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Manfred Prisching

University of Graz, Sociology, Faculty Member
  • MANFRED PRISCHING Mag. Dr., Universitätsprofessor für Soziologie an der Universität Graz. Geboren 1950. Nach dem Stud... moreedit
ABSTRACT Die Wissensgesellschaft lässt die rauchenden Schlote des 20. Jahrhunderts hinter sich zurück. Es ist eine Dienstleistungsgesellschaft. In ihr sitzen die Symbolanalysten282 vor den Bildschirmen. Aber die Logik der... more
ABSTRACT Die Wissensgesellschaft lässt die rauchenden Schlote des 20. Jahrhunderts hinter sich zurück. Es ist eine Dienstleistungsgesellschaft. In ihr sitzen die Symbolanalysten282 vor den Bildschirmen. Aber die Logik der Industriegesellschaft, einschließlich ihrer ungeheuren Effizienzsprünge, ist keineswegs obsolet. Vielmehr verbreitet sich diese Logik: Die Wissensgesellschaft zeigt sich zunächst als Versuch, eine Industrialisierung der Wissenswirtschaft vorzunehmen. Die Produktion des Wissens soll nach dem Modell der ingenieurwissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Entwicklungsarbeit erfolgen. Im Bewusstsein von Bildungsmanagern gibt es keine Unterschiede zwischen der reproduzierbaren, experimentellen, gesetzesförmigen, verfahrensmäßigen, arbeitsteiligen, teamorientierten Vorgangsweise dieser Bereiche und den humanwissenschaftlichen (geistes-und sozialwissenschaftlichen) Arbeitsbereichen, in denen Teamarbeit und Arbeitsteilung, Experiment und Arbeitsplan kaum eine Rolle spielen können, weil es um das Ganze, um die Konstruktion, um den Sinn geht-und, wenn man so will, viel eher um die Leistung Einzelner als in den Naturwissenschaften.
ABSTRACT S⊘ren Kierkegaard hat ironisch auf das Langeweile-Problem der Menschheit aufmerksam gemacht: „Daß die Langeweile eine Wurzel allen Übels ist, kann man wahrnehmen gleich vom Anfang der Welt an. Die Götter langweilten sich, darum... more
ABSTRACT S⊘ren Kierkegaard hat ironisch auf das Langeweile-Problem der Menschheit aufmerksam gemacht: „Daß die Langeweile eine Wurzel allen Übels ist, kann man wahrnehmen gleich vom Anfang der Welt an. Die Götter langweilten sich, darum schufen sie den Menschen. Adam langweilte sich, weil er allein war, darum ward Eva erschaffen. Von diesem Augenblick an kam die Langeweile in die Welt und wuchs an Größe in genauer Entsprechung zum Wachstum der Menge des Volkes. Adam langweilte sich zuerst allein, alsdann langweilten sich Adam und Eva im Verein, alsdann langweilten Adam und Eva und Kain und Abel sich en famille, alsdann nahm die Menge des Volkes in der Welt zu und man langweilte sich en masse. Um sich zu zerstreuen, kamen sie auf den Gedanken, einen Turm zu bauen, der so hoch sei, daß er empor ragte in den Himmel. Dieser Gedanke ist ebenso langweilig wie der Turm hoch war und ein erschrecklicher Beweis dafür, wie sehr die Langeweile überhand genommen hatte. Alsdann wurden sie über die Welt zerstreut, ebenso, wie wenn man jetzt ins Ausland reist, jedoch sie fuhren fort, sich zu langweilen. Und welche Folgen hatte nicht diese Langeweile! Der Mensch stand hoch und fiel tief, erst mittels Eva, dann vom Babylonischen Turm, andererseits, was hat Roms Untergang aufgehalten, panis et circensis - Brot und Zirkusspiele.“ (Kierkegaard 1979, 304f.) Die Wurzel aller Probleme, welche die zweidimensionale Gesellschaft zu bewältigen trachtet, wäre demnach in der Langeweile zu finden. Und die Lösung des Problems wäre das passable Rezept, sich derart auf den Konsum zu konzentrieren, dass das hiezu erforderliche Geldverdienen und Geldausgeben alle Zeit in Anspruch nimmt, auf dass die Menschen nicht auf dumme Gedanken kommen.
