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Zukunftsszenarien für die digitale Verwaltung

2019

Dieses Sonderheft der Schriftenreihe des Lehrstuhls für Public und Nonprofit Management präsentiert Ergebnisse eines studentischen Beratungsprojekts aus dem Wintersemester 2018/19. Dabei wurde eine Vision für eine digitalisierte öffentliche Verwaltung entworfen. Unter Anwendung von Szenariomethoden wurden Zukunftsszenarien entwickelt und getestet, die sich entweder mit Bürger*innen und Unternehmen als Kund*innen der Verwaltung, den öffentlich Beschäftigen oder der Aufbau- und Ablauforganisation in der Verwaltung beschäftigen.

Universitätsverlag Potsdam Caroline Fischer | Isabella Proeller (Hrsg.) Zukunftsszenarien für die digitale Verwaltung: Ergebnisse eines studentischen Beratungsprojekts Schriftenreihe für Public und Nonprofit Management | 25 Schriftenreihe für Public und Nonprofit Management Schriftenreihe für Public und Nonprofit Management | 25 Caroline Fischer | Isabella Proeller (Hrsg.) Zukunftsszenarien für die digitale Verwaltung Ergebnisse eines studentischen Beratungsprojekts Universitätsverlag Potsdam Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar. Universitätsverlag Potsdam 2019 http://verlag.ub.uni-potsdam.de/ Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam Tel.: +49 (0)331 977 2533 / Fax: 2292 E-Mail: verlag@uni-potsdam.de Die Schriftenreihe für Public und Nonprofit Management wird herausgegeben vom Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam. ISSN (Online) 2190-4561 Dieses Werk ist unter einem Creative Commons Lizenzvertrag lizenziert: Namensnennung 4.0 International Um die Bedingungen der Lizenz einzusehen, folgen Sie bitte dem Hyperlink: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Online veröffentlicht auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam https://doi.org/10.25932/publishup-43559 https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:kobv:517-opus4-435593 Dieses Sonderheft der Schriftenreihe des Lehrstuhls für Public und Nonprofit Management präsentiert Ergebnisse eines studentischen Beratungsprojekts aus dem Wintersemester 2018/19. Dabei wurde eine Vision für eine digitalisierte öffentliche Verwaltung entworfen. Unter Anwendung von Szenariomethoden wurden Zukunftsszenarien entwickelt und getestet, die sich entweder mit Bürger*innen und Unternehmen als Kund*innen der Verwaltung, den öffentlich Beschäftigen oder der Aufbau- und Ablauforganisation in der Verwaltung beschäftigen. This Special Issue of the Chair of Public and Nonprofit Management’s publication series presents results of a student consulting project from the winter semester 2018/19. A vision for a digital public administration has been designed. By using the scenario method, future scenarios have been developed and tested. These scenarios deal either with citizens and businesses as clients of the administration, public employees or organizational structure and internal coordination. Inhaltverzeichnis 1. Vorwort ........................................................................................................................................... 1 2. Einleitung ......................................................................................................................................... 5 3. Die Kund*innen der digitalen Verwaltung ...................................................................................... 8 4. Die Organisation der digitalen Verwaltung ................................................................................... 32 5. Das Personal der digitalen Verwaltung ......................................................................................... 78 6. Fazit ............................................................................................................................................. 133 7. Anhang......................................................................................................................................... 139 1. Vorwort Caroline Fischer, Isabella Proeller Visionen erarbeiten – Szenariotechniken in Lehre und Forschung der Verwaltungswissenschaft Die digitale Transformation schreitet in der öffentlichen Verwaltung voran. Immer mehr interne und externe Prozesse werden digitalisiert. Extern verändert sich die Interaktion mit den Bürger*innen und anderen Verwaltungskund*innen. Intern ändern sich Kommunikationsformen und Abläufe, aber auch die nötige Infrastruktur. Häufig herrscht in den Verwaltungen aber Unsicherheit darüber, was dieser fortschreitende technologische Wandel mit sich bringen wird. Wie wird sich die Personalstärke in verschiedenen Bereichen und Anforderungsstufen verändern, welche neuen Kompetenzen werden nötig sein und welche Bedürfnisse haben öffentlich Beschäftigte bei all diesen Veränderungen? Welche Liegenschaften werden noch gebraucht, wenn alle im Homeoffice arbeiten und die Bürger*innen alle Behördenwege online erledigen? Welche Veränderungen ruft Digitalisierung in der Ablaufund Aufbauorganisation hervor? Wie müssen sich Prozesse verändern, um nicht einfach nur den Status Quo zu digitalisieren, wird es in Zukunft überhaupt noch eine klassische Linienorganisation geben? Und was wollen bei all den technischen Möglichkeiten eigentlich die Bürger*innen – ein Bürgerportal, Behördenautomaten oder doch das gute alte Gespräch mit dem/der Sachbearbeiter*in? In einem Praxisprojekt (studentisches Beratungsprojekt) sind wir diesen Fragen gemeinsam mit Studierenden nachgegangen. Die Studierenden beraten hierbei in Teams einen realen Auftraggeber zu einem konkreten Problem. Dabei geben sich die Studierendenteams als Beratungsteam einen eigenen Namen und eine Mission. Für den Auftraggeber – in diesem Fall den Brandenburger Landkreis Havelland – sollten die Studierenden Zukunftsszenarien zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung entwickeln und testen. Drei studentische Beratungsteams haben diesen Auftrag jeweils aus einer anderen Perspektive bearbeitet: (1) der Sicht von Bürger*innen und Unternehmen als Kund*innen der Verwaltung, (2) in Bezug auf die Bedeutung für die Aufbau- und Ablauforganisation der Verwaltung und (3) hinsichtlich der Auswirkungen für die öffentlich Beschäftigten. Die entwickelten Szenarien entstammen dabei keinesfalls einem ‚Blick in die sozialwissenschaftlichen Methoden. Die Studierenden Dokumentenanalysen Best-Practice-Fälle Experteninterviews und Glaskugel‘, haben herausgearbeitet sondern entweder oder basieren auf Basis mithilfe Interviews mit Verwaltungsmitarbeiter*innen auf von von Informationen erhoben und diese in Szenarien übersetzt. Diese Szenarien wurden in einem Teilprojekt mithilfe von schriftlichen und mündlichen Befragungen wiederum von Bürger*innen bewertet. 1 Szenarien wurden somit zugleich als Erhebungsinstrument und Ergebnis der Teilprojekte dieses Praxisprojektes genutzt. Als Erhebungsinstrument haben sie sich als hilfreich erwiesen, da das Format erlaubt hat, den Befragten komplexe Situationen einfacher präsentieren und zur Auswahl stellen zu können. Zur Ergebnispräsentation erwiesen sich die Szenarien vor allem nützlich, um Praktiker*innen die Ergebnisse zugänglicher zu machen. Denn Szenarien übersetzen abstrakte Ergebnisse in konkrete Situationen aus dem Verwaltungsalltag. Häufig sind sie auch visualisiert und somit vergleichsweise leichter vermittelbar (siehe beispielsweise Kapitel 3, Seite 15ff.). Dies ist auch ein Vorteil für die Auftraggeber: Sie können mit diesen zugänglich präsentierten Ergebnissen direkt weiterarbeiten und diese an ihre Mitarbeiter*innen weitergeben. Die Szenariomethode hat sich jedoch nicht nur als Forschungsinstrument bewährt, sondern es konnten auch positive Auswirkungen für das Lernen der Studierenden beobachtet werden. Zum einen haben die Studierenden gelernt, eine Systematik zu entwickeln (Szenariomatrix), um Informationen zu erheben und systematisch festzuhalten. Ergebnisse einer Analyse als Szenarien darzustellen, erfordert zum anderen, dass die Studierenden verschiedene Einflussfaktoren verknüpfen und in Interaktion betrachten können. Letztlich haben die Studierenden auch gelernt, komplexe Ergebnisse in praxisnahe Situationen zu übersetzen. Hieran zeigt sich häufig am besten, wie gut ein Forschungsgegenstand durchdrungen wurde. Die Szenariomethode entstammt der sogenannten Zukunftsforschung (auch Zukunftsstudien, forsight study). Diese entstand in den 1950er Jahren in den USA in der Verteidigungs- und Energieindustrie. Sie wird häufig zur Planung technologie-basierter Investments, Simulation von Krisensituationen oder strategischen Organisationsausrichtungen genutzt. Szenarien sind dabei Zukunftsprojektionen, die einer Ungewissheit unterliegen, aber dennoch auf begründeten Annahmen basieren. Diese Ungewissheit unterscheidet sie auch von Prognosen. Szenarien müssen eine „Balance zwischen kreativer Imagination möglicher Entwicklungen und Restriktionen durch Sachzwänge bzw. Pfadabhängigkeiten“ (Steinmüller 2012) finden. Je nach strategischem Zweck der Szenarien können diese normativ oder deskriptiv sein, also entweder eine zu erreichende Vision präsentieren oder aber sehr nah am realen Status Quo ausgerichtet sein (Rialland und Wold 2009). Szenarioanalysen eignen sich, um sich aktiv mit Zukunft und Unsicherheiten auseinanderzusetzen. Sie dienen zur Früherkennung potenzieller Chancen und Gefahren und einer entsprechenden 2009). Entwicklung von Präventiv- oder Reaktionsmaßnahmen (Mietzner Als nachteilig wird häufig eingeschätzt, dass Szenarioanalysen von subjektiven Einschätzungen der am Szenarioprozess beteiligten Akteure abhängig sind (Mietzner 2009). Insofern können Szenarioanalysen nie ganz objektiv sein. Durch die saubere Verwendung sozialwissen2 schaftlicher Erhebungsmethoden kann die beschriebene Subjektivität aber eingedämmt werden. Zur Erstellung von Szenarien ist es zunächst nötig, dass man sich für einige wenige Faktoren entscheidet, deren Einfluss auf eine Situation oder Organisation man betrachten möchte. Idealerweise sind diese Faktoren auch die entscheidenden Treiber von Veränderungen. Diese Faktoren lassen sich anschaulich in einer Szenariomatrix darstellen, indem sie als Achsen dieser Matrix verwendet werden (siehe beispielweise Kapitel 4, Seite 50). Gute Szenarien zeichnet sodann nicht nur aus, dass größtmögliche Unterschiede dargestellt werden (positive und negative Extremszenarien), sondern diese in sich stimmig, widerspruchsfrei und konsistent sind und bei Veränderungen einzelner einige Autoren dafür, dass Faktoren möglichst stabil bleiben. Zudem plädieren Szenarien auch narrative Elemente enthalten und detailreich gestaltet sein sollten – ähnlich einer Kurzgeschichte (siehe beispielsweise Kapitel 5, Seite 126ff.). Dies fördert den (Mehr-)Wert als praxisnahes, leicht vermittel- und vorstellbares Kommunikationsformat. Im Folgenden präsentieren die Studierenden des Praxisprojekts Public Management der Universität Potsdam im Wintersemester 2018/19 die Ergebnisse ihrer Projektarbeit. Nach einer Einleitung in der das Thema umrissen und die einzelnen Projektgruppen vorgestellt werden, folgt zunächst der Beitrag der Projektgruppe, die sich mit den Bedürfnissen und Wünschen der Verwaltungskund*innen auseinandergesetzt hat. Henna Adams, Michelle Hahn, Lena Metzger, Johanna-Katharina Möller und Dominik Zeidler haben Bürger*innen des Landkreises Havelland und ansässige Unternehmen befragt und ihnen verschiedene Szenarien für die zukünftige Interaktion zwischen Verwaltung und Bürger*innen bzw. Unternehmen präsentiert. Sie kommen zu dem befragten Bürger*innen automatisch initiierte Verwaltungsprozesse dennoch eine persönliche Kommunikation mit und Zeit zu sparen. Die bevorzugen, Verwaltungsvertreter*innen Unternehmen hingegen präferieren Verwaltungsportale Wege Ergebnis, dass die oder Autor*innen mobile sich wünschen. Rathäuser, resümieren, aber dass um die Landkreisverwaltung in Zukunft sowohl weiterhin analog als auch digital aufgestellt sein muss, um den Bedürfnissen der Kund*innen zu entsprechen. Im folgenden Kapitel stellen Clementine Bertheau, Georg Heyn, Johannes Hiller, Felix Paffhausen und Lisa-Sophia Preller Auswirkungen von Digitalisierung auf die Ablauf- und Aufbauorganisation in der Verwaltung dar. Sie haben exemplarisch vier typische Verwaltungsprozesse erhoben, analysiert und (digitale) Optimierungsvorschläge erstellt (Baugenehmigung, Elterngeld, Erstausstellung Führerschein, Beschaffung). Die Autor*innen empfehlen keineswegs Prozesse eins zu eins zu digitalisieren, sondern diese Veränderung zu nutzen, um die Prozesse grundlegend zu überarbeiten. 3 Sie empfehlen zudem die Einrichtung einer Stabsstelle für Digitalisierung und die Schaffung von Digitalisierungslotsen*innen in allen Fachgebieten. Im letzten Kapitel dieses Bandes beleuchten Catherine Breiner, Simon Hammer, Aylin Hardwiger, Pauline Hobracht und Friederike Martin die Auswirkungen von digitaler Transformation in der Verwaltung auf die Beschäftigten. Auf Basis einer Best-Practice-Analyse und Experteninterviews beleuchten sie Veränderungen in Arbeitszeit- und Arbeitsortmodellen, der Aufgabenprofile und Qualifikationsniveaus beleuchten sie und benötigter den Personalbedarf Kompetenzen auf des verschiedenen Personals. Qualifikationsebenen Auch und inhaltlichen Arbeitsbereichen in einer digitalisierten Verwaltung und ziehen Schlussfolgerungen für Personalentwicklung und -gewinnung. Die von den studentischen Beraterteams erarbeiteten Szenarien verdeutlichen und durchdenken die Implikationen der ubiquitär zitierten und diskutierten Digitalisierung ganz konkret und anschaulich für den Alltag einer Landkreisverwaltung. Sie liefern damit einen wichtigen Beitrag zur Verdeutlichung der zu erwartenden „Realitäten“, denen sich Verwaltungsorganisationen in absehbarer Zeit stellen müssen. Wir erwarten ein Interesse von Verwaltungspraktiker*innen, Politiker*innen und der interessierten Öffentlichkeit an den erarbeiteten Szenarien zur digitalen öffentlichen Verwaltung und haben uns daher zur Publikation der studentischen Arbeiten entschieden. Literatur Mietzner, D. (2009). Unterschiedliche Ansätze der Szenarioanalyse. In D. Mietzner (Hrsg.), Innovation und Technologie im modernen Management. Strategische Vorausschau und Szenarioanalysen: Methodenevaluation und neue Ansätze, S. 117–161. Gabler. Steinmüller, K. (2012). Szenarien – Ein Methodenkomplex zwischen wissenschaftlichem Anspruch und zeitgeistiger Bricolage. In R. Popp (Hrsg.), Zukunft und Wissenschaft, 23, S. 101–137. Springer. Rialland, A., & Wold, K. E. (2009). Future Studies, Foresight and Scenarios as basis for better strategic decisions: Innovation in Global Maritime Production – 2020 (Working Paper). NTNU Norwegian University of Science and Technology. 4 2. Einleitung Die Digitalisierung verändert, wie Organisationen agieren, Menschen kommunizieren und unsere Gesellschaft funktioniert. Ausgelöst vom Einsatz moderner, digitaler Technologien betrifft sie nicht nur die Privatwirtschaft, sondern zunehmend auch den öffentlichen Sektor über alle Verwaltungsebenen hinweg. Die Digitalisierung von öffentlichen Verwaltungen, Organisationen und Unternehmen umfasst neuartige Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten zwischen Bürger*innenn, den Verwaltungsmitarbeitenden, anderen Verwaltungen und der Wirtschaft. Zusätzlich führt sie auch zu einer Reorganisation von internen Prozessen, zur Neugestaltung der angebotenen Produkte und Dienstleistungen und zu anderen Anforderungen an das Verwaltungspersonal. Diese Entwicklung wird durch öffentlich bereitgestellte Gelder, Investitionsoffensiven, neue Gesetze und neu ins Leben gerufene Institutionen, Räte sowie Gremien vielfältig gefördert. Am 23.11.2018 hat das Land Brandenburg ein E-Government-Gesetz (BgbEGovG) verabschiedet. Ziel des Landesgesetzes ist es, die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung zu verbessern und die elektronische Durchführung von Verwaltungsverfahren zu erleichtern. Unter anderem sieht es vor, die Behörden des Landes und der Kommunen dazu zu verpflichten, Formulare und Informationen für Bürger*innen und Unternehmen online bereitzustellen, E-Rechnungen einzuführen und Nachweise auch elektronisch zu verarbeiten. Das Land Brandenburg reagiert damit auf das E-Government-Gesetz sowie das Onlinezugangsgesetz des Bundes und schafft einen einheitlichen und verlässlichen Rechtsrahmen für die zukünftige Digitalisierung der Verwaltung im Land Brandenburg. Auf die Auswirkungen und Herausforderungen der Digitalisierung möchte auch der brandenburgische Landkreis Havelland reagieren und sich entsprechend auf die bevorstehenden Veränderungen vorbereiten. Das Havelland kann sich in Zeiten eines demographischen Wandels über stabile bis wachsende Bevölkerungszahlen freuen. Nicht nur die Nähe zur Landeshauptstadt Potsdam und zur Bundeshauptstadt Berlin machen es zu einem attraktiven Wohn- und Lebensraum, sondern auch die zahlreichen Unternehmen, die sich mit Standorten in der Region angesiedelt und somit Arbeitsplätze geschaffen haben. Zum Landkreis Havelland gehören fünf amtsfreie Städte, fünf amtsfreie Gemeinden und drei Ämter. Der Landkreis selbst ist mit rund 1.025 Mitarbeiter*innen der drittgrößte Arbeitgeber. Es wird erwartet, dass die Digitalisierung bis zum Jahr 2030 einen erheblichen Einfluss auf die Verwaltungsorganisation, die Verwaltungsaufgaben und die Interaktion mit Bürger*innen, Unternehmen und anderen Verwaltungen nehmen wird. Um sich auf die Auswirkungen der Digitalisierung einstellen zu können, beauftragte der Landkreis Havelland die Erstellung einer Vision, die sich mit den Bedürfnissen und Wünschen der Bürger*innen sowie der Unternehmen an die digitale 5 Landkreisverwaltung, den potenziellen Veränderungen der Verwaltungsorganisation des Landkreises und den spezifischen Auswirkungen auf das Verwaltungspersonal im Jahr 2030 beschäftigt. Diese soll alle Eventualitäten, Folgen, Risiken, Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung abwägen und sie so für den Landkreis Havelland planbar machen. Dabei soll der Annahme gefolgt werden, dass die geplanten Digitalisierungsoffensiven, Strategien und Visionen der Bundes- und Landesregierung für die digitale Modernisierung der Verwaltungen umgesetzt worden. Wie die Digitalisierung des Landkreises bis dahin selbst ausgestaltet und umgesetzt wird, wurde im Projekt nicht berücksichtigt. Der Landkreis Havelland beauftragte am 26.11.2018 drei Beratungsfirmen, sich mit der Entwicklung einer Vision für die digitalisierte Landkreisverwaltung im Havelland in den Teilbereichen „Bürger*innen sowie Unternehmen“, „Organisation“ und „Personal“ zu beschäftigen. In allen drei Beratungsprojekten wurde dabei auf die Methodik der Szenarioentwicklung zurückgegriffen, wobei jede Beratungsfirma ein eigenes Projektvorgehen mit spezifisch angepassten wissenschaftlichen Arbeitsweisen wählte. Public Management Consulting (PMC) ist eine Vereinigung studentischer Unternehmensberaterinnen und -berater der Universität Potsdam. Durch verschiedene Fachbereiche der Studierenden wird eine stets interdisziplinäre und umfassende Betrachtungs- und Lösungsweise in allen Phasen des Projekts garantiert. Der inhaltliche Schwerpunkt von PMC liegt auf der Modernisierung öffentlicher Verwaltungen, wobei die Digitalisierung eine zentrale Rolle spielt. In Kapitel 3 stellt PMC die Bürger*innen- und Unternehmensperspektive vor und geht somit auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Bevölkerung des Havellandes an die digitale Landkreisverwaltung ein. Dafür hat PMC vier Szenarien erarbeitet und die Bedürfnisse der Bürger*innen sowie der Unternehmen mit Hilfe dieser Zukunftsbilder abgefragt. Die studentische Vereinigung CoUPtation, die sich auf die Beratung der öffentlichen Verwaltung spezialisiert hat, definiert sich über ein Leitbild, dessen drei Grundsätze den Namen bilden – Cooperation, die Universität Potsdam und Competition. CoUPtation ist eine agile Organisation, die sich durch die interdisziplinären Hintergründe seiner Mitarbeitenden auszeichnet. Die am Projekt Beteiligten stammen aus den Fachbereichen der Wirtschaftsinformatik und der Verwaltungswissenschaft der Universität Potsdam (UP). Die Kooperation (Cooperation) innerhalb der Belegschaft, aber auch mit externen Partnern ermöglicht herausragende Dienstleistungen. Der schnelllebige Wettbewerb (Competition) im Bereich der Beratungsunternehmen ist für CoUPtation nicht nur Ansporn und Motivation, sondern auch Gradmesser und Inspirationsquelle. In Kapitel 4 präsentiert CoUPtation eine Vision für die Aufbau- und Ablauforganisation des digitalisierten Landkreises Havelland im Jahr 2030. Auf Basis einer umfassenden Best-Practice-Analyse sowie einer Prozessanalyse von ausgewählten Verwaltungsverfahren im Landkreis Havelland war es möglich, 6 realistische und kundenspezifische Szenarien für die Verwaltungsorganisation zu erstellen. Zwei besonders für den Landkreis Havelland relevante Szenarien werden detailliert vorgestellt. Digi Consults ist ein junges Beratungsunternehmen, das schwerpunktmäßig Lösungen zum Thema Digitalisierung im öffentlichen Sektor bereitstellt. Das Unternehmen hat sich ursprünglich aus einer Initiative der Universität Potsdam im Rahmen einer studentischen Beratung heraus entwickelt – auch damals schon mit dem Schwerpunkt auf digitalen Themen und Electronic Government. Mit Fach- und Sachwissen in der Wirtschaftsinformatik, über Politik- und Verwaltungswissenschaft bis hin zu betriebswirtschaftlichen Kenntnissen ist es Digi Consults möglich, durch einen breiten und interdisziplinären Wissensschatz Projekte aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven zu bearbeiten und darauf aufbauend konkrete Lösungen zu erarbeiten. Auf Basis von Best-PracticeAnalysen wurden fünf Variablen bestimmt, welche nach Erstellung einer Szenariomatrix durch verschiedene Experten validiert wurden. Diese werden in Kapitel 5 vorgestellt. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Beratungsprojekte vorgestellt. In einem abschließenden gemeinsamen Fazit werden dem Landkreis Havelland exemplarisch einige Interdependenzen zwischen den einzelnen Teilbereichen aufgezeigt sowie allgemeine Handlungsempfehlungen für den Landkreis Havelland auf dem Weg zu einer digitalisierten Verwaltung präsentiert. 7 3. Die Kund*innen der digitalen Verwaltung Henna Adams, Michelle Hahn, Lena Metzger, Johanna-Katharina Möller, Dominik Zeidler Die Kund*innen der digitalen Verwaltung..................................................................................... 8 3. 1. Ausgangslage des Beratungsprojektes ........................................................................................ 9 2. Methodik ................................................................................................................................... 10 2.1 Wissenschaftliche Literatur, weitere Studien ......................................................................... 10 2.2 Szenarioanalyse ....................................................................................................................... 11 2.2.1 Vorgehen .......................................................................................................................... 11 2.2.2 Ergebnisse......................................................................................................................... 12 2.3 Konzeption des Fragebogens .................................................................................................. 14 2.3.1 Bürgerumfrage ................................................................................................................. 14 2.3.2 Unternehmensumfrage .................................................................................................... 16 3. Ergebnisse der Umfragen .......................................................................................................... 18 3.1 Ergebnisse der Bürgerbefragung im Havelland ....................................................................... 18 3.1.1 Erwartungen der Bürger*innen........................................................................................ 18 3.1.2 Reaktionen auf Zukunftsszenarien ................................................................................... 20 3.1.3 Weitere Ergebnisse........................................................................................................... 22 3.2 Ergebnisse Unternehmensbefragung im Havelland ................................................................ 23 3.2.1 Erwartungen der Unternehmen ....................................................................................... 24 3.2.2 Reaktionen auf Zukunftsbilder ......................................................................................... 24 3.2.3 Weitere Ergebnisse........................................................................................................... 25 4. Handlungsempfehlungen .......................................................................................................... 26 5. Fazit ........................................................................................................................................... 29 6. Literaturverzeichnis ................................................................................................................... 31 8 1. Ausgangslage des Beratungsprojektes Im Havelland des Jahres 2030 sind die allermeisten Verwaltungsleistungen digital verfügbar. Ob die Beantragung des Elterngeldes oder die Anmeldung eines Autos, dies und noch viel mehr kann online erledigt werden - und somit unabhängig von Ort und Zeit. Auf dem Weg zu einer digitalen Verwaltung ist es wichtig, frühzeitig die Bürger*innen mit ins Boot zu holen. Sie treten regelmäßig in Kontakt mit der Verwaltung und beanspruchen verschiedene Leistungen; somit gehören sie auch zu denen, die von den Vorteilen einer veränderten, digitalen Verwaltung überzeugt werden müssen. Ebendies gilt auch für die Unternehmen des Havellandes: Neben den Bürger*innen sind auch sie Nutzer von verschiedensten Verwaltungsleistungen und müssen frühzeitig in den digitalen Transformationsprozess miteinbezogen werden. Der vorliegende Abschnitt beschäftigt sich mit den Bedürfnissen der Bürger*innen sowie Unternehmen im Havelland, als Adressaten der digitalen Verwaltungserneuerung. Was ist den Bürger*innen sowie den ansässigen Unternehmen im Kontakt mit der Verwaltung wichtig? Wie stellen sie sich die zukünftige Kommunikation mit der Kreisverwaltung vor? Welche Digitalisierungspotentiale sehen sie? Kann es ein „zu viel“ an Digitalisierung geben? Um all diese Fragen beantworten zu können, wurden sowohl eine Bürger- als auch eine Unternehmensumfrage durchgeführt. Die Konzeption wurde so gestaltet, dass sowohl die Bedürfnisse der Bürger*innen, als auch ihre Erwartungen abgefragt wurden. Auf dieser Basis konnte ein präzises Bild davon erstellt werden, welche Verwaltungskommunikation gewünscht ist – und welche nicht. Die generellen Erwartungen werden sich in den kommenden Jahren vermutlich nicht grundsätzlich ändern, so dass sie eine gute Orientierung darstellen, wenn konkrete Entscheidungen zur Umstrukturierung der Verwaltung getroffen werden. Selbstverständlich kann die Kreisverwaltung nicht auf alle Einzelinteressen eingehen und ist zudem an Bundes- und landesrechtliche Vorgaben gebunden. Dennoch existieren gewisse Stellschrauben, die im Sinne der Bedürfnisse von Bürger*innen sowie Unternehmen betätigt werden sollten. Hierbei ist zu beachten, dass die Kreisverwaltung Havelland gleichermaßen in Kontakt ist mit Personen, die vergleichsweise wenige Erfahrungen mit Computer, Smartphones und Co. vorweisen können, sowie mit Digital Natives, deren ständiger Begleiter die moderne Technik ist. Daher ist es von immenser Wichtigkeit, einen Dualismus zwischen digitalen und analogen Angeboten herzustellen und somit eine Vielfalt der Kommunikationswege zu erzielen. Im Folgenden wird zunächst die Methodik und Herangehensweise noch einmal ausgeführt (vgl. 2), die die Grundlage der Fragebogenerstellung darstellen. Anschließend werden die Ergebnisse der beiden Befragungen detailliert präsentiert: Beginnend mit der Bürgerumfrage (vgl. 3.1) werden die von den 9 Bürger*innen beantworteten Fragen vorgestellt. Daran schließt sich die Darstellung der Ergebnisse der Unternehmensbefragung an (vgl. 3.2). Aus beiden werden Handlungsempfehlungen abgeleitet, die wiederum in ein gemeinsames, realistisches Zukunftsbild der Vision 2030 aus Bürger*innensicht fließen. 2. Methodik 2.1 Wissenschaftliche Literatur, weitere Studien Eine anfängliche Literaturrecherche zu bestehenden wissenschaftlichen und praktischen Studien diente der inhaltlichen Vorbereitung der Umfrage. Der Fokus dieses Literaturüberblicks lag dabei auf Publikationen zum Thema digitale Verwaltung, besonders im Hinblick auf die Bedürfnisse von Bürger*innen. Als Grundlagenliteratur diente Schuppan (2006). Neben einem Überblick zu EGovernment und den damit einhergehenden Herausforderungen für Gemeinden, gibt Schuppan auch konkrete Beispiele für Verwaltungsprozesse, wie die Gestaltung der Kfz-Zulassung (Schuppan, 2006, S. 111). Dieses Werk diente zur Definition und Begriffserläuterung. Die Verbindung zwischen Grundlagenliteratur und einem Bürgerfokus schaffen Schmitt und Hunnius (2014), indem sie das Bild eines informierten Bürgers zeichnen, der von der modernen IT unterstützt wird. Eine Folge dieser modernen IT sei die schwindende Autorität der klassischen Verwaltungsexperten (Schmitt und Hunnius, 2014, S.29). Die Frage danach, inwiefern Bürger*innen der Zukunft noch auf Face-to-Face-Verwaltungskontakt angewiesen ist, wurde zu einem Hauptaspekt der hier durchgeführten Bürgerumfrage. Auf der internationalen Ebene ist die umfassende Studie von Van de Walle et al. (2018) zur Akzeptanz von E-Services in Lettland von Relevanz. Die Studie macht als einen Hauptfaktor für die Nicht-Nutzung von Online-Verwaltungsservices fehlende Kompetenzen aus (Van de Walle et al., 2018, S. 405). Dieses Ergebnis spielte vor allem in der Entscheidung der Einflussfaktoren für die Szenarioanalyse eine Rolle. Der Einflussfaktor Digitalisierungskompetenz spiegelt dies wieder. Der zweite Einflussfaktor, Datenschutzbedenken, ergab sich vor allem aus Bitkom (2018) und Normenkontrollrat (2018), die sich in der Wichtigkeit dieses Faktors einig sind. Sie zeigen auf, dass Vorbehalte gegenüber der Sicherheit ihrer persönlichen Daten die größten Hemmnisse auf der Seite der Bürger*innen darstellen. Die Bitkom befragte rund 1006 Personen über 14 Jahren telefonisch. Haupterkenntnis der Studie war, dass die Mehrheit der Befragten zwar Online-Verwaltungsangebote nutzen möchte, dem Austausch von persönlichen Daten zwischen Behörden jedoch kritisch gegenüber steht. Diese Erkenntnis spiegelt sich im Einflussfaktor Datenschutzbedenken wider. Das größte Potential zur Digitalisierung steckt laut der Studie in Verwaltungsdiensten, die die Familie betreffen. Hauptanliegen der Bürger*innen waren demnach die Möglichkeit, Kindergeld und Kitaplätze online 10 beantragen zu können (Bitkom, 2018, S. 7). Im Vergleich zu den im Rahmen des vorliegenden Projektes erhobenen Daten, bezieht Bitkom die Daten ihrer Studie auf nationaler Ebene. Auch der Jahresbericht des Normenkontrollrates beschäftigt sich mit Datenschutzbedenken. Hier werden aktuelle Gesetze und Richtlinien aufgezeigt sowie konkrete Vorschläge für die nächsten Jahre in der Verwaltungsmodernisierung gemacht. Die momentane Gesetzeslage und die damit verbundenen Einschränkungen, beispielsweise beim Datenaustausch, müssen berücksichtigt werden, wenn es um die Realisierbarkeit von Vorhaben geht (Normenkontrollrat, 2018, S. 49). Eine weitere Studie, die sich explizit mit der Digitalisierung in der Kommunalverwaltung beschäftigt, ist von der Universität Konstanz. Der Fokus dieser Studie lag jedoch nicht auf den Bedürfnissen der Bürger*innen, sondern auf den Bereichen von Serviceleistungen und möglichen Innovationslabors, mit dem größten Digitalisierungspotenzial. Die Daten wurden mittels Experteninterviews erhoben. Das Hauptergebnis für unsere Studie war die Notwendigkeit nach Transparenz und Offenheit der Verwaltung gegenüber den Bürger*innen, was sich in unseren vier aufgestellten Zukunftsbildern und der Frage nach der präferierten Art der Hilfestellung wiederfindet (Wonneberger et al., 2018, S. 9). Eine letzte wichtige Studie, die Einfluss auf die Zukunftsbilder hatte, ist eine Studie der Vereinten Nationen. Die Studie betont immer wieder die Wichtigkeit alle Bevölkerungsgruppen mit einzubeziehen, um das Problem der digitalen Teilung zu verringern (Vereinte Nationen, 2018, S. 34). Dieser Punkt wurde insofern abgedeckt, als dass sowohl Online- als auch Offline-Möglichkeiten sowie mobile Lösungen in kleineren Gemeinden in den Zukunftsbildern berücksichtigt wurden. So können auch körperlich eingeschränkte Bürger*innen sowie Personen ohne Zugriff auf digitale Endgeräte von den Angeboten profitieren. 