis zu Rancières vielleicht emphatischsten Begriff, der Gleichheit, geklärt. Daraufhin wird der implizite Begriff der radikalen Demokratie beleuchtet und eingeordnet, indem er extern von der Postdemokratie abgegrenzt und intern in postmarxistische, neo-athenische und anarchistische Lesarten unterteilt wird. Schließlich wird der Zusammenhang der Demokratie zu ‚der Politik‘ und ‚dem Politischen‘ hergestellt, was in der Diskussion mündet, ob nicht eines oder mehrere dieser Konzepte überflüssig sind, da sie offenbar ineinander aufgehen. Die aus alledem zu ziehende Konklusion gibt Aufschluss darüber, wie es in Demokratiefragen um Rancières Hass und um seine Liebe bestellt ist, und wo sich beides unentwirrbar zu verknüpfen scheint.
Vom Propagandaministerium über das Haus mit den netten bunten Broschüren bis hin zur Anstalt, die... more Vom Propagandaministerium über das Haus mit den netten bunten Broschüren bis hin zur Anstalt, die der Bundeskanzlerin die Zeitungsausschnitte an den Frühstückstisch bringt – es kursieren viele Wahr-nehmungen über das Presse-und Informationsamt der Bundesregierung, kurz Bundespresseamt (BPA). Eine Aufklärung ist jedoch nicht so einfach – dieses Haus der Öffentlichkeit ist als Forschungsob-jekt sehr verschlossen. Das BPA ist nicht nur soziologisch quasi vollkommen unerforschtes Terrain. Diese Unterbelichtung steht in starkem Kontrast zur enormen öffentlichen Präsenz des Regierungs-sprechers. Es gibt jedoch nur sparsame Selbstauskünfte, kaum zugängliche Dokumente jenseits der politischen Marketingarbeit für die Bundesregierung, sowie nicht ohne Weiteres zu überwindende Sicherheitspassagen am Eingang zu den Arbeitsbereichen. Durch einen Gatekeeper ist es trotzdem gelungen, für Interviews mit Führungskräften und für eine mehrtägige Ethnographie in das Herz der Einrichtung vorzudringen. Die nun folgende Darstellung ist ein illustrativer Vorgriff auf die eigentliche Analyse. Dabei wird zunächst der theoretische Hintergrund und der zeitsoziologische Rahmen des Forschungsprojektes umrissen, sodann ein Blick auf das Innenleben der Sprachfabrik BPA geworfen, des Weiteren die dominante Kommunikationsform via Bundespressekonferenz (BPK) adressiert, schließlich die unter dem Schlagwort ‚Lügenpresse' zu unrühmlicher Popularität gekommenen Ver-dachtsmomente gegenüber der dort vorherrschenden Sprechweise aufgerufen, sowie abschließend eine neu eingeführte Form der direkten Öffentlichkeitsarbeit via social media beleuchtet.
Soziologie der Parlamente. Neue Wege der politischen Institutionenforschung, 2018
Parlamente gelten als zentrale Resonanzräume demokratisch verfasster Gesellschaten. Sie sind dara... more Parlamente gelten als zentrale Resonanzräume demokratisch verfasster Gesellschaten. Sie sind darauf ausgerichtet, heterogene Willensbekundungen, krisenhate Entwicklungen oder soziale Konlikte in den parlamentarischen Diskussionsprozess einzuspeisen und im Rahmen kollektiv verbindlicher Entscheidungen zu bewältigen. Ausgehend von ethnograischen Studien und qualitativen Interviews gewährt die differenzierungstheoretisch informierte Untersuchung schlaglichtartige Einblicke in den Arbeitsalltag im Deutschen Bundestag sowie in das Zusammenspiel zwischen Parlament, Ökonomie und Massenmedien. Der Analysefokus liegt auf der Erfassung parlamentarischer Temporalstrukturen, da in der kaum erforschten Zeitdimension gravierende Herausforderungen autreten. Die Fähigkeit zur erfolgreichen Synchronisation von Politik und Gesellschat erweist sich dabei als maßgeblicher Faktor für die Stabilität demokratischer Ordnungen.
