umdeuten, l[silenden, Be[alrG[: lul persistenz
wissenschaftlicher llenlrstile am BeisRiel dw ileutschen
Baltefi olog¡e, t8g0-lglgl
Sllu¡a Bcrger
Seit dem Ende des Ersten ul'eldnieges, und verstùkt ab
Mitte der l920er Jahre, mehrten sich in den
deutschen
medizinischen Zeitschriften die Stimmen, die von einem
grundlegenden Anschauungswandel in der Seuchenlehre
sprachen. Die medizinische Bakteriologie unter der Ägide
Robert Kochs und seiner Schüler, die bisher bei der Er-
klärung von Infektionskrankheiten und deren Bekämpfung richtungsweisend war, schien dabei endgültig ihre
Deutungshoheit einzubüssen. nüberall fwird] das starre
bakteriologische Denken verlassenn, resümierte ein Autor
in der Münchener Medizinischen \Vochenschrirt D24.2 tJnd,
eine populärwissenschafdiche Zeitschrift stellte I 929 mali_
ziös den <Rückzugr der oPilzlehreo und der oBakterienäral
fest.3
Die herkömmliche, von Robert Koch seit den lg70er/gOer
Jahren enrwickelte Infektionslehre sah in den pathogenen
Bakterien - den tückischen und unsichtbaren nFeinden>,
so die gängige Diktiona
- die spezifìsche, notwendige und
determinierende Ursache fìir eine Infektionslrankheit. Für
die Ausweitung von der Einzel- zur Massenerkrankung,
der Epidemie, wies sie dem Faktor der übertragung von
Infektionskeimen die ausschlaggebende Rolle zu. Im Gegensatz dazu ging man
in den lg2OerJahren bei der Inter-
pretation von Infektionsftrankheiten und Epidemien zu
sehr viel komplexeren Deutungsmustern über. Für die Erklärung des einzelnen Infektionworgangs gewannen bisher
wenig berüclsichtigte oder untergeordnete Faktoren5 stark
an Bedeutung. Der Erregergedanke verlor dadurch seine
langeZeit überragende Geltung.6 Die Råtsel der Influenzaepidemie von l9l8/19 und anderer ungewohnter IGankheiten machten wiederum deutlich, dass die Ursachen von
Epidemien vielschichtiger und komplexer waren als ursprünglich angenommen.T Für die Entstehung und den
Verlauf von Massenerkrankungen schienen nicht nur die
verschiedenen Eigenschaften des Erregers, sondern auch
diejenigen des \Øirtes sowie die zahlreichen Reaktionen
aufeinander eine Rolle zu spielen.s Eine Epidemie entsprach nunmehr der Störung eines diffizilen und komplexen <Gleichgewichteso menschlicher und bakterieller
Populationen. Auf konzeptueller Ebene wurde damit das
Verhdltnis zwischen Mensch und Bakterium, das sich bis_
her in der Rede von der nlnvasion> ounsichtba¡er Feinde>
und dem nKampfir zweier anragonistischer Organismen
manifestiert hatte, durch neue \Øahrnehmungsmuster
einer multifaktoriellen und interdependenten Beziehung
erseøt, in welcher die gegenseitige Anpassungsfåihigkeit
und die Möglichkeit eines fiir Makro- und Milnoorganis_
mus vorteilhaften nModus vivendi,
hervorgehoben
wurde.e
Die orklusive Stellung der northodoxen
Bakteriologie>ro
Kochtcher Prdgung wurde von Klinikern und Epidemiolo_
gen allerdings schon um die Jahrhunderrwende in Zweifel
gezogen.rr So monierte beispielsweise der Berliner Kliniker
Ottomar Rosenbach 1903 in seinem Aufsatzband, <<Arzt
contrø Bøþteriologer, dass die Lehren der orthodoxen Bakteriologie <weit entfernr, auch nur eins der Rithsel der Medicin zu lösen, vielmehr das Verständnis klinischer Vorgänge erschweren>.I2 Für ihn stand fest, dass das nkünstliche
Schemao der oNichtsalsbakteriologeno mit der überbeto_
nung der pathogenen \Øirkung von Bakterien die <Bedeu-
tung und Mannigfaltigkeit der trftankheitsursachen,
'W'esens
des
der Epidemien und des Antheils der socialen und
hygienischen Factorenu vollst?indig verkenne.r3 Auch der
Bakteriologe und ehemalige Mitarbeiter Robert Kochs,
Ferdinand Hueppe, bemerkte schon zu Beginn der lg90er
Jahre, dass weniger die Bakterien, sondern vielmehr der
Mensch selbst mit seinen angeborenen und erworbenen
Anlagen in den Mittelpunkt des ärztlichen Denkens gestellt werden sollte.ra Nach Hueppe waren prädisposition,
Reiz und äussere Bedingungen gemeinsam für eine trftank-
heit veranrwortlich, wobei diese Faktoren in der Erl.cankung in eine dynamische und energerische Beziehung treten.l5
Tioø
der frühen liritik - die im'Wesentlichen an der peripherie der medizinischen Fachwelt formuliert wurder6
konnte die orthodoxe Bakteriologie in Deutschland ihre
Position als Leirwissenschaft der Medizin bis zum Ersten
\Øeltkrieg weiter ausbauen und befand sich bei lGiegsaus71
i
bruch gar auf dem Höhepunkt ihrer Autoritä¡ti; Bakteriologen und Militärhygieniker feierten euphorisch die Fortschritte in der Diagnosestellung, Therapie und Prävention
von Infektionslcankheiten. Die GeÊáhrdung durch Seuchen beurteilte man gerade im Vergleich zu früheren
solchen nsozialen Organismusr, so Fleck, könne der Denk-
Mi
sdl <zeitweilig mit einer nur minimalen Umgestaltung [...],
in idealen Fdllen sogar ohne Umgestaltung als ein Austausch konventioneller Parolen [kreisen]o.22 Bei der Charakterisierung stabiler Denkkollektive spricht Fleck in sei-
\Øl
Das bakteriologische Ver-
ner Monographie von 1935 auch von einer Zlunahn;'e
ständnis der Infektionskrankheiten und die Möglichkeiten
ngleichgerichteter sozialer Kräfteu, welche - im Dienste
derselben Idee stehend - <eine gemeinsame besondere
Kriegen durchaus optimistisch.
