Stříbrná Jihlava 2010 – Acta rerum naturalium, Supplémentum 1–2011
Mittelalterlicher Kupfer, Silber und Bleierzbergbau bei Ramsbeck
Středověká těžba stříbra, mědi a olova u Ramsbecku
MARTIN STRASSBURGER
Abstract: In 1999 an archaeological survey of the mining relics near Ramsbeck in the Sauerland began. The oldest mine identified so far was worked
in the 10th/11th century, being one of the first examples for medieval mining in the Sauerland.
Keywords: Sauerland – Early Middle Ages – survey of mining objects
EINLEITUNG
Ramsbeck liegt am Nordrand des Hochsauerlandes,
ungefähr 4 km südlich von Bestwig im Valmetal, einem
Seitental der oberen Ruhr, zwischen den Höhenzügen
des Bastenbergs (745 m) und des Dörnbergs (732 m)
im nördlichen Rothaargebirge (Abb. 1 u. 3). Südwestlich
des Ortes erhebt sich der Bastenberg, an dessen Osthang
sich auf den Erzgängen zahlreiche Bergbauspuren unterschiedlichen Alters erhalten haben. Forschungen fanden
hauptsächlich auf historischer Ebene statt, wobei archäologische Befunde und Funde berücksichtigt wurden. Als
erste archäologische Arbeit ist die Untersuchung des so
genannten „Venetianerstollens“ von H. Quiring 1936 anzusehen. Seit 1999 werden systematische archäologische
Aufnahmen durchgeführt, um eine Bestandsaufnahme
des Gesamtbefundes zu erstellen und Hinweise sowie
Material für eine Datierung der Geländebefunde zu gewinnen. Die bisher ältesten Grubenbaue im Bastenberg waren
im 10./11. Jahrhundert in Betrieb.
GEOLOGIE UND LAGERSTÄTTE
Die Blei-Zink-Lagerstätte Ramsbeck besteht aus den drei
NE streichenden Gangzügen Bastenberg-Dörnberg-,
Rieser- und Wildensteiner Zug (Abb. 2). Bergwirtschaftlich
interessant waren vor allem der Bastenberg-Dörnbergund der Rieser-Gangzug, in der letzten Betriebsperiode
nur noch der Bastenberg-Dörnberg-Zug (BAUER ET AL.
1979; PODUFAL 1996). Der gesamte Distrikt ist in ostwestlicher Richtung 12 km lang und 4 km breit. Auf etwa
10 km Länge sind im Bastenberg-Dörnberg-Zug insgesamt 26 Gänge bekannt, die ein vorwiegendes Streichen
von 65–70° NE und ein flaches Einfallen von 20–30° nach
SSE haben. Sie sind leicht gewellt und werden von vielen
Überschiebungen mit 15–43° Einfallen nach S durchsetzt.
Durch Verwerfungen sind die Gänge bis 150 m, meist
aber zwischen 10 und 20 m versetzt. Die Erzgänge stehen im Zusammenhang mit der variszischen Orogenese
und sind somit jünger als das Nebengestein aus quarzitischem Sandstein des Mitteldevons, der in eine Folge
von Tonschiefern eingebettet ist. Der Ganginhalt besteht
aus Zinkblende, Pyrit, Bleiglanz und den Gangarten Quarz,
Calcit, Ankerit und Siderit mit stark wechselnden Anteilen.
Außer den drei Hauptsulfiden treten in geringeren Mengen
Abb. 1.êêLage des Sauerlandes sowie der Lagerstätten und Ramsbecks
im ehemaligen Herzogtum Westfalen (M. Straßburger).
Obr. 1.êêOblast Sauerland, Ramsbeck a ložiska polymetalických rud v bývalém Westfálsku. Kresba M. Straßburger.
Kupfer-, Arsen- und in Spuren Zinnkies auf. Sekundäre
Teufenunterschiede kommen in den Gängen nicht vor.
Typisch für die Ramsbecker Lagerstätte ist das Auftreten
äußerst fein verwachsener Blei- und Zink-Erze
(Ramsbecker Dichterz), die ferner Quarz, Pyrit, Siderit
und Nebengesteinsbruchstücke enthalten.
GESCHICHTE DES RAMSBECKER BERGBAUS
Ramsbeck wird erstmals im Güterverzeichnis des Grafen
Wilhelm von Arnsberg vom 10. Juni 1313 als „Rambesbike“
1
Martin Straßburger: Mittelalterlicher Kupfer, Silber und Bleierzbergbau bei Ramsbeck
Abb. 2.êêÜbersicht
des
Ramsbecker
Lagerstättendistriktes (nach BAUER
ET AL. 1979).
Obr. 2.êêPřehleddná mapka revíru Ramsbeck
(podle BAUER ET AL. 1979).
Abb. 3.êêÜbersicht des Ramsbecker Reviers
(M. Straßburger).
Obr. 3.êêRevír
Ramsbeck
(podle
M. Straßburger).
genannt. Für die folgenden beiden Jahrhunderte sind als
Namensformen überliefert: „Ramelsbeke“ um 1404 (WOLF
1981, 80 Nr. 151), „Rambsbecke“ 1463 (Ebd., 161 Nr.
341), „Rammesbecke“ 1502 (BRUNS 1970, 73 Nr. 119),
„Ramesbecke“ 1506 (Ebd., 75 Nr. 123), „Ramesbecke“
1506 (Ebd., 76 Nr. 124), „Rammesbecke“ 1540 (MÜLLER
1994, 108 Nr. 1009), „Ramesbecke“ 1557. Auf der Karte
von J. Moers um 1570 ist die Namensform „Rammichusen“
(Or. StA Marburg, P II 3386), auf der von A. Mercator
aus dem Jahr 1575 „Ramminchausen“ (Or. StA
Münster= STAMS, Kartenslg. A 566), und auf dem Werk
von George Louis de Rouge aus dem Jahr 1757 erscheint „Ramsbeck“ (Sauerland-Museum Arnsberg,
Nr. 81–309). Der Namensteil „Ram-“ findet sich in allen Teilen Deutschlands und in den Nachbarländern.
Vieles spricht für eine Beziehung zum Bergbau. Ein
deutsch-keltisches Wörterbuch aus dem Jahre 1872
setzt den Namen Rammelsberg bei Goslar zu keltisch „rahm“ (Erz) in Beziehung (OBERMÜLLER 1872,
2
506). Hinsichtlich eines römischen Kupferbergwerks
in der Nähe der Burgruine Ramstein nördlich von Trier
heißt es, dass „Orts- und Burgnamen mit der Grundsilbe Ram
in deutschen Landen zumeist in der Nähe von natürlichen
Kupfererzlagerstätten vorkommen“ (SCHINDLER 1977,
215). Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das italienische Wort für Kupfer „rame“ lautet. Im Grimmʼschen
Wörterbuch wird „Rahm“ in der Bedeutung von „Kruste
auf Metall“ genannt (GRIMM – GRIMM 1893, Sp. 63).
In keinem Dokument des 14. und 15. Jahrhunderts wird
ein Hinweis auf die Ortstopografie gegeben oder Bergbau
erwähnt. Sichere Informationen zur topografischen Lage
des Ortes Ramsbeck liegen erst mit den Darstellungen
auf den Karten des 16. und 17. Jahrhunderts vor (vgl.
