Soziales Wirtschaften
im Beziehungsgefüge seiner Akteure
Wolf Rainer Wendt
Abstract
Sozial gewirtschaftet wird gemeinsam mit dem Ziel der Deckung von Versorgungsbedarf. Daran sind viele Akteure und Stakeholder beteiligt. Mit ihren Dispositionen auf den Ebenen politischer Regulierung, betrieblicher Leistungserbringung und informellen und professionellen Wirkens bestimmen sie
das Geschehen. Nachgegangen wird dem sozialen Wirtschaften in Mitgliederorganisationen und in Diensten im öffentlichen Auftrag sowie in der Relation
von Leistungsträgern, Sozialunternehmen und ihren Nutzern. Einzubeziehen
sind deren Eigenleistungen und die Alimentierung personenbezogener Wohlfahrt im System der sozialen Sicherung. Das Beziehungsgefüge aller Beteiligten strukturiert die Sozialwirtschaft.
Die Theorie sozialen Wirtschaftens legt ihrem Gegenstandsbereich bestimmte Beziehungen des Sorgens unter Menschen und im Verhältnis zu ihnen bestimmte
Beziehungen von und zu Akteuren der Versorgung zugrunde. Vorgefunden wird
ein horizontal und vertikal strukturiertes Gefüge bedarfsbezogener Interaktion
von Personen miteinander und untereinander, von Organisationen, zuständigen
Stellen und Unternehmen. So wie sich die Sozialwirtschaft wohlfahrtsdienlich
entfaltet hat, können nicht einzelne dienstleistende Unternehmen für sich allein
beanspruchen, die Sozialwirtschaft zu repräsentieren; tatsächlich geschieht sie in
Wahrnehmung sozialer Aufgaben und in Diensten am Menschen unter vielseitiger
Beteiligung. Die Prozesse sozialen Wirtschaftens sind an ein Beziehungsgefüge
auf und zwischen mehreren Ebenen der sozialen Politik, sozialen Organisation
und personenbezogenen Arbeit gebunden.
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© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018
L. Kolhoff und K. Grunwald (Hrsg.), Aktuelle Diskurse in der Sozialwirtschaft I, Perspektiven
Sozialwirtschaft und Sozialmanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20319-1_2
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Wolf Rainer Wendt
Ein Gefüge des Sorgens und der Versorgung
Im Rahmen sozialen Wirtschaftens werden je nach dem Bedarf, der sich ausmachen lässt, Personen versorgt und sie sorgen für sich selber. Care kommt zu
care. Unterstellt wird eine informelle und formelle Ordnung, in der die Akteure
des Sorgens und der Versorgung miteinander zu tun haben. Mit diesem Theorem
wird in der Sozialwirtschaftslehre ausgesagt, dass die Aufgabenstellung und die
Aufgabenerfüllung mehrseitiger und mehrdimensionaler Natur ist. Es gibt
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unmittelbar Betroffene mit materiellem, sozialem oder gesundheitlichem Bedarf, die sich individuell oder gemeinschaftlich selber helfen,
Fachkräfte, die sich beruflich kümmern, zumeist nicht selbständig, sondern in
Diensten und Einrichtungen beschäftigt,
gemeinnützige Vereine und Verbände, die dienstleistende Strukturen unterhalten,
gewerbliche Anbieter von sozialen und gesundheitlichen Dienstleistungen,
Leistungsträger mit ihren Ämtern und Agenturen,
zivilgesellschaftliche Organisationen, die auf sozialem Gebiet Interessen vertreten,
freiwillig Helfende und bürgerschaftlich Engagierte,
(erwerbswirtschaftliche) Unternehmen, die mittelbar ihre soziale Verantwortung (CSR) wahrnehmen und Leistungen erbringen,
der Staat und die Gebietskörperschaften, die für die öffentliche Daseinsvorsorge zuständig sind.
Bloß eine Gemengelage bietet diese Vielfalt nicht, denn sie ist systematisch eingebunden in das sozialrechtliche Leistungssystem und in die darüber hinausreichende sozialstaatliche Daseinsvorsorge. Die Systematik ist historisch gewachsen,
und eine Ordnung der Beziehungen zwischen beteiligten Akteursgruppen hat sich
in den letzten hundert Jahren etabliert und wandelt sich in Deutschland und anderen Ländern mit Reformen im Sozial- und Gesundheitswesen nur schrittweise.
Die Agenda 2010 war einer der größeren Schritte. Dem vorhandenen Beharrungsvermögen soll jüngst mit einer Reihe von „Stärkungsgesetzen“ abgeholfen werden.
Die Regulierung des Systems der Versorgung impliziert ökonomisch stets Veränderungen im Ressourceneinsatz.