r8
ihrer Bekämpfung wurden in unzähligen Artikeln und
Broschüren auß Neue befträftigt: Es waren in erster Linie
Stimmung schaffen und den Denþebilden Solidarität und
le¡
ch,
ber
reir
au(
)
die spezifischen Krankheitskeime, welche die Seuchen her-
Stilgemässheit in immer stärkerem Masse verleihenr.23
Im
vorriefen, und entsprechend schenkte man örtlichen oder
zeitlichen Faktoren und der individuellen Konstitution der
Menschen wenig Aufmerksamkeit. Pointiert drückte sich
der Bakteriologe Ludwig Paneth l9l4 in seinem Büchlein
zur nFeldmässigen Bakteriologieu aus: nKampf gegen die
Infektionskrankheiten heisst heute Kampf gegen die Infek-
Für die Bakteriologie Kochtcher Prägung stellt sich nun
gerade die 7æit rm die Jahrhundertwende als eine Phase
ausgeprägter Institutionalisierung und insbesondere Ver-
De
Bel,
nie
staatlichung dar, welche die Formierung eines stabilen und
relativ abgeschlossenen osozialen Orgânismuso gleichran-
phi,
solc
ständigkeit und Persistenz des bakteriologischen Denlatils
giger Fachleute ausserordentlich begünstigte. In rascher
Folge wurden in der zweiten Hiilfte der 1880er und in den
1890er Jahren neben staatlich finanzierten A¡stalten für
die Erforschung von Infektionsk¡ankheiten und Immunitätsvorgängen2a hygienische Institute an deutschen Uni-
wef(
in
versitäten gegründet und
mit Sprechern der noffìziellenu
wefi
wachsenden Ärzte
Schule bese¿t. Ihnen oblag die Unterrichtung der heranim neuen hygienisch-bakteriologischen
sche
\Øissen und die Erforschung. und Bekämpfung der Seuchen. Besonders rasch ist auf diesem Gebiet auch die
harrr
tionserregen,l9
Vor diesem Hintergrund möchte ich mich im Folgenden
mit der Frage auseinander setzen, wie sich die relative2o BeDeutschland bis zum Ende des Ersten \Øeltktiegs
erklären ldsst. Zur Beantwortung dieser Frage soll auf die
erkenntnistheoretischen fu beiten des Mediziners und \Øissenschaftstheoretikers Ludwik Fleck Bezug genommen
werden. In einem ersten Schritt werde ich mich mit Flecks
Ausftihrungen zur Stabilisierung von Denkstilen besch?ifti-
gen und anschliessend versuchen, seine Betrachtungen
über die Beltømr.ngstendenz aon Meinungssystemen und die
Harmonie d.er Täuschungen für meine Fragestellung fruchtba¡ zu machen. Schliesslich möchte ich ein paar kurze Be-
merkungen zur Bedeutung von Metaphern für die Organisation und die Beständigkeit des bakteriologischen Denkgebildes anführen und mögliche Verbindungen zwischen
metapherntheoretischen Ansätzen und der Flecktchen
These vom stilgemdssen, gerichteten nGestaltsehen, aufzeigen'
l.
Flecks Ausführungen zur vorübergehenden Stabilisierung
eines Denlstils im Aufsatz nDas Problem einer Theorie
des
Erkennensn aus dem Jahr 1936 erachte ich für die Charakterisierung der deutschen Bakteriologie von ca. 1890 bis
zum Ersten lVeltlnieg als besonders produktiv.2r Obwohl
Fleck darin betont, dass der Kreislauf eines Gedankens in
der'S7issenschaft grundsätzlich
mit
dessen Umgestaltung
verbunden sei, weist er auch auf die Möglichkeit einer
vorübergehenden Stabilisierung eines Denkstils hin. Diese
Stabilisierung stellt sich nach Fleck dann ein, wenn eine
Denþruppe zeinveilig einen Ruhezustand findet und sich
ein Kreis gleichrangiger Fachleute enrwickelt. In einem
7)
Tatt
Sysr
Viel
mit
aucl
ein
E
Militärverwaltung vorgegangen, die schon im Jahre i89l
für jedes Armeekorps ein hygienisch-bakteriologisches
Thec
Institut eingerichtet hatte.2t
nDasr
Für den bakteriologischen Nachweis der lirankheitserreger
bei Infektionslrankheiten waren die neu errichteten, zivilen bakteriologischen Medizinaluntersuchungsämtet ztrständig, die das gesamte Land wie ein Netz überzogen. In
Preussen waren sie seit 1901 vor allem durch die Initiative
des Koch-Schülers Martin Kirchner ins Leben gerufen
worden, der nach Stationen als Militärarzt, Professor für
Hygiene in Hannover und beratender Rat im Kultusministerium ab 1911 der Preussischen Medizinalverwaltung
vorsass.26 \(/ie das Beispiel Kirchners illustriert, leiteten
Vertreter der nort-hodoxen Bakteriologieo nicht nur staatliche Forschungseinrichtungen oder hygienische Institute,
sie besetzten gleichzeitig oder alternierend auch wichtige
Posten in der zivilen und militd¡ischen Medizinalverwaltung des Reiches und der Länder. So liest sich die Mitgliederliste des Ausschusses für Seuchenbekämpfung des
Reichsgesundheitsrats, einem der wichtigsten Reichsorgane ftir medizinische Fragen, vor lGiegsbeginn 1914 wie
ein nrVho's whou der Direktoren und Mitarbeiter stâatlicher Forschungsanstalten, der wichtigsten Leiter hygienischer Institute und Untersuchungsämter sowie der Vorsteher der militdrischen und zivilen Medizinalverwaltung.zT
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Man kann fir die Zeit zwischen ca. 1885 und dem Ersten
Weltkrieg also durchaus von der Formierung eines stabilen, sozial relativ abgeschlossenen Denkkollektivs sprechen, welche das bakteriologische Denkgebilde einerseits
bestärkte, andererseits mit dem zunehmenden Austausch
reiner Informationsaussagen und konventioneller Parolen
te
auch mögliche Denkstilveränderungen hemmte.