Joist Moers um 1570, Mercator 1572, Joist Moers 1577
und Bleauw 17. Jahrhundert). Der Ort wird auf allen
Karten an der Valme eingezeichnet, jedoch ist der für
diese Zeit historisch sicher belegte Bergbau nicht vermerkt. Eine direkte Nennung des Bergbaus bei Ramsbeck
Stříbrná Jihlava 2010 – Acta rerum naturalium, Supplémentum 1–2011
erscheint in der Bergordnung des Kölner Erzbischofs
Anton vom 15. Februar 1557. In dem Dokument werden Vertreter der wichtigsten Bergwerke des Herzogtums
Westfalen „vff dem sylberge im gerunde sydlingkhusen assingkhusen elpe vnd ramsbecke“ zitiert, die Forderungen
nach uneingeschränkten Befugnissen, Wege bauen zu
dürfen, der Benutzung von Wasserkraft und freiem Bauund Kohlholz stellten. Das kölnische Schatzregister
von 1565 nennt in Ramsbeck einen Bergboten Johann
Schelle (HÖMBERG 1938, 103). Aus dem Jahre 1572 ist
eine Urkunde überliefert, in der der Kölner Kaufmann
Arndt Pastor und Martin Rodick, ein aus dem Sauerland
stammender und auch bei Silbach tätiger Gewerke,
Pfalzgraf Friedrich III. bei Rhein die Hälfte ihrer Anlagen
bei Ramsbeck zum Kauf anboten. Genannt werden drei
Zechen am Bastenberg, die Zeche „Der alte Riese“, zwei
Zechen auf dem Dörnberg, Schmelzhütten, Kohlschuppen,
und Treibhütten. Der Kurfürst bot 12000 Thaler für
die Hälfte des Zechenbesitzes und schoss den Verkäufern
1600 Thaler für den Holzkohlekauf vor. Er beanspruchte
die Hälfte des gewonnen Erzes, wollte Pastor und Rodick
aber das geschmolzene Silber sowie Kupfer, Blei
und Bleiglätte überlassen (STRELOW 1995, 165–178).
Aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg stammt
die Aussage, dass der Bergbau wegen des Krieges stark
zurückgegangen sei (HÖMBERG 1938, 103). In den kurkölnischen Regalien von 1668 findet sich ein Befahrungsbericht
des kölnischen Bergmeisters Caspar Engelhard über
die wirtschaftliche Lage der in seinem Bereich liegenden Gruben mit beigefügten Vorschlägen zur Hebung
des Bergbaues erhalten (HStA Düsseldorf Kurköln IV,
1275; Königliches Oberbergamt zu Bonn 1890, 209). Darin
werden die Gruben Alte Ries, Dörnberg und Bastenberg
erwähnt. Diese bewegten Kurfürst Maximilian wohl
dazu, am 4. Januar 1669 eine neue Bergordnung zu erlassen. In seiner Beschreibung der Herzogtümer Engern
und Westfalen von 1694/96 („Gründlicher Bericht, was es
in jetziger Zeit mit den Bergwerken im Erzstift Cöllen vor
eine Beschaffenheit hat“) erwähnt Caspar Christian Voigt
von Elspe Ramsbeck unter den in Betrieb befindlichen
Bergwerken (BRUNS 1996, 87; RÜTHER 1957, 154; vgl.
SEIBERTZ 1869, 134).
Im Jahr 1759 ließ Kurfürst Clemens August von Köln
(1723–1761) zum 200jährigen Bestehen der Kurkölnischen
Bergordnung ganze, halbe, viertel und achtel Thaler prägen (Ramsbecker Ausbeutethaler). Der ganze Thaler
zeigt auf der Vorderseite das Brustbild des Kurfürsten
mit der Legende und auf der Rückseite das Valmetal
mit dem ertraglosen Dörnberg und dem in Abbau stehenden Bastenberg. Während über dem Bastenberg die Sonne
scheint, die die Bergordnung mit Krone und Schwert sowie
Planetenzeichen für die Metalle den damaligen ertragreichen Bergbau symbolisiert, schlägt ein Blitz
in den Förderhaspel des Dörnbergs, von dem die Bergleute
erschrocken mit erhobenen Armen fliehen. Die Legende
der Münze beginnt auf dem Obvers CLEMENS
AVGVSTVS BAVARIAE ET und setzt sich auf dem Revers
fort WESTPHALIAE DVX IVRE INSTAVRABAT
(Clemens August, Fürst von Bayern und Westfalen,
erneuerte/bestätigte das [Berg-]Recht). Die napoleonische Herrschaft führte aufgrund der kurzen Dauer
kaum zu nachhaltigen Strukturveränderungen. Auch
Bergregal und Bergbaufreiheit wurden nicht angetastet.
Das „Allgemeine Berggesetz für die Preußischen Staaten“
löste die alten Bestimmungen ab.
Zu Schwierigkeiten und zu einer Zersplitterung in mehrere kleinere Betriebe kam es Ende des 18. und zu
Beginn des 19. Jahrhunderts aufgrund der Folgen
der Napoleonischen Kriege. Die Grubenbesitzer schlossen
sich 1815 zur „Ramsbecker Gewerkschaft“ zusammen. 1852
wurde das ganze Werk an den „Rheinisch-Westfälischen
Bergwerksverein“ verkauft. Im Jahre 1854 schloss sich
der Bergwerksverein mit der „Societé Anonyme de Stolberg“ oder auch „Gesellschaft für Bergbau und Zinkfabrikation zu Stolberg“ zur „Aktien-Gesellschaft
für Bergbau, Blei- und Zinkfabrikation zu Stolberg
und in Westfalen“ zusammen. Deren Generaldirektor Henry
Etienne Bernard Marquis de Sassenay plante, mit dem Ankauf der Gruben die Erzbasis für sein Unternehmen zu
sichern und den Ramsbecker Raum zu einem der bedeutendsten Industriezentren Europas auszubauen. Die Jahre
um 1854/55 endeten im größten Wirtschaftsbetrug der Zeit,
da für das geplante Unternehmen nicht genug Erze vorhanden waren. In den Jahren nach 1855 wurden die Ausgaben
drastisch gesenkt, um den Betrieb aufrecht erhalten zu
können. Zwischen 1923 und 1933 musste der Betrieb
wegen Inflation und Weltwirtschaftskrise unterbrochen
werden. Der Bergbau wurde 31. 1. 1974 eingestellt, und am
27. 8. 1974 öffnete das Erzbergbaumuseum Ramsbeck.
MONTANARCHÄOLOGISCHE UND -HISTORISCHE
FORSCHUNGEN
Die von H. Quiring 1936 publizierten absoluten Datierungen des Venetianer-Stollens auf Basis
von Analogieschlüssen zu bronzezeitlichen Stollen können nur teilweise forschungsgeschichtlich erklärt werden
(QUIRING 1936, 126–130). Sie haben sich allerdings
im Laufe der Zeit als anerkannte Tatsache etabliert, ohne dass
der Befund daraufhin überprüft wurde. Nach A. K. Hömberg liegen die ältesten Grubenbetriebe bei Ramsbeck am
Bastenberg, wo auf dem Ausgehenden der Erzgänge zahlreiche kleine Schächte niedergebracht wurden (HÖMBERG
1938, 103). Pingenzüge dieser Art finden sich besonders
im Gebiet der späteren Gruben Alexander und Glücks
anfang an der Westseite des Berges (HERBST 1931,
47). Die Anlage von Stollen und explizit auch
des Venetianer-Stollens werden A. K. Hömberg
in das 16. Jahrhundert datiert (1938, 103). In den 1970er
Jahren wurde der Venetianer-Stollen vom Deutschen
Bergbau-Museum Bochum vermessen. An verschiedenen
Stellen wurden zudem Abgüsse vom Stollen angefertigt.
