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Joachim H. Spangenberg/Sylvia Lorek Sozio-ækonomische Aspekte nachhaltigkeitsorientierten Konsumwandels I. Einleitung Ein fçr die Entwicklung nachhaltiger Produktionsund Konsummuster zentraler gesellschaftlicher Akteur sind die privaten Haushalte. Sie sind die wirtschaftlichen Einheiten, in denen der Lebensalltag einschlieûlich Beruf und gesellschaftlichem Leben fçr eine Person allein oder fçr mehrere gemeinsam organisiert wird. Hierzu sind Entscheidungen çber die Ausstattung und Græûe der Haushalte nætig, die sich in wirtschaftlichem Handeln genauso niederschlagen wie die Entscheidungen çber die Aufteilung von Arbeits-, Sozial- und Freizeit oder den Einsatz der Ausstattung zur Erfçllung bestimmter Bedçrfnisse. Dabei treffen diese Haushaltsentscheidungen eine Wahl zwischen unterschiedlichen Varianten der Bedçrfniserfçllung, die zum Teil auch auf den gewçnschten Nebenfunktionen von Produkten wie Statussymbol, Selbstdefinition oder Abgrenzung gegençber anderen beruht1. Das Streben der Menschen bei der Organisation des Alltags wie der Freizeit geht dahin, ein ¹gutes Lebenª2 zu haben; was jedoch darunter verstanden wird, ist individuell verschieden. Es gibt folglich nicht das Leitbild eines zukunftsfåhigen Konsums. Die Individualitåt der Konsumentenentscheidungen ist ein konstitutives Element der modernen demokratischen und pluralistischen Gesellschaft, das von Szenarien nachhaltiger Lebensweisen nicht in Frage gestellt wird3. Allerdings werden Konsumenten-Entscheidungen heute wie zukçnftig stark von den Rahmenbedingungen beeinflusst. Dazu zåhlen politische Rahmensetzungen, Preise, verfçgbare Technologien, Einkommensniveau und Einkommensverteilung, gesellschaftliche Normen und gruppenspezifische Leitbilder sowie nicht zuletzt die Einflçsse von Werbung und Marketing. Ein Teil dieser Faktoren wird im Folgenden in seinem Bezug zur Nachhaltigkeit (mit Schwerpunkt 1 Vgl. die Unterscheidung von ¹needsª und ¹satisfyersª bei Manfred Max-Neef, Human Scale Development, New York ± London 1991. 2 Vgl. Inge Roepke, The dynamics of willingness to consume, in: Ecological Economics, 28 (1997) 2, S. 399 ± 420. 3 Vgl. Friedrich Hinterberger / Fred Luks / Marcus Stewen, Zwischen Úkodiktatur und Umweltkatastrophe, Basel u. a. 1996. 23 Umweltrelevanz) des privaten Konsums diskutiert; zur Abschåtzung ihrer Wirkungen sind jedoch zuvor einige methodische Festlegungen erforderlich. II. Nachhaltiger Konsum ± Was ist das? Nachhaltigkeit ist mehr als Umweltvertråglichkeit: Sie beinhaltet neben der aus gutem Grund viel zitierten ækologischen Dimension auch eine soziale (die Sicherung des Zusammenhalts der Gesellschaft im weitesten Sinne), eine ækonomische (die Sicherung der wirtschaftlichen Funktionsfåhigkeit als Grundlage der Bedçrfnisbefriedigung) sowie eine institutionelle Dimension (nicht nur die Gestaltung der gesellschaftlichen Organisationen, sondern auch die nicht formaler Institutionen wie Gewohnheiten, Wertvorstellungen etc.)4. In allen vier Dimensionen lassen sich Oberziele formulieren, die zwar keine detaillierten Handlungsanweisungen bieten kænnen und sollen, wohl aber Richtungsangaben hin zu mehr Nachhaltigkeit. Es handelt sich also um ein normatives Konzept, d. h. eines, in dem von gesellschaftlich zu definierenden Zielen auf die anzuwendenden Maûnahmen geschlossen wird. Mit anderen Worten: Es gibt nicht das Nachhaltigkeitsmodell, aber eine gemeinsame Richtung fçr viele verschiedene Kulturen und Lebensstile hin zu einer nachhaltigen Entwicklung. Gerade diese Diversitåt der strategischen Ansåtze wie der Umsetzungsformen erfordert einerseits Prioritåtensetzungen und andererseits die Fåhigkeit, mit Widersprçchen leben zu kænnen ± auch das gehært zu nachhaltigen Lebensstilen. Konsum, hier verstanden als Konsum der Haushalte5, ist zunåchst dann nachhaltig, wenn er dazu 4 Vgl. die Erklårung von Rio und die Agendia 21, in: Bundesminister fçr Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), Konferenz der Vereinten Nationen fçr Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro ± Dokumente, Reihe Umweltpolitik, Bonn 1992. 