Trauer gilt seit der Antike als sprachlos machende Emotion. Dennoch gibt es in wohl allen Literaturen aller Zeiten Klagelyrik. Wie aber kann jemand, der eigentlich vor Trauer verstummt, überzeugend als ‚Sprecher' eines Klagegedichts... more
Trauer gilt seit der Antike als sprachlos machende Emotion. Dennoch gibt es in wohl allen Literaturen aller Zeiten Klagelyrik. Wie aber kann jemand, der eigentlich vor Trauer verstummt, überzeugend als ‚Sprecher' eines Klagegedichts vorgestellt werden? Anhand zweier Beispiele aus dem Barock wird gezeigt, mit welchen Topoi dieses Dilemma im Gedicht selbst thematisiert und somit zur eigentli-chen ‚inventio' des Gedichtes gemacht wurde. Abschließend wird am Beispiel dreier Dichterinnen der Frühaufklärung untersucht, wie Frauen gegen das als ‚weiblich' konnotierte Verstummen vor Trauer anschrieben.
Schlüsselwörter: Klagelyrik, Frühaufklärung, Unsagbarkeitstopos, Trauer, Frauenbildung
"The quill drops from my woefull hand"-Falling silent and losing the capacity to write as a topos in lam-entation poetry from the Early Enlightenment. Since antiquity, grief has been regarded as an emotion that makes us fall silent. Nevertheless, all times and cultures have produced lamentation poetry. But how can someone who is in grieving be convincingly presented as the 'speaker' of a poem? Referring to two Baroque poems, this paper shows which topoi authors have used to make this dilemma the 'inventio' of a poem. Finally, three examples of early Enlightenment women poets are studied who, in their lamentation poetry, fight the silencing which is assumed to be typically 'female'.
Schlüsselwörter: Klagelyrik, Frühaufklärung, Unsagbarkeitstopos, Trauer, Frauenbildung
"The quill drops from my woefull hand"-Falling silent and losing the capacity to write as a topos in lam-entation poetry from the Early Enlightenment. Since antiquity, grief has been regarded as an emotion that makes us fall silent. Nevertheless, all times and cultures have produced lamentation poetry. But how can someone who is in grieving be convincingly presented as the 'speaker' of a poem? Referring to two Baroque poems, this paper shows which topoi authors have used to make this dilemma the 'inventio' of a poem. Finally, three examples of early Enlightenment women poets are studied who, in their lamentation poetry, fight the silencing which is assumed to be typically 'female'.
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Cet article traite des changements sur le marché actuel du livre fantastique destiné aux enfants: depuis environ une décennie, on constate que ces produits sont de plus en plus achetés et lus également par des adultes. S’agit-il donc... more
Cet article traite des changements sur le marché actuel du livre fantastique destiné aux enfants: depuis environ une décennie, on constate que ces produits sont de plus en plus achetés et lus également par des adultes. S’agit-il donc encore de littérature enfantine ou bien plutôt d’un nouveau ‘genre’ (au sens du terme allemand “Gat- tung”)? Une comparaison de plusieurs exemples de ce groupe de textes contempo- rains (les volumes de la série Harry Potter [1997–2007] de J. K. Rowling, la trilogie du Monde d’encre [2003–2007] de Cornelia Funke) avec un livre pour enfants ‘classique’ (L’histoire sans fin de Michael Ende, 1979) montre qu’il est difficile d’établir des différences au niveau du discours, de la narration et de l’histoire de ces oeuvres. Passant en revue les stratégies du marketing moderne des textes littéraires fantastiques, l’auteure propose finalement de redéfinir le terme allemand de “Gattung” en tenant compte non seulement de critères immanents au texte littéraire, mais également de critères liés à son processus de production.