3
Martin Straßburger: Mittelalterlicher Kupfer, Silber und Bleierzbergbau bei Ramsbeck
Eine Weiche aus Laufbrettern aus dem Bereich
der Tagesstrecke wurde im Bergbau Museum Bochum ausgestellt. P. T. Craddock vom British Museum befuhr 1992
den Venetianer-Stollen und fertigte eine Schemaskizze
dazu an (freundliche Mitteilung von Herrn H. Eckhardt,
Ramsbeck). Im Jahr 1999 begann eine systematische
archäologische Prospektion und Dokumentation über
Tage. Mit Genehmigung der Sachtleben Bergbau GmbH
und des Bergamtes Recklinghausen ist es möglich, auch
den Stollen selbst und die zugehörigen Abbaubereiche
zu dokumentieren.
BEFUNDE UND FUNDE ÜBER TAGE
Der Bastenberger Gangzug wurde insgesamt durch
64 Stollen und 4 Schächte aufgeschlossen (Abb. 3; HERBST
1931, 38). Die Gruben Alexander und Glücksanfang waren die westlichsten der auf dem Bastenberger Gangzug
bauenden Gruben. Nach Osten an Alexander-Glücksanfang
schloss sich die Grube Bastenberg an, die bis 1912
in Betrieb war.
Die Befunde über und unter Tage bilden ein komplexes System, dessen Datierung aufgrund fehlender
Funde im Einzelnen teilweise noch unklar ist, wie z.B.
bei dem Pingenzug direkt auf dem Lagerstättenausbiss
des oberen Bastenberg-Ganges am nördlichen Hang
des Bastenberges (Abb. 4). Auf einer Terrassierung
neben einer Pinge wurden Schmiedeschlacken
und Holzkohle gefunden, die auf eine Schmiede hindeuten, eventuell aus dem Mittelalter. Die Pingenreihe
auf dem Bastenberggang wäre relativchronologisch
demnach der älteste Befund, der aber bisher archäologisch nicht genauer zeitlich eingegrenzt werden kann, da
datierbare Funde fehlen. Ferner ist die Pingenreihe selbst
offenbar mehrphasig.
Abb. 5.êêKeramik vom Haldenbereich unterhalb des Venetianer-Stollens
(Foto M. Straßburger).
Obr. 5.êêKeramika z hald a obvalů pod ústím štoly Venetianer (Foto
M. Straßburger).
Am Hang zwischen Pingenreihe und Venetianer-Stollen
sind weitere, verbrochene Stollen sowie Wegspuren
sichtbar (Abb. 4). Der Obere Stollen wird zusammen
mit dem Venetianer-Stollen und dem Pingenzug zum ursprünglichen Bergbau gerechnet (Königliches Oberbergamt
zu Bonn 1890, 125). Bisher fand keine archäologische
Untersuchung statt, so dass weder eine Bestätigung noch
ein neuer Datierungsvorschlag möglich sind. Unterhalb
des Venetianer-Stollens hat sich ein Haldenareal erhalten,
das in drei Bereiche gegliedert werden kann: die eigentliche
Stollenhalde, eine Geländerippe und eine weitere Halde.
Auf der Stollenhalde (Abb. 4) konnten neben Keramik
Schmiedeschlacke und ein Viertel eines Bleigusskuchens
(Abb. 5 u. 7) bei archäologischen Prospektionen geborgen werden.
Abb. 4.êêBefunde
am
Nord-
und Osthang des Bastenberges
(M. Straßburger).
Obr. 4.êêMontánní
areály
na
sever-
ním a východním svahu vrchu
Bastenberg (zaměření a kresba
M. Straßburger).
4
Stříbrná Jihlava 2010 – Acta rerum naturalium, Supplémentum 1–2011
Abb. 6.êêFunde vom Haldenbereich unterhalb des Ventianer-Stollens, des Podiums neben dem Stollen (7) und Randscherbe aus einem Abbau (5)
(Zeichungen M. Straßburger).
Obr. 6.êêNálezy z hald a obvalů pod ústím štoly Venetianer, z plošiny vedle štoly a z dobývek. Kresba M. Straßburger.
Auf dem Geländerücken zwischen den beiden Halden
ist ein eng umgrenztes Areal durch das konzentrierte
Auftreten von Schmiedeschlacken und Holzkohle gekennzeichnet. Sie zeigen den Standort einer Bergschmiede an.
Durch Keramik kann der Befund in das 12./13. Jahrhundert
datiert werden. Im Zusammenhang mit der Schmiede ist
der Fund einer Gezähespitze etwas weiter unterhalb
auf der Halde zu sehen (Abb. 14: 2). Die weitaus meisten
Keramikfunde stammen vom westlichen Haldenbereiche.
Sie datieren aus dem 11.–13. Jahrhundert, wobei
der Großteil dem 12. und 13. Jahrhundert zuzuweisen
ist (Abb. 6: 1–4). Hervorzuheben sind einige Scherben
von Gefäßen Pingsdorfer Ware, die wohl in die erste Hälfte
des 13. Jahrhunderts zu datieren sind.
Die Podien neben diesem Haldenareal sind vermutlich als
Hausstellen anzusprechen. Damit findet auch die größere
Fundmenge vom westlichen Haldenbereich eine Erklärung,
der vermutlich für die Abfallentsorgung genutzt wurde.
Die Siedlung fiel offenbar noch im 13. Jahrhundert wüst,
da keine jüngere Keramik vorkommt. Südwestlich neben
dem Einschnitt des Mundloches vom Venetianer-Stollen
liegt eine größere Terrassierung, auf der Schlacke und ein
mittelalterlicher Spinnwirtel gefunden wurden (Abb. 6: 7).
Der Spinnwirtel war eventuell Teil des bergmännischen
5
Martin Straßburger: Mittelalterlicher Kupfer, Silber und Bleierzbergbau bei Ramsbeck
mit gerundeten Ecken und leicht gebogenen Stößen. Firste
und Stöße sind relativ stark profiliert.
In seinem weiteren Verlauf weist der Stollen
im Wesentlichen einen rund-ovalen Querschnitt von bis zu
1,30 m Höhe und ca. 60 cm Breite auf. Zunächst sind
keine bzw. kaum Arbeitsspuren an den Stößen zu festzustellen. Der Querschnitt ist oval. Das Gestein hat sich
schalenartig abgelöst, was auf Feuersetzen hindeutet.
Im weiteren Verlauf sind die Gezähespuren bis zu 30 cm
lang und in der Firste teilweise über Kreuz geführt (Abb. 2).
Sie stammen eventuell von Spitzmeißeln. Der Befund kannüber Vergleiche dem Hochmittelalter zugeordnet werden.
Profil und Vortriebstechnik unterscheiden sich von den ersten 70 m derart gravierend, dass nicht nur von einem
technischen, sondern auch einem zeitlichen Unterschied
ausgegangen werden muss.
Nach ca. 87 m gehen eine Strecke mit rund-ovalen
Querschnitt (85–95 cm hoch und 50–55 cm breit)
in der Firste und ein tonnlägiger Grubenbau nach
oben ab (Abb. 11). Letzterer führt zu einer Strecke,
die aus den Abbaubereichen heraus vorgetrieben wurde.
In beiden Befunden konnten Meißel- und Keilhauenspuren
festgestellt werden (Abb. 14). Im Bereich des tonnlägigen
Grubenbaus und auf der Stollensohle zeigen diese, dass
der Stollen im Gegenortbetrieb aufgefahren wurde.
Abb. 7.êêBleistück vom Haldenbereich unterhalb des Venetianer-Stollens
(Foto M. Straßburger).
Obr. 7.êêOlověný výlitek z hald a obvalů pod ústím štoly Venetianer. Foto
M. Straßburger.
Geleuchtes und diente als Dochthalter in einer Schalenlampe
(Abb. 6: 8). Östlich des Mundlochs vom Venetianer-Stollen
befindet sich etwas höher am Hang ein weiteres, zugemauertes Stollenmundloch (Abb. 4). Der Abraum
auf der zugehörigen Halde ist relativ grobstückig.