Das ganze Gefüge lässt sich als sozialwirtschaftliche Struktur und als ein Geschehen betrachten, das von sozialen Intentionen und ökonomischen Dispositionen durchzogen ist. Die soziale Aufgabenstellung wird bewirtschaftet. Daran sind
die einzelnen
Soziales Wirtschaften im Beziehungsgefüge seiner Akteure
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Personenhaushalte auf der Mikroebene,
betriebliche Haushalte von dienstleistenden Organisationen auf der intermediären Ebene und
die öffentlichen Haushalte von Staat und Kommunen auf der Makroebene samt
den Parafisci von öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern beteiligt.
Von allen haushaltenden Akteuren erfolgt eine Zuweisung (Allokation) von Mitteln und ihre Verteilung (Distribution) auf soziale Verwendungszwecke.
Die dispositiven Entscheidungsvorgänge finden wir
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auf der Makroebene politisch regulierter und zivilgesellschaftlich diskutierter
Bereitstellung und Ausgestaltung der Infrastruktur des Sozial- und Gesundheitswesens,
auf der Mesoebene der organisierten Leistungserbringung durch diverse Akteure der Wohlfahrtspflege
und auf der Mikroebene des humandienstlichen Einsatzes und informeller
Problembearbeitung vor.
Sozialwirtschaftlich weist per Makroallokation der Staat nach sozialpolitischen
Maßgaben den Aufgabengebieten Mittel zu, wonach innerhalb des Dienstleistungssystems im Sozial- und Gesundheitswesens per Mesoallokation die zugewiesenen Mittel zusammen mit eigenen Ressourcen und mit denen der Endnutzer für
die Aufgabenerledigung verwandt werden. Das geschieht durch die daran Beteiligten per Mikroallokation, indem personen-, sach- und situationsbezogen Mittel
fallweise eingesetzt werden.
Die Ebenen der ökonomischen Disposition (der zweckgerichteten Allokation
von Ressourcen und ihrer Distribution) hängen zusammen und berücksichtigen
einander: Auf der übergeordneten Ebene kann dem Sachziel nur gedient werden,
wenn die Mittelzuweisung nach dem Bedarf auf der untergeordneten Ebene erfolgt. Auf ihr muss man, abgesehen von Eigenmitteln, mit dem zur Verfügung gestellten Budget auskommen. Die Logik des Disponierens ist jedoch auf jeder Ebene eine andere.
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Auf der Makroebene der sozialen, politisch gesteuerten Daseinsvorsorge erfolgt eine Mittelzuweisung zu öffentlich legitimierten Zwecken, eine Allokation, die sich volkswirtschaftlich erfassen und verfolgen lässt.
Auf der Mesoebene der Gestaltung sozialer Versorgung und ihres Betriebs
wird in der Verwendung der Mittel betriebswirtschaftlich darauf gesehen, dass
Dienste und Einrichtungen ihre Funktion erfüllen und sie in ihrer Funktionsfähigkeit erhalten bleiben. Ob und inwieweit ein monetärer Gewinn erwirt-
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schaftet wird, spielt im Versorgungsgeschehen selber nur eine Rolle, wenn mit
diesem Ziel in die Versorgung restriktiv eingegriffen wird.
Auf der Mikroebene der personenbezogenen Versorgung erfüllt sie ihren Zweck
in Interaktion der daran direkt und indirekt Beteiligten.
Die sozialwirtschaftliche Verantwortung besteht in der Handhabung resp. dem
Management der Beteiligung sowohl im Horizont der unmittelbaren Bedarfsdeckung als auch in der vertikalen Dimension der Zurüstung von Versorgung
über die Ebenen hinweg.
Auf der Individualebene des sozialwirtschaftlichen Geschehens werden die
Leistungsbeziehungen durch das persönliche Verhalten der Beteiligten geprägt.
Auf der einen Seite gibt es Personen und Personengruppen, die ihren Unterhalt
selber bestreiten und nur gelegentlich einen Dienst aufsuchen, sich beraten oder
behandeln lassen. Menschen mit einem ausweisbaren materiellen und immateriellen Hilfebedarf begegnen im System des Sozial- und Gesundheitswesens Personen und Institutionen, die diesen Bedarf auf unterschiedliche Weise abzudecken vermögen. Die Logik des informellen Sorgens gleicht nicht der Logik der
formellen Versorgung. Deshalb bedarf es in personenbezogenen Diensten einer
Vermittlung, auch wieder unter sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten.
Dafür kommen ein Care Management und ein Case Management zum Einsatz. In
der Art, wie gesorgt wird und versorgt wird, folgen die Handelnden vorgegebenen
Orientierungen und Bindungen an Werte. Die Regie und die Gestaltung des sozialwirtschaftlichen Geschehens im Verhältnis ihrer Akteure variieren und wandeln sich organisations- und fallbezogen.