Bildung wird immer wichtiger. Das sagen alle. Alle, denen sie ein Anliegen ist, müssten jubeln angesichts der Perspektive, dass man in eine Wissensgesellschaft431 einzutreten im Begriffe ist, in eine Gesellschaft, in der nicht mehr Rang... more
Bildung wird immer wichtiger. Das sagen alle. Alle, denen sie ein Anliegen ist, müssten jubeln angesichts der Perspektive, dass man in eine Wissensgesellschaft431 einzutreten im Begriffe ist, in eine Gesellschaft, in der nicht mehr Rang und Stand, Herkunft und Geld eine Rolle spielen, sondern in der das „axiale Prinzip des Wissens“ 432 die Gesellschaft durchwaltet; und man könnte mit dieser Aussicht alle möglichen Ideale verbinden, Visionen einer einsichtigen und gerechten Gemeinschaft, einer langfristig orientierten, kritischen, selbstreflexiven, vernünftigen Gesellschaft. Eine Realisierung dessen, was Sozialphilosophen seit zweitausend Jahren erstrebt haben: eine kluge, tugendhafte, weise Gesellschaft; eine Gesellschaft, in der sich die Kraft der Bildung, Lebensbewältigungsfähigkeit und Sittlichkeitsbedürfnis zu einer glücklichen Synthese zu bringen, verwirklicht hat.
ABSTRACT Bei der Anbiederungsstrategie des Alltagsmodells geht es um Nützliches, aber die Bildungsszene fühlt sich auch dem Lustigen zunehmend verpflichtet. Der alltagszeitgeistige Bildungsbegriff glaubt, die keineswegs mehr wissbegierige... more
ABSTRACT Bei der Anbiederungsstrategie des Alltagsmodells geht es um Nützliches, aber die Bildungsszene fühlt sich auch dem Lustigen zunehmend verpflichtet. Der alltagszeitgeistige Bildungsbegriff glaubt, die keineswegs mehr wissbegierige Jugend dort abholen zu müssen, wo sie sich befindet, und das ist nun einmal der Kino-Blockbuster der Saison. „Shakespeare in Love“ statt Shakespeare-wenigstens ahnen sie dann, wer Shakespeare ist. Der letzte Seufzer verzweifelnder Lehrer verhallt im letzten Schrei der Massenkultur. Ihm zu folgen, verschafft wenigstens noch kurzfristige Aufmerksamkeit. Diese Erfahrung führt zum Prinzip: mehr Zeitgeist in die Klassenzimmer. Was dann in einer posttraditionalen oder postmodernen Schule jeweils als „Bildung“ definiert wird, ist Zufall-und doch kein Zufall: Standards setzt die Erlebnisgesellschaft, deren oberstes Ziel es ist, durch irgendwelche „events“ zu spüren, wie man in sich Sensationen erzeugt; permanente Glücksempfindungen zu stimulieren, damit man fühlt, dass man noch lebt.146 „Unsere Sozialwelt ist durchdrungen von der Denkfigur der Erlebnisrationalität [...] Die erlebnisrationale Sichtweise deutet die ganze Welt als Selbstbefriedigungsgerät. Der Intimbereich wird derselben Logik unterworfen wie das Reisen, das Essen, das Wohnen, das Leben in seiner Gesamtheit.“147 Natürlich schließt dies auch die Bildung ein. Auch sie wird in den Sog des Eventhaften, des Sensationellen, des Erlebnisses gezogen. Hier sind wir, unterhaltet uns! „Shakespeare in Love“ ist dann nicht der Aufhänger für Weitergehendes, sondern auch schon alles. Kommt ein anderer Film, ist dieser Unterrichtsgegenstand. Grisham ist auch in Ordnung. Oder Harry Potter. Und im schlimmsten Falle tut es Rosamunde Pilcher.