Die folgenden Überlegungen zu einer institutionentheoretischen Diskussion der in diesem Band vers... more Die folgenden Überlegungen zu einer institutionentheoretischen Diskussion der in diesem Band versammelten Analysen starten mit drei Prämissen: 1) Institutionen sind nach weithin geteilter Auffassung wesensmäßig subjektkonstitutiv, haben somit ermöglichende und beschränkende Effekte. 2) Modernediagnosen stimmen in der Regel weiterführend darin überein, dass die spezifische Qualität dieser Effekte darin besteht, fundamental autonomiebezogen zu sein (Wagner 2009, S. 3). Das Subjekt gerät aktuell in Bedrängnis, weil seine Autonomie, die nach typisch modernem Verständnis institutionell abgesichert ist, unter spätmoder-nen Bedingungen auf spezifische Weise vereinnahmt wird. Veränderte institutio-nelle Arrangements bedingen veränderte Autonomiespielräume. Es ist keineswegs Zufall, dass sich die in diesem Band vorliegenden Beiträge offenkundig an den so entstehenden Spannungen abarbeiten. Kein Beitrag analysiert bloß das neut-rale Zusammenspiel von Institution und Subjekt. Es wird vielmehr mit einer typi-schen gegenwärtigen Gefährdungslage gearbeitet, die etwa in den Termini der Ökonomisierung, Neoliberalisierung, Beschleunigung und Postdemokratisierung
Am 7. September 2016, und damit ziemlich genau ein Jahr nachdem die oftmals als Zauderin gescholt... more Am 7. September 2016, und damit ziemlich genau ein Jahr nachdem die oftmals als Zauderin gescholtene Bundeskanzlerin mit ungeahntem politischem Mut kurzerhand die Grenzen der Bundesrepublik für in Ungarn festsitzende geflüchtete Menschen hatte öffnen lassen, beschloss Merkel ihre ganz im Zeichen der sogenannten »Flüchtlingskrise« stehende Rede zum Bundeshaushalt für 2017 mit den Worten: »Deutschland wird Deutschland bleiben, mit allem, was uns daran lieb und teuer ist.« Mag diese geradezu beschwörende Formel angesichts des Erstarkens einer parteiförmigen Konkurrenz am rechten Rand unter taktischen Gesichtspunkten noch irgendwie nachvollziehbar erscheinen, so ist sie aus soziologischer Sicht als naiv und unter dem Blickwinkel politischer Rationalität als verheerend zu bewerten.
Wer von der Transformation zur Postwachstumsgesellschaft spricht, der sollte von der Demokratie n... more Wer von der Transformation zur Postwachstumsgesellschaft spricht, der sollte von der Demokratie nicht schweigen. Und zwar in einem zweifachen, aufeinander verweisenden Sinn: Einerseits bietet sich an, das tentative Ziel, die angestrebte andere Gesellschaft in mehr als nur nebensächlicher Hin-sicht als demokratisch zu zeichnen und andererseits dann auch den Weg dorthin, die treibende Kraft als demokratisch zu beschreiben. Nun wird so-wohl in der anwachsenden Menge der Literatur und der anwachsenden Be-wegung nicht von Demokratie geschwiegen – allzu viel dazu gesagt wird je-doch ebenfalls nicht. Gerade in ebenjener Literatur fällt schnell ins Auge, dass der Terminus ›Demokratie‹ als desideratum gekennzeichnet wird, und zwar als ein besonders relevantes. Die eigentümliche Mischung aus zuge-schriebener Bedeutung, Nichtbearbeitung und Unterbestimmtheit lässt sich auch und gerade daran ablesen, dass die Frage der Demokratie signifikant als Ausblick an das Ende von Texten gesetzt wird, mithin als dasjenige, was zwar noch nötig oder wünschenswert wäre, zu dem sich derweil aber kaum mehr Näheres sagen lässt. Insofern verwundert es kaum, wenn das Verhältnis von Demokratie und Postwachstum – tatsächlich in dieser Pauschalität – noch als weitgehend unerschlossenes Neuland gelten darf.
Rosa, Hartmut/ Bohmann, Ulf 2016: Die politische Theorie des Kommunitarismus: Charles Taylor, in: Brodocz, André/Schaal, Gary S. (Hrsg): Politische Theorien der Gegenwart II, 4., erw. u. aktual. Auflage, Stuttgart: UTB, S. 65-102.
Bohmann, Ulf 2012: Der ambivalente Aufklärungs- und Rationalitätsbegriff von Taylor und Foucault, in: ders./ Bunk, Benjamin/ Koehn, Elisabeth Johanna/ Wegner, Sascha/ Wojcik, Paula (Hrsg.), Das Versprechen der Rationalität. Visionen und Revisionen der Aufklärung, München: Wilhelm Fink, S. 263-293., 2012
Bohmann, Ulf 2013: Charles Taylors Mentalitätsgeschichte als kritische Genealogie, in: Busen, A./ Weiß, A. (Hrsg.), Ansätze und Methoden zur Erforschung politischer Ideen [=Schriftenreihe der Sektion Politische Theorie und Ideengeschichte der DVPW, Bd. 27], Baden-Baden: Nomos, S. 185-214.
Bohmann, Ulf/ Rosa Hartmut 2012: Das Gute und das Rechte. Die kommunitaristischen Demokratietheorien (Michael Sandel, Michael Walzer), in: Lembcke, O./ Ritzi, C./Schaal, G. (Hrsg.), Zeitgenössische Demokratietheorie, Bd 1: Normative Demokratietheorien, Wiesbaden: Springer VS, S. 127-155.
