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Martin Buber Religionsphilosoph, Österreich/Israel, 1878–1965 »Es hatte sich erwiesen, daß Luthers ›Altes Testament‹ in alle Dauer ein herrliches Gebild blieb, aber schon heute keine Übertragung der Schrift mehr war.« Bis heute ist Martin Buber der bedeutendste Denker des deutschsprachigen Judentums. Geboren 1878 in Wien, wuchs er in Lemberg bei seinem Großvater Salomon Buber auf, einem orthodoxen Vertreter der jüdischen Aufklärung. Er kannte den Urtext der hebräischen Bibel daher durch und durch; erst die Lektüre jüdischer Übersetzungen jedoch machten ihm die Ärgernisse vieler biblischer Erzählungen bewusst. Als er Luthers deutsche Bibel kennenlernte, »verdrängte der Reiz der Sprache das Ärgernis«. Nach seinem frühen Engagement für den kulturellen Zionismus, das etwa zur Etablierung des Jüdischen Verlags in Berlin und zur Gründung der Hebräischen Universität Jerusalem führte, widmete sich Martin Buber bald der Erforschung des Chassidismus. Diese der Kultur des Ostjudentums angehörende Literatur machte er 1906 mit seinem ersten Buch Die Geschichten des Rabbi Nachman bekannt. Ab 1916 entwickelte er seine Philosophie des Dialogs (Ich und Du, 1923), von der ausgehend es Buber – wie Luther – bei der 1925 begonnenen Bibelübersetzung vor allem um die Kategorien von Rede und Anrede ging: »Zur Gesprochenheit wollen wir hindurch, zum Gesprochenwerden des Worts.« Diese Arbeit fing Buber zusammen mit seinem jüngeren Freund Franz Rosenzweig an, der allerdings bereits schwer erkrankt war und 1929 verstarb. Insbesondere Rosenzweig war es, der darauf gedrängt hatte, die Übersetzungsarbeit mit dem Versuch einer Lutherrevision zu beginnen. Recht bald stellten sich jedoch Differenzen heraus, war Luther doch in erster Linie dem lateinischen Text gefolgt, den hebräischen nur nebenbei nutzend. Auch inhaltlich ergaben sich Diskrepanzen: Buber sah bei Luther das Wort »unter die Herrschaft des Dogmas vom ›Worte Gottes‹, dem Logos, getan, und es kommt im Übersetzen nur darauf an, alles wahrnehmbar zu machen, was angeblich ihn, den ›Christus‹ treibt; wir aber wussten uns in keine andre Pflicht genommen als das wirkliche, gesprochene und sprechbare Wort, das in der Schrift gefangen liegt, zu befreien und wieder in die Welt ertönen zu lassen«. Buber und Rosenzweig versuchten, Form und Bedeutung des hebräischen Urtexts, und damit auch Gedanken der rabbinischen Auslegungstradition, in die deutsche Sprache zu überführen, wobei sie bereit waren, »bis an die Grenzen der deutschen Sprache zu gehen – ohne sie zu überschreiten.« Nach der nationalsozialistischen »Machtergreifung« 1933 war Buber maßgeblich daran beteiligt, die wesentlichen Inhalte der deutsch-jüdischen Kultur in der Schocken-Bücherei zu bewahren. In dieser Zeit unterrichtete er weiterhin am Frankfurter jüdischen Lehrhaus, bis er schließlich 1938 nach Palästina emigrieren musste. Hier mischte er sich aktiv in die Politik ein, wobei er für ein friedliches Nebeneinander von Palästinensern und Juden eintrat. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Buber einer der Ersten, die sich für die Verständigung mit den Nachkriegsdeutschen einsetzten; er wurde so zum berühmtesten Vertreter des Dialogs zwischen Juden und Christen. 1965 starb Martin Buber in Jerusalem. Andreas Losch und Bernd Witte Literatur zum Weiterlesen: Maurice Friedman: Begegnung auf dem schmalen Grat. Martin Buber – ein Leben, Münster 1999. Martin Buber: Schriften zur Bibelübersetzung (Martin Buber Werkausgabe [MBW], Bd. 14), hrsg. von Ran HaCohen, Gütersloh 2012. Karl-Josef Kuschel: Martin Buber. Seine Herausforderung an das Christentum, Gütersloh 2015. ((Bildunterschrift:)) ###