Die Steigerungslogik öffnet Möglichkeitsräume. Es entsteht die Multioptionsgesellschaft. Sie bietet unendliche Möglichkeiten, und es sind immer zu wenige. Es ist eine Gesellschaft, in der fast alles möglich ist; in der die Zahl der... more
Die Steigerungslogik öffnet Möglichkeitsräume. Es entsteht die Multioptionsgesellschaft. Sie bietet unendliche Möglichkeiten, und es sind immer zu wenige. Es ist eine Gesellschaft, in der fast alles möglich ist; in der die Zahl der Möglichkeiten immerfort steigt; in der die Möglichkeiten immer zahlreicher sind als die Chancen ihrer wirklichen Inanspruchnahme. Man kann wählen: Produkte und Dienstleistungen, Identitäten und Wirklichkeiten, Ideologien und
Konsumistische Geld- und Spas-„Inseln“: Die Insel-Metapher lasst sich in einem metaphorischen Sinn verstehen, aber an manchen Stellen der Gesellschaft verdichtet sich die konsumistische Besessenheit tatsachlich zu weltenthobenen Inseln... more
Konsumistische Geld- und Spas-„Inseln“: Die Insel-Metapher lasst sich in einem metaphorischen Sinn verstehen, aber an manchen Stellen der Gesellschaft verdichtet sich die konsumistische Besessenheit tatsachlich zu weltenthobenen Inseln des puren Kaufens; und diesen mussen wir einige Seitenblicke gonnen.
„Ein Zeichen unserer Zeit ist, dass es die Zeit der Zeitdiagnosen ist.“ (Reichertz 2005: 45) Zeitdiagnosen, im Sinne umfassender Gemalde der Gegenwartsgesellschaft und ihrer Trends, sind, neben vielfaltigen Studien gesellschaftlicher... more
„Ein Zeichen unserer Zeit ist, dass es die Zeit der Zeitdiagnosen ist.“ (Reichertz 2005: 45) Zeitdiagnosen, im Sinne umfassender Gemalde der Gegenwartsgesellschaft und ihrer Trends, sind, neben vielfaltigen Studien gesellschaftlicher Details, eine alte Tradition, insbesondere in der deutschsprachigen Soziologie. Manchmal mussen auch die „grosen Fragen“ gestellt werden, auch wenn sie dann, um sich nicht im Spekulativen zu verfluchtigen, auf konkrete soziale Phanomene bezogen werden mussen. Diese Tradition hat sich, nach einer Phase der Vernachlassigung, in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten wieder belebt. Einer der Zeitdiagnostiker, die sich an den Tendenzen einer spatmodernen Gesellschaft abarbeiten, ist Ronald Hitzler.
Das System des Wohlfahrtsstaates wird heute als historische Leistung gewurdigt, da es gesicherte Standards eines menschenwurdigen Lebens mit der Dynamik eines kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Systems zu vereinen vermochte. Dies ist in... more
Das System des Wohlfahrtsstaates wird heute als historische Leistung gewurdigt, da es gesicherte Standards eines menschenwurdigen Lebens mit der Dynamik eines kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Systems zu vereinen vermochte. Dies ist in der Tat eine soziale Innovation, auf deren Wirkung fur das “gemeine Wohl”, ja das “Gluck” der Individuen, die in diesen Wohlfahrtsstaaten leben, die europaische Gesellschaft stolz sein kann. Zugleich werden aber immer ofter strukturelle Krisen beschrieben, in die der expansive, sich selbst uberfordernde Wohlfahrtsstaat zu geraten scheint. Statistisch last sich die eigendynamisch-bedrohliche Expansion der Zahlungsstrome aus offentlichen Budgets gut belegen; finanztheoretisch last sich uber Produktivitatsdifferenzen, offentliche Guter und Externalitaten als Ursachen immer weiterer Zahlungserfordernisse reden; die neue Politische Okonomie steuert die parteipolitischen Uberbietungszwange einer konkurrenzdemokratischen Ordnung bei; und die mittlerweile etwas heruntergekommene marxistische Theorie punktet immerhin mit den legitimierungsbedurftigen “sozialen Kosten” des Industrialisierungsprozesses.