Die Bedeutung des Kommunitarismus entspringt einer Kontroverse mit dem Liberalismus, bei der es u... more Die Bedeutung des Kommunitarismus entspringt einer Kontroverse mit dem Liberalismus, bei der es um nichts weniger als den Kern des Selbstverständnisses moderner Demokratien geht. Zwar hat sich keiner der „großen Vier“– Charles Taylor, Michael Sandel, Alasdair MacIntyre und Michael Walzer – selbst als Kommunitarist bezeichnet, dennoch verbindet diese Autoren eine thematische „Wahlverwandtschaft“ (Honneth 1993: 7) oder „Familienähnlichkeit“ (Haus 2003: 14; Mulhall/Swift 1992: 157 ff.).1 Was den Kommunitarismus eint, ist das Bestreiten eines Vorrangs des allgemeinen und neutralen „Rechten“ vor dem besonderen und wertvollen „Guten“. Er stellte die langjährige Dominanz liberaler Ansätze in der Diskussion über politische Gerechtigkeit in Frage und führte in diesem Zusammenhang zu einer Belebung der demokratietheoretischen Diskussion.
The question of the contemporary political relevance of Critical Theory points to a deeper proble... more The question of the contemporary political relevance of Critical Theory points to a deeper problem: the fundamental relationship between Critical Theory and politics. Their relationship status has to be regarded as complicated. Politics, so a widespread judgement goes, has no place in the cosmos of Critical Theory: where the place for a theoretically reflected analysis of politics could or should be, so the repeatedly heard reproach (for example, Howard 2000), there is a gap in the center of the historical “Frankfurt School” (Wiggershaus 1995, Jay 1973) around Max Horkheimer and Theodor W. Adorno. In the following, we do not merely want to attest another “politics deficit” to “classical” Critical Theory, but rather, on the one hand, to measure the exact relationship to the object of politics, and on the other hand, to take a look at the current state of theory, which proves to be quite diverse. To ask whether and how a Critical Theory of politics is possible today does not, however,...
Zusammenfassung: Von der Beobachtung miteinander korrespondierender Zeitdiagnosen ausgehend, wird... more Zusammenfassung: Von der Beobachtung miteinander korrespondierender Zeitdiagnosen ausgehend, wird in diesem Beitrag eine weite Perspektive auf Ökono-misierung eingenommen. Es wird der Frage nachgegangen, wie und warum sich Ökonomisierung nach wie vor so hartnäckig hält. Wir schlagen in Abgrenzung zu einschlägigen aktuellen Theorieangeboten vor, einer institutionentheoretischen Deutung zu folgen, die eine gesellschaftstheoretische Ebene der funktionalen Differenzierung mit der subjektiven Ebene der Handlungspraxis dergestalt verbindet, dass die ökonomische Intrusion sinnrekonstruktiv erschlossen werden kann. Zentral für unsere Argumentation sind normative Leitbilder, die für jede Institution charakteristisch sind. In einem sozialkonstruktivistischen Verständ-nis arbeiten wir heraus, dass in der Spätmoderne Institutionen maßgeblich von den autonomiegetriebenen Gestaltungsabsichten der Subjekte erhalten und verändert werden. Mit dieser Perspektive wollen wir am Beispiel des Arbeitslebens mithilfe des Konzeptes des Berufsethos zeigen, wie sich die Logik der Ökonomisierung typischerweise als praktisches Ausbalancieren von Leitbildkonkurrenz manifestiert. Wir arbeiten dabei heraus, dass Ökonomisierung idealtypisch auf drei Arten subjektiv bewältigt wird: durch offensive Verweigerung, affirmative Anpassung oder widerwillige Anpassung. Anhand einer sekundäranalytischen Rekapitulation dreier empirischer Studien in unterschiedlichen professionellen Feldern, versuchen wir nahezulegen, wie der dritte Typus wirksam ist. Die Subjekte institutionalisieren damit, so unser Fazit, einen Dauerkonflikt zwischen ökonomischen und nicht-ökonomischen Leitbildern, und verhindern sowohl eine vollständige Entdifferenzierung, als auch eine autonome Weiterentwicklung normativer Leitbilder.
Dieses Kapitel zielt auf Demokratie aus einer gesellschaftstheoretischen Perspektive. Im Fokus st... more Dieses Kapitel zielt auf Demokratie aus einer gesellschaftstheoretischen Perspektive. Im Fokus stehen - exemplarisch für frühe, entwickelte und späte Moderne - die Denker*innen Tocqueville, Arendt und Rancière. Dabei werden systematisierend Vergleichsebenen (bevorzugter Demokratietyp, Totalitarismusbegriff, normative Grundkategorie, Fortschrittsverständnis und Revolutionsbegriff) und verbindende Diagnosen (wie etwa explizit oder avant la lettre zur Postdemokratie) herausgearbeitet.