5 Wåhrend im englischen Sprachraum ¹consumptionª in der Regel den gesamten Verbrauch der Volkswirtschaft bezeichnet/und ¹household consumptionª davon abgegrenzt wird, folgen wir hier dem deutschen (und analog dem skandinavischen) Sprachgebrauch, der unter Konsum den Konsum der Haushalte versteht. Zum internationalen Sprach- Aus Politik und Zeitgeschichte B 24 / 2001 beitrågt, die oben genannten komplexen Ziele umzusetzen, so weit dies in der Macht der Haushalte und ihrer Entscheidungen steht. Nachhaltiger Konsum ist also umweltbewusst, sozialvertråglich, wirtschaftlich und partizipativ. Diese sehr breit gefasste, eher ungewæhnliche Definition von nachhaltigem Konsum mag zunåchst verwirren ± sie entspricht aber der Nachhaltigkeitsdefinition, wie sie von den Vereinten Nationen verwandt wird. Nachhaltiger Konsum ist ein ståndiger Optimierungsprozess, der auf individueller Abwågung beruht und unterschiedliche Pråferenzen und Konsummuster beinhaltet. Fçr eine derartige Optimierung sind die Konsumentinnen und Konsumenten jedoch auf umfassende, produktbezogene Informationen angewiesen, die ihnen erlauben, ihre nachhaltigkeitsrelevanten Prioritåten in Konsumentscheidungen umzusetzen. Dabei ergeben sich drei Grundsatzprobleme: 1. Die verfçgbaren relevanten Informationen sind im Umweltbereich recht ausfçhrlich, fçr die soziale Dimension sporadisch und darçber hinaus fast nicht vorhanden. Der weitere Schwerpunkt dieses Beitrags liegt demgemåss auf der Umweltrelevanz des Konsums. 2. Konsumentscheidungen werden produktspezifisch getroffen, sodass viele der verfçgbaren, aber nicht produkt- oder verhaltensspezifischen Umweltinformationen nicht anwendbar sind. Úkologische Konsumindikatoren kænnen diese Lçcke zumindest teilweise schlieûen. 3. Die Entscheidungskompetenz der Haushalte ist beschrånkt. Sie kænnen zwar durch ihre Nachfrage nach umwelt- und sozialvertråglich hergestellten Produkten und Dienstleistungen deren Marktposition stårken, sind jedoch immer nur einer von mehreren beteiligten Entscheidungstrågern. Akteursmatrizen fçr die einzelnen Schlçsselindikatoren verdeutlichen dies. III. Úkologischer Konsum ± Was kænnen Haushalte tun? Nahezu alles, was Menschen in ihrem Alltagsablauf an Gçtern oder Dienstleistungen kaufen, hat Auswirkungen auf die Umwelt. Diese Auswirkungen beginnen bei der Herstellung von Produkten, gebrauch vgl. United Nations Department of Economic and Social Affairs (UNDESA), Measuring Changes in Consumption and Production Patterns. A Set of Indicators, New York 1998. Aus Politik und Zeitgeschichte B 24 / 2001 fallen wåhrend des Gebrauchs an und wirken mitunter noch lange Zeit, nachdem ein Produkt seinen Nutzen verloren hat. Wie aber ist die Umweltrelevanz des Konsums zu fassen, jenseits von Einzelbeispielen? Welche Umweltfolgen sind den Konsumenten zuzurechnen, welche den çbrigen wirtschaftlichen Akteuren? Die volkswirtschaftliche Statistik folgt dem Postulat, dass die Herstellung von Produkten und Dienstleistungen der Befriedigung der Endnachfrage in einer Volkswirtschaft dient. Dieser wird zugerechnet, was von der Volkswirtschaft an Ressourcen verbraucht und an Schadstoffen freigesetzt wird. Lediglich der Export låsst sich nicht auf die inlåndische Bevælkerung umrechnen. Die Wirtschaft taucht in dieser Sichtweise nicht als eigenståndiger Verursacher auf. Als Konsequenz werden in dieser spezifischen Form der Input-Output-Analyse weit çber 80 Prozent des gesamten Umweltverbrauchs den privaten Haushalten zugerechnet. Dabei handelt es sich jedoch um ein statistisches Maû, das nichts çber die tatsåchlichen Einflussmæglichkeiten des Akteurs Haushalte aussagt und dies auch nicht reklamiert. Da aber gerade die mæglichen Handlungspotentiale Gegenstand des æffentlichen Interesses sind, kænnen Zahlen von 80 Prozent und mehr zu politisch relevanten Missverståndnissen fçhren und bedçrfen der Relativierung durch eine akteursbezogene Betrachtung. Alternativ zum volkswirtschaftlichen wird håufig ein hauswirtschaftlicher Referenzrahmen genutzt, der das Alltagsverhalten privater Haushalte