Es gibt Tendenzen zu einem neuen institutionellen Arrangement im Bereich der Bildungsinstitutionen, zögerlich in den Schulen, radikaler auf den Universitäten: new public management (Kyrer 1996). Das heißt: Autonomisierung und... more
Es gibt Tendenzen zu einem neuen institutionellen Arrangement im Bereich der Bildungsinstitutionen, zögerlich in den Schulen, radikaler auf den Universitäten: new public management (Kyrer 1996). Das heißt: Autonomisierung und Lokalisierung der Bildungseinrichtungen, Verlagerung von Entscheidungskompetenzen an einzelne Institutionen, Veränderung der Kontrollmethoden. Der neue Modus der Steuerung gilt als Antwort auf die Kritik an überreglementierten, unselbstständigen, bürokratisierten Institutionen: Übergang von der hierarchischen Logik zur Vertragslogik, von der Inputsteuerung zur Outputsteuerung. Nach der Umstellung der Governance (Benz et al. 2007) bezahlt der Staat für die von ihm bestellten Leistungen durch Globalbudgets und überlässt die konkrete Geldverwendung den Vertragspartnern. Er setzt die „Spielregeln“, er bestimmt aber nicht die “Spielzüge“. Die Leistungserbringer müssen sich an ihren „Kunden“ orientieren und effiziente Serviceleistungen erbringen. Die Erreichung der Ziele ist zu evaluieren und hat Konsequenzen für die Folgeperiode; man braucht also aussagekräftige Informationssysteme und ein wirksames Controlling (Shubik 1970). Das erfordert Messung. Wann und in welchem Maße sind Lehr- und Forschungsprozesse erfolgreich? (Kozar 1999)
Globalisierung ist — wie Sozialwissenschaftler1 vermerken — eine Idee, deren Zeit gekommen ist; das Klischee unserer Zeit. Globalisierung bedeutet die Kompression von Zeit und Raum; die Steigerung des Bewusstseins von der Einheit der... more
Globalisierung ist — wie Sozialwissenschaftler1 vermerken — eine Idee, deren Zeit gekommen ist; das Klischee unserer Zeit. Globalisierung bedeutet die Kompression von Zeit und Raum; die Steigerung des Bewusstseins von der Einheit der Welt; die steigende Verwobenheit nationaler Ökonomien; die globale Diffusion von Praktiken, Technologien und Werten. Globalisierung bedeutet, „dass von nun an nichts, was sich auf unserem Planeten abspielt, nur ein örtlich begrenzter Vorgang ist, sondern dass alle Erfindungen, Siege und Katastrophen die ganze Welt betreffen und wir unser Leben und Handeln, unsere Organisationen und Institutionen entlang der Achse ‚lokal-global’ reorientieren und reorganisieren müssen“ (Beck 1997: 30). Sie kann „definiert werden als die Verschiebung der Grenzen von verdichteten sozialen Handlungszusammenhängen — als derjenigen Orte, an deren Grenzen eine signifikante Reduktion in der Häufigkeit und Intensität einer gegebenen Interaktion auftritt — jenseits der Grenzen von nationalen Gesellschaften, ohne gleich global sein zu müssen“ (Zürn 1997: 342). Zugleich wird Globalisierung allerdings auch zu einem Schlagwort, mit dem viele dürftig verstandene oder schlecht verstehbare Entwicklungen des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bereichs beschrieben — oder mit Vorurteilen befrachtet — werden.2
Der vergnugte Protest ist die helle Seite der Hybriditat. Die dunkle Seite stellen Ereignisse dar, in denen es um Gewalt und Terror, um Leid und Tod geht – und auch dort kommen Hybriditaten vor. Ich befasse mich mit einem spezifischen... more
Der vergnugte Protest ist die helle Seite der Hybriditat. Die dunkle Seite stellen Ereignisse dar, in denen es um Gewalt und Terror, um Leid und Tod geht – und auch dort kommen Hybriditaten vor. Ich befasse mich mit einem spezifischen Fall, einem offentlichen Amoklauf in Graz im Juni 2015, der einige Tote und zahlreiche Schwerverletzte zur Folge hatte.
