Römisch-Germanisches Zentralmuseum
Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte
Markus Egg · Dieter Quast (Hrsg.)
AUFSTIEG UND UNTERGANG
ZWISCHENBILANZ DES FORSCHUNGSSCHWERPUNKTES
»STUDIEN ZU GENESE UND STRUKTUR VON ELITEN
IN VOR- UND FRÜHGESCHICHTLICHEN GESELLSCHAFTEN«
Mit Beiträgen von
Markus Egg · Detlef Gronenborn · Piotr Łuczkiewicz · Dieter Quast
Martin Schönfelder · Mechthild Schulze-Dörrlamm · Bendeguz Tobias
Thomas Zimmermann
Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums
Mainz 2009
MONOGRAPHIEN
des Römisch-Germanischen Zentralmuseums
Band 82
INHALTSVERZEICHNIS
Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VI
Markus Egg und Dieter Quast
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII
Thomas Zimmermann
Frühmetallzeitliche Eliten zwischen Ostägäis und Taurusgebirge im 3. Jahrtausend v. Chr. –
Versuch einer kritischen Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Markus Egg
Sozialarchäologische Betrachtungen zu den hallstattzeitlichen Fürstengräbern
von Kleinklein (Bez. Leibnitz, Weststeiermark) – eine Zwischenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Martin Schönfelder
Archäologische Untersuchungen zur Elite in der keltischen Gesellschaft –
eine Zwischenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Piotr Łuczkiewicz
Ostgermanische Eliten der jüngeren vorrömischen Eisenzeit
im Spiegel des archäologischen Fundgutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Dieter Quast
Frühgeschichtliche Prunkgräberhorizonte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Bendeguz Tobias
Eliten und Schmiedegräber – Untersuchungen zu frühmittelalterlichen Gräbern
mit Schmiedewerkzeugen im Rahmen des Eliteprojektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
Mechthild Schulze-Dörrlamm
Zeugnisse der Selbstdarstellung von weltlichen und geistlichen Eliten
der Karolingerzeit (751-911) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Detlef Gronenborn
Zur Repräsentation von Eliten im Grabbrauch. Aussagemöglichkeiten historischer
und ethnographischer Quellen aus Westafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
V
MECHTHILD SCHULZE-DÖRRLAMM
ZEUGNISSE DER SELBSTDARSTELLUNG
VON WELTLICHEN UND GEISTLICHEN ELITEN
DER KAROLINGERZEIT (751-911)
BEWERTUNGSGRUNDLAGEN FÜR ISOLIERTE SACHGÜTER
AUS DEM REICHSGEBIET KAISER KARLS DES GROSSEN
Die meisten Stifter von erhaltenen Kunstwerken der Karolingerzeit in unseren Museen, Kirchen und Schatzkammern sind längst vergessen. Sie bleiben daher ebenso namenlos wie ihre Zeitgenossen, die ausschließlich archäologische Spuren hinterlassen haben. Bei deren Kleidungszubehör, Schmuckstücken, Geräten und
Waffen handelt es sich vorwiegend um Einzelstücke, die in karolingischen Siedlungen und Burgen ausgegraben, oft nur zufällig aufgefunden oder gar aus Flüssen gebaggert wurden. Nur weniges stammt aus
Schätzen oder Gräbern, die eventuell Rückschlüsse auf den Eigentümer bzw. auf das Geschlecht und die
soziale Stellung des bzw. der Verstorbenen erlauben. Hauptursache dafür ist die Ausstattungsarmut oder
völlige Beigabenlosigkeit der Gräber von Christen in den Kerngebieten des Karolingerreiches. Wegen fehlender Fundzusammenhänge scheint es deshalb – ganz anders als bei den Grabbeigaben der Merowingerzeit 1 – nahezu unmöglich zu sein, den Wert der zahllosen Einzelfunde aus dem mittleren 8. bis frühen
10. Jahrhundert richtig einzuschätzen und sie jener Bevölkerungsschicht zuzuweisen, der ihre Eigentümer
angehörten.
Für die Menschen der damaligen Zeit müssen Standeszugehörigkeit und Rang von Personen aber sowohl
an deren äußerem Erscheinungsbild erkennbar gewesen sein als auch an Art und Qualität der Dinge, die
sie benutzten, mit denen sie sich umgaben oder die sie verschenkten. Um den kulturhistorischen Aussagewert der isolierten Sachgüter zu verbessern, wird im Folgenden versucht, die besonderen Merkmale und
Qualitätskriterien jener Zeugnisse der Selbstdarstellung herauszufinden, durch die sich die Herrscher, der
weltliche Adel sowie Bischöfe und Äbte zur Karolingerzeit sowohl aus der Masse der Bevölkerung herausgehoben als auch voneinander unterschieden haben. Anders als bisher werden dabei nicht nur Arbeiten
aus Edelmetall 2, sondern auch Gegenstände aus anderen Materialien und außerdem Kunstwerke aller Art
in Betracht gezogen. Das Untersuchungsgebiet entspricht dem Kaiserreich Karls des Großen. Als Arbeitsgrundlage der Studie dienen zwei Listen, von denen List e 1 nur die schriftlich überlieferten Namen von
Stiftern sowie deren Stiftungen mitsamt den recht pauschalen Materialangaben enthält 3. Dagegen führt
List e 2 außer den noch erhaltenen Gegenständen und ihren Materialeigenschaften auch die zerstörten,
aber auf alten Gemälden dargestellten Kunstwerke auf, deren Stifter bezeugt oder mit großer Sicherheit zu
1
Rainer Christlein hat als erster das reiche archäologische Fundmaterial aus Reihengräbern des 6. bis 7. Jhs. in Qualitätsgruppen
eingeteilt und die erforderlichen Kriterien entwickelt, um bestimmte Fundgattungen den verschiedenen Bevölkerungsschichten zuordnen zu können. Dadurch ist es ihm gelungen, auch Einzelfunde für sozialgeschichtliche Untersuchungen nutzbar zu
machen (Christlein 1973, 147-180). – Zu den Kriterien seiner
höchsten Qualitätsgruppe D vgl. außerdem Christlein 1974, 573596.
2
3
Stein 1967, 208ff. – Vierck 1980, 445ff. – Lennartsson 1997/98,
542ff. – Spiong 2000, 118ff. – Kleemann 2002, 352ff. – Wamers
2005, 31ff.
Die Liste 1 erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, weil das
dazu erforderliche, umfangreiche Quellenstudium nur von einem
Mediävisten geleistet werden kann. Wegen der begrenzten Seitenzahl musste auf den Abdruck der lateinischen Originaltexte
verzichtet werden.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
153
erschließen sind. Beide Listen gliedern sich in dieselben drei Personengruppen: Kaiser und Könige (A),
Adel (B) sowie Bischöfe und Äbte (C).
Wegen der Datenfülle und der begrenzten Seitenzahl, die für die Publikation vorgeschrieben war, konnten
Angaben zu Gründung sowie zum Bau von Kirchen und Klöstern in den Listen ebenso wenig berücksichtigt werden wie Hinweise auf deren Ausstattung mit Baptisterien, Wandmalereien, Chorschranken und
Altären, sofern sich diese nicht durch nennenswerte Besonderheiten oder reichen Edelmetallschmuck auszeichneten. Platzmangel ist auch der Grund dafür, dass nur ganz wenige der noch erhaltenen Zimelien (vgl.
List e 2) im Text abgebildet wurden. Die allermeisten sind aber so berühmt, dass ihre Kenntnis vorausgesetzt
werden darf.
Einen Überblick über die Kernaussage der aufgelisteten Daten bietet eine Tabelle, die zugleich eine rasche
Orientierungshilfe für die Bewertung isolierter Sachgüter aus dem Karolingerreich sein soll (Tab. 1). Die
erfassten Daten erscheinen darin nur als Kürzel, nämlich in Form der Katalognummern beider Listen, unter
denen die jeweiligen Detailangaben nachgeschlagen werden können. Alle Nummern der zwei Listen
wurden auf die Spalten A bis C mit jeweils 22 Zeilen verteilt, in denen sowohl die von den drei Personengruppen benutzten, initiierten oder gestifteten Denkmalarten (Zeilen 1-9) als auch deren Materialien (Zeilen
10-22) aufgeführt sind. An den kursiv gedruckten Nummern der List e 1 ist zu erkennen, dass es sich um
Gegenstände handelt, deren Existenz nur schriftlich überliefert ist.
Leider wird die Aussagekraft dieser Tabelle durch das Fehlen vieler Schätze gemindert, die von den Zeitgenossen zwar erwähnt, aber nicht im Detail beschrieben wurden 4. Hinzu kommt, dass der ursprüngliche
Bestand an Schriftquellen, Kunstwerken und archäologischen Funden in den vergangenen Jahrhunderten
durch Kriege, Brände, Diebstähle, Raubgrabungen, Unachtsamkeit etc. stark dezimiert worden ist. Da diese
Verluste aber zufällig, also keine Folge einer gezielten Selektion gewesen sind, darf man dennoch hoffen,
aus dem lückenhaften Datenbestand halbwegs realistische Schlüsse ziehen zu können 5.
A KAISER UND KÖNIGE
Kaiser und Könige beeindruckten ihre Untertanen durch Mirabilia, das heißt durch Wunderwerke der Architektur und Kunst oder durch den Besitz von Dingen, die allgemeines Aufsehen und Staunen erregten
(Tab. 1, Spalt e A, Zeile 1). Vor allem tat sich Karl der Große hervor durch Großtaten seiner Architekten,
Ingenieure und Handwerker, wie den prächtigen Zentralbau, den er als Kapelle seiner Aachener Kaiserpfalz
nutzte und der zum Vorbild für viele andere Sakralbauten wurde (A2), oder die Bronzeportale dieser Pfalzkapelle (A3). Sie waren die ersten ihrer Art, die nach dem Untergang des Weströmischen Reiches nördlich
der Alpen gegossen wurden, und gehörten zu den technischen Meisterleistungen ihrer Zeit. Zum Ruhm des
Kaisers trug die Anlage eines Kanals (Fossa Carolina), der Rhein und Donau miteinander verbinden sollte
(A20), ebenso bei, wie der Wiederaufbau der römischen Rheinbrücke in Mainz (A14). Großes Staunen erregte der weiße Elefant Abul Abbas im Tiergehege der Aachener Pfalz, der sogar bei Kriegszügen als Waffe
eingesetzt worden ist (A15). Zur Attraktion geriet auch jene Orgel, die Ludwig der Fromme von dem Venezianer Georgius in die Aachener Pfalz einbauen ließ, um den Byzantinern die technische Überlegenheit der
Franken zu demonstrieren (A20).
4
Vgl. dazu Hardt 2004.
154
5
Für die kritische Durchsicht des Manuskripts möchte ich meinem
Bruder Dipl.-Volksw. Rudolf Schulze, Homburg/Saar, sehr herzlich danken.
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
Mitte 8.-Anfang 10. Jh.
A Kaiser und Könige
B Adel
1. Mirabilia
A14, A15, A17, A20
A2, A3, A20
2. Antiquitäten
A5, A6, A7
A1, A4, A5, A6, A10, A13, A17, A23, A25,
A26(?), A29, A32, A33, A42, A45, A49
C Bischöfe und Äbte
C15, C18
3. Großbronzen
A7, A12
A3, A6, A43
4. Throne
A5, A26, A41, A43
[B5]
C15
5. Kronen/Votivkronen
A9, A21, A24, A25, A30, A34, A35,
A38, A39
A5, A26, A30, A51
B4
C27
6. Monumentale Bildwerke
A2, A7, A29, A36, A38
A15, A41
B4
C5, C18, C28
C3, C4, C13
7. Marmor/Porphyr
nördl. der Alpen
A5, A8
A4, A10, A23, A27, A29, A40, A42
B4, B9, B11
B1
C19
C1, C7, C15, C18
8. Einzigartige Kunstwerke
A1
A2, A3, A7, A38
C12, C16, C31, C34
C10, C12, C13, C14, C17, C19
9. Tafelgemälde
10. Elfenbeine
11. Durchbrochene Beinu. Elfenbeinarbeiten
mit Folienunterlage
C21, C29, C33
A13, A32, A37
A17, A25, A28, A32, A33, A35, A41
B3
A24, A41
C10, C11, C15
C5, C16, C23, C24, C25
C22, C27
12. Kostbare Glasgefäße
B4, B5
C11, C17
13. Pretiosen aus Onyx
oder Bergkristall
A27
A13, A39, A45, A48, A49
14. Gold mit flächendeckender
Edelstein- oder Emailzier
A11, A12, A30, A31, A34, A44, A45,
A47, A51
15. Gold mit Edelsteinen,
Perlen, Emails, Filigran
A9, A13, A16, A22, A24, A25, A27,
A30, A31, A35, A37, A38
A14, A19, A36, A46
B4
C2, C3, C4, C6, C7, C8, C11,
C22, C32
C11, C22
16. Gold/Goldblech
A2, A3, A10, A11, A13, A19, A21,
A23, A24, A26, A28, A33, A34, A37
A18, A24, A42
B1, B2, B3,
B4, B10, B11
C1, C4, C5, C8, C13, C14, C23,
C26, C27, C28, C31, C34
C2
17. Vergoldetes Silber mit
Edelsteinen, Perlen, Filigran
C2, C30
C26
[C16]
A16, A28, A33
18. Vergoldetes Silber
A9, A22, A50
[B4]? [B5]? [B13]? C27
C24
A3, A4, A6, A9, A13, A17, A18, A28,
A37
B3, B4, B6,
B11, B12, B13
C1, C5, C9, C13, C14, C18,
C24, C25, C27, C30
C8, C9
20. Vergoldete Bronze mit
geringer Edelstein-/Glaseinlage
B4
C21
21. Vergoldete Bronze
B3, [B7]?
19. Silber
22. Tauschiertes Eisen
Tab. 1
A8
B5
C6, C20
Art und Qualität der Stiftungen von Eliten der Karolingerzeit. Kursive Katalognummern verweisen auf Liste 1 (S. 196-201).
Ihre Vorrangstellung haben die Karolinger – insbesondere nach der Wiederherstellung des Weströmischen
Kaisertums durch Karl den Großen (800) und vor allem im Raum nördlich der Alpen 6 – durch die Wiederverwendung von Altertümern der Römerzeit zum Ausdruck gebracht (Tab. 1, Zeile 2). Aus Italien ließ Karl
6
In Italien war im frühen Mittelalter noch eine solche Fülle an
Denkmälern der Römerzeit vorhanden, dass man dekorative,
römische Marmorvasen als Reliquienbehälter zu nutzen und in
den Kirchen aufzustellen pflegte. Erhalten blieben solche Mar-
morvasen z.B. in Santa Prassede in Rom, in der Confessio der
Kathedrale zu Salerno und in der Krypta der Klosterbasilika San
Vincenzo al Volturno, prov. di Isernia/I (Hodges / Mitchell 1996,
106 Abb. 4, 66-67).
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
155
1
2
Abb. 1 Throne Karls des Großen. – 1 Thron aus antiken, ostmediterranen Marmorplatten in der Aachener Pfalzkapelle (um 800).
Skizze des ursprünglichen Zustandes aus den Jahren 1780-1790 (nach Appuhn 1986/87). – 2 Seitenlehne des Kalksteinthrones der
zweiten Hälfte des 8. Jhs. aus der Königspfalz in Mainz. Landesmus. Mainz (Zeichnung: J. Ribbeck, RGZM). H. 73 cm.
antike Marmorsäulen, Mosaiken und Bronzestatuen zur Ausstattung seiner Pfalzen, der Aachener Pfalzkapelle und anderer Sakralbauten holen (A7, A4-A6). Seinen Kaiserthron in Aachen hat er aus antiken
Marmorplatten errichten lassen, die aus dem östlichen Mittelmeerraum (evtl. Jerusalem) stammten (Abb.
1, 1) 7. Außer solchen Importen wurden aber auch römische Kalksteinsäulen und Kalksteinkapitelle aus
einheimischen Ruinenstätten als Spolien benutzt, z.B. zum Schmuck der Pfalz Ingelheim (Lkr. Mainz-Bingen/D) 8. Drei Kalksteinfiguren eines römischen Nischengrabmals in Nieder-Ingelheim, die im »Langgewann« zwischen der Kaiserpfalz und dem alten Rheinhafen aufgefunden wurden 9, gerieten ebenfalls in
Verdacht, zur Karolingerzeit von ihrer Rückwand abgetrennt worden zu sein, um als Pseudo-Freistatuen
eine kaiserliche Gartenanlage zu schmücken 10. Die Tatsache, dass die drei Statuen beieinander lagen und
noch Reste der antiken Bemalung trugen, spricht jedoch dagegen 11. Denkbar wäre immerhin, dass man für
den Kalksteinthron der Königspfalz in Mainz (A26) 12 keine neuen Platten aus den Steinbrüchen in Norroylès-Pont-à-Mousson (dép. Meurthe-et-Moselle/F) geholt, sondern alte Platten aus römischer Zeit verarbeitet
hat, die in der Stadt bereits vorhanden waren (Abb. 1, 2).
Die Karolinger besaßen eine große Zahl römischer Gemmen und Kameen, die sie einzeln verschenken 13
oder zur Verzierung von Goldschmiedearbeiten verwenden konnten. Ihre Siegel haben sie zunächst immer
mit der Gemme eines römischen Kaisers oder Philosophen (A1), erst später vereinzelt auch mit dem eigenen
Bildnis geschmückt. Sie verfügten außerdem über einen großen Fundus an Konsulardiptychen und anderen
Elfenbeinarbeiten der Antike, aus denen sie wegen des ausbleibenden Nachschubs ganz neue Kunstwerke
schaffen ließen (A17, A25, A32, A41) 14. Ebenso wie manche Heilige 15 wurden Karlmann, Karl der Große
7
8
9
10
11
Schütte 2000, 217f.
H. Grewe in: Stiegemann / Wemhoff 1999, Bd. 1, 100ff. Nr. II.
59-62.
Böhner 1964, 39. 63 Abb. 29 Karte V, 5. – Boppert 2005, 108ff.
Nr. 67-69.
Schumacher 1908, 32. – Hamann-Mac Lean 1972, 31.
Nach freundlicher Auskunft von Dr. Hans G. Frenz (RGZM,
Mainz) dürften die Figuren aus ihrer Nische entfernt worden
sein, um die Quader der Grabmal-Rückwand verwerten zu können.
156
12
13
14
15
Kalksteine aus römischen Ruinen sind anscheinend auch für die
Ausstattung des Klosters Sandau wieder verwendet worden
(Dannheimer 2003, 83 Taf. 78, 1).
Einer Inschrift zufolge hat z.B. auch König Aethelred I. von Wessex (865/66-871) einen großen, römischen Cameo mit der Darstellung eines römischen Kaisers der Abtei St. Albans geschenkt
(Wright 1844, 438ff. – Zwierlein-Diehl 1998, 85f. Abb. 51).
Effenberger 1999, 647ff.
Die Gebeine des hl. Andéol, des hl. Jean de Réome und des
hl. Piat wurden in römischen Figurensarkophagen aufbewahrt
(Vieillard-Troïekouroff 1995, 60 Abb. 3. 5).
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
sowie Ludwig der Fromme schließlich in prachtvollen, römischen Figurensarkophagen aus Marmor (A5,
A10, A29) und Ludwig der Deutsche (?) in einem riesigen Sarkophag aus Porphyr beigesetzt (A23). Und der
ursprüngliche Sarkophag Karls des Kahlen ist höchst wahrscheinlich jene spätrömische Porphyrwanne
(»baignoire«) gewesen, die einst im Chor von Saint-Denis (dép. Seine-Saint-Denis/F) gestanden hatte 16.
Die Wiederverwendung von Altertümern war so typisch für die Karolinger, dass Antiquitäten unbekannter
Herkunft – sofern es sich nicht um Reliquien handelte (C18) – stets königliche oder kaiserliche Stiftungen
gewesen sein dürften. Das gilt z.B. für den Kölner »Petrusstab« mit dem Elfenbeinknauf eines antiken Konsulstabes und mit einer Silbermanschette des 8. Jahrhunderts (Abb. 2, 1) aus dem Besitz des Bischofs von
Toul, der gegen Mitte des 10. Jahrhunderts nach Metz (dép. Moselle/F) gelangte und 953 von Erzbischof
Brun nach Köln gebracht worden ist 17. Aus demselben Grund könnte die mündliche Überlieferung, wonach der römische Cameo mit der Büste des Diokletian als Minerva auf dem edelsteinverzierten Deckel
eines verschollenen Evangeliars von St. Castor in Koblenz (Abb. 2, 2) ein Geschenk Kaiser Ludwigs des
Frommen bei seinem Besuch im Jahre 836 gewesen sei 18, durchaus der Wahrheit entsprechen. Vor allem
muss der mutmaßliche Bischofsthron des Chrodegang († 766) in der Kathedrale zu Metz (C15), der
entweder schon in der Spätantike aus Marmor hergestellt oder erst im 8. Jahrhundert aus einer antiken,
römischen Marmorsäule gefertigt worden ist (Abb. 2, 3), das Geschenk eines Herrschers gewesen sein.
Schriftlicher Überlieferung zufolge hat König Pippin diesem Bischof bei der kostbaren Ausstattung des
Metzer Domes geholfen 19.
Nachweislich ließen Karl der Große und Karl der Kahle Großbronzen in eigenen Werkstätten gießen (A12,
A3, A43). Sie haben – ebenso wie andere Herrscher – ihre eigenen, monumentalen Standbilder aus Stein
oder Edelmetall aufstellen lassen (A29, A36, A38) 20 und den Kirchen Großkreuze geschenkt (A15). Sehr
häufig sind sie als Stifter von kostbaren Elfenbeinschnitzereien nachweisbar (Tab. 1, Spalt e A, Zeile 10),
deren Empfänger fast immer Bischöfe oder Äbte waren. Diese erhielten zumeist Bucheinbände, gelegentlich Reliquiare (A37), aber auch Stäbe aus Elfenbein als Zeichen ihres Hirtenamtes (A13). Dem Papst
schenkte Karl der Kahle anlässlich seiner Kaiserkrönung sogar einen mit Elfenbeinplatten verkleideten
Thron, die sog. »Cathedra Sancti Petri« (A41).
Nur Könige und Kaiser trugen Kronen oder stifteten den Kirchen Votivkronen aus Gold mit reichem Edelsteinschmuck (Tab. 1, Zeile 5). Grundsätzlich zählen Goldschmiedearbeiten, deren Schauseiten vollständig
mit Edelsteinen, Perlen und Filigranornamenten (A12) oder mit Goldzellenschmelzen (A30) bedeckt sind
wie die Aachener Stephansburse oder die Eiserne Krone in Monza (Abb. 3, 1-2), zu den typischen Hinterlassenschaften von Königen und Kaisern (Tab. 1, Zeile 14). Deshalb ist es durchaus berechtigt, in der
Engerer Burse 21 das Taufgeschenk Karls des Großen für den Herzog Widukind zu vermuten. Mit Sicherheit
stammt die Goldkanne in Saint Maurice d’Agaune (Kt. Wallis/CH) 22 aus dem Besitz eines Herrschers, wenn
auch nicht zwingend aus der Awarenbeute Karls des Großen. Stiftungen eines Königs oder Kaisers waren
höchst wahrscheinlich auch das Bursenreliquiar für die Zähne Johannes des Täufers im Domschatz Monza
(Abb. 4, 2) 23, das bereits V. H. Elbern dem Königshort Berengars I. zugeschrieben hat 24, das aus einem
16
17
18
19
20
Montesquiou-Fezensac 1963, 86. – Erlande-Brandenburg 1975,
153 Nr. 55 Abb. 31. – Kat. Paris 1991, 69 Nr. 6.
R. Lauer / G. Hefele in: Puhle 2001, 305ff. Nr. IV. 80. – Wamers
2005, 62 Abb. 22.
Schaafhausen 1885, 197-214 Taf. 3-4. – Zwierlein-Diehl 1998,
83f. Abb. 50a-b.
Von Schlosser 1896, 70 Nr. 345. – Oswald / Schaefer / Sennhauser 1966, 211f.
Wen die lebensgroßen, bemalten Stuckfiguren männlicher Laien
aus der Zeit vor 885, die im Westwerk des Klosters Corvey,
Kr. Höxter/D, gestanden hatten, darstellen sollten, ist nicht mehr
21
22
23
24
festzustellen, weil die entscheidenden Teile (Kopf, Attribute) fehlen (H. Clausen in: Stiegemann / Wemhoff 2, 1999, 577f. Nr. VIII.
58).
Hubert / Porcher / Volbach 1968, 288. 317 Nr. 316. – Elbern
1965, Abb. 16. – Haseloff 1990, 85 Abb. 65b.
Elbern 1965, Abb. 20. – Thurre 1993, Abb. 35; 1995, 316
Taf. 1-2. – Lennartsson 1997/98, 576 Nr. 124 Taf. 23, 2.
Hubert / Porcher / Volbach 1969, 354 Nr. 194. – Conti 1989,
41ff. Abb. 37-38.
Elbern 1989/90, 22 Abb. 16.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
157
2
1
3
Abb. 2 Römische Altertümer, die in der Karolingerzeit wieder verwendet wurden. – 1 Der Kölner »Petrusstab« mit dem Elfenbeinknauf eines römischen Konsulstabes (nach Puhle 2001). – 2 Der Cameo von St. Castor in Koblenz (nach Zwierlein-Diehl 1998). – 3 Der
Bischofsthron des Chrodegang aus weißem Marmor in der Kathedrale zu Metz (nach Vierck 2002).
158
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
1
2
Abb. 3 Königliche Zimelien. – 1 Die »Eiserne Krone« im Domschatz zu Monza, zweite Hälfte 9. Jh. (nach Conti 1989). Dm. 16,5 cm. –
2 Die Aachener »Stephansburse«, erstes Drittel 9. Jh.; Kunsthistorisches Mus. Wien, Schatzkammer (nach Elbern 1965). H. 32 cm.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
159
1
2
Abb. 4 Edelsteinverzierte Goldreliquiare, die wohl von Herrschern gestiftet wurden. – 1 Nagelreliquiar des späten 9. Jhs.; Domschatzkammer Trier (nach Weiner 1993). L. 21,4 cm. – 2 Bursenreliquiar des 9. Jhs. für die Zähne des hl. Johannes; Domschatz Monza (nach
Conti 1989). H. 34 cm.
160
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
Kloster in den luxemburgischen Ardennen stammende, sog. »Ardennenkreuz« 25 und der jüngere Deckel
des »Lindauer Evangeliars« aus der Zeit um 880 26. Um die Schenkung eines Karolingers wird es sich zudem
bei dem mit Saphiren, Smaragden, Gemmen, (verlorenen) Perlen und Goldzellenschmelzen verzierten,
goldenen Kreuznagelreliquiar im Trierer Domschatz handeln (Abb. 4, 1) 27. Denn im Gegensatz zur früheren
Lehrmeinung zählt es nicht zu den Erzeugnissen der Egbertwerkstatt des späten 10. Jahrhunderts 28, sondern ist wegen seiner Emails, der blütenförmigen Edelsteinfassungen, des zeittypischen Kantendekors (vgl.
Abb. 14, 1-2) und seiner Verwandtschaft mit Goldschmiedearbeiten der Zeit Karls des Kahlen in das 9. Jahrhundert datierbar 29.
Die goldenen Pretiosen der Könige und Kaiser unterschieden sich durch ihre Überfülle an Edelsteinschmuck
sowie an – ähnlich hoch geschätzten – Goldzellenschmelzen sogar von den kostbarsten Goldschmiedearbeiten, die im bischöflichen Auftrag hergestellt worden sind. Das zeigt nicht nur ein Vergleich mit den
edelsteinverzierten Goldrahmen der beiden Elfenbeindeckel des Evangelium Longum von St. Gallen (C22),
sondern insbesondere auch mit dem berühmten Goldaltar, den Meister Wolwinius im Auftrag des Erzbischofs Angilbert II. (824-859) für die Klosterkirche Sant’Ambrogio zu Mailand geschaffen hat (C11). Der
Edelstein-, Perlen- und Emailschmuck dieses sog. »Paliotto« ist zwar sehr reich, aber keineswegs flächendeckend.