in den Vordergrund der Betrachtungen stellt und in etwa das Feld der Haushaltsumweltberatung widerspiegelt. Fçr einen solchen Bemessungsrahmen spricht das Interesse der Haushalte an erfahrbaren und mæglichst direkt im Haushalt quantitativ erfassbaren Græûen von Umweltverbrauch, die ihnen eine konkrete Handlungsorientierung geben kænnen. Zu dem bewusst wahrnehmbaren Umwelteinfluss, den Haushalte çber ihren Energie-, Strom- und Wasserverbrauch in ihrem Haushalt nehmen kænnen, kommt der finanzielle Vorteil, den eine Verbrauchsreduktion in diesen Bereichen mit sich bringt: Die wirtschaftlich attraktiven Einsparmæglichkeiten sind in der Regel ækologisch sinnvoll, wenn auch mangels der Erfassung indirekter Effekte die Umweltentlastung nicht quantifizierbar ist. Im Vergleich zum volkswirtschaftlichen bietet der hauswirtschaftliche Erfassungsrahmen also eher handlungsorientierende Hinweise, ohne dass diese jedoch quantitativ unterlegt sind und so Prioritåten begrçnden kænnten. Weder der volks- noch der hauswirtschaftliche Rahmen sind in der Lage, ækologische Handlungs24 prioritåten fçr den Akteur Haushalte quantitativ darzustellen. Notwendig ist statt dessen eine Methodik, deren Nutzung es den Haushalten ermæglicht, ihren hauswirtschaftlichen Handlungsspielraum zur Reduzierung des volkswirtschaftlichen Umweltverbrauchs optimal auszuschæpfen. Umweltverbrauch setzt sich fçr jedes Konsumgut aus verschiedensten Nutzungen und Beeinflussungen der Umwelt durch den Menschen zusammen. Da die ækologischen Probleme vielfåltig sind, und da Problemsubstanzen unterschiedliche Wirkungen haben kænnen, da ferner die unterschiedlichen umweltbelastenden Substanzen miteinander interagieren kænnen, ist eine vollståndige Beschreibung extrem aufwåndig. Alle diese Belastungen zu einem Belastungsindex zu aggregieren ist zwar mæglich6, bedarf aber der Definition von Gewichtungsfaktoren, die als Relevanzkriterien wertgebunden sind und nur aufgrund subjektiver Einschåtzung, nicht aber auf Basis wissenschaftlicher Tatsachen definiert werden kænnen. Angaben çber Flåchenverbrauch im Wohnungsbau und Schwermetallbelastung im Abwasser haben kein gemeinsames Maû und lassen sich deshalb nicht aggregieren. Úkonomen haben als gemeinsames Maû die geldliche Bewertung vorgeschlagen, messen damit aber eher die politisch durchaus relevante gesellschaftliche Reaktion auf ækologische Sachverhalte denn diese selbst. Úkologisierung des Konsums bezieht sich auf die objektive Belastung der Umwelt, integriert çber alle Belastungskategorien. Geht man davon aus, dass auch zukçnftig die Nutzung gesundheits- und umweltschådlicher Einzelstoffe kurzfristig rechtlich geregelt werden muss, so ist die Verringerung der Grundbelastung die Langfristaufgabe nachhaltigen Konsums. Um potentielle Schåden der Umwelt ± und damit auch Belastungen des Menschen ± mæglichst gering zu halten, bietet es sich an, bereits durch die Verringerung des Umweltverbrauchs auf der Input-Seite die Gesamtbelastungen, und so auch die Gefåhrdungen auf der Output-Seite, zu verringern. Dementsprechend wird zur Bewertung und Messung von Umweltbelastung zunehmend der Ressourcenverbrauch herangezogen7. 6 Vgl. European Statistical Office, The Environmental Pressure Index Programme, Luxemburg 1999. 7 Es ist unbestritten, dass Gefahrstoffe auch weiterhin der rechtlichen Regulierung bedçrfen, also eher durch staatliches Handeln denn durch das der Haushalte adåquat erfasst werden. Trotzdem trågt eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs auch in diesen Fållen zur Problementschårfung bei, denn eine geringere Quantitåt eines bedenklichen Stoffes birgt ein geringeres Schadpotential. Im besten Fall kann eine in Folge der Verringerung des Durchsatzes der Wirtschaft ebenfalls verringerte Freisetzungsmenge eines Schadstoffes sogar unter die Wirksamkeitsschwelle fallen. 