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Abgrenzung von der Erwerbswirtschaft
Hat die Erwerbswirtschaft den Bezugsrahmen des Marktes, im dem ein Angebot
auf Nachfrage trifft und arbeitsteilig erzeugte Güter getauscht werden, ist die
Sozialwirtschaft darauf ausgerichtet, humanen Bedarf in direktem Handeln zu
befriedigen. Sie teilt ihre zentripetale Verfassung mit der Hauswirtschaft und hat
selber in Europa ihren Ausgang von Hilfsgemeinschaften wie den ihre Mitglieder
bedienenden friendly societies in England und den Gegenseitigkeitsgesellschaften in Frankreich genommen. Die Erwerbswirtschaft dagegen zieht zentrifugal
ihre Kreise; ständige Ausweitung im Waren- und Kapitalverkehr ist ihr eigentümlich.
In der Sozialwirtschaft sind die individuellen Akteure in Hinblick auf ihr Zurechtkommen in Sorge um sich. Im Grenzfall sorgen sie für sich allein, gewöhnlich füreinander und sie tun es auch gemeinschaftsbezogen. Menschen wirtschaf-
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ten, indem sie sich die Mittel zuteilen, die sie zum Leben brauchen. Solange das
einfach „von der Hand in den Mund“ geschieht, kann von Ökonomie kaum gesprochen werden. Erst, wenn im Nebeneinander und Nacheinander individuellen Handelns und der Interaktion in einer Lebensgemeinschaft über vorhandenen
oder zu erschließende Mittel disponiert wird, kommt ein rationales Entscheidungsverhalten ins Spiel. Es war im antiken Oikos als Haushalt des Zusammenlebens nötig und erhielt sich in der Einheit des Wirtschaftens in Haus und Betrieb
bis in moderne Zeiten.
Eine kommunale und mithin öffentliche Zuständigkeit ergab sich in dem
Maße, in dem Personen aus dem Gehäuse ihrer primären Zugehörigkeit fielen. In
der frühen Neuzeit wurden sie ersatzweise und zwangsweise in Zucht- und Arbeitshäusern untergebracht, die dem erwerbswirtschaftlichen und durchaus noch
keinem sozialwirtschaftlichen Dispositiv gehorchten. Individuelles Wohl lag nicht
im Sachziel jener Einrichtungen. Erst auf Grundlage einer die Vereinzelung aufhebenden Solidarität konnte sozialwirtschaftlich gehandelt werden.
Die nachfolgende Entfaltung der Sozialwirtschaft erfolgte in einer von der kapitalistischen Marktwirtschaft geprägten Umgebung. Eine solidarisch organisierte Versorgung und auch das sozialpolitisch eingeführte soziale Sicherungssystem
bleiben angewiesen auf eine funktionierende Erwerbswirtschaft als materielle Basis. Viele sozialwirtschaftliche Einrichtungen stellen mit sozialem Sachziel Güter
für den Markt her und sind so selber Teilnehmer am erwerbswirtschaftlichen Geschehen: Werkstätten für behinderte Menschen, Sozialfirmen, Produktivgenossenschaften usw. Dienste und Maßnahmen in der Sozialwirtschaft haben den
Zweck, Menschen in das erwerbswirtschaftliche Beschäftigungssystem einzugliedern. Und die Profitorientierung der Erwerbswirtschaft entlässt diese nicht aus
der Verantwortung für soziale Belange (Stichwort: soziale Marktwirtschaft). Die
Verantwortung wird ihr von der organisierten Versorgung bzw. durch die Existenz
der Sozialwirtschaft nicht abgenommen.
3
Zwei Entwicklungslinien
Generell sind zwei Entwicklungslinien von Sozialwirtschaft zu unterscheiden. In
der einen rückt die soziale Aufgabe in der Art und Weise des Wirtschaftens in den
Vordergrund. Nicht für den abschöpfbaren Profit als Unternehmensziel, sondern
für den eigenen Lebensunterhalt organisieren Menschen einen gemeinschaftlichen Betrieb. Die andere Ausformung von Sozialwirtschaft realisiert die wirt
schaftliche Aufgabe in der sozialen Versorgung in der Art und Weise, wie sie betrieben wird. Auch hier steht das Sachziel einer Bedarfsdeckung für Menschen im
Vordergrund.
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Dieser zweite Strang sozialen Wirtschaftens hat sich im wohlfahrtsstaatlichen
Rahmen in einem System ausgeprägt, das im Allgemeinen und im zivilen Interesse Aufgaben der sozialen Versorgung wahrnimmt. Sie erfolgt in gemeinschaftlicher Selbsthilfe, in frei-gemeinnütziger Organisation, kommunalen Diensten und
Einrichtungen sowie in privat-gewerblichen Sozialunternehmen. Die Unternehmen in diesem System haben sich den Terminus Sozialwirtschaft als Bereichsbezeichnung zugelegt – mit oder ohne Einbeziehung der gesundheitsbezogenen
Leistungserbringung, die von den Akteuren der Gesundheitswirtschaft unternommen wird (s. dazu Wendt 2017).