Westlich neben dieser Halde wurden zwei schräg übereinander angeordnete Podien angelegt. Funde, die eine genauere Ansprache und Datierung erlauben, fehlen bisher.
ARCHÄOLOGIE UNTER TAGE
Venetianer-Stollen: Unterhalb des Pingenzuges
in 508,86 m ü. NN liegt das Mundloch des Venetianer-Stollens, der querschlägig von Norden nach Süden in den flach
südlich einfallenden und ost-westlich streichenden
Blei-Zinkerz-Gang aufgefahren wurde (Abb. 8, 9 u. 10).
Bis zu einem Bruch, der den Stollen blockiert, erreicht
er eine Höhe von 511 m und ist 154 m lang. Auf den ersten 70 m hat der Stollen eine durchschnittliche Höhe
von 1,70 m und eine Sohlbreite von 90 cm (Abb. 10). An
den Stößen und in der Firste sind 5–4 cm lange Hiebspuren
von Keilhauen zu erkennen. Der Firstabschluss ist leicht gebogen. Das Stollenprofil weist nur stellenweise Trapezform
auf. Ansonsten ist das Profil eher hochrechteckig
6
Abb. 8.êêMundloch des Venetianer-Stollens (M. Straßburger).
Obr. 8.êêVyústění štoly Venetianer. Foto M. Straßburger.
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Abb. 10.êêProfile des Venetianer-Stollens (Vermessung und Zeichnung
M. Straßburger).
Obr. 10.êêProfily štoly Venetianer. Zaměření a kresba M. Straßburger.
Abb. 9.êêPlan des Venetianer-Stollens (Vermessung und Zeichnung
M. Straßburger).
Obr. 9.êêPlán štoly Venetianer. Zaměření a kresba M. Straßburger.
Abb. 11.êêStrecke
in
der
Firste
des
Venetianer-Stollens
(Foto
M. Straßburger).
Obr. 11.êêJedna z rozrážek ve štole Venetianer. Foto M. Straßburger.
7
Martin Straßburger: Mittelalterlicher Kupfer, Silber und Bleierzbergbau bei Ramsbeck
Abb. 12.êêÜber Kreuz geführte Arbeitsspuren in der Firste des Venetianer-Stollens (Foto M. Straßburger)
Obr. 12.êêStopy po hornickém nářadí ve stropě štoly Venetianer. Foto
M. Straßburger.
Abb. 13.êêProfil des Venetianer-Stollens mit Absatz und Rinne (Foto
M. Straßburger).
Obr. 13.êêProfil štoly s bočním odsazením a sekaným žlabem pro odtok
vody. Foto M. Straßburger.
Von der Strecke in der Firste und dem tonnlägigem
Grubenbau aus in Richtung Erzgang ist in der Sohle streckenweise eine Rinne erkennbar (Abb. 13). Am Umbruch
von den Stößen in die Sohle ist teilweise ein kleiner Absatz
ausgebildet, in den Aussparungen für die Aufnahme
von Querhölzern eingearbeitet sind. Auf diesen lagen vermutlich Bretter. Die Rinne ist daher als Seige
8
anzusprechen. Sie weist damit auf eine wichtige Funktion
des Venetianer-Stollens für die Wasserlösung hin. Nach
144 m zweigt eine Strecke in Abbaubereiche ab (Abb. 9).
Nach den im vorderen Bereich erhaltenen Spuren zu urteilen, erfolgte der Vortrieb mit Meißeln und im Gegenort.
Am Treffpunkt ist ein deutlicher Versatz erkennbar.
Die aus dem Abbau kommende Strecke ist etwas höher
und zur Seite hin verschwenkt.
Der Venetianer-Stollen wurde an seinem Ende von der so
genannte Mittelstrecke 2 gekappt, die im 19. Jahrhundert
im Streichen des Bastenbergganges aufgefahren wurde (Abb. 9), in Teilen aber wohl älter ist. Hier finden
sich Vortriebsspuren der Schlägel-Eisenarbeit in Form
von in der Firste parallel geführten Prunen und einer abgetreppten Ortsbrust (Abb. 15). Die Stöße sind nur noch
ansatzweise erhalten. Allerdings ist zu erkennen, dass
sie nach unten hin auseinanderlaufen, so dass sich
in der Rekonstruktion ein trapezförmiges Profil ergibt,
das höher als breit ist. Der Befund kann damit allgemein
in das 16./17. Jahrhundert datiert werden. Die Auffahrung
der Tagesstrecke erfolgte jedoch nicht aus Richtung
des Venetianer-Stollens, sondern im Gangstreichen.
Demnach wurde der Venetianer-Stollen wohl nicht mehr genutzt. Der Venetianer-Stollen hat in diesem Bereich
den Gang erreicht, und von hier sind auch Abbaubereiche befahrbar.
Abbaue: Der Venetianer-Stollen erreicht nach 154 m an
der Mittelstrecke den Gang (Abb. 9). Von hier sind mittelalterliche Abbaubereiche befahrbar, die im 19. Jahrhundert
teilweise überprägt wurden. Holzkohle und die Form
der Abbaukammern weisen auf den Einsatz von Feuersetzen
hin. Zur Sicherung blieben Bergefesten stehen (Abb. 16),
wie sie auch aus anderen mittelalterlichen Bergwerken
bekannt sind, wie z.B. Mas Lacombe (Gard) oder Mayres
(Ardèche; BAILLY–MAITRE 1988, 283–297). Das taube
Gestein wurde als Versatz im Abbau belassen. Dadurch wurde die Gebirgsbewegung reduziert. Neben mittelalterlicher
Keramik (Abb. 6: 5) enthält das Versatzmaterial Holzkohle
und Holzreste, von denen im Jahre 2005 Proben für eine
14C-Datierung genommen wurden. Die Werte der beiden
AMS 14C-Analysen streuen in das 11./12. Jahrhundert,
Probe 1 ergab einen Wert von 911 ± 37 bp mit einem
2s-Konfidenzintervall AD 1032–1208 (95,4 %) und Probe
2 den Wert 939 ± 38 bp mit dem 2s-Konfidenzintervall AD
1020–1179 (95,4 %). Analysen sind vom AMS-Labor der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg durchgeführt. Bereits 2003 wurde aus einem Abbaubereich oberhalb des Venetianer-Stollens bei einer Befahrung des DBM
eine Holzkohleprobe entnommen. Das Datum lautet
985 ± 50 bp, 2s-Konfidenzintervall: AD 977–1181 (100 %;
STÖLLNER 2006, 91). Zu erwähnen ist noch ein Relief unbekannter Bedeutung im Stoß eines Abbaus (Abb. 17). Es
handelt sich um einen Bogen mit einer kleinen Vertiefung
im oberen Bereich.
Blindschächte: Am heutigen Ende des Venetianer-Stollens hat sich ein verfüllter Schacht erhalten,
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Abb. 14.êêArbeitsspur nach H. Quiring (1), Gezähespitze vom Haldenbereich
unterhalb des Venetianer-Stollens (2), Umzeichnungen (3)
von mit Silikon ausgegossenen Gezähespuren (QUIRING 1936,
128 Abb. 7; 2 u. 3 M. Straßburger).
Obr. 14.êêŠtola Venetianer. 1: Pracovní stopy nářadí (podle H. Quiring),
2: hrot kladívka z hald a obvalů pod ústím štoly Venetianer,
3: silikonový výlitek stopy po kladívku (podle QUIRING 1936,
128 Abb. 7; 2 u. 3 M. Straßburger).
der nicht genau zu datieren ist. Da sich dort Vortriebsspuren erhalten haben und kleine Keramikfragmente
des 16./17. Jahrhunderts gefunden wurden, ist er entweder dem Mittelalter oder der frühen Neuzeit zuzuweisen.