25 Jede menschliche Aktivitåt benætigt Materialien zu ihrer Konkretisierung, Energie zu ihrer Durchfçhrung sowie einen Ort, an dem sie stattfinden kann, als so genannte Schlçsselressourcen. Dabei ist unçbersehbar, dass eine spezifische Belastung der Umwelt sich nicht notwendigerweise proportional zum Ressourcenverbrauch ± ausgedrçckt als Energie- und Materialverbrauch sowie Flåchennutzungsintensitåt ± entwickelt. Trotzdem gilt, dass Umweltbelastung und Ressourcenverbrauch gleichsinnig erfolgt, d.h., ein hæherer Energieverbrauch, mehr Flåchenbelastung oder græûere Stoffstræme fçhren zu hæheren Umweltschåden. Diese lassen sich durch Ressourcenverbrauchserfassung nicht messen, wohl aber in ihrer Dynamik charakterisieren8. Im Umkehrschluss heiût das, dass eine systematische Reduktion des Ressourcenverbrauchs sich auf eine Vielzahl von konkreten Umweltproblemen entlastend auswirken wçrde9. Fçr die Erfassung der Umweltwirkungen des Konsums stellen sich nun zwei Hauptfragen: 1. Welche Lebensbereiche haben in der gesamtgesellschaftlichen Betrachtung einen signifikanten Anteil am Umweltverbrauch? 2. Welches sind die Lebensbereiche (Bedarfsfelder), in denen die Haushalte çberhaupt einen nennenswerten Einfluss auf den Umweltverbrauch haben? Der mægliche Einfluss der Haushalte auf den Umweltverbrauch ist in unterschiedlichen Konsumbereichen verschieden groû, sodass es fçr eine Analyse des Umweltverbrauchs privater Haushalte geboten erscheint, diese getrennt zu betrachten. Folgende Bedarfsfelder decken dabei den umweltrelevanten Konsum der Haushalte ab10: 8 Zur Methodik vgl. Sylvia Lorek / Joachim H. Spangenberg / Christoph Felten, Prioritåten, Tendenzen und Indikatoren umweltrelevanten Konsumverhaltens / Endbericht des Teilprojekts 3 des Demonstrationsvorhabens zur Fundierung und Evaluierung nachhaltiger Konsummuster und Verhaltensstile, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Umweltbundesamtes (UBA FE Vorhaben) 209 01 216/03, Wuppertal 1999. 9 Vgl. Friedrich Schmidt-Bleek / Stefan Bringezu / Friedrich Hinterberger / Christa Liedtke / Joachim H. Spangenberg / Hartmut Stiller / Jolanta M. Welfens, Einfçhrung in die Materialintensitåtsanalyse nach dem MIPS-Konzept, Basel u.a 1998. Joachim H. Spangenberg / Aldo Femia / Friedrich Hinterberger / Helmut Schçtz, Material Flow-based Indicators in Environmental Reporting, European Environment Agency (EEA), Environmental Issues Series, Nr. 14, Luxemburg 1999; Deutsches Institut fçr Wirtschaftsforschung / Wuppertal Institut fçr Klima, Umwelt, Energie / Wissenschaftszentrum Berlin fçr Sozialforschung, Arbeit und Úkologie, Projektabschlussbericht, Dçsseldorf 2000. 10 Vgl. BUND/Misereor (Hrsg.), Zukunftsfåhiges Deutschland, Basel ± Berlin 1996. Aus Politik und Zeitgeschichte B 24 / 2001 Indikatoren- und Akteursmatrix Bauen und Wohnen private Haushalte Nutzer der Wohnung Eigentçmer Kommunen Wohnungsbaugesellschaften Politik Planer Dienstleister Heizenergieverbrauch + + * + + + + Ressourcenintensitåt * + * + + + + Wohnflåche ++ + + + + + * pr. Wohnungsinvestitionen Alt-/Neubau * ++ + * + * * Siedlungsflåche * + ++ + ++ * + ++ = dominant; + = signifikant; * = relevant Bauen und Wohnen, Ernåhrung, Freizeit, Gesundheit, Bekleidung, Waschen und Reinigen, Hygiene, Bildung, Mobilitåt sowie gesellschaftliches Zusammenleben. Die Bereiche Bildung, Gesundheit, Sicherheit im gesellschaftlichen Zusammenleben etc. stellen zwar relevante Konsumbereiche dar, sind aber in der Regel Staatskonsum und nicht Haushaltskonsum. Textilien, Waschen und Reinigen machen zusammen unter zehn Prozent der gesamten Stoffund drei Prozent der Energieverbråuche aus, Gesundheit (fçnf Prozent), Hygiene und Kærperpflege (zwei Prozent) liegen noch niedriger ± die resultierenden Einsparpotentiale liegen also im Bereich von wenigen Prozenten. In dieser Hinsicht kænnen die letztgenannten Konsumbereiche als ækologisch und politisch weniger zentral betrachtet werden, auch wenn Bereiche wie Kleidung wegen ihres lebensqualitåts- und statusprågenden Charakters eine wichtige symbolische Bedeutung aufweisen. So ist z.B. die unter Umweltfreunden/ innen verbreitete Haltung, Mode abzulehnen und auf Second-Hand-Textilien zu setzen, eine durchaus legitime und wichtige Frage von Lebensstilpråferenzen, aber kaum eine ækologisch ausschlaggebende Entscheidung. Soweit der direkte und indirekte Umweltverbrauch durch die privaten Haushalte beeinflussbar ist11, geschieht dies also zu çberwiegenden Teilen durch nur drei Konsumbereiche: 1. Bauen und Wohnen, einschlieûlich Renovieren, Umbauen, Heizen; 2. Mobilitåt, einschlieûlich Freizeit und Reisen; 3. Ernåhrung (einschlieûlich Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln, ohne Kochen/ Kçhlen). 