Falls man geneigt sein sollte, die Politische Soziologie zu bestimmen und nicht bei einem ebenso ... more Falls man geneigt sein sollte, die Politische Soziologie zu bestimmen und nicht bei einem ebenso denkbaren glücklichen Positivismus verharren zu wollen - nach dem sie eben das ist, was Politische Soziolog*innen beruflich so machen -, falls man also etwas über eine mögliche Essenz der Disziplin sagen möchte, dann könnte das folgendermaßen aussehen: Die Politische Soziologie hat einen Gegenstand, aber sie hat - wie ebenjener Gegenstand - keinen festen Ort, kein umzäuntes Territorium, keine exklusive Arena. Die Orte des Politischen sind mithin keineswegs allein im politischen System oder in politischen Institutionen zu finden, doch selbstverständlich ebenso dort. Die Politische Soziologie braucht nicht zu versuchen, ein Gebiet für sich allein zu markieren, das bitte bloß nicht mit der Politikwissenschaft überlappen darf. Vielmehr besteht ihre Stärke darin, gerade nicht den formalen Grenzen eines limitierten Institutionenensembles unterworfen zu sein. Während es für eine Politische Soziologie heuristisch erhellend sein kann, differenzierungstheoretisch von einem mehr oder weniger distinkten (aber wandelbaren) Verhältnis von Politik und Gesellschaft auszugehen, und es ebenfalls plausibel ist, den emischen Anspruch ›des politischen Systems‹ ernst zu nehmen und aus dieser sich selbst ob der Koordinations-und Gestaltungsrolle zentral setzenden Perspektive zu blicken, ist es schlichtweg unsinnig, wesensmäßige Grenzziehungen vorzunehmen. Es passiert schlechterdings nichts außerhalb ›der Gesellschaft‹; und es ist mehr oder weniger alles politisierbar. Welchen besonderen Zugriff kann dann eine Soziologie haben? In diesem Sinne kann sie gerne auch eine spezielle Soziologie der Politik im engeren Sinne sein, aber wenn es eine wesensmäßige Bestimmung sein soll, für die man auch streiten könnte, dann wäre eine überzeugende Rolle diejenige einer Soziologie des Politischen im weiteren Sinne.
In Chapter 8 of The Language Animal, Charles Taylor claims that narratives are unsubstitutable fo... more In Chapter 8 of The Language Animal, Charles Taylor claims that narratives are unsubstitutable for an appropriate understanding of social life and the ‘human affairs’ in general. In order to identify open questions in his argumentation as well as unwanted consequences of his outlook, I proceed in three consecutive steps. I first problematize Taylor’s distinction between laws and stories, then go on to address his intentional blurring of stories and histories, and finally suggest that the concept of genealogy might be a promising candidate for describing Taylor’s approach, concluding that he implicitly forms the equation: narrative equals history equals critique.
Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 2018
This contribution takes its starting point from the assumption held by a theory of differentiatio... more This contribution takes its starting point from the assumption held by a theory of differentiation that the political shaping of society is challenged by anincreasing desynchronization of distinct social sub-areas. Drawing upon the example of financial market regulation, we demonstrate how this political shaping capability is to a great extent successfully sustained or retrieved through the employment ofhybrid organizations such as the German Federal Financial Supervisory Authority (BaFin), of which we undertake an in-depth analysis in this paper. However, thiscomes at the prize of another (vertical) desynchronization at the intersection of well-established political institutions and the elementary processes of the formation of a democratic will. As a consequence, we develop an interpretation of post-democratic tendencies that exceeds common diagnoses of post-democracy and populism by offering a structural-temporal explanation of the perception that the formation of a democratic will and the political establishment are drifting apart.
Der Artikel untersucht aus der Perspektive einer akteurzentrierten Differenzierungstheorie, wie p... more Der Artikel untersucht aus der Perspektive einer akteurzentrierten Differenzierungstheorie, wie politische Entscheidungen und finanzökonomische Entwicklungen zeitlich koordiniert werden. Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage entwickelt der Beitrag eine vierdimensionale Heuristik zur Erfassung gesellschaftlicher Zeitdifferenzen und modelliert mit der "Hybridorganisation" eine Arena, in der sich solche Differenzen überbrücken lassen. Ausgehend von diesem Theoriemodell wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter-sucht, um herauszufinden, inwiefern mit dieser hybriden Organisation die anvisierte Synchronisation zwischen Politik und Finanzökonomie erreicht wird. Die qualitative Organisationsstudie zeigt, dass die BaFin diese Funktion nur eingeschränkt erfüllt: Globale Kapitalströme und bürokratische Vorgaben erodieren ihren Einfluss als Wächterin des Finanzmarktes, und die beschleunigte Verbreitung von Finanzderivaten lässt sie als lethargische Behörde erscheinen. Aus soziologischer Sicht sind daher an der Schnittstelle zwischen Politik und Finanzmarkt weitere Umbauarbeiten erforderlich, um das Risiko für ökonomische Krisen und postdemokratische Entwicklungen zu reduzieren.
Gleichheit, Politik und Polizei: Jacques Rancière und die Sozialwissenschaften, 2018
Jacques Rancière unterhält einen interessanten wie eigentümlichen Demokratiebegriff, dessen Ersch... more Jacques Rancière unterhält einen interessanten wie eigentümlichen Demokratiebegriff, dessen Erschließung eine mehrfache Herausforderung darstellt. Sein Ausgangspunkt ist ein Paradox: Die Demokratie steht nicht im Gegensatz zu etwas anderem, sondern zu sich selbst – als vermeintlich ‚gute demokratische Regierung‘, die das angebliche ‚Übel des demokratischen Lebens‘ ordnen und beherrschen muss. Um diese Eigentümlichkeit zu ergründen, wird zunächst das ungewöhnliche Motiv des ‚Hasses der Demokratie‘ behandelt, das einen Schlüssel zu Rancières Verständnis darstellt. Sodann wird das Verhältnis zu Rancières vielleicht emphatischsten Begriff, der Gleichheit, geklärt. Daraufhin wird der implizite Begriff der radikalen Demokratie beleuchtet und eingeordnet, indem er extern von der Postdemokratie abgegrenzt und intern in postmarxistische, neo-athenische und anarchistische Lesarten unterteilt wird. Schließlich wird der Zusammenhang der Demokratie zu ‚der Politik‘ und ‚dem Politischen‘ hergestellt, was in der Diskussion mündet, ob nicht eines oder mehrere dieser Konzepte überflüssig sind, da sie offenbar ineinander aufgehen. Die aus alledem zu ziehende Konklusion gibt Aufschluss darüber, wie es in Demokratiefragen um Rancières Hass und um seine Liebe bestellt ist, und wo sich beides unentwirrbar zu verknüpfen scheint.