Im Bereich der Tagesstrecke wurde im 19. Jahrhundert ein
Doppelschacht mit zwei ovalen Röhren angefahren (Abb. 18;
vgl. auch Dippoldiswalde, dort 12./13. Jahrhundert).
In den Stößen sind kurze Hiebspuren erkennbar.
Interpretation: Der Venetianer-Stollen ist als Ausrichtungsstollen anzusehen, der söhlig und querschlägig
zum Gang durch das Nebengestein aufgefahren wurde.
Um einen schnelleren Vortrieb zu erreichen, wurde vom
Abbau aus im Gegenortbetrieb gearbeitet. Durch das kleine Profil waren der Anfall von Bergematerial relativ gering
und die Erzausbeute hoch.
Der Stollen hatte gegenüber Schächten den Vorteil, dass
er eine einfachere Förderung und Wasserhaltung ermöglichte. Je tiefer der Stollen am Hang angesetzt wurde,
desto größer war die gelöste Abbauhöhe. Am Hang über
dem Venetianer-Stollen befinden sich mehrere verbrochene
Stollen, die den Weg des Bergbaus zur Teufe hin dokumentieren. Ausrichtungsbaue wie der Venetianer-Stollen
müssen dem Verhieb der Lagerstätte immer so weit
vorausgehen, dass jederzeit eine ausreichende Zahl
von Angriffspunkten für die Gewinnung vorhanden ist.
Aus- und Vorrichtung einer neuen Sohle müssen deshalb
rechtzeitig begonnen werden, damit dort der Abbau schon
einsetzen kann, wenn die Vorräte auf der alten zu Ende
gehen. Daher ist mit einer relativ kurzen Abfolge zu rechnen, die von der Archäologie absolutchronologisch kaum
zu fassen ist.
Mit dem Vortrieb der Stollen wurde versucht, die natürlichen Wasserwege zu durchschneiden (Abb. 19;
OAKMAN 1980, 233–235). Wasser fließt entlang
der Schichtungsgrenzen, in Störungen oder Erzgängen
Abb. 15.êêFrühneuzeitliche Vortriebsspuren am Ende des VenetianerStollens (Foto M. Straßburger).
Obr. 15.êêRaně novověká ražba na konci štoly. Foto M. Straßburger.
Abb. 16.êêAbbau am Ende des Venetianer-Stollens (Foto M. Straßburger).
Obr. 16.êêDobývka na konci štoly. Foto M. Straßburger.
in die Tiefe. Sind letztere abgebaut besteht ein System
von Strecken und Abbauhohlräumen, das einen schnelleren
Durchfluss von Wasser auf das Niveau des Grundwasserspiegels unterhalb der Abbaue ermöglicht. Probleme entstehen, wenn die Arbeiten unter den Grundwasserspiegel
reichen. Das Regime des Stollens und die Kontrolle
9
Martin Straßburger: Mittelalterlicher Kupfer, Silber und Bleierzbergbau bei Ramsbeck
Abb. 17.êêRelief in einem der Abbaue (Foto M. Straßburger).
Obr. 17.êêRytina na jedné z dobývek. Foto M. Straßburger.
Abb. 18.êêEine Röhre des Doppelschachtes im Bereich der Tagesstrecke
(Foto M. Straßburger).
Obr. 18.êêPohled do jedné z šachet. Foto M. Straßburger.
Abb. 19.êêSchemazeichnung der hydrologischen Verhältnisse im Bereich
des Venetianer-Stollens (M. Straßburger nach OAKMAN 1980).
Obr. 19.êêSchéma hydrologických poměrů v areálu štoly venetianer
(M. Straßburger nach OAKMAN 1980).
10
der Wasserlösung werden von den geologischen Bedingungen beeinflusst. Der Vortrieb in Fallrichtung, wie beim
Venetianer-Stollen, bedeutete, dass der Stollen weiter vorgetrieben werden musste, um ein größeres Abbauareal zu
entwässern, da eine Lösung erst im Vorfeld wirksam wird.
Der Venetianer-Stollen wurde vermutlich vor 1750 im vorderen Bereich bis zum festen Gestein aufgewältigt bzw.
nachgerissen, da er auf einem Riss von 1750 (AFH 4749,
beiliegend Bericht Ramsbeck 20.3.1778) als „Alter Stollen,
welchen Ihro Churfürstl. Max Henr sollen haben betreiben
laßen“ eingezeichnet ist. Erzbischof von Köln und Kurfürst
Max Heinrich war von 1650 bis 1688 im Amt. Die Halden
oberhalb des Stollens werden als „Halden uralter Arbeith“
beschrieben. Erst in einer Kopie des Risses von 1782 (LAV
NRW W, Landberg-Velem/Depositum Wocklum 27394)
taucht die Bezeichnung „der sogenannte Venetianische
Stollen“ auf. Aufgrund des Profils und der Arbeitsspuren
kann der heutige Mundlochbereich des Venetianer-Stollens
grob in das 18./19. Jahrhundert datiert werden.
In der Neuzeit wurde im Liegenden der Lagerstätte am
östlichen Hang des Bastenberges ferner der 80 m lange
Bernhard-Stollen aufgefahren (Abb. 5). Die Stöße sind
mit Schlägel und Eisen glatt bearbeitet (Königliches
Oberbergamt zu Bonn 1890, 125). Anfang der 20er Jahre
des 19. Jahrhunderts wurde im Zusammenhang mit größeren Tätigkeiten auf den Ramsbecker Gruben mit dem bereits
vorhandenen Bernhard-Stollen die Lagerstätte weiter
verfolgt und regelmäßiger Firstenbau eingeführt. Später
wurden zu ihrer tieferen Lösung in 16 m Teufe unter
der Bernhard-Stollensohle der Carl-Friedrich-Stollen
und dann 17 m unter diesem der Joseph-Stollen angesetzt. Aufgrund der erwähnten Arbeitsspuren ist nur eine
grobe Einordnung des Stollens in die frühe Neuzeit bzw.
in die Neuzeit möglich. Für die Befunde unterhalb
von Bernhard- und Friedrich-Stollen sind unterschiedliche
Datierungen anzunehmen. Das Befundbild passt durchaus
in die frühe Neuzeit. In den 1850er Jahren wurde der fast
3000 m lange Nagelmacker-Stollen zur tieferen Lösung
der Grube Bastenberg am Südosthang des Berges angelegt (Abb. 3).
Zusammenfassend kann auf der Grundlage der bisherigen Ergebnisse folgendes Chronologieschema
konstruiert werden: Der Bergbau im Mittelalter oder
auch schon bereits davor ging auf dem Gangausbiss
um. Mit fortschreitendem Abbau zur Teufe hin wurden Stollen für Förderung und Wasserlösung vom Hang
aus vorgetrieben. Von der Neuzeit an hat sich der Bergbau
vermutlich weiter in Richtung Valmetal verlagert, da
die oberen Lagerstättenbereiche mit Blei-Silber- und eventuell Kupfererzen abgebaut waren. Unklar ist noch,
wie weit der mittelalterliche Bergbau zur Teufe
reichte. Im 19. Jahrhundert wurde in den oberen
Lagerstättenbereichen Nachlesebergbau auf Zinkblende
betrieben, da diese wirtschaftlich an Bedeutung gewonnen
hatte. Dabei wurden teilweise mittelalterliche Baue angeschnitten und bei Bedarf aufgewältigt.