11 Zu Daten fçr Deutschland vgl. S. Lorek, / J. H. Spangenberg / C. Felten (Anm. 8), Anhånge. Aus Politik und Zeitgeschichte B 24 / 2001 Um hauswirtschaftliche Handlungsmæglichkeiten in diesen aus volkswirtschaftlicher Sicht dominanten Bedarfsfeldern aufzuzeigen, sind die quantitativ wichtigsten Verursachungsdynamiken in jedem dieser Felder und darauf bezogen wenige zentrale Handlungsoptionen zu identifizieren. Zugespitzt kænnen diese mittels Indikatoren kommuniziert und die Umsetzungserfolge mit denselben Indikatoren çberwacht werden12. So wurden fçr das græûte Bedarfsfeld Bauen und Wohnen die in der Ûbersicht genannten Indikatoren entwickelt, die jeweils ein Handlungsfeld charakterisieren13. Damit ist konkretisiert worden, an welchen Handlungsfeldern Haushalte als relevante Akteure teilhaben, jedoch bleibt zu verdeutlichen, in welches Akteursgeflecht sie eingebunden sind. Dies kann auf der Basis von Ad-hoc-Bewertungen in Form von Akteursmatrizen fçr jedes der drei prioritåren Bedarfsfelder spezifiziert werden, wie fçr das Beispiel Bauen und Wohnen veranschaulicht wird14. Mit Hilfe einer derartigen Darstellung werden die wichtigsten Handlungsfelder ebenso direkt offensichtlich wie die in jede Politikformulierung einzubeziehenden Akteure. So kann eine Indikatorenund Akteursmatrix zur Integration der Bedingungen nachhaltigen Konsums in eine gesamtgesellschaftliche Transformationsstrategie zu einer dauerhaft-umweltgerechten Entwicklung genutzt werden. 12 Vgl. ebd. 13 Vgl. Sylvia Lorek / Joachim H. Spangenberg, Indicators for environmentally sustainable household consumption, in: International Journal of Sustainable Development, 4 (2001) 1, S. 1 ± 23. Vgl. auch die Nachhaltigkeitsindikatoren der britischen Regierung fçr den Bausektor: KPI = Key Performance Indicators Working Group, KPI Report for The Minister for Construction, Department of the Environment, Transport and the Regions, London 2000. 14 Quelle: S. Lorek/J. H. Spangenberg/C. Felten (Anm. 8), S. 35. 26 IV. Konsumwandel als Beitrag zu einer integrierten nachhaltigen Entwicklung Mæglichkeiten eines nachhaltigkeitsorientierten Konsumwandels werden håufig diskutiert, ohne die parallelen Verånderungen in anderen Lebenssphåren ± insbesondere im Produktionsbereich ± ins Auge zu fassen. Eine derartige Sichtweise, welche die græûeren Zusammenhånge nicht ausreichend berçcksichtigt, kann jedoch nicht çberzeugen ± Konsumnormen bilden sich nicht nur in Haushalten, sondern sie stellen gesellschaftliche Phånomene dar. Erstmalig fçr Deutschland hat die Studie ¹Arbeit und Úkologieª in einem transdisziplinåren Forschungsprojekt Szenarien nachhaltiger Entwicklung entworfen und auf dieser Basis Handlungsfelder ermittelt, die sowohl aus sozialwie wirtschafts- und umweltwissenschaftlicher Sicht von besonderer Bedeutung sind15. Der private Konsum ist eines dieser Handlungsfelder. Die ækonomisch wirksamen Maûnahmen und die Ergebnisse ihrer Umsetzung wurden durch eine Modellierung mit dem ækonometrischen Modell Panta Rhei16 veranschaulicht: Die in den Szenarien entwickelten Politikansåtze wurden zu Strategiebçndeln zusammengefasst, die ± bei unterschiedlicher Ausgestaltung im Einzelnen ± sowohl aus ækologischer wie aus ækonomischer und arbeitswissenschaftlich-soziologischer Sicht strategische Handlungsfelder darstellen. Diese Priorisierung beruht also auf einem wesentlich weiteren Kriterienraster als die des ækologischen Konsums; es entspricht weitgehend der eingangs ausgefçhrten Definition nachhaltiger Entwicklung. Fçnf solcher strategischen Handlungsfelder konnten identifiziert werden. Zu jedem dieser Felder gehæren eine Anzahl von Schlçsselstrategien, die fçr eine umfassende sozial-ækologische Reform unverzichtbar sind, bei denen jedoch erhebliche Freiheitsgrade in der konkreten politischen Ausgestaltung bestehen. Die zentralen Handlungsfelder sind ± die ækologische Gestaltung des Strukturwandels durch fiskalische Instrumente und Information; ± die soziale Gestaltung des Strukturwandels durch Stårkung der sozialen Sicherheit (soziale 15 Vgl. Deutsches Institut fçr Wirtschaftsforschung u. a. (Anm. 10); Hans-Bæckler-Stiftung (Hrsg.), Wege in eine nachhaltige Zukunft. Ergebnisse aus dem Verbundprojekt Arbeit und Úkologie, Dçsseldorf 2000. 