I. Da gibt die einen: Sie sind axiomatisch-deduktiv, mechanistisch, abstrakt und universalistisch. Sie glauben an die Objektivität der Fakten und an eindeutige Kausalitäten. Sie verherrlichen die Rationalität des Handelns und... more
I. Da gibt die einen: Sie sind axiomatisch-deduktiv, mechanistisch, abstrakt und universalistisch. Sie glauben an die Objektivität der Fakten und an eindeutige Kausalitäten. Sie verherrlichen die Rationalität des Handelns und unterstellen, daß sich die Wünsche der Menschen nierrfals ändern. Die Individuen, die ihnen begegnen, sind allwissend, allenfalls mit kalkulierbaren Risiken konfrontiert. Die Gesellschaft selbst ist ein Haufen von Individuen. Dann gibt es die anderen: Sie denken historisch und evolutorisch. Sie mühen sich ab mit „Verstehen", mit Deutungen und Sinnstiftungen. Sie unterstellen eine Vielfalt menschlicher Handlungsmotive, und ihre Individuen haben im Laufe der Zeit durchaus wechselnde Wünsche. Sie sehen allenthalben Unsicherheit und Nicht-Wissen. Sie sinnen nach über Institutionen, Gemeinschaften und Netzwerke und kommen dabei zu keinem Ende. Die ersteren werden als Neoklassiker oder mainstream-Ökonomen bezeichnet, die letzteren als Institutionalisten, Evolutionisten oder Sozioökonomen. Natürlich steht außer Frage, daß die letzteren in ihren Grundannahmen recht haben; aber die Neoklassiker bieten wenigstens handhabbare Theorien und Modelle an, während die Institutionalisten sich regelmäßig in der Komplexität der Gesellschaft verheddern. Deshalb haben die Neoklassiker meist die Nase vorn: Daß die Welt immer viel komplexer ist, als Theorien sie abbilden können na freilich, aber wo ist die Alternative? Nun lassen sich von beiden Richtungen treffliche Karikaturen zeichnen. Für die Neoklassiker lassen sich Bilder weltfremder „Mathematik-Fans"' entwerfen, die auf dem Standpunkt verharren, daß, wenn die Wirklichkeit mit ihren Phantastereien nicht übereinstimme, dies umso schlimmer für die Wirklichkeit sei. Für die Institutionalisten lassen sich Bilder engagierter, aber verwirrter Geister skizzieren, die deshalb, weil sie niemals Gleichungen zu schreiben gelernt haben, in pseudo-wissenschaftlichem Geschwätz landen. Wie das nun einmal so ist: Karikaturen haben immer auch ein Körnchen Wahrheit in sich. Längst hat es Annäherungen gegeben. Die Neoklassiker auf Becker-Linie haben ihr Instrumentarium längst auf alle nur denkbaren Bereiche des menschlichen Handelns ausgedehnt, auf Familie, Kriminalität, Religion und Ungleichheit,
Wenn man sich uber die glucksschaffende Tatigkeit des Staates den Kopf zerbricht, setzt man sich dem Verdacht aus, in vormodernen Kategorien des Denkens zu verweilen. Man sollte wohl eher andere Begriffe verwenden, etwa uber “Wohlfahrt”... more