Kaiser und Könige ließen ihre Kleinodien aber nicht nur aus purem Gold, sondern auch aus vergoldetem
Silber anfertigen und sie mit Edelsteinen, Perlen, Goldzellenschmelzen und/oder mit Filigranornamenten
zieren (Tab. 1, Zeile 17) 30. Schriftliche Hinweise darauf, dass solche Stücke im Auftrag von Bischöfen oder
weltlichen Adeligen geschaffen wurden, gibt es kaum. Denn das außergewöhnliche, mit Gemmen verzierte
Reliquiar in Form einer Kapelle, das Bischof Salomon III. von Konstanz (890-919) dem Kloster St. Gallen
schenkte, bestand zwar aus Silber, war aber anscheinend nicht vergoldet (C16). Deshalb wird man zumindest jene vergoldeten Silberarbeiten, die sehr reich mit Edelsteinen, Gemmen, teilweise auch mit NielloEinlagen, Goldzellen- und Senkschmelzen geschmückt sind, wie z.B. den Tragaltar von Adelhausen 31 und
das Bursenreliquiar im Schatz von Saint-Maurice-d’Agaune 32, aber vor allem den um 800 entstandenen
»Älteren Lindauer Buchdeckel« (Abb. 5) 33, der reicher verziert und viel kostbarer ist als der Spendekelch
des Herzogs Tassilo aus dem Jahre 777 (B4), zu den königlichen Stiftungen zählen können.
Dass Herrscher nachweislich auch vergoldete Silberarbeiten verschenkten, die weder Edelsteine noch
Zellenschmelze oder Filigranornamente trugen, bezeugen die getriebenen Deckel aus vergoldetem Silberblech, die König Berengar I. zu Anfang des 10. Jahrhunderts für die Handschrift des Bischofs Eusebius
anfertigten ließ und der Bischofskirche zu Vercelli (reg. Piemonte/I) gestiftet hat (A50). Ein weiterer Beleg
ist das aus dickem Silberblech getriebene, mit vergoldeten und niellierten Ranken verzierte Gründungsreliquiar des Bistums Hildesheim (A22) aus dem Besitz Ludwigs des Frommen (Abb. 6, 1). Mit diesem Reli-
25
26
27
28
29
Elbern 1965, Abb. 5. – Hubert / Porcher / Volbach 1969, 362
Abb. 311. – Jülich 1986/87, 157ff. Abb. 12. – Lennartsson
1997/98, 568 Nr. 73 Taf. 15, 3.
Steenbock 1965, 92ff. Nr. 21 Abb. 33. – Hubert / Porcher / Volbach 1969, 357 Nr. 236.
Eine ausführliche Begründung dieser These findet sich im Aufsatz von M. Schulze-Dörrlamm, »Heilige Nägel und heilige Lanzen, Passionsreliquien aus archäologischer Sicht«, der in einem
wissenschaftlichen Begleitband zur Bonner Sonderausstellung
»Pracht und Alltag in Byzanz« (2010) erscheinen soll.
Irsch 1931, 335 Abb. 219. – Westermann-Angerhausen 1973,
32ff. 42ff. – M. Peters in: Puhle 2001, 286ff. Nr. IV. 69.
Westermann-Angerhausen 1990, 9ff. Abb. 3-5.11. – Weiner
1993, 39f. Nr. 44 Taf. 166-169. – Schulze-Dörrlamm 1997, 342.
– Ähnlich auch Eckenfels-Kunst 2008, 40ff. Kat.-Nr. 51. – Zu
30
31
32
33
den Edelsteinfassungen vgl. Gaborit-Chopin 1980-81, 13 Abb.
6-8.
Zu den vergoldeten Silberarbeiten gehört auch der mit Zellenschmelzen und getriebenen Reliefs verzierte Reliquienschrein in
Astorga, prov. de León/E, den König Alfonso III. (866-910) und
Königin Gemina gestiftet hatten (Arbeiter / Noack-Haley 1999,
183 Taf. 52.
Elbern 1965, 127 Abb. 2. – Haseloff 1978, 33ff. Abb. 12. –
Haseloff 1990, 81ff. Abb. 55a-b.
Cecchelli 1943, 248ff. Taf. 83-85. – Hubert / Porcher / Volbach
1969, 362 Abb. 315. – Elbern 1962, 65 Nr. 292.
Steenbock 1965, 94ff. Nr. 21 Abb. 34. – Elbern 1965, 158 Abb.
26. – Hubert / Porcher / Volbach 1969, 254 Nr. 192. – Braunfels
1989, 28 Abb. 12. – Haseloff 1990, 86 Abb. 66c. – Elbern
1997b, 1ff. Abb. 1-2. – Sander 2008, 11ff. Taf. 1-4.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
161
Abb. 5 Der »Ältere Lindauer Buchdeckel« (um 800) gehörte zu einer Handschrift des 9. Jhs. aus dem Kloster St. Gallen. Metropolitan
Mus. New York (nach Haseloff 1990). H. 34,4 cm.
quiar sind die vergoldeten, niellierten Silberbecher des späten 8. und des 9. Jahrhunderts in Wert und
künstlerischer Qualität durchaus vergleichbar, von denen einer in der Regnitz bei Pettstadt (Lkr. Bamberg/D)
gelegen hatte, die anderen jedoch als mutmaßliches Raubgut in die Münzschätze von Ribe (Abb. 6, 2), Fejö
(beide DK) sowie Halton Moor (GB) gelangt, in einem Fall sogar in »Spanien« gefunden worden sind 34. Sie
könnten daher Erzeugnisse höfischer Goldschmiedewerkstätten und ursprünglich sogar Eigentum des
Königs gewesen sein.
34
Wamers 1991, 97ff. Abb. 1-4. 14-15. 23-24. 26. – Lennartsson
1997/98, Nr. 11. 54. 131. – Wamers 2005, 88ff. Nr. 27-28. 43
162
Abb. 31. – E. Wamers in: Brandt / Eggebrecht 1993, 212 Nr. IV48.
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
1
2
Abb. 6 Vergoldete und niellierte Silberarbeiten aus königlichen Werkstätten. – 1 Hildesheimer Gründungsreliquiar Ludwigs des Frommen aus dem frühen 9. Jh.; Dommus. Hildesheim (Foto: S. Steidl, RGZM). H. 9,1 cm. – 2 Pyxis der Zeit um 800 aus einem wikingischen
Schatzfund in Ribe, Dänemark; Nationalmus. Kopenhagen (nach Wamers 2005). H. 8 cm.
Da aber auch Bischöfe manchmal Arbeiten aus vergoldetem Silber herstellen ließen, wie z.B. Bischof Altheus
von Sitten im späten 8. Jahrhundert ein Bursenreliquiar mit Treibornamentik (C24), ist die Frage, wer die
einstigen Besitzer oder Stifter von silbervergoldeten Gegenständen unbekannter Provenienz gewesen sein
mögen, letztlich nur anhand zusätzlicher Qualitätsmerkmale zu beantworten. So kann der teilweise vergoldete Silberbehälter für das »Flabellum der Königin Theodelinde« im Domschatz zu Monza wegen seiner
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
163
Abb. 7 Der Silberbehälter mit vergoldeten Ranken für ein Flabellum, das fälschlich der Langobardenkönigin Theodelinde (589-629)
zugeschrieben wird, stammt aus dem 9. Jh.; Domschatz Monza (Fotos S. Steidl, RGZM).
getriebenen, eleganten Ranken des 9. Jahrhunderts, die auf allen vier Seiten das Thema »Lebensbaum«
leicht variieren (Abb. 7), tatsächlich aus königlichem Besitz stammen 35. Und beim Maastrichter »ServatiusSchlüssel« aus vergoldetem Silberguss lassen nicht nur die besondere Größe (L. 29 cm) und das außergewöhnliche Gewicht (1045,6 g) 36, sondern vor allem der flachovale Hohlgriff mit einem durchbrochenen
Rankenwerk von höchster künstlerischer Qualität (Abb. 8) auf einen königlichen Stifter schließen.
Ganz offensichtlich pflegten Könige und Kaiser – im Unterschied zu den Herzögen (B4), dem niederen Adel
(B7) und den Bischöfen (C20, C21) – keine liturgischen Gerätschaften aus Bronze oder vergoldeter Bronze
zu stiften (Tab. 1, Zeile 20-21). Nur ein Kunstwerk außergewöhnlicher Art, d.h. die kleine Reiterstatuette
Karls des Kahlen aus mehrteiligem, vergoldeten Bronzeguss, dürfte (um 870?) im Auftrag des Kaisers entstanden 37 und – wohl gemeinsam mit einer eigens für das Aufstellen zugerichteten Altarplatte aus Marmor 38 – der Kathedrale in Metz übereignet worden sein. Dagegen kann es sich bei dem großen, gegossenen Bronzeschlüssel »des heiligen Hubertus« mit durchbrochenem, eiförmigem Griff im Besitz von Ste.
35
36
37
Conti 1989, 45f. – Lennartsson 1997/98, 431ff. Taf. 15, 1.
Koldeweij 1985, 61ff. Abb. 18. – Wamers 2005, 65 Nr. 17.
Schramm-Mütherich 1962, 137 Abb. 57. – Beutler 1964, 66ff.
Abb. 26-27. – Mütherich 1972, 39ff. Taf. 21-22. – Wamers
2005, 58ff. Nr. 15.
164
38
aus´m Weerth 1884, 161f. Taf. 4. – Kat. Metz 2001, 159 Nr.
024.
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
Abb. 8 In einer königlichen Werkstatt des späten 9. Jhs. entstand der aus Silber gegossene und vergoldete Schlüssel des hl. Servatius.
Schatzkammer von St. Servatius in Maastricht (nach Wamers 2005). H. 29 cm.
Croix zu Lüttich 39 wegen der enthaltenen Eisenfessel-Reliquie des heiligen Petrus nur um ein Geschenk des
Papstes gehandelt haben. Denn Schlüssel zum Grab des heiligen Petrus, in denen stets Partikel von den
Kerkerfesseln des Apostels enthalten waren, hatten sowohl Papst Gregor III. (739) an Karl Martell zur Bekräftigung ihres Bündnisses als auch Leo III. unmittelbar nach seiner Papstwahl (795/796) an Karl den
Großen geschickt 40.
Bergkristalle mit feinstem Figurenschliff sollen im 9. Jahrhundert in kaiserlichen Werkstätten Lothringens
hergestellt worden sein (A13, A39, A48) 41 und dienten, soweit sie nicht von Herrschern oder Bischöfen als
Siegel benutzt wurden (A13, C26), immer zum Schmuck besonders kostbaren, kirchlichen Inventars 42. So
stammt der große Bergkristall mit eingeschliffener Darstellung der Taufe Christi im Besitz des Museums in
Rouen (Abb. 9, 1) 43 höchst wahrscheinlich von jenem Reliquiengrab, das Erzbischof Hincmar von Reims
(841-862) in Saint-Rémi errichtet hatte (C30). Bei den sogenannten Alsengemmen handelt es sich – ent39
40
41
Almgren 1955, Nr. R42. – Koldeweij 1985, 103ff. – R. Didier in:
Ornamenta Ecclesiae. Kat. Köln 3 (Köln 1985) 154f. Nr. H60.
Schiffers 1951, 8. 25.
Angesichts von Bergkristallfragmenten mit Figurenschliff in der
Crypta Balbi (M. Ricci in: Kat. Rom 2001, 427) wäre zu prüfen,
ob damals auch in Rom Bergkristall-Schleifereien bestanden
haben.
42
43
Vgl. den Bergkristall mit Kreuzigungsszene in der goldenen
Thronlehne der hl. Fides von Conques (Taralon 1978, 9ff. Abb.
30. 32. – Kornbluth 1995, 96ff. Abb. 16-1 bis 16-8).
Kornbluth 1995, 49ff. Nr. 2 Abb. 2, 1-15.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
165
2
1
Abb. 9 Figurenschliffe der Karolingerzeit. – 1 Bergkristall mit der »Taufe Jesu«, wohl vom zerstörten Reliquiengrab, das Bischof Hincmar von Reims (841-862) in Saint-Remi errichtet hatte; Mus. Départ. Rouen (nach Kornbluth 1995). H. 8,2 cm. – 2 Gagatsiegelstein
Kaiser Ludwigs II. (850-875) aus Grüningen-Holzhausen (nach Schramm 1983). H. 4 cm. – 3 Saphirkameo mit der eingeschliffenen
Büste des lehrenden Christus, um 800; Dreikönigenschrein im Kölner Dom (nach Kornbluth 1997). Br. 3,2 cm.
gegen landläufiger Meinung – allerdings nicht um Glasprodukte des 9. Jahrhunderts 44. Kameen der Karolingerzeit sind in der Regel aus einfarbigem, transparentem Glas gegossen und auch zum Schmuck königlicher Zimelien (A16) verwendet worden 45. Eigens für Kaiser Karl den Großen wurde wohl jener einzigartige
Christus-Kameo aus Saphir der Zeit um 800 geschliffen, den man Jahrhunderte später auf dem Kölner Dreikönigenschrein angebracht hat (Abb. 9, 3) 46. Karls Geschenk an die Abteikirche Reichenau-Mittelzell (Lkr.
Konstanz/D) soll dagegen die große, dicke Platte aus gegossenem, durchsichtigem, grünem Glas – ein
vermeintlicher »Smaragd« – unbekannter Funktion gewesen sein (A38).
Das persönliche Erscheinungsbild karolingischer Könige und Kaiser ist aufgrund zeitgenössischer Schilderungen und vieler bildlicher Darstellungen bekannt 47. Zum Ornat des Herrschers gehörten demnach golddurchwirkte, mit Seide verbrämte und mit Edelsteinen besetzte Gewänder sowie immer Schmuckstücke aus
echtem Gold, die besonders groß, schwer und überdies mit zahlreichen Edelsteinen und Perlen geschmückt
waren. Außer dem Diadem, ihrem wichtigsten Herrschaftszeichen, handelte es sich dabei um eine schei44
45
Vgl. dazu Schulze-Dörrlamm 1990, 215ff. Abb. 1-3.
Berghaus 1994, 110 Abb. 71, 2. – Werner 1969b, 283f. Taf. 53,
10-11.
166
46
47
Kornbluth 1997, 111ff. Abb. 2.
Schramm / Mütherich 1962, 90. – Schramm 1983 Nr. 1-64.
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
3
Abb. 10 Bildnis des thronenden Kaisers Lothar I. (840-855), Miniatur im Lotharpsalter (kurz nach 842); British Library London Add.
Ms. 37768, fol. 4r (nach Wamers 2005).
benförmige 48 oder gleicharmige 49 Mantelfibel, mindestens einen voluminösen Goldarmring mit Edelsteinzier 50, einen Gürtel mit großer, prächtiger Riemenzunge 51, edelsteinverzierte Schuhe und das Schwert in
einer mit Edelsteinen besetzten Scheide. Eine besonders eindrucksvolle Vorstellung davon vermittelt die
Miniatur des thronenden Kaisers Lothar I. in seinem kurz nach 842 entstanden Psalter, auf der sogar die
goldenen Sporen an den Schuhen des Herrschers zu erkennen sind (Abb. 10) 52. Wie sehr Goldschmuck mit
Perlen und Edelsteinen damals als ein Ausweis irdischer Macht galt, zeigt auch das Relief »Vade Satanas«
48
49
50
Vgl. die edelsteinverzierte Scheibenfibel Kaiser Lothars I. in einer
Miniatur des Evangeliars von Tours aus der Zeit zwischen 849851 (Schramm 1983, Nr. 21).
Eine große gleicharmige Fibel trägt Karl der Kahle auf Miniaturen im Codex Aureus von St. Emmeram und in der Bibel von
S. Paolo fuori le Mura in Rom (Schramm 1983, Nr. 40-41).
Gut zu erkennen ist der Armring auf der Miniatur des thronen-
51
52
den Kaisers Karls des Kahlen im Codex Aureus von St. Emmeram, um 870 (Schramm 1983, Nr. 40. – Wamers 2005, 51
Abb. 9).
Vgl. das Bild des jugendlichen Karl des Kahlen in SakramentarFragment von 869 (Schramm 1983, Nr. 39; Wamers 2005, Abb.
32).
Schramm 1983, 162 Nr. 22 Taf. 299. – Wamers 2005, 36 Abb. 6.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
167
Abb. 11 Darstellung der Versuchung Jesu »Vade Satanas« auf dem Regensburger Arnulf-Ziborium der Zeit um 870 (nach Kat. München 1950).
auf dem Regensburger Arnulf-Ziborium aus dem Jahre 870 (A36). Denn unter den Herrlichkeiten der Welt,
mit denen Satan Jesus versuchen will, finden sich dort als typische Schmuckstücke des Königs eine Goldscheibenfibel und eine Goldriemenzunge, die mit großen Edelsteinen besetzt sowie mit Perlen umrandet
sind (Abb. 11) 53.
Einhard berichtet in seiner Lebensbeschreibung Karls des Großen 54, dass dieser den prunkvollen Ornat zwar
an Festtagen angelegt, sich aber ansonsten in seiner Kleidung wenig von der des Volkes unterschieden
53
Kat. München 1950, 32f. Nr. 71 Abb. 13.
168
54
Einhard, Vita Karoli Magni, c. 23. – Schramm / Mütherich 1962, 90 B.
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
Abb. 12 Schwere Goldfingerringe aus mutmaßlich königlichem Besitz. – 1 Goldfingerring mit Filigranranken des 9. Jhs. FO. unbekannt; Ashmolean Museum Oxford (nach Kat. London 1930). H. 3,2 cm. – 2 Goldfingerring mit niellierten Tierornamenten im
Trewhiddlestil des 8./9. Jhs. aus dem Reno in Bologna; Civico Mus. Archeologico Pavia (nach Mitchell 2000; Bruce-Mitford 1974).
Dm. 3,4 cm. – 3 Gegossener Goldfingerring mit antithetischer Maskenzier des 9./10. Jhs. aus der Seine in Rouen; Mus. Rouen (nach
Coutil 1930). H. 3,6 cm.
habe. Nach Notger trug er stets ein Schwert mit goldenem oder silbernem Griff und Gehenk, das edelsteinverzierte Schwert jedoch nur bei besonderen Festlichkeiten 55. Allenfalls zu solchen festlichen Anlässen
dürften besonders große Schmuckstücke wie der »Talisman« Karls des Großen (A11) und das »Brustkreuz«
des Berengar (A31) angelegt worden sein.
Auf die Frage, ob sich die Karolinger auch mit Fingerringen schmückten, gibt es derzeit keine klare Antwort.
In den Herrscherbildnissen sucht man vergeblich nach Belegen dafür 56. Dagegen finden sich unter den
erhaltenen Stücken ebenso wuchtige wie kostbare Exemplare, die nur von sehr ranghohen Männern, wie
es Könige sind, getragen worden sein können. Zu nennen wären etwa ein voluminöser Goldfingerring mit
geklammerten Filigrandrahtranken und nielliertem Kreuzdekor des 9. Jahrhunderts, dessen Fundort unbekannt ist (Abb. 12, 1) 57, der außergewöhnlich große und schwere Goldfingerring mit niellierten Tierornamenten im angelsächsischen Trewhiddlestil des 8./9. Jahrhunderts aus dem Reno in Bologna (Abb. 12, 2) 58
und der mit antithetischen Maskenreliefs verzierte Goldfingerring des späten 9. oder 10. Jahrhunderts aus
der Seine in Rouen (Abb. 12, 3) 59. Auch der bei Norden gefundene Goldfingerring des 9. Jahrhunderts, der
auf seinem tordierten Kopf die Figur eines schlafenden, aber dennoch wachsamen Löwen trägt 60, wird
ursprünglich einem Herrscher gehört haben.
Von den Siegeln, mit denen die Karolinger ihre Urkunden beglaubigten, sind nur noch die ovalen Wachsabdrücke vorhanden 61. Für diesen Rechtsakt haben sie – im Unterschied zu den Merowingern – anschei-
55
56
57
Notkeri Gesta Karoli Magni Imperatoris I c. 34 (Buchner 1964,
374-375). – Schramm / Mütherich 1962, 90. – Vierck 1980,
466f.
Schramm 1983, Taf. 279ff.
Kat. London 1930, 84 Nr. 20 Taf. 17, 20; 20, 20. – MacGregor
1997, 253 Nr. 136.6.
58
59
60
61
Peroni 1967, 66f. Abb. 37a-d. – Bruce-Mitford 1974, 315 Taf.
101b-d. – Mitchell 2000, 409 Abb. 273.
Coutil 1930, 90f. 102 Taf. B, A-B.
Paulsen 1932, 240 Taf. 33, 4.
Schramm 1983, Nr. 1-3, 12-13, 18, 24, 29, 49-50. – Kittel 1970,
207ff. Abb. 125. – Wiegartz 2004, 233f.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
169
Abb. 13 Goldschmuck aus mutmaßlich königlichem Besitz. – 1 Goldene Kreuzfibel des 8. Jhs. aus der Pfalz Quierzy; Bayerisches Nationalmus. München (nach Haseloff 1990). H. 4,9 cm. – 2 Rekonstruktion einer Kreuzfibel der Zeit um 800, deren Goldzellenschmelzen
als Spolien das Reliquiar des Pippin II. von Aquitanien (838-865) im Schatz der Abtei zu Conques zieren (nach Schulze-Dörrlamm 1997).
H. ca. 12 cm. – 3 Goldscheibenfibel des 9. Jhs. aus Oldenburg-Wechloy; Mus. Oldenburg (nach Haseloff 1990). Dm. 5,4 cm. – 4 Goldriemenzunge mit Goldzellenschmelz des 9. Jhs. aus dem Rhein; Rijksmus. Amsterdam (nach Haseloff 1990). H. 3 cm.
nend keine Siegelringe, sondern Petschafte benutzt. Denn während kein einziger Siegelring bekannt ist 62,
existiert immerhin ein Gagatsiegelstein Kaiser Ludwigs II. (850-875), der in Grüningen-Holzhausen (Kt.
Zürich/CH) (Abb. 9, 2) aus dem Acker gepflügt wurde (A21). Und das verschollene Prozessionskreuz der
Kollegiatskirche Santa Maria zu Besalú (prov. Girona/E) trug einst ein großes, ovales Siegel aus »dunklem
Stein« mit der Inschrift + KARLVLVS REX / INPERATOR 63.
Beim persönlichen Schmuck von Königen und Kaisern der Karolingerzeit handelte es sich immer um Unikate, die meistens aus echtem Gold bestanden und zusätzlich einen flächendeckenden Edelsteindekor
62
Ein schwerer Goldsiegelring mit der Büste Karls des Großen und
der Umschrift + XPE PROTEGE CAROLVM IMPERATOREM, der
sich in Privatbesitz befindet und mir kürzlich zur Begutachtung
vorgelegt wurde, erwies sich aufgrund der Schriftanalyse von
Prof. Dr. Sebastian Scholz (Akademie der Wissenschaften und
170
63
Literatur in Mainz, heute Universität Zürich) und der chemischen
Goldanalyse von Dr. Susanne Greiff (RGZM, Mainz) als Fälschung.
Schramm 1968, 22-33.
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
und/oder Zellenschmelze sowie Perlen, außerdem aufgelötete Filigrandrahtornamente, Blechblüten oder
figürliche Reliefs tragen konnten (Tab. 1, Spalt e 14-15). Deshalb lassen sich dem König und seinem engsten
Familienkreis auch singuläre Goldschmuckstücke mit entsprechendem Dekor 64 gut zuordnen, wie zum
Beispiel die Kreuzfibel aus der Pfalz Quierzy (dép. Aisne/F) (Abb. 13, 1) 65, eine mutmaßliche Kreuzfibel
(Abb. 13, 2), deren Goldzellenschmelze zum Schmuck des »Pippin-Reliquiars« in Conques (dép. Aveyron/F)
wiederverwendet wurden (A19) 66, die beiden großen Scheibenfibeln aus Dorestad (prov. Utrecht/NL) und
Oldenburg-Wechloy (D) (Abb. 13, 3) 67, eine im Rhein gefundene Riemenzunge mit Goldzellenschmelz
(Abb. 13, 4) 68 sowie zwei edelsteinverzierte Goldanhänger, nämlich den mit dem Gagatsiegelstein eines
ungenannten Königs aus Sens (dép. Yonne/F) (Abb. 14, 2) 69 und den mit einer römischen Onyxgemme aus
der Nähe von Die (dép. Drôme/F) (Abb. 14, 1) 70. Dazu gehört ferner die beidseitig verzierte Goldriemenzunge aus Wiesbaden, die bei den warmen Heilquellen im Wellritztal aufgefunden wurde (Abb. 14, 3) 71.
In das 9. Jahrhundert zu datieren ist diese Riemenzunge aufgrund ihrer gedrungenen Form, ihrer beidseitigen, aber unterschiedlichen Verzierung mit Zellenschmelzbändern, die sich einrollen wie auf der Engerer Burse 72, sowie der Almandinrundeln in Breitfassungen und einer vollplastischen Löwenfigur im durchbrochenen Mittelmedaillon, deren spitze Pupillen denen einiger Figuren auf den Goldreliefs des Mailänder
»Paliotto« 73 auffällig gleichen. Dieses Kleinod ist das bislang einzige Indiz dafür, dass die Thermalquellen
Wiesbadens schon von den Karolingern aufgesucht worden sind.
Der kaiserliche Säbel mit goldenem Griff und goldener Scheide (A14) sowie der Riemenschieber einer
Sporengarnitur 74 aus dem Pilastersarkophag in der Lorscher Königsgruft (A24) bezeugen, dass Kaiser und
Könige auch Gegenstände aus Gold besaßen, die nur wenig oder gar keinen Perlen- und Edelsteinschmuck,
aber einen besonders hochwertigen Tier- oder Pflanzendekor aufwiesen. Deshalb gibt es keinen Grund
daran zu zweifeln, dass die Riemenzunge aus der Umgebung von Châteauroux (dép. de l’Indre/F) (Abb.
15, 1) 75 und der kleeblattförmige Schwertgurtbeschlag aus dem um 848/56 vergrabenen Wikingerschatz
von Hon in Norwegen (Abb. 15, 2) 76 aus Hofwerkstätten der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts stammen.
Der Überlieferung nach soll Karl der Große seinen Getreuen schwere, mit Edelsteinen verzierte Goldarmringe als Zeichen dauernden Dienstes überreicht haben 77, von denen allerdings noch kein einziger entdeckt
wurde. Einem Herrscher dürfte aber der verschollene Wulstarmring mit Scharnier, zwei Tierkopfenden und
flächendeckender, insularer Tierornamentik aus dem Reno in Bologna (Abb. 16) 78 gehört haben, obwohl er
keine Edelsteine trägt. Denn unter den zahlreichen Metallarbeiten des 8. bis 9. Jahrhunderts mit Tierornamenten, die überwiegend aus vergoldeter Bronze, selten aus vergoldetem Silber bestehen und nachweislich zur archäologischen Hinterlassenschaft der Oberschicht des Karolingerreiches zählen 79, ist er das einzige Stück aus purem Gold.
64
65
66
67
68
69
70
Vgl. die Qualitätsgruppe I von Spiong 2000, 119.
Haseloff 1990, 85 Abb. 64a. – Schulze-Dörrlamm 1998, 141
Abb. 9, 1.
Schulze-Dörrlamm 1997, 347ff. Farbtaf. 4.
Frick 1992/93, 331f. 406 Nr. 16. 23 Taf. 17, 23. – Haseloff
1990, 83 Abb. 57b und 58b.
Haseloff 1990, 83 Abb. 56.
Perrugot 1993, 247ff. Abb. 2-13. – Die Ränder des Goldanhängers sind mit alternierenden runden und rautenförmigen Glaspasten besetzt und ähneln dem Kantenschmuck des Trierer
Nagelreliquiars aus dem fortgeschrittenen 9. Jh. (vgl. Abb. 4, 1).
Den Rand dieses Goldanhängers, der an der Bahnlinie zwischen
Die und Aspres-sur-Buëch, dép. Hautes-Alpes/F, aufgelesen
wurde, ziert ein Band aus spitzovalen Almandinen oder roten
Gläsern, zwischen denen je zwei Granalien sitzen (Roman 1891,
84f. mit Abb.).
71
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76
77
78
79
Lindenschmit 1870, H. 3 Taf. 6, 1. – Jahrb. RGZM 44/2, 1997,
754f. Abb. 22.
Hubert / Porcher / Volbach 1968, 317 Nr. 316. – Elbern 1965,
Abb. 16. – Haseloff 1990, 85 Abb. 65b.
Haseloff 1990, Abb. 51c. – Capponi 1996, 28-29, 41.
Werner 1969a, 504f. Taf. 25d.
Fraenkel-Schoorl 1978, 358f. Abb. 186. – Lennartsson 1997/98,
564 Nr. 46 Taf. 10, 4. – Wamers 2005, 55. 82 Nr. 24.
Arbman 1937, 151 Taf. 48, 1. – Lennartsson 1997/98, 571 Nr.
98 Taf. 20,1. – Wamers 2005, 55 Abb. 20. – Fuglesang / Wilson
2006, Nr. 25.