2.2 Szenarioanalyse 2.2.1 Vorgehen Es existieren verschiedenste Techniken der Szenarioanalyse. Wir haben uns nach umfassender Recherche für die Erarbeitung explorativer Szenarien entschieden, da diese der Erkundung möglicher Zukünfte dienen. Es wurden also – von der Gegenwart ausgehend – mögliche Entwicklungen der Zukunft untersucht. Ferner haben wir uns für die Erstellung verschiedener Zustandsszenarien entschieden. Diese Art von Szenarien sind qualitative, detaillierte Gesamtdarstellungen einer zukünftigen Situation eines Themenfeldes samt seines Umfeldes. Die von uns gewählte Methode zur Generierung dieser Szenarien ist die Vier-Quadranten-Methode. Bei dieser Methodik werden zwei relevante Faktoren ausgewählt, welche jeweils zwei Ausprägungen, „hoch” und „niedrig”, aufweisen (Steinmüller, 2012). 11 Wie mit dem Auftraggeber abgestimmt, wurden die Faktoren „Digitalisierungskompetenz”, also die Kompetenz im Umgang mit digitalen Anwendungen, und „Datenschutzbedenken” der Bürger*innen als zwei relevante Faktoren ausgewählt (Anhang 3.1). 2.2.2 Ergebnisse Aus der Szenarioanalyse resultierten vier Szenarien („Zukunftsbilder”), welche beschreiben, wie die Verwaltung, insbesondere hinsichtlich ihres Kontaktes zu Bürger*innen, im Jahr 2030 aussehen kann. 1. Mobiles Rathaus Das mobile Rathaus kommt in regelmäßigen Abständen in kleinere Ortschaften. Der mobile Service eignet sich insbesondere auch für Menschen mit Schwierigkeiten, den Weg zum Bürgerservicebüro auf sich zu nehmen. Neben dem mobilen Service, wird es auch weiterhin Bürgerservice in den Bürgerservicebüros in den größeren Städten im Kreis geben. Sowohl im mobilen Rathaus, als auch in den Bürgerservicebüros können wie gewohnt alle Verwaltungsleistungen (z.B. Beantragung Führerschein, KfZ, Bafög) in Anspruch genommen werden. Dieses Szenario entspricht dem Wunsch weiterhin ausschließlich persönlich mit der Kreisverwaltung zu kommunizieren und erfordert keinerlei Digitalisierungskompetenz. Abbildung 1: Szenario 1 „Mobiles Rathaus” (eigene Darstellung) 2. Automatisch ausgelöste Verwaltungsleistungen In diesem Szenario werden Verwaltungsleistungen automatisch ausgelöst, ohne, dass es Zutun des Bürgers bedarf. Der Weg zum Amt fällt somit weg, der persönliche Kontakt reduziert sich auf ein 12 Minimum. Ausgelöst werden die Verwaltungsprozesse anhand vorher definierter Situationen. Eine hohe Digitalisierungskompetenz ist nicht nötig. Abbildung 2: Szenario 2 „Automatisch ausgelöste Verwaltungsleistungen” (eigene Darstellung) 3. Verwaltungsautomaten Verwaltungsautomaten stehen gut geschützt an zentralen Orten, ähnlich zu Bankautomaten. Sie ermöglichen das Stellen von Anträgen und das Erhalten fertiger Dokumente. Die Daten sind sicher, da sich die Automaten in einem geschützten Netzwerk befinden. Die Bürger*innen sowie Vertreter der Unternehmen benötigen eine gewisse Kompetenz im Umgang mit der digitalen Technik. Persönlicher Kontakt findet nicht statt, beziehungsweise nur mit Hilfspersonen, welche bei der Bedienung der Automaten unterstützen. Abbildung 3: Szenario 3 „Verwaltungsautomaten” (eigene Darstellung) 13 4. Verwaltungsportal, App Mittels eines Verwaltungsportals oder einer App können die meisten Verwaltungskontakte online und vom Smartphone aus abgewickelt werden. Auch Anträge können online und über die App gestellt werden. Die Kommunikation erfolgt ausschließlich per E-Mail. Bestimmte Standardinformationen werden zur weiteren Verwendung gespeichert. Auch hier ist kein persönlicher Kontakt mehr nötig, allerdings müssen alle Nutzer*innen mit der Software kompatible Endgeräte besitzen und diese bedienen können. Abbildung 4: Szenario 4 „Verwaltungsportal, App” (eigene Darstellung) Diese vier Bilder dienten in der Befragung dazu, den Bürger*innen Situationen zu präsentieren, anhand derer sie ihre Bedürfnisse und Erwartungen hinsichtlich Verwaltungsdienstleistungen äußern konnten. 2.3 Konzeption des Fragebogens 2.3.1 Bürgerumfrage Um die Bedürfnisse der Bürger*innen an eine digitalisierte Verwaltung zu erfassen, wurde eine Befragung durchgeführt. In dieser Befragung wurden generelle Bedürfnisse an die Verwaltungen sowie die konkreten Erwartungen anhand der erstellten Zukunftsbilder abgefragt. Die Zielgruppe der Befragung ist eine Stichprobe aller Bevölkerungsgruppen im Havelland. Um die Beteiligung aller Bevölkerungsgruppen zu erreichen, wurden vorab verschiedene Gruppen definiert. Folgende Merkmale wurden dabei beachtet: 1. Diversität hinsichtlich Geschlecht, Alter, Beschäftigungsverhältnis und Bildungsniveau 2. Diversität hinsichtlich Befragungsort und Befragungszeitpunkt 14 Die Diversität hinsichtlich Geschlecht, Alter, Beschäftigungsverhältnis und Bildungsniveau wurde durch eine direkte Abfrage zu Beginn der Befragung sichergestellt. Eine Diversität hinsichtlich Befragungsort und -zeitpunkt wurde durch die Befragenden sichergestellt und dokumentiert. Dadurch konnte zum einen der Einfluss sogenannter Störvariablen verringert werden, gleichzeitig konnte somit sichergestellt werden, dass nicht nur die Bedürfnisse einiger weniger Bevölkerungsgruppen in die finalen Ergebnisse einfließen. Die Befragungen wurden in zwei Durchgängen absolviert, nach dem ersten Durchgang wurde der Fragebogen nochmals anhand des Feedbacks in der Befragung sowie in der Zwischenpräsentation angepasst. Da diese Anpassungen jedoch von vergleichsweise geringerem Umfang waren, wurde die Vergleichbarkeit der Ergebnisse nur minimal eingeschränkt und dennoch wichtige Aspekte mit einbezogen. In der ersten Runde bestand der Fragebogen aus insgesamt 14 Fragen. In der zweiten Runde wurden einige Fragen zusammengefasst sowie weitere Fragen ergänzt, der Fragebogen bestand dann noch aus 12 Fragen (vgl. Anhang 3.2). Die Fragen drei bis sieben (Tabelle 1) beziehen sich auf die erstellten Zukunftsbilder. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die meisten Menschen ihrer konkreten Bedürfnisse nicht bewusst sind, oder diese in der Interviewsituation nicht äußern, deshalb verspricht eine direkte Abfrage einen geringen Nutzen. Bei den Fragen drei bis sieben wurden den Bürger*innen daher die beschriebenen Zukunftsbilder real vorgelegt, welche wiederum unterschiedliche Bedürfnisse abbilden und bedienen. Die restlichen Fragen zielen auf generelle Einstellungen und Erwartungen zum Thema analoger bzw. digitaler Verwaltungskontakt ab. Tabelle 1 fasst die Intentionen der gestellten Fragen zusammen. Diesen Fragen wurde – wie beschrieben – die Abfrage demografischer Informationen vorangestellt. Es wurden offene, halboffene und geschlossene Fragen gewählt. Die Befragten hatten zu jeder Zeit die Möglichkeit Anmerkungen zu machen, welche wiederum dokumentiert wurden. Vor der Befragung gab es eine kurze Vorstellung des Projekts sowie des Vorgehens. Die Befragung fand im persönlichen Kontakt statt, da nicht davon auszugehen ist, dass alle Bevölkerungsgruppen einen Internetzugang haben. Eine persönliche Ansprache erhöht zudem die Wertschätzung und lässt die Möglichkeit zur Interaktion und Nachfrage (LUBW 2011: 11). Alle Fragen des Fragebogens sind in einfachen Worten sowie kurz und konkret formuliert. Bei der Befragung wurde zudem – im zweiten Durchgang – darauf geachtet, die Reihenfolge der Zukunftsbilder zu rotieren, um eine Korrelation der Items untereinander zu vermeiden. Im Schnitt dauerte jede Befragung ca. 10 Minuten. Die angestrebte Stichprobe betrug 20 Personen, insgesamt konnten 30 Personen für die Befragung gewonnen werden. 15 Frage 1 Vorab-Abfrage der Erwartungen an eine Verwaltung ohne möglichen Bias der Zukunftsbilder Frage 2 Abfrage der Digitalisierungskompetenz Frage 3 – 7 Abfrage der Zu- und Abneigung bezüglich der vier Zukunftsbilder Frage 8 – 9 Abfrage der präferierten Hilfestellung durch die Verwaltung Frage 10 Abfrage der präferierten Authentifizierung Frage 11 Abfrage der Datenschutzbedenken Frage 12 Abfrage der momentanen Zufriedenheit mit der Verwaltung Frage 13 Abschließende Kommentare Tabelle 1: Aufbau Fragebogen (eigene Darstellung) 2.3.2 Unternehmensumfrage Die Unternehmensumfrage orientierte sich stark an der vorher konzipierten Bürgerumfrage, wurde jedoch auf den Unternehmenskontext angepasst. Sie unterscheidet sich insofern von der Bürgerumfrage, als dass sie nicht im persönlichen Gespräch, sondern online durchgeführt wurde. Dafür wurde ein Fragebogen konzipiert, welcher den Unternehmen anschließend mithilfe eines Links zugeschickt wurde1. Eine Online-Umfrage wurde deshalb einer persönlichen Befragung vorgezogen, da letztere wahrscheinlich zu wenig Resonanz geführt hätte. Es war denkbar, dass es besonders für kleinere Unternehmen unkomfortabel gewesen wäre, die Befragenden persönlich zu empfangen und sich terminlich somit auch nach ihnen richten zu müssen. Stattdessen erhielten die Unternehmen den Link zur Befragung und konnten selbstständig entscheiden, wann sie die Befragung bearbeiten. Ein möglicher Nachteil dieses Vorgehens ist jedoch, dass Unternehmen, die ganz und gar nicht digital kommunizieren (können), durch diese Umfrage nicht erreicht wurden. Diese Gruppe an Unternehmen scheint jedoch extrem gering zu sein – der Großteil der Unternehmen verfügt über E-Mail-Adressen und somit einen elektronischen Zugang. Vorangestellt waren der Unternehmensbefragung eine Frage zu der Branche, in der das Unternehmen tätig ist, sowie eine Frage zu der Anzahl an Mitarbeitenden. Dadurch konnte bei der späteren Die Unternehmensumfrage kann unter folgendem Link eingesehen werden: https://praxisprojekthvl.survey.fm/unternehmensbefragung-im-landkreis-havelland. 1 16 Ergebnisauswertung überprüft werden, inwiefern eine Vielfalt an unterschiedlichsten Unternehmen an der Befragung teilgenommen hat. Alle weiteren Fragen basieren auf den Fragen der Bürgerumfrage: Auch die Unternehmen wurden nach ihren Erwartungen an eine Verwaltung gefragt, nach ihrer Digitalisierungskompetenz, ihrer Zu- bzw. Abneigung bezüglich der vier Zukunftsbilder, nach der präferierten Art des Kontakts mit der Verwaltung, ihren Datenschutzbedenken sowie nach ihrer momentanen Zufriedenheit mit der Verwaltung des Havellandes. Zudem konnten auch sie an zahlreichen Stellen Bemerkungen und Kommentare abgeben. Die vier Zukunftsbilder wurden hierfür, da, wo es notwendig war, an die Bedürfnisse der Unternehmen angepasst. Beispielsweise wurden die Verwaltungsanliegen im Szenario 2 „Automatisch ausgelöste Verwaltungsleistungen” von Geburt eines Kindes zu Kraftfahrzeuganmeldung und Baugenehmigung geändert (Abbildung 5). Durch diese Anpassungen konnten sich Unternehmen besser mit den Szenarien identifizieren. Abbildung 5: Szenario 2 „Automatisch ausgelöste Verwaltungsleistungen” für Unternehmen (eigene Darstellung) Die Dauer der Unternehmensbefragung wurde durch vorheriges Testen auf etwa zehn Minuten geschätzt und war somit in einem für die Unternehmen überschaubaren Rahmen. Es wurden insgesamt 110 Unternehmen des Havellandes kontaktiert: Darunter die größten Arbeitgeber des Landkreises, aber auch mittelgroße bis kleinste Unternehmen, deren Kontaktdaten durch die Industrieund Handelskammer öffentlich zugänglich sind. Der Erstkontakt wurde per Mail hergestellt; aufgrund der geringeren Rückmeldung wurden die Unternehmen zudem auch telefonisch kontaktiert. Die angestrebte Stichprobe betrug 15 Unternehmen. 17 3. Ergebnisse der Umfragen 3.1 Ergebnisse der Bürgerbefragung im Havelland An der Bürgerbefragung haben insgesamt 30 Bürger*innen teilgenommen. Die Befragungen wurden über einen Zeitraum von Ende Januar bis Mitte März 2019 an verschiedenen Orten (in den Städten mit Bürgerservicebüro als auch in kleineren Ortschaften wie Nennhausen und Paulinenaue) des Havellandes durchgeführt, um ein bestmögliches Abbild der Havelländischen Bevölkerung zu erreichen. Die Altersstruktur der Befragten spiegelt mit minimalen Abweichungen die Altersstruktur der Gesamtbevölkerung im Havelland wider (vgl. Anhang 3.3). Die Abweichungen von der Grundgesamtheit ergeben sich daraus, dass ausschließlich Personen ab einem Alter von 16 Jahren befragt wurden. Ein Drittel der Befragten weist als höchsten Bildungsabschluss die Hochschulreife auf, ein weiteres Drittel verfügt über einen Haupt- oder Realschulabschluss und ein Drittel der Befragten hat bereits eine Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen (vgl. Anhang 3.3). Rund die Hälfte der Befragten steht in einem Beschäftigungsverhältnis, knapp ein Drittel befindet sich im Ruhestand und der weitere Anteil verteilt sich auf Studierende, Schülerinnen und Schüler, Auszubildende sowie Arbeitssuchende (vgl. Anhang 3.3). Die dargestellten Verteilungen spiegeln in ihrer Diversität ein umfangreiches Meinungsbild wieder und ermöglichen ein valides Datenfundament der Ergebnisse. Die Ergebnisse der Befragungen werden nachfolgend dargestellt, auf deren Basis im nachfolgenden Abschnitt die Bedürfnisse der Bürger*innen abgeleitet und schließlich Handlungsempfehlungen für die Verwaltung des Havellandes im Jahr 2030 formuliert werden. 3.1.1 Erwartungen der Bürger*innen Obgleich die Erwartungen der Bürger*innen an die Kreisverwaltung des Havellandes eine hohe Varianz aufweisen, lassen sich Gemeinsamkeiten in der Erwartungshaltung identifizieren, welche sich – trotz Einschränkungen in der Trennschärfe – in drei übergeordnete Kategorien zusammenfassen lassen: Service, Erreichbarkeit und Bürgernähe. Abbildung 6: Erwartungen der Bürger*innen an die Verwaltung (eigene Darstellung) 18 Unter der Erwartungsdimension Service ist primär die Erwartung zahlreicher Bürger*innen nach einer Bearbeitung in kurzer Zeit verstehen. Diese setzt sich einerseits aus der Erwartung an eine zügige Bearbeitung ihres Anliegens innerhalb der Kreisverwaltung und andererseits aus dem Anspruch an geringe Wartezeiten im Servicebüro vor Ort zusammen. Überdies ist Service im Zusammenhang mit dem persönlichen Kontakt der Bürger*innen zu Kreisverwaltung zu sehen. Dabei gehören zu den zentralen Ansprüchen an den Service eine kompetente Beratung, bei der sämtliche Fragen beantwortet werden können und keine Mehrfachabfrage von Informationen erforderlich ist, eine angenehme Atmosphäre und ein freundlicher Umgang der Mitarbeiter*innen der Kreisverwaltung mit den Bürger*innen. Ein vielfach genannter Punkt zielt auf die Öffnungszeiten der Servicebüros ab. Diese sollen aus Sicht der Bürger*innen so gestaltet sein, dass auch für Arbeitnehmer*innen ein Besuch ohne lange Planungen im Vorfeld möglich ist. Diese Ansprüche sind Bestandteil der Erwartungsdimension Erreichbarkeit. Weiterhin zählt hierzu die Möglichkeit, den richtigen Ansprechpartner für das jeweilige Anliegen einfach und unkompliziert zu finden. Die Erwartungsdimension Erreichbarkeit bezieht sich auch auf die aus Sicht der Befragten „komplizierte” Aufteilung der Verwaltung nach Anliegen in Bürgerämter und Bürgerservicebüros, die für Bürger*innen nicht immer nachvollziehbar erscheint. Als dritte Erwartungsdimension gilt die Bürgernähe. Diese knüpft an die oben genannten Punkte an und beinhaltet die Erwartung an eine größtmögliche Transparenz in der Antragsbearbeitung, bei der zu jedem Zeitpunkt der Bearbeitungsstand einsehbar ist. Hinzu kommt die Erwartung, dass die Kommunikation in einer bürgernahen, einfachen und leicht verständlichen Sprache abläuft und kein aus Sicht der Bürger*innen mitunter unverständliches „Behördendeutsch“ den Eindruck einer unnahbaren Verwaltung verstärkt. Viele dieser Erwartungen sind bereits heute umgesetzt, einige teilweise und einige, wie der Wunsch nach einem einheitlichen Verwaltungsansprechpartner, bislang noch nicht. Die Verwaltungsdigitalisierung bietet hierbei Potentiale für die Umsetzung der genannten Erwartungen. Die Bedürfnisse der Bürger*innen werden auch im Hinblick auf die von den Bürger*innen favorisierten Zukunftsszenarien umschrieben. Bezogen auf die digitale Welt, lässt sich zunächst festhalten, dass die Befragten dieser mit gemischten Gefühlen gegenüberstehen. So fühlen sich zwar knapp die Hälfte der Befragten in der digitalen Welt grundsätzlich wohl, die andere Hälfte jedoch eher unwohl oder kann dies nicht genau definieren (teils/teils oder keine Angabe, vgl. Anhang 3.3). Hinsichtlich der Digitalisierung scheint innerhalb der Bevölkerung im Havelland noch Unsicherheit zu bestehen. Hier könnte eine Aufgabe der digitalen 19 Verwaltung darin bestehen, die Unsicherheiten zu nehmen und ein Navigieren in der digitalen Welt so komfortabel wie möglich zu gestalten. 3.1.2 Reaktionen auf Zukunftsszenarien Allen Befragten wurden vier Zukunftsbilder gezeigt, welche sich hinsichtlich ihres Digitalisierungsgrades als auch der Digitalisierungskompetenz unterscheiden. Die folgende Darstellung orientiert sich an dem Grad der gezeigten Zustimmung. Abbildung 7: Reaktionen auf die Zukunftsszenarien (eigene Darstellung) Am wenigsten überzeugen konnte das Szenario der Verwaltungsautomaten (vgl. Abbildung 7, oben links). Die Verwaltungsautomaten wären gemäß unserer Darstellung (ähnlich Bankautomaten) in einem eigens hierfür bestimmten Raum aufgestellt und wären an ein verschlüsseltes Netzwerk gekoppelt, um die Sicherheit der eingegebenen Daten zu garantieren. Sie werden zwar vereinzelt als nützliche Ergänzung zum konventionellen Serviceangebot gesehen, ein besonders häufig genanntes Gegenargument ist jedoch der nicht mehr gegebene persönliche Kontakt zu Mitarbeitenden der Verwaltung, falls es zu Unklarheiten oder Problemen kommt. Die Automaten könnten also lediglich dann eingesetzt werden, wenn garantiert ist, dass eine Hilfsperson „in der Nähe“ ist oder wenn die Menüführung ausreichend anwendungsfreundlich gestaltet ist, dass eine Bedienung auch durch nichttechnikaffine Bürger*innen ermöglicht wird. Andernfalls bleibt die Nutzung der Automaten auf eine technikaffine Zielgruppe beschränkt. Trotz der Vorteile einer Reduzierung der Anfahrtswege bei entsprechender flächenmäßigen Verteilung der Automaten und der Möglichkeit flexiblerer 20 Öffnungszeiten sieht die Mehrheit der befragten Bürger*innen Verwaltungsautomaten nicht als Verbesserung im Vergleich zu der heutigen Ist-Situation. Etwa gleichauf mit nur einer Stimme Unterschied liegen die Szenarien des Online-Portals und des Mobilen-Rathauses. Das Online-Portal (vgl. Abbildung 7, oben rechts) konnte durch seine erwartete Einfachheit in der Anwendung überzeugen, in der die Hoffnung deutlich wurde, dass es bereits vorhandenen Portalen ähnelt, so dass keine große Umgewöhnung erforderlich wäre. Zudem entfallen Anfahrtswege und Wartezeiten komplett, da die Bedienung über den heimischen Computer oder eine Smartphone-App möglich wäre, was nicht nur eine Zeitersparnis darstellt, sondern vor allem eine Vereinfachung des Verwaltungskontaktes bieten würde. Gleichzeitig wurden Bedenken geäußert, die sich zum einen auf die Verwendung des Portals durch nicht-technikaffine Menschen beziehen, als auch der fehlende persönliche Kontakt, selbst wenn eine Bedienung von den technischen Kenntnissen her möglich wäre. Wichtigstes Argument gegen eine Nutzung stellten aber Datenschutzbedenken dar, welche von 12 Personen geäußert wurden. Zahlreiche Personen gaben an, ein solches System aufgrund von Datenschutzbedenken nicht nutzen zu wollen. Diese Sorgen beziehen sich allerdings weniger auf die Portallösung an sich, sondern auf das gleichzeitig präsentierte Bürgerkonto, in welchem Daten gespeichert werden. Das Szenario wird dennoch als sehr wahrscheinliche Lösung angesehen, was möglicherweise auch an den derzeitigen Bemühungen der Bundesregierung liegt, einen OnlinePortalverbund aufzubauen, der mittlerweile in einer Beta-Version verfügbar ist (Stand März 2019). Auch wenn das Mobile Rathaus (vgl. Abbildung 7, unten links) bereits Realität ist, so war es in der Umfrage den allermeisten Personen noch unbekannt. Dies mag einerseits daran liegen, dass die Befragten aus Rathenow, Nauen und Falkensee über ein Bürgerservicebüro im Ort verfügen, so dass das Mobile Rathaus für sie keine Rolle spielt. Wichtiger als die Kenntnis des Mobilen Rathauses sind aber die Reaktionen darauf, denn diesem Bild liegt die Idee zugrunde, dass weiterhin persönlicher Verwaltungskontakt stattfindet und sich die Verwaltung serviceorientiert im direkten Kontakt auf die Bürger*innen zubewegt. Positiv wurde demnach auch bewertet, dass sich die Attraktivität kleinerer Orte im Landkreis so steigern lasse und das Szenario eine seniorengerechtete Handhabung darstelle, da der Weg in den Ortskern weniger Mobilitätsvoraussetzungen erfordert, als die Fahrt zu einem der drei Bürgerservicebüros. Gleichzeitig wurde aber auch das Argument vorgebracht, dass für wichtige Termine gerne ein längerer Weg in Kauf genommen würde, wenn auf diesen eine kompetente Beratung folgt. Für einige jüngere Befragte stellt sich dieses Szenario im Jahr 2030 als nicht mehr zeitgemäß dar. Sie zweifeln vor allem an der regelmäßigen Nutzung, da das Szenario nicht das Problem der Gebundenheit an Öffnungszeiten lösen könne. Für viele Befragte stellt das mobile Rathaus keine maßgebliche Verbesserung dar, könnte aber in der Zukunft, wie auch heute, als Alternative für eine ältere, eingeschränkt-mobile und nicht digital kommunizierende Zielgruppe dienen. 21 Mit Abstand am besten bewertet wurden die Automatischen Verwaltungsprozesse (vgl. Abbildung 7, unten rechts). Generell stoßen die automatischen Verwaltungsprozesse auf die höchste Zustimmung. Es werden zwar vereinzelt Datenschutzbedenken geäußert (6 von 30 Befragten), jedoch scheint das Szenario auf den ersten Blick bei vielen aufgrund seiner hohen Convenience-Aspekte zu überzeugen, da es mit einer erheblichen Aufwands- und Zeitersparnis einhergeht. Die Anzahl der heute noch notwendigen Verwaltungskontakte würde reduziert, was sehr positiv aufgefasst wurde. Gleichzeitig sorgen sich die Bürger*innen um eine hohe Fehleranfälligkeit, die häufige Widersprüche in der Fallbearbeitung zur Folge haben könnte, so dass aus der erhofften Vereinfachung doch ein Mehr an Kontakt entsteht. Zusätzlich bestehen Zweifel an der praktischen Umsetzbarkeit, da einige Regionen immer noch mit langsamem Internet auskommen müssen, welches die Grundlage für jegliche Digitalisierungsbestrebungen im Bürgerkontakt ist. 3.1.3 Weitere Ergebnisse Es kann festgehalten werden, dass vielen Bürger*innen der persönliche Kontakt oder mindestens die Möglichkeit zu persönlichem Kontakt wichtig ist. So wird dieser auch in der konkreten Abfrage nach der Präferenz der Kommunikation mit der Verwaltung von 43 Prozent der Befragten genannt. Der Kontakt per Telefon wird von 20 Prozent der Befragten präferiert oder als sinnvolle Alternative zum persönlichen Kontakt genannt. Vereinzelt wird auch der Kontakt über Chat (per Video oder per Chatbot) genannt (vgl. Abbildung 8). Abbildung 8: Übersicht über die präferierte Art der Verwaltungskommunikation (eigene Darstellung) Gleichzeitig wurden diejenigen Szenarien positiv bewertet, die eine größtmögliche Convenience bieten, sprich den Kontakt mit der Verwaltung einfacher und bequemer gestalten. Die Bürger*innen wollen ihre Zeit sinnvoll nutzen und nicht mit Warten und Fahrtzeiten verbringen. Gleichzeitig dominieren Datenschutzbedenken die „digitalen Szenarien“, wobei sich die Bedenken vor allem auf die Kommunikation über heimische Endgeräte und die Speicherung sensibler persönlicher Daten 22 beziehen. Darüber, dass die Daten auch im Bürgerservicebüro digital eingetragen und verarbeitet werden, gab es keine Beschwerden. Insgesamt können die Bedürfnisse in den drei Schlagworten Flexibilisierung, Individualisierung und gesteigerte Schnelligkeit zusammengefasst werden. Wie dies in der Praxis aussehen kann, zeigen die konkreten Maßnahmen für die Vision einer digitalen Verwaltung 2030. Im Kontakt mit der Verwaltung werden sowohl Prozessfragen als auch inhaltliche Fragen gestellt (vgl. Anhang 3.3). Darauf lässt sich ein Bedürfnis nach einer möglichst umfassenden Beratung ableiten, die sowohl auf die einzelnen Schritte des Verwaltungsprozesses eingeht und weiterführende Nachfragen, beispielsweise zum Inhalt der Formulare, kompetent beantworten kann. Hinsichtlich der Authentifizierung wird deutlich, dass die Mehrheit der Befragten eine BenutzernamePasswort-Kombination am besten findet. 25 Prozent der Befragten präferieren eine Authentifizierung mittels des Personalausweises entweder über ein spezielles Lesegerät oder über das Handy mithilfe der NFC-Technologie (vgl. Anhang 3.3). Einige der Befragten äußerten explizit, dass nur die „sicherste” Art der Authentifizierung präferiert wird. Dies steht in einem gewissen Widerspruch dazu, dass die Mehrheit die Benutzername-Passwort-Kombination präferiert, die nur ein geringes Maß an Sicherheitsstandards erfüllt. Dies lässt sich jedoch damit erklären, dass diese Art der Authentifizierung bereits in diversen Onlineforen, in den sozialen Medien und von E-Mail-Anbietern gehandhabt und somit von den Befragten im privaten Kontext bereits häufig genutzt wird. Grundsätzlich ist die Mehrheit der Befragten mit der Havelländer Landkreisverwaltung zufrieden. Diejenigen, die Unzufriedenheit äußern bemängeln die Erreichbarkeit, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und die Kompetenz der Verwaltungsmitarbeitenden. Generell decken sich die Ergebnisse mit den Erwartungen, die die Bürger*innen an die Landkreisverwaltung haben. Die Präferenz des persönlichen Kontakts spiegelt ein Bedürfnis nach Beratung und Service wieder. Die Havelländer Landkreisverwaltung sollte insbesondere hier ansetzen. Dies bedeutet auf personaler Ebene, dass die sozialen Kompetenzen sowie Beratungstätigkeiten der Verwaltungsmitarbeitenden forciert und entsprechend geschult werden sollten (vgl. Kapitel 5). Auf organisationaler Ebene bedeutet dies, dass die Verwaltung so aufgebaut sein sollte, dass Außenstehende eine zentrale Anlaufstelle in der Landkreisverwaltung haben, um sich reibungslos zurechtzufinden und dass die Effizienz der Prozesse so erhöht wird, dass sich Warte- und Bearbeitungszeiten verkürzen (vgl. Kapitel 3). 3.2 Ergebnisse Unternehmensbefragung im Havelland An der Unternehmensumfrage haben insgesamt neun Unternehmen teilgenommen. Damit konnte die angestrebte Teilnehmerzahl von 15 trotz Versenden von Erinnerungen an die Umfrage per Mail, die Gewährleistung absoluter Anonymität der Ergebnisse sowie Herstellen des telefonischen Kontaktes 23 nicht erreicht werden. Kritisch muss hier hinterfragt werden, woraus die mangelnde Resonanz resultierte. Es ist denkbar, dass bereits eine zehnminütige Umfrage einen zu großen Zeitaufwand darstellte. Andererseits ist ebenfalls möglich, dass die Unternehmen schlichtweg keinen Bedarf und somit kein Interesse hatten, an dieser Umfrage teilzunehmen. Es handelte sich bei den befragten Unternehmen um kleine bis mittelgroße Unternehmen (bis 50 Mitarbeiter*innen) aus den Bereichen KFZ-Reparatur, Steuerberatung, Produktion und (Elektro-) Handwerk. Größere Unternehmen (über 50 Mitarbeiter*innen) nahmen an der Umfrage leider nicht teil. 3.2.1 Erwartungen der Unternehmen Die Erwartungen der Unternehmen ähneln stark den Erwartungen der Bürger*innen: Im Kontakt mit der Verwaltung ist den Unternehmen vor allem eine schnelle Bearbeitung ihrer Anliegen, klare Zuständigkeiten sowie eine ausgeprägte Kompetenz der Verwaltungsmitarbeitenden wichtig. Gleichzeitig legen sie Wert auf flexible Öffnungszeiten und eine gute Erreichbarkeit. Wie bei den Bürger*innen lassen sich die Erwartungen der Unternehmen an die Verwaltung durch die drei Schlagworte Flexibilisierung, Individualisierung und gesteigerte Schnelligkeit zusammenfassen. 3.2.2 Reaktionen auf Zukunftsbilder Wie bei der Bürgerbefragung wurden auch den Unternehmen die eingangs beschriebenen vier Zukunftsbilder gezeigt, welche sich hinsichtlich ihres Digitalisierungsgrades, als auch der Digitalisierungskompetenz unterscheiden. Bezüglich der Reaktionen zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede: Das bei den Unternehmen beliebteste Zukunftsbild stellen nicht die automatischen Verwaltungsprozesse, sondern das mobile Rathaus dar (Abbildung 8). Bei der Frage, in welcher die Unternehmen gebeten werden, die Zukunftsbilder in eine Reihenfolge zu setzen (je nach Zustimmung bzw. Ablehnung), favorisieren fünf Unternehmen dieses Zukunftsbild, drei Unternehmen wählen es zumindest an zweiter Stelle. Das zweit-beliebteste Zukunftsbild stellt das Online-Verwaltungsportal dar: Bei der Einzelabfrage dieses Bildes waren jedoch nur drei Unternehmen damit einverstanden, wenn alle ihre Verwaltungsanliegen beim Landkreis tatsächlich so erfolgen würden; alle anderen sechs Unternehmen sprachen sich dagegen aus. Platz drei des Rankings belegen die automatisch ausgelösten Verwaltungsprozesse, auch hier geben sich in der Einzelabfrage des Bildes nur drei Unternehmen mit einer tatsächlichen Umsetzung einverstanden. Eindeutiges Schlusslicht bildet sowohl im Ranking als auch in der Einzelabfrage der Verwaltungsautomat. Bis auf eine Ausnahme geben alle Unternehmen an, dass sie nicht damit einverstanden wären, würden ihre Verwaltungsanliegen auf diesem Wege ablaufen. 24 Abbildung 9: Reaktionen auf die Zukunftsszenarien (eigene Darstellung) 3.2.3 Weitere Ergebnisse Bezüglich der Art und Weise des Verwaltungskontaktes wünschen sich beinahe ausnahmslos alle Unternehmen einen Dualismus aus persönlichem und telefonischem Kontakt. Der Kontakt über Chat oder Videochat ist hingegen kaum gewünscht – nur ein Unternehmen wünscht sich diese Art der Kommunikation, jedoch zusätzlich zu dem persönlichen und telefonischen Kontakt. Abbildung 10: Übersicht über die bevorzugten Arten der Kommunikation (eigene Darstellung) Doch nicht nur bei der gewünschten Art des Kontaktes existieren deutliche Parallelen zu den Ergebnissen der Bürgerbefragung: Bezüglich der Art von Fragen, aufgrund derer sich die Unternehmen an die Landkreisverwaltung wenden, lässt sich feststellen, dass es sich sowohl um Fragen zum 25 allgemeinen Verwaltungsvorgang (Prozessfragen) als auch um Fachfragen (inhaltliche Fragen) handelt – beide werden von jeweils vier Unternehmen genannt. Somit lässt sich auch für den Unternehmenskontext darauf schließen, dass ein Bedürfnis nach einer möglichst umfassenden Beratung existiert. Auffällig ist: In einer imaginären Welt, in der die Sicherheit der Unternehmensdaten vollkommen garantiert wäre, würden fünf Unternehmen ihre Verwaltungsanliegen dennoch lieber persönlich statt online erledigen. Drei Unternehmen würden ihre Verwaltungsanliegen stattdessen bevorzugt online erledigen; ein Unternehmen ist diesbezüglich unentschlossen. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass in einer anderen Frage deutlich wird, dass fünf Befragte ihr Unternehmen als „gewappnet“ für eine zunehmend digitalisierte Welt betrachten. Drei Befragte sind sich diesbezüglich nicht sicher, nur ein Unternehmen wird als „nicht-gewappnet“ bewertet. Bezüglich der Zufriedenheit der Unternehmen mit der Landkreisverwaltung lässt sich auch für den Unternehmenskontext feststellen: Alle Antworten sind tendenziell positiv - die Unternehmen sind grundsätzlich mit der Landkreisverwaltung zufrieden. Positiv wird beispielsweise gewertet, dass die Online-Terminvergabe zu kürzeren Wartezeiten geführt hat. Vereinzelt wird angegeben, dass manche Prozesse zu lange dauern und dass die Öffnungszeiten besonders für kleine Betriebe schwer wahrzunehmen sind. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass es keinen immensen Handlungsbedarf der Landkreisverwaltung in Hinblick auf die Unternehmen zu geben scheint. Optimierungspotentiale sind dennoch vorhanden den Unternehmen ist Schnelligkeit, eine gute Erreichbarkeit und Kompetenz sehr wichtig. Generell bevorzugen sie jedoch den persönlichen (bzw. telefonischen) Kontakt mit der Verwaltung. Dies spiegelt sich auch im präferierten Zukunftsbild, dem mobilen Rathaus, wieder. 