i-
I,
s-
l-
i-
re
2.
rd
Im Zusammenhang mit Fragen nach der Persisrenz von
dem System nicht widersprechend zu e¡klären.33 Neuerungen werden demnach einfach stilgemäss umgedeutet. Als
Robert Koch als offìzieller Beauftragter des Kaiserlichen
Gesundheitsamts anlässlich der Bekämpfung besagter
Cholera-Epidemie in Hamburg mit dem Phänomen gesunder Keimträger konfrontiert wurde, griff er vorersr
genau zu dieser Strategie. Indem er betonre, dass die nBazillenträger, nur die mildest wahrnehmbaren Symptome
der K¡ankheit aufwiesen, deutete er die de facto gesunden
Individuen, deren Existenz im \Øiderspruch zu seinen ätio-
tn
Denkstilen sind auch Flecla detaillierte Ausführungen zur
logischen Konzeptionen stand, vorerst zu nKranken, um.34
se
Behanangstendenz uon Meinungssystemen
tr-
nie der Täuscbungen tn seiner 1935 erschienenen Monogra-
rd
phie < Entstehung und Entw ic h lung e iner
Er weitete also die Bedeutungsbreire von Symptomen aus,
damit die nBazillenträger, in sein Konzept stilgemäss eingepasst werden konnten. 'Sl'er pathogene Bazillen beher-
n-
Tatsacbe, aufschlussreich. Gemäss Fleck handelt es sich bei
er
solchen Têndenzen nicht
3n
Systems oder
ur
Vielmehr seien sie als aktive Vorgehensweisen aufzufassen,
mit welchen gegen das Vidersprechende vorgegangen
werde.2s Wie anhand der folgenden zwei Punkte gezeigt
werden kann, lassen sich solche Beharrungsmechanismen
auch in Bezug auf den bakteriologischen Denl¡stil zwi-
u-
ìin)
rìen
:u-
wd
der Harmo-
wissensc h afi lic hen
um eine blosse nTlägheito
um reine Vorsicht
als krank taxiert werden. Tatsächlich wurde vom oben er-
gegenüber Neuerungen.
wähnten Koch-Schüler Martin Kirchner im Preussischen
schen 1890 und 1918 feststellen.2e Fleck selbst verwendet
ein Beispiel aus der Bakteriologie zur Erläuterung eines Be-
9l
harrungsmechanismus. Er führt aus, dass jede umfassende
Theorie eine nEpoche der Klassizitär, passiere, in welcher
tes
nur exakt hineinpassende Tätsachen
gesehen würden.3o
3er
fährr Fleck fort, nbietet die klassische Theorie der Infektionskrankheiten; sie sprach jeder
Infektionskrankheit eine Ursache in Gestalt lebender, winziger nErregeru zu, und sah nicht, und konnre nicht sehen,
lie
uDasselbe Schauspiel,,, so
vi¿u-
In
ive
Êen
Íì.ir
risrng
bei Gesunden vorkomme>.3r Das hier
beschriebene Phänomen klinisch gesunder, aber dennoch
virulente Bakterien beherbergender Menschen (sog. <Bazildass dieser <Erregeru
lenträgerr) hätte die Ursachengleichung der bakteriologischen Infektionstheorie natürlich in Frage gestellt; denn
wo ein Erreger ist, da musste sich zwangsläufig auch eine
ten
Infektionsl.cankheir manifestieren.
tat-
Aber, und diesen Punkt har Fleck nicht thematisiert: Selbst
als die Existenzvon uBazillenträgern> nicht länger bezwei-
tte,
:ige
ral-
li.des
iofwie
^ateniste'o
'b'
27
bergte, war und musste aus bakteriologischer Perspektive
des
felt werden konnte, insbesondere im Ztge der CholeraEpidemie von Hamburg 1892193 und während der gross
angelegten, staatlich geflirderten Kampagne zur Bekämpfung des Typhus abdominalis im Südwesten Deutschlands
ab 190332, öffnete sich das bakteriologische Denþebilde
nicht unmittelbar gegenüber den neuen Fakren. Erkld¡en
lässt sich dies mit einem Rückgriff auf einen weiteren
Flecktchen Mechanismus der Behanung. Als aktive Vorgehensweise kann nach Fleck nämlich auch versucht werden,
tVidersprechendes mittels grosser Kraftanstrengung als
Seuchengesetz von 1905 bezüglich Typhus der Passus eingebracht, dass Typhusbazillenträger als Typhuslranke zu
betrachten seien und dementsprechend auch als lGanke
behandelt werden müssten.35
\Øie A¡drew Mendelsohn in seiner Dissertation auheigre,
hat Koch überdies die Konsequenzen für seine Infektionslehre
-
gewissermassen die ätiologische nGefahrenzone>
-
aktiv umgangen, indem er das Phänomen der gesunden
Bazillenträger in einen epidemiologischen Konrext stellte
und für bisher ungeklärte Vorgänge nutzbar machte.36 So
erlaubte ihm das neue Konzept, eineAntworr auf die Frage
zu finden, weshalb sich auch bei geringer Anzahl effektiver
KrankheitsÊille und Isolierung aller K¡anken ein unerwartetes und plöøliches Anschwellen zu einer Epidemie be-
obachten liess: Es war der versreckre Feind, der verborgene
Infektionsträger, der für die Übertragung des Infektionsstoffes und damit für die Entstehung von Epidemien eine
entscheidende Rolle spielte.3z Damit liess sich aber auch
eine radikale Intensivierung der rigiden sanitätspolizeilichen Richtlinien zur Bekämpfung von Seuchen legitimieren - schliesslichwaren nun alle Personen nverdächtigr. Im
Lichte dieser Jagd nach verborgenen Bakterien, der Verfolgung jeder letzten Spur des Infektionsstoffes <bis in die
äussersten Schlupfwinkelr:s
-
so Koch
zur Cholera-Epidemie in Hamburg
gische Frage zunehmend.