Hibernici exulis et Bernowini Carmina III, Versus Karoli Imperatoris V. 94-98. MGH Poetae latinae I, 399. – Hardt 2004, 242.
Schiassi 1810. – Haseloff 1951, 43.
Wamers 1994, 33. – Zur Gesamtverbreitung der Metallarbeiten
im anglo-karolingischen Tierstil (»Tassilokelchstil«) vgl. SchulzeDörrlamm 1998, 143ff. Fundliste I Abb. 2.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
171
Abb. 14 Goldschmuck aus mutmaßlich königlichem Besitz. – 1 Goldanhänger mit römischer Gemme und Filigrandekor des 9. Jhs.,
der an der Bahnlinie zwischen Die und Aspres-sur-Buëch gefunden wurde; Verbleib unbekannt (nach Roman 1891). – 2 Goldanhänger
mit dem Gagatsiegelstein eines ungenannten Königs aus Sens (nach Perrugot 1993). – 3 Goldriemenzunge des 9. Jhs., mit Almandinen, Goldzellenschmelzen und aufgefädelten Perlen aus dem Wiesbadener Wellritztal; Mus. Wiesbaden (Zeichnung: M. Weber, RGZM).
M. = 1:1.
Beim Goldschmuck ohne aufwändigen Dekor und beim vergoldeten Silberschmuck mit Filigrandekor und/
oder Niello-Einlagen sind allerdings die Übergänge zwischen den Pretiosen aus dem Besitz des Königs und
dem des Adels so fließend, so dass man sie allenfalls aufgrund sorgfältiger Abwägungen voneinander
unterscheiden kann. Offenbar waren goldene und silberne Schmuckstücke mit Filigran- oder Perldrahtornamenten zur Karolingerzeit ziemlich selten und recht wertvoll (A28, A33). Dennoch möchte man Arbeiten
mit einfachen, aufgelöteten Knoten oder Pelten, wie den Goldfingerring des 8. Jahrhunderts aus Aschaffenburg (Abb. 17, 1) 80, die goldene Kreuzfibel des 8. Jahrhunderts aus der Wallburg Gaulskopf in Warburg80
Ermischer / Marquart 2000, 64f. Abb. 4.
172
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
Abb. 15 Goldschmuck aus mutmaßlich königlichem Besitz. – 1 Riemenzunge des 9. Jhs. aus Châteauroux, Vorder- und Rückseite; Mus.
Nationale du Moyen-Âge, Paris (nach Wamers 1990). L. 7,6 cm. – 2 Goldener Kleeblattbeschlag eines Spathagurtes aus dem Wikingerschatz von Hon, vergraben um 848/856; Universitetes Oldsaksamling Olso (nach Wamers 1990). H. 8,9 cm.
Ossendorf (Kr. Höxter/D) (Abb. 17, 2) 81 und die goldene Kreuzscheibenfibel des 9. Jahrhunderts aus einem
Sarkophag im Mittelschiff von St. Pierre l’Estrier in Autun (dép. Saône-et-Loire/F) (Abb. 17, 3) 82 kaum mit
dem König, sondern eher mit Adeligen in Verbindung bringen. Dagegen könnte es sich bei den silber81
Best 1997, 159ff. – Best in: Stiegemann / Wemhoff 1, 1999,
248 Nr. IV, 108.
82
Rebourg 1986, 52f. Abb. 2. – Schulze-Dörrlamm 2002b, 144
Abb. 8.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
173
Abb. 16 Goldener Wulstarmring mit Scharnier, zwei Tierkopfenden und insularer Tierornamentik aus dem Reno in Bologna (nach
Schiassi 1810); Verbleib unbekannt. Dm. 8,8 cm.
Abb. 17 Edelmetallschmuck mit Filigranornamenten. – 1 Goldfingerring mit Knotenflechtband des 8. Jhs. aus Aschaffenburg; Germanisches Nationalmus. Nürnberg (nach Ermischer / Markquart 2000). – 2 Goldene Kreuzfibel mit Flechtbanddekor des 8. Jhs. aus der
Wallburg Gaulskopf; Westfälisches Mus. für Archäologie Herne (nach Best 1997). Dm. 2,4 cm. – 3 Goldscheibenfibel mit Peltenkreuz
aus einem Sarkophag in St. Pierre l’Estrier zu Autun (nach Rebourg 1986). Dm. 2,4 cm. – 4 Vergoldete Silberriemenzunge mit Rankenornamenten und nielliertem Randdekor des 9. Jhs. aus der Maas in Roermond; Bonnefantenmus. Maastricht (nach Willemsen 2004).
L. unbekannt. – 5 Silberfingerring mit Filigranranken und blauer Glaseinlage aus dem Münzschatz, der um 879 am Weg von Zuidbarge
nach Emmen vergraben wurde (nach Pleyte 1883). H. 2,8 cm.
174
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
Abb. 18 Mit Löwenreliefs und Niello-Einlagen verzierte, vergoldete Silberbeschläge eines mutmaßlich königlichen Spathagurts des
9. Jhs. aus Loon und einem Moor in der Provinz Drenthe; Mus. van Oudheden Leiden und Provinciaal Mus. Van Drenthe (Fotos: Drents
Museum, Assen und Rijksmuseum van Oudheden, Leiden). L. 5,4/6,8/7,2 cm.
vergoldeten Riemenzungen mit gegossenem und nielliertem Spiralrankendekor aus der Maas in Roermond
(prov. Limburg/NL) (Abb. 17, 4) 83 sehr wohl um Arbeiten höfischer Werkstätten des 9. Jahrhunderts handeln. Dort scheint sogar der Silberfingerring aus dem um 879 am Weg von Zuidbarge nach Emmen (beide
prov. Drenthe/NL) vergrabenen Münzschatz angefertigt worden sein, denn er trägt ähnlich geklammerte
Ranken aus silbernem Filigrandraht (Abb. 17, 5) 84 wie einer der beiden Deckel vom Psalter Karls des Kahlen
(A28).
Offensichtlich vom Spathagurt eines Herrschers stammen die silbervergoldeten und niellierten Gürtelbeschläge des 9. Jahrhunderts aus Loon und einem Moor in der Provinz Drenthe 85, denn sie tragen alle das
Relief eines mit offenen Augen schlafenden, mächtigen Löwen, ein Symbol der ständig wachsamen Obrigkeit 86 – also des Königs (Abb. 18). Vergleichbar naturalistische Löwenreliefs zierten auch den First der
Engerer Burse 87, den First des Bursenreliquiars im Domschatz zu Monza (Abb. 4, 2), den goldenen Riemenschieber aus dem Sarkophag Ludwigs des Jüngeren in Lorsch (Lkr. Bergstraße/D) (A24) sowie die goldenen
Riemenzungen aus Châteauroux (Abb. 15, 1) und Wiesbaden (Abb. 14, 3), kennzeichneten also immer
Pretiosen aus königlichem Besitz.
B ADEL
Angehörige des weltlichen Adels, die durch Herkunft sowie Grundbesitz privilegiert und deshalb auch zur
Herrschaft über andere Menschen berechtigt waren 88, haben nicht nur Klöster gegründet, sondern auch
83
84
85
Lennartsson 1997/98, 570 Nr. 88 Taf. 19, 2. – Willemsen 2004,
86f.
Pleyte 1883, 22f. Taf. 24, 2a-b.
Arbman 1937, 166f. Taf. 48, 2a-b. – Lennartsson 1997/98, 570
Nr. 84 Taf. 17, 11. – Willemsen 2004, 77. – Schulze-Dörrlamm
2008, 391f. Abb. 4.
86
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88
Jäckel 2006, 175.
Hubert / Porcher / Volbach 1968, 288. 317 Nr. 316. – Haseloff
1990, 85 Abb. 65b.
Hechberger 2004, 2f.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
175
viele Kirchen gebaut und ausgestattet. Sie hinterließen jedoch nur wenige Kunstwerke oder Erzeugnisse
des Kunsthandwerks, die man ihnen anhand einer Stifterinschrift eindeutig zuweisen kann. Darunter ist
nichts, was für sie allein typisch gewesen wäre (Tab. 1, Spalt e B). In den schriftlichen Quellen werden zwar
einige Goldgefäße (B1, B3, B4) und einmal sogar eine Goldstatue erwähnt (B10), aber auch Gegenstände
aus vergoldeter Bronze (B3, B7), zu denen sogar der von Herzog Tassilo III. und seiner Gemahlin Liutpirc um
777 gestiftete Spendekelch gehört (B4). Deshalb könnten einige der hölzernen Reliquiare des 8. Jahrhunderts, die mit vergoldeten Bronze- oder Kupferblechen bedeckt sind und keine Stifterinschrift tragen 89,
Geschenke von Adeligen gewesen sein. Deren Stiftungen an die Kirchen und Klöster bestanden aber – den
Schenkungsurkunden an das Kloster Fulda zufolge – meistens aus Ländereien, anderen Immobilien sowie
Bargeld, d.h. aus mehreren Pfund Silber und einigen Unzen Gold 90.
Natürlich gab es unter den Adeligen des Karolingerreiches große Unterschiede in Rang, Macht und persönlichem Reichtum. Angehörige der Reichsaristokratie 91, wie z.B. Markgraf Eberhard von Friaul, verfügten
über außerordentliche Besitztümer (B4). Für viele andere scheinen dagegen Gold und Edelsteine viel zu
kostbar gewesen zu sein, als dass man sie für Luxusgüter wie Schmuck oder Trinkgefäße verschwendet
hätte. Jedenfalls trugen jene silbernen und vergoldeten Reliquiare sowie liturgischen Gefäße, die die adelige
Dame Wuldarniu mitsamt ihrer Eigenkirche in Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen/D) um 810 dem Kloster
Fulda schenkte, überhaupt keinen Edelsteinschmuck (B13). Gegenstände aus Gold hat sie sich anscheinend
ebenso wenig leisten können wie Dadila, ein mit Land begüterter Vasall Karls des Großen, dessen verkaufter (einziger?) Goldbecher ein Geschenk seines Kaisers gewesen war (B3).
Über das Aussehen männlicher Adeliger geben Miniaturen und vereinzelte Wandgemälde des 9. Jahrhunderts Aufschluss. Demnach unterschied sich ihre Kleidung in Art und Zuschnitt nicht wesentlich von der
Alltagskleidung des Herrschers 92. Wie z.B. auf der Miniatur König Davids im Goldenen Psalter von St. Gallen aus dem Ende des 9. Jahrhunderts zu sehen ist (Abb. 19) 93, trugen sie einen Mantelumhang, der auf
der rechten Schulter entweder mit einer Fibel zu schließen oder zu verknoten war, eine kurze, d.h. knielange, gegürtete Tunika über einer Kniebundhose sowie Beinlinge, die durch gekreuzte Bänder gehalten
wurden 94, und außerdem kurze Lederstiefel mit Sporen. Wahrscheinlich waren die Stoffe aber von etwas
minderer Qualität und hatten gedämpftere Farben oder schlichtere Muster 95. Darauf deutet jedenfalls die
dezente Kleidung des Stifters aus weltlichem Adel hin, der auf dem Apsisfresko in der karolingischen Kirche
von Mals (reg. Trentino-Südtirol/I) dargestellt wurde 96. Auch Materialwert sowie Dekor des Kleidungszubehörs, der Schmuckstücke und Waffen von adeligen Kriegern werden natürlich geringer gewesen sein,
damit der Rangabstand zum Herrscher gewahrt und erkennbar blieb.
Mit den archäologischen Funden steht ein riesiges Quellenmaterial zur Verfügung, aus dem man die Hinterlassenschaften des Adels aussondern kann. Das ist bereits bei Untersuchungen der Waffenbeigaben von
Kriegergräbern in den Randgebieten des Karolingerreiches und durch detaillierte Qualitätsuntersuchungen
anderer Beigaben gelungen. So konnte nachgewiesen werden, dass Adelskrieger im 8. Jahrhundert Schwer89
Vgl. die Reliquiare aus Andenne, prov. Namur/B; St. BonnetAvalouze, dép. de la Corrèze/F; Chur, Kt. Graubünden/CH
(Baum 1937, Nr. 112-114 Taf. 35-36), Baume-les-Messieurs,
dép. Jura/F (Schulze-Dörrlamm 1998, 131ff. Abb. 1; 12), Ellwangen, Ostalbkreis/D (Wamers 2005, 102 Nr. 32), Fritzlar,
Schwalm-Eder-Kreis/D (Roth 1981, 1ff. Abb. 5), Maaseik, prov.
Limburg/B (V. H. Elbern in: Stiegemann / Wemhoff 2, 1999,
529f. Nr. VIII, 17) und Muotathal, Kt. Schwyz/CH (Thurre 1993,
133 Abb. 11), aber auch die ungewöhnlich großen Medaillons
aus dem Burgwall Bojná, okr. Topoľčany/SK (Pieta / Ruttkay
2006, 35ff. Abb. 11-20), die offensichtlich die »Himmelfahrt
Christi« darstellten und wahrscheinlich auf der Schauseite eines
Lesepultes aufgenagelt waren.
176
90
91
92
93
94
95
96
Dronke 1850/1962. – Vgl. auch die zahlreichen Stiftungen der
Grafen Alemanniens zu karolingischer Zeit (Borgolte 1986, passim).
Hechberger 2004, 11.
Müller 2003a, 155ff.
Eggenberger 1987, 10. 61ff. Abb. 3.
Bartel 2002/03, 264ff. Abb. 9-17.
Zu den unterschiedlichen Qualitäten der »friesischen Tuche«
vgl. Peek / Siegmüller 2007, 283ff.
Hubert / Porcher / Volbach 1969, 19ff. Abb. 18. – Vierck 1980,
466 Abb. 2a.
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
Abb. 19 Die Miniatur König Davids im Goldenen Psalter von St. Gallen aus dem Ende des 9. Jhs. lässt einerseits die Ähnlichkeit der
Kleidungsstücke des Herrschers und seiner Adelskrieger erkennen, andererseits aber auch die Abweichungen in Details, an denen der
Rangunterschied ablesbar war (nach Eggenberger 1987).
ter benutzten, deren tauschierte Handhabe mit kleinen Glas- oder Almandineinlagen verziert war (Abb.
20) 97, und dass ihre Sporen, Spathagurtbeschläge, Gürtelschnallen, Riemenzungen etc. aus feuervergoldetem Silber- oder Bronzeguss mit Tierornamenten im Tassilokelchstil (Abb. 21) bestanden 98. Im 9. Jahr97
98
Vierck 1980, 487 Abb. 2, 2. – Kriegergräber in Lankern, Kr. Borken/D, und Lembeck, Kr. Recklinghausen/D (H. Westphal in:
Stiegemann / Wemhoff 1999, Bd. 1, 288 Nr. V. 37 und 308 Nr.
V. 81).
Wamers 1994, 32. – Kleemann 2002, 367ff. – Funde des 8. Jhs.
mit Ornamenten im Tassilokelchstil: Ingelheim (Grewe 2003,
167ff. Abb. 2), Trebur, Lkr. Groß-Gerau/D (Göldner 1997, 154
Abb. 11, 2), aus der Umgebung von Mainz (RGZM Kopie Nr. 8.
– Riegl / Zimmermann 1923, 67 Abb. 56. – Schulze-Dörrlamm
1998, 144 Fundliste I, 30), Mainz (Schulze-Dörrlamm 1998, 136
Abb. 6, 1), aus dem Rhein bei Mainz (Lindenschmit 1894, 302f.
Taf. 8, 12. – Haseloff 1951, 36 Taf. 12) und aus Carnuntum (Kat.
Speyer 2007, 216).
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
177
Abb. 20 Schwerter von Adelskriegern des späten 8. Jhs. – 1 Kriegergrab von Lankern, Kr. Borken. Spathagriff mit mehreren Zeilen
aus Buntmetallrundeln, in denen rote und grüne Glasplättchen liegen. – 2 Kriegergrab 133 von Lembeck, Kr. Recklinghausen. Spathagriff mit Plattierungen aus Buntmetall und Rundeln mit roten Glaseinlagen; Westfälisches Mus. für Archäologie Münster (nach Stiegemann / Wemhoff 1999).
hundert bevorzugten sie statt dessen Silber- oder Bronzegüsse mit üppigen Pflanzenreliefs 99, wie sie z.B. die
vergoldeten Silberriemenzungen aus den Schatzfunden von Rijs (prov. Friesland/NL) und Muizen-aan-de-Dijle
(prov. Antwerpen/B) (Abb. 22, 3-4) oder die unfertige Bronzeriemenzunge aus einer Werkstatt in Straßburg
tragen (Abb. 22, 2) 100. Natürlich war das Spektrum an Ornamenten und Materialien erheblich größer und
umfasste z.B. auch vergoldete Silber- und Bronzegüsse, die vollständig mit Buckeln bedeckt sind (Abb. 22,
5-6) 101, Silberschmuck mit dekorativen Kerbschnittornamenten (Abb. 23,1-3) 102, mit figürlichen (Abb.
99
100
Lennartsson 1997/98, 543.
Vgl. Funde des späten 8. und des 9. Jhs.: Hamm-Herringen (Kat.
Hamm 2001/02, 181 Abb. VII, 8), Straßburg/Axtgasse (Forrer
1927, 758 Abb. 551), Schatzfund von Rijs (Fraenkel-Schoorl
1978, 369f. Abb. 17. 23 g), Schatzfund von Muizen-aan-deDijle, terminus post quem 866 (Kat. Aachen 1965, Nr. 134 Abb.
26. – Lennartsson 1997/98, 558 Nr. 1 Taf. 1, 1), Kriegergrab von
Mockersdorf, Lkr. Neustadt a.d. Waldnaab/D (Schulze-Dörr-
178
101
102
lamm 2005a, 130f. Abb. 2), Haithabu (Vierck 1984, 387 Abb.
183; Schulze-Dörrlamm 1998, 146 Liste 1, C, 3).
Schulze-Dörrlamm 2005a, 129ff. Abb. 1-4.
Silberne Schmuckstücke mit Kerbschnittdekor aus Aiguisy, dép.
Aisne/F (Moreau 1877-1898, Taf. 55 N.S. 9), Camon, dép.
Somme/F (Böhme 1974, 422 Nr. 53 Taf. 16; Thörle 2001, 357
Nr. 1231-32 Taf. 23, 7-8; MacGregor 1997, 115. 139 Nr. 67.6)
und von unbekanntem Fundort (RGZM, Kopie Inv.-Nr. 6495).
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
1
4
2
3
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5
Abb. 21 Auswahl von vergoldeten Bronzegüssen des 8. Jhs. mit Ornamenten im Tassilokelchstil. – 1 Aus den Bauhorizont der Aula in
der Pfalz Ingelheim; Mus. der Pfalz Ingelheim (nach Grewe 2003). L. 9,2 cm. – 2 Beschlag mit Silbertauschierung aus Trebur; Privatbesitz (nach Göldner 1990). L. 3,4 cm. – 3 Riemenzunge aus der Umgebung von Mainz; Landesmus. Mainz, verschollen (RGZM-Kopie,
nach Riegl / Zimmermann 1923). L. 3,6 cm. – 4 Beschlag mit niellierter Silberauflage und Almandinrundeln. Landesmus. Mainz. H. 4 cm
(nach Schulze-Dörrlamm 1998). – 5 Sporn mit silbernen Perldrähten aus dem Rhein bei Mainz; Landesmus. Mainz (nach Lindenschmit
1894). H. 14 cm. – 6 Fingerring mit blauer Glaseinlage aus Carnuntum; Mus. Carnuntinum (nach Kat. Speyer 2007). H. 3,4 cm.
23, 5) 103 oder unfigürlichen Reliefs (Abb. 23, 4. 6) 104 und nicht zuletzt geschmiedetes Eisen mit Rankenwerk
oder geometrischen Mustern aus goldglänzender Messing- (Abb. 24, 1-3. 7) und Silbertauschierung (Abb.
24, 4-6) 105. Dass gerade Angehörige des Adels solche Arbeiten aus tauschiertem Eisen schätzten, bezeugen
103
104
Vgl. Silberscheibenfibel des 9. Jhs. mit dem Relief eines rückblickenden Vierfüßlers aus Cys-la-Commune, dép. Aisne/F
(Moreau 1877-1898, Taf. 104, N.S. 18).
Silberne Kerbrandfibel mit einer Auflage aus buckelförmigem
Goldpressblech aus Mainz (Schulze-Dörrlamm 2002, 143f. Taf.
4, 4. – RGZM Kopie Nr. 4778). Den voluminösen Silberarmring
aus Domburg (Roes 1954, 65ff. Taf. 19b. – RGZM Kopie Nr.
10401) zieren wulstförmige Bögen, die den bronzeplattierten
und silbertauschierten Bögen auf dem Schwertgriff des Fürstengrabes von Blatnica (Slowakei) aus der Zeit um 800 ähneln
(Fettich 1937, 263ff. Taf. 94-96. – Benda 1963, 199ff. Abb. 12).
105
Tauschierte Fundstücke des 9. Jhs. aus dem Ticino in Pavia (Bertelli / Brogiolo 2000, 100f. Nr. 47 Abb. 57), aus dem Gräberfeld
Cella in Cividale, reg. Friuli-Venezia Giulia/I (Leonardi / Cassanelli 1985, 28 Abb. 13 nach M. della Torre 1822, Taf. I,12), von
unbekanntem Fundort, wahrscheinlich in Italien (Greifenhagen
1975, Taf. 64,13), aus dem Burgstall Pfaffstätt, Bez. Braunau
am Inn/A (Pollack 2004, 663f. Abb. 9 Taf. I, 9), aus der Klosterwerkstatt von San Vincenzo al Volturno (Hodges / Mitchell
1996, 53 Abb. 3,27. – Bertelli / Brogiolo 2000, 429 Nr. 420
Abb. 296), vom Domhof in Hildesheim (Kaufmann / Brockner
2000, 360) und aus der Löhrstraße in Mainz (Wamers 1994, 20
Nr. 043 Abb. 11).
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Abb. 22 Vergoldete Silber- und Bronzegüsse des späten 8. und 9. Jhs. – 1 Vergoldete Bronzeriemenzunge mit Palmettenreliefs aus
Hamm-Herringen, spätes 8. Jahrhundert; Gustav-Lübcke-Mus. Hamm (nach Kat. Hamm 2001). L. 8,7 cm. – 2 Bronzerohguss einer
Riemenzunge mit Rankendekor aus der Axtgasse in Straßburg, 9. Jh.; Mus. Archéologique Strasbourg (nach Forrer 1927). L 9 cm. –
3 Silbervergoldete Riemenzunge mit gegossenen Blattranken aus dem Schatzfund von Rijs, Friesland (T. p. 840); Fries Mus. Leeuwarden
(nach Fraenkel-Schoorl 1978). L. 5,5 cm. – 4 Silbervergoldete Riemenzunge mit Halbpalmetten-Reliefs aus dem Münzschatz von Muizen-aan-de-Dijle (T. p. 866); Mus. Royaux d’Art et d’Histoire Brüssel (nach Lennartsson 1997/98). L. 6,1 cm. – 5 Vergoldete Bronzeriemenzunge mit Buckelzier aus einem Kriegergrab von Mockersdorf, Nordostbayern, 9. Jh.; Archäologische Staatssammlung München
(nach Schulze-Dörrlamm 2005). L. 3,5 cm. – 6 Fragment eines vergoldeten Bronzesporns mit Buckel- und Kerbschnittdekor des späten
8. Jhs. aus Haithabu (nach Vierck 1984). L. 15,3 cm.
zahlreiche Schwerter und Sporen, vor allem aber der zusammenklappbare Ehrensitz aus Pavia (reg. Lombardia/I) (Abb.24,1), dessen Eisengestänge vollständig mit geometrischen Mustern und Rankenornamenten
überzogen ist (B5).
Nachweislich haben Adelige wertvolle Glasgefäße benutzt (B4, B5), darunter auch solche, die mit Goldauflagen verziert waren (Abb. 25, 1) und zu den weit gehandelten Luxusgütern ihrer Zeit zählten 106.
106
Schulze-Dörrlamm 2005b, 355ff. Abb. 5, 1; Verbreitungskarte Abb. 6.
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Abb. 23 Silberschmuck des 8. und 9. Jhs. mit Kerbschnittornamenten, mit figürlichen oder unfigürlichen Reliefs. – 1 Gleicharmige
Bügelfibel mit Kreuzdekor aus Camon, dép. Somme; Ashmolean Mus. Oxford (nach Böhme 1974). L. 13,3 cm. – 2 Scheibenfibel mit
Kreuzdekor aus Aiguisy, dép. Aisne (nach Moreau 1877-1898). Dm. 3,3 cm. – 3 Armring mit Flechtbanddekor, FO. Unbekannt; Privatbesitz, RGZM-Kopie (Foto: V. Iserhardt, RGZM). Dm. 7 cm. – 4 Kerbrandfibel mit goldenem Buckelpressblech aus Mainz; Privatbesitz,
RGZM Kopie. Dm. 2 cm (nach Schulze-Dörrlamm 2002 b). – 5 Silberscheibenfibel mit Tierrelief aus Cys-la-Commune. dép. Aisne (nach
Moreau 1890). Dm. 2 cm. – 6 Wulstarmring mit bogenförmigen Reliefs aus Domburg; Verbleib unbekannt, RGZM-Kopie (Zeichnung:
M. Weber, RGZM). Dm. 10 cm.
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Abb. 24 Eiserne Gegenstände des 9. Jhs. mit »Gold«- und/oder Silbertauschierung. – 1 Faltstuhl aus dem Ticino in Pavia; Mus. Civici
Pavia (nach Bertelli / Brogiolo 2000). H. 58 cm. – 2 Fibel mit Messingtauschierung und aufgestifteten Perlen aus Cividale, Gräberfeld
Cella (nach Leonardi / Cassanelli 1985). Br. 2,9 cm. – 3 Fingerring mit goldtauschierten Ranken und Jaspisgemme, FO unbekannt, wohl
Italien; Antikensammlung, Staatl. Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (Foto: Jutta Tietz-Glagow). H. 2,5 cm. – 4 Eiserne Riemenzunge mit silbertauschiertem Lebensbaum aus dem Burgstall Pfaffstätt (nach Pollack 2004). L. 5,2 cm. – 5 Kleeblattbeschlag mit
tauschierten Ranken aus der Werkstatt des Klosters San Vincenzo al Volturno (nach Hodges / Mitchell 1996). H. 8,7 cm. – 6 Rekonstruktion des tauschierten und silberplattierten Kleeblattbeschlags aus der Siedlung auf dem Hildesheimer Domhof (nach Kaufmann /
Brockner 2000). H. 8,8 cm. – 7 Riemenzunge mit »goldener« Kreis- und Streifentauschierung aus Mainz, Löhrstraße; Privatbesitz (nach
Wamers 1994). L. 5,2 cm.
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M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
7
Abb. 25 Kostbare Glasprodukte des 9. Jhs. – 1 Rekonstruktion eines karolingischen Trichterglases mit applizierten Goldfolien aus
dem Häuptlingshof in Borg auf den Lofoten (nach Henderson / Holand 1992). H. 17,8 cm. – 2 Ovale Fibel mit einem Pseudokameo
aus gegossenem Glas und randlicher Goldflitterauflage in vergoldeter Bronzeblechfassung aus Mertloch; Germanisches Nationalmus.
Nürnberg (nach Ament 1993). L. 6,5 cm. – 3 Rosettenfibel mit vergoldeten Bronzepressblechauflagen und noch fünf der ursprünglich
neun Medaillons mit weißen und dunkelgrünen Kreuzzellenschmelzen aus Westheim; Historisches Mus. der Pfalz Speyer (Zeichnung:
M. Weber, RGZM). Dm. 8,3 cm.
Deshalb können Fibeln vergleichbarer Machart aus dem späten 8./9. Jahrhundert mit einem Pseudokameo
aus zweifarbig gegossenem Glas und mit randlichen Auflagen aus geometrischen Goldflittern (Abb.
25, 2) 107 nicht für die Allgemeinheit, sondern nur für Angehörige der Oberschicht bestimmt gewesen sein.
Das trifft auch auf vergoldete Bronzefibeln mit Einlagen aus Zellenschmelz zu, wie z.B. die große Rosettenfibel des 9. Jahrhunderts von Westheim (Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen/D) (Abb. 25, 3), deren eiserne
Grundplatte mit bronzevergoldeter Pressblechauflage ursprünglich nicht nur fünf, sondern neun 108 Kreuzmedaillons mit dunkelgrünen und weißen Zellenschmelzen getragen hatte. Ihr besonderer Wert ist daran
107
108
Haevernick 1979, 163 Abb. 4, 6. – Ament 1993, 57 Abb. 43.