4. Handlungsempfehlungen Für die praktische Umsetzung der Vision 2030 lassen sich einige Digitalisierungspotentiale ableiten. Nur wenige Bürger*innen lehnen eine digitale Kommunikation vollständig ab, viele halten die PortalLösung für möglich und wahrscheinlich. In der praktischen Umsetzung wäre diese in Kombination mit den häufig präferierten automatisierten Verwaltungsprozessen wünschenswert, also keine reine digitale Abbildung bestehender Abläufe und Prozesse, sondern eine digitale Anpassung und bestenfalls Reduzierung der Kontaktpunkte. Der trotzdem weiterhin erforderliche Kontakt mit der Kreisverwaltung sollte so bürgernah wie möglich gestaltet werden. Dafür ist es wichtig, die Serviceorientierung als zentralen Leitgedanken zu verfolgen, um eine Flexibilisierung und Individualisierung der Prozesse zu erreichen. Dies ist über ein personalisiertes Bürgerportal möglich, welches sowohl den Bürger*innen, als auch den Unternehmen, ermöglicht von überall aus Anträge zu 26 stellen und den Bearbeitungsstand der gestellten Anträge einzusehen. Es entstehen keine zusätzlichen Anfahrts- und Wartezeiten. Die Kreisverwaltung ist somit jederzeit und von jedem Ort erreichbar. Die Abfrage des Bearbeitungsstandes durch die Bürger*innen bietet das zweite große Potential, da so das Bedürfnis nach einer transparenten Verwaltung erfüllt werden kann, ohne dass ein Mehraufwand für die Verwaltung anfällt. Alle bisherigen und ausstehenden Bearbeitungsschritte, der Bearbeitungsstatus und weitere Informationen, wie einzureichende Dokumente, können online abgebildet werden. Ein wirklicher Mehrwert ergibt sich für die Bürger*innen in dem Moment, wo Verwaltungsgrenzen online nicht mehr ersichtlich sind, also die gesamte staatliche Verwaltung online als ein Ansprechpartner wahrgenommen wird. Die inhaltliche Bearbeitung im Backend wird davon nicht angetastet, den Bürger*innen könnte jedoch auf diese Weise der Wunsch nach einer einfacheren Struktur erfüllt werden. Solch ein Szenario findet sich auch in Kapitel 4 in der Vision für eine zuünftige Organisation der Verwaltung wieder. Gleichzeitig dürfen auch diejenigen Bürger*innen, die nicht online kommunizieren können oder wollen, nicht mit ihren Bedenken alleine gelassen werden. Vor allem für diese Menschen sollten weiterhin Bürgerservicebüros betrieben werden, in denen Mitarbeiter*innen der Kreisverwaltung bei Fragen zur Seite stehen. Vor allem für ältere Personen erscheint diese Art des Kontaktes ohne der Erfordernis, selbst Eingaben vornehmen zu müssen, weiterhin die Vorzugslösung zu sein. Da die Datenschutzbedenken der Befragten insbesondere auf die Speicherung und die Datenübertragung vom heimischen PC aus abzielen, wäre es denkbar, beispielsweise PC-Arbeitsplätze in den Bürgerservicebüros zu schaffen. In diesem Zusammenhang böten sich Verwaltungsautomaten an, die - den Bedürfnissen der Bürger*innen entsprechend - einer einfachen Menüführung folgen und von Hilfspersonen betreut werden. Das mobile Rathaus wurde insbesondere von den älteren Menschen als sehr positiv bewertet. Da es in seiner derzeitigen Form dennoch kaum genutzt wird, erscheint es ratsam, dieses Modell öffentlichkeitswirksamer der Havelländer Bevölkerung zu kommunizieren. Somit ist das mobile Rathaus als sinnvolle Übergangslösung bis zur Erreichung der flächendeckenden Akzeptanz einer deutlich digitaleren Kreisverwaltung zu sehen. Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung müssen hingegen unter größeren Vorbehalten betrachtet werden: Da lediglich neun Unternehmen an der Umfrage teilnahmen, ist hier durchaus denkbar, dass zahlreiche Einstellungen und Meinungen bisher noch nicht in den Ergebnissen abgebildet werden. Es wäre an dieser Stelle wichtig, weitere Unternehmen bezüglich ihrer Erwarten und Wünsche zu befragen - dies sollte jedoch, den Erfahrungen des vorliegenden Projektes Rechnung tragend - nicht online geschehen. 27 Aus der Unternehmensbefragung lassen sich dennoch gewisse Schlüsse ziehen, die auch in ersten Handlungsempfehlungen münden. Zum einen lässt sich festhalten, dass bezüglich der Unternehmen kein immenser Handlungsbedarf zu bestehen scheint. Die Unternehmen geben sich grundsätzlich zufrieden mit dem Kontakt mit der Landkreisverwaltung - dies ist positiv zu bewerten. Dennoch existieren Optimierungspotentiale: Die Unternehmen wünschen sich eine schnellere und besser erreichbare Landkreisverwaltung; sie bemängeln, dass die aktuellen Öffnungszeiten zu unflexibel und die Anfahrtswege insbesondere für kleinere Betriebe ein Hindernis darstellen. Hier bietet sich daher der Aufbau mobiler Rathäuser an. Dieses sollte in regelmäßigen Abständen verschiedene Orte des Havellandes ansteuern, sodass den Unternehmen der oftmals weite Weg zur Verwaltung abgenommen werden würde. Das mobile Rathaus würde dabei dieselben Funktionen anbieten wie die herkömmlichen Verwaltungen - die Unternehmen könnten im mobilen Rathaus beispielsweise ihre KFZ-Zulassung durchführen oder Baugenehmigungen beantragen. Da das mobile Rathaus im Havelland bereits umgesetzt wurde, jedoch nach Angaben des Auftraggebers nur vereinzelt nachgefragt wurde, erscheint eine zielgerichtete Kommunikationsstrategie erforderlich. Es ist davon auszugehen, dass vielen Unternehmen das Angebot des mobilen Rathauses bisher schlichtweg nicht bewusst war, sie die Öffnungszeiten bzw. den genauen Ort nicht kannten oder nicht wussten, dass das mobile Rathaus alle Verwaltungsanliegen bedient und somit dem herkömmlichen Wege in puncto Funktionalität in nichts nachsteht. Auf eine ausreichende Kommunikation all dieser Faktoren ist bei erneutem Einsatz des mobilen Rathauses zu achten. Gleichzeitig sollte die Landkreisverwaltung auf Multiplikatoren zurückgreifen. In diesem Fall bieten sich unternehmensnahe Institutionen an, die das Angebot des mobilen Rathauses an die Unternehmen kommunizieren und idealerweise entsprechende Empfehlungen aussprechen. Als geeignete Multiplikatoren bieten sich der Unternehmerverband Berlin-Brandenburg e. V., der Verein Unternehmer für Rathenow e. V. und die Industrie- und Handelskammer an. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen lässt sich folgende Handlungsempfehlung ableiten: Aktuell scheinen die Unternehmen dem digitalen Kontakt mit der Verwaltung noch zurückhaltend gegenüberzustehen. Sie wünschen sich einen persönlichen bzw. telefonischen Kontakt. Dieser sollte ihnen daher auch weiter gewährt werden. Gleichzeitig erscheint es dennoch ratsam, weiterhin auch auf Online-Kanäle wie Kontakt über Mail oder (Video-) Chat zurückzugreifen, um das Vertrauen in diese Kommunikationswege zu stärken und auf lange Sicht mehr Unternehmen von den Vorteilen zu überzeugen. Dies wäre auch insofern wünschenswert, als dass das von den Unternehmen präferierte mobile Rathaus keine „Pionierlösung” der digitalen Verwaltung darstellt, da es – auch wenn es auf die Bedürfnisse der Individualisierung und Flexibilisierung reagiert 28 – weiterhin auf analogem Kontakt basiert und gleichzeitig einen kostenintensiven Betrieb erforderlich macht. Die Feststellung, dass die Unternehmen des Havellandes dem digitalen Kontakt mit der Verwaltung zurückhaltend gegenüberstehen, muss jedoch aufgrund der geringen Teilnehmerzahl mit Vorsicht genossen werden. Es ist durchaus denkbar, dass insbesondere größere Unternehmen, welche an der Umfrage nicht teilgenommen haben, den Potentialen der Digitalisierung grundsätzlich offener gegenüberstehen – auch weil diese längst in den jeweils eigenen Abläufen weitreichend Einzug erhalten haben. Dennoch sollten auch die Unternehmen, die große Vorbehalte gegenüber dem digitalen Verwaltungskontakt hegen, nicht vernachlässigt werden: Hier bedarf es Überzeugungsarbeit, um Unternehmen von den Vorteilen der digitalen Verwaltungskommunikation zu überzeugen. Da die identifizierten Bedürfnisse Individualisierung, Flexibilisierung und Schnelligkeit durch eine digitale Verwaltung zentral adressiert werden, sollten diese hierbei besonders kommuniziert werden. Da jeder Mitarbeiter eines Unternehmens auch gleichzeitig ein Bürger bzw. eine Bürgerin ist, scheint es durchaus plausibel, dass die für den Bürgerkontext angeratenen Handlungsempfehlungen sich auch auf den Unternehmenskontext auswirken können: Je zufriedener die Bürger*innen mit ihren individuellen (digitalen) Verwaltungskontakten sind, desto mehr könnten sie sich die Frage stellen, warum nicht auch ihr Unternehmen diese Vorteile nutzt. 5. Fazit Aus den Bedürfnissen der Bürger*innen sowie der Unternehmen wird deutlich, dass eine Landkreisverwaltung im Jahr 2030 digital und analog zugleich aufgestellt sein und dabei ein hohes Maß an Serviceorientierung verfolgen sollte. Aus der von den Bürger*innen sowie den Unternehmen formulierten Erwartungen an die Verwaltung lässt sich ein Bedürfnis nach kompetenter und flexibler Beratung sowie schneller und unkomplizierter Prozesse ableiten. Der Kontakt zwischen Verwaltung und Bürger*innen bzw. Unternehmen wird im Jahr 2019 hauptsächlich noch über den persönlichen Wege gewünscht, sollte aber in Zukunft zu großen Teilen über digitale Kontaktmöglichkeiten umgesetzt werden. Es ist selbstredend, dass eine digitale Verwaltung nicht „von Null auf Hundert” funktioniert, sondern die Digitalisierung ein Prozess ist, der eine bedachte Umsetzung erfordert. Nur durch eine schrittweise Transformation, die dem Leitgedanken der Serviceorientierung folgt, kann die Akzeptanz der Bürger*innen sowie der Unternehmen für eine digitale Verwaltung erhöht werden. Aufgabe der Verwaltung ist es, diesen Prozess zu lenken und dabei die Nutzer*innen der digitalen Verwaltungsleistungen – dort, wo es gewünscht wird – an die Hand zu nehmen. Dies kann zum Teil über eine Kombination oben beschriebener Szenarien erfolgen: Ob ein OnlinePortal als digitaler Kontaktpunkt, Automaten, bzw. Terminals in den Bürgerservicebüros, die von 29 kompetenten Mitarbeiter*innen betreut werden, oder im Hintergrund laufende automatische Verwaltungsprozesse, die die Effizienz und Schnelligkeit der Verwaltung erhöhen – überall da, wo es sinnvoll ist, sollten digitale Technologien eingesetzt werden. Sie sollten jedoch so umgesetzt werden, dass die Bürger*innen sowie die Unternehmen in ihrer Handhabung nicht allein gelassen und Ängste insbesondere älterer Bürger*innen ernst genommen werden. Die Bürgerservicebüros sollten dabei nie gänzlich wegfallen, da sie insbesondere bei komplizierten Fällen die Möglichkeit für persönlichen Kontakt und kompetente Beratung bieten. Die dargestellten Bedürfnisse, gekoppelt mit den Potentialen der Digitalisierung, machen deutlich, dass die Landkreisverwaltung auch hinsichtlich ihrer internen Strukturen und Prozesse Veränderungen in die Wege leiten sollte. Maßnahmen dafür finden sich in den beiden nachfolgenden Kapiteln. 30 6. Literaturverzeichnis Bitkom (2018). Staat 4.0. Verfügbar unter: https://www.bitkom.org/sites/default/files/file/import/180919-PK-Staat-40-Status-Quo-Chancenund-Herausforderungen.pdf (Zuletzt zugegriffen: 24.03.2019). Normenkontrollrat (2018). Deutschland: weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung, bessere Gesetze einfach machen! Jahresbericht 2018, Berlin, Verfügbar unter: https://www.normenkontrollrat.bund.de/resource/blob/267760/1536236/1bed933ea006098d6807 ab48bd3c8574/2018-10-10-download-nkr-jahresbericht-2018-data.pdf?download=1 (Zuletzt zugegriffen: 24.03.2019). Schmitt, S., Hunnius, S. (2014). Informierter Bürger trifft zuständigkeitsorientierte Verwaltung. In: Hermann Hill (Hrsg.), E-Transformation. Veränderung der Verwaltung durch digitale Medien. Nomos, S. 29 – 46. Schuppan, T. (2005). Strukturwandel der Verwaltung mit eGovernment. Eine Untersuchung am Beispiel von Kreis und Gemeinde. Nomos. Van de Walle, S., Zeibote, Z., Stacenko, S., Muravska, T., & Migchelbrink, K. (2018). Explaining nonadoption of electronic government services by citizens: A study among non-users of public e-services in latvia, in: Information Polity, 23(4), S. 399 – 409. Vereinte Nationen (2018). E-Government Survey 2018. Gearing E-Government to support transformation towards sustainable and resilient societies. Verfügbar unter: https://publicadministration.un.org/egovkb/Portals/egovkb/Documents/un/2018-Survey/EGovernment%20Survey%202018_FINAL%20for%20web.pdf (Zuletzt zugegriffen: 24.03.2019). Wonneberger, P., Zain, A., Baier, E. und Kähler, M., (2018). Digitale Transformation in der öffentlichen Verwaltung. Verfügbar unter: https://www.digitales-konstanz.de (Zuletzt zugegriffen: 24.03.2019). 31 4. Die Organisation der digitalen Verwaltung Clementine Bertheau, Georg Heyn, Johannes Hiller, Felix Paffhausen, Lisa-Sophia Preller Die Organisation der digitalen Verwaltung ................................................................................. 32 4. 1. Beratungsauftrag und übergreifendes methodisches Vorgehen .............................................. 33 2. Ergebnisse der Szenariofeldbestimmung und Szenariobildung ................................................ 34 2.1 Ergebnisse der Best-Practice-Analyse ..................................................................................... 34 2.2 Ergebnisse der Prozessanalyse im Landkreis Havelland .......................................................... 37 2.2.1 Baugenehmigung .............................................................................................................. 39 2.2.2 Elterngeld ......................................................................................................................... 40 2.2.3 Führerschein (Erstausstellung) ......................................................................................... 42 2.2.4 Beschaffung ...................................................................................................................... 43 2.2.5 Prozessübergreifende Erkenntnisse ................................................................................. 45 2.3 Szenariobildung ....................................................................................................................... 45 3. Szenarien ................................................................................................................................... 48 3.1 Szenario: Der Landkreis Havelland als effiziente Fachverwaltung .......................................... 50 3.1.1 Veränderungen in der Aufbauorganisation...................................................................... 50 3.1.2 Veränderungen in der Ablauforganisation ....................................................................... 53 3.1.3 Implikationen der veränderten Ablauforganisation für die Aufbauorganisation ............ 65 3.2 Szenario: Der Landkreis Havelland als bewegliche Projektverwaltung ................................... 67 3.2.1 Veränderungen in der Aufbauorganisation...................................................................... 67 3.2.2 Abläufe in der beweglichen Projektverwaltung ............................................................... 72 4. Handlungsempfehlungen .......................................................................................................... 74 5. Literaturverzeichnis ................................................................................................................... 77 32 1. Beratungsauftrag und übergreifendes methodisches Vorgehen Das Beratungsprojekt konzentriert sich auf die Organisation der Verwaltung des Landkreises Havelland. Zielstellung dieses Teilprojektes war es, eine Vision für die Verwaltungsorganisation des Landkreises im Jahr 2030 zu entwickeln, welche insbesondere potenzielle Veränderungen der Aufbauund Ablauforganisation durch die Einflüsse der Digitalisierung berücksichtigt. Die entworfene Vision soll den Landkreis Havelland dabei unterstützen, seine Verwaltungsorganisation auf die sich durch die Digitalisierung ergebenden Gegebenheiten ein- und umzustellen, um die Potenziale der Digitalisierung bestmöglich ausschöpfen zu können. Um diesen Beratungsauftrag zu erfüllen, wurde ein stufenweises Projektvorgehen gewählt, welches in Abbildung 1 dargestellt ist. Best-Practice Analyse Prozessanalyse Zunächst wurde die Ausrichtung und das Vorgehen im Beratungsprojekt bis zur Angebotspräsentation konkretisiert und mit Vertretern des Landkreises abgestimmt. Methodisch wurde sich auch in Szenariobildung diesem Teilprojekt für die Anwendung einer Szenariotechnik entschieden. Szenarioformulierung Um ein realistisches und kundenspezifischen Abbildung 1: Projektvorgehen (eigene Darstellung) Szenario erstellen zu können, wurden im Rahmen einer Szenariofeldbestimmung parallel eine Best- Practice- und eine Prozessanalyse durchgeführt. Im Zuge der Best-Practice-Analyse konnten auf Basis einer umfassenden Recherche von Digitalisierungsprojekten, -maßnahmen und -bestrebungen zentrale Digitalisierungstrends in der öffentlichen Verwaltung identifiziert und zwei Experteninterviews zu als besonders relevant erachteten Best-Practices durchgeführt werden. Die Prozessanalyse hatte zum Ziel, anhand exemplarisch ausgewählter Verwaltungsverfahren den Digitalisierungsgrad von Prozessen in der Landkreisverwaltung des Havellands zu erfassen. Es wurden hierfür vier Verwaltungsverfahren des Landkreises anhand eines speziell entworfenen Analyserasters ausgewählt. Anschließend wurden mit den Durchführungsverantwortlichen des Landkreises Havelland für die jeweiligen Verwaltungsverfahren qualitative Interviews durchgeführt. Die beiden Analysen wurden bewusst unabhängig voneinander durchgeführt, um möglichst unvoreingenommen den allgemeinen Stand in der nationalen und internationalen Verwaltungspraxis sowie die aktuelle Situation im Landkreis Havelland evaluieren zu können. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse war es anschließend möglich, identifizierte Best-Practice-Beispiele auf den speziellen Kontext der Landkreisverwaltung des Havellands zu projizieren, um konkrete Veränderungen in der Ablauforganisation herauszuarbeiten sowie spezifische Szenarien für die Veränderung der 33 Aufbauorganisation zu entwerfen. Die Ergebnisse der Szenariofeldbestimmung wurden dem Landkreis Havelland in einer Zwischenpräsentation vorgestellt. Die Rückmeldungen zu den Zwischenergebnissen wurden in der weiteren Projektarbeit berücksichtigt. Zur Szenariobildung wurde eine Vier-Felder-Szenariomatrix entworfen, welche sich aus zwei Achsen – jeweils eine zu Ausprägungen der Ablauf- sowie der Aufbauorganisation – mit jeweils zwei gegenüberstehen Extrempolen ergibt. Aus den verschiedenen Kombinationen der Extrempole ergeben sich vier Szenariofelder, welche Ausgangspunkte für die vier entworfenen abstrakten Szenarien darstellten. Aufgrund ihrer besonderen Relevanz wurden zwei der vier Szenarien ausgewählt und auf den Landkreis Havelland projiziert. Es erfolgte eine detaillierte Ausformulierung dieser beiden Szenarien. Abschließend wurden konkrete Handlungsempfehlungen für den Landkreis Havelland formuliert. Die Gesamtprojektergebnisse wurden dem Auftraggeber in einer Abschlusspräsentation vorgestellt. Im Folgenden sind alle Projektschritte und deren Ergebnisse dokumentiert. Dabei wird zunächst auf die Ergebnisse der Szenariofeldbestimmung und die Szenariobildung eingegangen. Anschließend werden die beiden entwickelten Szenarien des Landkreises Havelland als „effiziente Fachverwaltung“ sowie als „bewegliche Projektverwaltung“ präsentiert, bevor abschließend die Handlungsempfehlungen dargelegt werden. 2. Ergebnisse der Szenariofeldbestimmung und Szenariobildung In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Szenariofeldbestimmung, also der durchgeführten BestPractice-Analyse sowie der Prozessanalyse von Verwaltungsverfahren im Landkreis Havelland, präsentiert. Zudem wird das Vorgehen zur Szenariobildung unter Bezugnahme auf die entwickelte Szenariomatrix vorgestellt, bevor abschließend die vier auf Basis der Szenariomatrix gebildeten Szenarien kurz erläutert werden. 2.1 Ergebnisse der Best-Practice-Analyse Im Rahmen der Best-Practice-Analyse haben wir uns eingehend mit vorherrschenden Digitalisierungstrends in der öffentlichen Verwaltung auseinandergesetzt. Es wurde vorrangig eine Onlinerecherche durchgeführt. In die Analyse sind Dokumente eingeflossen, die über umgesetzte oder sich in der Einführung befindliche Digitalisierungslösungen berichten und auf eine einhergehende Veränderung der Aufbau- oder Ablauforganisation der betroffenen Verwaltungseinheit schließen lassen. Die Rechercheergebnisse wurden in einem Analyseraster in Form einer Tabelle aufbereitet und systematisch ausgewertet. Zur Übersicht und besseren Nachvollziehbarkeit wurden zunächst bibliografische Informationen zu den Dokumenten in einer Tabelle erfasst. Inhaltlich wurden die thematisierten Lösungen nach den folgenden Vergleichbarkeitsmerkmalen kodiert: 34  Beziehungstyp (G2C, G2B, G2G, intraorganisational)  Betroffene Dimension (Ablauf- / Aufbauorganisation, beides, unklar)  Betroffene kommunale Aufgabe (falls Ablauforganisation betroffen)  Land (von dem die Publikation berichtet)  Betroffene föderale Ebene  Einschätzung der Übertragbarkeit auf den Landkreis Havelland (niedrig, mittel, hoch)  Aufgegriffene Technologien, Trends, Konzepte Es wurden insgesamt 43 Best-Practice-Fälle aus den Jahren 2008 bis 2019 identifiziert (vgl. Anhang 4.1); davon weisen 31 ausschließlich Implikationen auf die Ablauforganisation und sieben ausschließlich auf die Aufbauorganisation auf. Fünf Berichte betrachten sowohl Aufbau- als auch Ablauforganisation. 33 Fälle berichten von der kommunalen Ebene, drei von der Bundesebene und sieben von Ebenen übergreifenden Vorhaben. Bei der Auswahl der Fälle wurde der Blick vorwiegend nach Deutschland aber auch nach Dänemark, Estland, in die Niederlande, die USA und die Schweiz gerichtet, deren Staatsverwaltungen im Bereich des E-Governments eine Vorreiterrolle einnehmen. 19 Fälle weisen nach unserer Einschätzung eine hohe Übertragbarkeit, 21 Fälle eine mittlere Übertragbarkeit und drei Fälle eine niedrige Übertragbarkeit auf den Landkreis Havelland auf. In Summe ist zu beobachten, dass in der öffentlichen Verwaltung über alle Verwaltungsebenen hinweg zunehmend neue Technologien eingesetzt, Prozesse optimiert bzw. automatisiert und neue (teilweise agile) Organisationsstrukturen eingeführt werden. In zehn Fällen wird von einer Digitalisierungsstrategie oder einer zentralen Stelle für Digitalisierung innerhalb der Organisation berichtet. Mobile Endgeräte spielen zunehmend eine wichtige Rolle bei den Beschäftigten sowie bei den Bürger*innen (drei Best-Practices). Sechs Berichte thematisieren die Nutzung einer Portallösung zur Kommunikation mit den Bürger*innen bzw. den Unternehmen. Das Rechercheergebnis ermöglichte es, ein umfassendes Verständnis für die aktuellen Digitalisierungsentwicklungen und langfristigen Trends in der öffentlichen Verwaltung zu entwickeln. In der Best-Practice-Analyse konnten zwei besonders relevante Fallbeispiele identifiziert werden. Als Fallbeispiel zu den Veränderungen der Ablauforganisation wurde die Stadt Rietberg mit ihrem OnlineBaugenehmigungsverfahren ausgewählt. Die Stadt dient als gutes Vergleichsobjekt, da mit demselben Softwarehersteller wie im Landkreis Havelland kooperiert wird. Als zweites Fallbeispiel wurde die Stadt Sindelfingen mit ihrem neueingeführten Amt für Digitalisierung in Bezug auf die Aufbauorganisation näher betrachtet. Diese wurde aufgrund ihrer Vorreiterrolle im kommunalen Bereich berücksichtigt. 35 Um über die ursprünglichen Literaturquellen hinaus Details zu den Implikationen des Digitalisierungsprojekts für die Verwaltungsorganisation zu erfahren, wurden jeweils halbstrukturierte Experteninterviews durchgeführt. Für die Durchführung der Interviews wurden Interviewleitfäden entwickelt, die Anhang 4.2 und Anhang 4.3 zu entnehmen sind. Ziel der Experteninterviews war es, ein grundlegendes Verständnis von den jeweiligen Best-Practice-Beispielen zu erlangen sowie ihre Übertragbarkeit auf den Landkreis Havelland einschätzen zu können. Es wurden dabei explizit die organisationalen Auswirkungen, welche die digitalen Lösungen mit sich brachten, betrachtet. Zudem wurden die subjektiven Einschätzungen der Interviewpartner zu den zukünftigen Entwicklungen und den generell zu erwartenden Auswirkungen der Digitalisierung auf die Organisation der öffentlichen Verwaltung erfragt. Für die ausgewählten Best-Practice-Beispiele wurden die folgenden Ansprechpartner zu ihren jeweiligen Digitalisierungsprojekten per Telefoninterview befragt: 1. Der Abteilungsleiter Bauaufsicht & Denkmalpflege der Stadt Rietberg betreut das Verfahren zur digitalen Baugenehmigung „Bauanträge online". Bereits seit einigen Jahren wird in der Stadt Rietberg die digitale Abwicklung von Baugenehmigungen vorangetrieben. Der Wegfall des Schriftformerfordernisses dieses Verfahrens zum 01.01.2019 hat dazu beigetragen, dass inzwischen über 90 Prozent der Verfahren auf digitalem Wege eingeleitet werden. Auch die restlichen Vorgänge werden nach Eingang der Dokumente direkt digitalisiert und softwaregestützt weiterverarbeitet. Hinsichtlich der Aufbauorganisation hat sich durch diesen Wandel keine Änderung ergeben. Der Prozess wurde bereits vorher für gut befunden und dementsprechend eins zu eins in einem Softwareprodukt abgebildet. Veränderungen ergeben sich vor allem im Kommunikationsmedium und in der erhöhten Transparenz. So müssen keine Papierakten mehr gesucht werden, der Bearbeitungsstand ist für alle Beteiligten jederzeit ersichtlich, Verzögerungen durch Briefkorrespondenz werden vermieden und einige Teilschritte des Prozesses können parallel ausgeführt werden. Auswirkungen sind vor allem durch verkürzte Durchlaufzeiten und weniger Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Beteiligten spürbar. Die Sachbearbeitenden erfreuen sich an der einfachen Aktenverwaltung und hatten keine Anpassungsschwierigkeiten, da sich inhaltlich in ihrer Arbeit wenig Veränderungen ergeben haben. Die Stadt ist nun allerdings auf die korrekte Funktion der Systeme sowie bei Änderungen auf den Softwarehersteller angewiesen. 2. Die Einführung eines Amts für Digitalisierung in der Stadt Sindelfingen wurde durch den Gemeinderat beschlossen. Die inhaltliche Ausgestaltung des Amts hat der heutige Amtsleiter maßgeblich begleitet und gesteuert. Das Amt für Digitalisierung mit seinen vier Mitarbeitenden (eine Leitung, zwei Referent*innen und eine Assistenz) wurde zum 01.01.2019 36 eingeführt. Es ist dem Dezernat 1 und somit direkt dem Oberbürgermeister der Stadt zugeordnet. Die Einführung wurde sowohl intern aus der Verwaltung heraus als auch durch den Stadtrat vorangetrieben. Das Amt hat eine rein strategische Ausrichtung. Es betrachtet Themen mit einem ganzheitlichen Blickwinkel und erarbeitet konzeptionell richtungsweisende Vorgehensweisen. Innerhalb dieser Organisationseinheit sollen zukünftig alle Themen, die im Zusammenhang mit der Digitalisierung anfallen, zentral gebündelt bearbeitet werden. Dafür wird zunächst eine digitale Agenda erarbeitet. Der erste Schritt dazu sind Gespräche mit allen Fachämtern. Die Umsetzung der Strategie erfolgt schließlich in den Fachämtern. Teil der Arbeit des Amts wird auch der Aufbau von Kooperationen mit Unternehmen und anderen Behörden sein. Dies soll der Standortattraktivität der Stadt dienen und innovationsfördernd wirken. Die Einführung des Amtes für Digitalisierung ist eine langfristige Veränderung der Aufbauorganisation. Auch nach Umsetzung der Strategie wird das Amt bestehen bleiben. Zu allen digitalisierungsrelevanten Themen, die innerhalb der Verwaltung bearbeitet werden, soll das Amt als beratende Instanz einbezogen werden. Dieses Zusammenarbeitsmodell soll durch den Stadtrat zukünftig transparent manifestiert werden. 2.2 Ergebnisse der Prozessanalyse im Landkreis Havelland Um realistische und kundenspezifische Szenarien für eine durch Digitalisierung veränderte Ablauforganisation im Landkreis Havelland aufstellen zu können, war es zunächst notwendig, die aktuelle Ablauforganisation anhand von Fallbeispielen zu analysieren. Der zweite Teil der Szenariofeldbestimmung stellte daher eine Erhebung des Ist-Stands von Prozessen innerhalb der Landkreisverwaltung Havelland zur Erfüllung ausgewählter kommunaler Aufgaben dar. Zuerst wurden vier Verwaltungsverfahren des Landkreises Havelland mit besonders hohen digitalen Veränderungspotenzialen für die Prozessanalyse bestimmt. Zur Identifizierung geeigneter Verwaltungsverfahren wurde ein Analyseraster in Anlehnung an die Forschungsmethodik eines Gutachtens im Auftrag des Nationalen Normenkontrollrats der Bundesregierung (Fromm et al., 2015) aufgestellt. Kriterien für die Auswahl der Untersuchungsgegenstände waren dabei, dass die Verwaltungsverfahren...  zu den Top-Verwaltungsleistungen gemäß dem Umsetzungskatalog des Onlinezugangsgesetzes (OZG) gehören, da diese Verwaltungsleistungen bis 2030 mit großer Wahrscheinlichkeit digital umgesetzt werden, dementsprechend über ein hohes Digitalisierungspotential verfügen und zudem besonders von Bürger*innen bzw. Unternehmen nachgefragt werden.  aus unterschiedlichen Fachbereichen bzw. Lebenslagen von Bürger*innen stammen (hier: Lebenslagen gemäß OZG-Umsetzungskatalog). 37  unterschiedliche Arten von Verwaltungstätigkeiten repräsentieren.  sich in ihrem Komplexitätsgrad unterscheiden (der jeweilige Komplexitätsgrad der Verwaltungsverfahren wurde auf Basis von Recherchen zu Prozessabläufen in anderen Kommunen selbst eingeschätzt). Zudem wurde verifiziert, dass die Ausführungsverantwortlichkeit für die identifizierten Verwaltungsverfahren auch tatsächlich beim Landkreis Havelland liegt. Um nicht ausschließlich Bürger- und Unternehmensdienstleistungen des Landkreises zu untersuchen, sondern auch organisationale Auswirkungen der Digitalisierung von Prozessen innerhalb der Verwaltung betrachten zu können, wurden zusätzlich interne Querschnittsprozesse mit hohen Digitalisierungspotenzialen identifiziert. Als zu betrachtender verwaltungsinterner Querschnittsprozess wurden die Beschaffungsprozesse ausgewählt. Nahezu alle Verwaltungseinheiten sind Bedarfsträger für spezifische Produkte (z.B. Computer, Büromöbel) und Dienstleistungen (z.B. Wachpersonal für Flüchtlingsunterkünfte, Reinigungsleistungen) und daher in Beschaffungsprozesse involviert. Durch die Nutzung digitaler Unterstützungsinstrumente und der damit einhergehenden Veränderung von Prozessen und Strukturen bestehen hier große Potenziale der Effizienzsteigerung. Anschließend wurden die folgenden vier kommunalen Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der oben genannten Anforderungen pragmatisch ausgewählt und mit dem Kunden abgestimmt: Verwaltungsverfahren TOP OZG Baugenehmigung x Elterngeld Führerschein (Erstausstellung) Beschaffung Fachbereich/ Lebenslage Bauen und Immobilien Art der Verwaltungstätigkeit Komplexitätsgrad Genehmigung Sehr hoch x Geburt Bewilligung Sozialleistung Hoch x Führerschein Antrag Mittel Interner Querschnittsprozess Hoch Tabelle 1: Analyseraster zur Auswahl der Verwaltungsverfahren für die Prozessanalyse (in Anlehnung an Fromm et al. 2015) Im zweiten Schritt wurden qualitative, halbstrukturierte Interviews mit den für die ausgewählten Verwaltungsverfahren zuständigen Mitarbeitenden innerhalb der Landkreisverwaltung in Rathenow und Nauen durchgeführt. Ziel dieser Interviews war es einerseits, die aktuellen Prozessabläufe zu erfassen, andererseits aber auch bereits unternommene Bemühungen zur Digitalisierung der Verwaltungsverfahren herauszuarbeiten sowie weitere Digitalisierungspotenziale zu identifizieren. Die eingesetzten Interviewleitfäden sind Anhang 4.4 und Anhang 4.5 zu entnehmen. Im Folgenden werden die wesentlichen Erkenntnisse der qualitativen Interviews präsentiert. Die Verwaltungsprozesse werden zur besseren Verständlichkeit komplexitätsreduziert dargestellt. 38 2.2.1 Baugenehmigung Rahmenbedingungen des Verwaltungsverfahrens Regelungsebene: Land (Brandenburgische Bauordnung - BbgBO) Standardisierungsgrad: Das Baugenehmigungsverfahren ist im Ablauf durch gesetzliche Vorgaben, wie zum Beispiel gesetzliche Fristen, relativ standardisiert. Dazu erfolgt die Bearbeitung der Bauanträge mit einer einheitlichen Software ProBauG (Firma: PROSOZ Herten GmbH) im gesamten Bundesland Brandenburg. Zentrale Digitalisierungsvorhaben: Das Bauordnungsamt Havelland nimmt an einem Pilotprojekt des Landes Brandenburg zum Ausbau des „virtuellen Bauamts“ teil. Im Rahmen des Projektes wird ein komplett papierloser Bauantrag sowie die elektronische Beteiligung von allen Fachbehörden getestet. Aktueller Prozessablauf 1. Analoges sowie elektronisches Stellen des Bauantrags 2. Aufnehmen des Antrags in Software ProBauG 3. Überprüfen des Antrags auf Vollständigkeit und Zulässigkeit 4. Bereitstellen der Zugangsdaten zum OnlinePortal für den Antragsteller zur Einsicht des Bearbeitungsstatus 5. Elektronisches Anfordern der Stellungnahmen und Genehmigungen von den internen Fachämtern 6. Elektronisches Hinterlegen von Stellungnahmen der internen Fachämter direkt in der Software 7. Postalisches Anfordern von Stellungnahmen und Genehmigungen von externen Behörden 8. Scannen und Einpflegen der Stellungnahmen der externen Behörden in die Software 9. Bearbeiten und Überprüfen des Antrags durch das Bauamt mit Hilfe der Software 10. Erteilen der Baugenehmigung im Online-Portal sowie postalisch Abbildung 2: Aktueller Prozessablauf „Baugenehmigung" (eigene Darstellung) Ist-Stand Digitalisierungsgrad  Der Bauantrag muss von den Antragstellenden sowohl elektronisch (für die direkte Aufnahme in ProBauG durch das Bauamt) als auch in Papierform eingereicht werden. Das Einreichen des Antrags in Papierform inklusive Unterschrift ist momentan eine gesetzliche Vorgabe. Es wird jedoch aktuell eine mögliche Gesetzesänderung geprüft. 39  Antragstellende können den Bearbeitungsstatus des jeweiligen Bauantrages in einem OnlinePortal einsehen.  Die Bearbeitung durch das Bauamt erfolgt bereits elektronisch mit ProBauG. Die Software stellt alle Arbeitsschritte des Baugenehmigungsverfahren digital dar.  Die Stellungnahmen der internen Fachämter werden direkt in ProBauG hinterlegt und von Sachbearbeitenden des Bauamts überprüft. Genehmigungen und Stellungnahmen von externen Behörden werden in Papierform eingeholt. Dementsprechend müssen analoge Stellungnahmen von den Sachbearbeitenden im Bauamt eingescannt und händisch in ProBauG eingepflegt werden. Identifizierte digitale Optimierungspotenziale  Durch den Wegfall des Unterschrifterfordernisses wäre ein komplett papierloser Bauantrag möglich. Die anschließende Bearbeitung erfolgt bereits komplett digital in ProBauG.  