Historisch hat die Sozialwirtschaft jedoch nicht mit den publicserving organi
zations angefangen, die im Wohlfahrtsstaat in der Fürsorge, zur Absicherung und
sonstigen Versorgung tätig sind. Ihre Zuordnung zur Sozialwirtschaft und ihre
Firmierung als Sozialunternehmen erfolgten erst im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts.
Grundformen sozialen Wirtschaftens waren die memberserving organizations,
die im frühen 19. Jahrhundert als Genossenschaften und Gegenseitigkeitsgesellschaften in Erscheinung traten (Wendt 2014). Es gibt sie heute oft auch in der gleichen Funktion wie die Leistungserbringer in der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege und eingebunden in deren kommunales und verbandliches Gefüge.
Indes repräsentieren die ihre Mitglieder versorgenden Organisationen ein selbständiges Wirtschaften in interner gemeinschaftlicher Disposition über den Bedarf und die Erbringungsweise.
3.1
Der sozialwirtschaftliche Betrieb zu eigener Versorgung
Vereinigungen, zu denen sich Menschen zur Behebung ihrer Bedürftigkeit zusammenschließen, eben die memberserving organisations, sind der Prototyp der
Sozialwirtschaft. Kooperativ erreichen die Mitglieder solcher Assoziationen gemeinsam Schutz, Sicherheit und materielles Auskommen. Es gab und gibt seit
den Anfängen im 19. Jahrhundert diverse Hilfs-, Gegenseitigkeits-, Versicherungs-, Produktiv- und Konsumvereine. Sie bewahren ihre Angehörigen vor Not,
Unsicherheit, Übervorteilung und Ausbeutung in einer Umgebung der kapitalistischen Konkurrenz. Kollektive Selbsthilfe ist das Format, in dem hier die Sozialwirtschaft auftritt. Verbreitung hat die économie sociale vor allem in frankophonen und romanischen Ländern gefunden. Erst in den neoliberalen Zeiten
nach 1980 mutierten die sozialen Genossenschaften in Frankreich, Spanien, Belgien und anderen Ländern zu Sozialunternehmen und wurden als Unternehmen
mit ihrem Beschäftigungspotenzial und ihrem Beitrag zur Leistungsbilanz in das
gesamtwirtschaftliche Geschehen im europäischen Markt einbezogen. Der Logik
Soziales Wirtschaften im Beziehungsgefüge seiner Akteure
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der Vermarktlichung folgend, verstanden sich wenig später auch die im allgemeinen Interesse tätigen Sozialdienste (publicserving organizations) als Unternehmen. Sozialwirtschaft gilt seither unternehmerisch als ein Geschäftsbereich mit
sozialem Sachziel (social business) neben anderen Branchen der Wirtschaft.
Von der Entwicklung des Sozialwirtschafts-Konzepts hin zur Übernahme von
Versorgungsaufgaben in der öffentlichen Daseinsvorsorge hebt sich eine andere
Strategie dessen ab, was sozial zu geschehen hat. Das Vorhaben prägt sich seit etwa
zwei Jahrzehnten außerhalb des formellen Sozialleistungssystems mit einem soli
darwirtschaftlichen Konzept in Alternativen bzw. als die globale Alternative (Jeantet und Poulnot 2007) zur vorherrschenden kapitalistischen Ökonomie aus. Dabei
beruft man sich auf die frühen Formen von Kooperativen. Betont wird die Selbstorganisation in Unabhängigkeit vom Staat. Beispielsweise definiert das Interkontinentale Netzwerk zur Förderung der sozialen und solidarischen Ökonomie (Ré
seau Intercontinental de Promotion de l’Économie Sociale et Solidaire, RIPESS) in
seiner „globalen Vision“: „The Social Solidarity Economy is an alternative to capitalism and other authoritarian, state-dominated economic systems. In SSE ordinary people play an active role in shaping all of the dimensions of human life:
economic, social, cultural, political and environmental. SSE exists in all sectors of
the economy: production, finance, distribution, exchange, consumption and governance. It also aims to transform the social and economic system that includes
public, private and third sectors.“ (RIPESS 2015, S. 2) Die SSE sei ein ethischer
und wertbasierter Ansatz der wirtschaftlichen Entwicklung, der die Wohlfahrt der
Menschen und des ganzen Planeten an die erste Stelle setze. „Self-management
and collective ownership in the workplace and in the community is central to the
solidarity economy.“ (RIPESS 2015, S. 6) Umsetzungen des Konzepts in der Praxis
finden sich besonders in Lateinamerika und in vielen Entwicklungsländern (Kawano et al. 2010; Utting 2015).