– Vgl. auch Spiong 2000, 191 Taf. 2,22. – Gaut 2005, 545ff.
Abb. 2-7.
Das Schmuckstück ist also keine Vierpassfibel merowingischen
Typs, sondern eine karolingische Rosettenfibel, wie man sie
auch im Gräberfeld von Micheldorf-Kremsdorf, Bez. Kirchdorf
a.d. Krems/A (Tovornik 1985, 216 Taf. 14, 1), und im Schatzfund von Féchain, dép. Nord/F, aus der zweiten Hälfte des
9. Jhs. gefunden hat (Périn / Feffer 1985, 416f. Abb. 1 Nr. 149.
– Wamers 1994,145 Abb. 86). Auf der im RGZM erhaltenen
Kopie (Nr. 19145) des inzwischen stark zerstörten Originals
(Haseloff 1989, 226f. Abb. 53. – Haseloff 1990, Abb. 114) sind
noch die Reste der geperlten Fassungen aus vergoldetem
Bronzeblech zu sehen, in denen die fünf erhaltenen Zellenschmelz-Medaillons gesessen hatten. Die Fibel musste deshalb
neu gezeichnet werden.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
183
1
2
3
Abb. 26 Münzscheibenfibeln des 9. Jhs. – 1 Goldene Pseudomünzfibel in einer breiten Perldrahtfassung vom Domplatz in Utrecht
(nach Berghaus 1959). Dm. 3,8 cm. – 2 Vergoldete Silberfibel aus einem Denar Lothars I. mit Perldrahtfassung, gefunden im Schatzfund von Muizen-aan-de-Dijle in Brabant, der zwischen 866 und 884 vergraben wurde (nach Schulze-Dörrlamm 1999). Dm. 3,4 cm. –
3 Ungefasste Silberfibel aus einem XP-Denar Ludwigs des Frommen, gefunden in Grab 52 von Wünnenberg-Fürstenberg (nach Melzer
1991). Dm. 3,1 cm.
zu erkennen, dass sie in einem Grabhügel der Hallstattzeit gefunden wurde 109, wo sie – ebenso wie viele
Münzhorte der Karolingerzeit in vorgeschichtlichen Grabhügeln des Nordseeküstengebietes – als »Schatz«
versteckt worden sein dürfte 110.
Eine Sonderstellung unter den karolingischen Mantelfibeln aus Edelmetall nehmen die Münzscheibenfibeln
ein, die seit Beginn des 9. Jahrhunderts in großer Zahl getragen wurden. Da es sich mehrheitlich um Nachahmungen von Münzen römischer Kaiser 111, aber auch um echte Bildnismünzen Karls des Großen und
Ludwigs des Frommen handelt, wollten sich die Träger solcher Fibeln offenbar als Anhänger des erneuerten
Weströmischen Kaisertums bekennen. Die dekorativen Goldfibeln aus römischen Pseudomünzen mit einer
breiten Fassung aus mehreren Perldrähten, von denen eine auf dem Domplatz in Utrecht gefunden wurde
(Abb. 26, 1) 112, wurden natürlich nicht vom Herrscher selbst getragen, könnten von ihm jedoch an Getreue
verschenkt worden sein 113. Sie waren keine typischen Schmuckstücke des Adels schlechthin, sondern wahrscheinlich nur solcher Personen, die damit ihre besonders enge Bindung an den Kaiser zum Ausdruck
bringen wollten 114. Das galt natürlich erst recht für die Besitzer von echten Münzbildfibeln aus Gold oder
109
110
111
Dinklage 1955, 1 Farbtaf. Abb. 2. – Haseloff 1978, 23f. Abb.
8, 9. – Polenz 1988, 436f. Taf. 207, 2. – Haseloff 1990, 102ff.
Abb. 114. – Zur Datierung der kleinen Kreuzemailfibeln mit
Zellenschmelz vgl. Wamers 1994, 50ff.
Aus einer unerkannten karolingerzeitlichen Nachbestattung
wird die Fibel wegen ihrer auffälligen christlichen Symbolik
wohl nicht stammen, weil es Christen ausdrücklich untersagt
war, sich bei oder in heidnischen Grabhügeln beerdigen zu lassen.
Dass zur Karolingerzeit sogar noch äußerst seltene Prägungen
römischer Kaisermünzen verfügbar waren, beweist die feuer-
184
112
113
114
vergoldete Münzfibel mit einfachem Perlrand aus Karlburg, die
nach einem Solidus des Constantius II. (gepr. nach 353) gegossen worden ist (Wamser 1992, 322 Abb. 5 Farbbild 19).
Capelle 1968, 106 Taf. 11, 1. – Schramm 1983, 158 Nr. 13.
161 Nr. 20 Taf. 291,13; 297. – Berghaus 1994, 108. 110 Abb.
70, 3. 6; 71, 5. – Schulze-Dörrlamm 1999, 271ff. Abb. 1, 2;
10,1.
P. Berghaus hielt die zu Schmuckstücken verarbeiteten Münzen
und Münzimitationen für ordensähnliche Dekorationen (Berghaus 1982, 121).
Schulze-Dörrlamm 1999, 280f.
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
vergoldetem Silber mit einfacher Perldrahtfassung wie jene Lothars I. aus dem Schatzfund von Muizen-aande-Dijle (Abb. 26, 2) 115.
Silberne Münzfibeln ohne Herrscherbild in Form von XPISTIANA RELIGIO-Denaren Ludwigs des Frommen
wie z.B. jene aus Grab 52 von Wünnenberg-Fürstenberg (Kr. Paderborn/D) (Abb. 26, 3) 116, die nie gefasst
oder vergoldet worden sind, wird man allerdings nicht dem Adel, sondern eher den »Freien«, also jenem
Teil der Bevölkerung zuschreiben, der durch Arbeit zu etwas Wohlstand gelangt war.
C BISCHÖFE UND ÄBTE
Im Unterschied zum weltlichen Adel haben Bischöfe und Äbte durch zahllose Stiftungen und neue Ideen
erheblich zur Entwicklung der Kunst beigetragen. In ihrem Auftrag entstanden seit dem frühen 9. Jahrhundert Werke von herausragender künstlerischer Qualität oder außergewöhnlicher Form (Tab. 1,
Spalt e C, Zeile 8). Dabei taten sich Einhard als Laienabt von Maastricht und Seligenstadt (C9, C10) sowie
Hrabanus Maurus als Abt von Fulda (C12) und Mainzer Erzbischof besonders hervor (C12, C13). Dieser ließ
auf dem Reliquiengrab des heiligen Erzbischofs Bonifatius († 754) in der Mainzer Marienkirche (vermutlich
854) ein steinernes Grabmal setzen. Es ist nicht nur das erste Bischofsgrabmal, das nördlich der Alpen im
Innern einer Kirche errichtet wurde, sondern zugleich das erste, auf dem der Verstorbene selbst zu sehen
war 117. Denn die Grabmäler anderer Bischöfe und Äbte trugen allenfalls lateinische Inschriften (C35, C1,
C28) 118. Mit dem Mainzer Relief eines bejahrten Mannes in liturgischen Gewändern und mit dem Kreuzstab des Märtyrers in Händen blieb außerdem das älteste Bildnis des bedeutenden Missionars aus Angelsachsen erhalten (Abb. 27, 1). Von Hrabanus Maurus stammt wahrscheinlich auch die ungewöhnliche Idee,
die Schrankenplatten jenes Ziboriums, das er auf der um 845/50 neu erbauten Servatius-Krypta des Mainzer Domes errichten ließ (Abb. 27, 2), mit einem Architekturfries zu versehen, der die Ansicht dieser (mutmaßlichen Hallen-)Krypta zu sein scheint (Abb. 27, 3) 119. In diesem Fall hätte die realistische Darstellung
mittelalterlicher Architektur sehr viel früher eingesetzt, als bislang angenommen wird.
Bischöfe und Äbte haben offenbar als einzige Tafelgemälde in Auftrag gegeben (Tab. 1, Zeile 9) und auch
die ersten sog. »Redenden Reliquiare« (C31) herstellen lassen, deren äußere Gestalt auf den Inhalt hinwies
(vgl. Abb. 4, 1) 120. Einige von ihnen statteten ihre Bischofs- oder Klosterkirchen sogar mit Marmorarbeiten
aus (Tab. 1, Spalt e C, Zeile 7). Da Marmor zur Karolingerzeit im Raum nördlich der Alpen extrem selten
war, kann das aus einer unbekannten Mainzer Kirche stammende, marmorne Weihwasserbecken mit
unvollständiger Inschrift der Zeit um 900 (Abb. 28) 121 also keinesfalls die Stiftung irgendeines Pfarrers,
sondern nur die des Erzbischofs selbst gewesen sein. Ebenso wie das berühmte »Hatto-Fenster« (C14)
gehört es wahrscheinlich zu jenen Arbeiten, mit denen Hatto I. (891-913) die Mainzer Kirchen ausgeschmückt hat.
115
116
117
118
Von der rückseitigen Halterung der Fibel sind nur noch die Lötspuren vorhanden (Schulze-Dörrlamm 1999, 281 Nr. 2 Abb. 3,
8).
Melzer 1991, 76 Abb. 51, 1. – Schulze-Dörrlamm 1999, 271f.
Abb. 1, 1.
Schulze-Dörrlamm 2004a, 340f.; 2009a, 22ff. Abb. 3.
Nur in Italien und Südfrankreich wurden die Inschriften von
Epitaphien zusätzlich mit einem schmückenden Rahmen aus
Ranken versehen wie die Grabplatte des Papstes Hadrian I.
119
120
121
(A40) oder mit einem Flechtband umrandet wie der Grabstein
des Bischofs Bernouin von Viviers († 873) in Bourg-SaintAndéol (Hubert 1938, 163 Taf. 39h. – Chatel 1985, 201ff. Taf.
7, 1. – Vieillard-Troïekouroff 1995, 64).
Schulze-Dörrlamm 2006, 289f. Abb. 2. 9; 2009a, 19ff. Abb. 2.
Braun 1940, 380ff. – Meyer 1950, 57. – Westermann-Angerhausen 1990, 17.
Arens 1958, 346f. Nr. 651. – Schulze-Dörrlamm 2009a, 26f.
Abb. 5.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
185
1
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3
Abb. 27 Kunstwerke, die Erzbischof Hrabanus Maurus in Mainz errichten ließ. – 1 Schauseite des Grabmals aus Kalkstein mit dem
Bild des hl. Bonifatius († 754), das auf dem Reliquiengrab des Märtyrers in der Marienkirche gestanden hat. Bischöfliches Dom- und
Diözesanmus. Mainz (Foto: M. Hankel-Studio, Bodenheim). H. noch 107 cm, Br. 55 cm. – 2 Ergänzte Sandsteinplatte der Chorschranke
(um 845/50) des Alten Domes, die in der St. Johanneskirche aufgefunden wurde (Landesmus. Mainz). H. ca. 103,5 cm, Br. ca. 84 cm. –
3 Rekonstruktion der Chorschranke des Ziboriums mit darunter liegender Hallenkrypta des Alten Domes, deren Schauseite wahrscheinlich auf dem Fries der Chorschrankenplatte dargestellt war (Zeichnungen: J. Ribbeck, RGZM).
Die hochrangigen Vertreter der Kirche sind von den Herrschern zwar mit besonders kostbaren Elfenbeinarbeiten bedacht worden (Tab. 1, Spalt e A, Zeile 10), doch haben Bischöfe und Äbte die allermeisten
Buchdeckel, Reliquiare, Kelche, liturgischen Fächer und Kämme in eigenen Klosterwerkstätten schnitzen
lassen. Patriarch Fortunatus von Grado übergab 803 Karl dem Großen in Aachen zwei wunderschön
geschnitzte Türen aus Elfenbein als Gastgeschenk (C15). Vollständig erhalten sind diese zwar nicht, doch
186
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
Abb. 28 Das Weihwasserbecken aus gelblichem Marmor mit lateinischer Inschrift der Zeit um 900 aus einer unbekannten Kirche in
Mainz ist das älteste, noch erhaltene im Raum nördlich der Alpen; Landesmus. Mainz (Foto: Landesmuseum Mainz © Ursula Rudischer).
Dm. 61 cm, H. 29 cm.
könnten jene sechs Elfenbeintafeln im Hochrelief, die teils aus dem 6., teils aus dem 8. Jahrhundert 122
stammen und den Aachener Ambo Heinrichs II. zieren 123, die übrig gebliebenen Füllungen ihrer Kassetten
sein (Abb. 29).
Geistliche, denen kein kostbares Elfenbein zur Verfügung stand, stifteten Reliquiare mit Beschlägen aus
Bein (C20), Geweih oder Walrosszahn. Neben schlichten Behältern 124 gab es prächtige Exemplare, denen
man Vermögen und vornehme Herkunft ihres Stifters durchaus ansehen kann. Denn das »Werdener Kästchen« des späten 8. Jahrhunderts (C27) mit durchbrochenen Walrosszahn-Beschlägen, die einst rot eingefärbt und mit goldglänzenden Kupferfolien unterlegt waren (Abb. 30, 1) 125, gehörte bezeichnenderweise dem Missionar und ersten Münsteraner Bischof Liudger († 809), der aus friesischem Adel stammte
und es seinem Eigenkloster (!) in Werden hinterlassen hat.
Ein durchbrochenes, rechteckiges Geweihrelief derselben Zeit von gleicher Machart und mit ähnlichem
Dekor wurde im Chor der St. Walburgis-Kirche der Wüstung Hausen bei Lich (Lkr. Gießen/D) gefunden
(Abb. 30, 2) 126. Es stammt von einem Reliquiar aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, das bei der
122
123
124
Der Lanzenreiter (Volbach 1979, 61 Nr. 77 Taf. 44) steht in
einem typischen Schlaufensteigbügel des 8. Jhs. – J. Kleemann
zählt Schlaufensteigbügel mit abgedrehter Tragöse zu den Leitformen seiner Zeitstufe III (730/40-760/70) (Kleemann 2002,
279 Abb. 82, Typ 2).
Schramm / Mütherich 1962, 165f. Nr. 137 Taf. 358. – Beckwith
1963, 54 Abb. 101-108. – Volbach 1979, 59ff. Nr. 72-77 Taf.
41-44.
Vgl. das Deckelkästchen aus St. Ursula in Köln (Ornamenta
Ecclesiae. Kat. Köln 2 [Köln 1985] Nr. E 110), das Kästchen mit
Schiebedeckel aus S.Giovanni i Reparata in Lucca (C.Barrachini,
s.v. Lucca. In: Encyclopedia dell’Arte Medievale VIII [Roma
1997] 14f.) und die Burse aus der Pfarrkirche in Schüpfheim
(Horat 1982, 58ff. Abb. 1-5).
125
126
Schulze-Dörrlamm 2002a, 293f. Farbtaf. 11-15. – V. H. Elbern
bekräftigte kürzlich noch einmal seine alte Rekonstruktion der
Werdener Kastenbeschläge aus dem Jahre 1962 (Elbern 2006,
33ff. Abb. 1-4). Sie ist jedoch abzulehnen, weil er die vielen
Gegenbeweise wie z.B. die vom Restaurator H. Staude entdeckten Original-Anschlüsse der über die Stoßkanten der Beinleisten hinweglaufenden Gravuren und die Nagelspuren des
verlorenen Kastenschlosses auf der Schauseite (Schulze-Dörrlamm 2002a, 291 Abb. 55, 1 Taf. 60 Farbtaf. 9, 1; 13) nicht zu
entkräften vermag.
Elbern 1971, 73ff. Abb. 1-2. – D. von Reitzenstein in: Roth /
Wamers 1984, 326 Nr. 218 Titelbild. – Schulze-Dörrlamm
2003, Taf. 71, 1; 2009b.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
187
Abb. 29 Rekonstruktion der geschnitzten Elfenbeintür des Patriarchen Fortunatus von Grado, seinem Gastgeschenk für Karl den
Großen von 803, anhand der sechs in Aachen erhaltenen Elfenbeintafeln des 6. und 8. Jhs. Aachen, Domkanzel (Rekonstruktionszeichnung: M. Weber, RGZM).
188
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
Abb. 30 Durchbrochene »Bein«-Arbeiten aus der zweiten Hälfte des 8. Jhs. – 1 Kreuzigungsdarstellung auf dem Deckel des Reliquienkastens von Essen-Werden, dessen durchbrochene Walrosszahnplättchen alle rot eingefärbt und mit Kupferfolie unterlegt waren (Rekonstruktion H. Staude u. Ch. Eckmann; Foto: S. Steidl RGZM). L. 36 cm, Br. 19 cm. – 2 Ergänzter Geweihbeschlag eines Reliquiars mit
zwei adossierten, rückblickenden Paarhufern über einem geometrischen Ornamentband aus dem Chor der Kirche der Wüstung Hausen
bei Lich, Lkr. Gießen. Privatbesitz Solms; Kopie RGZM (Foto: V. Iserhardt, RGZM). L. noch 8 cm.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
189
Weihe im Altarsepulcrum deponiert worden und eine Stiftung des Abtes Beatus von Honau gewesen sein
dürfte 127. Dieser hatte seinem Kloster 778 eine Kirche in Mainz und sieben Kirchen in Oberhessen geschenkt, darunter auch eine Kirche an einem namenlosen Ort, den man der Lagebeschreibung nach mit
dem späteren Hausen identifizieren kann.
Metallarbeiten, die im Auftrag von Bischöfen oder Äbten hergestellt wurden, bestanden aus Gold, Silber
oder vergoldeter Bronze. Häufig ließen sie Altäre und Heiligengräber mit »Gold und Silber« oder Edelmetall
verkleiden (C1, C5, C13, C14; C22, C24). Dabei wird es sich zumeist um Silberbleche mit partieller Vergoldung gehandelt haben. Von den zahllosen liturgischen Gefäßen aus Edelmetall, Elfenbein, Onyx, Bergkristall oder goldverziertem Glas sind zwar einige erhalten geblieben 128, in Deutschland aber kein einziges.
Immerhin stammt aus Mainz ein singulärer Silberspatel mit vergoldetem Löffelchen, der wegen seines auffälligen, vergoldeten Kreuzdekors sicher nicht als chirurgisches oder kosmetisches Gerät verwendet worden
ist (Abb. 31) 129. Er könnte jedoch dazu gedient haben, dem Messwein einen kleinen Tropfen Wasser beizufügen, also eines der wenigen, noch erhaltenen »Kelchlöffelchen« des 8./9. Jahrhunderts sein 130.
Bischöfe und Äbte des Karolingerreiches waren überwiegend adeliger Herkunft 131, traten daher standesgemäß auf und haben sich im 8. Jahrhundert sogar aktiv an den Kriegszügen des Königs beteiligt 132. Als
Kleriker besaßen sie damals zwar schon einen besonderen Haarschnitt (Tonsur), aber keineswegs alle eine
Amtskleidung, an der sie im Alltag zu erkennen gewesen wären. Zwar hatte man ihnen schon in der ersten
Hälfte des 8. Jahrhunderts vorgeschrieben, weder die Kleidung der Laien, d.h. den gefibelten Mantel, noch
Waffen anzulegen, sondern stattdessen eine lange Tunika mit Kopfbedeckung zu tragen 133. Dennoch
unterschied sich die Alltagskleidung vieler Bischöfe zunächst nicht von der des weltlichen Adels 134. Erst zu
Zeiten Ludwigs des Frommen (814-840) begannen alle Bischöfe, ihren Gürtel, der mit goldenem Schwertgehänge und edelsteinverziertem Messer beschwert war, ebenso abzulegen wie kostbare Gewänder sowie
Stiefel und Sporen 135. Seither trugen sie einen einfarbigen, kaselartigen Mantel mit Halsausschnitt über der
knöchellangen, weißen Tunika mit einem Gürtel, dessen Schnalle von deren Bausch verdeckt wurde, an
dem aber eine sichtbare Riemenzunge hängen konnte. Das deutet ein Relief des heiligen Sigibert auf seinem verlorenen Schrein des Klosters Disentis aus dem frühen 9. Jahrhundert an (Abb. 32, 1) 136 und das
bezeugt eine Miniatur der Bibel St. Paul vor den Mauern in Rom (um 870), auf der Aaron und seine Söhne
in karolingerzeitlichen Gewändern zu sehen sind (Abb. 32, 2) 137. An archäologischen Spuren könnten deshalb außer goldenen Bischofsringen sowie den hölzernen Bischofstäben (C28) 138 als Insignien des Hirtenamtes, allenfalls Schnallen und Riemenzungen der Gürtel erhalten geblieben sein.
127
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131
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133
Großmann 1984, 289f. – Schulze-Dörrlamm 2009b.
Vgl. die Nummern A45, B4, C20 und den Elfenbeinkelch des
»hl. Lebuinus« aus dem frühen 9. Jh.: Elbern 1964, 75, Nr. 35
Abb. 10/11. – Koldeweij 1985, 76f. Abb. 39. – Wamers 1991,
109. 115f. Abb. 8-9. – Elbern 1998, 123ff. Abb. 1. 3. 5-6. 11.
Von dem Spatel (Schulze-Dörrlamm 2009a, 31 Abb. 8b), dessen Abformung der Mainzer Antiquar Jehring im 19. Jh.
erlaubt hatte, blieb die Kopie erhalten (RGZM, Inv.-Nr. 7180).
Alle anderen bisher bekannten Spatel gleicher Form aus
Römerzeit und frühem Mittelalter bestehen aus Bronze oder
Bein und tragen allenfalls spärliche geometrische Ritzornamente.
Dass das winzige, vergoldete Löffelchen des Silberspatels als
»Kelchlöffelchen« durchaus zu verwenden wäre, bestätigte mir
freundlicherweise Herr Prälat Dr. h. c. Walter Seidel vom Bischöflichen Ordinariat in Mainz.
Hechberger 2004, 12.
Staab 1994, 249ff. – Riché 1999, 105f.
Müller 2003a, 137ff.; 2003b, 436.
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137
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Scheibelreiter 1999, 178. – Selbst der hl. Liudger, der aus
friesischem Adel stammende Missionar und erste Bischof von
Münster († 809), soll sich mit den besten, seiner Person angemessenen Gewändern gekleidet, auf der Haut jedoch ein
Büßergewand getragen haben, von dem außer seinen Vertrauten niemand etwas wusste (Vita sec. S. Liudgeri lib. I, Kap. 31:
In: Diekamp 1881, 78. – Angenendt 2005, 129).
Anonymi vita Hludowici c. 28, 30 (Büchner 1955, 303). –
Vierck 1980, 480. – Müller 2003a, 140.
Beutler 1964, 39 Abb. 7. – Bertelli / Brogiolo 2000, 400 Nr. 385
Abb. 263.
Wamers 2005, 94 Abb. 33. – Aaron und seine Söhne tragen
keine Messgewänder, denn die Alben katholischer Priester
besitzen keine goldenen Randsäume und ihre Gürtel werden
nur verknotet, so dass die beiden Enden gleich lang herunterhängen, so wie die Quasten des erhaltenen Cingulums des
Augsburger Bischofs Witgarius (C2).
Im Garten des Bischofs von Autun fand sich das Fragment
eines bronzevergoldeten Bischofs- oder Abtstabes mit der eingravierten Inschrift des Wilharius, der aus dem 8./9. Jh. stammen könnte (Dabrowska-Zawadzka 1995, 308ff. Abb. 1).
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
2
1
Abb. 31 Mainz. Silberspatel mit vergoldetem Kreuzdekor und vergoldetem Löffelchen aus dem 8./9. Jahrhundert. – 1 Vorder- und
Rückseite. – 2 Foto der Schauseite (S. Steidl, RGZM). Privatbesitz, RGZM-Kopie. L. 12 cm.
Über das Aussehen damaliger Bischofsringe liegen aus Mangel an Grabfunden bisher keine sicheren Erkenntnisse vor. Wahrscheinlich trugen sie einen ungravierten Edelstein 139, vielleicht auch eine Gemme wie
der legendäre Goldring des heiligen Arnulf von Metz († 640) 140 oder womöglich ein deutlich sichtbares
Kreuzzeichen 141 wie der niellierte Goldfingerring aus Mainz, dessen gewölbte Kopfscheibe mit einem großen Kreuz im angelsächsischen Trewhiddlestil des 8./9. Jahrhunderts verziert ist (Abb. 33, 1) 142 und ein
Goldfingerring des 9. Jahrhunderts mit gleicharmigem Goldkreuz in blauer Emaileinlage (Abb. 33, 2) 143.
139
140
141
J. Braun, s.v. Bischofsring. In: Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte II (Stuttgart, Waldsee 1948) 783ff. – J. Wagner, s.v.
Ring, in: Lexikon für Theologie und Kirche 8 (Freiburg 1963)
1315f.
Hauck 1970, 157 Abb. 1. – Wagner 2001, 49f. Abb. 022.
Ein Goldfingerring mit durchbrochenem, gleicharmigem Kreuz
fand sich z.B. im Sarkophag des 1022 gestorbenen Bischofs
Gérard von Limoges in der Abteikirche von Charroux (Delage
1941, 73 Abb.).
142
143
RGZM Kopie Nr. 1224. – Jahrb. RGZM 48/2, 2001, 630 Abb.
40. – Schulze-Dörrlamm 2002a, 349 Abb. 54, 2; 2002b, 143ff.
Abb. 9, 1.
Der im Hessischen Landesmuseum Darmstadt befindliche
Goldring mit der mutmaßlich falschen Fundortangabe »Esselborn bei Alzey« (KG 54:303) ist 1,7 cm hoch und 3,2 cm breit:
Degen 1955, 37. – V. H. Elbern in: Kat. Aachen 1965, 383
Nr. 564b.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
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1
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Abb. 32 Darstellungen von Klerikern in ihren Alltagsgewändern, die einen Gürtel mit Riemenzunge tragen. – 1 Relief des hl. Sigibert
auf den vergoldeten Kupferblechen seines verlorenen Schreines aus dem frühen 9. Jahrhundert im Kloster Disentis. Zeichnung: F. Birchler 1786, Stiftsarchiv St. Gallen (nach Bertelli / Brogiolo 2000). – 2 Aaron und seine Söhne auf einer Miniatur der Bibel von St. Paul vor
den Mauern in Rom aus der Zeit um 870 (nach Wamers 2005).
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M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
1
2
3
Abb. 33 Fingerringe und eine Riemenzunge, die von Bischöfen getragen worden sein könnten. – 1 Mainz. Goldfingerring mit gewölbter, niellierter Kopfscheibe, die mit einem großen Kreuz, dem Haupt Christi und vier kauernden Tieren im angelsächsischen Trewhiddlestil des 8./9. Jhs. verziert ist. Privatbesitz, RGZM-Kopie (nach Lindenschmit 1870). H. 2,4 cm. – 2 FO. unbekannt. Goldfingerring des
9. Jhs. mit blauer Emaileinlage, in die ein gleicharmiges Goldkreuz eingelassen ist; Hessisches Landesmus. Darmstadt. – 3 Trier, Abteikirche St. Maximin. Silbervergoldete Knopfriemenzunge mit Kerbschnittornamenten des 8. Jhs. aus Sarkophag 181; Bischöfliches Domund Diözesanmus. Trier (Foto: F. R. Schneider). L. 6,3 cm.
Bei den Riemenzungen des 8. und 9. Jahrhunderts lassen teils ihre Fundumstände teils ihre christlichen
Symbole vermuten, dass sie einst von hochrangigen Klerikern getragen wurden 144. Einem Bischof oder Abt
des 8. Jahrhunderts kann z.B. jene silbervergoldete Knopfriemenzunge mit Kerbschnittdekor gehört haben,
die als einzige Beigabe in Sarkophag 181 der Trierer Abteikirche St. Maximin zutage kam (Abb. 33, 3) 145.
Auf beiden Seiten besitzt sie ein Kreuzzeichen, das aber nur schwer zu erkennen ist. Deutlicher wird der
christliche Glaube ihrer Träger durch die Kreuzgravur einer Silberriemenzunge aus Schouwen auf Zeeland
(NL) (Abb. 34, 1) 146, das silbertauschierte Krückenkreuz einer Eisenriemenzunge von der Büraburg bei
Fritzlar (Abb. 34, 2) 147 und die Ornamente der vergoldeten Bronzeriemenzunge eines mutmaßlichen
Priesters (Bischof ?) aus Gornij Vrbljani in Bosnien betont. Auf deren Schauseite sind außer vier silberplattierten Kreuzen auch die verkürzten Anfangsworte des SANCTVS-Hymnus der Heiligen Messe zu sehen
(Abb. 34, 3) 148.