-
in
einem Aufsatz
verblasste die ätiolo-
Ein weiterer von Fleck beschriebener Grad der aktiven
Beharrungstendenz von Meinungssystemen ist das Ver-
schweigen von lVidersprüchen oder Ausnahmen. Als
Beispiel füLhrr Fleck die den Fachleuten bekannten Bewegungen des Merkurs an, die bezogen auf die Newtonschen
Gesetze eine Ausnahme bildeten, der breiteren Öffentlich73
keit allerdings vorenthalten wurden.3e Für die Bakteriologie in Deutschland lohnt sich in diesem Zusammenhang
ein Blick auf die Kriegszeit; denn zwischen l914 und 1918
wurden verschiedentlich Veröffentlichungen von Forschungsresultaten, die nicht der offìziellen Lesart entspra-
sen. Ohne den Terminus Metapher explizit zu verwenden,
chen, vom Sanitätsdepartement des Kriegsministeriums in
führt Fleck
Absprache
mit dem Innenministerium verhindert.
Als
beispielsweise der Hamburger Bakteriologe und Serologe
Hans Much seine lJntersuchungsresultate zu einer Ge-
nickstarre-Epidemie in Schwerin im \Øinter l9l5l16
veröffentlichen wollte, verbot das Kriegsministerium die
Publikation.ao Der Grund: Die Ergebnisse standen im
\Øiderspruch zu den bisherigen Erfahrungen. Much hatte
angezweifelt, dass die gesunden Bazillenträger von Genickstarre-Erregern die gefährliche Rolle spielten, die ihnen
bisher für die Entstehung von Epidemien zugeteilt wurde.
Gemäss den über Monate ausgedehnten und mit allen
Hilßmitteln und Vorsichtsmassnahmen ausgeführten Untersuchungen konnte Much zwischen einer hohen A¡zahl
von Bazillenträgern und dem Ansteigen der Krankheitsålle keine Beziehung nachweisen. Der bisherige Bekämpfungsplan de¡ Seuche mit dem Fokus auf der Unschadlichmachung aller Keime und Keimträger sollte deshalb abgeändert werden. \Øiderspruch gegen die bakteriologische
Schule Kochtcher Prägung erhob auch der Immunologe
und Hygieniker Ernst Friedberger. Sein im Krieg entstandener Essay nEnrwicklung der Hygiene im W'eltkriegr, in
welchem er den \Øert und die Erfolge der offìziellen Seuchenbekämpfungsmassnahmen und im speziellen der
Schutzimpfungen anzweifelte, wurde während des Krieges
zensuriert und durfte bis Kriegsende nur in einer gekürz-
ten Fassung in medizinischen Zeitschriften
erscheinen.ar
Erst im Jahr 1919 konnte Friedberger schliesslich über die
an der Front gesammelten Beobachtungen und Erfahrungen berichten. Sie zeigten gemdss Friedberger'
ndass wir uns bezüglich unserer Kenntnisse und der
Beurteilung des'W'ertes unserer Massnahmen in epidemiolo-
gischer Beziehung vielfach eiuer argen Selbsttäuschung
hingegeben haben. Je mehr, bis in die Tägespresse hinein, und
an allen möglichen sonstigen Orten immer eindringlicher die
(grossen Erfolge' unserer Seuchenbekämpfung
im Krieg von
im Feld und in der
Heimat
den verannvortlichen Stellen
selbst hervorgehoben und gelobt wurden, um so deutlicher
zeigte immer wieder eine nüchterne Betrachtung der Tâtsachen,
wie oft alles ganz von selbst gut ging ohne unser
Zutun und umgekehrt.r¿2
Ein vernichtenderes Urteil über die Leistungen der orthodoxen Bakteriologie lässt sich kaum vorstellen.
3.
Ludwik Fleck hat in seiner Monographie verschiedentlich
auf die zentrafe Stellung von Metaphern in der herkömmlichen Bakteriologie und Immunitätsforschung hingewieaus, dass dem Begriff der Infektionskrankheit
vom Organismus als einer in sich abgeschlossenen Einheit und vom eindringenden feindlichen
Erreger, zu Grunde lägen. Der Erreger produziere in dieser
ndie Vorstellungen
Betrachtungs,weise eine nböse Wirkung (Angriff)' der Or-
ganismus anrworte darauf mit einer Reaktion (Wrteidigung)".Gemäss diesen Vorstellungen entstehe nein Kampf,
der das \Øesen der Krankheit bildera3.
Abschliessend möchte ich diese Sprachbilder - Fleck
spricht von nprimitivenKampf biU'erno - od,er Metaphern,
die sich in den Texten der orthodoxen Bakteriologie hauûg
und in grosser Dichte finden lassen, näher betrachten. Von
besonderem Interesse ist dabei die Frage, welche Bedeu-
tung den Metaphern für die Organisation und auch die
Beständigkeit des bakteriologischen Denkgebildes zukommt.