3.2
Der sozialwirtschaftliche Betrieb
zur humandienstlichen Versorgung Anderer
Das eine Verständnis von Sozialwirtschaft im Gefüge sozialer Leistungserbringung
und humandienstlicher Versorgung lässt sich in das andere Verständnis von Sozialwirtschaft als selbstorganisiertes Disponieren über Versorgung bei individuellem und gemeinschaftlichem Bedarf konvertieren. Die öffentliche und zivilgesellschaftliche Aufgabenstellung verlangt nicht nur eine entsprechende Allokation
und Distribution der nötigen Mittel, sondern zur Erfüllung der Aufgaben in der
Versorgung die organisierte Mitwirkung aller Stakeholder. So trifft die topdown
veranstaltete Bereitstellung und Erbringung von Sozialleistungen „im öffentlichen
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Interesse“ auf das bottomup vorhandene, teils bereits organisatorisch ausgeformte, zivile und gemeinschaftliche Interesse von engagierten Bürgern und betroffenen Personengruppen an hinreichender Versorgung und Teilhabe zum Ausgleich
von konkreter Benachteiligung, Behinderung oder Beschäftigungslosigkeit.
Es geht gleichermaßen in staatlicher Daseinsvorsorge und im Leistungssystem zur sozialen und gesundheitsbezogenen Versorgung wie im selbstorganisierten Sorgen „um den Menschen“. Hier wie dort wird bezogen auf Personen, mit
und unter ihnen gehandelt. Einmal sind sie zunächst Objekt (der Fürsorge, Behandlung, Pflege oder Betreuung), auf der anderen Seite Subjekt (in Assoziation
und Kooperation mit anderen Subjekten). Wo sie Objekt waren, sollen sie aber
(im „aktivierenden Sozialstaat“) Subjekt werden.
Der Übergang von Fremdsorge in Eigenversorgung ist z. B. in Italien zu beobachten, wo es auf der Basis einer schon lange vorhandenen Kooperativbewegung (Earle 1986) in Neugestaltung des Sozialwesens seit 1991 die Sozialgenossen
schaften mit ihren beiden Formen als Unternehmen zur Erstellung von sozialen,
gesundheitlichen und erzieherischen Dienstleistungen (Typ A) und als Unternehmen zur Arbeitseingliederung von sozial benachteiligten Personen (Typ B) gibt.
Die Sozialgenossenschaften erfüllen einerseits einen sozialen Auftrag, andererseits organisieren sie ihre Mitglieder als Teilhaber an der für sie nötigen Versorgung. Analog geschieht das hierzulande in Assistenzgenossenschaften von körperbehinderten Menschen. Sie verschaffen sich Teilhabe. Das Interesse der Nutzer
kommt in Italien überein mit dem allgemeinen öffentlichen Interesse, dem die Sozialgenossenschaften nach gesetzlicher Vorgabe mit dem Ziel der Entwicklungsförderung von Menschen und ihrer sozialen Integration verpflichtet sind (Thomas
2004; Borzaga und Galera 2016; Miribung 2017). Sozial bewirtschaftet werden mit
dem Sachziel der Wohlfahrt bereitgestellte Mittel und die eigenen Kräfte der Nutzer in selbstbestimmtem Einsatz.
In Fokussierung auf soziale Unternehmen dagegen erscheint das sozialwirtschaftliche Geschehen verkürzt auf die betriebswirtschaftlichen Belange jener Unternehmen. Für sie bilden die Studiengänge zu Sozialmanagement und Sozialwirtschaft zumeist aus. Mit ihren Haushaltsentscheidungen bleiben die Nutzer der
Leistungen und die formellen Leistungsträger, abgesehen von ihrem Auftritt als
Kunden der Dienstleister, außer Betracht. Ebenso außen vor bleibt und nur als
Rand- und Restposten erfasst wird das weite Feld informeller sozialer Unterstützung und nicht auf einem Markt vertretener individueller und gemeinschaftlicher
Selbsthilfe. Ein Diskurs zum Management des sozialen Haushalts in Beziehung
auf das ganze Versorgungsgeschehen kann sich auf jene Verengung nicht einlassen; er hat sich mit sozialwirtschaftlicher Allokation und Distribution auf der Makroebene (im Sozialbudget des Staates und der Kommunen), auf der Mesoebene
(in der Mittelverteilung unter den Aufgabengebieten des Sozial- und Gesund-
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heitswesens) und auf der Mikroebene (in den Entscheidungen über personenbezogenen Ressourceneinansatz) zu befassen und er hat die ökonomische Wechselwirkung dieser Dispositionen zu beachten.