Zwei Fundstücke lassen vermuten, dass sich manche Geistliche vornehmer (adeliger?) Herkunft sogar mit
einer Riemenzunge aus Bein begnügten. Aus Belgien stammt eine Beinriemenzunge mit geschnitztem
Tierornament im Tassilokelchstil, auf die ein Silberplättchen mit sechs Silbernieten aufgenagelt worden war
(Abb. 34, 4) 149. Ornamentik und Edelmetall belegen, dass der Besitzer dieser Riemenzunge zur Oberschicht
144
In Sarkophag 11 der St. Lambertus-Kathedrale zu Lüttich, der in
der Mittelachse des Mittelschiffs gestanden hatte, fand man
eine Knopfriemenzunge aus vergoldeter Bronze mit Tierornamenten im Tassilokelchstil (Schulze-Dörrlamm 1998, 133f. Abb.
3, 1). Der an diesem Ehrenplatz Bestattete war zweifellos eine
bedeutende Persönlichkeit, aber höchst wahrscheinlich kein
Bischof, weil man Bischöfe erst seit dem späten 9. Jh. in ihrer
Kathedrale begraben hat (Gierlich 1990, 400ff.).
145
146
147
148
149
Neyses 1, 2001, 66 Abb. 36.
Capelle 1978, 14 Nr. 72 Taf. 14, 72.
Wand 1974, 150 Taf. 33, 2; 41, 3. – N. Wand in: Stiegemann /
Wemhoff 1, 1999, 279 Nr. V.15.
Vinski 1977/78, 190ff. Taf. I-II. – Wamers 2005, 93f. Abb. 14.
Ypey 1968, 190 Nr. 12 Abb. 2,12 Taf. 70,71,9. – Zur Gesamtverbreitung von Funden mit Tierornamenten im Tassilokelchstil
vgl. Schulze-Dörrlamm 1998, Abb. 2 Fundliste 1.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
193
1
4
2
3
5
Abb. 34 Riemenzungen, die wahrscheinlich von Klerikern getragen worden sind. – 1 Kreuzverzierte Silberriemenzunge des 8. Jhs.
aus Schouwen. Zeeuws Museum Middelburg (nach Capelle 1978). L. 5,8 cm. – 2 Eisenriemenzunge des 9. Jhs. mit silbertauschiertem
Krückenkreuz aus der Büraburg; Hessisches Landesmus. Kassel (nach Wand 1974). L. 4,0 cm. – 3 Vorderseite der vergoldeten und
silberplattierten Bronzeriemenzunge mit Tier- und Rankenornamenten im Tassilokelchstil des 8. Jhs. aus Gornij Vrbljani, Bosnien (nach
Vinski 1977-78). L. 16 cm. – 4 Beinriemenzunge mit Silberblechbeschlag und geschnitzten Tierornamenten im Tassilokelchstil des 8. Jhs.
aus Belgien (nach Ypey 1968). L. 9,6 cm. – 5 Beinriemenzunge des 7./8. Jhs. aus Mainz mit einem Kreuz aus fünf Löchern, in denen
einst Almandinrundeln saßen; Privatbesitz, RGZM-Kopie (Zeichnung: M. Weber, RGZM). L. 12 cm.
des Karolingerreiches gehörte, sich also eine wertvollere Riemenzunge leisten konnte, wenn er es gewollt
hätte. Dasselbe gilt für den Träger einer Beinriemenzunge aus Mainz mit fünf kreuzförmig angeordneten
Nietlöchern (Abb. 34, 5) 150, in denen nur kleine Almandinscheibchen gesessen haben können, wie man sie
von Gürtelbeschlägen und Fibeln des Adels aus dem späten 7. bis 8. Jahrhundert kennt 151. So blieb trotz
demonstrierter Bescheidenheit am roten Almandinrundel-Kreuz der schlichten Beinriemenzunge die Standeszugehörigkeit ihres Trägers deutlich sichtbar.
150
151
RGZM Kopie Nr. 7005 (Kriegsverlust). – Unpubliziert.
Vgl. die Kreuze aus fünf Almandinrundeln auf den silberplattierten, vielteiligen Gürtelgarnituren des späten 7. Jhs. (Marti 1995, 111ff. Abb. 34), auf dem silbervergoldeten Schwertgurtbeschlag aus dem Kaisersaal der Pfalz Zürich (Vogt 1948,
194
73f. 206 Taf. 39 oben), auf der bronzevergoldeten, durchbrochenen Kreuzscheibenfibel aus dem Rhein bei Mainz (Haseloff
1978, 36 Abb. 8, 8) und auf der goldenen Kreuzfibel des 8. Jhs.
aus Sarkophag 29 im Bonner Münster (Böhner 1978, 400 Abb.
4. – Spiong 2000, 187).
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
ZUSAMMENFASSUNG
Durch die Erfassung möglichst aller Stiftungen sowie anderer Hinterlassenschaften der weltlichen und geistlichen Eliten des Karolingerreiches, also auch jener, die nur in den Schriftquellen erwähnt worden sind,
wurde eine breite Arbeitsgrundlage geschaffen, die bisher gefehlt hat. Sie bietet zwar keine Lösung für
jeden Problemfall an, setzt aber Maßstäbe, die eine Bewertung sowie Interpretation anonymer Kunstwerke
und der archäologischen Funde erleichtern 152.
An den Schwerpunktbildungen der Daten, die in Tabelle 1 (S. 155) eingetragen worden sind, lassen sich
Unterschiede in der öffentlichen Selbstdarstellung von Herrschern, weltlichen Adeligen sowie Bischöfen
und Äbten ablesen. Deutlich sind jene Dinge zu erkennen, die entweder ausschließlich oder überwiegend
von Königen und Kaisern benutzt bzw. verschenkt worden sind (Spalte A, Zeilen 1-5). Insbesondere fällt als
Kennzeichen ihrer goldenen Zimelien der flächendeckende Besatz mit Edelsteinen und/oder Goldzellenschmelzen ins Auge (Zeile 14).
Unter den erhaltenen oder nur schriftlich bezeugten Stiftungen sind Angehörige des Adels kaum vertreten
(Spalte B). Immerhin belegen die wenigen Quellen, dass man Arbeiten aus vergoldeter Bronze nur ihnen
und auch der hohen Geistlichkeit, aber keinesfalls dem Kaiser oder König zuschreiben darf (Zeilen 20-21).
Außerdem zeigt sich deutlicher als bisher, dass die Grenzen zwischen den Pretiosen des Herrschers und
denen des Adels bei Arbeiten aus Gold und vergoldetem Silber verschwimmen (Zeilen 15-19). Da der
weltliche Adel jedoch das umfangreichste, archäologische Fundmaterial hinterlassen hat, können solche
Grenzlinien mit Hilfe sorgfältiger Qualitätsanalysen von Machart und Dekor der Fundstücke gezogen
werden 153.
Beeindruckend ist, wie stark Bischöfe und Äbte die Künste und das Kunsthandwerk im 9. Jahrhundert gefördert (Spalte C, Zeilen 6-13) und dabei gelegentlich sogar die Herrscher übertroffen haben. Ihnen waren
nämlich wichtige, künstlerische Innovationen zu verdanken, wie z.B. der einzige Idealplan eines Klosters
(St. Gallen), die ersten »Redenden Reliquiare«, das älteste steinerne Bischofsgrabmal mit dem Bild des
Verstorbenen und die frühesten Versuche einer realistischen Architekturdarstellung154.
Die beiden List en 1-2 vermitteln gemeinsam mit Tabelle 1 eine Vorstellung davon, wie hoch man zur Karolingerzeit sowohl Altertümer der römischen Antike als auch zeitgenössische Arbeiten aus Marmor, Elfenbein, geschliffenem Bergkristall, Goldzellenschmelz, gegossenem Glas und sogar aus durchbrochenem, mit
Gold- oder Kupferblech unterlegtem Bein sowie monumentale Bronzegüsse geschätzt hat. Sie verdeutlichen überdies, dass Elfenbeine damals fast ausschließlich für den kirchlichen Gebrauch bestimmt waren.
Vor allem bringen sie die völlig zerstörten und deshalb vergessenen Kunstwerke wieder zu Bewusstsein,
nämlich die monumentalen Statuen und Großkreuze 155, nicht zuletzt die Tafelgemälde, die es im Raum
nördlich der Alpen durchaus gegeben hat.
Von den erhalten gebliebenen, archäologischen Funden wurden im Text vor allem solche erwähnt und
abgebildet, die kaum oder noch gar nicht bekannt sind. Gerade sie zeigen, dass es nun in höherem Maße
als bisher möglich ist, wertvolle Einzelstücke aus der Karolingerzeit wieder in ihren ehemaligen Kontext
einzufügen, also jene weltlichen oder geistlichen Eliten zu benennen, die sie uns hinterlassen haben.
152
153
Die Bewertungskriterien sind auch auf die archäologischen
Funde aus den christlichen Nachbarländern des Karolingerreiches übertragbar, können also z.B. auch für die Interpretation der Beigaben reicher Gräber in Großmähren (vgl. dazu v.a.
Hruby 1955; Schulze-Dörrlamm 1993; Kouřil 2005) genutzt
werden.
Vgl. Lennartsson 1997/98, 542. – Spiong 2000, 119ff.
154
155
Ein wenig älter als der Architekturfries (Abb. 27, 2-3) auf der
Mainzer Chorschranke des Hrabanus Maurus (C12) ist die Darstellung einer dreigliedrigen, mehrstöckigen Gebäudefront mit
Königs-Loge, offenbar des von Frankenkönig Chilperich (561584) erbauten Circus zu Soissons, dép. Aisne/F, in einer Miniatur des Evangeliums von St. Médard aus dem Beginn des 9. Jhs.
(Schulze-Dörrlamm 2006, 284 Abb. 5).
Vgl. dazu Beutler 1964. – Hamann-Mac Lean 1972, 21ff.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
195
LISTE 1 SCHRIFTLICHE NACHRICHTEN ÜBER STIFTER UND IHRE STIFTUNGEN
(MITTE 8. BIS ANFANG 10. JAHRHUNDERT)
A Kaiser und Könige
A1 König Pippin III. (751/2-768) stiftete für Alt-St. Peter
in Rom zu Zeiten von Papst Stephan II. (752-757) eine
Altarmensa (Altar), die sog. Mensa Pippini Regis, die in
unmittelbarer Nähe des Petrusgrabes aufgestellt wurde
und zu ihrer Zeit einzigartig war. – Lit.: Cod. Carol. 21;
Angenendt 1977, 52ff.; Bauer 2005, 81f.
A2 König Pippin III. stiftete der Abteikirche Saint-Denis
zwei lebensgroße Goldstatuen der Apostel Petrus und
Paulus. – Lit.: D. Gaborit-Chopin in: Kat. Paris 1991, 70.
A3 König Pippin III. beschenkte Remistanius, einen Verwandten des aquitanischen dux Waifar, mit Gold, Silber,
wertvoller Kleidung, Pferden und Waffen, nachdem dieser ihm und seinen Nachfolgern Treue gelobt hatte. – Lit.:
Fredegar cont. 45, 189; Hardt 2004, 251.
A4 König Pippin III. gab einem in St. Vincent von einer
Krankheit geheilten Italiener zwei Silbergefäße und ein
Pferd. – Lit.: Translatio Germani Parisiacensis 2, 426;
Hardt 2004, 242.
A5 König Karlmann (756-771) wurde in der Kirche
Saint-Rémi zu Reims in einem antiken Jagdsarkophag aus
Marmor beigesetzt, auf dem der Kampf eines Mannes
gegen einen Löwen und einen Eber dargestellt war. – Lit.:
Erlande-Brandenburg 1975, 150; 178f. Nr. 46; VieillardTroïekouroff 1995, 57.
A6 Karl der Große (768-814) ließ in die Klosterkirche
von Saint-Denis antike Säulen und eine Silbertür aus dem
Nachlass König Pippins († 768) einbauen. – Lit.: Braunfels
1989, 35f. Abb. 17.
A7 Karl der Große ließ aus Ravenna 801 das Reiterstandbild Theoderichs des Großen mit einer Begleitfigur,
dem sog. Nudus, nach Aachen überführen und in seiner
Pfalz aufstellen. – Lit.: Agnellus, Liber pont. Rav. P. 123;
von Schlosser 1896, 431 Nr. 1139; Beutler 1964, 23;
Gramaccini 1995, 131; 136; Effenberger 1999, 653;
Künzl 2003, 7; Wiegartz 2004, 43ff. 216ff.
A8 Karl der Große stiftete (vor 799) enorme Mittel
(Holz, Stein, Glas, Marmor, Marmorsäulen aus Italien, Reliquien) für den Bau von Angilberts Abteikirche St. Riquier
in Centula, dép. Somme/F. – Lit.: von Schlosser 1892 Nr.
782-783; Braunfels 1989, 38 Abb. 18-19.
196
A9 Karl der Große übereignete Alt-St. Peter in Rom anlässlich seiner Kaiserkrönung im Jahre 800 Stiftungen mit
einem Gesamtwert von 500 Pfund Gold. Darunter befanden sich ein mit Edelsteinen besetzter Henkelkelch
von 58 Pfund Gold und eine silberne Altarplatte, eine
Votivkrone am Ziborium, eine große goldene Votivkrone
mit Edelsteinen von 55 Pfund Gold, eine goldene Schale
(Patene) mit Edelsteinen von 30 Pfund Gold auf der
KAROLO stand. – Lit.: Lib. Pont. II, S. 7, 29; Ann. Altahenses maiores ad a. 800; Elbern 1988, 5; Bauer 2005,
83.
A10 Karl der Große stiftete im Jahre 800 der Lateransbasilika in Rom ein goldenes Vortragekreuz. – Lit.: Lib.
Pont. II, S. 8, 38; Schüppel 2005, 34.
A11 Karl der Große stiftete der Bischofskirche in Köln
goldene Altarverkleidungen des Salvator- und PetrusAltares, für die Alkuin Tituli verfasst hat. – Lit.: Elbern
1988, 77.
A12 Kaiser Karl der Große stiftete der von ihm selbst
erbauten Kirche in Aniane, dép. de l’Hérault/F, einen
siebenarmigen Leuchter aus Bronzeguss. – Lit.: Bloch
1961, 55; Gramaccini 1995, 135.
A13 Kaiser Karl der Große schenkte 813 dem Abt Benedikt von Aniane edelsteinverzierte Kreuze, goldene und
silberne Kelche sowie goldene, mit Edelsteinen besetzte
Gürtel und Schwerter sowie liturgisches Gerät, ein goldenes Reliquiar mit Reliquien der Apostel sowie ein herrscherliches Szepter (sceptrum regale) aus Elfenbein, das
wohl als Abtsstab dienen sollte. – Lit.: Chronicon Moissiacense ad. a. 813, 310; Schramm 1957, 164; Hardt
2004, 274.
A14 Karl der Große ließ in Mainz auf den römischen
Steinfundamenten eine neue Holzbrücke aufbauen, die
jedoch am Tage ihrer Einweihung im Mai 813 abbrannte.
Seinen Plan, sie durch eine neue Steinbrücke zu ersetzen,
konnte er nicht mehr verwirklichen. – Lit.: Einhardi Vita
Karoli c. 17; von Schlosser 1896, 53; Falck 1972, 34.
A15 Karl der Große hielt seit 802 in seinem Tiergehege
zu Aachen den Elefanten Abul Abbas, den ihm Harun al
Raschid, der Kalif von Bagdad, als Ehrengeschenk zugesandt hatte. Das Tier starb 810 beim Feldzug gegen die
Dänen in Lippeham. – Lit.: Annales Regni Francorum ad.
a. 802, 117; Altmann 2003, 28-35; Heuschkel 2003, 144.
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
A16 Kaiser Karl der Große pflegte an seine Gefolgsleute als Unterpfand dauernden Dienstes schwere goldene und edelsteinverzierte Armringe zu verschenken. –
Lit.: Hibernici exulis et Bernowini Carmina III, Versus Karoli
Imperatoris V 94-98; Schramm 1954-55, Bd. 2, 541f.;
Hardt 2004, 242.
A17 Kaiser Karl der Große vermachte in seinem Testament der Peterskirche in Rom einen viereckigen Tisch aus
Silber mit dem Plan der Stadt Konstantinopel, der
Aachener Kathedrale dagegen einen runden Tisch aus
Silber mit einem Bild der Stadt Rom. – Lit.: Einhard, Vita
Karoli Magni c. 33; Schramm / Mütherich 1962, 90f.;
Effenberger 1999, 643f.
A18 Kaiser Ludwig der Fromme (814-840) übergab der
Kathedrale von Langres, dép. Haute-Marne/F, ein Silberkreuz, das die Bischöfe des 2. Konzils von Nicäa einst Karl
dem Großen geschenkt hatten. – Lit.: Lesne 1936, 214f.
A19 Kaiser Ludwig der Fromme schenkte dem Kloster
St. Médard in Soissons 826 einen Kelch und eine Patene
aus Gold mit dem Monogramm Karls des Großen. –
Lit.: Transl. s. Sebast. 43, SS XV, 388; von Schlosser 1892
Nr. 832; Lesne 1936, 222; Gaborit-Chopin 1989, 284.
A20 Kaiser Ludwig der Fromme ließ in die Aachener
Kaiserpfalz eine Orgel einbauen, nachdem jene Orgel, die
König Pippin einst von Kaiser Konstantin V. als Geschenk
erhalten hatte, nicht mehr funktionierte. Die Orgel wurde
von dem venezianischen Priester Georgius »more Graecorum« gebaut. – Lit. Ermoldus Nigellus, Carmen in honorem Hludowici IV, V. 252ff. – von Schlosser 1896, 415
Nr. 1103; Boshof 1996, 263.
A21 Kaiser Ludwig der Fromme schenkte dem Dänenkönig Harald, der sich 826 in St. Alban zu Mainz hatte
taufen lassen, beim anschließenden Fest in der Pfalz Ingelheim einen gold-purpurnen Militärmantel (Chlamys),
einen goldenen Gürtel mit Schwert und eine goldene
Krone. Diese Geschenke kamen einer Herrscherinvestitur
gleich. – Lit.: Ermoldus Nigellus, Carmen in honorem
Hludovici IV V. 371ff.; Angenendt 1973, 154; Boshof
1996, 167.
A22 Kaiserin Judith, Gemahlin Ludwigs des Frommen
schenkte 828 den kurzfristig in Aachen weilenden Reliquien des hl. Marcellinus ihren mit Edelsteinen verzierten,
goldenen Gürtel im Wert von drei Pfund. – Lit.: Translatio
et miracula sanctorum Marcellini et Petri auctore Einhardi.
MGH SS II 6; Beutler 1982, 43.
A23 Kaiserin Judith, Gemahlin Ludwigs des Frommen,
schenkte dem Bischof Aldrich von Le Mans, dép. Sarthe/F,
unter anderem goldene Kelche und Gewänder von be-
sonderer Schönheit. – Lit.: Carm. Cenom. 8 Poetae lat. II,
633; Lesne 1936, 222. – Gaborit-Chopin 1989, 284;
Hardt 2004, 275.
A24 Kaiser Lothar I. († 855) hinterließ dem Kloster Prüm,
Eifelkreis Bitburg-Prüm/D, eine Reihe von Schätzen, darunter eine goldene, mit Edelsteinen verzierte Krone, die über
dem Altar aufgehängt wurde, eine goldene Kapsel mit
dem Altar auf vier Säulchen darüber und eine andere
Kapsel mäßiger Größe auf dem Altar. Außerdem schenkte
er einen goldenen Kelch in Form eines Kreuzes mit Perlenschmuck, und einen goldene Patene, eine goldene fistula
mit Perlen etc. – Lit.: Beyer u. a. 1860, 717ff.; Lesne 1936,
222; Schramm 1957, 165; Elbern 1988, 94.
A25 Kaiser Karl der Kahle († 877) stiftete dem Kloster
St. Vaast in Arras, dép. Pas-de-Calais/F, eine reich mit Perlen besetzte Krone sowie zwei mit Perlen verzierte Goldkelche. – Lit.: Chartul. s. Ved., 111; Lesne 1936, 222.
239; Schramm 1957, 166.
A26 Karl der Kahle stiftete für St. Rémi in Reims einen
Altarbaldachin (Ziborium) mit Gold- und Silberverkleidung, auf der in Treibarbeit Szenen aus dem Leben Mariens sowie der Heiligen Nikasius und Remigius dargestellt
waren, außerdem ein Antependium aus reinstem Gold. –
Lit.: Elbern 1988, 80f.
A27 Karl der Kahle und Ermentrude stifteten der Kathedrale zu Laon, dép. Aisne/F, einen Kelch und eine
Patene aus Onyx, die mit Gold und Perlen verziert waren.
– Lit.: Lesne 1936, 162; Gaborit-Chopin 1989, 270.
A28 Karl der Kahle stiftete für St. Bénigne in Dijon
einen Altarbaldachin, der in allen Teilen mit Gold und
Silber bekleidet war und in getriebenen Reliefs die Geschichte der Geburt Jesu und seiner Passion darstellte. –
Lit.: Chron. S. Benigni Divion; Elbern 1988, 80.
A29 Karl der Kahle beauftragte die Mönche des Klosters Glanfeuil im Jahre 851 von dem Geld, das ihnen der
abtrünnige Bretonenkönig Nomenoe gegeben hatte, sein
eigenes Standbild aus weißem Stein anzufertigen. Als
Symbol kaiserlicher Regierungsgewalt sollte es auf dem
Giebel des Klosters aufgestellt werden. – Lit.: Versus de
eversione monasterii Glonnensis. MG Poet. Lat. Aevi carolini II, 147; Beutler 1964, 26; Hamann-Mac Lean 1972,
30.
A30 Karl der Kahle schickte 870 an Papst Hadrian II. in
Rom goldverzierte Gewänder und zwei goldene, mit
Edelsteinen verzierte Kronen. – Lit.: Ann. Bertiniani ad a.
870; Schramm 1957, 166; Hardt 2004, 275.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
197
A31 Karl der Kahle schenkte dem Apostel Petrus in
Rom 877 ein aus Gold gearbeitetes und mit Edelsteinen
verziertes Bild des gekreuzigten Christus. – Lit.: Ann.
Bertiniani ad. a. 877; Beutler 1964, 29; Elbern 1965, 124;
Hardt 2004, 275.
dem Ostgiebel eine prächtige Statue von ihm aufstellten.
Die Statue sollte ein Symbol dafür sein, dass er Karl als
Herrn nicht fürchte. – Lit.: Versus de eversione Monasterii
Glonnensis. MGH Poet. Lat. Aevi carolini II, 147; Beutler
1964, 26; Hamann-Mac Lean 1972, 30.
A32 Von Karl dem Kahlen stammte offenbar der Elfenbeineinband eines karolingischen Evangeliars im Besitz
der Kathedrale zu Verdun, denn der verlorene Rückdeckel
war mit dem Bild dieses thronenden Kaisers verziert. –
Lit.: Goldschmidt 1969, 47f. Nr. 85; Mütherich 1972, 39.
A37 Salomon, König der Bretonen, gründete nach der
Zerstörung des Klosters St. Salvator in Redon durch die
Normannen für dessen Mönche eine neue Abtei in seinem Palast zu Plélan-le-Gran, dép. Ille-et-Vilaine/F (ab
857) und schenkte dieser aus seinem Schatz die folgenden Objekte: einen Kelch aus Gold mit 313 Perlen, eine
Patene aus Gold mit 145 Perlen, einen Evangelienbehälter aus Gold mit 120 Perlen, ein großes Goldkreuz mit
170 Perlen, ein mit Reliefs verziertes Kästchen aus indischem Elfenbein mit den Reliquien von Heiligen, ein Evangeliar mit Elfenbein-Einband; ein Sakramentar mit indischem Elfenbein, einen Altar aus Gold und Silber, ein
Silberkreuz mit Kruzifixus, ein kleines Kreuz mit Perlen,
drei große Glocken, kostbare Gewänder u.a.m. – Lit.:
A. de Courson (Hrsg.), Cartulaire de Saint-Saveur de Redon (Paris 1863) 190; Riché 1972, 39f. – Elbern 1988, 75.
A33 König Ludwig der Deutsche († 876) ließ in Regensburg ein neues Bethaus errichten und wegen der Größe
dieses Neubaues und aus Steinmangel die römische
Stadtmauer abreißen. Dort fand man bei alten Gebeinen
so viel Gold, dass er nicht nur diese Kirche ausstatten,
sondern auch Bücher damit schreiben und mit dicken
Golddeckeln versehen lassen konnte. – Lit.: Notker, Gesta
Karoli II, 11 (hg. Haefele S. 69); Hartmann 2004, 14.
A34 König Karlmann († 880), sein Bruder Kaiser Karl III.
(† 888) und Karlmanns Sohn Kaiser Arnulf († 899) stifteten dem Kloster St. Emmeram in Regensburg drei bis
vier Königskronen, aus denen zur Zeit des Bischofs Tuto
(894-930) ein goldenes Antependium hergestellt wurde.
– Lit.: Vita S. Emmerami des Arnold. Mon. Germ. SS IV, S.
551a; Schramm 1957, 168.
A35 Nomenoe, König der Bretonen, schenkte dem
Papst Leo IV. (847-885) eine goldene, mit wertvollen
Steinen besetzte Krone, um dafür Reliquien zu erbitten. –
Lit.: Gesta sanctorum Rotonensium. MGH SS IV, S.458;
Schramm 1957, 169.
A36 Nomenoe, König der Bretonen, gab (848-851) den
Mönchen des Klosters Glanfeuil viel Geld, damit sie auf
A38 Salomon, König der Bretonen, schickte dem Papst
Hadrian II. im Jahre 871 eine lebensgroße Statue mit Gold
und Edelsteinen, die ihn selbst auf einem Maultier reitend
darstellte. Dazu schenkte der König noch eine goldene,
mit Edelsteinen besetzte Krone, die dreimal so viel wert
war wie die Statue. – Lit. A. de Courson (Hrsg.), Cartulaire
de Saint-Saveur de Redon (Paris 1863) 57; Schramm
1957, 169; Beutler 1964, 25; Riché 1972, 40.
A39 Boso, König von Burgund († 887), vermachte
der Kathedrale St. Stephan zu Arles, dép. Bouches-duRhône/F, sein Szepter und ein Diadem. – Lit.: MGH
Poetae Latinae IV, 1028; Schramm 1957, 170; Hardt
2004, 276.
B Adel
B1 Graf Adolphe schenkte Saint-Bertin einen goldenen
Kelch, der ihm zum Trinken diente, und einen Schild, aus
deren Metall ein Messkelch gefertigt werden sollte, sowie
Armringe, die zu einer Patene verarbeitet werden sollten.
– Lit.: Folquin II, 75 S. 141; Lesne 1936, 143.
te um 814 an Priester und Arme den Erlös vom Verkauf
folgender Gegenstände: einen Becher aus Gold, die ihm
Karl geschenkt hatte, Gefäße aus Silber und aus vergoldeter Bronze, Gegenstände aus Eisen, Kleidung, Waffen
und sein Pferd. – Lit.: Riché 1972, 41.
B2 Angilbert, Schwiegersohn Karls des Großen schenkte seinem Kloster St. Riquier in Centula einen goldenen
Gürtel, den er vermutlich dem Schatz Karls des Großen
entnommen hatte. – Lit.: v. Schlosser 1892, 257 Nr. 782;
Schramm 1954-55, 164.
B4 Eberhard, Markgraf von Friaul, vermachte in seinem
Testament von 865 folgende Gegenstände: Bücher seiner
großen Bibliothek, Gefäße aus Marmor, Gold, Silber und
Horn, eine Silberkanne und Schale zum Händewaschen,
ein Ziborium aus Gold, Kelche aus Silber, Gold, Glas oder
Holz mit goldenem und silbernem Dekor, ein Kreuz, Goldkronen mit Reliquien, Leuchter aus Silber, goldene Glöckchen. Einem seiner Söhne vermachte er eine Goldfibel
B3 Dadila, Vasall Karls des Großen und Besitzer von
sechs Dörfern zwischen Aniane und Conques, verschenk-
198
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
und goldene Armringe, seinem Sohn Adalard ein Schwert
mit einem Griff aus Elfenbein und Gold, seinem Sohn
Unruoch drei goldene, mit kostbaren Steinen verzierte
Gegenstände (Dolch, einen Gürtel und Sporen) und
seinem Sohn Bérengar Gegenstände aus Gold und Elfenbein. Seine Männer erhielten Pferde, Hunde, Jagdvögel
und unterschiedliche, kostbare Waffen, Rüstungen, einen
vergoldeten Gürtel sowie kostbare Stoffe. – Lit.: I. de
Coussemaker (Hrsg.), Cartulaire de l’Abbaye de Cysoing
et ses dépendances (Lille 1883) 1ff.; Riché 1972, 41ff.