Wenn man sich uber die glucksschaffende Tatigkeit des Staates den Kopf zerbricht, setzt man sich dem Verdacht aus, in vormodernen Kategorien des Denkens zu verweilen. Man sollte wohl eher andere Begriffe verwenden, etwa uber “Wohlfahrt” sprechen, mit der wenigstens der “Wohlfahrtsstaat”, eine wohlbekannte politische Konfiguration und eine moderne Glucksinstanz erster Ordnung, zu tun hat. Oder man konnte auf die “Lebensqualitat” zu sprechen kommen, die man eine Zeitlang in den Programmen aller politischen Parteien finden konnte, die jedoch mittlerweile auch niemanden mehr interessieren. Man konnte sich aus dem ewig gultigen Repertoire der politischen Sprache bedienen und uber “Freiheit”, “Gleichheit”, “Gerechtigkeit”, “Solidaritat” und “Bruderlichkeit”, uber die “freie Entfaltung der menschlichen Personlichkeit” und die “Wurde des Menschen”, uber “Menschlichkeit” und “soziale Demokratie”, uber “Leistung” und “Partnerschaft”, uber “humane Arbeitswelt” und “sinnerfullte Freizeit”, uber “Geborgenheit” und “Gemeinschaftsbezogenheit” und uber vieles andere reden. Es last sich wohl kaum bestreiten, das alle diese schonen Dinge zum Gluck der Menschen beitragen. Um den Erfordernissen einer komplex-gespreizten politikwissenschaftlichen Sprache gerecht zu werden, konnte man sich — wie ich einem Aufsatz entnehme — auch uber “das Verhaltnis sozialer Indikatoren individuellen Wohlbefindens zu politokonomischen Strukturen in komparativer Perspektive” den Kopf zerbrechen.1
Looks at the university at the end of the nineteenth century using the concept of a “social institution”, and applying four approaches. A functional analysis provides insights into the kinds of knowledge a university produces. Examination... more
Looks at the university at the end of the nineteenth century using the concept of a “social institution”, and applying four approaches. A functional analysis provides insights into the kinds of knowledge a university produces. Examination of changes in these functions in the nineteenth century emphasizes the new institutions that were founded and changes in the recruitment of social elites. Political analysis looks at outside influences and considers especially the powers of nation, church and state. A structural analysis discusses organizational and resource issues. Sociocultural analysis reveals the principles of universities: priority of research, combination of research and teaching, freedom of scholarship and the problem of Bildung.
Globalisierung ist eine der beherrschenden Tendenzen unserer Zeit. Sie spielt sich nicht nur uber den Kopfen der Menschen ab, sondern dringt auch in deren Lebensalltag ein. Wahrend eine gewisse Neigung besteht, Globalisierung als Sache... more
Globalisierung ist eine der beherrschenden Tendenzen unserer Zeit. Sie spielt sich nicht nur uber den Kopfen der Menschen ab, sondern dringt auch in deren Lebensalltag ein. Wahrend eine gewisse Neigung besteht, Globalisierung als Sache der Konzerne und der Wirtschaftsverflechtungen, der Kommunikationsnetze, des Tourismus und der geopolitischen Strategien zu sehen, ist doch die kulturelle Globalisierung eines jener Phanomene, die nicht nur im eigentlich kulturellen Bereich wirksam sind, sondern auch andere Teilsysteme – wie Wirtschaft und Politik – durchwirken. Wenn man allerdings die einzelnen Befunde naher betrachtet, so findet man ganz unterschiedliche Verhaltnisse: Synkretismen ebenso wie Segmentierungen, Konvergenzen ebenso wie Abgrenzungen, Ideen und Praktiken, Ideologien und technische Wirkkrafte. In der allseitigen Interdependenz mag schon so etwas wie eine Weltgesellschaft entstehen, doch diese ist intern differenziert, heterogen, konflikthaft.