Vom Propagandaministerium über das Haus mit den netten bunten Broschüren bis hin zur Anstalt, die... more Vom Propagandaministerium über das Haus mit den netten bunten Broschüren bis hin zur Anstalt, die der Bundeskanzlerin die Zeitungsausschnitte an den Frühstückstisch bringt – es kursieren viele Wahr-nehmungen über das Presse-und Informationsamt der Bundesregierung, kurz Bundespresseamt (BPA). Eine Aufklärung ist jedoch nicht so einfach – dieses Haus der Öffentlichkeit ist als Forschungsob-jekt sehr verschlossen. Das BPA ist nicht nur soziologisch quasi vollkommen unerforschtes Terrain. Diese Unterbelichtung steht in starkem Kontrast zur enormen öffentlichen Präsenz des Regierungs-sprechers. Es gibt jedoch nur sparsame Selbstauskünfte, kaum zugängliche Dokumente jenseits der politischen Marketingarbeit für die Bundesregierung, sowie nicht ohne Weiteres zu überwindende Sicherheitspassagen am Eingang zu den Arbeitsbereichen. Durch einen Gatekeeper ist es trotzdem gelungen, für Interviews mit Führungskräften und für eine mehrtägige Ethnographie in das Herz der Einrichtung vorzudringen. Die nun folgende Darstellung ist ein illustrativer Vorgriff auf die eigentliche Analyse. Dabei wird zunächst der theoretische Hintergrund und der zeitsoziologische Rahmen des Forschungsprojektes umrissen, sodann ein Blick auf das Innenleben der Sprachfabrik BPA geworfen, des Weiteren die dominante Kommunikationsform via Bundespressekonferenz (BPK) adressiert, schließlich die unter dem Schlagwort ‚Lügenpresse' zu unrühmlicher Popularität gekommenen Ver-dachtsmomente gegenüber der dort vorherrschenden Sprechweise aufgerufen, sowie abschließend eine neu eingeführte Form der direkten Öffentlichkeitsarbeit via social media beleuchtet.
Soziologie der Parlamente. Neue Wege der politischen Institutionenforschung, 2018
Parlamente gelten als zentrale Resonanzräume demokratisch verfasster Gesellschaten. Sie sind dara... more Parlamente gelten als zentrale Resonanzräume demokratisch verfasster Gesellschaten. Sie sind darauf ausgerichtet, heterogene Willensbekundungen, krisenhate Entwicklungen oder soziale Konlikte in den parlamentarischen Diskussionsprozess einzuspeisen und im Rahmen kollektiv verbindlicher Entscheidungen zu bewältigen. Ausgehend von ethnograischen Studien und qualitativen Interviews gewährt die differenzierungstheoretisch informierte Untersuchung schlaglichtartige Einblicke in den Arbeitsalltag im Deutschen Bundestag sowie in das Zusammenspiel zwischen Parlament, Ökonomie und Massenmedien. Der Analysefokus liegt auf der Erfassung parlamentarischer Temporalstrukturen, da in der kaum erforschten Zeitdimension gravierende Herausforderungen autreten. Die Fähigkeit zur erfolgreichen Synchronisation von Politik und Gesellschat erweist sich dabei als maßgeblicher Faktor für die Stabilität demokratischer Ordnungen.