Stříbrná Jihlava 2010 – Acta rerum naturalium, Supplémentum 1–2011
AUFBEREITUNG DER ERZE
Im Mittelalter fand eine erste Vorscheidung in der Grube
statt, so dass ein relativ hochprozentiges Haufwerk nach
über Tage gefördert wurde, das dort nochmals geschieden und geklaubt wurde. Das Material auf der Halde
des Venetianer-Stollens ist kleinstückig, was zum einen
durch die Vortriebs- und Abbauweise, zum anderen
durch die Handscheidung bedingt ist. Auf der Halde
des Venetianer-Stollens finden sich neben Zinkblende immer wieder kleine Bleiglanzreste. Noch die ganzen, halben,
viertel und achtel Ausbeutethaler zeigen auf dem Revers
rechts neben dem Stollenmundloch im Bastenberg zwei
Erzklauber an der Scheidebank. Im Gürtel des von hinten
sichtbaren Knappen steckt ein Scheidehammer. Das ausgeklaubte Erz wird in die rechts von den Klaubern stehenden
Erzsäcke geworfen, die auch neben der Scheidebank stehen. Sie werden mit Karren abtransportiert. Das unhaltige
Gut einschließlich der damals unverwertbaren Zinkblende
wurde auf Halde gestürzt. Nach einer Beschreibung
des westfälischen Montanbetriebes in Agricolas „De Re
Metallica Libri XII“ (1556) wurden die Erze direkt an
Ort und Stelle weiterverarbeitet (AGRICOLA 1994, 234,
263–267). Das Roherz wurde zunächst geröstet, um es
für die spätere Zerkleinerung zu zermürben und unerwünschte Schwefelbestandteile des Bleiglanzes zu verbrennen.
Die Zerkleinerung des Erzes auf die für den Schmelzprozess notwendige Graupen- bis Sandkorngröße
wird von G. Agricola anschaulich beschrieben. Nach
dem Pochen wurde das Erz in der Hütte gewaschen,
um es vom tauben Gestein zu trennen. G. Agricola bezeichnet die Aufbereitung der Bleierze in Westfalen als
primitiv und altertümlich. Ob diese Aufbereitungstechnik
auch in Ramsbeck zur Anwendung kam, muss vorerst
offen bleiben. Pochwerke standen vermutlich an der Valme.
Eine erste nassmechanische Aufbereitung wurde um 1825
im Niveau des Bernhard-Stollens am Bastenberg nach
Vorbildern aus der Steiermark errichtet.
VERHÜTTUNG DER ERZE
Bisher konnten keine eindeutigen Befunde der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Verhüttung auf Silber,
Blei und Kupfer in der Nähe von Ramsbeck lokalisiert
werden. Es fanden sich lediglich Hinweise durch Stücke
mittelalterlicher Bleischlacke und ein Bleigusskuchenstück
neben dem Venetianer-Stollen bzw. auf den Halden
unterhalb des Stollens. Es handelt sich um schwarze, glasige Schlacke, wie sie auch aus anderen mittelalterlichen
Bergrevieren bekannt ist. Die Verhüttung in dieser Zeit
fand nicht unbedingt direkt bei Ramsbeck statt, sondern
eventuell auch weiter valmeabwärts.
Im Jahre 1549 wird ein Peter Hüttenknecht
aus Rammesbecke wegen einer Schlägerei bestraft
(StAMS, RKG W 148, Bd. 2, fol. 387). Damit ist ein
Hinweis gegeben, dass der Standort für die Verhüttung
sich spätestens ab dem 16. Jahrhundert in Ramsbeck befand. In den Einkünften der Pfarrei Velmede werden
in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein Hüttengraben
und ein Hammergraben genannt (SLOTTA 1983, 443).
In dem Befahrungsbericht von 1668 wird erwähnt, dass über
Ramsbeck eine Schmelzhütte erbaut worden sei, die bald
wieder in Betrieb gehen könne (HERBST 1931, 13).
RAMSBECK IM REGIONALEN
UND ÜBERREGIONALEN WIRTSCHAFTSSYSTEM
Die Aussagen der Schriftquellen des Mittelalters
und der frühen Neuzeit zur regionalen und überregionalen wirtschaftlichen Verflechtung des Ramsbecker
Bergbaus sind begrenzt. Dennoch können allgemeine
Aussagen im Rahmen der territorialen Entwicklung seit
dem 10. Jahrhundert getroffen werden.
TERRITORIALE ZUGEHÖRIGKEIT RAMSBECKS
Für die karolingisch-ottonische Zeit sind die Grafen
von Werl-Arnsberg als Grundherren anzuführen, deren
ausgedehnte Grafschaftsrechte noch aus der Zeit
der karolingischen Neuordnung Westfalens stammten.
Das ursprünglich in Meschede begüterte Geschlecht
hatte in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts seinen
Herrschaftsmittelpunkt nach Werl verlegt, vermutlich
die wirtschaftlichen Vorteile der Salzgewinnung mit dem Bau
einer Burg und der Gründung einer Eigenkirche verbindend. Im Jahre 1102 erzwang der Erzbischof von Köln
eine Teilung zwischen den Grafen von Arnsberg und Köln,
nachdem er die Burg Rüdenberg erobert hatte (RÜTHER
1957, 58). Die Kirchspiele Meschede und Velmede,
die Pfarrei Haldinghausen sowie der Gutsbezirk Alme
wurden kölnisch, das obere Ruhr- und Negertal sowie
die nächste Umgebung von Brilon blieben arnsbergisch.
Das Kirchspiel Velmede wurde von Köln als Lehen an
die Edelherren von Rüdenberg vergeben. Velmede mit allen Orten, die an Elpe und Valme bis zu den Quellen hinauf
lagen, bildete eine der Rüdenberger Freigrafschaften.
Der Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg erhielt 1180
die Herzogsgewalt über Westfalen und erwarb Grundbesitz
sowie Gogerichte für insgesamt 40000 Mark Silber.
1296 verkauften Konrad III. von Rüdenberg und sein
Sohn Gottfried die Hälfte der Freigrafschaft Velmede an
Ludwig von Arnsberg, der sich auch das Vorkaufsrecht
auf die andere Hälfte einräumen ließ (WUB VII Nr. 2563).
In der Westhälfte von Velmede vereinigten seit dem Erwerb
der halben Rüdenberger Freigrafschaft die Grafen
von Arnsberg alle Gerichte in ihrer Hand. Dagegen gehörten seit Anfang des 14. Jahrhunderts die Freigrafschaften
der Osthälfte den Grafen von Waldeck, das Gogericht jedoch den Erzbischöfen von Köln. Nach dem Tod des Kölner
Erzbischofs Wiegbold im Jahre 1304 kaufte der Waldecker
Graf Otto I. am 15. Juni 1304 von den Rüdenbergern
die zweite Hälfte der Freigrafschaft Velmede (Staatsarchiv
11
Martin Straßburger: Mittelalterlicher Kupfer, Silber und Bleierzbergbau bei Ramsbeck
Marburg A Waldeck Urkunde Nr. 3714 = WUB XI Nr.
329). In einem Güterverzeichnis des Grafen Wilhelm
von Arnsberg vom 10. Juni 1313 wird Rambesbike erstmals
genannt (SEIBERTZ 1843, 119ff, Nr. 556). Am 4. Juli 1315
teilten Graf Wilhelm von Arnsberg und Graf Heinrich IV.
von Waldeck die verbliebene Hälfte der Freigrafschaft
Rüdenberg unter sich auf (SEIBERTZ 1843, Nr. 566;
BRUNERT 1994, 31–32). 1368 verkaufte der erbenlose Graf
Gottfried IV. von Arnsberg seine Grafschaft an die Kölner
Kirche, die sich damit ein flächenmäßig zusammenhängendes Gebiet zwischen den kölnischen Stützpunkten
Menden und Balve sowie Rüthen und Brilon sicherte.