B5 Eberhard, Markgraf von Friaul, vermachte in seinem
Testament von 865 dem Dom St. Kilian in Würzburg zwei
mit Gold verzierte Glaskelche. – Lit.: Lundström 1971, 58;
Schulze-Dörrlamm 2005b, 370 Nr. 20.
B6 Eccard, Graf von Mâcon (876-882), vermachte in
seinem Testament folgende Gegenstände: Bücher, Kunstgegenstände, Tiere, Waffen, zwei silberne Phiolen, einen
Siegelring, zwei Tabletts aus Horn, zwei Hunde und zwei
Exemplare der Lex Salica. Der Äbtissin Bertrade schenkte
er einen Siegelring mit Bild einer Schlange und seiner
Schwester Adana einen Siegelring mit Amethyst und
dem eingravierten Bild des Herkules. – Lit.: M. Prou /
A. Vidier I. (Hrsg.), Cartulaire de Saint-Benoit-sur-Loire
(Paris 1907) 59; Riché 1972, 41. 44.
B7 Graf Gerold II. († 799), Schwager Karls des Großen,
stiftete der Klosterkirche St. Maria und Markus in Reichenau-Mittelzell einen (bronze-?)vergoldeten Marienaltar, bei dem er später bestattet worden ist. – Lit.:
v. Schlosser 1892, 150 Nr. 480; Oswald / Schaefer / Sennhauser 1966, 278; Borgolte 1986, 125.
B8 Haltbert, ehem. Referendar am Hof Childeberts III.
(694-711), übergab bei seinem Eintritt in das Kloster
St. Wandrille in Fontenelle, dép. Seine-Maritime/F, dem
Abt unter anderem auch Schmuck im Wert von 70 Solidi
in Form von Wehrgehängen sowie handwerklich beson-
ders bemerkenswerten Gürteln und Armringen. – Lit.:
Vita Lantberti I, 608; Hardt 2004, 120f. 242.
B9 Die hl. Ida von Herzfeld († 813 oder 825), Witwe
des Sachsenherzogs Ekbert und Gründerin der Kirche in
Herzfeld, Kr. Soest/D, ließ lange vor ihrem Tod einen Sarkophag aus Marmor für sich anfertigen. – Lit.: Vita s. Idae
(c. 813), c. 8; von Schlosser 1896, 100 Nr. 343.
B10 Der erkrankte Normannen-Herzog Ragenarius
sandte (um 850) dem hl. Germanus im Kloster Saint-Germain-des-Prés eine goldene Statue mit dem Gelöbnis, bei
seiner Heilung Christ zu werden. – Lit.: Miracula s. Germani episc. Parisiensis c. 30. MGH SS XV, S. 16; Beutler
1964, 27.
B11 Dux Willelm († 812) hat die Salvator-Kirche des
Klosters Gellone (St. Guillaume-le-Desert) erbauen und
u.a. mit einem kostbaren Fußboden aus Marmor ausstatten lassen. Er schenkte ihr außerdem Kelche aus Gold
und Silber. – Lit.: Vita Willelmi ducis et monasterii Gellon.
c. 8. und 21; von Schlosser 1896, 219ff. Nr. 686, 690.
B12 Dux Willichar übergab im frühen 8. Jh. dem
Bischof Desiderius und seinem Diakon Reginfrid im alamannisch-burgundischen Grenzgebiet »sacra munera«
(d.h. einen silbernen Kelch, eine silberne Patene und eine
silberne Phiole) zum Dank für geleistete Hilfe. – Lit.:
Passio Desiderii et Reginfridi 4, 59 und 7, 60; Hardt 1996,
438.
B13 Die adelige Dame Wuldarniu schenkte um 810
dem Kloster Fulda: ihre Eigenkirche in Münnerstadt, zu
deren Ausstattung außer kostbaren Paramenten, zwei
vergoldete Kapseln sowie eine mit Perlen verzierte Kapsel, eine silberne Vase und Patene, drei Pyxiden, zwei
Ministriergefäße, zwei Klingeln, eine Glocke und zwei
zylindrische Behältnisse gehörten. – Lit.: Dronke 1850/
1962, 75f. Nr. 131; Wamser 1992, 145f.
C Bischöfe und Äbte
C1 Rado, Abt von St. Vaast in Arras, ließ im Jahre 808
Altäre und Kanzeln der Klosterkirche mit kostbarem Metall verkleiden sowie »vasa sacrata« aus Gold und Silber
herstellen. – Lit.: Chron. Vedast. 808. SS XIII, 707; Lesne
1936, 197. 223.
C2 Adalbero, Bischof von Augsburg, feierte 908 im
Kloster St. Gallen eine Messe und stiftete für den Altar
der Klosterkirche neben anderen Kostbarkeiten einen
Kelch aus Onyx, der mit Gold und Perlen verziert war,
sowie eine Patene. – Lit.: Codex diplom. Alem. I, 549; von
Schlosser 1892, 142f. Nr. 459; Lesne 1936, 224.
C3 Maurinus, Bischof von Auxerre, ließ im 8. Jh. ein
Kreuz aus purem Gold herstellen, mit Edelsteinen schmücken und mit seinem Namen versehen. – Lit.: Gesta episc.
Autisiod. c. 33; von Schlosser 1896, 189f. Nr. 591.
C4 Gualdric, Bischof von Auxerre, ließ zu Anfang des
9. Jhs. eine goldene Hand machen und mit Perlen verzieren, um darin die Reliquien des hl. Stephan aufzubewahren. In einer anderen Goldhand ohne Perlen verwahrte er Reliquien des hl. Germanus. – Lit.: Gesta episc.
Autisiod. 44, sol. 266; Lesne 1936, 210; Braun 1940,
383.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
199
C5 Angelemus, Bischof von Auxerre, schenkte zu Zeiten
Ludwigs des Frommen seiner Kathedrale ein großes Kreuz
mit dem Leib des Herrn, das vor einem Altar errichtet
wurde, und teilweise mit Gold und Silber bedeckt war.
Außerdem stiftete er einen sehr schönen Silberkelch mit
Patene, die seinen eingravierten Namen trug. – Lit.: Gesta
episc. Autisiod. I, 35; von Schlosser 1892, 190 Nr. 594;
Lesne 1936, 223; Beutler 1964, 28; Gaborit-Chopin
1989, 190.
C6 Abbo, Bischof von Auxerre, ließ für St. Étienne einen
Altar aus reinem Gold mit Perlenschmuck anfertigen, der
jedoch erst nach seinem Tod vollendet werden konnte. –
Lit.: Gesta episc. Autisiod. I, 37; Lesne 1936, 174.
C7 Aigmarus, Abt von Conques, schenkte 816 seiner
Klosterkirche ein gold- und silberverziertes Kreuz mit
Edelsteinen. – Lit.: Beutler 1964, 29.
C8 Geroch, Bischof von Eichstätt, ließ 781 einen Kelch
aus bestem Gold sowie einen mit Edelsteinen verzierten
Goldbehälter für das Evangeliar anfertigen. – Lit.: Anon.
Haserensis, De episcopis Eistetensibus, c. 6; von Schlosser
1896, 158 Nr. 506.
C9 Riculfus, Bischof von Elne († 915), hinterließ testamentarisch seiner Bischofskirche zu Elne, dép. PyrénéesOrientales/F, liturgisches Gerät, Kelche und Patenen, silberne Weihrauchfässer mit Ketten, aber auch ein »gehenkeltes Bronzegefäß für Weihwasser«. – Lit.: Hist.
Lang. V Pr. 42 col. 135; Lesne 1936, 230.
C10 Lupus, Abt von Ferrières († nach 862), schenkte
dem Bischof Ebroin von Poitiers († 852) einen Kamm aus
Elfenbein mit der Bitte, ihn zum persönlichen Gebrauch
zu behalten. – Lit.: Lupus, Brief 23; Riché 1999, 311.
C11 Ansegis, Abt von St. Wandrille in Fontenelle (823833), schenkte dem Kloster u.v.a. einen kleinen Goldkelch, der mit Edelsteinen verziert war, zwei mit Gold
verzierte Glaskelche sowie einen Elfenbeinkelch von
bewundernswerter Machart. – Lit.: Gesta abb. Fontan. II,
10; von Schlosser 1892, 291 Nr. 871; Lesne 1936, 228;
Lundström 1971, 58f.; Schulze-Dörrlamm 2005b, 370
Nr. 19.
C12 Hrabanus Maurus, Abt von Fulda, errichtete 836 in
der Klosterbasilika einen steinernen Reliquienturm an
Stelle des ersten Bonifatiusgrabes hinter dem Kreuzaltar:
Es war ein dreistöckiges Bauwerk mit der arca saxea in
der Mitte, die zahlreiche Reliquien enthielt, darüber ein
auf vier Säulen ruhender hölzerner Aufbau, wohl mit
baldachinartigem Abschluss. Ein unter dem Turm stehender, reich verzierter länglicher Schrein war mit den
Bildern der einzelnen Heiligen geschmückt. – Lit.: G.
200
Waitz (Hrsg.), Rudolphi monachi Fuldensis Miracula Sanctorum in Fuldenses ecclesias translatorum. MGH SS XV, 1,
345; Meyer-Barkhausen 1957, 59.
C13 Hrabanus Maurus, Abt von Fulda, setzte 835 die
Gebeine der hl. Märtyrer Alexander und Fabian in der
Marienkirche auf dem Frauenberg in einem Sarkophag
hinter dem Hochaltar bei und errichtete einen hölzernen
Überbau, der reich mit Gold, Silber und Edelsteinen
verziert war. – Lit.: G. Waitz (Hrsg.), Rudolphi monachi
Fuldensis Miracula Sanctorum in Fuldenses ecclesias
translatorum. MGH SS XV,1, 232; Meyer-Barkhausen
1957, 71.
C14 Hrabanus Maurus, Abt von Fulda, brachte 838 die
Reliquien mehrerer Heiliger in die neue Kirche auf dem
Petersberg in Fulda und errichtete über ihren Gebeinen
einen hölzernen Aufbau, den er mit Gold und Silber
zierte. Am selben Tag überführte er die Gebeine der
hl. Lioba in die Krypta dieser Kirche und setzte sie hinter
dem Altar in einem Steinsarg bei, den er mit Holz verkleidete und in derselben Weise schmückte. – Lit.: MeyerBarkhausen 1957, 72; Clausen 1987, 256f.
C15 Fortunatus, Patriarch von Grado, übergab Kaiser
Karl dem Großen bei seinem Besuch in Aachen 803
neben anderen Gastgeschenken auch zwei Türen aus
wunderschön geschnitzten Elfenbeinen. – Lit.: Annales
Mettenses, MGH Script. Rer. Germ. 10, 1905, ad a. 803;
Braunfels 1989, 80.
C16 Salomon III., Bischof von Konstanz (890-919),
schenkte dem Kloster St. Gallen ein silbernes, mit Gemmen verziertes Reliquiar in Form einer Kapelle, wie es
noch niemand jemals gesehen hatte. – Lit.: Kraus 1894,
18 Nr. 32.
C17 Salomon III., Bischof von Konstanz, lud zwei Grafen zum Friedensmahl ein und schenkte ihnen zwei kostbare Gefäße aus Glas, die sie bewunderten, aber absichtlich fallen ließen. – Lit. Ekkehard IV, Casus S. Galli (H. F.
Haefele, Frh.-v.-Stein Gedächtnisausgabe X, 1980); Hannig 1988, 25.
C18 Alderich, Bischof von Le Mans († 840), hat 835 in
der Kirchenmitte ein silbernes Kreuz aufstellen und den
Altar dazu bauen lassen. – Lit.: Beutler 1964, 29.
C19 Richbod, Abt des Klosters Lorsch (784-804), stattete die Grabeskirche des hl. Nazarius mit Chorschranken
aus Edelmetall und einem erhöhten Marmorfußboden
aus. – Lit.: Cod. Lauresham. 1c. 12; Semmler 2000, 17.
C20 Lul, Bischof von Mainz, erhielt von Bregowinus,
dem Bischof von Canterbury (759-765) als Geschenk
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
einen Behälter für priesterliche Zwecke (Pyxis?), der aus
Knochen gefertigt war. – Lit.: S. Bonifatii et Lulli epp. c.
74; von Schlosser 1896, 18 Nr. 74.
C21 Hrabanus Maurus, Erzbischof von Mainz (847856), hat wahrscheinlich den Auftrag für jenes Tafelbild
des Gekreuzigten zwischen zwei Seraphimen gegeben,
das über dem von ihm um 850 vollendeten Hochaltar des
Alten Domes in Mainz hing. – Lit.: von Schlosser 1892,
361 Nr. 998; Meyer-Barkhausen 1957, 75 Anm. 75.
C22 Richulf, Erzbischof von Mainz (787-813), erbaute
die Klosterkirche St. Alban und errichtete über dem Grab
des hl. Alban ein Mausoleum, das er mit Gold, Edelsteinen und Silber verkleiden ließ. – Lit.: v. Schlosser
1892, 52 Nr. 183; Neeb 1908, 78.
C23 Auf Wunsch (wohl des Abtes von St. Alban in
Mainz) hielt sich der St. Galler Mönch Tuotilo (um 900) so
lange im Mainzer St. Albanskloster auf, bis er das goldene Antependium des Altares vollendet, d. h. mit einer ungewöhnlichen Darstellung vom »Thron Gottes« (Majestas
Domini) verziert hatte. – Lit.: Kraus 1894, 101 Nr. 226;
Arens 1958, 347 Nr. 652.
C24 Chrodegang, Bischof von Metz (742-766), ließ in
der Basilika St. Peter einen Ambo mit Gold und Silber
verzieren. – Lit.: von Schlosser 1892, 70ff. Nr. 245. 250.
C25 Adventius, Bischof von Metz († 875), schenkte seiner Kathedrale außer einem kostbaren Kreuz und anderen Schätzen ein silbernes Reliquiar in Gestalt eines von
vier Säulen getragenen Domes, unter dem das Haupt des
hl. Stephanus getragen werden sollte. – Lit.: Kraus 1894,
148 Nr. 303.
C26 Ruotpert, Bischof von Metz (883-916), ließ für
seine Kathedrale vom Mönch Tuotilo eine Sitzfigur (?) der
hl. Maria mit Goldblechauflage herstellen. – Lit. Kraus
1894, 149 Nr. 304.
C27 Emhilt, Äbtissin von Milz, schenkte am 3. Februar
800 dem Kloster Fulda Ländereien einschließlich des von
ihr erbauten Klosters, zu dessen Kirche folgende Schätze
gehörten: ein goldbedeckter Hauptaltar, drei mit Gold
bedeckte Kreuze, elf vergoldete Kapseln, vier silberne
Kelche und Patenen, drei silberne Ampullen, drei Kupferkelche und Patenen, neun vergoldete Bilder, eine goldene
Krone, kostbare Messgewänder etc. – Lit.: Dronke
1850/1962, 88 Nr. 15.
C28 Théodard, Bischof von Narbonne, ließ um 890 in
seiner Kathedrale ein Kreuz in Lebensgröße aus Gold und
Silber aufstellen. – Lit.: Vita s. Theodardi, 35 in: Acta
Sanctorum Mai I, 153; Hubert 1938, 138.
C29 Hincmar, Erzbischof von Reims (841-862), weihte
845 in der Marienkirche einen Altar und schmückte ihn
mit einem Bild (wohl ein Tafelgemälde) der Jungfrau mit
Kind. – Lit.: von Schlosser 1891, 73.
C30 Hincmar, Erzbischof von Reims, errichtete in der
Kirche Saint-Rémi ein hölzernes Monument für die Reliquien des ersten Bischofs von Reims. Er ließ es mit Silberblechen verkleiden, auf denen die getriebenen Figuren
seiner zwölf Amtsvorgänger zu sehen waren. Die goldene
Tür, mit der das Monument verschlossen wurde, trug in
der Mitte einen Bergkristall mit der eingeschliffenen Darstellung der Taufe Christi. – Lit.: Tarbé 1843, 190-193;
Hubert 1938, 131.
C31 Fardulf, Abt von Saint-Denis (793-806), ließ für
den Finger des hl. Dionysius eine goldene Hand als Reliquiar herstellen. – Lit.: Mirac. S. Dionysii I, 23; Lesne
1936, 210; Braun 1940, 383.
C32 Einhard, Laienabt von Seligenstadt († 840), schenkte dem Priester Georgius eine Teilreliquie der hl. Marcellinus und Petrus in einem Schrein, den er mit Gold und
Edelsteinen verziert hatte. – Lit.: Beutler 1997, 157.
C33 Ratleic, Abt des Klosters Seligenstadt (844-854),
bat den Abt des Klosters Prüm, ihm die vom Maler Hilperich geschaffenen Tafelbilder der hl. Märtyrer Petrus und
Marcellinus zu schicken. – Lit.: v. Schlosser 1891, 73.
C34 Ein Würdenträger der Abtei Saint-Médard in Soissons ließ 854 eine berühmte Goldstatue des Königs
Lothar in der Hoffnung herstellen, deshalb Bischof von
Noyon zu werden. – Lit.: Mirac. SS. Gregorii et Sebastiani,
in: Codex cod. hagiogr. I. 240 f; Hubert 1938, 138;
Gaborit-Chopin 1989, 292.
C35 Alkuin, Leiter der Hofschule Karls des Großen und
von 796 bis 804 Abt des Klosters St. Martin in Tours, hatte zu Lebzeiten angeordnet, dass auf seinem Grab in
St. Martin ein Grabmal aufzustellen und mit einer Inschrift aus Bronzebuchstaben zu versehen sei. – Lit.: Beati
Flaeci Alcuini vita. In: Migne, Patr. Lat. C, col. 106; Vieillard-Troïekouroff 1962, 110 Anm. 4.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
201
LISTE 2 ERHALTENE DENKMÄLER, DEREN BESITZER/STIFTER BEKANNT ODER
ZU ERSCHLIESSEN SIND (MITTE 8. BIS ANFANG 10. JAHRHUNDERT)
A Kaiser und Könige
A1 Aachen: Karl der Große (768-814) und die meisten
seiner Nachfolger (z.B. Ludwig der Fromme, Lothar I.,
Ludwig II.) benutzten Siegel, deren Siegelbild aus einer
römischen Gemme mit Kaiser- oder Philosophenkopf
bestand. Erhalten blieben nur die Wachsabdrücke. – Lit.:
Hiebaum 1931, 13ff. Nr. 1-8. 10. 12. 14-17. 19-21. 2324. 28-31. 33. 25; Kittel 1970, 207ff. Abb. 125-126;
Schramm 1983, Nr. 2. 12-13. 18. 24 Taf. 273,2; 288, 1213; 296,18. 301,24; Wiegartz 2004, 233f.
A2 Aachen: In seiner Aachener Pfalz erbaute Karl der
Große eine oktogonale Marienkirche von bewundernswerter Schönheit, die vor 788 vollendet war. Dieser
Zentralbau nahm eine Ausnahmestellung im frühmittelalterlichen Kirchenbau ein und ist bis heute in Baugestaltung und Ausstattung die bedeutendste erhaltene Kirche
aus der Karolingerzeit. – Lit.: Kreusch 1965, 463ff.; Untermann 1999, 152ff. Abb. 2-6.
A3 Aachen: Karl ließ im späten 8. Jh. in seiner Aachener
Bronzewerkstatt für die Pfalzkapelle acht Emporengitter
sowie fünf Portale aus eingeschmolzenen antiken Bronzen gießen. – Lit.: Schramm / Mütherich 1962, 114f. Nr.
3-4; Braunfels 1965, 168ff. Abb. 1-17; Mende 1981,
204f. Nr. 1-4 Abb. 1-8; Gramaccini 1995, 131 Abb. 2-3;
Untermann 1999, 157f.
A4 Aachen: Karl ließ mit Erlaubnis des Papstes 787 aus
Ravenna Marmorsäulen, Marmorkapitelle und Mosaiken
des 5./6. Jhs. zur Ausschmückung der Pfalzkapelle nach
Aachen bringen. – Lit.: Schramm / Mütherich 1962, 114
Nr. 2; Hannig 1988, 20; C. Meckseper in: Stiegemann /
Wemhoff 1, 1999, 110 Nr. II. 69.
A5 Aachen (Abb. 1, 1): Karl der Große stellte um 800
in seiner Pfalzkapelle einen Thron aus antiken, ostmediterranen Marmorplatten auf. – Lit.: Schramm / Mütherich
1962, 114 Abb.1; Appuhn 1986/87, 82f. Abb. 27; Schütte 2000, 213ff. Abb. 1-3.
A6 Aachen: Karl der Große ließ aus Rom die antike
Bronzebärin mitbringen, die heute in der Vorhalle der
Pfalzkapelle steht. – Lit.: Gramaccini 1995, 131 Abb. 1;
Künzl 2003, 3ff. Abb. 4-5.
A7 Aachen: Karl der Große und seine Gemahlin Hildegard beauftragen den Schreiber Godescalc ein prunkvolles Evangelistar zu schreiben (781-783). Es war die
erste von solchen königlichen Auftragsarbeiten. – Lit.:
202
Mütherich 1965, 9ff. Taf. I-IV; Mütherich 1999, 561f.
Abb. 1-4.
A8 Aachen: Aus der zweiten Hälfte des 8. Jhs. stammt
das älteste der noch erhaltenen Herrschaftszeichen, die
sog. »Heilige Lanze«. Die eiserne Flügellanze war wohl
ein Geschenk von Papst Hadrian I. aus dem Jahre 774 und
diente zunächst als Fahnenlanze, bis Karl der Große ihrem
Blatt eine Kreuznagelreliquie mit messingtauschierten
Kreuzzeichen einfügen ließ. Als Symbol für das Regnum
Italiae gelangte die Lanze im 9. Jh. nach Oberitalien und
wurde schließlich 926 von Heinrich I. dem König Rudolf II.
von Burgund abgekauft. – Lit.: Schramm 1954-55, 492ff.
Taf. 58a; Schramm / Mütherich 1962, 139 Nr. 62 Taf.
272; Paulsen 1969, 289ff. Abb. 5 Taf. 20; Trnek 1987,
159ff.; Kirchweger 2005; Schulze-Dörrlamm in Vorbereitung.
A9 Aachen: Karl der Große trug ein Reliquienkreuz aus
vergoldetem Silber mit dem Relief des Gekreuzigten, das
in seinem Grab aufgefunden und im 12. Jh. zu einem
aufklappbaren Enkolpion umgearbeitet worden ist. – Lit.
Grimme 1965, 51f. Taf. XLV, 6-7; M. Brandt, Geistliche
Insignien in: Wamers 2005, 66ff. Nr. 18.
A10 Aachen: Karl der Große wurde 814 in dem römischen Proserpina-Sarkophag aus Marmor beigesetzt. –
Lit.: Schramm / Mütherich 1962, Nr. 18 Taf. 223; Beutler
1982, 65ff. Abb. 36-38; Stiegemann / Wemhoff 2, 1999,
758ff. Nr. X.41.
A11 Aachen: Dem Grab Karls des Großen soll der
»Talisman Karls des Großen« mit Haaren Mariens entnommen worden sein. Dabei handelt es sich um die
Frühform eines Reliquien-Ostensoriums aus dem 9. Jh. in
Form eines goldenen Anhängers mit einem großen Saphir
in einem Rahmen, der Edelsteinen, Perlen, Filigran und
goldenen Treibarbeiten bedeckt ist. – Lit.: Grimme 1965,
49f; Schramm / Mütherich 1962, 120 Nr. 17 Taf. 222;
Elbern 1965, Abb. 19; 1997a, 97 Abb. 25.
A12 Aachen (Abb. 3, 2): Zu den ältesten Reichsinsignien gehört die »Stephansburse« mit dem Blut des Erzmärtyrers Stephanus aus dem frühen 9. Jh. Sie ist mit
Gold- und Silberblech verkleidet sowie auf ihrer Schauseite flächendeckend mit Edelsteinen und Perlen verziert.
– Lit.: Schramm / Mütherich 1962, 122f. Nr. 24; Elbern
1965, Taf. 34; Usener 1965, 37-43 Taf. 35.
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
A13 Aachen: König Lothar II. von Lotharingien (855869) ließ ein Siegel aus Bergkristall schleifen, das als Stifterbild in den Stamm des Aachener Lotharkreuzes eingesetzt wurde. Das Holzkreuz ist mit Goldplatten verkleidet,
die mit Filigranranken, Perldrahtkegeln, 135 Edelsteinen,
35 Perlen, Zellenschmelzen und dem antiken Kameo des
Augustus verziert sind. – Lit.: Kittel 1970 136 Abb. 85;
Schramm 1983 164 Nr. 28a; Jülich 1986/87, 159ff. 291ff.
Abb. 13-18. Farbtaf. IV. VII.
A14 Aachen: Zu den Reichsinsignien gehört ein Säbel
ungarischen Typs mit gold- und edelsteinverziertem Griff
sowie goldenen Scheidenbeschlägen aus dem späten 9.
bis 10. Jh. – Lit.: Schramm 1954-55, 487ff. Taf. 57, 70;
Schramm / Mütherich 1962, 67f. Nr. 163; Fillitz 1986,
170f. Nr. 7.
A15 Autun: Karl der Kahle ließ 870 am Kreuzaltar der
Klosterkirche St. Martin ein steinernes Monumentalkreuz
mit Kruzifixus aufrichten, von dem offenbar der Kopf erhalten blieb. – Lit.: Beutler 1964, 18. 163ff. Abb. 4; 129130; Hamann-Mac Lean 1972, 33f.
A16 Brescia, reg. Lombardia/I: Langobardenkönig Desiderius stiftete der Kirche San Salvatore im späten 8. Jh.
ein Gemmenkreuz, das mit zahlreichen Edelsteinen, gegossenen Glasgemmen und Reliefs aus getriebenen, vergoldeten Silberblechen verziert ist. – Lit.: Volbach 1958,
Nr. 60/61; Elbern 1965, 122 Taf. 31; Jülich 1986/87,
153ff. Farbtaf. 2-3; Bertelli / Brogiolo 2000, 526f. Nr. 502
Abb. 374.
A17 Compiègne: Karl der Kahle (?) schenkte der von
ihm gestifteten Kirche in Compiègne, dép. Oise/F, das byzantinische Elfenbeindiptychon des Konsuls Flavius Philoxenus (525) aus Konstantinopel. – Lit.: Schramm / Mütherich 1962, 135 Nr. 53.
A18 Conques: König Pippin der Kleine (751/52-768)
hatte wahrscheinlich jenes Hausreliquiar gestiftet, von
dem der Rest eines Goldblechs mit getriebener Kreuzigungsdarstellung erhalten blieb. – Lit.: Kat. Paris 1965,
Nr. 53 Taf. 36; Gaborit-Chopin / Taburet-Delahaye 20012002, 30 Nr. 2.
A19 Conques: Der Kirchenschatz enthält ein Reliquiar,
das als Stiftung des Pippin II. von Aquitanien (838-865)
gilt. Dieses Bursenreliquiar ist mit Goldblech verkleidet,
mit Edelsteinen und Filigran sowie den wiederverwendeten Goldzellenschmelzen einer mutmaßlichen Kreuzfibel der Zeit um 800 (Abb. 13, 2) verziert. – Lit.: Elbern
1965 136 Abb. 18; Schulze-Dörrlamm 1997, 347ff. Farbtaf. 4,2; Gaborit-Chopin / Taburet-Delahaye 2001-2002,
32ff. Nr. 3.
A20 Graben bei Treuchtlingen, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen/D: Im Jahre 793 begann Karl der Große mit
dem Bau der »Fossa Carolina«, eines Kanals, der die
Flüsse Rhein und Donau über kleinere Nebenflüsse miteinander verbinden sollte, um Warentransporte und
Heerzüge zu erleichtern. Reste des Kanals sind noch im
Gelände erhalten. – Lit.: Koch 1990, 669 Abb. 1; H.
Grewe / R. Koch, s. v. Fossa Carolina. In: J. Hoops, Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 9 (Berlin, New
York 1995) 359-362; Molkenthin 2006, 54-81.
A21 Grüningen-Holzhausen (Abb. 9, 3): Aus einem
Acker in Grüningen-Holzhausen, Kt. Zürich, wurde ein
Gagatsiegelstein Kaiser Ludwigs II. (850-875) gepflügt,
der nicht zum Siegeln benutzt worden ist. Die Vorderseite
zeigt die Büste eines Herrschers mit Diadem und der
Umschrift + HLODOVVICVS IMPERATVR ACVSTVS. – Lit.:
Schwarz 1954, 92-96; Schramm 1983, 163 Nr. 25 Taf.
301,25; Kornbluth 1995, 109ff. Abb. 20.