'\üie
der Beitrag von Myriam Spörri aufzeigt, hat nicht nur
Fleck, sondern bereits der Serologe Ludwik Hirszfeld' bei
dem Fleck habilitierte, auf die Relevanz des nKampfes als
der einzig möglichen Form der Begegnung zwischen dem
Mikro- und Malcoorganismus, verwiesen. Nach Hirszfeid
sind
es
solche nallgemeinen Vorstellungeno, die sich bei der
Untersuchung der Infektionskrankheiten <zwischen Beobachtung und Deutung, schieben.aa Tatsächlich dürfen
diese uallgemeinen Vorstellungeno oder Metaphern als
konstitutiv für das gesamte Konzeptsystem der Bakteriologie gewertet werden, spielten sie doch eine entscheidende
Rolle, wenn es darum ging, zr formulieren, was ein Bakterium ist, wie es sich verhdlt und welche Vorgänge bei einer
Infektionskrankheit ablaufen. Es darf also durchaus davon
gesprochen werden, dass die Metaphern aus dem semântischen Feld des Krieges und Kampfes sowie aus dem Feld
der.Migration die
'\?'ahrnehmung
der Bakteriologie
sehr
weitgehend organisiert und strukturiert haben.a5 A'ndere
Betrachtungs,weisen auf die Bakterien, den menschlichen
Körper oder den Vorgang der Infektion wurden damit
allerdings erschwert oder fast verunmöglicht. Solange die
\?'ahrnehmung massgeblich vom <Kriego und der <Inva'
siono als Leiworstellungen geprägt war, konnten gewisse
wie ein komplexes Gleichgewicht avischen
- kaum erkannt werden'
lässt
sich
dieser für die BeständigMetapherntheoretisch
keit des bakteriologischen Denkstils bedeutsame Yotgang
Phänomene
-
Milao- und Malcoorganismus
anhand der inzwischen klassischen Interaktionstheorie von
Max Black erläutern. Nach Black funktionieren Meta'
74
---t
lentlich
:kömm-
phern wie ein uFilteru: Sie schaffen durch Selektion und
I Die folgenden Ausführungen beruhen im W'esentlichen
auf dem Referat
Betonung gewisser Aspekte des Hauptgegenstandes in der
metaphorischen Aussage eine spezifische \Øahrnehmung
Fussnote Ludwik Flecks,, das
nBakterien und Menschen in Krieg und Frieden: Bemerkungen zu einer
ich gerneinsam mit Myriam Spörri am
venden,
bestimmter Teile der'Wirklichkeit, blenden dabei aber
auch Teile dieser \Øirklichkeit aus, schaffen Denkzwänge
:ankheit
oder Denkbarrieren.46
Kontext eines Nationalfondsprojekts zu den nPolitischen Metaphern in
;h abgerdlichen
Vor dem Hintergrund dieser metapherntheoretischen Diskussion lassen Flecks theoretische Ausführungen zum stilgemässen, gerichteten nGestaltseheno besonders aufhorchen. An verschiedenen Stellen seiner wissenschaftstheoretischen Arbeiten betont Fleck, dass man innerhalb eines
Denkstils die Bereitschaft habe, aufgrund des bereits be-W'issensbestandes
stehenden
dem Stil entsprechende Ge-
der Bakteriologie und Immunologie, 1880-1930, (Leitung:
3 Braumann, Hans, Einiges von den Infektionslrankheiten,
Fleck
stalten wahrzunehmen, dagegen würde aber das Vermögen
populäre Zehschrif
taphern,
ie haufig
verschwinden, nicht stilgemässe Phänomene wahrzunehmen.47 Die Disposition für gerichtetes \Øahrnehmen
aYgL z.B. Koch, Robert, über bai<teriologische Forschung, in:
ders., Ge-
Von
erkauft man also mit der Preisgabe, Heterogenes wahr-
ngewie-
in dieser
der OrV rteidi-
KampI
-
ten.
, Bedeu-
zunehmen.4s
ruch die
ldes zu-
Ob Fleck in diesem Zusammenhang auch an Metaphern
richt nur
feld, bei
npfes als
8. Juni 2004 im Rahmen
des
vom Collegium Helveticum (ETH Zürich)
organisierten <Fleckolloquiumsu hielt. Das Referat wiederum entstand im
prof
Dr.
Philipp Sarasin). Vgl. auch den Artikel von Myriam Spörri in diesem
Bmd.
2 Sauerbruch, Ferdinand,
Vundinfektion, \lØundheilung und Ernäh-
rungsart, in: Münchener Medizínische Wochenschrirt, 1924,
Nr.
38,
s. 1300.
fir
Homöopathie 60, 1929,
Nr.
samm¿beWøþe, hg. vonJuliusSchwalbe, Bd. 1, Leipzig
5
in: Leþzíger
12, S. 233.
l9l},S.660.
\Øie beispielsweise die natürliche und erworbene Empfiinglichfteit oder
Disposition, die Quantirät und Virulenz der Erreger.
6
Auch der polnische \Øissenschaftstheoretiker und Bakteriologe Ludwik
als Elemente eines \Øissensbesrandes gedacht hat, welche
einen Einfluss auf das gerichtete nGestaltsehenu ausüben,
sen: nEs kann heute ziemlich straflos behauptet werden, der nErreger, sei
kann an dieser Stelle nicht abschliessend beannvorrer werden. Liest man seine Ausftihrungen zur Bedeutung der im
und zwar nicht das wichtigste; [...]r Fleck, Luðwik, Entstehung und Ent-
'S7issensbestand
eines Denksdls aufbewahrten und repro-
Fleck hat auf diesen Umstand in seiner Monographie von 1935 verwie-
nur ein Symptom unter mehreren anderen, die eine Krankheit bedingen,
wichlung einer wissenschafiliehen Tatsaehe. Einfihrang
in die Lehre uom
[en dem
duzierten unklaren oUrideenr, so liegt der Gedanke an
Dmþstil ønd Denþþollzþtiu Frankfurt a.M. 1980 (Ersrausgabe: 1935),
Hirszfeld
Metaphern nahe.ae
s. 27.
h bei der
Flecks epistemologisches Denken soll indes nicht allzu
stark metapherntheorerisch vereinnahmt werden. Fleck
wa¡ durch die eigene medizinische Forschung mit den Besonderheiten der Medizin, insbesondere der Bakteriologie
und Serologie, und der Typik ihrer wissenschaftlichen
Konzeptionen verrraut und hat diese Erfahrungen in seine
7
:hen Be-
h dürfen
,hern als
kterioloheidende
in Baktebei einer
us davon
semanti-
lem Feld
ogie sehr
5 Andere
wissenschafrstheoretischen Arbeiten einfl iessen lassen,50
Seine Überlegungen zur Stabilisierung von Denkstilen und
zu den Beharrungsrendenzen stark enrwickelter \Øissenssysteme erweisen sich wohl nicht zuleøt auch deshalb als
besonders produktiv ftir die Analyse von Ursachen, die zur
lang anhaltenden Dominanz der orthodoxen Bakteriologie
in Deutschland beigetragen haben.