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Sozial wirtschaften im öffentlichen Leistungssystem
Umgangssprachlich heißt es von Hilfeempfängern, dass sie „von der Wohlfahrt“
leben. Die Sozialleistungen „in cash“ werden bekanntlich großenteils von der öffentlichen Wohlfahrtspflege der Gebietskörperschaften und von beauftragten, öffentlich-rechtlich verfassten Institutionen bereitgestellt. Sie lagen nicht im Blickfeld einer Debatte in den vergangenen Jahren, welche die Sozialwirtschaft mit
dem Dritten Sektor (zwischen Markt und Staat) identifizierte (Birkhölzer et al.
2005), sie auch mit der Nonprofit-Ökonomie (Weisbrod 1988) und nachfolgend
mit dem Wirtschaften von zivilgesellschaftlichen Nichtregierungs-Organisationen gleichsetzte (Wendt 2007, S. 50 ff.). Die Auffassung, dass es bei den Dienstleistern nicht darauf ankommt, ob sie gewinnorientiert oder nicht gewinnorientiert, ob sie marktlich oder nicht-marktlich agieren, erlaubt den Unternehmen der
frei-gemeinnützigen Wohlfahrtspflege, als Sozialunternehmen den Begriff der Sozialwirtschaft nach Inhalt und Umfang für sich zu beanspruchen. Die Sozialwirtschaft tritt danach nicht nur in freier Assoziation, sondern auch mit der parastaatlichen Funktion sozialer Leistungserbringung dem staatlichen Walten gegenüber.
Die Sozialleistungsträger gehören in der Sektoreinteilung zum Staatssektor und
nicht zu den sozialwirtschaftlichen Akteuren. Diese Ausgrenzung lässt sich angesichts der tatsächlichen Aufgabenverteilung und Aufgabenerledigung mit dem
Sachziel in der sozialen und gesundheitsbezogenen Bedarfsdeckung keineswegs
durchhalten.
Es gibt Teilbereiche der Bewirtschaftung personenbezogener Hilfen, die primär
und größtenteils in öffentlicher Hand sind. So die Grundsicherung für Arbeitssuchende, der Kinder- und Jugendschutz oder die Resozialisierung von Straffälligen. Auch müssen sich Sozialleistungsträger wie gesetzliche Krankenversicherungen direkt um die Behebung eines Versorgungsbedarfs von Anspruchsberechtigten
kümmern. Nach § 1 SGB V haben die Krankenkassen den Versicherten bei deren
Eigenkompetenz und Eigenverantwortung durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken. Ebenso nach
SGB XI die Pflegekassen per Pflegeberatung und Errichtung von Pflegestützpunkten. Generell ist eine Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Leistungsträger gegeben, darauf hinzuwirken, dass die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung
stehen – auch damit jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in
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zeitgemäßer Weise umfassend und zügig erhält (§ 17 SGB I). In der sozialen Bewirtschaftung des Leistungsgeschehens stehen die Träger nicht am Rande bloß als
Zubringer und Abnehmer für die dienstleistenden Unternehmen; im Beziehungsgefüge der Sozialwirtschaft besetzen die Leistungsträger eine Leitstelle, mögen sie
auch nicht selten auf eine ihnen mögliche Regie im Spektrum der Versorgungsgestaltung verzichten.
Der öffentliche Haushalt ist den Dispositionen der dienstleistenden Akteure
vorgeordnet und übergeordnet. Gewiss lassen sich Mittelanforderungen stets mit
dem operativen Bedarf begründen, der sich in der betrieblichen Praxis herausstellt. Ihn bemessen aber bereits die politischen Entscheidungen über das Budget, das einem Versorgungsbereich oder auch einem Sozialraum zugeordnet wird.
Die Entscheidungsfindung fundiert eine bedarfsorientierte Sozialplanung, mit der
nötige Abhilfen und Maßnahmen nach Umfang und Qualität erfasst, analysiert
und prognostiziert werden. Strategisch liefern die Sozialplanung und die Sozialberichterstattung (Böhmer 2015; Strunk 2016) in Auswertung der Daten zu den
Belangen individueller Wohlfahrt eine Vorlage für Allokationsentscheidungen
und die Bewirtschaftung einer bedarfsentsprechenden Versorgung.
5
Wirtschaften zur personenbezogenen Wohlfahrt
Konstruieren wir ein Ensemble sozialen Wirtschaftens in Zusammenführung der
Ansätze zu ihm, kann mit der auf eigenen Bedarf bezogenen Versorgung angefangen werden. Der konzeptionelle Bezugsrahmen der Sozialwirtschaft lässt sich
überhaupt in Eigenversorgung verankern. Das heißt, ein Eckpunkt des Gefüges
stellt das Wirtschaften in Personenhaushalten dar. Zu ihnen kommen kompensatorisch zweckmäßig organisierte Gemeinschaften und sodann komplementär und
kompensatorisch die Transferleistungen (services in cash) und die personenbezogenen Dienste (services in kind) im System der organisierten Versorgung. Mit
Blick auf die Kategorien (einzelwirtschaftlicher) Haushalt, (solidarische) Gemeinschaft und (öffentliches) Leistungssystem sind Zusammenhänge des Einsatzes von
Mitteln und der Nutzung von Möglichkeiten zur Zweckerfüllung im individuellen
und gemeinschaftlichen Ergehen zu analysieren.