Die Kommunikation mit externen Behörden könnte digital umgestellt werden, um Stellungnahmen und Genehmigungen effizienter durch das Bauamt in ProBauG übernehmen zu können und Bearbeitungszeiten zu reduzieren.  Zugriffsmöglichkeiten auf Registerauskünfte und gemeinsame Datenbanken würden die Bearbeitung des Antrags durch das Bauamt vereinfachen und könnten die Anzahl der am Verfahren beteiligten Behörden reduzieren.  Besonders bei einfachen Bauvorhaben könnten einige Prozessschritte des Baugenehmigungsverfahrens durch intelligente Softwarelösungen automatisiert werden. 2.2.2 Elterngeld Rahmenbedingungen des Verwaltungsverfahrens Regelungsebene: Bund (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG) Standardisierungsgrad: Es bestehen restriktive Vorgaben zur Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens durch die bundesgesetzliche Regelung. Aus diesem Grund erfolgt die Bearbeitung von Elterngeldanträgen im ganzen Bundesgebiet relativ einheitlich. Zentrale Digitalisierungsvorhaben: Die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen rund um die Geburt (Einfache Leistungen für Eltern - ELFE) ist Bestandteil des initialen Digitalisierungsprogramms der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Es ist in den nächsten Jahren mit großen Veränderungen durch den Bund im Verwaltungsverfahren durch Digitalisierung zu rechnen. 40 Aktueller Prozessablauf 1. Beratungsleistungen zur Art des Elterngeldbezugs 2. Ausfüllen des Elterngeld-Antrags auf Papier 3. Bereitstellen notwendiger Nachweise 4. Postalisches Versenden von Antrag und Nachweisen (eigenständig ODER über Bürgerservicebüros) 5. Überprüfen des Antrags auf Vollständigkeit 6. Ggf. Nachfordern von Angaben und Nachweisen 7. Überprüfen der Richtigkeit der Angaben anhand der Nachweise 8. Ggf. Rücksprache mit ausländischen Elterngeldstellen über weitere Bezüge 9. Händisches Übernehmen der Formularangaben 10. Berechnen des Elterngeldanspruch durch ElterngeldSoftware 11. Ausfertigen der Akte in Papierform 12. Überprüfen der fertigen Akte im VierAugen-Prinzip 14. Archivieren der Papierakte 15. Elektronische Mitteilung des Elterngeldbezug an Stat. Bundesamt, Bundeskasse Trier, Finanzamt 16. Ggf. nachträgliches Verändern von Angaben und Erstellen von Rückforderungen (Start bei Schritt 10) 13. Ausdrucken und Versenden des Bescheides per Post Abbildung 3: Aktueller Prozessablauf „Elterngeld" (eigene Darstellung) Ist-Stand Digitalisierungsgrad  Auf www.havelland.de erfolgt bereits eine zentrale Informationsbereitstellung zum Verwaltungsleistung und den erforderlichen Anträgen online. Auch das Antragsformular kann digital gedownloadet werden.  Die Antragsstellung erfolgt komplett analog auf einem Papierformular. Auch die Nachweise müssen analog und teilweise im Original (z.B. Geburtsurkunde) eingereicht werden. Bei Nachforderungen von Nachweisen wird zum Teil ein Versand per E-Mail ermöglicht.  Zur Bearbeitung des Elterngeldantrags wird eine Elterngeld-Software (elina, Firma: naviga GmbH) genutzt, welche die Höhe des Elterngeldes berechnet, Bescheide erstellt und Daten an die Bundeskasse Trier, das Statistische Bundesamt sowie das Finanzamt Havelland übermittelt.  Die Akte wird als Papierakte ausgestellt und archiviert. Identifizierte digitale Optimierungspotenziale  Die Antragsstellung durch ein Elternteil könnte komplett digital oder sogar automatisch erfolgen. Die Übernahme der analogen Daten aus dem Papierformular ist derzeit sehr zeitaufwendig und fehleranfällig. 41  Durch eine Verknüpfung digitaler Register könnten automatisch Auskünfte von anderen Verwaltungseinheiten eingeholt werden und damit einzureichende Nachweise (z.B. die Geburtsurkunde) entfallen.  Die Archivierung und Aktualisierung der Papierakten ist sehr aufwendig und könnte durch eine digitale Lösung vereinfacht werden. 2.2.3 Führerschein (Erstausstellung) Rahmenbedingungen des Verwaltungsverfahrens Regelungsebene: Bund (Straßenverkehrsgesetz, Fahrerlaubnis-Verordnung) Standardisierungsgrad: Das Verfahren zur Erstausstellung eines Führerscheins ist durch gesetzliche Vorgaben im Prozessablauf stark standardisiert. Im Land Brandenburg gibt es geringe Unterschiede in der Organisation des Verwaltungsverfahren, beispielsweise dass im Landkreis Havelland die Bürgerservicebüros als erste Anlaufstelle für die Beantragung des Führerscheins dienen. Zentrale Digitalisierungsvorhaben: Das Verfahren ist im OZG-Umsetzungskatalog priorisiert (Priorität 2). Daher ist mit einer digitalen Umsetzung des Verfahrens in den kommenden Jahren zu rechnen. Der aktuelle Umsetzungsstand des Vorhabens ist nicht bekannt. Aktueller Prozessablauf 1. Elektronisches Aufnehmen des Antrags und Entgegennehmen der Nachweise in den Bürgerservicebüros 2. Ausdrucken des Antrags und Unterschreiben durch Bürger*innen 3. Weiterleiten des Antrags in Papierform sowie elektronisch an Führerscheinstelle 4. Überprüfen des Antrags auf sachliche Richtigkeit 5. Elektronisches Überprüfen von Einträgen in den Registern von Bundeskraftfahramt und DEKRA 6. Scannen und Einpflegen der Originalnachweise und Passbild in die eAkte 7. Weiterleiten der eAkte an die DEKRA 8. Postalisches Versenden der Antragsbestätigung an Antragssteller 9. Archivieren der eAkte und Vernichten der Papierakte 10. Eintragen der Ergebnisse der Fahrprüfung nach Rückmeldung durch die DEKRA 11. Bei bestandener Prüfung: Elektronisches Beantragen des Drucks des Führerscheins bei der Bundesdruckerei 12. Zusenden des Führerscheins an Bürger oder Bereitstellen zur Abholung in den Bürgerservicebüros Abbildung 4: Aktueller Prozessablauf „Führerschein (Erstausstellung)" (eigene Darstellung) 42 Ist-Stand Digitalisierungsgrad  Der Antrag zur Erstausstellung eines Führerscheins wird elektronisch im Bürgerservicebüro aufgenommen und anschließend für eine Unterschrift des/der Antragsstellenden ausgedruckt.  Alle Originalnachweise (z.B. Sehtest, Erste-Hilfe-Kurs) sowie das Passbild müssen analog eingereicht werden.  Der Antrag wird sowohl in Papierform als auch elektronisch an die Führerscheinstelle weitergeleitet. Hier werden alle Nachweise eingescannt. Die anschließende Bearbeitung des Antrags erfolgt dann elektronisch mit einer Software.  Die Führerscheinstelle kann Registerauskünfte des Kraftfahrt-Bundesamts und der DEKRA elektronisch abrufen.  Der Antrag wird nach vollständiger Überprüfung elektronisch an die DEKRA weitergeleitet und als elektronische Akte archiviert. Die Papierakte wird nicht verwahrt. Identifizierte digitale Optimierungspotenziale  Die Antragstellung durch den Bürger/die Bürgerin könnte komplett digital über ein Onlineformular erfolgen. Dafür müsste es für die erforderlichen Nachweise eine digitale Echtheitsprüfung geben und das Schriftformerfordernis entfallen.  Die Bearbeitung des Antrags könnte komplett digital abgewickelt werden oder sogar vollständig automatisiert werden.  Die Weiterverarbeitung von Daten – besonders an der Schnittstelle zwischen Bürgerservicebüro und Führerscheinstelle – könnte durch eine elektronischen Datenübermittlung erleichtert werden. 2.2.4 Beschaffung Rahmenbedingungen des Verwaltungsverfahrens Regelungsebenen: EU, Bund, Land (EU-Richtlinien, umgesetzt in nationalem Vergaberecht) Standardisierungsgrad: Es existieren vielfältige verbindliche Standards zur Ausgestaltung und Veröffentlichung von Ausschreibungen, dem Erhalt von Angeboten und der Erteilung von Zuschlägen. Die Bedarfserhebung, der Erstellungsprozess der Ausschreibung und die Rechnungslegung sind nicht einheitlich geregelt. Zentrale Digitalisierungsvorhaben: Seit dem 01.05.2018 ist der Landkreis Havelland zur ordentlichen e-Vergabe über das Portal vergabemarktplatz.brandenburg.de verpflichtet. 43 Aktueller Prozessablauf 1. Bedarfsmitteilung ODER Bedarfsabfrage bei großen Beschaffungen per EMail 2. Erstellen der Ausschreibung mit Hilfe einer Vergabemanagementsoftware 3. Veröffentlichen der Ausschreibung auf vergabemarktplatz. brandenburg.de 4. Erhalten der Angebote auf Vergabemarktplatz ODER per Post 5. Prüfen der Eignung der Anbieter und Bewerten der Angebote 6. Ausstellen eines Vergabevorschlags 7. Versenden des Vergabevorschlags an Rechnungsprüfungsamt in der Software 8. Prüfen und Bestätigen des Vergabevorschlags durch Rechnungsprüfungsamt in der Software 9. Erteilen des Auftrags über Vergabemarktplatz ODER per Post 10. Eingang der Rechnung per E-Mail ODER per Post 11. Prüfen der Rechnung auf Richtigkeit und Vermerk auf Papier 12. Weitergeben der Rechnung an Kämmerei per Hauspost Abbildung 5: Aktueller Prozessablauf „Beschaffung" (eigene Darstellung) Ist-Stand Digitalisierungsgrad  Die Mitteilung von Beschaffungsbedarfen erfolgt elektronisch per E-Mail an die zentrale Beschaffungsstelle des Landkreises Havelland.  Zur Erstellung vergaberechtskonformer Ausschreibungen wird eine Vergabemanagementsoftware genutzt (Firma: cosinex GmbH).  Die Aktenführung erfolgt komplett elektronisch, die Papierakte wurde abgeschafft.  Die Veröffentlichung von Ausschreibungen, der Erhalt von Angeboten und die Erteilung von Zuschlägen werden digital über das Portal vergabemarktplatz.brandenburg.de abgewickelt.  Der Posteingang sowie die Bearbeitung von Rechnungen erfolgen zu großen Teilen analog.  Derzeit wird die Beschaffung teilweise noch dezentral in den Fachbereichen (z.B. Schulamt) und nicht in der zentralen Beschaffungsstelle des Landkreises durchgeführt, sodass es zu Abweichungen im Digitalisierungsgrad der einzelnen Beschaffungsprozesse kommen kann. Identifizierte digitale Optimierungspotenziale  Die Bedarfserhebung könnte direkt in der Vergabemanagementsoftware vorgenommen werden, um eine bessere Bedarfsbündelung zu erreichen und die Weiterverarbeitung von Bedarfsmitteilungen zu Ausschreibungen in der Software zu erleichtern.  Durch die Digitalisierung des Posteingangs könnten die Medienbrüche bei Angebots- und Rechnungserhalt abgeschafft werden. 44  Mit der Einführung eines E-Rechnungs-Systems könnte die Prüfung und Bearbeitung von Rechnungen optimiert werden. 2.2.5 Prozessübergreifende Erkenntnisse Die betrachteten Verwaltungsverfahren weisen unterschiedliche Digitalisierungsgrade auf. Während beispielsweise die Beschaffungsprozesse bis auf wenige Medienbrüche komplett digital abgewickelt werden, erfolgt die Beantragung des Elterngelds weiterhin ausschließlich per Papierformular, sodass Angaben zunächst händisch in die Software zur Berechnung der Elterngeldhöhe übernommen werden müssen. Der Automatisierungsgrad ist in allen Verwaltungsverfahren bislang sehr gering. Digitale Optimierungspotenziale lassen sich unter anderem im Bereich des Posteingangs, der Bezahlung und der Aktenführung identifizieren. Bürger*innen müssen zudem bei der Beantragung von Verwaltungsleistungen häufig benötigte Nachweise in analoger Form bereitstellen. Auch existiert derzeit kein zentrales Online-Verwaltungsportal des Landkreises mit einem zugehörigen Bürgerkonto, in welchem der Bürger bzw. die Bürgerin alle Verwaltungsleistungen auch online beantragen kann. Allgemein festzustellen ist, dass bei Verwaltungsverfahren, deren Ausgestaltung komplett in der Hand des Landkreises liegt, bereits einige Bemühungen zur Digitalisierung von Prozessen unternommen wurden und dadurch der Digitalisierungsgrad hier besonders hoch ist (z.B. Beschaffungsprozesse). Zudem nimmt der Landkreis an Modellprojekten zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren auf Landesebene teil (z.B. Baugenehmigungsverfahren). 2.3 Szenariobildung Auf Basis der Erkenntnisse und Inspirationen aus der Best-Practice- und Prozessanalyse wurden in mehreren Kreativworkshops Szenarien entwickelt. Um dabei möglichst verschiedenartige Szenarien zu erzeugen, wurde zunächst eine Vier-Felder-Szenariomatrix entworfen. Die aufgestellte Szenariomatrix besteht aus zwei Achsen mit jeweils zwei gegenüberstehen Extrempolen der Schlüsselvariablen, sodass sich in ihrer Kombination vier Szenariofelder ergeben. Da der Projektauftrag sowohl die Betrachtung der Aufbau- als auch Ablauforganisation vorsieht, bildet jede Achse eine der beiden Organisationsdimensionen als Schlüsselvariable ab. Die Achse der ablauforganisatorischen Ausprägung reicht von den Extrempolen einer „1:1 Digitalisierung“ bis hin zu einer „fundamentalen, digitalen Prozessneugestaltung“ der Abläufe in der Landkreisverwaltung. Der Achse liegt die Annahme zu Grunde, dass 2030 alle Prozesse in der Landkreisverwaltung Havelland auf digitale Optimierungspotenziale hin analysiert worden und diese umfassend digital umgesetzt sind. Die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen kann jedoch von zwei verschiedenen Zielstellungen geleitet sein. Während bei der „1:1 Digitalisierung“ auf bestehenden Prozessen aufgebaut wird und diese lediglich in bewährter Form digital abgebildet werden, wird bei 45 der „fundamentalen, digitalen Prozessneugestaltung“ davon ausgegangen, dass die Prozesse auf der „grünen Wiese“ grundlegend neu entwickelt werden müssen und es darüber hinaus auch ihrer kontinuierlichen Weiterentwicklung bedarf. In der Literatur wird die Vorgehensweise in der Regel als Business Process Reengineering bezeichnet. Die Extrempole der aufbauorganisatorischen Entwicklungen prägen sich als „Linienorganisation“ auf der einen und „agile Netzwerkorganisation“ auf der anderen Seite aus. Die Linienorganisation ist durch eine fachliche Segmentierung der Verwaltung, hierarchische Strukturen und klare, einheitliche Weisungsbefugnisse gekennzeichnet. Dem gegenüber beschreibt der Extrempol der „agilen Netzwerkorganisation“ einen gegensätzlichen Ansatz der Organisationstheorie. So werden Verwaltungsangelegenheiten nicht mehr in fachlich abgegrenzten Ämtern und Sachgebieten statisch und pauschal nach Verantwortungsbereichen bearbeitet, sondern dynamisch und fallbezogen in agilen, interdisziplinären Teams. Ausgangsbasis für die Teams sind die Angestellten der Landkreisverwaltung mit ihren individuellen Fähigkeiten, die den Ressourcenpool für das agile Netzwerk bilden. Sie arbeiten – je nach Bedarf – in Abhängigkeit von ihrer Expertise in einem Team an einem konkreten Projekt innerhalb eines bestimmten Aufgabenbestandes. Aus der sich aus den zwei Achsen ergebenden Szenariomatrix lassen sich vier mögliche Szenarien konstruieren, die in Abbildung 6 dargestellt sind und im Folgenden grob skizziert werden. 46 Abbildung 6: Aufgestellte Szenariomatrix (eigene Darstellung) Das Szenario im ersten Quadranten, das unter Berücksichtigung der Extrempole „Agile Netzwerkorganisation“ und „Fundamentale, digitale Prozessneugestaltung“ entsteht, ist die sogenannte Bewegliche Projektverwaltung. Die Landkreisverwaltung ist in diesem Szenario durch agil arbeitende Einheiten charakterisiert, die in interdisziplinärer Zusammensetzung Verwaltungsleistungen in nach Lebenslagen geordneten Teams erbringen oder zu Querschnittsthemen der Verwaltung zusammenarbeiten. Jeder Verwaltungsvorgang wird als eigenes Projekt betrachtet, welches von einem Team von Anfang bis Ende verantwortet wird. In diesem Szenario wurden die Prozessabläufe der Verwaltungsverfahren komplett digital neugestaltet. Es werden zudem Agilitätsund Digitalisierungslotsen in die Teams integriert, welche die Potenziale der Digitalisierung kontinuierlich mitdenken und Veränderungen in der Ablauforganisation vorschlagen. Durch die neuartigen Strukturen kann es in diesem Szenario – vor allem in den Anfangsphase – zu Reibungsverlusten kommen. Die fundamentale digitale Prozessneugestaltung kann ebenfalls dafür sorgen, dass unerprobte Prozesse anfangs nicht zufriedenstellend funktionieren und einiger Iterationen bedürfen bis sie dann das volle Potenzial der Digitalisierung ausschöpfen und den Erwartungen entsprechen. 47 Im zweiten Quadranten der Matrix liegt das Szenario der Routinierten Kompetenzverwaltung. In diesem Szenario ist die Landkreisverwaltung nicht mehr in Fachbereichen organisiert, sondern Verwaltungseinheiten bilden sich nach der Art der verrichteten Arbeit aus (Kompetenzteams). Die Verwaltungsverfahren werden in bewährten, aber nun digital unterstützten Prozessen ausgeführt. Durch die veränderte Organisationsform ergeben sich jedoch andere Durchführungsverantwortlichkeiten für die einzelnen Prozessschritte. Außerdem kommt es zu Veränderungen in den Hierarchien und aufgrund der veränderte Aufgabenverortung ebenfalls zu Veränderungen hinsichtlich der Entscheidungskompetenzen. Hierbei ist vor allem entscheidend, wie die bestehenden Prozesse dahingehend angepasst werden können, dass Entscheidungen nicht mehr „Top-Down“, sondern in den Kompetenzteams getroffen und verantwortet werden. Fachkräfte für Digitalisierung sind direkt in den jeweiligen Kompetenzteams unterstützend tätig. Aus den Extrempolen „1:1 Digitalisierung“ und „Linienorganisation“ ergibt sich das Szenario der Weberschen Digitalverwaltung. Dieses Szenario baut auf einer vielfach bewährten Organisationsform auf, die auf geordneten Strukturen, hierarchisch geprägten Verantwortlichkeiten und klaren Entscheidungskompetenzen beruht. Bewährte Prozesse werden durch digitale Techniken lediglich unterstützt und nicht neuorganisiert, sodass sich in der Arbeitsorganisation, in der Arbeitsaufteilung und bei den Schnittstellen zwischen den einzelnen Verwaltungseinheiten nur wenige Veränderungen ergeben. Die jeweilige Verwaltungseinheit wählt mit ihrem Fachwissen die für sich optimal geeignete Lösung und setzt diese um. Das vierte Szenario wird als Effiziente Fachverwaltung bezeichnet. Die effiziente Fachverwaltung ist durch die Fachspezifität der Verwaltungseinheiten und eine stark segmentierte und hierarchisierte Verwaltungsstruktur geprägt. Die Potenziale der Digitalisierung können nach einigen Iterationen der neuen Prozesse gut ausgeschöpft werden, da Prozesse auf Basis der digitalen Möglichkeiten fundamental neu gedacht wurden. Lähmend wirken allerdings die notwendigen Verwaltungseinheiten übergreifenden Abstimmungsbedarfe, da Entscheidungswege in der Linienorganisation komplex sind. Für vergleichbare Standards und Grundlagen sorgt eine in zentrale Stelle für Digitalisierung, die neu in der Verwaltungsorganisation Berücksichtigung findet. 3. Szenarien Im Folgenden werden zwei der in Kapitel 2 eingeführten Szenarien im Detail und auf die Landkreisverwaltung Havelland projiziert vorgestellt. Es wurden dabei die beiden Szenarien mit der Ausprägung „fundamentalen, digitalen Prozessneugestaltung“ fokussiert (vgl. Abbildung 7). Dies liegt darin begründet, dass im wissenschaftlichen Diskurs weitestgehend Einigkeit darüber besteht, dass Verwaltungsprozesse nicht einfach digital überführt werden sollten, sondern es einer umfassenden Prozessneugestaltung bedarf, um die Potenziale der Digitalisierung bestmöglich ausnutzen zu können. 48 Dies stellt die Verwaltungen jedoch auch gleichzeitig vor große Herausforderungen hinsichtlich der Umsetzung von Prozessrestrukturierungen (Weerakkody et al., 2011, S. 320). Abbildung 7: Aufgestellte Szenariomatrix mit Fokus (eigene Darstellung) Nach unserer Auffassung könnten die Potenziale der Digitalisierung im Szenario der beweglichen Projektverwaltung, welches sich zusätzlich durch eine agile Netzwerkorganisation auszeichnet, am besten ausgeschöpft werden. Die Umsetzung dieses Szenarios wird jedoch im Hinblick auf den Zielzeitraum bis zum Jahr 2030 als unrealistisch eingeschätzt. Im Landkreis Havelland ist heute eine Form der Linienorganisation implementiert. Unter Leitung des Landrates besteht die Landkreisverwaltung aus fünf Dezernaten und den jeweils dazugehörigen Ämtern und Sachgebieten. Zusätzlich unterstützen mehrere Stabstellen den Landrat, sodass die Organisationsform als Stablinienorganisation charakterisiert werden kann. Da die Landkreisverwaltung mit der digitalen Neugestaltung von Verwaltungsprozessen bereits große Vorhaben zu stemmen haben wird, würde eine gleichzeitige grundlegende Veränderung der Aufbauorganisation die Verwaltung überlasten und zu enormen Risiken für die ordnungsgemäße Aufgabenerbringung führen. Die Umsetzung des Szenarios der effizienten Fachverwaltung, bei welchem die bewährte Linienorganisation beibehalten wird, ist daher hinsichtlich der betrachteten Zeitachse realistischer, da 49 hier der Fokus lediglich auf der umfassenden Veränderung der Ablauforganisation mit Hilfe digitaler Mittel gelegt wird. Die notwendigen Anpassungen der Aufbauorganisation sind im Szenario der effizienten Fachverwaltung weniger umfassend und wirken dennoch unterstützend bei der effektiven Nutzung von Digitalisierungspotenzialen. Dementsprechend wird in diesem Kapitel zunächst das Szenario des Landkreises Havelland als effiziente Fachverwaltung vorgestellt und anschließend das fernerliegende Szenario der beweglichen Projektverwaltung sowie dessen Implikationen thematisiert. Eine zukünftige Entwicklung von einer effizienten Fachverwaltung hin zu einer beweglichen Projektverwaltung ist nach unserer Einschätzung allerdings gut möglich. Haben sich die neu gestalteten Verwaltungsabläufe erst bewährt, können agile Verwaltungsstrukturen einfacher und mit weniger Risiko implementiert werden. 3.1 Szenario: Der Landkreis Havelland als effiziente Fachverwaltung Im Szenario des Landkreises Havelland als effiziente Fachverwaltung kommt es nur zu geringen Veränderungen in der Aufbauorganisation, dafür sind großen Restrukturierungen in der Ablauforganisation auszumachen. Da die Landkreisverwaltung bereits heute als Linienorganisation strukturiert ist, baut das Szenario auf den bewährten Organisationsstrukturen, Hierarchien und Entscheidungskompetenzen auf. Das organisationale Arbeitsumfeld bleibt damit für die Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter des Landkreises gleich. Aufgrund der zweiten dem Szenario zugrunde liegenden Annahme, nämlich dass die Verwaltungsprozesse fundamental digital neugestaltet werden, ändern sich jedoch die Abläufe von Verwaltungsverfahren deutlich. Es wird im Szenario davon ausgegangen, dass die digitalen Optimierungspotenziale in den betrachteten Verwaltungsverfahren umfassend ausgenutzt und zum Teil Prozesse auf der „grünen Wiese“ neu aufgesetzt worden. Für dieses Szenario liegen bereits heute viele Best-Practices in Deutschland und international vor, welche gut auf den Landkreis Havelland übertragbar sind. Die Risiken der Umsetzung dieser BestPractices sind aufgrund ihrer Erprobung in anderen öffentlichen Verwaltungen gut einschätzbar. Passende Best-Practice-Beispiele werden direkt im Szenario vorgestellt und kurz erläutert. Im Folgenden werden nun die konkreten Veränderungen der Aufbau- und Ablauforganisation im Szenario „Der Landkreis Havelland als effiziente Fachverwaltung“ vorgestellt. 3.1.1 Veränderungen in der Aufbauorganisation Da die Landkreisverwaltung des Havellands bereits heute eine Linienorganisation besitzt, ändert sich die Aufbauorganisation der Landkreisverwaltung im Szenario der effizienten Fachverwaltung nur geringfügig. In der Betrachtung wurde das Jobcenter (Dezernat 5) nicht berücksichtigt, da es weitestgehend unabhängig von den anderen Verwaltungseinheiten des Landkreises agiert und 50 aufgrund der komplexen bundesgesetzlichen Vorgaben der Sozialgesetzbücher eine besondere Verwaltungsstruktur aufweist. Themen der Digitalisierung spiegeln sich bislang jedoch nicht explizit in der Aufbauorganisation wieder. Um den Herausforderungen, welche die Digitalisierung für die Landkreisverwaltung mit sich bringt, gewachsen zu sein, wird in der effizienten Fachverwaltung eine zusätzliche Verwaltungseinheit mit mehreren Personalstellen für die Lenkung und strategische Ausrichtung der Verwaltungsdigitalisierung geschaffen. Zum aktuellen Zeitpunkt wird die Digitalisierung der Landkreisverwaltung lediglich von einem Mitarbeiter zentral betreut, welcher direkt dem Landrat unterstellt ist. Für die Ansiedlung der neuen Verwaltungseinheit zur Steuerung der Digitalisierung im Organigramm ergeben sich vor allem zwei Optionen. Es könnte zum einen eine Stabsstelle für Digitalisierung errichtet werden, welche direkt dem Landrat unterstellt ist. Die Stabstelle für Digitalisierung erhält direkt Aufträge vom Landrat und berichtet an diesen. Dies hätte den Vorteil, dass das Thema auf der Leitungsebene präsent ist. Die Einrichtung einer Stabsstelle hätte zudem eine wichtige Signalwirkung: Digitalisierung würde als zentrale Führungsaufgabe und damit als Priorität in der gesamten Landkreisverwaltung wahrgenommen werden. Auch der Implementierungsaufwand einer Stabsstelle ist überschaubar. Allerdings ist es für Stabsstellen schwieriger, in die Fachämter und Sachgebiete Best-Practice: Landkreis Leer mehr direkt beim Landrat angesiedelt. Dies könnte zur Der Landkreis Leer führte 2018 ein Amt für Digitalisierung (und Wirtschaft) ein. Der Landrat sieht insbesondere für den ländlichen Raum enorme Chancen im digitalen Zeitalter. Er geht davon aus, dass in wenigen Jahren alle Dienstleistungen auch digital angeboten werden müssen. Die „Initiative Digital“ beinhaltet u.a. die Realisierung einer elektronischen Aktenführung. Das Amt ist im Organigramm des Landkreises im Dezernat 1 aufgehängt. Folge haben, dass das Thema Digitalisierung als Anhang 4.1: Nummer 41 hineinzuwirken, da sie eine relativ isolierte Position in der Verwaltungsorganisation innehaben. Zum anderen könnte ein eigenes Amt für Digitalisierung geschaffen werden, welches im Zentraldezernat (Dezernat I) angesiedelt ist. Das neue Amt könnte ähnlich wie das Haupt- und Personalamt besser in alle Bereiche der Landkreisverwaltung hineinsteuern, wäre aber nicht weniger prioritär wahrgenommen wird. Wir empfehlen zunächst die Etablierung einer Stabstelle mit mehreren Fachkräften (ca. vier bis fünf Personalstellen) und ähnlichen Aufgabenbereichen wie denen des Amtes für Digitalisierung in der Stadt Sindelfingen. Zwar hat sich die Stadt Sindelfingen für die Einrichtung eines Amts für Digitalisierung entschlossen, allerdings kann das Aufgabenprofil, das in einem Experteninterview erhoben wurde, auch auf eine Stabstelle übertragen werden. Es ist vor allem am Anfang wichtig, dass 51 Best-Practice: Stadt Sindelfingen Die Stadt hat ein eigenes Amt für Digitalisierung eingerichtet. Das Amt soll eine digitale Agenda für die Stadt Sindelfingen erarbeiten und Projekte im Bereich Digitalisierung gemeinsam mit Partnern umsetzen. Die Beschreibung der Stabstelle für Digitalisierung in diesem Abschnitt basiert auf dem Experteninterview mit der Stadt Sindelfingen. Anhang 4.1: Nummer 15 das Thema Digitalisierung auf der Leitungsebene präsent ist und die angemessene Aufmerksamkeit erfährt. Hat sich die Verwaltungseinheit erstmal etabliert und entsprechende Akzeptanz und Aufmerksamkeit in allen Teilen der Landkreisverwaltung bekommen, kann sie zu einem späteren Zeitpunkt auch als Amt in die Linienorganisation überführt werden. Die Stabstelle nimmt dabei ausschließlich eine strategische Rolle ein. Die Umsetzungsverantwortung für die operativen Maßnahmen liegt in den Fach- und Sachgebieten der Dezernate. Die Aufgaben der Stabstelle sind die Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie (digitale Agenda), die federführende Betreuung und Bearbeitung aller Themen der Digitalisierung, Innovationsförderung und die Erhöhung der Bürgerbeteiligung mithilfe der Digitalisierung. Die Handlungsfelder könnten dabei verwaltungsinterne Prozesse, Kontakte nach außen (Bürgerkontakt / Öffentlichkeitsarbeit), städtisches Leben (Kitas, Schulen, Wohnen, Kultur, Sport, Tourismus), digitale Infrastruktur (Glasfaserausbau, Verkehr) und Vernetzung sein. Die Vernetzung sollte Nachbarkommunen, Unternehmen, Hochschulen und Verbände umfassen. Die Stabstelle für Digitalisierung sollte bei allen Projekten/Aufgaben der einzelnen Fach- und Sachgebiete, die mit der Digitalisierung zusammenhängen, einbezogen werden, damit sie effektiv arbeiten kann. Durch die Stabstelle könnten Leuchtturmprojekte angestoßen werden, die den Landkreis attraktiver machen und für Popularität sorgen. Dies können beispielsweise die Initiierung und Teilhabe an Technologie-Hubs sein. Die Stabstelle sollte aus einem interdisziplinären Team bestehen. Dabei sollte aber das technische Know-how neben dem organisatorischen Verständnis keinesfalls fehlen. Auch andere Best-Practices aus unterschiedlichen Ländern, die verschiedene föderale Ebenen betreffen wie die Stadt Amsterdam (Anhang 4.1: Nummer 7) oder der Staat Schweiz (Anhang 4.1: Nummer 14), zeigen, dass die Einführung von zentralen strategischen Einheiten, die sich mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen zunehmend an Attraktivität gewinnt. Die genannten aufbauorganisatorischen Änderungen sind in Abbildung 8 in Form eines Organigramms dargestellt. Dezernate, die ohne Ämter und Sachgebiete dargestellt werden, erfahren in ihrer internen Organisation keine Veränderung. Veränderte Organisationseinheiten sind gelb hinterlegt. 52 Abbildung 8: Organigramm Landkreis Havelland als effiziente Fachverwaltung (eigene Darstellung) 3.1.2 Veränderungen in der Ablauforganisation Anhand der exemplarisch ausgewählten vier Verwaltungsverfahren „Baugenehmigung“, „Elterngeld“, „Führerschein (Erstausstellung)“ sowie „Beschaffung“ sollen Veränderungen in der Ablauforganisation in diesem Szenario vorgestellt werden. 1. Baugenehmigung Der Bauantrag wird im Jahre 2030 komplett digital gestellt, denn die heute noch bestehende Unterschrifterfordernis wurde bis dahin abgeschafft. Bei der Bearbeitung wird das Bauordnungsamt durch eine Softwarelösung unterstützt, welche bisherige Prozessschritte automatisiert. Zentrale Datenbanken und Register verringern die Anzahl der einzubeziehenden externen Stellen. Da es sich um ein komplexes Verfahren handelt, sind die Mitarbeiter*innen des Bauordnungsamtes nach wie vor maßgeblich an der Bearbeitung von Bauanträgen beteiligt, jedoch wird der Arbeitsaufwand durch digitale Lösungen erheblich reduziert. In Abbildung 9 ist der restrukturierte Prozessablauf grafisch dargestellt. 