Zur Reform
des bakteriologischen Modells der Epidemie
Zwischenlciegszeit vgl. Mendelsohn,
Andrs, Von
in
der
der Ausrotrung zum
Gleichgewicht: Wie Epidemien nach dem Ersten \Øeltftrieg komplex
wurden, in: Gradmann, Christoph/Schlich, Thomæ (Hg.), Snategim der
KdøsalitAt, Pfaffenweiler 1999, S. 227-268.
I Auf die neue
Komplexität
in der
Seuchenlehre machte auch Fred
Neufeld, ehemaliger Direktor des Roben-Koch-Instituts fur InfektionsIrankheiten in Berlin, in einem Anikel aus dem Jahr 1935 aufinerlsam.
Neufeld betonte, lagen die Faktoren, welche zur Seuchenentstehung
'!Øie
in Betracht kommen, nteils in den Besonderheiten der einzelnen Erreger,
teils in den überaus mannigfaltigen Anlagen des \X/ins, und das Zusammenspiel beider ergibt im einælnen so verwickelte Verhältnisse, dæs
äusserst schwer
es
zu enrwirren ist und der weiteren Forschung genügend
schlichen
Probleme übrigbleiben.> Neufeld, Fred, Die Entwicklung der epidemio-
en damit
logischen Forschung seit Robert Koch, in: Kinisehe Wochenschrifi, 1935,
lange die
ler <Inva-
Nr.2l,
n
e
S.741.
YEl. z.B. Neufeld, Fred, Experimentelle Epidemiolog¡e, in: Klinische
gewisse
Wæhensehrifi,l924, Nr. 30, S. 1351; Grote, L.R, über die selektionisti-
zwischen
sche Auffassung des Infektionsprozesses, in; Münehmer Medizinische Wo-
c
werden.
chenschrifi,l920, Nr.38, S. 1084.
ieständig-
r0 Der Begrif nonhodoxe Bakteriologio'
Vorgang
Leorie von
Fried¡idr Manius in seinem lcitischen Außae,
Krankheisanlago, verwendet. In: Verhandlungen der Gesellsehøfi datscher Na-
en Meta-
tørforrher andÄrzte,69. Versammlung, L Tèil, Leipzig 1898, S. 90-110.
:
wrde ent¡nals 1898 vom Kliniker
au
<Kra¡l<heitsunache und
75
tt
Pelling, Margaret, Contagion/Germ Theory/Specificiry in: B;num,
lVilliam F./Poner, Roy (Hg.), Companion
Enryclopedia of the History of
Medicine, London 1993,
liessen, glaube
S.3ll.
stellungen beziehen und z. B. der individuellen Empfiinglichleit eine nur
auszusprechen., Engel, Joel, Ottomar
chenbekampfung im Kriege, in: Adam, C. (HS), Sruehenbehampfang
Zürich 1965, S. I0.
Kriege. Zehn Vorträge, hg. aom Zentralþomitee
r3
Rosenbach,
ra
Vgl. Hueppe, Ferdinand, über die Ursachen der Gährung und In_
lzzr(wie Fn. l2),
S.
VI/\{II.
l. Theil, Leipzig
2t Fleck,
Engelhrdt, D., Kausalität und Konditionalität in der modernen
Medizin, in: Schipperges, Heinrich (Hg.), pathogmese. Grandzüge und
Friedensgedanhen, Jenl- I 9 I 8, S. 45-ó I
22
23
Hueppes sowie die Hypothesen von Rosenbach arbeitete der ebenfalls zu
z
Fleck, Problem (wie Fn.
Fled<, Entstehung
So z.
B. 1891
2l),
das dem Preussischen
te Institut fur Infektionsl¡:rankheiten
Zeit konnte er gegen die alles beherschenden Gewalten der neuen
Richtung [gemeint ist hier die Balaeriologie Kochtcher pr:þng, SB]
gen
nicht aufkommen. Er ging nach prag, wo er eine umfassende und hygienisch-praktische Tärigkeir entfâlret har.D Ma¡tius, Friedrich, Autoergo_
graphie, in: Grote, Louis
darxellungen, Bd.
17
R
l, Leipzig
(Hg.), Die Medizin der Gegenuart in
Selbst-
1g23, S. 123.
Vgl. Lenrz, Otto, Die Seuchenbetzampfang and ihre rechnischn Hilßtnit_
tel, Ein lfuguteisø fa prahtische und beamtete Arzte, Verwabungsbeamte,
rm,
Ges*ndh eixøa$ehø, Kran hnpfleger-
des Innern unterstell_
40
dzs
tigtichn Lebens, Hamburg wd
4t
Leipzig 1909, S. 10. Zu den engen Beiehungen Kochs zum deutschen
t9t
Sanitätskorps vgl. Labisch, Alfons/Tennstedt, Florian,
und
retz
übt die
des
Ennuichlangslinien und -momente
\ù(/ie
W,eg
Vereinheitlicltung des Gesundheitnaesens, aon J.
heitsuesens in Deutsehland, Bd.
26
Dn
zum <Ge-
Juti 1934:
und þornmundlen Gesund_
42
I, Düsseldorf IgS5, S. i¡}f.
43
in einem Nachrufauf Martin Kirchner aus dem
Jahr l926he¡vor_
44
gehoben wurde, stellte dieser einen neuen Beâmtenryp dar: den Forscher
am Verwaltungstisch. Gins,
SeuchnbehampfunC, Jg.
A,
Martin Kirchner zum Gedächrnis, in:
l, S. 72173. Zum Leben und Verk
s.
3, Heft
a5
Kirchners vgl. Mohaupt, Yolker, Ma¡tin Kircþner (1g54_1925): lzben
and lYirþen eines Robert-Koch-Schülers und bedatendm Hyginihers im
und
Pflegerinnn, Berlin 1918, S. 3-4.
u Paneth, Ludwig, Feldnësige Bahteríohgie,
Berlin und lVien l9l j, S. l.
20 YgL
dazlu Mendelsohn, Andrew, Medicine and the making of Bodily
Mu l9l4;
Erlangen I 989.
z.B.
r994;
Übersicht über die Zr*alung der Mitglieder des Reichs-Ge-
sundheitsrats an die Ausschüsse und Unterausschüsse.