Die folgenden Überlegungen zu einer institutionentheoretischen Diskussion der in diesem Band vers... more Die folgenden Überlegungen zu einer institutionentheoretischen Diskussion der in diesem Band versammelten Analysen starten mit drei Prämissen: 1) Institutionen sind nach weithin geteilter Auffassung wesensmäßig subjektkonstitutiv, haben somit ermöglichende und beschränkende Effekte. 2) Modernediagnosen stimmen in der Regel weiterführend darin überein, dass die spezifische Qualität dieser Effekte darin besteht, fundamental autonomiebezogen zu sein (Wagner 2009, S. 3). Das Subjekt gerät aktuell in Bedrängnis, weil seine Autonomie, die nach typisch modernem Verständnis institutionell abgesichert ist, unter spätmoder-nen Bedingungen auf spezifische Weise vereinnahmt wird. Veränderte institutio-nelle Arrangements bedingen veränderte Autonomiespielräume. Es ist keineswegs Zufall, dass sich die in diesem Band vorliegenden Beiträge offenkundig an den so entstehenden Spannungen abarbeiten. Kein Beitrag analysiert bloß das neut-rale Zusammenspiel von Institution und Subjekt. Es wird vielmehr mit einer typi-schen gegenwärtigen Gefährdungslage gearbeitet, die etwa in den Termini der Ökonomisierung, Neoliberalisierung, Beschleunigung und Postdemokratisierung
Am 7. September 2016, und damit ziemlich genau ein Jahr nachdem die oftmals als Zauderin gescholt... more Am 7. September 2016, und damit ziemlich genau ein Jahr nachdem die oftmals als Zauderin gescholtene Bundeskanzlerin mit ungeahntem politischem Mut kurzerhand die Grenzen der Bundesrepublik für in Ungarn festsitzende geflüchtete Menschen hatte öffnen lassen, beschloss Merkel ihre ganz im Zeichen der sogenannten »Flüchtlingskrise« stehende Rede zum Bundeshaushalt für 2017 mit den Worten: »Deutschland wird Deutschland bleiben, mit allem, was uns daran lieb und teuer ist.« Mag diese geradezu beschwörende Formel angesichts des Erstarkens einer parteiförmigen Konkurrenz am rechten Rand unter taktischen Gesichtspunkten noch irgendwie nachvollziehbar erscheinen, so ist sie aus soziologischer Sicht als naiv und unter dem Blickwinkel politischer Rationalität als verheerend zu bewerten.
Wer von der Transformation zur Postwachstumsgesellschaft spricht, der sollte von der Demokratie n... more Wer von der Transformation zur Postwachstumsgesellschaft spricht, der sollte von der Demokratie nicht schweigen. Und zwar in einem zweifachen, aufeinander verweisenden Sinn: Einerseits bietet sich an, das tentative Ziel, die angestrebte andere Gesellschaft in mehr als nur nebensächlicher Hin-sicht als demokratisch zu zeichnen und andererseits dann auch den Weg dorthin, die treibende Kraft als demokratisch zu beschreiben. Nun wird so-wohl in der anwachsenden Menge der Literatur und der anwachsenden Be-wegung nicht von Demokratie geschwiegen – allzu viel dazu gesagt wird je-doch ebenfalls nicht. Gerade in ebenjener Literatur fällt schnell ins Auge, dass der Terminus ›Demokratie‹ als desideratum gekennzeichnet wird, und zwar als ein besonders relevantes. Die eigentümliche Mischung aus zuge-schriebener Bedeutung, Nichtbearbeitung und Unterbestimmtheit lässt sich auch und gerade daran ablesen, dass die Frage der Demokratie signifikant als Ausblick an das Ende von Texten gesetzt wird, mithin als dasjenige, was zwar noch nötig oder wünschenswert wäre, zu dem sich derweil aber kaum mehr Näheres sagen lässt. Insofern verwundert es kaum, wenn das Verhältnis von Demokratie und Postwachstum – tatsächlich in dieser Pauschalität – noch als weitgehend unerschlossenes Neuland gelten darf.
Rosa, Hartmut/ Bohmann, Ulf 2016: Die politische Theorie des Kommunitarismus: Charles Taylor, in: Brodocz, André/Schaal, Gary S. (Hrsg): Politische Theorien der Gegenwart II, 4., erw. u. aktual. Auflage, Stuttgart: UTB, S. 65-102.
Bohmann, Ulf 2012: Der ambivalente Aufklärungs- und Rationalitätsbegriff von Taylor und Foucault, in: ders./ Bunk, Benjamin/ Koehn, Elisabeth Johanna/ Wegner, Sascha/ Wojcik, Paula (Hrsg.), Das Versprechen der Rationalität. Visionen und Revisionen der Aufklärung, München: Wilhelm Fink, S. 263-293., 2012
Bohmann, Ulf 2013: Charles Taylors Mentalitätsgeschichte als kritische Genealogie, in: Busen, A./ Weiß, A. (Hrsg.), Ansätze und Methoden zur Erforschung politischer Ideen [=Schriftenreihe der Sektion Politische Theorie und Ideengeschichte der DVPW, Bd. 27], Baden-Baden: Nomos, S. 185-214.
Bohmann, Ulf/ Rosa Hartmut 2012: Das Gute und das Rechte. Die kommunitaristischen Demokratietheorien (Michael Sandel, Michael Walzer), in: Lembcke, O./ Ritzi, C./Schaal, G. (Hrsg.), Zeitgenössische Demokratietheorie, Bd 1: Normative Demokratietheorien, Wiesbaden: Springer VS, S. 127-155.