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Eine wichtige, aber bisher nicht geklärte Rolle für die Rekonstruktion von Adressanten spielen Datums- und Ortsangaben, die bei vielen Gedichten in den sogenannten ›Peritexten‹ auftauchen. Diese Angaben beziehen sich in unterschiedlicher... more
Eine wichtige, aber bisher nicht geklärte Rolle für die Rekonstruktion von
Adressanten spielen Datums- und Ortsangaben, die bei vielen Gedichten in den sogenannten ›Peritexten‹ auftauchen. Diese Angaben beziehen sich in unterschiedlicher Weise auf den Adressanten in der Textwelt und die Autorperson in ihrer Diskurswelt. Solcherart autobiographisch inszenierende Peritexte eignen sich dafür, die verbreitete Ansicht herauszufordern, hochartifizielle Texte könnten unter keinen Umständen eine Referenz auf textexterne Wirklichkeit etablieren. Klimek unterscheidet Fälle, in denen sich die Orts- oder Zeitangaben a) auf den Ort und den Zeitpunkt beziehen lassen, zu dem die sprachlichen Äußerungen des Gedichttextes (angeblich) getätigt werden, b) auf Ort und Datum der in der Textwelt dargestellten Situation oder c) auf die Verfertigung des lyrischen Artefaktes als Text. Bei diesen drei Fällen können Orts- und Zeitangaben in den Peritexten von Gedichten je unterschiedliche Funktionen im Zusammenspiel von Lyrik und Autobiographik erfüllen.
Adressanten spielen Datums- und Ortsangaben, die bei vielen Gedichten in den sogenannten ›Peritexten‹ auftauchen. Diese Angaben beziehen sich in unterschiedlicher Weise auf den Adressanten in der Textwelt und die Autorperson in ihrer Diskurswelt. Solcherart autobiographisch inszenierende Peritexte eignen sich dafür, die verbreitete Ansicht herauszufordern, hochartifizielle Texte könnten unter keinen Umständen eine Referenz auf textexterne Wirklichkeit etablieren. Klimek unterscheidet Fälle, in denen sich die Orts- oder Zeitangaben a) auf den Ort und den Zeitpunkt beziehen lassen, zu dem die sprachlichen Äußerungen des Gedichttextes (angeblich) getätigt werden, b) auf Ort und Datum der in der Textwelt dargestellten Situation oder c) auf die Verfertigung des lyrischen Artefaktes als Text. Bei diesen drei Fällen können Orts- und Zeitangaben in den Peritexten von Gedichten je unterschiedliche Funktionen im Zusammenspiel von Lyrik und Autobiographik erfüllen.
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Erzählerische Unzuverlässigkeit ist in den letzten Jahren zu einem zentralen Forschungsgebiet der Narratologie geworden. Für die Kinder- und Jugendliteratur und -medien (KJLM) gibt es dagegen zu diesem Erzählphänomen bisher wenig... more
Erzählerische Unzuverlässigkeit ist in den letzten Jahren zu einem zentralen Forschungsgebiet der Narratologie geworden. Für die Kinder- und Jugendliteratur und -medien (KJLM) gibt es dagegen zu diesem Erzählphänomen bisher wenig grundsätzliche Überlegungen und kaum Fallstudien. Der Beitrag prüft anhand diverser Fallstudien aus einer mit nicht-altersspezifischen Medien vergleichenden Perspektive, welche Formen erzählerischer Unzuverlässigkeit auch in an heranwachsende
RezipientInnen adressierten Text-, Text-Bild- und Text-Bild-Ton-Medien vorkommen und welche (ggf. abweichenden) Funktionen sie dort erfüllen. Dabei stellt sich heraus, dass mimetische Unzuverlässigkeit (in ihren drei Unterarten täuschendes, offen unzuverlässiges und mimetisch unentscheidbares Erzählen) durchaus häufig in KJLM vorkommt.