Arnsberg behielt als Verwaltungsmittelpunkt des kölnischen Westfalen seine Residenzrolle nahezu unverändert bei.
Vom Kauf der Grafschaft Arnsberg 1368 an war Ramsbeck
fest in die Wirtschaft des Herzogtums Westfalen eingebunden und unterstand dem Erzbischof von Köln.
W. Rolevinck schreibt 1474 über Westfalen: Fontes habet salis et montes habet fertiles metallis (ROLEVINCK
1953, 14f.). Im 16./17. Jahrhundert erlebte der Bergbau
auf Eisenerze und verschiedene Buntmetalle im Herzogtum
Westfalen offenbar eine Blütezeit.
Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts veränderten sich
die territorialen Verhältnisse nicht mehr. Am 6. Oktober
1802 wurde das Herzogtum Westfalen vom Landgrafen
von Hessen-Darmstadt in Besitz genommen (HESSE 2000,
13f). Die administrative Zuordnung zum Regierungsbezirk
Arnsberg und zur Provinz Westfalen besteht bzw. bestand
seit der Eingliederung in das Königreich Preußen am
1. Juli 1816. Nach 1945 wurden die ehemalige Provinz
Westfalen und der nördliche Teil der Rheinprovinz britische
Besatzungszone. 1946 wurden Westfalen und der nördliche
Teil der Rheinprovinz mit den Bezirken Köln, Düsseldorf
und Aachen zum Land Nordrhein-Westfalen vereinigt.
Beizeichen, die sich ferner auch stilistisch unterscheiden.
Ältere, nicht identifizierbare Imitationen Soester Pfennige
sind durchaus denkbar. Die Verleihung des Münzrechtes ist
nicht überliefert, wie bei der Mehrzahl weltlicher Herrscher
dieser Zeit. Der Prägeort für das 11. Jahrhundert ist unbekannt, jedoch ist Werl anzunehmen.
Mit beginnendem Investiturstreit verlegte Graf Konrad
von Werl seinen Sitz vom Hellweg in das Ruhrtal nach
Arnsberg und begründete damit dort die Linie
Werl-Arnsberg (LEIDINGER 2009, 143, 149f.). Diese
spielte im Investiturstreit und in den Sachsenkriegen Heinrichs IV. und Heinrichs V. eine wichtige politische
Rolle in Westfalen und für das verwandte salische
Königtum. Um 1100 erfolgte die endgültige Verlagerung
des Sitzes nach Arnsberg. Für das 12. Jahrhundert ist
keine Prägetätigkeit der Grafen nachweisbar. Diese beginnt erst wieder im 13. Jahrhundert. Ein Zusammenhang
mit der politischen Entwicklung, die zu einem vorläufigen
Verlust der Bergwerke von Ramsbeck und damit einer
Verringerung der Bezugsquellen für Silber führten, wäre
ein hypothetischer Grund. Um 1230/40 erfolgt die Ausgabe
von Sterlingen, die sich an Dortmunder Vorbildern orientieren. Diese prägen wiederum englische Short-Cross-Sterlinge
nach. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden Arnsberger Münzen in größerer Zahl. Um 1290
wurde die Münzstätte nach Eversberg verlegt, wo sie um
1310/20 schloss. Aus späterer Zeit sind keine Prägungen
der Arnsberger Grafen bekannt.
Eine Zuweisung des für die Münzen verwendeten Silbers
zu einer bestimmten Lagerstätte bleibt bisher rein hypothetisch, da keine Metallanalysen wie für die Prägungen
im Breisgau und Schwarzwald vorgenommen wurden, so
dass ein Zusammenhang mit Lagerstätten im Sauerland
nur sehr schwer herzustellen ist.
MÖGLICHE BEZIEHUNGEN DER GRAFEN
VON WERL-ARNSBERG ZUM BERGBAU
STIFT UND MARKT MESCHEDE ALS
WIRTSCHAFTSZENTRUM IM RUHRTAL
Für karolingisch-ottonische Zeit sind wahrscheinlich
die in Meschede residierenden Grafen des Locdorp-Gaues,
die späteren Grafen von Werl-Arnsberg, als Grundherren
anzuführen. Diese hatten in der ersten Hälfte
des 10. Jahrhunderts ihren Herrschaftsmittelpunkt nach
Werl verlegt, vermutlich die wirtschaftlichen Vorteile
des Hellweges sowie der Salzgewinnung mit dem Bau
einer Burg und der Gründung einer Eigenkirche verbindend. Zudem bestanden mögliche verwandtschaftliche
Beziehungen der Grafen sowohl zum karolingischen
Kaiserhaus als auch den Liudolfingern, die 919 mit Heinrich
I. zu deutschen Königen aufstiegen (LEIDINGER 2009,
125f.). Gesicherte Kenntnisse des Grafenhauses sind erst
mit der Heirat des Grafen Hermann (I.) mit der burgundischen Königstochter Gerberga anführen.
Seit etwa 1040 sind Münzprägungen der Grafen von Werl
nachweisbar (ILISCH 2009, 711f.). Es handelt sich meist um
anonyme Nachahmungen Soester Prägungen mit kleinen
Am rechten Ufer der Ruhr auf einem Bergsporn
ca. 1,5 km östlich von Stift und Freiheit Meschede liegt
die Hünenburg. Die Anlage aus dem 9./10. Jahrhundert
gilt als Stammburg der Grafen von Werl-Arnsberg
und gehörte bis zur Säkularisation zum Stift auf dem jenseitigen Ruhrufer. Die Kirche des Kanonissenstiftes
Meschede entstand um 900, vermutlich als Ausbaustufe für
den in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts gegründeten Konvent (LOBBEDEY 1999, 509). Eine Überlieferung
der Gründungsdotation für Meschede ist nicht erhalten.
Nach Ph. Hömberg können die Grafen von Werl-Arnsberg
Erben einer kaiserlichen Schenkung Ludwigs des Frommen
angesehen werden, von der Teile für die Erstausstattung
der Stiftsgründung benutzt worden sind (vgl. HÖMBERG
1983, 15). Das Stift bildete den Kern des Grundbesitzes,
der das Wirtschaftsleben der Region bestimmte, ab Anfang
des 11. Jahrhunderts zusammen mit Kloster Grafschaft,
das analog wirkte.
12
Stříbrná Jihlava 2010 – Acta rerum naturalium, Supplémentum 1–2011
In der Nachfolge der Stifterfamilie hatten die Grafen
von Arnsberg die Stiftsvogtei inne und besetzten das Kapitel mit Mitgliedern ihrer Familie (EHBRECHT 1979,
140). So stand Adelheid, die Schwester des Stifters
von Wedinghausen, von 1175 bis 1200 als Äbtissin
gleichzeitig den Konventen in Meschede und Oedingen
vor, eine Pfründe, die im Thronstreit zwischen Philipp
von Schwaben und Otto IV. der kölnischen Politik zum
Opfer fiel (PIELER 1885, 12).
In Verbindung mit dem Walburgastift entwickelte sich eine
Siedlung mit eigener Pfarrkirche nahe der Stiftsimmunität.
Im Jahre 958 überließ Otto der Große dem Stift Zoll
und Markt (EHBRECHT 1979, 140f.; MGH DO I Nr. 190,
272). Mit dieser Verleihung steht Meschede in einer Reihe
mit Orten, in denen Herren ebenfalls im 9./10. Jahrhundert
Privilegien dieser Art erhielten: Horhusen, Herford,
Corvey, Meppen und Wiedenbrück (SCHÜTTE 2000, 88).