16 Vgl. Bernd Meyer / Andreas Bockermann / Gerd Ewerhard / Carsten Lutz, Marktkonforme Umweltpolitik, Heidelberg 1999. 27 Grundsicherung), Abbau von Geschlechterdiskriminierungen, Qualifikationsmaûnahmen und eine Aufwertung der Nichterwerbsarbeit; ± Innovationsfærderung durch Bildung, Forschung und Entwicklung, inner- und auûerbetriebliche Partizipation, lernende Organisationen; ± Verkçrzte Arbeitszeiten, die nicht nur Teilzeitstellen (auch fçr Månner) bietet, sondern auch eine Verkçrzung der Regelarbeitszeit in Verbindung mit besseren Wahlmæglichkeiten und besserer Verbindbarkeit von Erwerbs- und Nichterwerbsarbeiten; ± Konsumwandel, der vor allem durch eine die ækologischen und sozialen Folgekosten mit ausdrçckende Preisgestaltung sowie durch Kennzeichnung und Angebot von Alternativen zustande kommt. Fçr eine derartige integrierte Nachhaltigkeitsstrategie reicht es nicht, sich auf ein Politikfeld (sei es Konsum oder ein anderes) oder sich auf einen eingeschrånkten Instrumentensatz (z.B. Úkosteuern) allein zu verlassen. Statt dessen ist ein politischer und methodischer Pluralismus notwendig (aber auch mæglich und lohnend), der die differenzierten Gruppen der Gesellschaft in geeigneter Weise anspricht. Um Fortschritte im Sinne eines nachhaltigen Konsums zu erreichen, mçssen die spezifischen Probleme der verschiedenen Adressatengruppen gezielt angegangen werden: 1. Fçr die ¹Handlungsbereitenª ist es notwendig, das gut erreichbare Angebot ækologisch (und soweit darstellbar sozial) optimierter Gçter und Dienstleistungen zu ækonomisch adåquaten Preisen auszubauen, z.B. aktuell Lebensmittel aus ækologischem Landbau. 2. Fçr die ¹Zweifelndenª sind vor allem verlåssliche Informationen wichtig, die als Grundlage fçr Konsumentscheidungen dienen kænnen, wie z.B. durch standardisierte, nachhaltigkeitsbezogene und unabhångig kontrollierte Kennzeichnungen. Ein anderes Beispiel ist die Konsumentenberatung, die auf die Mæglichkeit des Ersatzes von Gçtern durch Dienstleistungen hinweist. 3. Die ¹Zægerndenª kænnen nicht rein argumentativ gewonnen werden (auch wenn Verbraucherbildung eine wichtige Rolle spielt). Hier mçssen die Ergebnisse einer entsprechend ausgestalteten ækologischen Finanzreform dafçr sorgen, dass sich das ækologisch Sinnvolle auch ækonomisch gçnstig darstellt. Aus Politik und Zeitgeschichte B 24 / 2001 Sind diese drei Bedingungen erfçllt, so kann schon kurz- bis mittelfristig mit einer stårkeren Úkologisierung des Konsums gerechnet werden. Eine weitere Voraussetzung eines solchen Konsumwandels ist nicht nur das Vorhandensein von Informationen, sondern auch der Zugang zu ihnen (hier sind die Mæglichkeiten der neuen Medien noch långst nicht ausgeschæpft) sowie die Zeit, sie zu verarbeiten und umzusetzen. Entspannung und Muûe statt Freizeitstress sind Voraussetzung nicht nur fçr mehr Lebensqualitåt, sondern auch fçr nachhaltigen Konsum. V. Wohlstand, Konsum und Umwelt Wenn jeder Kaufakt mit Umweltfolgen verbunden ist, dann erscheint es plausibel, dass je mehr Geld ein Individuum oder auch ein Land zur Verfçgung hat und fçr seinen Konsum ausgeben kann, es desto mehr die Umwelt belastet (¹Grenzen des Wachtumsª-Hypothese). Es kann aber auch der entgegengesetzte Standpunkt eingenommen werden: Je mehr Reichtum vorhanden ist, desto eher kann in umweltschonende Technologien investiert werden bzw. desto eher besteht die Mæglichkeit, ækologisch vertrågliche Produkte zu kaufen, die heute in der Regel teurer sind (¹Grenzen durch Wachstumª-Hypothese). Das Verhåltnis von Konsumniveau und Úkoeffizienz bestimmt das Wechselspiel