A22 Hildesheim (Abb. 6, 1): Von Ludwig dem Frommen
(814-840) stammt das Gründungsreliquiar des Bistums
Hildesheim aus dickwandigem Silberblech mit eingekerbtem Rankendekor, der vergoldet und nielliert wurde.
– Lit.: M. Brandt, Reliquiare. In: Wamers 2005, 100 Nr. 31.
A23 Lorsch: In der Königsgruft (ecclesia varia) der Klosterkirche St. Nazarius hatte noch 1800 ein riesiger, schöner Porphyrsarkophag ohne Inschrift gestanden, der zerstört worden ist. Er kann auf keinen Fall der Sarg des
Klostergründers Graf Cancor, sondern muss die Grablege
eines Königs – am ehesten von Ludwig dem Deutschen
(† 876) – gewesen sein. – Lit.: Behn 1934, 111.
A24 Lorsch: In der Königsgruft der Klosterkirche (ecclesia varia) wurde 1800 der sog. »Pilastersarkophag« gefunden, d.h. ein aus einem gelblichen Sandsteinquader
gehauener, sehr sorgfältig bearbeiteter und mit ionischen
Pilastern verzierter Sarkophag. Der darin liegende Tote
(wahrscheinlich König Ludwig der Jüngere, † 882) trug
ein Seidengewand mit Goldborten sowie Stiefel mit goldenen Sporen und lag mit dem Kopf auf einer Schriftrolle. – Alle Funde gingen verloren. Es ist aber mit Sicherheit davon auszugehen, dass der in Seeheim bei Lorsch
aufgelesene massiv goldene Riemenschieber des 9. Jhs.
zu den verschollenen Goldsporen gehörte, die in diesem
Sarkophag gelegen hatten. – Lit.: Schramm / Mütherich
1962, 128 Nr. 37 Taf. 242; Werner 1969b, 504f. Taf. 25d;
Jacobsen 1985, 29. 61 Nr. 44; Wamers 2005, 81 Nr. 23.
A25 Lorsch: Die beiden Elfenbeindeckel des Lorscher
Codex Aureus bestehen aus einem abgearbeiteten Konsulardiptychon des Anastasius aus Konstantinopel von
527. Sie wurden um 810 in der Aachener Hofschule
Karls d. Großen geschnitzt und sind mitsamt dem Codex
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
203
höchst wahrscheinlich ein Geschenk Karls des Großen
gewesen. – Lit.: Steenbock 1965, 82f. Nr. 14 Abb. 22-23;
Hubert / Porcher / Volbach 1969, 355f. Nr. 210-211; H.
Schefers, Zur Geschichte des Lorscher Evangeliars. In:
Schefers 2000, 62; Fillitz 2000, 104 Taf. I-II.
A26 Mainz (Abb. 1, 2): König Karl der Große ließ in der
zweiten Hälfte des 8. Jhs. für seine Mainzer Pfalz einen
Thron aus qualitativ besonders hochwertigen Kalksteinplatten herstellen, die aus den Steinbrüchen in Norroylès-Pont-à-Mousson an der Mosel stammen. – Lit.:
Schulze-Dörrlamm 2004b, 571ff. Abb. 4-5.8; 2009a, 17f.
Abb. 1.
A27 Mainz: Karl der Große hat seine 794 verstorbene
Gemahlin Fastrada in der noch unvollendeten Klosterkirche St. Alban vor dem Muttergottesaltar beisetzen
lassen. Für ihre Grabplatte verfasste Theodulf von Orleans
(† 821) eine Inschrift. Diese Platte wurde im späten
15. Jh. durch eine neue, weiße Marmortafel mit einer
anderen Inschrift ersetzt, die sich seit 1577 im MartinsDom befindet. – Lit.: Kraus 1894, 95f. Nr. 217; Arens
1958, Nr. 1; Heinz / Rothbrust / Schmid 2004, 14.
A28 Metz: Für Karl den Kahlen wurde noch zu Lebzeiten seiner Gemahlin Irmtrud († 869) von Liuthard ein
Psalter geschrieben. Dessen Deckel besteht aus einer
Elfenbeintafel in einem Rahmen aus vergoldetem Silber,
der mit Edelsteinen und Filigranornamenten verziert ist. –
Lit.: Goldschmidt 1969, 24f. Nr. 40, Taf. 19; Schramm /
Mütherich 1962, 130f. Nr. 43 Taf. 251; Steenbock 1965,
88f. Nr. 19 Abb. 30-31; Hubert / Porcher / Volbach 1969,
357 Abb. 231-232.
A29 Metz: Im Kloster St. Arnulf vor den Mauern von
Metz ist Kaiser Ludwig der Fromme († 840) in einem spätrömischen Reliefsarkophag aus Marmor beigesetzt worden, auf dem der Durchzug der Israeliten durch das Rote
Meer dargestellt war. – Lit.: Schramm-Mütherich 1962,
122 Nr. 23; Beutler 1964, 24; Erlande-Brandenburg 1975,
151f. Nr. 51 Abb. 32-34; Stiegemann / Wemhoff 2, 1999,
763-766 Nr. X. 42; Bardiès 2001, 23ff.
A30 Monza (Abb. 3, 1): Im Domschatz wird die aus der
zweiten Hälfte des 9. Jhs. stammende »Eiserne Krone«
aufbewahrt, mit der die Könige und Kaiser in Italien
gekrönt wurden. Sie besteht aus Goldplatten, die flächendeckend mit Goldzellenschmelzen sowie einzelnen
Edelsteinen verziert sind. – Lit.: Elze in: Schramm 195455, 450ff. Abb. 65. – Schramm-Mütherich 1962, 128f.
Nr. 39 Taf. 244; Hubert / Porcher / Volbach 1969, 356f.
Abb. 225; Conti 1989, 47ff. Abb. 44.
A31 Monza: König Berengar I. (898-924) stiftete dem
Domschatz zu Anfang des 10. Jhs. ein Kreuz, das er
204
angeblich auf der Brust zu tragen pflegte. Dieses »Berengarkreuz« besteht aus hohlem Goldblech, das auf der
Rückseite mit Goldfiligran, auf der Schauseite flächendeckend mit Edelsteinen und Perlen geschmückt ist. –
Lit.: Schramm 1957, 170; Jülich 1986/87, 148 Abb. 11;
Conti 1989, 45f. Abb. 39-40; Puhle 2001, 406ff. Nr. IV.9.
A32 Monza: König Berengar I. stiftete dem Domschatz
um 900 ein Elfenbeindiptychon des 6. Jhs., das er in eine
Darstellung von David und Papst Gregor d. Großen hatte
umarbeiten lassen. – Lit.: Steenbock 1965, 72 Nr. 7 Abb.
9; Conti 1989, 38ff. Abb. 35; H. Fillitz in: Puhle 2001,
405ff. Nr. VI.8.
A33 Monza: König Berengar I. stiftete dem Domschatz
ein Evangeliar mit zwei Elfenbeindeckeln, deren Durchbruchsornamente mit einer vergoldeten Silberplatte unterlegt sind. Sie sitzen in einem vergoldeten Silberrahmen
mit granulierten Filigrandrahtornamenten. – Lit.: Steenbock 1965, 101f. Nr. 25 Abb. 39; Conti 1989, 45 Nr. 41.
A34 Poitiers, dép. Vienne/F: Karl des Kahle (840-877)
stiftete der Abteikirche Sainte-Croix ein hausförmiges Reliquiar aus Gold, dessen Schauseite flächendeckend mit
Edelsteinen, Perlen und Intaglios besetzt war. – Lit.: Skubiszewski 1992, 69f. Abb. 5.
A35 Rambona: Ageltruda, Gemahlin des Herzogs Wido
von Spoleto, der seit 889 König von Italien und ab 891
Kaiser war, stiftete zu Anfang des 10. Jhs. der von ihr erbauten Klosterkirche in Rambona ein Elfenbeindiptychon.
– Lit.: Fillitz in: Puhle 2001, 424 Nr. VI.21.
A36 Regensburg: König Arnulf stiftete um 870 dem
Kloster St. Emmeram in Regensburg einen goldenen Tragaltar mit Ziborium, der mit Treibarbeiten aus Goldblech
(Abb. 11), Edelsteinen, Zellenschmelzen und Filigran verziert ist und einen Altarstein aus grünem Porphyr besitzt.
– Lit.: Kat. München 1950, 32 Nr. 71; Schramm / Mütherich 1962, 139 Nr. 61 Taf. 270-271; Elbern 1965, Abb. 2.
A37 Regensburg: Kaiser Arnulf (896-899) schenkte
dem Kloster St. Emmeram den um 870 für Karl den
Kahlen geschaffenen Codex Aureus mit einem Vorderdeckel, der in der Mitte mit Goldreliefs, an den Rändern
flächendeckend mit Edelsteinen, Perlen und Filigranornamenten verziert ist. – Lit.: Schramm / Mütherich 1962,
134 Nr. 52; Steenbock 1965, 90f. Nr. 20 Abb. 32; Hubert /
Porcher / Volbach 1969, 357 Nr. 235; Gaborit-Chopin
1980-81, 20ff. Abb. 20.
A38 Reichenau: In der Schatzkammer der Abteikirche
von Reichenau-Mittelzell befindet sich der sog. »Smaragd
Karls des Großen« aus der Zeit um 780. Die Funktion der
3 cm dicken, durchsichtigen Platte aus gegossenem, grü-
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
nem Glas (H. 49,5 cm, Br. 76,5 cm) ist unbekannt. – Lit.:
Hiller-König / Mueller 2003, 16.
22-23; D. Gaborit-Chopin in: Kat. Paris 1991, 92ff. Nr.
13.
A39 Reims: König Lothar II. (855-869) ließ einen großen
Bergkristall mit Szenen aus dem Leben der hl. Susanna
schleifen und stiftete ihn wahrscheinlich der Kathedrale
in Reims. Erst 944 wurde dieses Kunstwerk dem Benediktinerkloster Waulsort an der Meuse, Prov. Namur/B, übergeben. – Lit.: Hubert / Porcher / Volbach 1969, 357 Nr.
226; Kornbluth 1995, 31ff. Nr. 1 Abb. 1-25.
A45 Saint-Denis: Karl der Kahle stiftete der Abteikirche
zwei römische Edelsteingefäße, die zu Kelch und Patene
umgearbeitet worden waren. Er hatte sie in Gold fassen
und flächendeckend mit Edelsteinen sowie Perlen schmücken lassen. – Lit.: Schramm / Mütherich 1962, 133 Nr.
49-50; Elbern 1965, Abb. 11; Bühler 1973, 45f. Farbtaf.
1; Gaborit-Chopin 1980-81, 8ff. Abb. 2-3. 12-13; Périn /
Feffer 1985, 286 Abb. 1; D. Gaborit-Chopin in: Kat. Paris
1991, 83ff. Nr. 11-12; Schulze-Dörrlamm 2005b, 365
Abb. 12.
A40 Rom: König Karl der Große stiftete für das Grab
des Papstes Hadrian I. († 795) eine Grabplatte, die er in
Aachen aus nordalpinem Marmor (aus Namur?) herstellen und mit einer vergoldeten, von Alkuin verfassten
Grabinschrift in römischer Capitalis Quadrata sowie mit
umlaufenden Ranken schmücken ließ. Die Platte aus
schwarzem Marmor sollte vermutlich wie ein Bronzeguss
aussehen. – Lit.: Schramm-Mütherich 1962, 118 Nr. 12;
Neumüllers-Klauser 1989, 131 Abb. 99; Gramaccini
1995, 133 Abb. 5; Vieillard-Troïekouroff 1995, 63 Abb.
11.
A41 Rom: Karl der Kahle verschenkte einen Thron, der
870 für ihn selbst hergestellt worden war, anlässlich seiner Kaiserkrönung im Jahre 875 an Papst Johannes VIII.
Diese »Cathedra Sancti Petri« besteht aus Eichenholz, das
mit Tafeln und durchbrochenen Leisten aus wiederverwendetem, antikem Elfenbein beschlagen ist, die partiell
mit Goldflitterauflagen versehen und ganz mit vergoldeten Kupferblechen unterlegt sind. – Lit.: Schramm 195455, 694ff.; Maccarone u. a. 1971; Schramm 1983, 172f.
Nr. 42.
A42 Saint-Denis: Von König Pippin dem Kleinen stammen zwei antike Säulen aus Porphyr (H. 2,27 m), auf
denen die von ihm 754 gestifteten lebensgroßen Goldstatuen der Apostel Petrus und Paulus (A2) gestanden
hatten. – Lit.: D. Gaborit-Chopin in: Kat. Paris 1991, 70
Nr. 7.
A43 Saint-Denis: Kaiser Karl der Kahle (875-877) ließ
den »Thron des Königs Dagobert«, einen Faltstuhl aus
vergoldeter Bronze, mit festen Lehnen aus Bronzeguss
versehen. – Lit.: Weidemann / Staude 1976-77, 255ff.;
Kat. Paris 1991, 63ff.; Wamers 2005, 45 Nr. 11.
A44 Saint-Denis: Karl der Kahle stiftete der Abteikirche
Saint-Denis den sog. »Escrain de Charlemagne«, einen
filigranen Aufsatz über dem Hauptaltar, der aus Gold,
Edelsteinen und Gemmen bestanden hat. Bekrönt war er
mit einer großen römischen Gemme, auf der Julia, Tochter des Titus (79-81), zu sehen ist. – Lit.: SchrammMütherich 1962, 132 Nr. 47 Taf. 254; Elbern 1965, Abb.
22-23; Gaborit-Chopin 1980-81, 16ff. Abb. 14-17. 19.
A46 Saint-Denis: Karl der Kahle stiftete um 870 der
Abteikirche ein goldenes Retabel für den Hauptaltar, das
mit figürlichen Reliefs, Edelsteinen, Perlen und Zellenschmelzen reich verziert war. – Lit.: Schramm / Mütherich
1962, 132 Nr. 48 Taf. 255; Gaborit-Chopin 1980-81, 25
Abb. 25; Périn / Feffer 1985, 125 Nr. 23 Farbabb. 23.
A47 Saint-Denis: Karl der Kahle (840-877) stiftete der
Abteikirche ein goldenes, flächendeckend mit Edelsteinen
und Perlen übersätes Reliquienkreuz. – Lit.: GaboritChopin 1980-81, 24 Abb. 24; Périn / Feffer 1985, 405
Abb. 2; Elbern 1988, 97; Gaborit-Chopin 1989, 288f.
Abb. 22; Kat. Paris 1991, 49 Abb. 5.
A48 Saint-Denis: Dem Schatz der Abteikirche SaintDenis gehörte ein Bergkristall mit eingeschliffener Kreuzigungsdarstellung, der wahrscheinlich ein Geschenk Karls
des Kahlen gewesen war. – Lit.: Gaborit-Chopin 1989,
273 Abb. 14; D. Gaborit-Chopin in: Kat. Paris 1991,
116ff. Nr. 17; Kornbluth 1995, 100ff. Abb. 18-12.
A49 Saint-Denis: Aus dem Besitz Karls des Großen oder
Karls des Kahlen stammt die »Tasse Salomons«, eine sasanidische Goldschale des 6./7. Jhs. mit eingesetzten Granaten, Bergkristallen, grünen Gläsern und einem sasanidischen Kameo. – Lit.: D. Gaborit-Chopin in: Kat. Paris
1991, 80ff. Nr. 10.
A50 Vercelli: König Berengar I. (898-924) ließ die alte
Handschrift des Bischofs Eusebius mit getriebenen Deckeln aus vergoldetem Silberblech versehen und stiftete
sie Anfang des 10. Jhs. der Bischofskirche zu Vercelli. –
Lit.: Steenbock 1965, 104 Nr. 28 Abb. 42-43; Puhle 2001,
408f. Nr. VI.10.
A51 Vienne: König Boso von Burgund († 887) stiftete
der Kathedrale von Vienne, dép. Isère/F, ein goldenes
Büstenreliquiar mit dem Haupt des hl. Mauritius und
einer goldenen Bügelkrone, die flächendeckend mit Saphiren, Rubinen und Perlen besetzt war. – Lit.: Schramm
1954-55, 398f. Taf. 42, 50; Beutler 1964, Abb. 5.
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
205
B Adel
B1 Chur: Präses Victor, vir illustris, ließ um 730/40 eine
Marmorplatte aus dem Vintschgau nach Chur liefern, die
als Grabstein für eine heute unbekannte Person verwendet wurde. – Lit.: Schnyder 1979, 169 Abb. 7; Bernasconi-Reusser 1997, 51ff. Nr. 12 Taf. 9-11.
B2 Cividale: Der reiche fränkische Herzog (oder seine
Witwe) hat wahrscheinlich im frühen 9. Jh. den »Tempietto« des Nonnenklosters Santa Maria in Valle mit den
Stuckfiguren heiliger Frauen ausstatten lassen. – Lit.:
Beutler 1982, 191 Abb. 112-121.
B3 Cividale: Dux Ursus (Ursus di Ceneda?) hatte im
8. Jh. eine Elfenbeintafel mit einer Darstellung der Kreuzigung schnitzen lassen. – Lit.: Steenbock 1965, 100ff.
Nr. 24. Abb. 38; Gaborit-Chopin 1978, 42f. 185 Nr. 47;
Bertelli / Brogiolo 2000, 277 Nr. 284 Abb. 167.
B4 Kremsmünster: Baiernherzog Tassilo III. und seine
Gemahlin Liutpirc stifteten 777 der Abteikirche Kremsmünster, Bez. Kirchdorf an der Krems/A, einen Spendekelch aus vergoldetem, nielliertem Kupfer mit teilweise
vergoldeten Silberplatten, kleinen Almandineinlagen sowie reicher Kerbschnittornamentik im anglo-karolingischem Tierstil, der nach ihm auch »Tassilokelchstil« ge-
nannt wird. – Lit.: Haseloff 1951, 10; Elbern 1964, 70
Nr. 17 Abb. 4-5; Hubert / Porcher / Volbach 1969, 354
Nr. 191.
B5 Pavia (Abb. 24, 1): Im Bett des Ticino wurde ein
eiserner Faltstuhl mit gold- und silbertauschierten Ornamenten (Ranken, Palmetten, Flechtbänder, geometrische
Muster, Fische) des 9./frühen 10. Jhs. gefunden, der
einem hochrangigen Adeligen als Ehrensitz gedient hatte.
– Lit.: Schramm 1954-55, 331ff. Taf. 31-33; Peroni 1967,
154ff. Nr. 129; S. Lomatire, Faltstuhl (sella plicatilis). In:
Stiegemann / Wemhoff 1, 1999, 53f. Nr. II. 12; Bertelli /
Brogiolo 2000, 100f. Nr. 47 Abb. 57.
B6 Rom: Theodotus, päpstlicher Verwalter von Santa
Maria Antiqua, der Kirche der Griechen in Rom auf dem
Forum Romanum, ließ seine dortige Privatkapelle zu Zeiten von Papst Zacharias (741-752) mit Gemälden ausschmücken. Erhalten blieben eine tafelbildartige Kreuzigungsdarstellung, sowie ein Stifterbild, auf dem Theodotus zwar in der knöchellangen Tunika eines Klerikers,
aber mit Frau, Tochter und Adoptivsohn – dem späteren
Papst Hadrian I. – zu sehen ist. – Lit.: Belting 1991, 131ff.
Abb. 70; Rettner 2000, 267ff. Abb. 2-7.
C Bischöfe und Äbte
C1 Augsburg: Die Gräber der Augsburger Bischöfe Uodalman (830-833?) und Witgar (861?-887) in der Kirche
St. Ulrich und Afra trugen Inschriftsteine aus Treuchtlinger Marmor. – Lit.: Bischoff 1977, 263ff. Taf. 80. 83.
C4 Bologna: Das mit Rankenreliefs verzierte Steinkreuz
von San Giovanni in Monte ließ Bischof Vitalis von Bologna (789-814) renovieren. – Lit.: Peroni 1983, 176 Abb.
19.
C2 Augsburg: Witgarius, Cancellarius der königlichen
Kanzlei und seit 867 Bischof von Augsburg, trug ein
Cingulum aus Seide und Goldfäden. An dessen Endquasten mit eingewebten goldenen Adlern hingen einzelne Flussperlen. Der eingewebten lateinischen Inschrift
zufolge VVITGARIO TRIBVIT SACRO SPIRAMINE PLENVM
x HANC ZONAM REGINA NITENS SANCTISSIMA HEMMA
war ihm der Gürtel von Königin Hemma, Gemahlin Ludwigs des Deutschen, zwischen 858 und 876 geschenkt
worden. – Lit.: Schramm / Mütherich 1962, 126 Nr. 32
Taf. 238.
C5 Chelles, dép. Seine-et-Marne/F: Die Äbtissin Gisela
von Chelles, eine Schwester Karls des Großen, erhielt
vom Aachener Hof den Elfenbein-Buchdeckel eines Evangelistars (vor 800). – Lit.: Braunfels 1989, 81 Abb. 14.
C3 Bologna: Bischof Vitalis von Bologna (789-814) ließ
in der Pfarrkirche San Petronio ein reliefiertes Steinkreuz
mit Ranken und Flechtbanddekor aufstellen. – Lit.: Schaffran 1941, 120; Hubert / Porcher / Volbach 1969, 223
Abb. 319; Schulze-Dörrlamm 2004a, 340.
206
C6 Corvey: Der wohl von Abt Warin errichtete Gründungsbau der Abteikirche zu Corvey (822-844) trug
außen eine lateinische Inschrift, von der nur ein einziger
Buchstabe aus vergoldetem Kupfer (H. 5 cm) übrig ist.
Das 873-885 aufgemauerte Westwerk wurde mit einer
Inschrifttafel aus Sandstein versehen, die erhalten blieb,
deren vergoldete Kupferbuchstaben (H. 10-11,5 cm)
jedoch verloren sind: CIVITATEM ISTAM TV CIRCVMDA
D(omi)NE ET ANGELI TVI CVSTODIANT MVROS EIVS. Die
zwei wie Gold glänzenden Inschriften imitierten kaiserliche Monumentalinschriften der Antike. – Lit.: Neumüllers-Klauser 1989, 137 Abb. 106; Lobbedey / Westphal
M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
1998, 157ff.; U. Lobbedey in Stiegemann / Wemhoff 2,
1999, 570ff. Nr. VIII. 52-53.
C7 Frauenchiemsee, Lkr. Rosenheim/D: Zur Ausstattung
der Kirche des um 860 von König Ludwig dem Frommen
gegründeten Frauenklosters gehörte eine Chorschranke
aus importiertem italienischen Marmor. Diese dürfte der
ersten Äbtissin und Königstochter Irmgard zu verdanken
sein. – Lit.: Dannheimer 1980, 44f. Nr. 10.
C8 Fulda: Dem Kloster Fulda gehörte (entweder aus
dem Nachlass von Bonifatius oder von Lullus) der »VictorCodex« aus Northumbrien mit einem Einband der ersten
Hälfte des 8. Jhs., dessen dreieckige Silberbeschläge bronzene Pressbleche mit Flechtbanddekor enthalten. – Lit.:
Wilson 1961, 199ff. Abb. 1-2. Taf. 35-36; Kluge-Pinsker
1993, 136 Abb. 6.
C9 Maastricht: Laienabt Einhard (815-830) stiftete der
St. Servatiuskirche ein Reliquiar in Form eines mit figürlichen Darstellungen verzierten, römischen Triumphbogens aus getriebenem Silberblech (H. 37,8 cm), der als
Kreuzfuß (arcus) für eine goldene »Crux gemmata« mit
Kreuzreliquie dienen und ein Zeichen des ewigen Sieges
sein sollte. – Lit.: Montesquiou-Fezensac 1956, 147ff.
Abb. 1-2; Hauck 1974, Falttafel; Beutler 1982, 102ff.
Abb. 46; Stiegemann / Wemhoff 2, 1999, 700 Nr. X. 9.
C10 Maastricht: Von Einhard, dem Laienabt von St. Servatius (815-830), könnte eine Reliefplatte aus nordfranzösischem Jurakalkstein stammen, auf der die Flucht nach
Ägypten und der Bethlehemische Kindermord dargestellt
sind. Die Chorschrankenplatte (?) aus Bau III der St. Servatiuskirche wurde auf Steinsärgen des 8. Jhs. liegend aufgefunden und gilt aufgrund dieses Reliefs als einzigartiges Kunstwerk im Raum nördlich der Alpen. – Lit.:
Panhuysen 1990, 541. 553 Abb. 2; Jacobsen, Schaefer /
Sennhauser 1991, 259f.
C11 Mailand: Angilbert II., Erzbischof von Mailand
(824-859), stiftete der Klosterkirche Sant’ Ambrogio
einen »Goldaltar«, den Meister Wolwinius (wohl vor 835)
geschaffen hat. Er ist verziert mit getriebenen Goldblechen und teilweise vergoldeten, getriebenen Silberblechen, mit Edelsteinen, Zellenschmelzen, Gemmen und
Perlen. – Lit.: Hubert / Porcher / Volbach 1969, 354 Nr.
188; Elbern 1988, 47-67 Abb. 33-39; Elbern 1989/90, 16
Abb. 8. 10-11; Haseloff 1990, 78ff. 113ff. Abb. 51; Capponi 1996; Lennartsson 1997/98, 567 Nr. 65 Taf. 14.
C12 Mainz (Abb. 27, 2-3): Hrabanus Maurus, Erzbischof von Mainz (847-856), vollendete um 850 im alten
Dom St. Martin den Hochaltar mit einem Ziborium auf
der neu erbauten Krypta für die Reliquien des hl. Sergius.
Die zugehörige neue Chorschranke ließ er mit einem
außergewöhnlichen Architekturfries schmücken, der eine
realistische Ansicht der reich gegliederten Schauseite der
(mutmaßlichen Hallen-)Krypta zu sein scheint. – Lit.:
Schulze-Dörrlamm 2006, 279ff. Abb. 2-3. 9; 2009a,19ff.
Abb. 2.
C13 Mainz (Abb. 27, 1): Hrabanus Maurus, Erzbischof
von Mainz (847-856), stiftete für das Reliquiengrab des
hl. Bonifatius († 754) in der Mainzer Marienkirche ein
Grabmal. Davon erhalten blieb eine ringsum mit Reliefs
verzierte, oben abgeschlagene Kalksteinstele, auf der Erzbischof Bonifatius in liturgischen Gewändern mit dem
geschulterten Kreuzstab eines Märtyrers dargestellt ist.
Die außergewöhnliche Grabstele könnte der Rest eines
Hochkreuzes angelsächsischen Typs sein. – Lit.: MeyerBarkhausen 1957, 78; Schulze-Dörrlamm 2003, 470 Abb.
20; Schulze-Dörrlamm 2004a, 281ff. Abb. 3-7; 41, 1
Farbtaf. 1-5; 2009a, 22ff. Abb. 3.
C14 Mainz: Hatto, Erzbischof von Mainz (891-913), hat
die Mainzer Stiftskirche St. Mauritius reich ausgestattet.
Das bezeugt seine Stifterinschrift auf dem ganz mit
Reliefs verzierten »Hatto-Fenster«, das er offenbar von
einem aus Italien (oder Byzanz) stammenden Steinmetz
hatte anfertigen lassen. – Lit.: Schulze-Dörrlamm 2006,
282 Abb. 4; 2009a, 23ff. Abb. 4.
C15 Metz (Abb. 2, 3): Chrodegang, Bischof von Metz
(† 766), hat in seiner Kathedrale – wahrscheinlich mit
Hilfe von König Pippin III. – einen Bischofsthron aus mutmaßlich antikem weißen Marmor aufstellen lassen. – Lit.:
H. Leclercq, s.v. Vingt-quatre Viellards. In: F. Cabrol / H.
Leclercq, Dictionnaire d´Archéologie chrétien et de Liturgie 15/2 (Paris 1953) 3125 Abb. 11248; Vierck 2002, 50
Abb. 16,2.
C16 Metz: Drogo, Erzbischof von Metz (826-855), ließ
in Metz reich ausgestattete Codices mit Elfenbeindeckeln
herstellen, von denen noch drei Exemplare erhalten sind,
darunter auch das für ihn selbst geschriebene Evangeliar.
– Lit.: Steenbock 1965, 85f. Nr. 17 Abb. 26-27; Hubert /
Porcher / Volbach 1969, 345 Nr. 214-215; Braunfels
1989, 95ff.
C17 Reichenau: Haito, Abt der Reichenau und Bischof
von Basel (806-823), ließ um 820/30 für Abt Gozbert von
St. Gallen (816-836) den einzigartigen Klosterplan von
St. Gallen anfertigen. – Lit.: Braunfels 1989, 45ff. Abb. 26.