28
Fleck, Entstehung
2e
Vgl. auch die Fallstudie von Christoph Gradmann, welcher die von
(wie1n.6),
S. 40.
Auf
logie
27 Bundesarchiv Berlin-Lichterfel
de, R86t 4461, Reichsgesundheitsrat,
r8
Kranþen hauleiter, Des infehto
39
Ministerium
in Berlin.
Jæge4 Heinrich, Die Bahteriologie
Preassischex Sta¿tsdimst, Diss,
Mendelsohn, Ausrotrung (wie Fn. 7), S. 229.
38
(wieFn.6), S. 140.
25
epidemiologischen Vorgänge heraus, die einzelne Menschen bzw. Grup-
Fn.
S. 94.
den fiüIen Kritikern der bakteriologischen Orthodoxie z:ihlende Epide_
spektive 1923 fest: ,cAls Aussenseiter in dem scharfen Rennen der damali-
Jg.,
Taßache, Gesarnmelte Aafatze, hrsg. von Lothar Schäfer und
miologe und Sozialhygieniker Adolf Gottstein die klinischen und
in einer Retro_
der
Thomas Schnelle, Frankfurt a.M. 1983, S. g4-I27.
schluss an die seit 1893 diskutierte (energetischeD Konstitutionslehre
So stellte beispielsweise der Kliniker Friedrich Martius zur Laufbahn
.
Ludwik, Das Problem einer Theorie des Erkennens, in: ders., ãr_
falrang und
PerEehtium einer Tbeoretisehm patboltgie, Berlin 19g5, S. 27. Im An_
pen fi.ir Infektionsl¡rankheiten empfänglich machen. Gottstein, Adolf,
Alþemeine Epidemiologie, Lapzig lB97 .
37
Die Organisation der Seuchenbekämpfung im ßirieg, in: ders.,,4r*liche
Kriegr und
1893, S. 134-15g.
seines ,,Jugendgenossen und Freundes, Ferdinand Hueppe
im
das ärztliehe Fortbil_
in Prnssen, Jena 1915, S. l-26; Neufeld, Frcd, Seuehenmt_
stehang und Sachnbekampf*zg, Berlin/Vien l!14; Kirchner, Martin,
t5 von
16
fir
35
36
dungsuesen
fectionsk¡ankheiten und deren Beziehungen zum Causalproblem und zur
Energetik, in: Verhandlungm der Gaettschart deutscher Nanrforsehø und
Arzte,65. Versammlung,
34
untergeordnete Rolle beim Infektionsvorgang beimessen oder diese gar
nicht berüclaichtigen. Vgl. z. B. lVassermann, August von, über Seu_
uder nicht zögert, seine unpopuläre Meinung gegen alle anderen
medizi_
Zeit
Stel_
Für diese Interpretation sprechen auch euellen aus der Zeit des Kriegsbe_
ginnes, die sich noch immer mæsgeblich auf die herkömmlichen Leitvor_
lichen Tätigkeit Ottomar Rosenbachs hervorhebt, hat dieser in ,,Azt contra Bakteriologe,' den Mur eines lVissenschaftlets unter Bweis gestellt,
nischen Autoritäten seiner
Denlstils und eine Abkehr von der zentralen
lung des Erregergedankens erst nach dem Krieg postulieren zu können.
12 Rosenbach,
Ottomar, Arzt c/a Baletniologe, Berlin/Vien 1903, S. III.
'S/ie
Joel Engel in seiner Dissertation zum l¡ben und der wissenschaft-
Rosenbach, Diss.
ich ftir Deutschland einen fundamentalen Umschmng
des balaeriologischen
calture:
mefy,
Caltare,
net.
Fleck beschriebene Beharrungstendenz der Meinungssysteme und die
<Harmonie dcr Täuschungenn ftir die Analyse der Auseinand.ersetzun-
nrerte
gen um das Kochtche Konzept der Tuberkulin-Reaktion zwischen
in: ders.,
the
von einer <inneren Revolution> der bakteriologischen Ätiologie mischen
I 890-1900 Êuchtbar gemacht hat. Gradmann, Christoph, A
harmony of
illusions: clinical and er(perimenral resting of Robert Koch! tuberculin
1890-1900, in: Sadies in the Hixory and philøopfu of Biotog & Biome-
(2000),
dical Sciences 35 (2004) , S . 465481
a6
1890 und 1914. Obwohl ich seineAuffassung reile, dass die traditionelle
30
Fleck, Entstehuzg (wic Fn. G), S. 42.
31
Ebd., S.43.
Inequality in Iivenrierh-century Europe, in: Gaudilliere,
Jean_paul/Löwy,
llana, Høedity and Infeaion. The History of Disease Trantmission,l,ondon
and
Nw
York 2001, S. 21-80. In diesem Außatz zum fiühen Konstitu_
tionalismus im 20. Jh. spricht Mendelsohn ft.ir den europdischen Kontext
bakteriologische Infektionstheorie seit den lg9Oer
Jahren (2.8. mit der
Entdeckung der
Bazillentriçr) mit Neuerungen konÊontien wurde, wel-
che die Negierung multikausaler K¡ankheitserklä¡ungen nicht meh¡
zu_
76
.
Vgl. Denkschrift über die seit dem Jahre 1903 unter Mirwirkung des Reichs erfolgre sysremarische Typhusbekämpfung im
32
Polities,
s.
Nach
sta¡lde,
von
tionel.le
rischen
Umschmng
Südwesten Deutsch.lands, Berlin 1912. (Arbeiten aus dem Kaiserlichen
:ntralen Stel-
Gesundheitsamte 41.)
r zu kiinnen.
33
des Kriegsbe-
3a
Fleck, Entstehang (wie Fn.6), S. 40.
Koch, Robert, Die Cholera in Deutschland während des NØinters
lg92
bis 1893, in: ders., Gesamnelte \Verhe, hg. von
Julius Schwalbe, Bd. l,
chen Leiwor-
rkeit eine nur
I-eipzigI9l2,
der diese
35
r, Über
gar
215tr
in
Mohatpt, Mørtin Kirchner (wie Fn. 26),
nztion of a
in
Science
S. g0.
Fonøtion and Tianþr-
France and Germany, jg40_1914. Dissertation
Princeton 1996, S. 47 Ltr.