53 Stellen des Bauantrags online im Bürger- bzw. Unternehmenskonto Automatische Bearbeitung des Bauantrags durch Software Bei einfachem Bauvorhaben und eindeutiger Datengrundlage Ggf. Nachforderungen an Antragsstellenden Automatisierte Überprüfung auf Vollständigkeit Automatisiertes Ermitteln und Kontaktieren von zu beteiligten Fachämtern und externen Behörden Ggf. Digitaler Kontakt zu Außenstellen wie Baustelle Bearbeiten des Antrags durch das Bauordnungsamt Bereitstellen der Stellungnahmen und Genehmigungen durch Fachämter und externe Behörden Selbständiges Zugreifen auf zentrale Datenbanken und Register Erteilen der Baugenehmigung online (auf Wunsch postalisch) Abbildung 9: Digitaler Prozess „Baugenehmigung" (eigene Darstellung) Um eine Baugenehmigung zu beantragen, loggen sich Bürger*innen online in das Bürger- Serviceportal des Landkreises Havelland (für Unternehmen existiert das Unternehmens- Serviceportal) ein und werden über die Kategorie „Bauen & Wohnen“ zum virtuellen Bauamt weitergeleitet. Hier besteht die Möglichkeit, ein neues Verfahren zu starten oder ein bereits beantragtes einzusehen. Im virtuellen Bauamt befinden sich zudem eine informative Handreichung zur Antragsstellung sowie eine 54 Best-Practice: Stadt Straubing Das Bürgerservice-Portal der Stadt Straubing bietet online diverse Verwaltungs-dienstleistungen an, die über eine Terminvereinbarung in den örtlichen Behörden hinausgehen. In manchen Fällen ist ein persönliches Erscheinen des Antragsstellers weiterhin notwendig, in anderen Fällen wird die Bearbeitung des Antrags sofort online angestoßen. Anhang 4.1: Nummer 8 Übersicht über die erforderlichen Dokumente. Im Vergleich zu früher entfällt die Unterschrifterfordernis und der Antrag wird rein digital gestellt. Im ersten Schritt der Antragsstellung identifiziert sich der/die Antragstellende über das Bürger- bzw. Unternehmenskonto. Alle Formulare können direkt im virtuellen Bauamt online ausgefüllt und erforderlichen Dokumente, wie Baupläne online hochgeladen werden. Da der Zugang zum Antrag mit verschiedenen Personen innerhalb des Unternehmens geteilt werden kann, ist eine parallele Antragsbearbeitung möglich, die zu einer Zeitersparnis führt. Mit Hilfe der Software prüft das Portal den Antrag automatisch auf Vollständigkeit und gibt Hinweise auf noch einzureichende Dokumente, noch bevor der Antrag an das Bauordnungsamt weitergeleitet wird. Sollten im weiteren Verfahren doch noch weitere Dokumente benötigt werden, können diese ganz einfach über das Portal nachgereicht werden. Alle weiteren Genehmigungen und Stellungnahmen für das Bauvorhaben werden durch das Bauordnungsamt eingeholt, sodass die Antragstellenden nach Antragsabgabe nur noch den Status der Bearbeitung online verfolgen und den Bescheid abwarten müssen. Best-Practice: Österreich Automatische Registerauskünfte ermöglichen Verwaltungseinheiten das selbständig Einholen bestimmter Auskünfte. Durch den automatischen Datenaustausch werden Verfahren deutlich effizienter, bei denen normalerweise Wartezeiten durch langwierige Anfragen entstehen. In Österreich werden solche digitalen Registerauskünfte zum Beispiel im Verfahren der Familienbeihilfe erfolgreich angewendet. Anhang 4.1: Nummer 10b Nach der automatischen Prüfung des Antrags auf Vollständigkeit wird Bauordnungsamt er elektronisch weitergeleitet an und das die Antragsbearbeitung kann beginnen. Zunächst werden alle Daten automatisch in die Bearbeitungssoftware aufgenommen. Je nach Komplexität des Bauvorhabens kann es bei der Antragsaufnahme zu ersten automatischen Bearbeitungsschritten durch die Software kommen. Moderne digitale Registerauskünfte ermöglichen das automatische Abrufen bestimmter Informationen in Bezug auf das Bauvorhaben. Bei eindeutiger Datengrundlage kann somit die Baugenehmigungssoftware Antrag in gewissen Teilen schon vorweg auf Zulässigkeit prüfen. Da es sich bei der Baugenehmigung jedoch um ein komplexes Verfahren handelt, werden alle anderen Fälle nach wie vor durch einen Mitarbeitenden des Bauordnungsamtes überprüft und bearbeitet. In vielen Bearbeitungsschritten werden die Mitarbeitenden durch die Baugenehmigungssoftware unterstützt und die Bearbeitung vereinfacht. Nach Antragsaufnahme ermittelt die Software automatisch alle zu beteiligenden Fachämter und externen Behörden und kontaktiert diese elektronisch, um Stellungnahmen bzw. Genehmigungen anzufordern. Durch gemeinsamen Onlinezugriff auf die Bearbeitungssoftware können alle beteiligten Stellen ihre Stellungnahmen direkt 55 in das Programm einpflegen und müssen im Anschluss nur noch einmal von Mitarbeitenden des Bauordnungsamtes überprüft werden. Der langwierige Briefverkehr in Papierform entfällt. Grundsätzlich können so verschiedene Stellen parallel an einem Antrag arbeiten und die Bearbeitungszeit verkürzt werden. Die Schnittstellen zwischen dem Bauordnungsamt und den anderen beteiligten Akteuren waren in der Vergangenheit fehleranfällig und führten zu Verzögerungen in der Bearbeitung. Um die Anzahl der beteiligten Stellen zu reduzieren, wurden dem Bauordnungsamt erweiterte Zugriffsrecht auf Register und Datenbanken gewährt. Hierdurch können gewisse Auskünfte durch das Bauordnungsamt selbst eingeholt werden, zum Beispiel in Bezug auf denkmal- oder umweltgeschützte Gebiete. Der Zugriff auf zentrale Datenbanken erweitert die Kompetenz des Bauordnungsamtes in der Bearbeitung des Antrags und ermöglicht zunehmend eine eigenständige Bearbeitung ohne die Beteiligung einer Mehrzahl verschiedener Stellen. Die Bearbeitung durch das Bauordnungsamt wird Best-Practice: Stadt Rietberg zudem durch mobile digitale Arbeitsweisen Die Stadt Rietberg hat das Baugenehmigungsverfahren restrukturiert und digitalisiert hin zu einem komplett papierlosen Antrag ohne Unterschrifterfordernis. Darüber hinaus führt das Bauordnungsamt digitale mobile Arbeitsweisen ein. Zum Beispiel könnten Daten, die bei Baustellenbesuchen entspringen, direkt über mobile Endgeräte in die Antragsbearbeitungssoftware eingepflegt werden. vereinfacht. Ein Best-Practice-Beispiel der Stadt Rietberg zeigt wie mobile Endgeräte eingesetzt werden, um Auskünfte von externen Orten direkt in die Bearbeitungssoftware aufnehmen zu können. Die Mitarbeitenden werden auch hier durch Software unterstützt und der Arbeitsaufwand vermindert, in dem Angaben nicht erst händisch aufgeschrieben und dann Anhang 4.1: Nummer 9 digital erfasst werden müssen. Nach vollständiger Prüfung durch das Bauordnungsamt wird der Antrag bewilligt bzw. abgelehnt. Der entsprechende Bescheid wird sowohl im Bürger- bzw. Unternehmenskonto sichtbar und dauerhaft hinterlegt, als auch auf Wunsch per Mail oder Post versandt. Zum Abschluss des Baugenehmigungsverfahren wird die elektronische Bauakte automatisch archiviert und Anteile daraus können bei Bedarf für weitere Baugenehmigungen wiederverwertet werden. 2. Elterngeld Während das Elterngeld früher analog auf einem Papierformular beantragt werden musste und die Sachbearbeiter*innen der Elterngeldstelle umfassend mit der Prüfung von Nachweisen wie den Lohnund Gehaltsabrechnungen beschäftigt waren, fallen im Jahr 2030 durch Automatisierung großer Teile 56 des Verwaltungsverfahrens kaum noch Aufgaben für beantragende Eltern und Verwaltungsmitarbeiter*innen an. Der digitale Prozess ist in Abbildung 10 grafisch dargestellt. Geburt des Kindes Direkte Mitteilung an Staat durch Krankenhaus oder Hebamme Automatisierte Berechnung des Elterngeldanspruchs Beratungsleistungen zur Art des Elterngeldbezugs durch Chatbot ODER persönliche Beratung Vermerken der gewünschten Art des Elterngeldbezugs im Bürgerkonto Nein Ausländischer Antragssteller? Ja Automatisiertes Erstellen des Elterngeldbescheids für E-Akte Automatisierte Registerauskünfte Automatisiert durch Softwarelösung Automatisiertes Bereitstellen des Bescheids im Bürgerkonto und Benachrichtigung Einspruch gegen den Bescheid im Bürgerkonto? Automatisierte Mitteilung des Elterngeldbezug an Bundeskasse Trier, Finanzamt, Stat. Bundesamt Ggf. automatisiertes Einpflegen von nachträglichen Änderungen in E-Akte, Erstellen von Rückforderungen Ja Nein Einspruch gegen Nachforderungen im Bürgerkonto? Abbildung 10: Digitaler Prozess „Elterngeld" (eigene Darstellung) 57 Ja Analoge Sachbearbeitung die Steht die Geburt eines Kindes ins Haus, so müssen sich Best-Practice: Stadt Wien die Eltern auch weiterhin vorab darüber informieren, Die Stadt Wien entwickelt derzeit an einem Chatbot, der zukünftig über den Facebook-Messenger für jegliche Bürgeranfragen zur Verfügung stehen und die Informationssuche zu allen Themen, welche die Stadt betreffen, erleichtern soll. Der Fokus liegt auf Informationen, die sich bereits auf der Homepage der Stadt verbergen, die aber einfacher zugänglich gemacht werden sollen. vielen Bürger*innen dennoch der persönliche Kontakt Anhang 4.1: Nummer 19 zur Verwaltung wichtig ist (vgl. Kapitel 3 und Kapitel 5) welche Art des Elterngeldbezugs (z.B. Basiselterngeld, ElterngeldPlus, Partnerschaftsbonus) sie erhalten möchten. Beratungsleistungen hierzu können in der digitalen Landkreisverwaltung nun jedoch auch über einen Chatbot bezogen werden, welcher über die Webseite des Landkreises aber auch über SocialMedia-Kanäle wie etwa Facebook erreichbar ist. Da und es auch kompliziertere Nachfragen gibt, welche der Chatbot nicht beantworten kann, ist es wichtig, dass auch weiterhin eine persönliche Beratung durch das zuständige Sachgebiet oder aber auch in den Bürgerservicebüros ermöglicht wird. Erblickt das Kind schließlich das Licht der Welt, müssen sich die frisch gebackenen Eltern nicht mehr um das Best-Practice: Österreich müssen sie nun lediglich vermerken, ob sie Elterngeld Die Familienbeihilfe in Österreich ist eine Familienleistung vergleichbar mit dem Kindergeld in Deutschland und wird antraglos gewährt. Nach einer Identifizierung der Eltern mit dem Ausweis wird die Geburt durch das Krankenhaus an die Personenstandsbehörde (Standesamt) gemeldet, die das Kind in das Zentrale Personenstandsregister (ZPR) einträgt. Die Daten werden automatisch an die zuständige Finanzverwaltung weitergeleitet, welche die Familienleistung auszahlt (One-Stop-Shop Geburt). beziehen wollen und wenn ja, welche Art des Anhang 4.1: Nummer 10a Ausfüllen von Formularen sorgen. Das Krankenhaus oder die Hebamme teilt die Geburt des Kindes immer dem Staat mit und es wird unter anderem automatisiert das Verwaltungsverfahren zum Bezug von Elterngeld eröffnet (One-Stop-Shop-Geburt). Die vom Krankenhaus als Bürger*innen erhalten Eltern gemeldeten daraufhin eine Benachrichtigung in ihrem Bürgerkonto auf dem Bürger-Serviceportal des Landkreises Havelland. Dort Elterngeldbezugs gewünscht wird. Anschließend erfolgt die Berechnung des Elterngeldanspruchs und die Erstellung des Elterngeldbescheids komplett automatisiert mit Hilfe einer Softwarelösung. Dabei sind keine Nachweise mehr durch die Eltern einzureichen, da aufgrund nun bestehender zentraler Register und automatischer Registerauskünfte alle notwendigen Informationen (z.B. Einkommen der Eltern, Bescheinigungen zum Mutterschaftsgeld, Adressangaben) direkt durch das System automatisiert eingeholt werden können. Lediglich bei Antragstellenden, welche keine deutsche Staatsangehörigkeit 58 besitzen, ist weiterhin eine analoge Sachbearbeitung notwendig, da nicht alle benötigten Informationen über automatisierte Registerauskünfte vorliegen. Hat die Software alle Daten aus den Registern Best-Practice: Kreis Düren Der Kreis Düren hat in vielen seiner Verwaltungsbereiche, unter anderem im kommunalen Jobcenter, die Aktenführung komplett von der Papierakte auf die elektronische Akte (E-Akte) umgestellt. Auf die E-Akte können die Verwaltungsmitarbeiter*innen nun ortsunabhängig von jedem PC aus zugreifen, sofern sie über die entsprechenden Zugriffsberechtigungen verfügen. In Folge der Einführung der E-Akte konnte der Kreis nach eigenen Angaben Kosten für Verbrauchsmaterial und Druck einsparen, Arbeitsprozesse optimieren, die Raumnutzung verbessern sowie die Kundenund Mitarbeiterzufriedenheit steigern. zusammengetragen und die Höhe des Elterngeldes berechnet, erstellt elektronischen sie automatisch einen Elterngeldbescheid. Dieser Elterngeldbescheid wird in einer elektronischen Akte hinterlegt, damit andere Verwaltungseinheiten, wenn nötig auf den Elterngeldbescheid zugreifen können. Eine Überprüfung des Elterngeldbescheids nach dem Vier-Augen-Prinzip ist nicht mehr notwendig, da das Computersystem den Bescheid fehlerfrei berechnet. Die Eltern erhalten nun eine Benachrichtigung, dass sie den Elterngeldbescheid in ihrem Bürgerkonto abrufen können. Sie Anhang 4.1: Nummer 43 erhalten die Möglichkeit, direkt auf dem Portal gegen den Bescheid Einspruch zu erheben, wenn sie doch Fehler im Bescheid feststellen sollten. Wird Einspruch erhoben, so gehen diese Fälle in die analoge Sachbearbeitung durch Verwaltungsmitarbeiter*innen im entsprechenden Sachgebiet für Familienleistungen über. Wenn kein Einspruch erhoben wird, teilt das System automatisch die Höhe der Elterngeldbezüge an die Bundeskasse Trier mit, welche die Auszahlung an die Eltern vornimmt. Außerdem werden die Bezüge automatisch an das Statistische Bundesamt sowie das Finanzamt weitergeleitet. Sollten sich Änderungen bei den Angaben der Eltern ergeben, zum Beispiel Adressänderungen durch einen Umzug oder eine Veränderung der Anspruchsberechtigung durch Aufnahme eines Jobs, erfasst das Computersystem automatisch die Veränderungen in den jeweiligen Registern. Es pflegt eigenständig die Änderungen in der entsprechenden E-Akte ein und erstellt ggf. Rückforderungen an die Eltern. Mögliche Rückforderungen werden den Eltern in ihrem Bürgerkonto angezeigt. Auch hier existiert wieder die Möglichkeit, gegen die Rückforderung online Einspruch zu erheben. Auch diese Fälle werden dann in der analogen Sachbearbeitung weiterbearbeitet. Auf den einzelnen Vorgang kann jederzeit und auch noch Jahre später durch die elektronische Aktenführung digital zugegriffen werden. 59 3. Führerschein (Erstausstellung) Der manuelle Arbeitsaufwand des Verfahrens zur Erstausstellung des Führerscheins wurde im Jahr 2030 durch eine umfassende Automatisierung der Prozesse erheblich vermindert und die Wartezeiten für die Bürger*innen reduziert. Zudem wurde mit dem Bürger-Serviceportal eine kundenfreundliche Alternative zur Antragsstellung vor Ort in den Bürgerservicebüros geschaffen (vgl. Kapitel 3). Die Funktionen umfassen Dokumentendienste, Information, Authentifizierung, Versand- und Postdienste und unter anderem auch der digitale Antrag zur Erstausstellung des Führerscheins. Der digitale Prozess der Führerscheinerstausstellung ist in Abbildung 11 dargestellt. Bürgerkonto Hochladen der erforderlichen Nachweise und des Passbildes Identifizieren mit eID und digitaler Signatur Bezahlen des Antrags per ePayment Automatisches Überprüfen des Antrags auf Vollständigkeit Aufnehmen des Antrags über den elektronischen Posteingang in der Führerscheinstelle in eAkte Bei Einträgen: Sonderfall überprüfen durch Sachbearbeitenden Automatische Registerauskunft vom Bundeskraftfahramt sowie der DEKRA Automatisches Überprüfen des Antrag auf Zulässigkeit (Automatisches) Weiterleiten des Antrags an die DEKRA Hinterlegen der Antragsbestätigung im Bürgerportal (oder per Post) Auf Wunsch: Weiterleiten der Antragsbestätigung an Fahrschule Nach absolvierter Fahrprüfung: Automatisches Übernehmen der Automatisches Anfordern des Drucks des Führerscheins bei der Bundesdruckerei Prüfungsergebnisse der DEKRA Zusenden des Führerscheins nach Hause oder Bereitstellen zur Abholung in Bürgerservicebüros Abbildung 11: Digitaler Prozess „Führerschein (Erstausstellung)" (eigene Darstellung) Im Bürger-Serviceportal des Landkreises Havelland können die Bürger*innen verschiedene Verwaltungsvorgänge online erledigen, ohne persönlich im Bürgerservicebüro zu erscheinen. In der Onlineanwendung unter dem Bereich „Wirtschaft & Verkehr“ können die Bürger*innen die Antragserstellung mit einem Klick beginnen. Das Programm führt den Antragstellenden Schritt für Schritt durch den Antrag und unterstützt mit hilfreichen Hinweisen. 60 Im ersten Schritt identifiziert sich die Bürgerin oder Best-Practice: Estland der Bürger in ihrem Bürgerkonto über die Smart-ID. Estland verfügt mit seiner „Smart-ID“ über eines der höchst entwickelten nationalen Ausweissysteme. Der moderne Lichtbildausweis enthält verschlüsselte Daten, die als eindeutiger ID-Nachweis in einer elektronischen Anwendung benutzt werden können. Damit können sich Bürger*innen unter anderem in Online-Verfahren identifizieren und offizielle Dokumente digital signieren. Damit übernimmt die Software die persönlichen Stammdaten sowie das Passbild für den Antrag, ohne das weitere Eingaben nötig sind. Im selben Zug wird der Antrag mit einer digitalen Signatur versehen, die sich später auch auf dem ausgestellten Führerschein befindet. Die digitale Signatur ist Teil der elektronischen ID und durch die Verschlüsselung von Daten einzigartig für jede Bürgerin und jeden Bürger. Damit ermöglicht die digitale Signatur, Anhang 4.1: Nummer 32 die Authentifizierung und das Unterschreiben von offiziellen Dokumenten. Alle erforderlichen Nachweise, wie zum Beispiel der Seh-Test oder das Erste-Hilfe-Zertifikat, werden vom Optiker bzw. dem Schulungsanbieter im Unternehmens-Portal hochgeladen. Hierfür finden die Antragstellenden auf der Website hilfreiche Hinweise für zertifizierte Stellen, wo entsprechende standardisierte Nachweise erworben werden können. Die Nachweise können dank digitaler Lösungen von der Software im Bürgerkonto direkt auf Echtheit überprüft werden. Im Gegensatz zu früher müssen die Nachweise nicht mehr in Papierform in den Bürgerservicebüros abgegeben und dort überprüft werden. Best-Practice: Washington State, USA Auf der Onlineplattform des Bundesstaates Washington werden verschiedene ePayment Möglichkeiten angeboten. Die bürgerfreundliche Anwendung ermöglicht Antragsstellenden anfallende Gebühren für Anträge oder Genehmigungen direkt online über gängige Anbieter zu bezahlen. Anhang 4.1: Nummer 32 Die Bezahlung der Antragstellung wird ebenfalls über das Bürgerkonto abgewickelt. Nach automatischer Überprüfung des Antrags auf Vollständigkeit durch die Software, kann über verschiedene ePayment Möglichkeiten bezahlt werden. Der Bürger oder die Bürgerin hat damit die Antragsstellung abgeschlossen und der Antrag wird Führerscheinstelle elektronisch weitergeleitet. an die Das zuständige Bürgerkonto übernimmt damit im Vergleich zu früher bereits bei der Antragstellung die ersten Arbeitsschritte der Antragsbearbeitung. Die Bearbeitung in der Verwaltung selbst ist komplett automatisiert. Mitarbeitende der Führerscheinstelle werden nur bei Sonderfällen einbezogen. Die Möglichkeit einer analogen Antragstellung bleibt nach wie vor bestehen. In diesem Fall wird der Antrag in einem der Bürgerservicebüros gestellt, durch einen Mitarbeitenden der Bürgerservicebüros geprüft und dann 61 elektronisch in die Bearbeitungssoftware aufgenommen. Die Software holt nach Antragseingang zunächst automatische Registerauskünfte ein. Dabei werden Einträge Verkehrszentralregister sowie bei der DEKRA automatisch abgefragt und der Antrag somit auf Zulässigkeit geprüft. Bei Einträgen oder anderen Sonderfällen meldet die Software einen entsprechenden Vermerk, woraufhin der Antrag dann an einen Sachbearbeitenden der Führerscheinstelle vermittelt und persönlich bearbeitet wird. Zulässige Anträge werden unmittelbar automatisch und digital an die DEKRA weitergeleitet. Gleichzeitig wird die Antragsbestätigung im Bürgerkonto hinterlegt, per Mail versandt und auf Wunsch auch direkt an eine Fahrschule weitergeleitet. Für die Mitarbeitenden in der Führerscheinstelle ist damit das Verwaltungsverfahren abgeschlossen, denn alle weiteren Schritte nach der Führerscheinprüfung sind ebenfalls automatisiert. Nach der Fahrprüfung werden die Ergebnisse von der DEKRA elektronisch an die Führerscheinstelle übermittelt und dort automatisch in die E-Akte aufgenommen. Daraufhin wird auch der Druck des Führerscheins automatisch in Auftrag gegeben. Hierfür können die Bürger*innen im Bürgerkonto bei der Antragsstellung angeben, ob der Führerschein nach Hause oder zur Abholung in ein Bürgerservicebüro geschickt werden soll. Abschließend wird die Akte elektronisch archiviert und kann für zusätzliche Anträge im Bereich Kraftfahrt und Führerschein von der Software wiederverwendet werden. 4. Beschaffung Im Jahr 2030 wurden auch die letzten Medienbrüche im Beschaffungsprozess abgeschafft. Das Verwaltungsverfahren wird von der Erhebung von Beschaffungsbedarfen bis zum Empfang und der Bearbeitung von Rechnungen komplett digital unterstützt. Dennoch ist auch weiterhin hochqualifiziertes Fachpersonal zur Abwicklung von Beschaffungen notwendig. Der restrukturierte Prozess der Beschaffung ist in Abbildung 12 grafisch dargestellt. 62 Eintragen der Beschaffungsbedarfe in Vergabemanagementsoftware Erstellen der Ausschreibung mit Hilfe der Software Veröffentlichen der Ausschreibung auf vergabemarktplatz.brandenburg.de Erhalten der digitalen Angebote auf Vergabemarktplatz ODER über digitalen Posteingang Prüfen der Eignung der Anbieter und Bewerten der Angebote mit Hilfe digitaler Assistenzsysteme Ausstellen eines Vergabevorschlags mit Hilfe der Software Versenden des Vergabevorschlags an Rechnungsprüfungsamt in der Software Prüfen und Bestätigen des Vergabevorschlags durch Rechnungsprüfungsamt in der Software Erteilen des Auftrags über Vergabemarktplatz ODER per Post Empfangen und Bearbeiten der E-Rechnung Abbildung 12: Digitaler Prozess „Beschaffung" (eigene Darstellung) Die einzelnen Sachgebiete teilen ihre Bedarfe zur Beschaffung von Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen der Beschaffungsstelle mit. Dies erfolgt nicht mehr wie früher per E-Mail, sondern Bedarfe werden direkt in einer Vergabemanagementsoftware eingetragen, zu der jedes Sachgebiet einen Zugang besitzt. So ist Beschaffungsbedarfe es möglich, unterschiedlicher Best-Practice: Bad Hersfeld Wirtschaftsgütern zu prüfen, ob keine äquivalente Die nordhessische Stadt Bad Hersfeld hat ihre städtischen Richtlinien für VergabeEntscheidungen so angepasst, dass digitalen Produkten der Vorrang eingeräumt wird. Vor der Beschaffung von analogen Produkten muss zunächst am Markt geprüft werden, ob keine entsprechenden digitalen Lösungen existieren. digitale Anhang 4.1: Nummer 13a Verwaltungseinheiten zu bündeln, größere Ausschreibungen zu erstellen und damit Aufwand und Kosten zu sparen. Bei der Eintragung von Beschaffungsbedarfen sind die Sachgebiete zudem dazu verpflichtet, Lösung vorab existiert, bei um analogen unnötige 63 Beschaffungen zu vermeiden und die digitalen Prozesse in der Landkreisverwaltung zu stärken (vgl. Best-Practice: Bad Hersfeld). Anschließend erfolgt die Erstellung der Ausschreibung durch die Sachbearbeitenden im neuen Sachgebiet „Beschaffungen“. Der Erstellungsprozess wird, wie bereits seit vielen Jahren erprobt, durch die Vergabemanagementsoftware unterstützt. Diese Software hilft beispielsweise dabei, die richtigen Fristen zu berechnen oder auch die Art des Vergabeverfahrens anhand des Gesamtauftragsvolumens zu bestimmen. Die Ausschreibung wird digital in der Software angefertigt und in einer E-Akte archiviert. Die finale Ausschreibung wird nun auf der zentralen und verpflichtend zu nutzenden Vergabeplattform des Bundeslandes Brandenburg, dem Vergabemarktplatz Brandenburg, hochgeladen. Hier können Unternehmen direkt Bieterfragen stellen, sodass der Landkreis diese transparent und für alle Bieter zugänglich auch direkt online beantworten kann. Es ist zudem für die Bieter möglich, ihre Angebote direkt über den Vergabemarktplatz Brandenburg an den Landkreis Havelland zu übermitteln. Die auf der Plattform eingerichteten technischen Möglichkeiten sichern auch das Einhalten von weiteren Vergaberegularien, zum Beispiel das gleichzeitige Öffnen der Angebote nach Verstreichen der Angebotsfrist. Da es auch im Jahr 2030 noch Unternehmen geben wird, die ihre Angebote nicht über den Vergabemarktplatz Brandenburg einreichen, muss sichergestellt werden, dass auch postalisch eingesendete Angebote ihre Berücksichtigung im digitalen Vergabeprozess finden. Aus diesem Grund wird alles auf dem Postweg beim Landkreis eingehende Schriftgut in einem elektronischen Posteingang, angesiedelt Sachgebiet in einem neuen „Dokumentenmanagement“, digitalisiert. Die nun digitalisierten Angebote werden auf dem elektronischen Weg an das Sachgebiet „Beschaffung“ weitergeleitet und automatisch in der jeweilige E-Akte zum Vergabeverfahren hinterlegt. Nun kann mit Hilfe eines digitalen Assistenzsystems die Eignung des Best-Practice: Ortenaukreis Im Ortenaukreis werden alle bei der Landkreisverwaltung eingehenden Postsendungen im „Elektronischen Posteingang“ per Scan digitalisiert, mit einer elektronischen Signatur versehen und anschließend elektronisch an die entsprechende Verwaltungseinheit weitergeleitet. Dadurch kommt es zum einen zu Zeitersparnissen in Verwaltungsverfahren, da das mühsame händische Verteilen der Post entfällt. Zum anderen wird der elektronische Posteingang in Kombination mit der Einführung eines Dokumentenmanagementsystems (DMS) als Grundvoraussetzung für die flächendeckende Einführung der E-Akte betrachtet. Es ist nun eine medienbruchfreie Abwicklung von Verwaltungsprozessen möglich. Anhang 4.1: Nummer 24 Bieters überprüft und das Angebot bewertet werden. Mit Hilfe der Vergabemanagementsoftware wird ein Vergabevorschlag erstellt, welcher direkt in der Software an das Rechnungsprüfungsamt 64 übermittelt wird. Das Rechnungsprüfungsamt prüft den Vergabevorschlag in der Software und übermittelt über diese das Ergebnis seiner Prüfung an das Sachgebiet „Beschaffung“. Die Bieter werden anschließend über ihre Platzierung im Vergabeverfahren sowie ggf. den Erhalt des Zuschlags über den Vergabemarktplatz Brandenburg informiert. Sollte das Angebot eines Bieters per Post eingegangen sein, wird dieser per Post oder E-Mail benachrichtigt. Nachdem der Zuschlag an ein Unternehmen erteilt wurde, sendet dieses eine Rechnung an den Landkreis Havelland. Während die Rechnungen früher zumeist per Post eingingen, sind die Unternehmen im Jahr 2030 dazu verpflichtet, ihre Rechnungen als elektronische Rechnung an den Landkreis zu senden. Bei diesem standardisierten Format enthält die PDF-Datei zusätzlich einen Datensatz im XML-Format, sodass die wesentlichen Rechnungsinformationen direkt maschinell ausgelesen werden können. Mit einem neu aufgesetzten Rechnungsworkflow zwischen dem Sachgebiet „Dokumentenmanagement“, bei welchem die Rechnungen eingehen, dem Sachgebiet „Beschaffung“, welches digital die sachliche Richtigkeit bestätigt und der Kämmerei des Landkreises, welches schließlich die Rechnung begleicht, können Medienbrüche vermieden und die Rechnungsbearbeitung vereinfacht und beschleunigt werden. Best-Practice: Bad Hersfeld Best-Practice: Landkreis Dahme-Spreewald Die Stadt Bad Hersfeld erhält mittlerweile fast ausschließlich Rechnungen von Unternehmen im PDFFormat. Papierrechnungen werden durch einen externen Dienstleister gescannt und in ein elektronisches Rechnungssystem eingespielt. Zielvorstellung ist es, dass eine komplette elektronische Datenübertragung mittels XMLDatensätzen zwischen Unternehmen und Stadtverwaltung eingerichtet wird. Der Landkreis Dahme-Spreewald hat ein Modellprojekt zur Einführung der E-Rechnung als verpflichtendes Rechnungsformat in der Kommunalverwaltung durchgeführt. Mit der Einführung des neuen Prozesses erfolgt die Rechnungsbearbeitung (Annahme und Weiterverarbeitung) vollständig digital. Damit entfallen die bisherigen Medienbrüche. Jede ERechnung enthält einen strukturierten Datensatz im XML-Format, welcher maschinenlesbar ist und so in den Workflow zur Rechnungsbearbeitung eingespeist werden kann. Anhang 4.1: Nummer 13b Anhang 4.1: Nummer 22 3.1.3 Implikationen der veränderten Ablauforganisation für die Aufbauorganisation Trotz der im Szenario beibehaltenen Linienorganisation der Landkreisverwaltung kommt es in Folge der Restrukturierung von Verwaltungsverfahren zu kleineren Veränderungen in der Aufbauorganisation. Diese sollen exemplarisch anhand der vier untersuchten Verwaltungsverfahren dargestellt werden. 65 Die Neugestaltung der Verwaltungsverfahren macht die Einrichtung zusätzlicher Sachgebiete notwendig. Im Zuge der Einführung eines zentralen elektronischen Posteingangs, in welchem eingehende Postsendungen digitalisiert, mit einer digitalen Signatur versehen und auf elektronischem Weg an die betreffenden Verwaltungseinheiten weitergeleitet werden, muss eine neue verantwortliche Verwaltungseinheit geschaffen werden. Auch die Einführung der E-Akte, deren Zugänglichkeit rund um die Uhr gewährleistet sein muss und welche komplexe Archivierungsanforderungen besitzt, erfordert klare Verantwortlichkeiten sowie rechtliche und technische Expertisen, welche in einer Verwaltungseinheit gebündelt werden sollten. Das neugeschaffene Sachgebiet „Dokumentenmanagement“, welches diese beiden Aufgaben in Zukunft verantwortet, kann beispielsweise im Haupt- und Personalamt im Dezernat I angesiedelt sein und als interner Dienstleister für die gesamte Landkreisverwaltung fungieren. In Folge der kompletten Zentralisierung der Beschaffung des Landkreises ist zudem die Beschaffungsstelle personell, aber auch organisational zu stärken und als eigenes Sachgebiet „Beschaffung“ innerhalb des Haupt- und Personalamtes aufzuwerten. Die Veränderungen im Haupt- und Personalamt sind in dem Ausschnitt des Organigramms in zu Abbildung 13 dargestellt. Abbildung 13: Verortung der zusätzlichen Sachgebiete im Organigramm des Landkreises Havelland (eigene Darstellung) Darüber hinaus kann es auch zu strukturellen Veränderungen innerhalb von Sachgebieten kommen. Beim Elterngeld ist nur noch für die Beratungsleistungen, die Bearbeitung von Fällen von NichtDeutschen-Bezugsberechtigten sowie bei Einsprüchen gegen Elterngeld-Bescheide oder gegen Nachforderungen eine Sachbearbeitung durch einen Sachbearbeiter oder eine Sachbearbeiterin notwendig. Ähnlich gestaltet sich die Situation im digitalen Prozess für die Erstausstellung des Führerscheins: hier wird eine analoge Sachbearbeitung nur noch bei Einträgen im Verkehrszentralregister, bei analoger Antragstellung oder bei anderen Sonderfällen erforderlich. Aufgrund des geringeren Arbeitsumfangs für die Sachbearbeiter*innen in diesen durch Automatisierung stark vereinfachten Verwaltungsverfahren ist es nicht mehr notwendig, dass sich Sachbearbeiter innerhalb eines Sachgebiets nur mit diesen Verfahren beschäftigen. Es könnte also eine 66 Umverteilung von Aufgaben innerhalb des Sachgebiets geprüft werden (vgl. Kapitel 5). Zudem ist es sinnvoll, alle Prozessschritte, bei welchen Bürgerkontakt notwendig ist (z.B. Beratungsleistungen), von den Sachgebieten auf die Bürgerservicebüros zu übertragen, um nur noch eine zentrale Anlaufstelle in der Verwaltung für Bürger*innen zu schaffen (Verwaltung mit Single-Point-of-Contact) (vgl. Kapitel 3). Bei komplexen Verwaltungsverfahren, welche die Beteiligung vieler Verwaltungseinheiten erfordern, kommt es zu weniger großen Veränderungen in der Aufbauorganisation. Aufgrund der Komplexität des Baugenehmigungsverfahrens wird es beispielsweise auch weiterhin notwendig sein, dass Spezialist*innen aus verschiedenen Fachämtern am Baugenehmigungsverfahren beteiligt sind. Es kommt daher im Bauordnungsamt und den anderen beteiligten Fachämtern zu keinen nennenswerten organisationalen Veränderungen, obgleich sich auch die Arbeitsweise innerhalb der Ämter durch neue digitale Möglichkeiten geringfügig verändern könnte. 3.2 Szenario: Der Landkreis Havelland als bewegliche Projektverwaltung Durch die digitale Transformation ist eine immer schnellere Implementierung von Technologien und Innovationen notwendig. Dies erfordert auch neue Führungs- und Zusammenarbeitsstrukturen. In der beweglichen Projektverwaltung sollen diese Herausforderungen effektiv adressiert werden. Das Szenario beinhaltet als Ausgangsbasis die notwendige Restrukturierung der Abläufe. Da diese zu einem hohen Automatisierungsgrad in der Bearbeitung von Standardsachbearbeitungsfällen führen wird, erhöht sich die Komplexität der verbleibenden manuellen Tätigkeiten in der Landkreisverwaltung Havelland erheblich. Dies stellt die bisherigen Aufbauorganisation des Landkreises in Frage, da die Bearbeitung komplexer Fälle in einem teamfokussierten Arbeitsmodus durch die bisherigen Hierarchien und Entscheidungskompetenzen nicht optimal unterstützt wird. Nachdem die Veränderung der Prozesse bereits im vorherigen Kapitel ausführlich dargestellt wurde, fokussiert dieses Szenario im Speziellen die strukturellen Veränderungen und die Veränderung der Arbeitsweisen innerhalb der Landkreisverwaltung. Best-Practices von anderen Verwaltungsorganisationen, die zum Beispiel auf agile Methoden setzen, dienen hierbei als Orientierungshilfe. Anschließend werden die Implikationen auf die restrukturierten Abläufe dargelegt. 3.2.1 Veränderungen in der Aufbauorganisation Die bewegliche Projektverwaltung zeichnet sich durch die Zusammenarbeit von interdisziplinären, agilen Teams aus. Dies hat enorme Auswirkungen auf die Aufbauorganisation der Verwaltung des Landkreises. Im folgenden Exkurs wird eine kurze Einführung zum Thema agile Methoden gegeben. 