C18 Reichenau: Hatto, Abt der Reichenau (ab 888) und
seit 891 Erzbischof von Mainz († 813), brachte um 900
den »Krug der Hochzeit zu Kana« auf die Reichenau. Der
Marmorkrug des 5. Jhs. in Form eines griechischen Stamnos, dessen Wand mit geschwungenen Kanneluren verziert ist, war in Jerusalem gestohlen worden. Als Reliquie
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
207
wurde er auf dem Januariusaltar von St. Maria und Markus in Reichenau-Mittelzell aufgestellt. – Lit.: Erdmann
1989, 322ff. Abb. 1a-b; Hiller-König / Mueller 2003, 10f.
instar antiquorum operum fabricavit). – Lit.: Beutler 1997,
157; D. von Reitzenstein in: Roth / Wamers 1984, 324f.
Nr. 217.
C19 Reims: Ebo, Erzbischof von Reims (816-835), ließ
drei kostbare Codices herstellen: das Ebo-Evangeliar, den
Berner Physiologus und den einzigartigen Utrecht-Psalter.
– Lit.: Braunfels 1989, 91ff.
C24 Sion/Sitten, Kt. Wallis/CH: Altheus, Bischof von
Sitten († 799), stiftete gegen Ende des 8. Jhs. der Kathedrale ein Bursenreliquiar aus Holz mit einer Verkleidung
aus vergoldetem, getriebenem Silberblech. Die später erneuerte Rückseite trägt Zellenschmelze. – Lit.: F. Cabrol /
H. Leclercq, Dictionnaire d’Archélogie chrétien et de
Liturgie 3,1 (Paris 1913) 1143 Abb. 2705; Hubert / Porcher / Volbach 1968, 371 Nr. 315; Haseloff 1990, Abb.
59; Thurre 1993, 126ff. Abb. 2.5.12.14.17-20.
C20 Saint-Martin-des-Champs: Aus der Abteikirche
stammt der Spendekelch von Presbyter GIMFRIDVS aus
dem frühen 9. Jh. Er besteht aus vergoldetem Kupfer mit
Silberauflagen, die mit niellierten Ornamenten verziert
sind. – Lit.: Elbern 1964 75 Nr. 36 Abb. 7; Ross 1965,
131ff. Nr. 178 Taf. 89-90; E. Wamers in: Stiegemann /
Wemhoff 2, 1999, 794f. Nr. XI.9.
C21 Salzburg: Vigil, Bischof von Salzburg (746/47-784),
hat wahrscheinlich das »Rupertuskreuz« von Bischofshofen gestiftet. Das Holzkreuz ist mit vergoldeten Kupferblechen bedeckt, die mit getriebenem Rankenwerk und
Emails verziert sind. – Lit.: Bierbrauer 1978, 223ff. Taf.
43,1; Jülich 1986/87, 195.
C22 Sankt Gallen: Salomon III., Abt von St. Gallen und
Bischof von Konstanz (890-919), gab das Evangelium
Longum in Auftrag, das von Mönch Sintram geschrieben,
vom Bildhauermönch und Goldschmied Tuotilo (850-912)
mit geschnitzten Elfenbeindeckeln und einem mit Edelsteinen und Filigranornamenten verzierten Goldrahmen
versehen wurde. Die ungewöhnlich langen Elfenbeinplatten bestehen zum Teil aus durchbrochenem Rankenwerk, das mit goldglänzenden Folien unterlegt ist. Gold
und Edelsteine hatte Salomon dem persönlichen Schatz
des Mainzer Erzbischofs Hatto I. entnommen. – Lit.:
Steenbock 1965, 98ff. Nr. 23 Abb. 26-37; Braunfels 1989,
101; Duft / Schnyder 1984, 62ff.; Lennartsson 1997/98,
577 Nr. 128 Taf. 24,2.
C23 Seligenstadt: In Seligenstadt befinden sich noch
Elfenbeinfragmente (Plättchen und kannelierte Miniatursäulchen), die von jenem Kästchen mit Elfenbeinsäulen in
antikem Stil stammen dürften, das Laienabt Einhard in
der ersten Hälfte des 9. Jhs. geschaffen hatte (in capsellam quam domnus E. [Einhard] columnis eburneis ad
208
C25 Tournus, dép Saône-et-Loire/F: Geilho (IOHEL), Abt
von Cunault bei Tours, ließ um 875 ein hölzernes Flabellum mit Elfenbeinen verkleiden sowie mit Miniaturen auf
Pergament schmücken. – Lit.: Hubert / Porcher / Volbach
1969, 363 Nr. 322; Gaborit-Chopin 1988; Gaborit-Chopin 1989, 284 Abb. 18-19.
C26 Trier: Radpod, Erzbischof von Trier (883-915), benutzte ein Siegel aus Bergkristall. – Lit.: Mütherich 1959,
68-74; Kornbluth 1995, 68f. Nr. 8 Abb. 8-1 bis 8-10.
C27 Werden a.d. Ruhr (Abb. 30, 1): Liudger, Missionar
und erster Bischof von Münster († 809), hinterließ seinem
Eigenkloster in Werden an der Ruhr einen hölzernen Reliquienkasten (und mutmaßlichen Tragaltar) mit Beschlägen aus Walrosszahn, der vermutlich um 784/87 in Rom
oder im Kloster Montecassino hergestellt worden war.
Die rechteckigen Plättchen mit figürlichen und geometrischen Durchbruchsornamenten waren rot eingefärbt und
lagen auf vergoldeten Kupferfolien. – Lit.: Schulze-Dörrlamm 2002a, 289ff. Abb. 55. Farbtaf. 8-15.
C28 Würzburg: In der Krypta des Würzburger Neumünsters steht der Sandsteinsarg des Bischofs Megingoz
(† 794) mit einer lateinischen Deckelinschrift, bei der es
sich um die älteste, noch erhaltene Monumentalinschrift
im Raum östlich des Rheins und nördlich der Donau
handelt. Bei der Graböffnung im Jahre 1711 hatte man
bei dem Skelett noch einen Holunderstab mit gebogener
Krümme und einem Metallstück in der Mitte gefunden. –
Lit.: Herrmann 1992, 69ff. Abb. 1-2.
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Stiegemann / Wemhoff 1999: Ch. Stiegemann / M. Wemhoff(Hrsg.),
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M. Schulze-Dörrlamm · Zeugnisse der Selbstdarstellung von Eliten der Karolingerzeit
Taralon 1978: J. Taralon, La majesté d’or de Sainte-Foy du trésor de
Conques. Rev. Art 40-41, 1978, 9-22.
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Mittelalters. Univforsch. Prähist. Arch. 81 (Bonn 2001).
Thurre 1993: D. Thurre, Le reliquaire d’Altheus, évêque de Sion et
abbé de Saint-Maurice. Helvetia Arch. 24, 1993, 126-176.
1995: D. Thurre, L’aiguière »de Charlemagne« au trésor de
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Ypey 1968: J. Ypey, Fundstücke mit anglo-karolingischer Tierornamentik in niederländischen Sammlungen. Ber. ROB Amersfoort
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Zwierlein-Diehl 1998: E. Zwierlein-Diehl, Die Gemmen und Kameen des Dreikönigenschreines (Köln 1998).
Egg/Quast (Hrsg.) · Aufstieg und Untergang
215
AUTORENVERZEICHNIS
Markus Egg
egg@rgzm.de
Detlef Gronenborn
gronenborn@rgzm.de
Thomas Zimmermann
Bilkent University
Faculty of Humanities and Letters
Department of Archaeology and History of Art
TR - 06800 Bilkent-Ankara
zimmer@bilkent.edu.tr
Dieter Quast
quast@rgzm.de
Martin Schönfelder
schoenfelder@rgzm.de
Mechthild Schulze-Dörrlamm
schulzedoerrlamm@rgzm.de
Bendeguz Tobias
tobias@rgzm.de
Römisch-Germanisches Zentralmuseum
Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte
Ernst-Ludwig-Platz 2
55116 Mainz
VI
Piotr Łuczkiewicz
Instytut Archeologii
Uniwersytetu Marii Curie-Skłodowskiej
pl. M. Curie-Skłodowskiej 4
PL - 20-031 Lublin
piotr_luczkiewicz@hotmail.com
NEUERSCHEINUNGEN
Francesca Paola Porten Palange
Die Werkstätten
der arretinischen Reliefkeramik
Monographien des RGZM Bd. 76, 1-2
447 S., 9 Abb., 179 Taf.
ISBN 978-3-88467-124-5
138,– €
Dem »Katalog der Punzenmotive in der arretinischen Reliefkeramik«
(RGZM Kataloge Vor- und Frühgeschichtlicher Altertümer 38, 1-2 [2004])
folgen nun diese beiden Bände über die Werkstätten, die von ca. 30 v.Chr.
an in Arezzo und Umgebung Reliefkeramik produziert haben.
Im ersten Band werden insgesamt 22 Werkstätten analysiert, ergänzt durch
ein Kapitel über den Töpfer Anteros, von dem wir noch nicht wissen, für
welche Manufaktur er gearbeitet hat. Die Werkstätten sind völlig neu bearbeitet, und ihr Repertoire ist umfassender beschrieben. Hinzu kommen
viele bis dato unbekannte Punzenmotive sowie gegenüber der bisherigen
Forschung notwendige Neuzuweisungen, wodurch wir – obwohl das Material des Museums in Arezzo immer noch so spärlich veröffentlicht bleibt –
von der Gattung ein deutlich klareres und genaueres Bild erhalten und das
Repertoire der einzelnen Offizinen an Reichhaltigkeit gewinnt.
Der zweite Band enthält für jede Werkstatt in zeichnerischer Darstellung die
Namensstempel und die bislang bekannten Profile, außerdem die wichtigsten Randmotive und die häufigsten vegetabilischen Ornamente, die für
die korrekte und sichere Zuschreibung eine so entscheidende Rolle spielen.
Ebenso sind – um die im ersten Band beschriebenen Figurenreihen besser
nachvollziehen zu können – auch die bedeutungsvollen Zyklen anhand
zahlreicher Bildkombinationen sowie bislang singulär überlieferte Zusammensetzungen figürlicher und ornamentaler Motive dargestellt.
Dieter Quast (ed.)
Foreigners in Early Medieval Europe
Thirteen International Studies
on Early Medieval Mobility
Monographien des RGZM Bd. 78
303 S., 147 z.T. farbige Abb.
ISBN 978-3-88467-131-3
98,– €
The fusion of different cultures into new communities is not just a phenomenon of the 20th and 21st centuries, but has been going on since prehistory. Especially the transition from Antiquity to the Middle Ages was an
era in which the migrations of steppe-nomad and Germanic warrior groups
with their families had caused changes in wide parts of Europe.
In this volume, thirteen studies from different European countries, ranging
from Spain to Slovakia and Greece to Sweden, demonstrate diverse perspectives and varying scientific traditions of approaching a theme like »Foreigners in Early Medieval Europe«. These studies highlight different aspects
of mobility and exchange, but all are based on contacts between people
and groups of people. Studies of straightforward imports, art styles and the
history of colonisation or simply new interpretations of »common knowledge« offer new insights.
Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz
Ernst-Ludwig-Platz 2 · 55116 Mainz · Tel.: 0 61 31 / 91 24-0 · Fax: 0 61 31 / 91 24-199
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NEUERSCHEINUNGEN
Ernst Künzl
Die Alamannenbeute
aus dem Rhein bei Neupotz
Plünderungsgut aus dem römischen Gallien
Monographien des RGZM Bd. 34, 1-4
um ein Gesamtregister
erweiterter Nachdruck
832 S., 702 Taf.
ISBN 978-3-88467-122-1
195,– €
In Neupotz, Lkr. Germersheim, Rheinland-Pfalz, hat man in einem Baggersee des Kieswerkes der Gebr. Kuhn seit 1967 und dann besonders von
1980 bis 1983 zahlreiche Metallobjekte bergen können. Die Fundstelle liegt
im alten Strombett des Rheines.
Der riesige Fund wiegt mehr als 700kg, die über 1000 Objekte gehören
vorwiegend in das Römerreich des 2. und 3. Jahrhunderts n.Chr.: Münzen,
Waffen, Reste von Booten, Tafelgeschirr, Küchengerät, Wagenteile und
Werkzeuge.
In den Jahren 275-277 n.Chr. plünderten Franken und Alamannen das
römische Gallien bis zu den Pyrenäen. Kaiser Probus trieb dann 277/278 die
letzten Franken und Alamannen über den Rhein zurück. Der Neupotzfund
gehört zu Alamannen, die damals mit massenhafter Beute beladen zurück
nach Hause ins Neckargebiet fahren wollten. Beim Übersetzen über den
Rhein beim heutigen Neupotz ging der Transport unter. Der Baggerfund
von Neupotz ist im Rahmen der römischen wie der alamannischen Archäologie einmalig.
Markus Egg · Dieter Quast
Aufstieg und Untergang –
Zwischenbilanz des Forschungsschwerpunktes Eliten
Seit einigen Jahren besteht am RGZM der Forschungsschwerpunkt »Eliten«.
Hier wird besonders das Phänomen der Prunkgräber untersucht. In einer
Zwischenbilanz werden nun vor allem die Bereiche der Metallzeiten und des
frühen Mittelalters vorgelegt. Die Studien erlauben, Entwicklungen aufzuzeigen und somit die Frage nach dem »Aufstieg und Untergang« zu diskutieren. Es zeigt sich dabei ein facettenreiches Bild, doch werden auch
»Konstanten« erkennbar. Sie deuten an, dass Macht schon in vor- und frühgeschichtlichen Gesellschaften auf vier wesentlichen Säulen ruhte: einer
ökonomischen, sozialen, religiösen und militärischen.
Monographien des RGZM Bd. 82
254 S., 108 z.T. farbige Abb.
ISBN 978-3-88467-137-5
90,– €
Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz
Ernst-Ludwig-Platz 2 · 55116 Mainz · Tel.: 0 61 31 / 91 24-0 · Fax: 0 61 31 / 91 24-199
E-Mail: verlag@rgzm.de · Internet: www.rgzm.de
NEUERSCHEINUNGEN
Ernst Künzl
Unter den goldenen Adlern
Der Waffenschmuck des römischen Imperiums
154 S., 189 meist farb. Abb.
ISBN 978-3-88467-123-8
24,90 €
Die Griechen und Römer dekorierten ihre Waffen mit Motiven und Zeichen,
die Sieg und Glück verheißen sollten. Der Waffendekor der römischen
Legionen spiegelt das Vertrauen auf die Götter Roms und auf die Stärke der
römischen Armee. Einige Teile der Ausrüstung wie die Feldzeichen und die
traditionelle Aufmachung der hohen Offiziere waren festgelegt. In der
Frage des Waffenschmuckes besaßen freilich die Soldaten einen großen
Spielraum. Uniformen, wie wir sie seit dem 18. Jahrhundert kennen, gab es
nicht. Die Dekoration war dem einzelnen Soldaten überlassen. Auf den
Waffen findet man deshalb Zeichen vielfältiger religiöser und politischer
Strömungen. Sogar die Tagespolitik hinterließ ihre Spuren, als in den kritischen Jahren des Übergangs des Kaisertums von Augustus zu Tiberius die
Nordarmee am Rhein offen für Germanicus, den Neffen des Tiberius, Partei ergriff und dies auf den Waffen auch zeigte.
Antje Kluge-Pinsker (Hrsg.)
Als Hildegard noch nicht in Bingen war
Der Disibodenberg – Archäologie und Geschichte
Der Disibodenberg ist die Heimat der Hildegard von Bingen. Hier verbrachte
sie vierzig Jahre ihres Lebens. Insgesamt neunzehn Autoren aus der Archäologie, den Geschichtswissenschaften und der Kunstgeschichte fassen in
diesem Band in allgemein verständlicher Form das Wissen über diesen Ort
zusammen, der jeden seiner Besucher in seinen Bann zieht.
186 S., 97 farbige Abb., 53 s/w Abb.
ISBN 978-3-7954-2253-0
24,90 €
Verlag Schnell & Steiner GmbH
Leibnizstraße 13 · 93055 Regensburg · Tel.: 09 41/ 7 87 85-0 · Fax: 09 41/ 7 87 85-16
E-Mail: info@schnell-und-steiner.de · Internet: www.schnell-und-steiner.de
in Zusammenarbeit mit dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum, Mainz
NEUERSCHEINUNGEN
Annette Frey (Hrsg.)
Ludwig Lindenschmit d. Ä.
Mosaiksteine Band 5
68 S., 78 Abb., Hardcover (2009)
ISBN 978-3-88467-138-2
18,– €
Ludwig Lindenschmit (1809-1893) war Künstler, Archäologe – und der
erste Direktor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums.
Als einer der Ersten erkannte er die Wichtigkeit von Materialsammlungen
als Grundlage für die noch junge Wissenschaft Archäologie. Mit der Gründung des RGZM bekam er die Gelegenheit, eine solche Sammlung anzulegen. Er nutzte sie, und seiner Hartnäckigkeit, seinem Durchhaltevermögen ist es zu verdanken, dass das Institut die ersten Jahre überlebte.
International war Lindenschmit anerkannt und stand mit den führenden
Archäologen Europas in Kontakt. Hoch geehrt und vielfach ausgezeichnet,
pflegte er Beziehungen zu Fürsten sowie zum französischen Kaiser Napoléon III. Der lud Lindenschmit 1861 nach Paris ein: Er sollte beim Aufbau des
Musée des Antiquités Nationales behilflich sein – nach dem Vorbild des
RGZM.
Auch Lindenschmits Publikationen haben zu seiner Anerkennung beigetragen. Einen Einblick in das archäologische Wissen seiner Zeit geben die
»Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit«, die in erster Linie auf den Beständen des RGZM beruhen. Sein besonderes Interesse aber galt der Merowingerzeit; hier hat er Weichen für spätere Forschungen gestellt.
Das vorliegende Buch wirft ein Licht auf die Person Ludwig Lindenschmits
als Archäologe, Vereinsmann, Museumsgründer und Künstler.
Dieter Quast
Wanderer zwischen den Welten
Die germanischen Prunkgräber von Stráže
und Zakrzów
Mosaiksteine Band 6
64 S., 77 Abb., Hardcover (2009)
ISBN 978-3-88467-139-9
18,– €
Im 3. Jahrhundert kam es jenseits der Grenzen des Römischen Reiches zu
bedeutenden politischen Veränderungen: Es bildeten sich große, überregional agierende Stammesverbände. Die Beziehungen Roms zu diesen Gruppen waren nicht nur durch Konfrontation geprägt, sondern häufig auch
durch den Versuch, diese »Barbaren« in eigene Interessen einzubinden. Die
germanischen Eliten kamen dabei – egal ob als Gegner oder als Verbündete
– zu enormem Reichtum, der sich vor allem in deren prunkvollen Grablegen
spiegelt.
Die Grabfunde aus Wrocław-Zakrzów (Sakrau) in Polen und KrakovanyStráže bei Piešt'any in der Slowakischen Republik befanden sich in den letzten Jahren zur Untersuchung in den Werkstätten des RGZM. Die Auswertung der zum Teil exzeptionellen Funde gibt spannende Einblicke nicht nur
in das Verhältnis der Germanen zu Rom, sondern auch in die bereits in
dieser Zeit weiträumige Vernetzung »barbarischer« Eliten.
Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz
Ernst-Ludwig-Platz 2 · 55116 Mainz · Tel.: 0 61 31 / 91 24-0 · Fax: 0 61 31 / 91 24-199
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NEUERSCHEINUNGEN
Ronald Bockius (ed.)
Between the Seas – Transfer and
Exchange in Nautical Technology
Proceedings of the Eleventh International
Symposium on Boat and Ship Archaeology,
Mainz 2006
RGZM – Tagungen
Band 3 (2009)
510 S., 363 Abb., 25 Tab., 6 Farbtaf.
ISBN 978-3-88467-142-9
85,– €
Water transport has always led to interaction of people who met each
other at distant places. Not only did they make substantial profits, but they
also learned to improve their lives by copying, and benefited from inspiration. Even boats and ships themselves as constructional objects tend to pass
on ideas, both in their functionality and in the underlying skills. Transfer and
exchange in nautical technology as phenomena paced about watercrafts
on sea and on inland waterways; the river systems of Continental Europe
in particular promoted at least influences between early shipbuilding traditions, and sometimes the amalgamation of characteristics, even if these
were developed by far distant societies and civilisations, both maritime and
continental.
This volume gathers more than 50 contributions relevant to the subject,
proceeding from papers and poster presentations by experts in the fields of
nautical archaeology, history of ships and shipbuilding, and naval architecture, delivered on the occasion of the Eleventh International Symposium on
Boat and Ship Archaeology held in Mainz on the 25th to 29th September
2006.
Martin Street (ed.)
Humans, Environment and Chronology
of the Late Glacial
of the North European Plain
Proceedings of Workshop 14 (Commission XXXII)
of the 15th U.I.S.P.P. Congress,
Lisbon, September 2006
RGZM – Tagungen
Band 6 (2009)
216 S., 61 z.T. farbige Abb.
ISBN 978-3-88467-143-6
48,– €
The volume »Humans, environment and chronology of the Late Glacial of
the North European Plain« assembles papers presented during a workshop
for the 15th Congress of the Union International des Sciences Préhistoriques
et Protohistoriques held in Lisbon in September 2006. The workshop was
organised under the remit of U.I.S.P.P. Commission XXXII, which focuses on
the »The Final Palaeolithic of the Great European Plain«, and the present
volume continues the series of conference proceedings that have been
published at regular intervals during the past decade. This most recent contribution underlines the geographical spread and chronological depth of
research into this topic, with papers ranging from those on the British Isles
to the eastern Baltic and from the Paris Basin to southern Scandinavia, and
covering a period of time extending from the late Magdalenian to the early
Mesolithic.
Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz
Ernst-Ludwig-Platz 2 · 55116 Mainz · Tel.: 0 61 31 / 91 24-0 · Fax: 0 61 31 / 91 24-199
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NEUERSCHEINUNGEN
Markus Egg · Konrad Spindler †
Kleidung und Ausrüstung
der Gletschermumie
aus den Ötztaler Alpen
Mit der Entdeckung des Mannes im Eis 1991 wurde die Geschichte der
Archäologie um eine bemerkenswerte Episode reicher. Selten gelang es,
eine derart große Forschergemeinschaft weltweit zu bündeln, um den
Fundkomplex zu ergründen. Noch 18 Jahre später beschäftigen sich Medizin, Natur- und Geisteswissenschaft mit dem Schicksal eines Mannes, der
vor 5300 Jahren in den Ötztaler Alpen einen gewaltsamen Tod erlitten hat.
Auch das archäologische Programm lässt noch viele Wünsche offen. So
gesehen ist die Edition des vorliegenden Bands von Markus Egg und Konrad Spindler, der die umfassende Vorlage der Ausrüstung und Kleidung beinhaltet, eine ungemein wichtige und vertiefende Ergänzung zu den bisher
getroffenen archäologischen Aussagen.
Monographien des RGZM Bd. 77
262 S. mit 153 z.T. farbigen Abb.,
22 Farbtaf., 12 Beil.
ISBN 978-3-88467-125-2
90,– €
Mechthild Schulze-Dörrlamm
Byzantinische Gürtelschnallen
und Gürtelbeschläge im RömischGermanischen Zentralmuseum
Teil 1 Die Schnallen ohne Beschläg, mit Laschenbeschläg
und mit festem Beschläg des 5.-7. Jahrhunderts
Teil 2 Die Schnallen mit Scharnierbeschläg und die Schnallen
mit angegossenem Riemendurchzug des 7.-10. Jahrhunderts
Kataloge Vor- und Frühgeschichtlicher
Altertümer Bd. 30, 1-2
Teil 1: 2. verbesserte Aufl. 2009
268 S., 545 Abb., 4 Farbtaf.
ISBN 978-3-88467-134-4; 70,– €
Teil 2: 414 S., 554 Abb., 2 Farbtaf.
ISBN 978-3-88467-135-1; 98,– €
Das RGZM besitzt eine der weltweit größten Sammlungen byzantinischer
Gürtelschnallen, die überwiegend aus dem Zentrum des Byzantinischen
Reiches stammen. Selbst als Einzelstücke ohne Fundzusammenhang vermitteln sie wichtige Erkenntnisse über Form und Dekor dieses mehrheitlich von
Männern getragenen Kleidungszubehörs. Als Abzeichen lassen sie noch
heute auf die Stellung ihres Trägers schließen und etwas von dessen geistiger Vorstellungswelt erahnen.
Teil 1 erscheint in einer leicht korrigierten Neuauflage und stellt 224 typische Gürtelschnallen des 5.-7. Jhs. in ihrer Formenvielfalt und einstigen Verbreitung vor.
Teil 2 behandelt die derzeit 363 byzantinischen Gürtelschnallen und Beschläge des 7.-10. Jhs. im RGZM. Auch hier werden Merkmale, Zeitstellung
sowie Verbreitungsgebiete der verschiedenen Schnallentypen aufgezeigt;
eine Chronologietabelle erleichtert die Datierung von Neufunden. Die
Auswertung geht u.a. auf Fragen der Handwerks-, Handels- und Trachtgeschichte ein, sucht aber auch nach den einstigen Besitzern.
Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz
Ernst-Ludwig-Platz 2 · 55116 Mainz · Tel.: 0 61 31 / 91 24-0 · Fax: 0 61 31 / 91 24-199
E-Mail: verlag@rgzm.de · Internet: www.rgzm.de
RESTAURIERUNG
und ARCHÄOLOGIE
Konservierung
Restaurierung
Technologie
Archäometrie
Restaurierung und Archäolgie
erscheint jährlich im Herbst
Umfang pro Heft ca.100 Seiten,
durchgehend farbige Abbildungen,
Format DIN A4,
broschiert,
Heftpreis 14,– €.
Bestellung:
Verlag des Römisch-Germanischen
Zentralmuseums
Ernst-Ludwig-Platz 2
55116 Mainz
Kontakt
Redaktion:
Christian Eckmann
red.ra@rgzm.de
Abo-Bestellformular auf
www.rgzm.de
Die neue Zeitschrift Restaurierung und Archäologie, die demnächst in
ihrer zweiten Ausgabe erscheint, ist ein wissenschaftliches Forum zu
Themen der Konservierung-Restaurierung, der Fundbehandlung und Fundbergung, zu technologischen Untersuchungen und zur Archäometrie archäologischer Bodenfunde. Neben der Veröffentlichung aktueller Forschungsergebnisse von Restauratoren, Archäologen und Wissenschaftlern
angrenzender Fachgebiete soll die Zeitschrift auch als Plattform für den
Erfahrungsaustausch restauratorischer / konservatorischer Maßnahmen am
Objekt dienen sowie Absolventen der einschlägigen Studiengänge in diesem Bereich die Möglichkeit bieten, ihre Abschlussarbeiten in verkürzter
Form einem breiteren Fachkollegium vorzustellen.
Die mehrsprachig angelegten Zeitschrift erscheint einmal jährlich und richtet sich an alle, die sich der Erhaltung und Erforschung archäologischen
Kulturgutes verpflichtet fühlen. Träger ist das Römisch-Germanische Zentralmuseum in enger Zusammenarbeit mit Hochschulen, Landesämtern,
Museen und Forschungsinstituten, aus denen sich ein dementsprechend
breit gefächertes Team an Fachredakteuren rekrutiert. Diese unabhängigen
Redaktoren begutachten die eingereichten Artikel, deren Umfang bis zu 20
Druckseiten betragen kann.
Vorschau auf Heft 2/2009
– Archäometallurgische Untersuchungen zur Metalleinlegetechnik einiger
Auvernierschwerter
– Granuliertes Gold aus Troia in Berlin. Erste technologische Untersuchungen
eines anatolischen oder mesopotamischen Handwerks
– Zur Entwicklung in der Vergoldungstechnik im germanischen Raum während
des 1. Jahrhunderts nach Christus
– Kantharos, Klapptisch und kannelierte Schüssel. Zu Neurestaurierung und
Herstellungstechnik dreier großformatiger Objekte aus dem Hildesheimer
Silberfund
– Auf den Spuren der Amphora
– So nimm den Hut zum Abschied. Die Restaurierung und Rekonstruktion eines
Hallstattzeitlichen Hutes aus Birkenrinde
– Zur Anwendung von Dichteangaben bei der Bestimmung der
PEG-Tränkkonzentration mit dem Pegcon-Computerprogramm
– The Metal Threads from the Silk Garments of the Famen Temple
– Zur Bedeutung entomologischer Untersuchungen für die Interpretation
prähistorischer Grabfunde
– Dokumentation in situ geborgener Objekte mit Hilfe von Röntgentechnik
– Das KUR-Projekt »Massenfunde in Archäologischen Sammlungen«
Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz
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