Je nach Altersadressierung eines Mediums kann es sein, dass die Interpretation, einem Text erzählerische Unzuverlässigkeit zuzuschreiben, wohl nur von den erwachsenen VorleserInnen gemacht
wird, z.B. um wunderbare Ereignisse in einer ansonsten realistisch geschilderten Welt zu naturalisieren, während jüngere RezipientInnen wohl eher von zuverlässig erzählter fantastischer Literatur ausgehen. Doch auch in durchweg realistischen Kinder- und Jugendmedien kann erzählerische Unzuverlässigkeit ein Darstellungsmittel sein, um bei den Rezipierenden für Verständnis zu werben, etwa gegenüber Mitmenschen mit geistigen Einschränkungen.
Beispiele für axiologische Unzuverlässigkeit lassen sich dagegen nur schwer in spezifischen KJLM finden. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass KJLM tendenziell Werte und Normen vermitteln oder verfestigen soll. Insofern wäre die Gefahr gross, dass axiologisch fragwürdige Erzählerfiguren von heranwachsenden Rezipierenden nicht als solche erkannt und insofern die abzulehnenden Grundhaltungen als im Medium verharmlost oder gar beworben wahrgenommen werden. Dennoch findet
man auch hierfür vereinzelt Beispiele gerade in der Coming-of-Age-Literatur. Dort kann es für die angesprochene Zielgruppe interessant sein, gemeinsam mit jugendlichen Reflektorfiguren zu bemerken,
dass die eigene Weltsicht notwendigerweise subjektiv ist und nicht immer mit der anderer Menschen übereinstimmt.
Grundsätzlich ist jedoch festzustellen, dass im Bereich der erzählerischen Unzuverlässigkeit in nicht rein schriftliterarischen KJM auch auf transmedial-konzeptioneller Ebene noch viel Grundsatzarbeit
zu leisten bleibt.
RezipientInnen adressierten Text-, Text-Bild- und Text-Bild-Ton-Medien vorkommen und welche (ggf. abweichenden) Funktionen sie dort erfüllen. Dabei stellt sich heraus, dass mimetische Unzuverlässigkeit (in ihren drei Unterarten täuschendes, offen unzuverlässiges und mimetisch unentscheidbares Erzählen) durchaus häufig in KJLM vorkommt.
Je nach Altersadressierung eines Mediums kann es sein, dass die Interpretation, einem Text erzählerische Unzuverlässigkeit zuzuschreiben, wohl nur von den erwachsenen VorleserInnen gemacht
wird, z.B. um wunderbare Ereignisse in einer ansonsten realistisch geschilderten Welt zu naturalisieren, während jüngere RezipientInnen wohl eher von zuverlässig erzählter fantastischer Literatur ausgehen. Doch auch in durchweg realistischen Kinder- und Jugendmedien kann erzählerische Unzuverlässigkeit ein Darstellungsmittel sein, um bei den Rezipierenden für Verständnis zu werben, etwa gegenüber Mitmenschen mit geistigen Einschränkungen.
Beispiele für axiologische Unzuverlässigkeit lassen sich dagegen nur schwer in spezifischen KJLM finden. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass KJLM tendenziell Werte und Normen vermitteln oder verfestigen soll. Insofern wäre die Gefahr gross, dass axiologisch fragwürdige Erzählerfiguren von heranwachsenden Rezipierenden nicht als solche erkannt und insofern die abzulehnenden Grundhaltungen als im Medium verharmlost oder gar beworben wahrgenommen werden. Dennoch findet
man auch hierfür vereinzelt Beispiele gerade in der Coming-of-Age-Literatur. Dort kann es für die angesprochene Zielgruppe interessant sein, gemeinsam mit jugendlichen Reflektorfiguren zu bemerken,
dass die eigene Weltsicht notwendigerweise subjektiv ist und nicht immer mit der anderer Menschen übereinstimmt.
Grundsätzlich ist jedoch festzustellen, dass im Bereich der erzählerischen Unzuverlässigkeit in nicht rein schriftliterarischen KJM auch auf transmedial-konzeptioneller Ebene noch viel Grundsatzarbeit
zu leisten bleibt.