67 Agile Methoden stammen ursprünglich aus der Softwareentwicklung, werden jedoch zunehmend häufiger auch im Projektmanagement eingesetzt. Sie lassen sich folgendermaßen verstehen: Methoden, die situativer, weniger zentral verwaltet und stärker selbstverwaltet sind, wobei der Schwerpunkt auf einer nahezu kontinuierlichen Reaktion auf die Kundenbedürfnisse liegt. Im Vordergrund steht die Qualität des Ergebnisses, auch wenn das Ergebnis zu Beginn nicht sehr vorhersehbar und nicht planmäßig ist. (Goodpasture, 2016, S.30) Der zentrale Punkt, der hier betont wird, ist die Fokussierung auf eine kundennahe iterative Entwicklung und die Qualität des Ergebnisses. Das Endergebnis ist vor und auch während der Entwicklung nicht vollständig definiert und vorhersehbar. Dementsprechend gibt es auch keinen strikten Plan, an den sich die Entwickler während der Umsetzung des Produkts halten können. Das Management der Entwicklung ist nicht wie bei den klassischen Methoden zentralisiert. Agile Methoden sind im Großen und Ganzen durch enge Zusammenarbeit zwischen den Entwicklern und den Kunden bzw. Nutzern, iterative Prototypentwicklung, kontinuierliche Reviewschleifen und Tests gekennzeichnet (Andén et al., 2016, S. 21). Hinter Agilität stehen zwei zentrale Werte: Kommunikation und Einfachheit. Darüber hinaus gehören Feedback, Mut und Respekt zum Wertesystem der agilen Projektorganisation. Die Kommunikation sollte möglichst direkt verlaufen, sodass die Bedürfnisse der einzelnen Beteiligten unmittelbar im Projekt berücksichtigt werden können. Nur über eine direkte und kurzfristige Kommunikation kann gewährleistet werden, dass das gemeinsame Ziel verfolgt und erreicht wird. So umfasst die direkte Kommunikation auch ein regelmäßiges gemeinsames Problemlösen. Die Einfachheit sollte sich in drei Bereichen widerspiegeln: Technik, Organisation und Methodik. Die Organisation sollte nicht aufwändiger gestaltet werden als notwendig, d.h. es sollten keine zusätzlichen Rollen geschaffen werden. Das Team sollte befähigt werden und fähig sein, sich selbst zu organisieren. Auch die Methodik sollte in diesem Sinne gehalten werden, sodass das Vorgehen für das ganze Team verständlich bleibt und die Umsetzung durch alle Teammitglieder möglich ist (Wolf und Bleek, 2011, S.10 f.). Im Jahr 2001 wurde durch Vertreter verschiedener agiler Methoden ein agiles Manifest zu diesen Werten formuliert: Individuen und Interaktionen statt Prozesse und Werkzeuge Funktionierende Software statt umfassender Dokumentation Kundenzusammenarbeit statt Vertragsverhandlungen Reaktion auf die Änderungen statt Planverfolgung Das heißt, während die Elemente auf der rechten Seite ihren Wert haben, sind die Elemente auf der linken Seite wertvoller für uns. (Beck et al., 2011) 68 Darüber hinaus haben sich die Vertreter auf 12 Prinzipien, die dem Manifest zugrunde liegen geeinigt. An erster Stelle steht das Bestreben, die Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Auch liegt ein Fokus darauf, dass veränderte Anforderungen auch spät in der Entwicklung noch gern gesehen sind und berücksichtigt werden sollten. Ergebnisse sollten in kurzen Zeitabständen geliefert werden. Diese gelten als Maß für den Fortschritt des Projekts. Die Teammitglieder sollten gemäß dem Manifest täglich zusammenarbeiten und eine konstante Entwicklungsgeschwindigkeit halten. Um ein selbstständiges Arbeiten aller Beteiligten zu unterstützen, muss diesen Eigenverantwortlichkeit zugestanden werden. Dafür sei eine passende Umgebung erforderlich. Die Teams sollten sich selbst organisieren und direkt kommunizieren. Einfachheit äußere sich darin, dass die Arbeit auf ein Minimum reduziert werden sollte. Die Effektivität des Teams sollte regelmäßig durch die Mitglieder evaluiert werden, damit eine Steigerung möglich ist (Beck et al., 2011). In der agilen Methode Scrum gibt es nur drei definierte Rollen, auf die alle Managementaufgaben übertragen werden: Den Scrum Master als Prozessverantwortlichen, den Product Owner, der die Interessensvertretung aller Beteiligten übernimmt und das Scrum Team, welches für jedes Zwischenund das Endprodukt verantwortlich ist (Schwaber, 2007, S.7). Scrum zeichnet sich auch durch seine Einfachheit aus: kleine Teams mit fünf bis zehn Mitgliedern, geführt von einem Scrum Master, entwickeln in kleinen Einheiten die durch den Product Owner im Product Backlog priorisierten Anforderungen der Software. Zeitlich erfolgt eine Unterteilung in sogenannte Sprints: Ein Sprintzyklus wird vorab festgelegt und dauert zwei bis vier Wochen (Andén et al., 2016, S. 21). Anwendung agiler Methoden im Landkreis Havelland Um eine bewegliche Projektverwaltung im Havelland zu realisieren, könnten Teams im Sinne der Scrum-Logik initiiert werden. Demnach gehört zu jedem Team ein Product Owner (im Folgenden Lebenslagen-Vertreter genannt) und bis zu zehn interdisziplinäre Teammitglieder. Darüber hinaus gibt es Scrum Master (im Folgenden: Agilitäts- und Digitalisierungslotsen), die je nach Größe eines Teams für ein oder mehrere Teams verantwortlich sein können. Der Lebenslagen-Vertreter eines jeden Teams pflegt das Backlog (im Folgenden Aufgabenbestand genannt). Die Teams arbeiten eigenverantwortlich an den Themen, die in ihrem Aufgabenbestand liegen. Im Fall der Verwaltung des Landkreises Havelland handelt es sich bei den Aufgaben nicht um Softwarekomponenten, sondern vor allem um Härtefälle oder Sachbearbeitungsfälle, gegen die Einspruch eingelegt wurde. Ein Großteil der Sachbearbeitungsfälle wird, gemäß der vorangegangenen Prozessbeschreibungen maschinell bearbeitet. Des Weiteren können die Lebenslagen-Teams mit Beschaffungen, anstehenden Umsetzungen von Gesetzesänderungen, Bürgerinitiativen und sonstigen Anforderungen befasst sein. 69 Die Aufgaben im Aufgabenbestand werden zunächst gemeinsam im Team priorisiert und auf die einzelnen Teammitglieder verteilt. Der Lebenslagen- Verantwortliche in jedem Team ist für die Nachhaltung des Bearbeitungsstands und die Qualitätssicherung der Aufgaben zuständig. Bearbeitete Anträge werden beispielweise durch ihn überprüft. Dadurch wird ein Vier-Augen-Prinzip hergestellt. Der Lebenslagen- Verantwortliche ist auch die Person, die mit den Lebenslagen-Verantwortlichen der anderen Teams Best-Practice: Kreis Soest Im Kreis Soest wurde das Projekt Agilkom gemeinsam mit der FOM Hochschule für Ökonomie & Management ins Leben gerufen. Der Anlass des Projekts sind u.a. die durch die Digitalisierung erforderliche zunehmend beschleunigte Implementierung technologischer Innovationen und neue Agilität der öffentlichen Verwaltung. Im Zuge des Projekts sollen „neue Formen und Strategien zur Bündelung der Aufgaben und Initiierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Angebotssituationen in den Kommunen und zur verbesserten Führungs-, Kommunikations- und Kooperationsstrukturen“ erreicht werden. Anhang 4.1: Nummer 32 Best Practice: Stadt Heidelberg Nachdem das Thema Agilität ein TOPThema der Führungskräfte-Klausur der Stadt Heidelberg im Sommer 2017 war, hat sich die Stadt entschlossen, das Thema im Jahr 2019 noch stärker voranzutreiben. Aus Sicht der Stadt wird die Beteiligung von Bürger*innen und Beschäftigten in wichtigen Entscheidungen immer relevanter. Aufgrund der demographischen Entwicklung und der Digitalisierung müssen mehr innovative Vorgehensweisen eingesetzt werden. Die Stadt will in Zukunft in verschiedenen Handlungsfeldern agil arbeiten, dazu gehört u.a. der Bereich „Qualifizierung". Anhang 4.1: Nummer 42 kommuniziert Abarbeitung und des Absprachen trifft. Aufgabenbestands ist Die eine Teamleistung. Es gibt keine langfristige Planung und Erfolgskontrolle, sondern es wird in kurzen Bearbeitungszyklen gearbeitet. Alle zwei Wochen werden die Leistung der einzelnen Teams überprüft und durch das Team selbst evaluiert. Die Agilitätund Digitalisierungslotsen begleiten die Teams bei ihrer Arbeit und schützen sie vor unnötigen Einflussnahmen von außen, moderieren Meetings und haben besondere Expertise zum Thema Digitalisierung. Sie bedenken die Einflüsse der Digitalisierung in allen Prozessen und überdenken konstant die bestehenden Prozesse um etwa Digitalisierungspotenziale zu identifizieren und Prozesse zu restrukturieren. Zur Bildung der Teams wird die Logik von Lebenslagen herangezogen. Dazu wurden die Themenbereiche des OZG-Umsetzungskatalogs (IT-Planungsrat, 2018) mit den Lebenslagen, die auf der Internetpräsenz des Landkreises Havelland verwendet werden, gekreuzt. Diese Vorgehensweise erscheint für den Moment sinnvoll, da ohnehin davon auszugehen ist, dass es bis zum Jahr 2030 zu Verschiebungen von Aufgabenkompetenzen zwischen den föderalen Verwaltungsebenen kommen wird. Da die Teams nicht nach Unternehmens- und Bürgerleistungen unterschieden werden sollen, 70 ergeben sich bei der Synthese mit den Lebenslagen des Landkreises zwölf Lebenslagen, die je nach Aufwand von mehreren Teams gleichzeitig bearbeitet werden und in Abbildung 14 dargestellt sind. Abbildung 14: Synthese der Lebenslagen (in Anlehnung an IT-Planungsrat, 2018) (eigene Darstellung) Neben den Lebenslagen-Teams soll es Querschnitt-Teams, die sich um interne Angelegenheiten, wie IT-Services, Kämmerei, Dokumentenmanagement und Personalangelegenheiten kümmern. Als gewähltes Organ und oberster Verwaltungsbeamter bildet der Landrat den Mittelpunkt der beweglichen Projektorganisation. Um den Landrat herum sind die Querschnitts-Teams und die Lebenslagen-Teams kreisförmig angesiedelt. Die beschriebene Aufbauorganisation illustriert ein Idealbild. Dabei werden die spezifischen gesetzlichen Vorschriften zur Aufbauorganisation, die in der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg verankert sind, nicht berücksichtigt (z.B. § 101 i.V.m. § 131 BbgKVerf - Unabhängigkeit zwischen Leiter des Rechnungsprüfungsamts und Kämmerer). Die Aufbauorganisation in der beweglichen Projektverwaltung ist in Form eines Organigramms in Abbildung 15 dargestellt. 71 Abbildung 15: Organigramm Landkreis Havelland als bewegliche Projektverwaltung (eigene Darstellung) Die Lebenslagen- und Querschnitt-Teams sind bewusst nicht hierarchisch angeordnet, sondern arbeiten weitestgehend unabhängig voneinander jeweils auf der gleichen Ebene an ihren Aufgaben. Die Mitarbeiter*innen der bisherigen Dezernate werden nach Expertise auf die einzelnen LebenslagenTeams aufgeteilt. In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, dass Teammitglieder aufgrund einer besonderen Expertise ihr Team temporär oder dauerhaft wechseln. Dies sollte über die Agilitäts- und Digitalisierungslotsen organsiert werden. Insbesondere für die derzeitigen Führungspositionen ist die in diesem Szenario beschriebene Aufgabenorganisation eine Umstellung, denn sie geben Verantwortung an die eigenverantwortlichen Teams ab. Durch die Agilität der Verwaltung kann effektiver auf die Bedürfnisse der Bürger*innen und Unternehmen eingegangen werden, denn es können auch kurzfristig Anfragen – je nach Priorisierung innerhalb der Teams – bearbeitet werden. Eine Kundenzentriertheit soll auch durch die Organisation in Lebenslagen erreicht werden. Trotzdem müssen sich die Teams zunächst einspielen. Ziel ist es, zukünftig Reibungsverluste zu vermeiden und effektiver Probleme zu lösen, Fälle zu bearbeiten und Herausforderungen zu meistern. 3.2.2 Abläufe in der beweglichen Projektverwaltung Im Szenario der beweglichen Projektverwaltung kommt es wie im zuvor vorgestellten Szenario der effizienten Fachverwaltung zu einer umfassenden Restrukturierung von Verwaltungsprozessen. In den vier exemplarisch betrachteten Verwaltungsverfahren ist dabei die neue Ablauforganisation nahezu identisch. Die Einführung von agilen Arbeitsstrukturen in diesem Szenario führt jedoch zu Veränderungen von Durchführungsverantwortlichkeiten, 72 Entscheidungskompetenzen und Eskalationswegen in den Verwaltungsprozessen. Dies wird im Folgenden beispielhaft anhand der untersuchten Verwaltungsverfahren dargestellt. Im Baugenehmigungsverfahren bieten sich agile Arbeitsstrukturen in der Verwaltung besonders an, da zum einen jeder Bauantrag eine sehr individuelle Prüfung erfordert und es sich zum anderen um ein komplexes Verfahren handelt, das eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Verwaltungsmitarbeitenden notwendig macht. Jeder Bauantrag wird in diesem Szenario als eigenes Projekt betrachtet. Ein Bauantrag wird zuerst von einem Lebenslagen-Vertreter in den Aufgabenbestand des Lebenslagenteams „Bauen, Immobilien & Wohnen“ aufgenommen, bevor es dann von einem interdisziplinären Team, welches aus unterschiedlichen Fachexperten besteht, aufgrund seiner Priorität zur Bearbeitung ausgewählt wird. Der Bauantrag wird dann von dem Team von Anfang bis Ende bearbeitet. Durch die unterschiedlichen Kompetenzen der Teammitglieder können die inhaltlich vielfältigen Ansprüche des Antrags effizienter und dadurch auch schneller bearbeitet werden. Gleichzeitig kommt es dabei zu einer verbesserten Kommunikation und zu einem Wissenstransfer zwischen den beteiligten Akteuren. Das Verfahren der Baugenehmigung kann somit kontinuierlich verbessert werden und auch der Arbeitsaufwand der Teams wird reduziert. Sowohl im Verwaltungsverfahren zum Elterngeld, als auch bei der Erstausstellung des Führerscheins erfordern nur noch Sonderfälle eine persönliche Sachbearbeitung. Die Regelfälle werden über das Verwaltungsportal des Landkreises sowie durch Softwarelösungen komplett automatisiert bearbeitet. Ist eine analoge Sachbearbeitung im Verwaltungsverfahren zum Elterngeld oder zum Führerschein notwendig, so wird dies in diesem Szenario nicht mehr durch das jeweils zuständige Sachgebiet übernommen, sondern vom entsprechenden Lebenslagen-Team, welchem die Verwaltungsleistung zugeordnet ist. Erhebt beispielsweise eine Bürgerin oder ein Bürger im Bürgerkonto Einspruch gegen den automatisch erstellten Elterngeld-Bescheid, so übernimmt ein Lebenslagen-Vertreter des Lebenslagen-Teams „Familie & Kind“ den Fall in den Aufgabenbestand. Sobald das Team den Fall zur Bearbeitung übernimmt, obliegt ihm nun die Prüfung des Vorgangs und die mögliche Korrektur des Bescheids. Innerhalb des Teams existieren keine festen Verantwortlichen für eine bestimmte Verwaltungsleistung. Die Teammitglieder werden durch die enge Zusammenarbeit im Team mehr und mehr zu All-Roundern in ihrer Lebenslage. Beratungsleistungen zum Elterngeld werden in diesem Szenario nicht innerhalb des Lebenslagen-Teams, sondern gemäß dem Gedanken der Bürgerservicebüros als Single-Point-of-Contact für Bürger*innen durch das Querschnittsteam „Bürgerservicebüros“ übernommen. Dieses wiederum kann besonders schwierige Fälle an die jeweiligen Lebenslagen-Vertreter weitergeben. Durch die organisationalen Veränderungen ergeben sich auch andere Anforderungen an das Verwaltungspersonal (vgl. Kapitel 5). 73 Ähnlich sieht es bei der Erstausstellung des Führerscheins aus. Im Falle eines Eintrags im Verkehrszentralregister oder bei der DEKRA muss der Sachverhalt vom Lebenslagen-Team „Mobilität, Logistik & Transport“ überprüft werden. Die Teammitglieder kontrollieren, ob der Antrag trotz des Eintrags laut Straßenverkehrsgesetz zulässig ist und entscheiden über das weitere Vorgehen. Die Mitarbeitenden schreiten im Prozess der Erstausstellung des Führerscheins nur bei solchen Sonderfällen ein und widmen sich ansonsten anderen Aufgaben aus dem Aufgabenbestand der Lebenslage „Mobilität, Logistik & Transport“, wie zum Beispiel der weiteren Automatisierung von Verfahren oder der Umsetzung möglicher Gesetzesänderungen. Auch im Szenario der beweglichen Projektverwaltung ergibt es Sinn, die Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen zu zentralisieren, da nur hierdurch Skaleneffekte durch gemeinsame Ausschreibungen erreicht werden können. Beschaffungen werden jedoch im Gegensatz zur organisationalen Lösung im Szenario der effizienten Fachverwaltung nicht von einem Sachgebiet durchgeführt, sondern es existiert in der beweglichen Projektverwaltung ein eigenes QuerschnittsTeam „Beschaffung“. Die Bedarfserhebung erfolgt innerhalb der Lebenslagen- und Querschnittteams. Der jeweilige Lebenslagen-Vertreter ist dafür zuständig, die jeweiligen Bedarfe zur Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen in die Vergabemanagementsoftware einzutragen und damit den Beschaffungsprozess auszulösen. Auch bei Beschaffungsvorgängen stehen die Agilitäts- und Digitalisierungslotsen unterstützend zur Seite. 4. Handlungsempfehlungen Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse aus der Szenarioentwicklung lassen sich verschiedene Handlungsempfehlungen für den Landkreis Havelland ableiten. Dabei müssen stets auch die Vorgaben und Entwicklungen zur Verwaltungsdigitalisierung auf Bundes- und Landesebene beobachtet und bei den eigenen Digitalisierungstätigkeiten des Landkreises berücksichtigt werden. Die höchste Priorität bei der Reorganisation der Verwaltung des Landkreises Havelland im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung sollte die digitale Restrukturierung von Verwaltungsprozessen darstellen. Prozesse sollten dabei nicht nur mit Hilfe moderner digitaler Technologien und Techniken 1:1 digital übernommen werden, sondern zunächst grundlegend überdacht und – sofern sinnvoll – fundamental neugestaltet werden. Hierdurch können erst alle Potenziale der Verwaltungsdigitalisierung ausgeschöpft werden. Eine (Teil-) Automatisierung der Prozesse wird in vielen Fällen die Folge der Restrukturierung darstellen. Besonders für die betrachteten Verwaltungsprozesse ergeben sich in diesem Kontext konkrete Handlungsempfehlungen: Die Digitalisierungsbestrebungen im Bereich der Baugenehmigung sind im Landkreis Havelland aufgrund der Teilnahme an einem Pilotprojekt des Landes Brandenburg zum „virtuellen Bauamt“ 74 bereits weit fortgeschritten. Die Arbeit im Pilotprojekt muss weiter aktiv vorangetrieben werden. Der Landkreis Havelland sollte beim Land darauf hinwirken, dass das Schriftformerfordernis des Bauantrags abgeschafft und damit die Einführung eines komplett papierlosen Antrags ermöglicht wird. Das Momentum sollte zudem genutzt werden, um weiterhin an neuen digitalen Lösungsansätzen für die Kommunikation und den Datenaustausch zwischen internen Fachämtern sowie mit externen Behörden zu arbeiten. Zudem könnte die bisherige schrittweise Digitalisierung des Baugenehmigungsverfahren im Landkreis Havelland als internes Best-Practice-Beispiel für die Digitalisierung anderer Antragsverfahren in der Landkreisverwaltung herangezogen werden. Im Rahmen des Initialprogramms der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) werden derzeit die Verwaltungsleistungen rund um die Geburt („Einfach Leistungen für Eltern - ELFE“) digitalisiert. Dem Landkreis Havelland wird daher empfohlen, abzuwarten bis in den kommenden Monaten bundeseinheitliche digitale Lösungen zum Elterngeld vorliegen und dann sorgfältig zu prüfen, welche organisationalen Anpassungen erforderlich sind. Dies könnten Umstrukturierungen innerhalb des Jugendamts oder die Überführung der Beratungsleistungen auf die Bürgerservicebüros sein. Die Digitalisierung des Verwaltungsverfahrens zur Erstausstellung des Führerscheins ist ebenfalls im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetz vorgesehen. Daher ist es auch hier ratsam, auf einheitliche Digitalisierungslösungen von der Bundesebene zu warten. Da sich die digitale Umsetzung dieses Verwaltungsverfahrens jedoch noch um einige Jahre verzögern kann, sollte der Landkreis schon jetzt im Rahmen seiner Möglichkeiten erste Schritte zur Prozessdigitalisierung und damit zur Steigerung der Effizienz des Prozesses unternehmen. Insbesondere die Schnittstelle zwischen Bürgerservicebüros und Führerscheinstelle birgt große Optimierungspotentiale. Indem Nachweise auf Papier (z.B. der Sehtest) direkt im Bürgerservicebüro geprüft, elektronisch erfasst und damit nur noch digitale Daten an die Führerscheinstelle übermittelt werden, könnte die Fehleranfälligkeit der Datenübermittlung reduziert und eine doppelte Prüfung der Nachweise vermieden werden. Zudem sollte geprüft werden, ob Bürger*innen den Antrag zur Führerscheinausstellung nicht bereits selbst digital vorausfüllen können (z.B. über die Webseite des Landkreises), sodass für die Sachbearbeitenden in den Bürgerservicebüros die zeitaufwendige und fehleranfällige händische Übernahme der Personenangaben entfällt. Der Landkreis Havelland sollte aufgrund digitaler Möglichkeiten der Bedarfserhebung die komplette Beschaffung in einem eigenen Sachgebiet bündeln. Zudem sollten die letzten in diesem Verwaltungsverfahren noch bestehenden Medienbrüche beseitigt werden. Dies könnte konkret durch die digitale Erhebung von Beschaffungsbedarfen in der bereits genutzten Vergabemanagementsoftware, die Einführung der E-Rechnung oder die Einrichtung eines digitalen 75 Posteingangs geschehen und würde eine komplett digitale und effizientere Prozessabwicklung ermöglichen. Die beschriebenen Restrukturierungsmaßnahmen der ausgewählten Verwaltungsverfahren sollen eine Orientierung zur Heran- und Vorgehensweise bei der Digitalisierung der Ablauforganisation geben. Im Zuge der Veränderungen der Ablauforganisation sollten auch Veränderungen an der Aufbauorganisation vorgenommen werden. Insgesamt sollte das Thema Digitalisierung im Landkreis Havelland zur zentralen Führungsaufgabe gemacht sowie durch eine eigene Digitalisierungsstrategie mit konkreten Maßnahmen unterfüttert und dadurch strukturierter angegangen werden. Die Erarbeitung der Strategie sollte nicht im operativen Tagesgeschäft erfolgen, sondern unter breiter Einbeziehung von Bürger*innen und dem Kreistag stattfinden, damit nutzerzentrierte und allgemein akzeptierte digitale Lösungsansätze entstehen. Zur Strategieerarbeitung und zur Koordination der hieraus resultierenden Digitalisierungsprojekte wird die Einrichtung einer Stabstelle für Digitalisierung empfohlen. Sie sollte mit der tatkräftigen Unterstützung des Landrats in die gesamte Verwaltung wirken und könnte perspektivisch auch als eigenes Amt für Digitalisierung in die Linienorganisation überführt werden. Zudem sollte ein neues Sachgebiet „Dokumentenmanagement“ für den Aufbau und die Verwaltung einer flächendeckend angewendeten E-Akte und eines digitalen Posteingangs geschaffen werden. Mit geringerer Priorität wird die Einführung von agilen Zusammenarbeitsmethoden in der Landkreisverwaltung empfohlen. Es sollte zunächst eine Pilotierung agiler Arbeitsmethoden in einzelnen Verwaltungseinheiten vorgenommen werden, um der Transformation zu einer beweglichen Projektverwaltung ein Stück weit näher zu kommen. Der Landkreis Havelland steht bei den notwendigen Veränderungen der Verwaltungsorganisation aufgrund der Digitalisierung nicht allein da. Dieser Bericht soll erste Ansatzpunkte liefern, wie andere Kommunen bezüglich der Digitalisierung ihrer Verwaltungsorganisation aufgestellt sind und welche Best-Practice-Beispiele existieren. Der Landkreis Havelland muss bei seinen Digitalisierungstätigkeiten das Rad nicht neu erfinden, sondern kann auf bewährten Digitalisierungslösungen aufbauen. Die Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen Kommunen ist durchaus sinnvoll. Die recherchierten Best-Practice-Fälle zeigen zudem, dass der Mut, als kommunale Verwaltung neue digitale Wege zu gehen und nicht nur auf gesetzliche Vorgaben von Bund und Land zu warten, zum Erfolg führen kann. 76 5. Literaturverzeichnis Andén, P., Strålin, T., Gnanasambandam, C., Comella-Dorda, S und Burkacky, O. (2016). Software development handbook: Transformation for the digital age. Verfügbar unter: https://www.mckinsey.com/industries/high-tech/our-insights/software-development-handbooktransforming-for-the-digital-age (Zuletzt zugegriffen: 25. März 2019). 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Ross Publishing. Verfügbar unter: http://proquest.tech.safaribooksonline.de/9781604277647 (Zuletzt zugegriffen: 25. März 2019). IT-Planungsrat (2018). OZG-Umsetzungskatalog. Verfügbar unter: https://www.itplanungsrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/Entscheidungen/26_Sitzung/TOP2_Anlage_OZGUmsetzu ngskatalog.pdf (Zuletzt zugegriffen: 25. März 2019). Schwaber, K. (2007). Agiles Projekmanagement mit Scrum. Unterschleissheim: Microsoft Press. Weerakkody, V., Janssen, M. und Dwivedi, Y. K. (2011). Transformational change and business process reengineering (BPR): Lessons from the British and Dutch public sector, in: Government Information Quarterly, 28(3), S. 320–328. Wolf, H. und Bleek, W.-G. (2011). Agile Softwareentwicklung: Werte, Konzepte und Methoden. dpunkt.verlag. 77 5. Das Personal der digitalen Verwaltung Catherine Breiner, Simon Hammer, Aylin Hardwiger, Pauline Hobracht, Friederike Martin Das Personal der digitalen Verwaltung........................................................................................ 78 5. 1. Ausgangssituation, Projektziele und -vorgehen ........................................................................ 79 2. Projektergebnisse ...................................................................................................................... 82 2.1 Arbeitsmodelle ........................................................................................................................ 82 2.1.1 Ort der Arbeitsleistung ..................................................................................................... 83 2.1.2 Zeitliche Lage der Arbeitsleistung .................................................................................... 85 2.1.3 Familie und Beruf ............................................................................................................. 87 2.1.4 Status Quo – Landkreis Havelland .................................................................................... 88 2.2 Kompetenzen .......................................................................................................................... 90 2.2.1 Soziale und emotionale Kompetenzen ............................................................................. 91 2.2.2 Methoden- und Handlungskompetenzen ........................................................................ 92 2.2.3 Digitale Kompetenzen ...................................................................................................... 93 2.2.4 Zwischenfazit .................................................................................................................... 94 2.3 Aufgabenprofil und Qualifikationsniveau................................................................................ 95 2.3.1 Aufgabeninhalte und Organisation der Aufgaben ........................................................... 95 2.3.2 Aufgabenprofil .................................................................................................................. 98 2.3.3 Qualifikation ..................................................................................................................... 99 2.3.4 Zwischenfazit .................................................................................................................. 101 2.4 Personalbedarf ...................................................................................................................... 101 2.4.1 Ebene der Sachbearbeiter*innen ................................................................................... 102 2.4.2 Ebene der Führungskräfte .............................................................................................. 105 2.4.3 Ebene des IT-Personals ................................................................................................... 106 2.5 Personalentwicklung und Weiterbildung .............................................................................. 107 2.5.1 Art der Fortbildung ......................................................................................................... 108 2.5.2 Personalplanung ............................................................................................................. 110 2.5.3 Inhalte der Personalentwicklung .................................................................................... 112 2.5.4 Personengruppen ........................................................................................................... 114 2.6 Personalgewinnung ............................................................................................................... 115 2.6.1 Ansprache von Bewerberinnen und Bewerbern ............................................................ 115 2.6.2 Arbeitgeberattraktivität ................................................................................................. 117 3. Handlungsempfehlungen ........................................................................................................ 119 4. Szenarien ................................................................................................................................. 122 5. Literaturverzeichnis ................................................................................................................. 130 78 1. Ausgangssituation, Projektziele und -vorgehen Die Digitalisierung wird 2030 insbesondere die Arbeit des Verwaltungspersonals im Landkreis Havelland sowohl im Hinblick auf das eigene Arbeitsumfeld, die zu bearbeitenden Aufgaben, als auch die persönlichen Fähigkeiten und inhaltlichen Schwerpunkte verändert haben. Das Verwaltungspersonal im Landkreis Havelland wird sich den aufgrund des technologischen Fortschritts veränderten Anforderungen der Bürger*innen – Dienstleistungen einfacher, schneller und sicherer zu erhalten – durch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, neue Arbeitsmodelle sowie persönliche Weiterentwicklung angepasst haben. Gleichzeitig wird das Landratsamt selbst ein entsprechendes Personalkonzept, in welchem die Arbeitsplätze in der Behörde zukunftsgerecht gestaltet sind, erarbeitet haben. So wird zugleich die Attraktivität der Verwaltung als Arbeitgeber gefördert. Wie die Beschäftigten in der Landkreisverwaltung Havelland ihren Arbeitsalltag im Jahr 2030 im digitalisierten Brandenburg gestalten, wird im Folgenden erläutert. Ziel bestand darin, ein Zukunftsszenario im Hinblick auf das Personal der Landkreisverwaltung Havelland zu entwickeln. Mit dem Zukunftsbild im Sinne eines Frühwarnmechanismus kann sich der Landkreis Havelland entsprechend frühzeitig aktiv auf die prognostizierten Veränderungen gemeinsam mit den Beschäftigten in der Landkreisverwaltung vorbereiten und eigene Handlungsstrategien entwickeln. Ziel war es, einen möglichen Zustand des Verwaltungspersonals der Landkreisverwaltung Havelland im Jahr 2030 zu ermitteln, unter der Annahme, dass die aktuelle Digitalisierungsoffensive des Bundes, des Landes Brandenburg sowie des Landkreises selbst, erfolgreich umgesetzt wurde und alle relevanten Verwaltungsprozesse die technologische Entwicklung durchlaufen haben. Dabei wurde vorgegangen, wie in Abbildung 1 dargestellt. Begleitende Literaturrecherche BestPracticeAnalyse Experteninterviews Realitätscheck mit dem Landkreis Havelland Konzept für das Personal 2030 Abbildung 1: Projektvorgehen (eigene Darstellung) Um sich eine umfassende Übersicht über die technologischen Entwicklungen, die verschiedenen Handlungsfelder und aktuellen Debatten in Wissenschaft, Verwaltung und Politik zu erschaffen, wurde zunächst eine umfassende Literaturrecherche durchgeführt. Gleichzeitig wurden Best-PracticeBeispiele auf nationaler (Kommunal-, Landes- und Bundesebene) bzw. internationaler Ebene 79 miteinander verglichen und parallel Priorisierungen und praktische Abwägungen vorgenommen, um die sinnvolle Anwendbarkeit auf das eigene Projekt jederzeit gewährleisten zu können. Auf dieser Grundlage konnten spezifische Handlungsfelder ermittelt werden, die notwendig waren, um das Personalkonzept 2030 zu entwickeln. Hierbei haben sich folgende strategische Handlungsfelder mit ihren jeweiligen Ausprägungen als entscheidend herausgestellt (Abbildung 2). Arbeitsmodelle • Arbeitsort • Arbeitszeit • Familie und Beruf Aufgabenprofil / Qualifikationsniveau • Aufgabenprofil • Aufgabeninhalte • Organisation / Struktur der Aufgaben • Qualifikation Kompetenzen • Digitale Kompetenzen • Methoden- und Handlungskompetenzen • Soziale Kompetenzen Personalentwicklung / Weiterbildung • Art der Fortbildung • Personalplanung • Inhalte der Personalentwicklung • Personengruppen Personalbedarf • Sachbearbeiter • Führungskraft • IT-Kraft Zusatz: Personalgewinnung • Bewerberansprache • Arbeitgeberattraktivität Abbildung 2: Übersicht der identifizierten Handlungsfelder (eigene Darstellung) Damit für den Landkreis Havelland ein möglichst konkretes Zukunftsbild eines Personalkonzepts im Jahr 2030 erarbeitet werden konnte, wurde nach der Ermittlung bisheriger Trends und aktueller Debatten entschieden, den kommunalen Bezug zu den spezifischen Charakteristiken zu betonen. Als Konsequenz wurden projektintern Expertenbefragungen organisiert, mit dem Ziel, die bisherigen Erkenntnisse einem Realitätscheck zu unterziehen und die Rechercheergebnisse validieren zu lassen. Ausgewählten Expert*innen wurden vor Beginn der Interviews die Stärken und Schwächen sowie das aktuelle Arbeitsumfeld des Landkreis Havellands näher erläutert. Insgesamt wurden zehn jeweils 60-minütige Experteninterviews mit Vertreter*innen aus Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft telefonisch sowie persönlich durchgeführt. Die ausgewählten Interviewpartner*innen werden in Abbildung 3 vorgestellt. 80 Wirtschaft Verwaltung Praxis Verwaltungsverbund Ausbildung cuckoo eG Sitz: Berlin Interviewter: Gründer Ziel: Entwicklung von Tools für flexibles und mobiles Arbeiten Heidekreis – Bereich Digitalisierung Brandenburgische Kommunalakademie Bundesverwaltungsamt Sitz: Soltau Interviewter: Leiter Fachgruppe IT Ziel: Coaching für nachhaltiges Wachstum zur Gestaltung zukunftsorientierter Sitz: Potsdam Interviewter: Akademieleiter Ziel: Zertifizierter Bildungsträger für Aus-und Fortbildungen und Seminare der Verwaltung Sitz: Köln mit 5.500 Mitarbeitern Interviewter: Leiter für Digitalisierung Ziel: Erledigung von Verwaltungsaufgaben des Bundes DocuWare Europe GmbH KL.digital GmbH Hochschule der Bundesagentur für Arbeit IT-Planungsrat Sitz: Germering mit 12.000 Kunden Interviewter: Manager Public Sector Ziel: Entwicklung von Tools zur Digitalisierung von Informationen und Geschäftsprozessen Sitz: Kaiserslautern mit derzeit 7 Mitarbeitern Interviewter: Geschäftsführer Ziel: Außenpräsentation und Voranbringung digitaler Projekte (z.B. Chatbot, autonomes Fahren) und Prozesse Sitz: Schwerin mit ca. 1.000 Studierenden Interviewter: Professor für Digitalisierung von Staat und Verwaltung und Public-Management-Themen Ziel: Interdisziplinäre Studiengänge der Rechts-, Sozial-, Wirtschafts- und Erziehungswissenschaften Sitz: Berlin mit 21 Mitgliedern Interviewter: Geschäftsstellenleiter Ziel: Koordination der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Fragen der Informationstechnik Kreisverwaltung Cochem Zell Sitz: Cochem und Zell Interviewter: Landrat Ziel: Verantwortung für die Umsetzung der Beschlüsse des Kreistages und seiner Ausschüsse Abbildung 3: Übersicht der befragten Expert*innen (eigene Darstellung) Kommunale ADVAnwendergemeinschaft West Sitz: Ibbenbüren (40 Kommunen) Interviewter: Geschäftsführer Ziel: Interkommunale Zusammenarbeit für ITLösungsansätze Im Voraus der Expertenbefragungen wurde ein Fragebogen konzipiert, der je nach Gesprächspartnerin und -partner in den inhaltlichen Schwerpunkten angepasst wurde. Dabei wurden den Expert*innen sowohl offene Fragen gestellt, als auch zwei konträre Szenarien, die auf der Grundlage der bisherigen Ergebnisse entwickelt wurden, präsentiert. Vorteil dieser Vorgehensweise war es, sowohl die individuellen Ideen und Vorstellungen der/des jeweiligen Expertin/-en erfassen und zugleich den bisherigen Kenntnisstand ergänzen zu können. Parallel konnten die beiden Szenarien auf deren praktische Realisierbarkeit im Landkreis Havelland überprüft werden. 