Die Bedeutung des Kommunitarismus entspringt einer Kontroverse mit dem Liberalismus, bei der es u... more Die Bedeutung des Kommunitarismus entspringt einer Kontroverse mit dem Liberalismus, bei der es um nichts weniger als den Kern des Selbstverständnisses moderner Demokratien geht. Zwar hat sich keiner der „großen Vier“– Charles Taylor, Michael Sandel, Alasdair MacIntyre und Michael Walzer – selbst als Kommunitarist bezeichnet, dennoch verbindet diese Autoren eine thematische „Wahlverwandtschaft“ (Honneth 1993: 7) oder „Familienähnlichkeit“ (Haus 2003: 14; Mulhall/Swift 1992: 157 ff.).1 Was den Kommunitarismus eint, ist das Bestreiten eines Vorrangs des allgemeinen und neutralen „Rechten“ vor dem besonderen und wertvollen „Guten“. Er stellte die langjährige Dominanz liberaler Ansätze in der Diskussion über politische Gerechtigkeit in Frage und führte in diesem Zusammenhang zu einer Belebung der demokratietheoretischen Diskussion.
Die rechtsradikalen Ausschreitungen 2018 in Chemnitz werfen grundlegende demokratietheoretische F... more Die rechtsradikalen Ausschreitungen 2018 in Chemnitz werfen grundlegende demokratietheoretische Fragen auf: Welche Gefahren drohen von Rechts? Wie wird eine ganze Stadt zum politischen Risikogebiet? Und was bedeutet die Präsenz riskanter Politisierung und Entpolitisierung für unsere Demokratie? Die Autor*innen illustrieren entlang ethnografischer Streifzüge, wie eine apolitische Mitte der radikalen Rechten immer wieder den öffentlichen Raum überlässt. Die Rechtsextremen breiten sich in diesem Vakuum aus und reklamieren demokratische Grundrechte für sich, um sie gleichzeitig abzuschaffen. Als Kulturhauptstadt 2025 muss sich Chemnitz im Umgang mit diesem demokratischen Risiko bewähren.
Permanente Veränderung und konfliktreiche Dynamiken sind wesentliche Merkmale moderner Gegenwarts... more Permanente Veränderung und konfliktreiche Dynamiken sind wesentliche Merkmale moderner Gegenwartsgesellschaften.
Unter dem Einfluss der direkten und indirekten Folgen sozialer Prozesse stellt sich die Frage nach der Möglichkeit einer ‚begrifflichen Klammer‘ für die Vielfalt gesellschaftlicher Phänomene erneut und vielleicht dringlicher als je zuvor.
Das Buch will vor diesem Hintergrund die Antwort auf die Frage nach dem veränderlichen Wesen von Gesellschaft in dreifacher Hinsicht aktualisieren.
Die vorliegende Einführung in die Gesellschaftstheorie macht anhand ausgewählter Theoretiker und Theoretikerinnen mit der Entwicklung der wesentlichen Grundbegriffe vertraut und verdeutlicht exemplarisch ihre Anwendung in konkreten gegenstandsbezogenen Analysen.
Zugleich ist dieser Versuch einer Debattenübersicht zur Gesellschaftstheorie aber auch ein Plädoyer für einen starken Gesellschaftsbegriff, der Widersprüche, Dynamiken und Spannungen aufnimmt, ohne das Ziel aufzugeben, zu einem besseren Verständnis des ‚Ganzen‘ zu gelangen.
Die Kritische Theorie prägt eine ganze Epoche des akademischen Denkens und strahlt bis in öffentl... more Die Kritische Theorie prägt eine ganze Epoche des akademischen Denkens und strahlt bis in öffentliche Debatten aus. Ihr gesellschaftstheoretischer Anspruch weist über den geschichtlichen Entstehungskontext hinaus, und so geht von ihr nach wie vor eine große Anziehungskraft aus. Doch im Felde der Politik klafft im Zentrum der historischen Frank furter Schule eine Theorielücke. Dieser Band fragt, was das für die Gegenwart bedeutet: Ist eine Kritische Theorie der Politik heute noch möglich? Woran kann sie anknüpfen? Wo muss sie sich neu erfinden? Was sind ihre Antworten auf die Fragen unserer Zeit? Der Band versammelt Beiträge einschlägiger Expertinnen und Experten und bietet ein reichhaltiges Panorama aktueller theoretischer Entwürfe, Streitfragen und Konstellationen.
Der Sammelband nimmt die multiplen Inanspruchnahmen eines selbstverantwortlichen, sich und seine ... more Der Sammelband nimmt die multiplen Inanspruchnahmen eines selbstverantwortlichen, sich und seine Praxis reflektierenden und optimierenden Subjekts sowie die Folgen seiner potenziellen Überforderung in den Blick. Diese wachsende Inanspruchnahme resultiert dabei, so die These, aus dem Grundversprechen der Moderne, prinzipiell allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, welches offenbar nicht nur ein kulturelles Anspruchsmoment darstellt, sondern zur strukturellen Funktionsvoraussetzung zentraler Basisinstitutionen westlicher Gesellschaften geworden ist. Eindrucksvoll führt der Band empirische Befunde und theoretische Überlegungen, welche die Beziehungen, Veränderungen und potenziellen Spannungen zwischen autonomer Handlungspraxis und institutionellen Handlungsanforderungen in konkreten gesellschaftlichen Teilbereichen und Organisationen thematisieren, zusammen. So entsteht ein beeindruckendes Gesamtbild gegenwärtiger Krisendynamiken, die sich unter dem Begriff der Autonomiekrise versammeln lassen.