., Seuchenent-
:7
rner, Martin,
mien haben verschiedene zeitgenössische Autoren hingewiesen.
yfl,
z, B.
der neueren Erfahrungen, in: Zeitsehrififi)r ärztliche Fonbildøng, 19O6,3.
in: de¡s.,.Er'
r Schäfer
und
:rn unterstell-
Iamburg und
rm deutschen
Veg
zum oGe-
Jg., Nr. 10, 5.289-298; Kirchner,
Marin, über dn heutigm
38
Koch, Cholera in Deutschland (wie Fn. 34), S.217.
zg
Fled<, Entstehang
a0
Much, Hans, Zensur und \7issenschaft, in: Münehener Medizinische
ø
Friedberger, Entwicklung (wie
Einleitung, in: Fleck, Entstehang
vgl. auch Löwy, Ilana, Introduction: Ludwik
Fleckt epistemology ofmedicine and biomedicâl sciences, in:
Sndies in
the History and Philosophy of Biotogy
Ò Biomedieal
Sciences
35 (2O04),
s.437445.
Nr. l, 5.76t77.
Fn.4l), Vorwon.
Fled<, Entstehøng (wie Fn. 6), S. 79.
a Hirszfeld, Ludwik, Prolegomena zur
Immunitätsl eh¡e, in: Kinische\uy'o_
ehnsehrifi, 1931, Nr. 47, S. 21j3. Vgl. auch Spörri, in diesem Band,
:dächtnis, in:
s.79tr.
:n und lül'erk
a5
Izbn
XUII, XIX;
und Typhusbelcimpfung in Deutschland aus sozialhistorischer Sicht, in:
Medizinhistorisehes Joumal, 1998,
Jg. 33,
1925):
(wie Fn. 6), S.
Sarasin,
im Wehhrieg, Jena
1919. Vgl. zu Friedbergers lritischen A¡beiten auch Vôgele,
Jörg, Typhus
a2
þgimiher im
Vgl. Fleck, Entstehung (wie Fn. 6), S. 35_39, S. 53f.; vyl. auch
Infiziene Körper (wie Fn. 45), S. l97f
t0 Sch?ifer, Lothar/Schnelle, Thomas,
lVochmsehrifi,19l9, Nr. 2, S. jZ.
ar Friedberge¡ Ernst, Zar
EnwicÞlung dzr Hygiene
n¿hn Gesund-
1926hervor-
Vgl. auch Sch?ifer, Lothar/Schnelle, Thomas, Einleitung, in:
Fleck, Ent_
xehang (wie Fn. 6), S. )OCVI.
S. 44.
3. Juli 1934:
den Forscher
Stand dzr
þphusbekänpfung, Jena 1907 ; 1i(/assermann, SeuehnbeÞampfung (wie
Fn. 20).
(wieFn. 6),
2l), S. 107, 109; Fleck, Entstehung(wie Fn.
6),
aB
ae
Auf die Bedeutung der oBazillenträgeo fur die Entstehung von Epide_
Gaffþ, Georg, Die Verhütung der InÊektionslrankheiten auf Grundlage
.lirøliche
etg. Auflage, Dumst¿tdt 1996, S. 55_79, hier: S.
76.
s. 54, 85, 121f., r30, 163.
'Jiche Fortbil-
e¡s.,
pher,2.
ai Fleck, Theorie (wie
Fn.
:6 Mendelsohn, Andrew,
Cølnres of Baaeriohglt,
Seu-
,harnpfung
S.
durch stellt sich ein neues Set von Bedeutungen hea
das nach Black als
nFilter, funktioniert: <Die Merapher selegier, betont,
unte¡drückt und
organisiert charakterisdsche Züge des Hauptgegenstandes>.
Black, Max
(1954), Die Metapher, in: Haverkamp, Anselm (Hg.),
Theorie d¿r Met¿-
Auf die Relevanz der Metaphorizität in der Balrteriologie und Immuno_
logie haben in den letzten Jahren verschiedene philosophische,
kulturwis_
senschaftliche
und wissenschaftshistorische A¡beiten hingewiesen. Vgl.
z. B. Tâuber, AlÊed
L,
The irnmøne
:sundheitsrat,
1994; Ma:tin, Emily,
Flaibb
ss Reichs-Ge-
calture:
ofpotio to the
fom
the da1's
Self
Theory or metaphari Cambridge
bodies. Tiacking immunity
dge
in
the American
ofAIDS, Boston 1994; Montgo_
mery S. L., Codes and combats in biomedical discourse, in:
Science as
Cabare,N¡. L2,Yol.3, Part 3 (1991), 5.341_390;Otis, Laura, Membrd_
lcher die von
eme und die
nes, Metaphors of Inuasion
in Nineteenth-Century Literatare, Science ¿nd
Politics, Bakimote 1999; Sarasin, philipp, Infizierte Körper, kontami_
randersetzun-
niere Sprachen. Metaphern
ion zwischen
in: ders., Getchichxuissenschaf and Disharsanaþse, Frankfun a.M. 2003,
A harmony
ht
log
of
tuberculin
y'r
Bione-
S.
als Gegenstand der \Tissenschaftsgeschichte,
l9l-230; Gradmann, Christoph, Invisible
Enemies. Bacteriology and
tlre Language of Politics in Imperial German¡ in: Scimce in Contøt,
13
(2000), s. 9-30.
e Nach
Black kommt der kognitive Gehalt einer Metapher dadurch zu_
sta¡rde, dass die Metapher mit dem metaphorischen <focus-worór
ein Set
nter Mitwirämpfung im
von common-plaæ-Konnotationen auÊuft, welche die übliche, konven_
tionelle Bedeutung des denotienen <Hauptçgenstandesu einer
metapho_
rischen Aussage durch Inte¡aktion der beiden Begriffe
überlagern. Da-
77
tl'
Iatsache
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Gollegium llelueticum lleft I