2. Projektergebnisse Im Folgenden werden die endgültigen Ergebnisse, differenziert nach den jeweiligen Erkenntnissen auf der Grundlage der Best-Practice-Analyse sowie der Expertenbefragung, erläutert. 2.1 Arbeitsmodelle Die Art und Weise wie wir arbeiten, wird durch die digitale Transformation zunehmend beeinflusst. Individuelle Bedürfnisse rücken mehr denn je in den Mittelpunkt. Dabei bieten sich neue Arbeitsmodelle vor allem für Arbeitsprozesse an, die bereits digital ablaufen. Die Digitalisierung macht es möglich, auf die individuellen Wünsche der Arbeitnehmer*innen einzugehen. Zugleich bietet sie eine Umgestaltung der Arbeit, bei der die Präferenzen nach mehr Souveränität hinsichtlich Art, Ort und Zeit ihrer Arbeitsleistung berücksichtigt werden können (Schulz, 2019). Deshalb bedarf es auch in Landkreisverwaltung Havelland einer zielgerichteten Steuerung, um die Erwartungen der Angestellten erfüllen zu können. Die Herausforderung besteht darin, etablierte Standards unter Berücksichtigung des Arbeits-, Gesundheits- und Datenschutzes an die neuen Technologien und Arbeitsmodelle der digitalisierten Leistungserbringung anzupassen (Brenke, 2016, S. 95 ff.). Bereits heute gibt es eine Vielzahl an Arbeitsmodellen, sowohl auf Voll- als auch auf Teilzeitbasis, geeignet für eine Vielzahl von Tätigkeiten, auch für Fach- und Führungskräfte. Abbildung 4 zeigt das Ergebnis einer Befragung von 793 deutschen Organisationen unterschiedlichster Wirtschaftszweige, zum Angebot und Nutzung diverser Arbeitsmodelle (Bessing et al., 2017, S. 89). Doch wie sehen die Arbeitsmodelle von morgen in der Landkreisverwaltung Havelland tatsächlich aus? Eine Antwort soll das folgende Kapitel geben. Es fokussiert die Konsequenzen der Digitalisierung auf Arbeitsmodelle und die Frage, wie sich diese mit Blick auf die digitale Transformation bis zum Jahr 2030 weiterentwickelt haben werden. Ziel ist es herauszufinden, welche Arbeitsmodelle als wahrscheinlich und erfolgreich gelten. Über die Priorisierung soll ein Vergleich vorgenommen werden. Dabei sollen die genannten Beispiele dem Landkreis Havelland Anregungen und Empfehlungen geben und ihn dazu einladen, von Erfahrungen zu profitieren. 82 66% 15% 79% 82% 1% 27% 38% 69% 2% 48% 14% 81% 2% 46% 0% 25% wird von mir genutzt 50% 75% 100% wird in meiner Organisation angeboten Abbildung 4: Angebot von Arbeitsmodellen und die eigene Nutzung (in % aller Befragten), Quelle: Bessing et al., 2017 2.1.1 Ort der Arbeitsleistung Der Arbeitsort ist ein entscheidender Faktor für eine bessere Vereinbarkeit von bestimmten Arbeitsund Lebenssituationen – sowohl langfristig als auch kurzfristig bei vorübergehendem Bedarf, zum Beispiel in Notfällen (Bessing et al., 2017, S. 84ff.). Einen wichtigen Beitrag leistet hier das ortsunabhängige Arbeiten ohne fest eingerichteten PC mit mobilen Endgeräten außerhalb der Dienststelle. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland jedoch beim Anteil der Personen mit Heimarbeit unter dem Durchschnitt und mit Abstand hinter Ländern wie Frankreich, den skandinavischen Ländern oder dem Vereinigten Königreich (Brenke, 2016, S. 95ff.). Dabei neigen vor allem Beschäftigte, die von zu Hause arbeiten können, im Durchschnitt zu einer größeren Arbeitszufriedenheit – insbesondere als jene, die sich Heimarbeit wünschen, aber nicht die Möglichkeit dazu erhalten. Hingegen tendieren unzufriedene Arbeitskräfte vergleichsweise häufig zu einem Jobwechsel. Gute Praxis Die Niederlande bietet grundsätzlich für alle Arbeitnehmer*innen das Recht auf Heimarbeit (Kafsack, 2015). Seit Juli 2015 haben die Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf Heimarbeit. Es obliegt dem Arbeitgeber nachzuweisen, wenn ein „Home Office“ aus betrieblichen Erfordernissen nicht möglich ist. Dass Heimarbeit nicht ausschließlich für die Arbeitnehmer*innen in den Niederlanden eine Alternative ist, zeigt unter anderem die Stadt Potsdam (Stadt Potsdam, o.D.). Seit 2008 forciert die Landeshauptstadt die Digitalisierung ihrer Verwaltung. Infolge des Ergebnisses einer verwaltungsinternen Umfrage, innerhalb derer ein Drittel der Befragten Familie und Beruf als doppelte Belastung empfanden, entwickelte die Kommune das Modellprojekt MAT, die sogenannten „Mobilen Arbeitstage“ (Meck, 2017, S. 49ff.). Mitarbeiter*innen aller Funktions- und Hierarchieebenen haben 83 ein monatliches Kontingent von max. vier mobilen Arbeitstagen, an denen sie Teile ihrer Arbeit von zu Hause erledigen können. In einer Online-Umfrage gaben 78,8 Prozent von über 35 Beschäftigten, die das Angebot regelmäßig nutzen, an, dass MAT die Vereinbarkeit von Beruf und Familie positiv beeinflusst haben. Außerdem konnte eine verbesserte Arbeitszufriedenheit erfasst werden. Nutzende bestätigten, dass MAT einen Mehrwert für sie darstelle, auch infolge des Umstands, ohne störende Unterbrechung arbeiten zu können. Auch in Wuppertal (Stadt Wuppertal, o.D.) und Empfingen (Begemann, 2018) zählt die Flexibilisierung des Arbeitsortes als unerlässlicher Baustein der Verwaltungs-Digitalisierung. Das Besondere: Auch Führungskräften wird die Möglichkeit zur Heimarbeit geboten. In Empfingen beispielsweise arbeitet der Bürgermeister einmal pro Woche von Zuhause aus. Expertensicht Firmensitz und Arbeitsplatz waren lange Zeit fest miteinander verbunden. Mit jedem neuen Technologieschub verschwindet jedoch zunehmend die Notwendigkeit fester Arbeitsplätze. Laut Experten sei demnach der Havelland-Landkreis gezwungen, erweiterte bzw. neue Wege einzuschlagen. Mobile Endgeräte wie Smartphones und Laptops gehören zur Grundausstattung und ermöglichen das Arbeiten an allen Orten. Ob im eigenen Garten, unterwegs in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Home Office: der Arbeitsplatz wird mobil. Wer bereits das mobile Arbeiten nutzt, spart sich anfallende Transportwege, sowie Zeit und Nerven, meint der Leiter der Kommunalakademie Brandenburg. Dass Home Office in der Verwaltung sehr beliebt ist, bestätigt ebenfalls der Landrat von Cochem Zell: Es würde zu einem erhöhten Wohlbefinden sowie zu einer gesteigerten Produktivität beitragen. Zudem würden manche Orte die Kreativität mehr fördern, als die eigenen Bürowände. Die gewonnene Flexibilität und Mobilität hätten aber auch ihre Kehrseite, warnt der Leiter des Digitalisierungsbereichs im Bundesverwaltungsamt in Köln. Demnach erfordere Heimarbeit ein hohes Maß an Organisation und Selbstdisziplin. Der fehlende Druck einer Führungskraft kann zur Beeinträchtigung der eigenen Motivation führen. Eine Lösung sei die Einführung von Gemeinschaftsbüros, den sogenannten Co-Working-Spaces. Hiermit ist nicht nur die räumliche Zusammenarbeit gemeint, sondern auch die geistige. Gemeinschaftsbüros haben den Vorteil, dass sie neben einer guten Ausstattung vor allem das „Netzwerken“ fördern. Ein Grund für den Gründer der Organisation cuckoo eG, welche Tools für das mobile Arbeiten entwickelt, weshalb die Verwaltung verstärkt auf die Einrichtung von Co-Working-Spaces setzen sollte. Insgesamt tendieren die befragten Experten dazu, dass im Jahr 2030 eine zunehmende Entwicklung von realen hin zu virtuellen Teams stattgefunden haben wird. Voraussetzung dafür sind natürlich flächendeckende technische Lösungen, sowie gut funktionierende IT-Systeme – konsistent hinweg über Organisationseinheiten, Ländergrenzen und Standorte. Der Datenaustausch kann etwa durch 84 Cloud-Computing und Kollaboration-Lösungen erfolgen. Diese ermöglichen den Datenzugriff zu jeder Zeit, von jedem Ort oder Endgerät. Durch den Einsatz könne man das Verwaltungspersonal individueller fördern und die Motivation steigern. Die Kehrseite: Fehlende Gespräche unter vier Augen erschweren die Arbeit im virtuellen Team. Darüber hinaus müssen vorab wichtige Fragen, wie rechtliche Grundlagen, Richtlinien für den Datenschutz und mögliche Auswirkungen von Datenlecks und Viren geklärt werden. 2.1.2 Zeitliche Lage der Arbeitsleistung Neben dem Arbeitsort stellen flexible Arbeitszeiten einen entscheidenden Faktor bei der Arbeitgeberwahl dar. Unter diesen werden Arbeitszeitmodelle verstanden, die eine stetige Wahl seitens des Arbeitgebers, des Beschäftigten oder beider hinsichtlich des Ausmaßes und der zeitlichen Lage der Arbeitsverrichtung vorsehen. Innerhalb dieser kann die Arbeitszeit ständig an den betrieblichen Bedarf und an die Präferenzen der Arbeitnehmer angepasst werden (BAUA, 2017, S. 13ff.). Gute Praxis Die Stadt Aschaffenburg bietet ihren Beschäftigten unter anderem flexible Arbeitszeitlösungen an (Stadt Aschaffenburg, 2004). Eine familienorientierte Personalpolitik, welche Veränderungen hinsichtlich Dauer, Lage und Verteilung der wöchentlichen bzw. monatlichen Arbeitszeit beinhaltet, soll den Wunsch nach mehr Zeitsouveränität seitens der Angestellten erfüllen. Seit Jahren schon werden unterschiedliche Teilzeitmodelle praktiziert. Viele Beschäftigte arbeiten täglich weniger als 8 Stunden, wegen schulpflichtiger Kinder oder pflegebedürftigen Angehörigen – auch in Führungsposition. Andere nutzen flexible Arbeits-/Servicezeiten. In vielen Bereichen der Stadtverwaltung können die Mitarbeiter*innen ihre Arbeitszeit selbst festlegen. Es gibt aber auch Dienststellen mit festen Arbeitszeiten. Auf eine strenge Zeiterfassung wird verzichtet. Stattdessen wird ein digitales Arbeitszeitkonto mit Zeitguthaben genutzt, um beispielsweise zusätzliche Ferientage abzudecken. Die Stadt Empfingen beschäftigt rund 60 Mitarbeiter*innen. Seit Beginn der Amtszeit des Bürgermeisters bietet die Stadt Gleitzeit an, zunächst in der klassischen Variante, dann mit sich ändernden Rahmenbedingungen in erweiterten Formen (Begemann, 2018). Die Ämter müssen zu den Öffnungszeiten besetzt sein, ansonsten werden den Beschäftigten größere Freiheiten eingeräumt. Die Grundlage der zukünftigen digitalen Organisation bilden Arbeitsplätze mit digitalisierten Abläufen, Kooperationen, Kommunikationen und Werkzeugen. Dies ermöglicht eine vermehrte Entkopplung von Arbeit und Arbeitsplatz bzw. bisherigen Kern- bzw. Öffnungszeiten. Auf Basis digitaler Abläufe, Kommunikation und entsprechender technischer Gegebenheiten (z.B. mobile Endgeräte, VPN) können 85 dann auch zeitlich-räumlich flexible Arbeitsmodelle (z.B. Home Office) realisiert bzw. erweitert werden. Gut sichtbar wird dies derzeit beispielsweise an den vielerorts entstandenen Chat-Bots: Die Stadt Kremsmünster in Österreich setzt den Cloud-basierten Sprachdienst ALEXA von Amazon für den Bürgerservice ein (Bareis et al., 2018, S. 5ff.). Insgesamt wurden 82 Fragen/Antworten aus dem Bereich Bürgerservice (Themen sind u.a.: „Woher bekomme ich einen Meldezettel?“, „Wieviel kostet ein Pass und was braucht man dafür?“) definiert und programmiert. So entsteht durch die Digitalisierung eine Möglichkeit eine automatisierte, rund-um-die-Uhr-Interaktion zwischen den Bürger*innen und der Verwaltung Kremsmünster zu realisieren und bisher papiergebundene Formulare elektronisch abzuwickeln. Expertensicht Der technologische Fortschritt ermöglicht den Trend von starren hin zu flexiblen Arbeitszeitmodellen. Experten teilen die Meinung, dass individuelle Bedürfnisse eine immer wichtigere Rolle spielen und dass in Rathenow entsprechend stärker auf die Anforderungen der Mitarbeiter*innen eingegangen werden muss. Es gilt also, mehr Freiraum bezüglich der Wahl ihrer Arbeitszeit zu gewährleisten. Flexible Arbeitszeitmodelle wie Wahlarbeitszeit, Teilzeit oder Gleitzeit sind die Zukunft – machen Mitarbeiter*innen glücklich und leistungsbereiter. Nach Meinung eines Professors für Digitalisierung an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, kann auf diese Art jeder herausfinden, welche Arbeitsweise für einen persönlich am effektivsten ist. Damit dies funktioniert, wird das Havelland künftig mehr auf Vertrauensarbeitszeit setzen, erklärt der Professor. Letztlich zählt das Ergebnis und nicht die zeitliche Präsenz. Was tagsüber nicht möglich ist – ob privat oder geschäftlich begründet – kann auch zu einer anderen Tageszeit erledigt werden. Neue Arbeitszeitmodelle ermöglichen in Eigenregie zu entscheiden, zu welcher Tageszeit gearbeitet wird und zu welcher nicht. Dies bedeutet ein Plus an Produktivität. Zeiterfassungen über mobile Endgeräte wie dem Smartphone oder dem Web werden eine unabhängige Zeitgestaltung erlauben. So empfiehlt der Geschäftsführer der KAAW, welche innovative IT-Lösungen zur interkommunalen Zusammenarbeit entwickelt, dass eine Cloud etwa umständliche Excel-Tabellen oder Stundenzettel ersetzen kann. Muss jedoch weiterhin persönliche Präsenz gezeigt werden, etwa bei einem Meeting, kann das auch mit einer Videokonferenz gelöst werden, meint der Manager Public Sector von DocuWare. Hingegen kann die physische Präsenz in manchen Fällen, wie zum Beispiel zu den Öffnungszeiten/Kernzeiten im Bürgerservice, nicht umgangen werden. Nach Meinung des Leiters der Brandenburgischen Kommunalakademie bedeutet eine Flexibilisierung bzgl. der Arbeitszeit ebenfalls weniger Sicherheit und mögliche Ausnutzung. Demnach würden neue Arbeitszeitmodelle Beruf und Privatleben immer mehr verschmelzen lassen. Statt Zeit mit dem Ehemann zu verbringen während die Kinder schlafen, heißt es plötzlich auch arbeiten. Ebenfalls warnt 86 er, dass dadurch bei manch einem das Privatleben zu kurz kommen kann. Psychische Probleme bis hin zum Burn-Out seien die Folge. 2.1.3 Familie und Beruf Die Lebenszufriedenheit hat positiven Einfluss auf die psychische und physische Gesundheit (Brenke, 2016, S. 104). Dazu sollten der Arbeitsplatz, Familie und Freizeit in einem guten Verhältnis zueinanderstehen. Wer das Gefühl hat, dass sich alles der Arbeit unterordnen muss und nicht ausreichend Zeit für andere Lebensbereiche zur Verfügung steht, wird unzufrieden, unproduktiv und letztendlich krank. Verschiedene Maßnahmen können zu einer Balance beitragen, was Arbeitszufriedenheit und Lebensqualität verbessert (Hans-Böckler-Stiftung, 2016, S. 10ff.). Gute Praxis Das Betriebliche Gesundheitsmanagement der Bundesagentur für Arbeit legt seinen Schwerpunkt auf die Aspekte Balance zwischen Berufs- und Privatleben, Engagement, sowie Führung und Zusammenhalt (Meck, 2017, S. 49ff.). Die Bundesagentur fördert die psychische Gesundheit, bietet Seminare und Service für Familien. Zugleich trägt ein Inklusionsmanagement dazu bei, Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen einen Arbeitsplatz zu bieten. Diese können unter anderem die Arbeit mit Hilfe mobiler Endgeräte von zu Hause aus erledigen. Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland eine ressortübergreifende Digitalisierungsstrategie entwickelt. Zu den zentralen Handlungsfeldern zählt neben Gesundheit und Wirtschaft 4.0 auch die digitale Verwaltung (Rosenberger, 2018, S. 4ff.). Ein wichtiges Vorhaben im Digitalisierungsbericht 2018 lautet: Gesundheit mit Digitalisierung verbessern. Mit dem Projekt DocDirekt hat BadenWürttemberg etwa das Fernbehandlungsverbot gelockert. Per Telefon, Video oder Chat bekommen Patienten eine schnelle telemedizinische Fernberatung. Die 24-Stunden-Verfügbarkeit soll helfen, das Wohlbefinden und die Gesundheit der eigenen Arbeitnehmer*innen zu stärken und Krankheitsausfälle vorzubeugen. Expertensicht Die Experten sind sich einig, dass die digitale Transformation längst in vollem Gange ist. Mit ein wenig Selbstmanagement und Organisationstalent wird die örtliche und zeitliche Flexibilität zum Vorteil der Mitarbeiter*innen der Landkreisverwaltung im Havelland werden, berichtet der IT-Leiter des Heidekreises. Diese Aussage wird durch den Geschäftsstellenleiter des IT-Planungsrats gestützt. Demnach würden im Jahr 2030 flexible Arbeitsorte und Arbeitszeiten helfen, Arbeits- und Privatleben in Einklang zu bringen. Starre Jobmodelle werden für viele Arbeitnehmer*innen immer unattraktiver sein. So wird auch die Landkreisverwaltung, wenn sie gut ausgebildete Mitarbeiter*innen anwerben und halten möchte, mehr bieten als ein gutes Gehalt: Die Menschen bevorzugen eine ausgewogene 87 Work-Life-Balance. Flexibel, global, mobil – so lassen sich die zukünftigen Arbeitsmodelle beschreiben. Diese sind nicht nur familienfreundlich, sondern werden auch langfristig für zufriedene und gesunde Mitarbeiter*innen sorgen, ist sich der Geschäftsführer von KL.digital GmbH mit Sitz in Kaiserslautern sicher. Zur Betreuung von Kindern oder zur Pflege von Angehörigen bietet die öffentliche Verwaltung bereits Arbeitszeitreduzierungen. Weiterhin seien zur weiteren Steigerung der Arbeitgeberattraktivität zusätzliche Teilzeitmodelle für (junge) Beschäftigte denkbar, die damit ihre Weiterbildung zum Beispiel im Bereich IT fortsetzen könnten. Sollte die Landkreisverwaltung Havelland dennoch in einigen Bereichen in naher Zukunft auf die durch die physische Präsenz bedingten starren Arbeitsmodelle setzen, so wird sie sich in der digitalen Welt schwertun. Denn die Privatwirtschaft bietet seit langen vielfältigen Möglichkeiten, den Wünschen nach einer gesunden Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter*innen zu entsprechen, ist sich der Digitalisierungsleiter des Bundesverwaltungsamts in Köln sicher. Das wird ebenfalls der Landkreis tun, um im harten Kampf um Fachkräfte mithalten zu können. Dabei würde bei jedem Mitarbeitenden individuell ermittelt werden, was sie oder er in der aktuellen Lebenssituation für ein Arbeitsmodell benötigt. Denn die Experten sind sich einig: Die passenden Rahmenbedingungen sind für jeden von Bedeutung – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Alter oder Fähigkeiten. 2.1.4 Status Quo – Landkreis Havelland Der Landkreis Havelland nutzt ebenfalls die Chancen diverser Arbeitsmodelle, um die Arbeitsorganisation sowohl im Interesse der Dienststelle als auch der Mitarbeiter*innen der Landkreisverwaltung flexibler gestalten zu können – kurzum die Zukunftsfähigkeit der Verwaltung zu sichern. Wichtige Meilensteine bei der Etablierung flexibler Lösungen sind neben der Dienstvereinbarung zur Einführung der alternierenden Telearbeit und zum mobilen Arbeiten im Landkreis Havelland, auch die Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit. Abbildung 5 stellt die Inhalte beider Dienstvereinbarungen vor, fasst die Voraussetzungen der Bestimmungen zusammen und weist auf wesentliche Grenzen hin. Im Fazit werden aus den Ergebnissen abgeleitete Handlungsempfehlungen erläutert. 88 Dienstvereinbarung … des Arbeitsortes Alternierende Telearbeit Informations- und Kommunikationstechnologie gestützte Tätigkeit, welche am häuslichen Arbeitsplatz und Arbeitsplatz in der Landkreisverwaltung Havelland umgesetzt wird. Mobiles Arbeiten Informations- und Kommunikationstechnologie gestützte Tätigkeit, bei dem die Beteiligten des Landkreis Havelland zusätzlich bei Bedarf über elektronische Kommunikationsmittel online miteinander verbunden sind. Voraussetzungen - Aufgaben-, arbeitsplatzbezogene- und persönliche Voraussetzungen - Eignung der jeweiligen Teleplatz-Umgebung - Einhaltung gesetzlicher Anforderungen an Arbeitsräume - Hard- und Software-Bereitstellung durch Landkreis Havelland - Einrichtung durch Arbeits- und Datenschutzbeauftragten - Einbehaltung des Datenschutz - Einhaltung tariflicher/gesetzlicher Bestimmungen Inkrafttreten: 01. September 2017 … der Arbeitszeit Gleitende Arbeitszeit Variable Gestaltung der Arbeitszeit des Verwaltungspersonals des Landkreises Havelland im Gleitzeitrahmen. - von 6:30 Uhr – 20:00 Uhr (montags-freitags) - von 8:00 Uhr – 13:00 Uhr (samstags) - Auswahl der Arbeitszeit muss wöchentliche Arbeitszeit gewährleisten - Festlegung + Kontrolle einer Servicezeit und Mindestbesatzungsstärke Grenzen Vom Geltungsbereich ausgeschlossen: - Auszubildende, Praktikanten und Studierende, - Vorzimmer- und Sekretariatsdienste, - Beratungs- und Betreuungsbereiche, sofern Servicezeiten und Mindestbesetzung nicht eingehalten werden können - Beschränkung auf max. zwei Arbeitstage/Woche - Beschränkung auf max. 40% der wöchentlichen Arbeitszeit - Ansammlung von Zeitguthaben nicht gestattet - Keine maschinellen Leistungs- und Verhaltenskontrollen - Beendigung sofern Teleplatzeinrichtung durch Beauftragte nicht vollzogen werden kann - Etwaige Systemstörungen - Begrenzung der Anzahl an Telearbeitsplätze Besondere Regelungen für: - Auszubildende (Grund: Jugendschutzgesetz) - Beschränkung auf Arbeitszeiten des Gleitzeitrahmens Zeitguthaben Verrechnung der persönlichen Anwesenheitszeit mit der Sollarbeitszeit. - Zeitausgleich innerhalb der Service- und Gleitzeit - Stundenweiser Zeitausgleich nur durch Genehmigung der Führungskraft - Beschränkung auf max. 10 Minus-/ 120 Plusstunden zum Quartalsende - Kappungsstunden gelten nicht für Beamte und befristet Beschäftigte - Begrenzung des zusammenhängenden Zeitabbaus auf 173 Stunden Gesondertes Arbeitszeitkonto Erfassung von Zeitguthaben aus Zeitkonto, genehmigten Kappungsstunden, etc. - Unbefristete Beschäftigung - Beschränkung auf unbefristete Beschäftigte - Beschränkung des Zeitguthabens auf max. 200 Stunden Zeiterfassungssystem „Zeus“ Ermittlung der geleisteten Arbeitszeit über ein IT-gestütztes elektronisches System. - Zugriffsmöglichkeit auf einen PC mit Anschluss an das Intranet der Landkreisverwaltung Havelland - Manuelle Zeiterfassung für Personen ohne Zugriff auf das Intranet der Landkreisverwaltung Havelland Freistellung für ärztliche Behandlungen Gewährung einer Abwesenheit aufgrund einer unaufschiebbaren ärztlichen Behandlung - Abwesenheit zwischen 9:00 – 15:00 Uhr, sofern kein anderer Termin vereinbart werden kann Für beide Arten gilt: - Begrenzung der Fortzahlung der Bezüge auf Umfang der Sollarbeitszeit Freistellung für die Wahrnehmung öffentlicher Ehrenämter Vergütung/Besoldung ehrenamtlicher Tätigkeiten, sofern die Freistellung gesetzlich vorgeschrieben ist - Gesetzliche Vorschreibung der Freistellung - Teilnahme an Einsätzen/Übungen von Rettungskräften Inkrafttreten: 01. Februar 2016 … für Beruf und Familie Inkrafttreten: 01. Februar 2016 Abbildung 6: Flexible Arbeitsmodelle und ihre Konsequenzen (eigene Darstellung) 2.2 Kompetenzen Die digitalen Technologien, welche auch in der Verwaltung angewendet werden, sowie die veränderten Arbeitsbedingungen und Kommunikationsweisen stellen unterschiedliche Anforderungen an das Verwaltungspersonal. Neben dem Aufgabenprofil- und Qualifikationsniveau (vgl. 2.3), soll es im Folgenden darum gehen, welche Fähigkeiten von Mitarbeiter*innen des Landkreises Havelland benötigt werden, um sich auf die mit dem digitalen Fortschritt ändernde Arbeitswelt anpassen zu können. Diese Variable lässt sich unterscheiden in soziale Kompetenzen, Methoden- und Handlungskompetenzen, sowie digitale Kompetenzen. Die digitalen Kompetenzen umfassen dabei natürlich sowohl soziale, als auch Methoden- und Handlungskompetenzen, werden der Relevanz halber aber als einzelner Punkt betrachtet. Als Kompetenz versteht man die erlernbare Fähigkeit, situationsadäquat zu handeln. Kompetenz beschreibt die Relation zwischen der an eine Person oder Gruppe herangetragene oder selbst gestaltete Anforderung und ihre Fähigkeit bzw. ihr Potenzial, dieser Anforderung gerecht zu werden (Reinhardt und North, 2003). 90 Kompetenz ist ein in den Grundzügen eingespielter Ablauf zur Aktivierung, Bündelung und zum Einsatz von persönlichen Ressourcen für die erfolgreiche Bewältigung von anspruchsvollen und komplexen Situationen, Handlungen und Aufgaben. Kompetentes Handeln beruht auf der Mobilisierung von Wissen, von kognitiven und praktischen Fähigkeiten sowie sozialen Aspekten und Verhaltenskomponenten wie Haltungen, Gefühlen, Werten und Motivation (Weinert, 2001; Rychen und Salganik, 2003). Messbar und erlebbar ist nicht die Kompetenz selbst, sondern das Ergebnis kompetenten Handelns, die sogenannte Performanz. Digitale Kompetenz versteht man im Sinne eines kompetenten Umgangs mit digitalen Medien und des Aufbaus einer grundständigen IT-Kompetenz (Bitkom, 2018). Die Unterformen der digitalen Kompetenz werden im dritten Abschnitt dieses Kapitels näher beleuchtet. Die folgenden Ergebnisse setzen sich aus der Literaturrecherche und den Inhalten der Experteninterviews zusammen. Meinungsverschiedenheiten der befragten Interviewpartner*innen werden hierbei nicht betrachtet. Im Großen und Ganzen waren die Positionen der Expert*innen, sowie die Theorien in der Literatur in sich konsistent, sodass im Folgenden die prognostizierten Ist-Zustände der Verwaltung 2030 im Havelland beschrieben werden. 2.2.1 Soziale und emotionale Kompetenzen Gute Praxis und Expertensicht Durch die flexiblen Arbeitsmodelle, welche raum- und zeitunabhängiges Arbeiten ermöglichen, veränderten sich auch die Arbeitsweisen der Mitarbeiter*innen in der Verwaltung. Dies wirkte sich auf die geforderten Kompetenzen aus, welche benötigt werden, um weiterhin zufriedenstellende Arbeiten jeglicher Art zu verrichten. Ein wichtiger Punkt ist die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Verwaltungsmitarbeiter*innen im Havelland. Diese ist vor allem dort gefragt, wo sich die Zusammenarbeit in temporären oder gar virtuellen Teams aus wechselnden internen und externen Akteuren mit einem unterschiedlichen beruflichen Hintergrund, statt in stabilen und homogenen Strukturen vollzieht. Gleiches gilt auch für Arbeitsbeziehungen, die über große räumliche Distanzen hinweg aufrechterhalten werden müssen. Dies kann insbesondere im Home Office der Fall sein. Die Kollaborationsfähigkeit gewährleistet einen gelungenen Austausch und eine funktionierende Zusammenarbeit der beteiligten Personen. Beim Format des Home-Office verfügen die Personen über ausreichend Selbst-ManagementQualitäten, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren. Dies beinhaltet Selbstständigkeit, Selbstorganisation, Selbstführung und Selbstkontrolle. Es wird also jedem selbst überlassen wann und wo er arbeitet, solange die Ausführung und Evaluation durch die Mitarbeiter*innen selbst vorgenommen und auf die Souveränität gesetzt wird. Dies setzt unter anderem auch 91 Verantwortungsbereitschaft, Flexibilität und Spontanität voraus. Auch die Lernfähigkeit und Lernbereitschaft sind ein wichtiger Punkt um kontinuierliche Weiterentwicklungen in der analogen, aber auch der digitalen Arbeitsweise zu ermöglichen. Dazu zählen ebenso die Anpassungs- bzw. Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit, sowie die rasche Auffassungsgabe. Dies erfordert ein hohes Maß an Aufgeschlossenheit und Neugier. Neben der Eigeninitiative und -verantwortung, bleibt jedoch auch die Teamfähigkeit ein relevanter Faktor; die Art und Weise der Zusammenarbeit ändert sich zwar, die Anforderungen an das vollständige und rechtzeitige Erarbeiten bleiben jedoch gleich. Im Team kommt es darauf an mit der ggf. transdisziplinären Zusammensetzung, Interkulturalität und Diversität kompetent zu arbeiten. Im Kontakt mit dem Bürger oder der Bürgerin handeln die Verwaltungsangestellten, welche etwa im Bürgerservicebüro arbeiten auch weiterhin empathisch und authentisch und sind belastbar, konfliktfähig und resilient. Führungskräfte sind wichtiger geworden und benötigen vielfältige Führungskompetenzen. Sie müssen leiten, delegieren und motivieren. Sie fungieren eher als Mentor bzw. Coach und es wird nicht länger Mikro-Management betrieben, d.h. es werden keine exakten, kleinteiligen Arbeitsanweisungen gegeben, sondern es wird, wie schon benannt, eher auf die Eigeninitiative und Handlungskompetenzen der Mitarbeiter*innen gesetzt. Die Führungskräfte wissen aber trotzdem über ihre Mitarbeiter*innen Bescheid, d.h. was können diese, wo können und müssen diese eingesetzt werden, jederzeit auch vor dem Hintergrund des flexiblen Arbeitens wie bspw. Home-Office. Allgemein herrscht ein großes Vertrauensverhältnis hinsichtlich der erbrachten Leistungen. Das Feedback-System und die Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeiter*innen müssen jedoch weiterhin auch bei flexiblen Arbeitszeiten gewährleistet sein, zum Beispiel durch Telefon- oder Videokonferenzen. Die Motivation erfolgt dabei immer gemeinwohlorientiert. Die Leitungskompetenz umfasst zudem die Integration aller Mitarbeiter*innen, etwa durch Coachings und Teambuildings. 2.2.2 Methoden- und Handlungskompetenzen Gute Praxis und Expertensicht Die Mitarbeiter*innen in der Landkreisverwaltung Havelland besitzen im Jahr 2030 ausgewogene Methoden- und Handlungskompetenzen. Planungs- und Organisationsfähigkeit wird vor allem in Funktionen abverlangt, innerhalb derer die Entscheidungsverantwortung delegiert wird, um schnelle, sachgemäße Reaktionen auf unvorhergesehene Umstände zu ermöglichen. In einer vernetzten Arbeitswelt sind die Beschäftigten in Rathenow fähig, mit den anderen Teilnehmer*innen eines Netzwerks, bzw. Kolleg*innen zu kommunizieren und zu kooperieren. Neben der komplexen Informationsverarbeitung und -interpretation müssen gewisse Problemlösekompetenzen und 92 Projektmanagement-Fähigkeiten vorhanden sein. Kreatives und agiles Arbeiten findet statt und Zeitmanagement, sowie Abstraktionsfähigkeit sind etabliert. Die Mitarbeiter*innen müssen ergebnisorientiert handeln, sowie systematisch, vernetzt, kritisch und disruptiv Denken und Entscheiden. Auch hier steht die Dienstleistungs- bzw. Kundenorientierung im Vordergrund. Führungskräfte beherrschen das Change-Management, d.h. sie sind in der Lage ihre Mitarbeiter*innen auf dem Weg der veränderten Arbeitswelt mitzunehmen, sie zu motivieren und ihnen zu helfen. 2.2.3 Digitale Kompetenzen Die digitalen Kompetenzen lassen sich in folgende Bereiche unterscheiden: Digital Literacy (Digitale Grundbildung), Digitale Haltung und Digitales Lernen, Digitale Interaktion und Kollaboration, Digitale Ethik, sowie Digital Leadership. Unter der digitalen Grundbildung versteht man den selbstverständlichen Umgang mit Internetquellen, wie insgesamt mit neuen, mobilen Computer- und Internetmedien (Endgeräte, Web-2.0Anwendungen). Die digitale Haltung und das digitale Lernen beschreiben die Offenheit gegenüber Informationstechnologien um mit ihnen die Organisation zu gestalten. Hierzu zählt auch die Fertigkeit im Umgang mit digitalen Medien, sowie die Bereitschaft und Fähigkeit achtsam, d.h. verantwortungsvoll und zielgerichtet steuernd mit Informationstechnologien, digitalen Medien und Daten umzugehen. Die digitale Interaktion und Kollaboration bezieht sich auf die Kommunikation und Zusammenarbeit der Verwaltungsmitarbeiter*innen. So sollten etwa Wissen und Kenntnisse der Verwaltungsmitarbeiter*innen im Havelland darüber vorhanden sein, wie raum- und zeitunabhängig, also mobil und flexibel, d.h. über digitale Medien Projekte und Aufgaben bewältigt werden, oder auch Videokonferenzen abgehalten werden können. Die digitale Ethik umfasst Kenntnisse über die Sicherheit der Geräte, personenbezogene Daten, den Umgang mit digitalen Technologien, der elektronischen Aktenführung und dem Dokumentenmanagement, elektronischen Identitäten und sozialen Medien. Des Weiteren geht es hierbei auch um eine Grundsensibilität und Wissen über Datensicherheit und Datenschutz. Als Digital Leadership versteht man die Erwartung an Führungskräfte, neue digitale Fähigkeiten an den Tag zu legen, um die digitale Transformation in Organisationen zu meistern und den Wandel zum Erfolg der Organisationen vorantreiben zu können. Dies umfasst unter anderem die Chancen, Einsatzmöglichkeiten, Risiken und Wirkmechanismen von Informationstechnologien zu kennen, zu 93 bewerten und im Sinne Digitalisierungsstrategie der des Führungskompetenz Havellandes zu mitgestalten nutzen. zu Es können heißt und zudem im die eigenen Verantwortungsbereich zu fördern und umzusetzen. Des Weiteren bedeutet es in und mit digitalen Netzwerken im Sinne der Gemeinwohlorientierung zu arbeiten und sie zu gestalten, sowie digitale Medien und internetbasierte Kommunikations- und Zusammenarbeitsdienste (insbesondere Social Media) zu kennen und strategisch zu nutzen. Eine weitere Unterscheidung die man bei digitalen Kompetenzen vornehmen kann ist die Unterteilung in medienbezogene und inhaltsbezogene Kompetenzen. Medienbezogene Kompetenzen beziehen sich dabei auf das operationale Handeln. Inhaltsbezogene Kompetenzen sind unter anderem informationsbezogene Kompetenzen (suchen, bewerten und auswählen von Information), Kommunikationskompetenzen (mailen, kontaktieren, Schaffen von Online-Identitäten), sowie strategische Kompetenzen (d.h. die Fähigkeit, digitale Medien zur Erreichung bestimmter Ziele einzusetzen). 