Die Marktorte des 9. und 10. Jahrhunderts waren wichtige
Zentralorte und Handelszentren, die aus Sicht der Quellen
durch besondere königliche Rechte erkennbar sind.
Das Recht, einen Markt abzuhalten, war häufig verbunden
mit dem Recht, Münzen zu prägen und Zoll zu erheben
(vgl. ENDEMANN 1964; UNTERMANN 2003, 227–244).
Der Stiftsmarkt Meschede bildete vermutlich ein wirtschaftliches Zentrum der Grafschaft, neben das später
Arnsberg trat (GOSMANN 2009, 186).
Die Bedeutung von Burg, Stift und Markt wird besonders
klar, wenn ihre Lage in der näheren und weiteren Umgebung
betrachtet wird. Hier trafen fünf wichtige Straßen aufeinander, z.B. von Südwesten der „Kriegerweg“, der von Oedingen
her über Meschede, Rüthen nach Paderborn führt, und eine wichtige Straße nach Soest nimmt in Meschede ihren
Anfang. Zudem existierte eine Verbindung zwischen
Meschede und dem oberen Hönnetal.
REGIONALER UND ÜBEREGIONALER
MONTANARCHÄOLOGISCHER KONTEXT
Abgesehen von Ramsbeck sind bisher nur sehr
wenige andere montanarchäologische Fundstellen
des frühen und hohen Mittelalters bekannt. In der Nähe
von Marsberg konnte bei Ausgrabungen im Areal
der Wüstung Twesine eine Kupferproduktion aus den lokalen Erzen seit dem 8. Jahrhundert nachgewiesen werden.
Etwas weiter nach Westen bei Madfeld wurden Erze
und Schlacken des 10.–12. sowie 13./14. Jahrhunderts
in den Füllschichten von Dolinen im Gebiet der Wüstung
Wulfferinchausen entdeckt. Der Eisenerzbergbau
im Felsenmeer bei Hemer konnte in die Zeit um 1000
datiert werden (HÄNISCH 2010).
Ab dem späten Mittelalter und dann vor allem
in der frühen Neuzeit ist eine erhebliche Zunahme
der historischen Quellen zu verzeichnen. So ist beispielsweise in der Umgebung von Warstein die Verleihung eines
Silberbergwerkes für 1390 belegt. Jedoch wurden bisher nur wenige montanarchäologische Untersuchungen
durchgeführt (Briloner Eisenberg). Daher sind Intensität
und wirtschaftliche Bedeutung des Bergbaus im Sauerland
nicht bekannt
Aufgrund der Datierungen ist in Erwägung zu ziehen,
die Erwähnung der neuen Silbergruben bei Widukind
von Corvey und Thietmar von Merseburg nicht nur ausschließlich auf den Harz zu beziehen, sondern wesentlich
allgemeiner zu fassen. (vgl. STEUER 2000, 114) In seiner
Sachsengeschichte schreibt Widukind zum Jahr 968, dass
von Otto dem Großen (936–973) „terra Saxonia venas
argenti aperuerit“ (Buch III, 63). Diese Nachricht wurde vom Chronisten Thietmar von Merseburg im frühen
11. Jahrhundert aufgegriffen: „Apud nos inventa est primum vena argenti.“ (Chron. II, 13). Erst gegen Ende
der Regierungszeit des Kaisers Friedrich Barbarossa
hatten sich Sachsen und Westfalen als Stammesländer
herausgebildet. Der Name Westfalen wurde auf ganz
Westsachsen bezogen. Damit ist die Nachricht nicht
nur auf die Ausbeutung der Erzgänge im Oberharz
und im Westharz bei Gittelde im 10. Jahrhundert zu beziehen, sondern auch auf den Bergbau bei Ramsbeck bzw.
im Sauerland.
SCHLUSSBETRACHTUNG
Durch die Forschungen in den letzten Jahren ist ein neues
Bild des frühen Montanwesens bei Ramsbeck entstanden.
Bergbau- und Ortsgeschichte können jedoch auf jeden
Fall sicher bis ins 10. Jahrhundert zurückdatiert werden.
Ramsbeck ist damit eines der wenigen Reviere, in denen
Bergbau dieser Zeitstellung bisher nachgewiesen werden
kann. Zu untersuchen ist, ob sich im Ramsbecker Bergbau
eine Zäsur im beginnenden 13. Jahrhundert abzeichnet.
Die bisherigen Datierungen aus dem Venetianer-Stollen
und die Keramik decken den Zeitraum 10.–13. Jahrhundert ab. Erst für das 16. Jahrhundert ist dann wieder
Bergbau belegt. Bisher ist jedoch nur ein kleiner Ausschnitt
des gesamten mittelalterlichen Bergbaus bekannt. Sollte
sich die Unterbrechung bestätigen, ist nach den Gründen
zu suchen.
Die archäologischen Arbeiten in Ramsbeck, insbesondere die Vermessungen unter Tage, sind noch nicht
abgeschlossen, so dass mit weiteren, neuen Erkenntnissen
zum mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bergbau zu
rechnen ist. In einem weiteren Kontext hat die montanarchäologische Bedeutung des Ramsbecker Bergbaus vor
dem Hintergrund der Befunde aus dem 12./13. Jahrhundert
von Dippoldiswalde in Sachsen zugenommen. Der Bergbau der Franzosenzeit und die nachfolgende Entwicklung
bilden ein eigenes Kapitel der Geschichte und Archäologie Ramsbecks (s. dazu LUDWIG 2010).
Für die Hilfe und Realisierung des Projektes
ist der Sachtleben Bergbau GmbH, dem Bergamt
Recklinghausen, dem Erzbergbaumuseum Ramsbeck
und der Gemeinde Bestwig ein besonderer Dank auszusprechen, ebenso Herrn Dipl.–Phys. A. Scharf
13
Martin Straßburger: Mittelalterlicher Kupfer, Silber und Bleierzbergbau bei Ramsbeck
vom AMS-Labor der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg für die Analyse der Holzkohleproben
und die gute Zusammenarbeit.
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STRASSBURGER, M. 2006: Archäologie des Ramsbecker
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in Westfalen. In R Köhne – W. Reininghaus – Th. Stöllner
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in der Römerzeit und im Frühmittelalter, Münster.
Schriften der Historischen Kommission für Westfalen,
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STRASSBURGER, M. 2007: Archäologie und Geschichte
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und Freiheit Meschede. Meschede.
STŘEDOVĚKÁ TĚŽBA STŘÍBRA, MĚDI A OLOVA
U RAMSBECKU
Středověká důlní lokalita s množstvím pozůstatků
po hornické činnosti pod vrcholem Ramsbeck se nachází na severním okraji oblasti Sauerland, asi 4 km jižně
od Bastwigu a na okraji údolí Valme. Hydrograficky spadá
do Porůří. Dalšími krajinnými dominantami, tvořícími regionální rozvodí, jsou vrchy Bastenberg (745 m) a Dörnberg
(732 m), náležející k severnímu okraji masivu Rothaar.
Většina rudních žil se nachází na východním svahu masivu Bastenberg, kde je pak přirozeně dochováno i množství
podpovrchových i povrchových památek po historické
těžbě polymetalicjých rud s obsahem stříbra. Dosavadní
archivní a historický výzkum se dosud zaměřoval na historické prameny. První terénní průzkum byl pak proveden
H. Quirinem v roce 1936 v areálu poblíž štoly Venetianer.
Teprve od roku 1999 můžeme hovořit o systematickém průzkumu, výzkumu a zaměřování všech detekovaných reliktů
po hornické činnosti. Doprovodným efektem je samozřejmě získávání archeologických nálezů coby datovacího
materiálu. Nejstarší dobývky pod Bastenberkem můžeme
na základě toho datovat do 10. až 11. století.
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