von Reichtum und Úkologie. Welche Pråferenzen haben aber die Reichen konkret, fçr welche Art von Konsum entscheiden sie sich, wie viel davon verbrauchen sie und mit welchen Wirkungen auf die Umwelt17? Ist ihr Lebensstil schon dadurch in seinem Wesen nachhaltig, weil die Besitzstruktur der Reichen auf Dauerhaftigkeit, auf Erhalten und Vererben angelegt ist? Wie wirkt die Polarisierung der Einkommens- und Vermægensverhåltnisse18 auf Konsumstrukturen und Umweltbelastung? Mit Hilfe der oben genannten Indikatoren kann die einkommensspezifische Ausprågung des Konsums in den prioritåren Handlungsfeldern analysiert und so die Umweltwirkung wachsenden Wohlstandes identifiziert werden19. 17 Dieser Beitrag behandelt Reiche lediglich in ihrer Rolle als Konsumenten, nicht als Besitzer von Produktionsvermægen und auf diesem Wege Beeinflusser von Produktionsmustern. Die Untersuchung orientiert sich am Umweltverbrauch durch den Menschen, folgt also der beschriebenen Methodik. 18 Vgl. Bundesregierung, Armuts- und Reichtumsbericht, in: Frankfurter Rundschau vom 25. April 2001, S. 7. 19 Vgl. Sylvia Lorek / Joachim H. Spangenberg, Reichtum und Úkologie, in: Jærg Stadlinger (Hrsg.), Reichtum in Deutschland, Mçnster 2001. Aus Politik und Zeitgeschichte B 24 / 2001 Die Antwort auf die Frage, ob der zunehmende Wohlstand zu einem abnehmenden Umweltverbrauch fçhrt, lautet: Dies ist nicht der Fall. In zwei der drei fçr den Umweltverbrauch entscheidenden Bedarfsfeldern (Bauen und Wohnen sowie Mobilitåt) ist eine gleichgerichtete Entwicklung von Umweltverbrauch und dem Grad des materiellen Wohlstandes festzustellen. Wohlstand in Deutschland geht also mit erhæhtem Umweltverbrauch einher, ist eher mehr Normal-Konsum als anderer, ækologischer Konsum. Dies ist insbesondere deshalb bedenklich, weil die reichen Bevælkerungsgruppen nach wie vor eine Orientierungsfunktion fçr die Bevælkerungsmehrheit haben und so einem qualitativen Wandel der Konsummuster hin zu mehr Zukunftsfåhigkeit diametral entgegenstehen. Wenn also Reichtum unter den gegenwårtigen Konsummustern die Umweltbelastung erhæht, fçhrt dann umgekehrt nachhaltiger Konsum zu Wohlstandsverlusten? Auch gegen diese in der politischen Debatte zum Teil offen vertretene Ansicht sprechen die vorliegenden Untersuchungen. So zeigt eine Studie des Rheinisch-Westfålischen Instituts fçr Wirtschaftsforschung (RWI), dass zwei zentrale Strategien nachhaltigen Konsums ± ækologische Produktwahl und gemeinsame Produktnutzung ± sich durch positive gesamtwirtschaftliche Effekte auszeichnen20. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg in den Modellrechnungen um jeweils rund 20 Milliarden DM und die Beschåftigtenzahl um ca. 130 000, wåhrend der Reststoffanfall sank. Die Wirkung auf die Einkommensverteilung war neutral bzw. positiv. Untersuchungen zum Effekt der Einfçhrung langlebiger Konsumgçter21 beståtigen diesen Trend: Der Umweltverbrauch sinkt, wåhrend der Lebensstandard steigt. Allerdings muss angemerkt werden, dass die Verflechtungen von Produktions- und Konsumsphåre sich nicht auf das Einkommen reduzieren lassen, sondern von vielfåltigen sozialen Faktoren geprågt sind. VI. Fazit und Ausblick: Fçr einen Genuss ohne Reue Der Umweltverbrauch unterschiedlichster Konsumakte ist den Haushalten nicht nach einheit20 Vgl. Bernhard Hillebrand/Klaus Læbbe u. a., Handlungsfelder und Optionen zur Nachhaltigkeit. Ergebnisse aus dem RWI-Projekt Arbeit und Úkologie, Dçsseldorf 2000, S. 25 ± 28. 21 Vgl. Sonja Klingert, A Sustainable Consumption Scenario in a System Dynamics Model, Wien 2000 (www.seri.at); 2000. Joachim H. Spangenberg / Ines Omann / Andreas Bokkermann / Bernd Meyer, Modelling Sustainability ± European and German Approaches, in: Matthies / Malchow / Kriz (Hrsg.), Integrative Systems Approaches to Natural and Social Dynamics, Berlin-New York 2001. 