ABSTRACT Vor einiger Zeit, in jenen Jahren, als Emanzipation als höchster Bildungswert deklariert wurde, hätte man noch gesagt, dass die Bildungsdiskussion „unehrlich“ sei: Denn sie berufe sich auf die großen Werte, bediene aber zunehmend... more
ABSTRACT Vor einiger Zeit, in jenen Jahren, als Emanzipation als höchster Bildungswert deklariert wurde, hätte man noch gesagt, dass die Bildungsdiskussion „unehrlich“ sei: Denn sie berufe sich auf die großen Werte, bediene aber zunehmend die Wirtschaft. Sie rede von Mündigkeit, passe aber für die Laufbahn an. Sie rede von Kultur, habe aber die Karriere im Auge. - Für die aktuelle Diskussion gilt dies nicht mehr: Die Bildungspolitik redet nicht mehr von Werten, Mündigkeit und Kultur, sondern nur noch von Wirtschaft, Laufbahn und Karriere. Insofern ist sie ehrlicher geworden. Bei einigen Direktoren höherer Schulen hat sich das neue Vokabular noch nicht zur Gänze herumgesprochen, und sie verharren-sympathischerweise-beim Vokabular von Menschlichkeit und Sittlichkeit; sie glauben allerdings-fatalerweise-, robuste Distanz zu den Bedingungen eines Arbeitsmarktes wahren zu müssen, um das zu retten, was sie unter Bildung verstehen. Das „non scholae, sed vitae discimus“ wurde immer mehr auratisch als professionell, mehr humanistisch als technologisch verstanden, und oft hat sich die Schule unwillig gezeigt, über ihre Schwelle hinauszublicken. Das gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, dass die Nachfrage nach gewissen Bildungsinhalten im deutschsprachigen Raum unterschiedlich ist, je nach den Kanälen des Bildungssystems. Die Nachfrager 227 verlangen vom klassischen Gymnasium etwas anderes als von den berufsbildenden Institutionen. Aber insgesamt kann man wohl sagen: Die Bildungspolitik sagt ehrlich, dass sie auf Bildung weitgehend verzichtet. Schulausbildung ist eine Art von öffentlicher „Anschubfinanzierung“ 228 für Personen, die sich auf einem liquiden Arbeitsmarkt durchschlagen müssen.

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Buchpräsentation: „Authors Meet Critics“ Freitag, 20. Mai 2022, 18:00 Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30, A-8010 Graz Akteneinsicht: Marie Jahoda in Haft Die Sozialpsychologin Marie Jahoda (1907-2001) saß 1936/37 neun Monate in... more
Buchpräsentation: „Authors Meet Critics“
Freitag, 20. Mai 2022, 18:00
Literaturhaus Graz, Elisabethstraße 30, A-8010 Graz

Akteneinsicht: Marie Jahoda in Haft
Die Sozialpsychologin Marie Jahoda (1907-2001) saß 1936/37 neun Monate in Haft. Ihr Verbrechen war, als Revolutionäre Sozialistin die Diktatur des Dollfuß-Schuschnigg-Regimes bekämpft zu haben. Das Buch rekonstruiert den Fall von verschiedenen Seiten.

Die beiden Autoren Meinrad Ziegler und Andreas Kranebitter diskutieren mit Werner Anzenberger (Arbeiterkammer Steiermark), Nicole-Melanie Goll (Akademie der bildenden Künste Wien) und Manfred Prisching (Institut für Soziologie) unter der Moderation von Sabine Haring-Mosbacher.

Akteneinsicht. Marie Jahoda in Haft. Herausgegeben von Johann Bacher, Waltraud Kannonier-Finster, Meinrad Ziegler. Studienverlag, Innsbruck und Wien 2022, 248 Seiten mit zahlreichen Abbildungen.