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts setzen sich Menschen für "Décroissance ", "Degrowth" oder "Postw... more Seit Beginn des 21. Jahrhunderts setzen sich Menschen für "Décroissance ", "Degrowth" oder "Postwachstum " ein, und seit der Krise 2008 wird diskutiert, ob die kapitalistische Weltwirtschaft in eine "säkulare" Stagnation geraten ist. Die Debatte um die Grenzen des Wachstums ist als Kritik des globalen Kapitalismus wieder aufgeflammt. Dieser Band bietet neue Perspektiven: Er diskutiert, ob der Kapitalismus weltweit an seine Wachstumsgrenzen geraten ist; er stellt Alternativen neben- und gegeneinander; schließlich fragt er, wie der Weg in eine nicht mehr von Wachstum abhängige Gesellschaft demokratisch gestaltbar wäre.
Bohmann, Ulf/ Bunk, Benjamin/ Koehn, Elisabeth Johanna/ Wegner, Sascha/ Wojcik, Paula 2012 (Hrsg.): Das Versprechen der Rationalität. Visionen und Revisionen der Aufklärung. München: Wilhelm Fink, 2012
Von der Rationalität wird seit der Epoche der Aufklärung viel erwartet. Fraglich ist, ob die Rati... more Von der Rationalität wird seit der Epoche der Aufklärung viel erwartet. Fraglich ist, ob die Rationalität wirklich halten kann, was sich große Denker von ihr versprochen haben.
Systematisch werden die aufklärerischen Visionen beleuchtet, die in ihrer Vielfalt das Versprechen der Rationalität ausmachen. Zugleich werden in Form von Revisionen ebenjene Visionen und ihre Manifestationen neu gesichtet, geprüft oder auch kritisiert und zurückgewiesen: Was wurde in welchem Maße eingelöst und wo wurden Versprechen gebrochen?
Die Beiträge loten den Geltungsanspruch von Rationalität im Spannungsverhältnis von 18. und 21. Jahrhundert aus. So liefern sie eine Einschätzung des Aufklärungsprozesses bis hinein in die Gegenwart.
Bohmann, Ulf 2014 (Hrsg.): Wie wollen wir leben? Das politische Denken und Staatsverständnis von Charles Taylor. Baden-Baden: Nomos, 2014
Charles Taylor ist ein politischer Denker. Während er spätestens im Zuge der Kommunitarismusdebat... more Charles Taylor ist ein politischer Denker. Während er spätestens im Zuge der Kommunitarismusdebatte einem breiten politiktheoretisch interessierten Publikum bekannt wurde, wird sein umfangreiches Werk noch immer vordringlich in Philosophie und historischer Geistes- und Sozialwissenschaft aufgegriffen. Dieser Band zielt darauf, die Relevanz, Vielfalt und Ergiebigkeit von Taylors spezifisch politischem Denken herauszustellen. Dies geschieht unter Mitwirkung einschlägiger deutschsprachiger Politikwissenschaftler und internationaler Kenner Taylors. Der Band teilt sich in drei Abschnitte: (I) Ideengeschichtliche Konstellationen, (II) systematische Positionen und Begriffe, sowie (III) Demokratie und Institutionalisierungsfragen. Bei allem hier erstmals umfassend dargestellten Facettenreichtum kreist Taylors politisches Denken letztlich stets um die gleiche Frage: Wie wollen wir leben?
Uploads
Papers by Ulf Bohmann
Unter dem Einfluss der direkten und indirekten Folgen sozialer Prozesse stellt sich die Frage nach der Möglichkeit einer ‚begrifflichen Klammer‘ für die Vielfalt gesellschaftlicher Phänomene erneut und vielleicht dringlicher als je zuvor.
Das Buch will vor diesem Hintergrund die Antwort auf die Frage nach dem veränderlichen Wesen von Gesellschaft in dreifacher Hinsicht aktualisieren.
Die vorliegende Einführung in die Gesellschaftstheorie macht anhand ausgewählter Theoretiker und Theoretikerinnen mit der Entwicklung der wesentlichen Grundbegriffe vertraut und verdeutlicht exemplarisch ihre Anwendung in konkreten gegenstandsbezogenen Analysen.
Zugleich ist dieser Versuch einer Debattenübersicht zur Gesellschaftstheorie aber auch ein Plädoyer für einen starken Gesellschaftsbegriff, der Widersprüche, Dynamiken und Spannungen aufnimmt, ohne das Ziel aufzugeben, zu einem besseren Verständnis des ‚Ganzen‘ zu gelangen.
Systematisch werden die aufklärerischen Visionen beleuchtet, die in ihrer Vielfalt das Versprechen der Rationalität ausmachen. Zugleich werden in Form von Revisionen ebenjene Visionen und ihre Manifestationen neu gesichtet, geprüft oder auch kritisiert und zurückgewiesen: Was wurde in welchem Maße eingelöst und wo wurden Versprechen gebrochen?
Die Beiträge loten den Geltungsanspruch von Rationalität im Spannungsverhältnis von 18. und 21. Jahrhundert aus. So liefern sie eine Einschätzung des Aufklärungsprozesses bis hinein in die Gegenwart.