28 lichen Kriterien zuzurechnen. Der Einfluss der privaten Haushalte auf den Umweltverbrauch låsst sich aus wissenschaftlicher Sicht nicht pauschal beziffern. Haushalte sind ein Akteur unter vielen, nachhaltiger Haushaltskonsum bedarf zu seiner Realisierung der externen, auch politischen Unterstçtzung: Ein nachhaltiger Lebensstil darf nicht ståndig finanziell bestraft werden. Also mçssen Úkosteuern eingefçhrt werden, ebenso wie Abgaben auf kurzlebige und ineffiziente Gçter (das kænnte fçr Kommunen eine neue, umweltentlastende Einnahmequelle sein), sodass fçr die Verbraucher das ækologisch Richtige auch das ækonomisch Attraktive wird, dass also der ækologischethische Imperativ mit dem ækonomischen zur Deckung gebracht wird. Kosten sind jedoch nicht die einzige Verbindung von Produktion und Konsum. So wurde aufgezeigt, wie sich durch die wechselseitige Entwicklung von Mårkten und Technologien pfadabhångige Entwicklungen verfestigen kænnen, die zu ståndig steigendem Ressourcenverbrauch fçhren, wenn die politischen Rahmenbedingungen dies nicht verhindern22. Solche Rahmensetzungen werden politisch leichter durchsetzbar, je mehr Leitbilder der nachhaltigen Entwicklung gegençber den herrschenden neo-klassischen Normen an Boden gewinnen. Leitbilder sind Zielprojektionen, gemeinsamer Fluchtpunkt von Wunsch und Machbarkeitsvorstellungen sozialer Gruppen23. Nachhaltigkeit in der Breite der genannten vier Dimensionen kann aufgrund ihrer Komplexitåt kein Leitbild sein (und ist weit davon entfernt, als Norm zu gelten), sie enthålt aber in ihrer Konkretisierung eine Vielzahl von Leitbildern24. Beispiele hierfçr sind eine sozial- und umweltfreundliche Mobilitåt, soziales/ ethisches Einkaufsverhalten oder soziale/ethische Formen der Geldanlage. Nachhaltigkeit als ein 22 Vgl. Viki Sonntag, Sustainability in the light of competitiveness, in: Ecological Economics, 34 (2000) 1, S. 101 ± 113. 23 Vgl. Meinolf Dierkes, Leitbild und Technik, Berlin 1992. 24 Vgl. Joachim H. Spangenberg, Zukunftsfåhigkeit als Leitbild? Leitbilder, Zukunftsfåhigkeit und die reflexive Moderne, in: Eckart Hildebrandt / Gudrun Linne (Hrsg.), Reflexive Lebensfçhrung, Berlin 2000. 29 gemeinsamer Nenner solcher Leitbilder kann die unterschiedlichen (Teil-)Ansåtze eines sozialækologischen Zusammenlebens zusammenfçhren. Insofern stellt Nachhaltigkeit eine (zu konkretisierende) Utopie dar, die eine Alternative zum herrschenden Fortschrittsverståndnis bietet, wie es sich im Wohlstandskonsum manifestiert. Neue Leitbilder sind erforderlich, die sich nicht am Lebensstil der heute Wohlhabenden orientieren ± gleichzeitig bilden diese (und die statistisch nicht so gut erfassbaren ¹Lifestyle-Gruppenª) eine wichtige Zielgruppe fçr neue Wohlstandsmodelle, die dann auch Vorbildfunktion gewinnen kænnten. Dieser Herausforderung stehen Politik, Umweltund Verbrauchergruppen bisher weitgehend hilflos gegençber ± dies zum Teil auch deshalb, weil sie den von anderen hoch geschåtzten Symbolkonsum (Mode, Kosmetik) ohne ækologische Signifikanz bekåmpfen, dafçr aber Felder potentieller Ûbereinstimmung (gesunde Ernåhrung) weniger in den Vordergrund der æffentlichen Diskussion gerçckt haben. Die BSE-Krise kænnte eine Mæglichkeit bieten, diese Fronten aufzubrechen und das offensichtliche Bedçrfnis nach Neuorientierungen im Konsumverhalten durch konkrete Maûnahmen zu unterstçtzen. Insbesondere im Bereich der Freizeitmobilitåt wird der Widerspruch von Konsumnachfrage und Umweltfolgen nicht ohne Pråferenzånderungen und Politikrestriktionen aufhebbar sein. Nachhaltig leben heiût, gut, gesund, partnerschaftlich und tolerant zu leben, den Dingen ihren Wert gewåhren, bewusst genieûen, auch genussvoll konsumieren. Das heiût auch, auf Qualitåt zu achten, nicht jeder Mode nachzulaufen, aber auch nicht jede zu verachten ± das gehært zur Lebensqualitåt. Nachhaltig konsumieren heiût, sich zu erinnern, dass das Bessere der Feind des Guten sein sollte, nicht das Billigere; dass ferner Gemeinschaftlichkeit und Individualismus zusammengehæren wie Partnerschaftlichkeit und Selbstståndigkeit. Nachhaltige Lebensstile sind die Kunst des richtigen Verhaltens in falschen Strukturen. Deshalb braucht es beides ± Politik von oben und Handeln von unten. Nur zusammen entstehen nachhaltige Produktions-, Konsum- und Wirtschaftsstrukturen. Aus Politik und Zeitgeschichte B 24 / 2001