Eine bloß auf den Betrieb von Sozialunternehmen ausgerichtete sozialwirtschaftliche Reflexion übersieht das Übergewicht der monetären Transferleistungen, die ihren Sinn darin haben, den Empfängern eine ihrem Bedarf entsprechende Lebenshaltung zu ermöglichen. Wie die Menschen in Verwendung dieser Mittel
den Zweck erreichen, darauf haben personenbezogene Dienste nur begrenzt Einfluss, wenngleich in Dispositionen des Sorgens dieser Menschen viele Mittel wieder der Versorgung und ihren Diensten – in der Kinderbetreuung, in der Kran-
Soziales Wirtschaften im Beziehungsgefüge seiner Akteure
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kenbehandlung und in der Pflege behinderter und alter Menschen – zufließen.
Ökonomisch sind das Tauschakte, in denen Personen als selbständige Partner bei
der Erlangung oder dem Erhalt ihrer Wohlfahrt auftreten.
Für den Bedarf an personenbezogenen Diensten gibt es inzwischen in vielen
Staaten die Leistungsform der „direkten Bezahlung“ bzw. des Persönlichen Budgets. Auch mit ihm wird der einzelne Nutzer zum Partner in der Bewirtschaftung sozialer Versorgung. Direkte Bezahlung unterstellt, dass die Person als Experte ihrer selbst auch in den ihre Lebensführung betreffenden ökonomischen
Dispositionen effektiv zu verfahren in der Lage ist, wenn nötig mit einem begleitenden Fallmanagement. Wenn mehrere Personen mit gleichem Bedarf ihre Sachleistungsansprüche zusammenlegen („poolen“), können sie z. B. eine Wohngruppe gemeinschaftlich finanzieren und so eine eigene Form sozialwirtschaftlicher
Unternehmung zustande bringen. Es darf erwartet werden, dass selbstbestimmte
Lösungen in Verkopplung eigenen Sorgens mit zu beanspruchender Versorgung
in Zukunft an Bedeutung zunehmen.
6
Akteure im sozialwirtschaftlichen Dispositionsraum
Nach allem kann festgehalten werden: Im Laufe der Zeit haben sich in der Sozialwirtschaft die Gewichte verschoben – in Schritten
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von den Genossenschaften und Freiwilligenassoziationen als Selbsthilfeorganisationen
über die Einbeziehung der Sozialdienste im allgemeinem Interesse in die Sphäre sozialwirtschaftlicher Betätigung
zu sozialen Unternehmen und sozialem Unternehmertum einerseits und der
Aktivierung der Nutzer andererseits.
Der große Anteil der Adressaten und informell Sorgenden an der Wohlfahrtsproduktion ist inzwischen erkannt, wonach auch der Beitrag der formellen und freien sozialwirtschaftlichen Akteure neu bestimmt werden muss (auf der Mesoebene etwa im Übergang von stationärer zu ambulanter und häuslicher Versorgung).
Auf der Makroebene des Wohlfahrtsregimes wird nicht nur diskutiert, sondern
auch reguliert, welchen Anteil marktliche und nichtmarktliche Versorgungsleistungen, öffentliche, frei-gemeinnützige, privat-gewerbliche Erbringer und Personenhaushalte am Portfolio der Produktion sozialer Wohlfahrt haben und übernehmen sollen.
Von Esping-Andersen, der den Begriff der Wohlfahrtsregime eingeführt und
ihre Typologie entworfen hat, ist deren Anpassung an die sich ändernde Gewich-
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tung informellen und häuslichen Sorgens im Panorama der Versorgung vorgenommen worden:
„Eine entscheidende Frage für jeden Wohlfahrtsarchitekten lautet, an welche Instanz
die Wohlfahrtsproduktion übertragen werden soll. Die Antwort darauf ist gleichbedeutend mit der Entscheidung über die Verantwortungsteilung zwischen Markt, Familie
und Staat. Märkte sind für die meisten Menschen und für die meiste Zeit ihres Lebens die Hauptwohlfahrtsquelle, weil ein Großteil des Einkommens aus Erwerbsarbeit
stammt und der größte Teil wohlfahrtsfördernder Güter auf dem Markt erworben wird.
Die verwandtschaftliche Reziprozität innerhalb von Familienverbänden stellt traditionell eine zweite wichtige Quelle von Wohlfahrt und Sicherheit dar, insbesondere was
Pflegeleistungen, aber auch was die gemeinsame Verfügung über das Haushaltseinkommen betrifft. … Staatliche Wohlfahrtspolitik wiederum beruht weder auf Kaufentscheidungen noch auf Reziprozitätsbeziehungen, sondern auf einem redistributiven
‚Gesellschaftsvertrag‘, der auf einer gewissen Form der kollektiven Solidarität gründet.
Diese drei Säulen gesellschaftlicher Wohlfahrt sind wechselseitig voneinander abhängig.“ (Esping-Andersen 2004, S. 198)
Wird hier der Markt sozialwirtschaftlich in der Funktion wahrgenommen, in
der Einzelne und Familien ihren materiellen Lebensunterhalt gewinnen, ist die
Schlussfolgerung doch: sie selber bringen damit ihre Wohlfahrt zustande – nicht
der Markt vermag es. Er trägt keine Verantwortung. Damit entfällt im „Wohlfahrtsdreieck“ (Esping-Andersen 2004, S. 200) einer seiner Eckpunkte. Im wohlfahrtsbezogenen Gesellschaftsvertrag teilen sich die Verantwortung der Staat und
seine Institutionen einerseits und Familie bzw. die einzelne Person andererseits.
Vermittelnd mag der Markt – unbeschadet seiner Rolle als Motor erwerbswirtschaftlicher Entwicklung – zur Versorgung eingeschaltet werden oder auch nicht.
Im ökonomischem Dispositionsraum sozialer und gesundheitsbezogener
Versorgung handeln als ihre Wirte in der Ökologie der Sozialwirtschaft (Wendt
2015, S. 153 ff.) auf der Individualebene betroffene und beteiligte Personen, auf der
Mesoebene die eingeschalteten Organisationen und ihre dienstleistenden Betriebe, auf der Makroebene die Gesellschaft mit ihren Interessenvertretern und der
Staat mit seinen legitimierten Entscheidern. Sozialwirtschaftliche Beziehungen
sind Stakeholder-Beziehungen – von sorgenden Personen zu Diensten und ihren
professionellen Akteuren bzw. Beziehungen von ihnen in der Sorge für und um
ihre Klienten, Beziehungen unter den formell zuständigen Akteuren, zwischen
Organisationen, im Staat und seinen Körperschaften. Sie handeln in vertikaler
und in horizontaler Beziehung in mixed production of welfare.
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Zusammenarbeit in Vernetzung
Nehmen wir die Sozialwirtschaft als einen vernetzten Prozess in einem Raum der
Disposition in Belangen wohlfahrtsdienlicher Versorgung wahr, gelangen wir zu
einer Auffassung, welche das Nebeneinander von Organisationen und Unternehmen mit den oft starren Abgrenzungen zwischen ihnen und innerhalb von ihnen
aufhebt in koordinierbaren Aktivitäten und miteinander verbundenen komplexen Vorhaben. Überwinden lassen sich Fragmentierungen im Leistungsgeschehen
und vorhandene Versorgungsengpässe, wie sie kategorial zum Beispiel in der Versorgung bei Demenz bemerkt worden sind und territorial auf dem flachen Lande
bei geringer Bevölkerung vorkommen und behoben werden sollen. Solche Aufgaben involvieren verschiedene Organisationen, ihre Träger und Interessenvertretungen sowie die Professionen mit ihren fachlichen Zuständigkeiten. Sie müssen
sich auf Integration von Versorgung und dafür notwendige Innovationen verstehen (Becke et al. 2016). Sie betreffen den Dispositionsraum, in dem die vielen Beteiligten wirken, und unterscheiden sich von Neuerungen, die im einen oder anderen Unternehmen ein besseres Betriebsergebnis versprechen.
Sozial gewirtschaftet wird im Komplex wohlfahrtsdienlicher Versorgungsbeziehungen. Zu ihrer Pflege tragen sozialpolitische und zivilgesellschaftliche Aushandlungsprozesse und die institutionalisierte Partnerschaft der öffentlichen und
verbandlichen Trägerschaft ebenso wie eine integrierte Sozialplanung (Strunk
2016) auf kommunaler Ebene und ein das lokale oder regionale humandienstliche
System steuernde Versorgungsmanagement (care management) bei. Soziale Unternehmen können sich mit ihrem Geschäftsmodell und strategischen Ausrichtung (Hueth et al. 2017), mit der spezifischen Sachzielorientierung ihres Betriebs
und einem übernommenen Auftrag (Becker 2017) auf die Gegebenheiten und sich
wandelnden Anforderungen in der gestalteten Landschaft sozialer und gesundheitsbezogener Versorgung einstellen. Sie übersteigt mit ihrer Bewirtschaftung
das Agieren der einzelnen formell und informell Mitwirkenden, die sich in ihrem die Sozialwirtschaft konstellierenden Beziehungsgefüge der Aufgabenerfüllung im Einzelnen widmen.
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