2.2.4 Zwischenfazit Es werden nicht zwangsläufig IT-Spezialisten im Jahr 2030 in der Landkreisverwaltung Havelland benötigt. Die Anwendungen orientieren sich an den Mitarbeiter*innen und unterstützen etwa OnceOnly, also vorausgefüllte Dokumente, was zum Einen weniger Kompetenz der Mitarbeiter*innen benötigt, zum Anderen auch die Akzeptanz fördert. Digitale Kompetenzen sind bei der jüngeren, nachkommende Generationen eher vorhanden und werden dann zwangsläufig als selbstverständliche Arbeitskompetenzen verstanden. Jüngere Leute besitzen eher eine rasche Auffassungsgabe, eine schnelle Anpassungs- und Wahrnehmungsgeschwindigkeit sowie eine hohe (Kurzzeit-) Gedächtnisleistung. Ältere Leute hingegen verfügen verstärkt über Erfahrungswissen, Sprachgewandtheit, abwägende Wahrnehmung, Gelassenheit sowie ein stabiles Selbstkonzept. Sie müssen jedoch auch lernen, sich anzupassen. Eine Verknüpfung dieser beiden Kompetenzprofile stellt eine wesentliche Voraussetzung für Innovationen dar. Die hohen Komplexitäts-, Abstraktions- und Problemlöseanforderungen werden schon an Angestellten auf mittlerer Qualifikationsebene gestellt. Die Kernaussage, welche sich zusammenfassend ableiten lässt, lautet, das Fachwissen gleich bleibt. Die Zwischenmenschlichkeit, d.h. der Umgang bzw. Kontakt mit Bürger*innen kann, anders als standardisierte Verfahren, nicht automatisiert werden. Die sozialen und emotionalen Kompetenzen im Umgang mit Kund*innen (Bürger*innen), Mitarbeitenden, Kolleg*innen und Führungskräften bleiben gleich bzw. werden zum gegebenen Zeitpunkt, laut Aussagen der Experten, verstärkt an 94 Bedeutung gewonnen haben. Es muss ggf. eine noch verbesserte Kundenorientierung stattfinden um Kontaktpunkte zu schaffen und diese mit positiven Emotionen zu besetzen. Die Kernaufgabe des Verwaltungspersonals im Landkreis Havelland wird daher auch im Jahr 2030 die Kommunikation und Interaktion mit dem Bürger sein, um deren Bedürfnisse optimal umzusetzen. Man sollte jedoch auch nicht vergessen, dass in elf Jahren voraussichtlich Kompetenzen benötigt werden, die bisher überhaupt noch nicht absehbar sind. 2.3 Aufgabenprofil und Qualifikationsniveau Die Digitalisierung wird sich insbesondere auf die zu bearbeitenden Aufgaben des Verwaltungspersonals im Landkreis Havelland auswirken. Damit verbunden werden sich die Aufgabenprofile und damit zusammenhängend ebenfalls die notwendigen Qualifikationen für die auszuführenden Inhalte verändern. Die spezifischen Aufgabenprofile lassen sich durch unterschiedliche Aufgabeninhalte definieren und voneinander abgrenzen. Konkret wurde untersucht, welche Aufgabeninhalte und Arbeitsprojekte im Jahr 2030 mit fortgeschrittener Digitalisierung des Landkreises vom Verwaltungspersonal bearbeitet und welche Tätigkeiten ausgeführt werden müssen. Daraus ergeben sich spezifische Aufgabenprofile, die im Rahmen der Entwicklung des Personalkonzepts als festgelegte Verrichtung bestimmter Inhalte im Sinne von konkreten Tätigkeitsfelder definiert sind. Die jeweiligen Aufgabenprofile verlangen dabei bestimmte Qualifikationen, über die der Aufgabenträger zur erfolgreichen Verrichtung der Aufgaben verfügen muss. Aus diesem Grund wurde parallel sowohl im Rahmen der Literaturrecherche als auch der Experteninterviews ermittelt, über welche Befähigungen und Kenntnisse das Verwaltungspersonal des Landkreises Havelland im Jahr 2030 verfügen muss, um die Aufgabeninhalte entsprechend bearbeiten zu können. Dabei lässt sich die jeweilige Qualifikation zum einen über die spezifische Ausbildung und den Bildungsabschluss definieren, als auch über zusätzliche Kompetenzen und Fähigkeiten, die den Aufgabenträger für eine bestimmte Aufgabenverrichtung qualifizieren. Da die Aufgabenprofile im Jahr 2030 divers sein werden, wurde angenommen, dass sich die jeweilig notwendigen Qualifikationen der Aufgabenträger hinsichtlich ihres Niveaus unterscheiden werden. 2.3.1 Aufgabeninhalte und Organisation der Aufgaben Im Hinblick auf die Aufgabeninhalte wurde zum einen untersucht, welche spezifischen Aufgaben vom Personal des Landkreises Havelland 2030 bearbeitet und welche Tätigkeiten potenziell automatisiert wurden und nicht länger durch menschliche Verrichtung erledigt werden müssen. Gleichzeitig wurden potenzielle Veränderungen der Arbeitsanforderungen an den Aufgabenträger ermittelt. Konkret wurde daher sowohl im Rahmen der Literaturrecherche und der Best-Practice-Analyse als auch im Hinblick auf die Experteninterviews die Notwendigkeit der Bearbeitung konkreter Aufgaben abgefragt. 95 Daneben wurde die Organisation der Verrichtung der jeweiligen Inhalte betrachtet. In welchem organisatorischen Rahmen die jeweiligen Aufgaben erledigt werden, wirkt sich dementsprechend auch auf die Aufgabenprofile aus. Gute Praxis und wissenschaftliche Debatte In der wissenschaftlichen Debatte im Hinblick auf die Auswirkung der Digitalisierung auf die Aufgabeninhalte und Tätigkeiten von Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung werden aktuell zwei gegenläufige Entwicklungen diskutiert, die ebenfalls die Anforderungen der zu bearbeitenden Aufgaben des Verwaltungspersonals und damit auch die notwendigen Qualifikationen maßgeblich verändern würden. Hierbei wird zum einen die These des sogenannten Upgradings der Aufgabeninhalte formuliert, wobei angenommen wird, dass die zu bewältigenden Aufgaben im Zuge der Digitalisierung komplexer und inhaltlich anspruchsvoller würden, was entsprechend Auswirkungen auf die notwendige Qualifikation des Verwaltungspersonals zur Folge hätte. Es wird eine Informatisierung der Tätigkeiten angenommen. Eine gegenläufige These nimmt an, dass die technologische Entwicklung zu einer Polarisierung der Aufgabeninhalte führe, was für das Verwaltungspersonal in Rathenow bedeuten würde, dass die Erledigung von Aufgaben auf der dispositiven als auch ausführenden Ebene weiterhin notwendig wäre, gleichzeitig aber eine Erosion der mittleren Aufgabeninhalte stattfinden würde, da diese vollständig automatisiert würden (HirschKreinsen, 2015, S. 8 f. ). Im Hinblick auf künftige Aufgabeninhalte und die Organisation der Aufgabenerledigung wird tendenziell erwartet, dass im Zuge der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, Aufgaben zusammengelegt werden und künftig in einer zentralen Stelle innerhalb einer Behörde gebündelt und gemeinsam bearbeitet werden (Lünendonk GmbH, 2015, S. 14 f.). Beispielhaft kann hierbei die Errichtung eines zentralen IT-Services für die Verwaltung des Landes Baden-Württemberg angeführt werden, über den mehrere Behörden des Landes den IT-Dienstleister BITBW nutzen (Landesregierung Baden-Württemberg, 2017, S. 59 ff.). Daneben könnte auch beispielsweise die Einführung einer Digitalisierungsagentur nach dänischem Vorbild realisiert werden. Bezüglich der Organisation der Aufgabenerledigung wird im wissenschaftlichen Diskurs verstärkt die Aufgabenform des Crowdsourcing, häufig im Sinne von Clickjobs und Microtasks, besprochen (Haberfellner, 2015a). Diese Struktur würde Aufgaben in einfachste Tätigkeiten herunterbrechen, wobei digitale Basiskenntnisse der Aufgabenträger notwendig würden. Die Aufgaben würden sich auf die Inhalte beschränken, die nicht durch die Bearbeitung durch Algorithmen ersetzt werden können, was beispielsweise Tätigkeiten wie die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit von Texten oder Übersetzungen umfassen würde. 96 Expertensicht Eine grundlegende Erkenntnis, die mehrheitlich aus den Gesprächen mit den befragten Experten im Hinblick auf die Veränderung der Aufgabeninhalte deutlich wurde, ist die Annahme einer Halbautomatisierung bisheriger Aufgaben und Tätigkeiten. Gemeint ist damit, dass bestimmte Arbeitsschritte durch den Einsatz von Informationstechnologie automatisiert und von Computern übernommen werden können, andere Arbeitsprozesse im selben Aufgabenbereich jedoch weiterhin durch das Verwaltungspersonal selbst vollzogen werden müssen. Hier wurden von den Experten diverse Beispiele angeführt, die verdeutlicht haben, dass gerade das menschliche Beurteilungsvermögen und die Fachexpertise in Spezialfällen keinesfalls durch die Verwendung von IT ersetzt werden kann. Im Hinblick auf die verschiedenen Arbeitsschritte, die zur Verrichtung einer bestimmten Tätigkeit notwendig sind, würden insbesondere Prozesse mit hoher Fallzahl in Form von Standardaufgaben automatisiert sein. Gerade für diese Aufgabentypen, im Rahmen derer die Datenerfassung automatisiert bzw. zumindest schneller und digitalisiert erfolgen wird, werde die Aufgabenbewältigung für das Verwaltungspersonal in Rathenow im Jahr 2030 erleichtert. Im Bereich der Prüfung und Kontrolle bestimmten Verwaltungshandelns werde die spezifische Expertise des Verwaltungspersonals im Havelland nach wie vor für die tägliche Aufgabenbewältigung insbesondere in Einzelfällen notwendig sein. Die Expert*innen nehmen größtenteils an, dass durch den Fokus auf Spezialfälle und Fachverfahren, die persönliche Beratungs- und Servicetätigkeit mit verstärkter Kundenorientierung des Verwaltungspersonals 2030 deutlich gestiegen sein wird. Grundsätzlich unterscheiden sich die Zukunftsbilder der befragten Expert*innen im Hinblick auf das Ausmaß der Veränderung der Aufgabeninhalte: Während ein Experte aus dem Bereich Ausbildung prognostiziert, dass sich rund 70 Prozent der Aufgabeninhalte verändern würden, legt ein Experte aus der Verwaltung selbst den Fokus auf die Veränderung des Charakters bzw. der Art und Weise der Ausführung von Aufgaben und sieht weniger veränderte Inhalte. Im Hinblick auf die Organisation von Aufgaben, das heißt konkret die Art und Weise der Aufgabenverrichtung, nehmen die befragten Expert*innen einheitlich an, dass wie auch bereits in der Wissenschaft prognostiziert, eine Zusammenlegung und damit Dezentralisierung von Aufgaben stattgefunden habe. Gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass bestimmte Aufgabeninhalte vollständig weggefallen sein werden. Zu nennen wären hier insbesondere die Post- und Archivverwaltung - aber auch die Tätigkeit als IT-Fachkraft sei 2030 bereits überflüssig. Letzteres sei insbesondere der Tatsache geschuldet, dass im Hinblick auf die Zusammenlegung von Aufgaben, die Kommunen nicht länger über eigene Rechenzentren verfügen würden und stattdessen zentrale Softwaresysteme verwendet werden. 97 Tendenziell rechnen die Experten eher mit gestiegenen Anforderungen und einem Upgrading der Aufgabeninhalte aufgrund zunehmender Komplexität, wobei hier die Befragten aus der Brandenburgischen Kommunalakademie skeptisch sind. Weiterhin sehen die befragten Expert*innen aus der Verwaltungspraxis einen Schwerpunkt bei Aufgaben im Bereich Prozessmanagement sowie der Organisation von bestimmten Arbeitsabläufen. Damit verbunden ist die Annahme, dass der inhaltliche Schwerpunkt darauf liege, bestimmte Aufgaben und Verwaltungsanwendungen freizuschalten und zu prüfen, die dann automatisiert ausgeführt würden. 2.3.2 Aufgabenprofil Zunächst wurden im Rahmen der Entwicklung des Personalkonzepts die unterschiedlichen Aufgabenprofile untersucht. Hierbei lag der Fokus darauf, zu erfassen, welche Aufgabenprofile im Jahr 2030 in Rathenow weggefallen sein werden, welche Profile weiterhin notwendig sind bzw. ob und in welcher Ausprägung im Zuge der Digitalisierung bisher unbekannte, neue Aufgabenprofile im Havelland entstanden sein werden. Gute Praxis und wissenschaftliche Debatte Schwierig festzustellen, war die Erfassung der Notwendigkeit bestimmter Aufgabenprofile bzw. die Erfassung einheitlicher Tendenzen im Hinblick auf die Etablierung neuer Aufgabenprofile oder dem vollständigen Wegfall bisheriger Tätigkeitsfelder. Unter anderem ist dies auch der Tatsache geschuldet, dass sich die Aufgabenprofile bereits zwischen den Landkreisen unterscheiden, da hier große Diversität im Hinblick auf Organisation und Struktur der Behörden besteht. Das Australische Amt für Statistik hat exemplarisch eine Klassifizierung von Beschäftigtengruppen in der Verwaltung vorgenommen, die im Zuge der Digitalisierung vollständig wegfallen würden. Diese Einordnung entspricht mehrheitlich den Annahmen der wissenschaftlichen Debatte. Es wird davon ausgegangen, dass insbesondere die Tätigkeiten im Bereich Archivierung/Registrierung und Postbearbeitung künftig vollständig überflüssig sein werden, sowie Beschäftigungen im Telefon- und Kontaktinformationszentrum großzügig eingespart werden. Im Bereich der Etablierung neuer Aufgabenprofile würden insbesondere Tätigkeiten in der Datenanalytik und Spezialisten für Netzsicherheit als wahrscheinlich eingestuft. Als Paradebeispiel eines zukünftigen Jobprofils innerhalb einer digitalisierten Behörde wird häufig der sogenannte Data Scientist angeführt (Haberfellner, 2015a). Expertensicht Die befragten Expert*innen sehen aufgrund der technologischen Entwicklung Veränderungen der bisherigen Aufgabenprofile auf das Verwaltungspersonal des Landkreises zukommen. Dabei nehmen 98 sowohl die Vertreter aus der Verwaltungspraxis als auch externe Dienstleister, sowie die Befragten aus dem Bereich Aus- und Weiterbildung an, dass bestimmte bisherige Aufgabenprofile im Jahr 2030 vollständig ersetzt worden sind. Entsprechend der Kategorisierung, die vom Australischen Amt für Statistik erstellt wurde, wurde während der Experteninterviews deutlich, dass alle Befragten davon ausgehen, dass die im Havelland im Rahmen der Papierverwaltung beschäftigten Verwaltungsangestellten im Jahr 2030 vollständig andere Aufgaben bearbeiten werden als diejenigen, die ihnen aufgrund ihres aktuellen Aufgabenprofils zugeschrieben sind. Ebenfalls wird erwartet, dass das Havelland im Jahr 2030 nicht länger eigene IT-Fachkräfte bzw. verwaltungsinterne Programmierer rekrutiert, da die Landkreisverwaltung kein eigenes Rechenzentrum besitzt, sondern stattdessen zentrale IT-Systeme mitbenutzt. Alle Befragten sind davon überzeugt, dass im Landkreis in elf Jahren insbesondere verstärkte Nachfrage nach teilweise bisher unbekannten, neuen Tätigkeitsfeldern besteht. Exemplarisch zu nennen wären hier Beschäftigungen als IT-Steuerer bzw. -Manager mit Aufgaben im Bereich der Pflege von Algorithmen sowie der Instandhaltung von zentralen IT-Systemen. Auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit würden verstärkt neue Tätigkeitsfelder beispielsweise in der Verwaltung der Social Media-Kanäle bestehen. Daneben sind sich die Expert*innen einig, dass die Transformation bestimmter Tätigkeiten weder alle Aufgabenprofile betreffen wird noch abschließend sei. Gerade im Bereich der rechtlichen Prüfung und Kontrolle bestimmter Verwaltungsverfahren würden nach wie vor, mit steigender Tendenz, weiterhin Verwaltungsfachwirte und speziell Juristen notwendig sein. Im Hinblick auf den Spezialisierungsgrad der künftigen Aufgabenprofile im Jahr 2030 sind Prognosen nur schwer zu formulieren, da sich hier die Expert*innen uneinig sind. 2.3.3 Qualifikation Im Hinblick auf die Qualifikationen standen die Erfassung der verschiedenen Ausbildungen und Bildungsabschlüsse bzw. weitere Fähigkeiten und Kenntnisse zur erfolgreichen Verrichtung der Aufgaben im Jahr 2030 im Vordergrund. Ermittelt wurden der notwendige Spezialisierungsgrad einerseits bzw. ausreichend interdisziplinäre Fähigkeiten andererseits. Gute Praxis und wissenschaftliche Debatte Im Hinblick auf die notwendigen Qualifikationen reihen sich die Ergebnisse entsprechend in die wissenschaftliche Debatte bezüglich der Aufgabeninhalte ein. Diskutiert wird zum einen ein sogenannter skill biased technological change, der von insgesamt steigenden Qualifikationsanforderungen und damit einhergehend höheren Bildungsabschlüssen im Zuge der technologischen Entwicklung ausgeht. Der sogenannte routine based technological change nimmt hingegen an, dass eine zunehmende Polarisierung auf oberer und unterer Qualifikationsebene und einem damit verbundenen Rückgang der mittleren Qualifikationsgruppe stattfinden wird (Haberfellner, 2015b, S. 33 f.). Betrachtet wurden ebenfalls Untersuchungen bzw. Prognosen 99 außerhalb des öffentlichen Sektors, die allerdings sinnvoll auf die Aufgaben der Verwaltung übertragen werden können. Für den Industriesektor wird beispielsweise häufig die These formuliert, dass eine kontinuierliche Aufwertung der Qualifikationsanforderungen im Zuge der digitalen Transformation stattfinden würde. Als Argument wird hierbei, und dies kann ebenfalls auf die Arbeit in der Verwaltung übertragen werden, steigende Arbeitsanforderungen in Folge von computertechnologisch ermöglichten verbreiterten Aufgabenzuschnitten genannt. Umfragen zeigen, dass Beschäftigte gestiegene Anforderungen an ihre Arbeit aufgrund der technologischen Neuerungen wahrnehmen (BMAS, 2016a, S. 14). Daneben wird ebenfalls die Etablierung von funktionsspezifischen Anforderungsprofilen diskutiert. Weiterhin hat sich in der Literatur gezeigt, dass verstärkte Nachfrage nach interdisziplinären Fähigkeiten prognostiziert wird. Gleichzeitig würde der Fokus auf einer spezialisierten Ausbildung liegen. Nach umfassender Recherche blieb zunächst unklar, wie sich die Ausbildung des Verwaltungspersonals im Hinblick auf eine verstärkte Spezialisierung und das Erlernen von vorrangig interdisziplinären Fähigkeiten auswirken wirkt, da hier keine einheitlichen Tendenzen erkennbar sind. Expertensicht Tendenziell erwarten die Expert*innen, dass der Landkreis Havelland im Jahr 2030 darauf angewiesen sein wird, Personal zu rekrutieren, das verstärkt über Fachwissen bei einem gleichzeitig hohen Bildungsabschluss verfügt, was insbesondere für Beschäftigungen im gehobenen Dienst zutrifft. Diese Prognose reiht sich an die Erwartung, dass sich das Verwaltungspersonal im Jahr 2030 inhaltlich insbesondere mit Spezialfällen beschäftigt, da Routineaufgaben künftig durch Mechanismen der Informationstechnologie übernommen wurden. Somit erwarten die Expert*innen einen entsprechenden skill biased technological change, wobei dieser vorrangig für den gehobenen Dienst vermutet wird. Teilweise unterschiedliche Prognosen werden im Hinblick auf den Spezialisierungsgrad der jeweiligen Qualifikationen erkennbar. Während die befragten Expert*innen aus der Verwaltung tendenziell annehmen, dass die Beschäftigten im Landkreis Havelland über einen höheren Spezialisierungsgrad verfügen, um insbesondere die Sonderfälle bearbeiten zu können, nehmen einzelne externe Dienstleister an, dass im Jahr 2030 verstärkt auf interdisziplinäre Qualifikationen mit einem breiten Wissensstand hin ausgebildet wird, da für die in der Landkreisverwaltung beschäftigten Generalisten täglich die Notwendigkeit bestehen wird, sich flexibel in unterschiedliche und fachfremde Aufgaben einzuarbeiten. Einigkeit besteht dahingehend, dass in naher Zukunft neben dem erlernten Vorwissen, das im Zuge der jeweiligen Ausbildung erworben wurde, zusätzliche Fähigkeiten und Kenntnisse für eine erfolgreiche Verrichtung der künftigen Aufgabeninhalte vorhanden sein müssen. Genannt wurden in den Interviews insbesondere Methodenwissen sowie soziale Kompetenzen und Moderationsfähigkeit zwischen mehreren Akteuren. 100 2.3.4 Zwischenfazit Insgesamt waren die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse im Hinblick auf die betrachtete Variable eher vage und ungenau, da in der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion große Unsicherheit herrscht, wie konkrete Veränderungen aufgrund der technologischen Entwicklung ausgestaltet sein werden. Auch bei der Untersuchung von Praxisbeispielen wurde schnell sichtbar, dass eine Übertragbarkeit auf den Landkreis Havelland nur schwer umsetzbar ist. Umso hilfreicher war es, Experteninterviews durchzuführen, um konkrete Einschätzungen und Prognosen für das Personalkonzept des Landkreises zu erfahren: „Kein Computer ist annähernd intelligent“, verdeutlicht die Mehrheitsmeinung der befragten Expert*innen im Hinblick auf das Ausmaß der anstehenden Veränderungen in Bezug auf die Aufgabeninhalte, Tätigkeitsfelder und dafür notwendigen Qualifikationen des Verwaltungspersonals im Landkreis Havelland (IT-Planungsrat, 2017). Keinesfalls werden im Jahr 2030 in der Havelländischen Landkreisverwaltung alle aktuellen Aufgabeninhalte automatisiert sein und von Computern übernommen werden. Vielmehr besteht die grundlegende Veränderung darin, dass in naher Zukunft im Vergleich zu heute, eine Halbautomatisierung der Aufgabeninhalte stattgefunden hat, wodurch unter anderem neue Tätigkeitsfelder entstanden sind, was neue Qualifikationen notwendig gemacht hat. Die über hohe Bildungsabschlüsse mit speziellem Fachwissen ausgestatteten Beschäftigten der Landkreisverwaltung Havelland beschäftigen sich im Jahr 2030 insbesondere mit Spezialfällen und Fachverfahren im Hinblick auf Verwaltungsdienstleistungen, wobei sie in ihrer Arbeit vielfältig durch Künstliche Intelligenz und diverse Anwendungen von Informationstechnologie unterstützt werden. Die automatisierten Routinetätigkeiten sind der eigentlichen Aufgabenbearbeitung des Verwaltungspersonals vorgelagert. Das Verwaltungspersonal im gehobenen Dienst verfügt über hohes Fachwissen und arbeitet spezialisiert als Kontrollinstanz sowie in der Einzelfallprüfung. Dabei verrichten die Beschäftigten teilweise intensiv komplexe und kundenorientierte Beratungs- und Servicedienstleistungen. Gleichzeitig arbeitet das Verwaltungspersonal verstärkt im Bereich des Organisations- und Prozessmanagements von Verwaltungsverfahren. Neben spezialisierten Verwaltungsfachwirten, werden die Beschäftigten im Havellandkreis Prozesse steuern, gleichzeitig ITSysteme aktualisieren und pflegen, wobei die Beschäftigten in Rathenow teilweise getrennte Aufgabenbereiche parallel bearbeiten. 2.4 Personalbedarf Das Stichwort „Digitalisierung“ ruft oftmals nicht bei allen Mitarbeiter*innen positive Assoziationen hervor. Vielmehr wird dieses häufig mit einem Personalabbau in Verbindung gebracht. Dabei kann die Streichung von Stellen als ein Dauerthema in der öffentlichen Verwaltung verstanden werden. 101 Budgetärer Druck zwang in den letzten Jahren viele Verwaltungen dazu, Personal abzubauen. Kommt nun mit der Digitalisierung ein weiterer Antrieb in der Abbauspirale hinzu? Es gibt zahlreiche Studien die prognostizieren, dass in wenigen Jahren ein Großteil der Arbeitsplätze in der öffentlichen Verwaltung aufgrund von Automatisierungen eingespart werden wird. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung beispielsweise sieht ein Substituierbarkeitspotential in Folge der Digitalisierung für Verwaltungsberufe im öffentlichen Dienst von 16,2 Prozent, auf Ebene der Fachkraft sogar bei 37,9 Prozent (IAB 2015, S. 32). Wie sich eine digitale Verwaltung auf den Personalbedarf auswirkt, wird Bestandteil des folgenden Kapitels sein. Dabei wird zwischen den Ebenen der Sachbearbeiter*innen, den Führungskräften und dem IT-Personal unterschieden. Zunächst wird jedoch ein Überblick geschaffen, was unter dem Begriff des Personalbedarfs konkret zu verstehen ist. Der Personalbedarf zeigt auf, welches Arbeitskräftepotential gegenwärtig bzw. zukünftig benötigt wird, um die Ausführung aller betrieblichen Aktivitäten zu gewährleisten. Dabei ist zwischen quantitativem und qualitativem Personalbedarf zu unterscheiden. Der quantitative Personalbedarf ermittelt, wie viele Mitarbeiter*innen konkret benötigt werden, um die betrieblichen Aufgaben zu erfüllen. Der qualitative Personalbedarf hingegen untersucht die fachlichen Anforderungen an Mitarbeiter*innen. Es wird dabei jeder Arbeitsplatz anhand der zu erbringenden Leistungen analysiert und anschließend besetzt. Dieses Verfahren hilft zusätzlich dabei, qualitative Missstände aufzudecken und mittels Neuanstellung oder Weiterbildungsmaßnahmen darauf zu reagieren und so die Qualität innerhalb des Betriebs zu verbessern. Um den Personalbedarf zu ermitteln, ist eine Personalbedarfsplanung notwendig. Diese berechnet nicht nur den künftigen Bedarf an Arbeitskräften, sondern kann gleichzeitig Beschäftigungsprobleme aufzeigen und dazu dienen, diese aufzufangen. Es gibt drei Grundverfahren, um den Personalbedarf zu ermitteln: das analytische Berechnungsverfahren, das analytische Schätzverfahren und die Arbeitsplatzmethode. Das analytische Berechnungsverfahren ist insbesondere im Hinblick auf Behörden und öffentliche Verwaltungen das empfehlenswerteste Verfahren. Der Personalbedarf wird hierbei anhand von aktuellen Ist-Daten berechnet und eruiert mittels der Ergebnisse, wie hoch der zukünftige Personalbedarf sein wird. Diese Methode eignet sich insbesondere bei feststehenden, wiederkehrenden und quantifizierbaren Aufgaben (BMI und BVA 2018). 2.4.1 Ebene der Sachbearbeiter*innen Auf der Ebene der Mitarbeiter*innen, die sachbearbeitende Aufgaben übernehmen, ist zwischen den Laufbahnen zu unterscheiden. Konkret werden an dieser Stelle einerseits der mittlere, andererseits der gehobene Dienst betrachtet. 102 Zunächst lässt sich jedoch allgemein folgende Ausgangsposition feststellen: Die Aufgabenprofile der künftigen Mitarbeiter*innen verschieben sich. Routinemäßige und sich wiederholende Aufgaben werden durch Automatisierungen wegfallen. Wie genau sich die Aufgaben verändern werden, lässt sich dem Handlungsfeld „Aufgabenprofil“ (vgl. 2.3) entnehmen. An dieser Stelle gilt es zu erwähnen, dass im Gegensatz zu anderen Variablen für den Personalbedarf innerhalb der Best-Practice-Analyse keine Beispiele gefunden werden konnten, welche einen kausalen Zusammenhang zwischen Personalabbau und der Digitalisierung der Verwaltung aufzeigt. Zwar lassen sich zahlreiche Beispiele finden, in denen die Personalzahlen im Vergleich zu den Vorjahren teilweise stark abfielen, allerdings konnte dabei kein Rückschluss auf die genauen Gründe gefunden werden. Daher werden im Folgenden die Ergebnisse der Experteninterviews ausgewertet, um eine Aussage über den zukünftigen Personalbedarf an Sachbearbeiter*innen treffen zu können. Expertensicht Mittlerer Dienst Zu den Aufgaben für Mitarbeiter*innen, welche in einer Verwaltung im mittleren Dienst beschäftigt sind, zählen unter anderem die Beratung von Bürger*innen, die Vorbereitung von Verwaltungsentscheidungen sowie die Durchführung von sachbearbeitenden Aufgaben. Die Auswirkungen der digitalen Arbeitswelt auf Sachbearbeiter*innen im mittleren Dienst gehört zu den Komponenten, über deren Ausprägung die meisten Uneinigkeiten zwischen den Expert*innen herrschte. Durch die Verschiebungen im Aufgabenprofil verändert sich auch die Personalstruktur. Es wird von allen Expert*innen erwartet, dass durch Automatisierungen Arbeitsplätze in diesem Aufgabenbereich im Jahr 2030 weggefallen sein werden. Der Vertreter des IT-Planungsrates geht davon aus, dass routinemäßige Aufgaben einen Anteil von ca. 80 Prozent einnehmen, was wiederum dazu führt, dass 80 Prozent der Arbeit durch Automatisierungen abgenommen werden. Was genau das für die Arbeitsplätze des Verwaltungspersonals im Landkreis bedeutet, brachte unterschiedliche Meinungen hervor. Während insbesondere die Vertreter*innen aus der Wirtschaft einen Personalabbau prognostizieren, sind die Expert*innen aus der Praxis anderer Auffassung. Es wurden drei Vertreter*innen aus Kommunen interviewt, welche im Rahmen des Projekts „Modellkommunen EGovernment“ 2014 ausgewählt wurden. In diesen Kommunen wurden bereits große Fortschritte hinsichtlich einer digitalen Verwaltung gemacht, weswegen diese Erfahrungen von großem Wert für dieses Konzept sind. Das Ergebnis unterscheidet sich dahingehend von den anderen Expert*innen, dass alle drei Modellkommunen aussagen, dass die Digitalisierung zu keinem Stellenabbau geführt hat. Dies begründeten sie durch die Verschiebung der Aufgabeninhalte und eine damit verbundene Verschiebung des Personals. Dieses konnte nun an anderer Stelle, an der durch eine zunehmende 103 Komplexität der Aufgaben mehr Bedarf herrscht, eingesetzt werden. Das bedeutet, dass die Digitalisierung zwar einen Großteil an Arbeitsplätzen gekostet hat, welche hauptsächlich durch Sachbearbeiter*innen im mittleren Dienst wahrgenommen wurden, allerdings hatte dies keinen Abbau des Personals zur Folge. Vielmehr wurde dieses auf andere Positionen verschoben. Durch eine solche Verschiebung können Arbeitskapazitäten eingespart werden, welche für die Erfüllung weiterer Aufgaben benötigt werden. Dies wiederum führt dazu, dass beispielsweise die Abarbeitung von Anträgen schneller erfolgen kann, was zudem die Zufriedenheit seitens der Bürger*innen steigert. Es wurde betont, dass der Kontakt zu Bürger*innen auch weiterhin bestehen wird. Das bedeutet, dass durch den Wegfall von repetitiven Aufgaben der Interaktion mit den Bürger*innen mehr Zeit und Raum geschaffen werden kann. Gehobener Dienst Mitarbeiter*innen im gehobenen Dienst übernehmen neben Sachbearbeitungsaufgaben zusätzlich auch Führungsaufgaben. Das bedeutet, dass sie neben den Aufgaben im sachbearbeitenden Bereich und der Beratung von Bürger*innen auch Verwaltungsentscheidungen treffen und ihnen unterstellte Mitarbeiter*innen leiten. Die Sachbearbeitungsaufgaben unterscheiden sich dabei von den Kolleg*innen im mittleren Dienst aufgrund ihrer Komplexität und ihres Anspruches. Es wurde eine Unterteilung zwischen mittlerem und gehobenem Dienst vorgenommen, weil sich das Aufgabenprofil zwischen diesen beiden Laufbahnen unterscheidet. Mitarbeiter*innen im gehobenen Dienst bearbeiten bereits jetzt Fälle, welche aufgrund ihrer Komplexität nur schwer automatisiert werden können. Das bedeutet, dass diese auch weiterhin zu einem Großteil manuell gelöst werden müssen. Das wiederum hat zur Folge, dass die Expert*innen an dieser Stelle ebenfalls keinen Personalabbau sehen. Vielmehr wird der Personalbedarf in dieser Laufbahn aufgrund von einer zunehmenden Komplexität der Arbeit, beispielsweise durch Informationssicherheit, steigen. Diese Bedarfserfüllung muss jedoch nicht zwingend durch Neueinstellungen durch Externe erfolgen, sondern kann durch die bereits beschriebenen Verschiebungen des eigenen Personals stattfinden. Dieses ist bereits innerhalb der internen Abläufe und Systeme geschult, weshalb an dieser Stelle eine schnelle und reibungslose Übernahme der Aufgaben gelingen kann. Auch wird hier der Kundenkontakt weiterhin notwendig sein. Insbesondere Menschen, welche komplexe Anliegen haben, bedürfen oftmals einer persönlichen Beratung. Da Mitarbeiter*innen im gehobenen Dienst auch Führungsaufgaben übernehmen können, welche zukünftig mehr gefordert sein werden, kann auch hier kein sinkender Personalbedarf festgestellt werden. Zwischenfazit Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass im Jahr 2030 der Bedarf an Sachbearbeiter*innen im mittleren Dienst in der Landkreisverwaltung Havelland abgenommen haben wird. Dies bedeutet 104 jedoch nicht, dass dieses Personal freigesetzt werden muss. Stattdessen ist eine qualitative Analyse der Arbeitsplätze ratsam. Diese hilft aufzuzeigen, an welcher Stelle Personal durch Automatisierung eingespart und an welchen anderen Arbeitsplätzen dieses eingesetzt werden kann. Durch die zunehmende Komplexität der Aufgaben können Sachbearbeiter*innen an eben jenen Arbeitsplätzen eingesetzt werden, in denen die Aufgabenvielfalt zunehmen werden. Zudem ermöglichen Weiterbildungsmaßnahmen den Aufstieg von Sachbearbeiter*innen vom mittleren in den gehobenen Dienst. Diese können anschließend drohende Personallücken aufgrund zunehmender Komplexität auffangen. Aufgrund dieser Ergebnisse wird davon ausgegangen, dass zumindest in der Übergangsphase der aktuelle Personalbedarf in der Landkreisverwaltung erhalten bleiben wird, um den Wandel zu gestalten. Das bedeutet, dass keine Entlassungen jetziger Mitarbeiter*innen notwendig sein werden. Auf Ebene der Sachbearbeiter*innen im mittleren Dienst wird davon ausgegangen, dass zukünftige Neubesetzungen der Stellen zu einem Großteil nicht notwendig sein werden. 2.4.2 Ebene der Führungskräfte Gute Praxis und Expertensicht Wie bereits innerhalb des Handlungsfeldes der Kompetenzen (vgl. 2.2) beschrieben wurde, werden Führungskompetenzen zukünftig immer wichtiger werden. Das bedeutet, dass der Bedarf an Führungskräften im Jahr 2030 in der Landkreisverwaltung Havelland voraussichtlich gestiegen sein wird. Führungskräfte in der öffentlichen Verwaltung sind ein zentraler Bestandteil für die Funktionsfähigkeit dieser. Sowohl die Best-Practice-Analyse, als auch die anschließenden Experteninterviews haben gezeigt, dass sich sowohl die Rolle, als auch die Aufgaben von Führungskräften zukünftig verändern werden. Während Führungskräfte heute noch zu einem Großteil kontrollieren und Befehle erteilen, sollen sie zukünftig mehr als ein Coach verstanden werden, welcher seine unterstellten Mitarbeiter*innen motiviert und dafür Sorge trägt, dass diese unter günstigen Rahmenbedingungen ihr Potential optimal entfalten können. Eine Führungskraft sollte ihre Mitarbeiter*innen und deren individuellen Interessen kennen und versuchen, diese mit den Zielen der Organisation zu vereinbaren (u.a. Eisvogel, 2014, 7ff.). Welche weiteren Kompetenzen Führungskräfte der Zukunft besitzen sollten, ist dem Handlungsfeld über die Kompetenzen (vgl. 2.2) zu entnehmen. Oftmals zeigt sich erst nach Anstellung neuer Führungskräfte, ob diese die erforderlichen Führungsqualitäten auch wirklich besitzen und nach außen tragen können. Daher haben sich in der Praxis verschiedene Methoden entwickelt, mit Hilfe derer die Führungsqualität erhöht werden soll. So werden neben der Verpflichtung zu zahlreichen Weiterbildungsseminaren auch Modelle wie die 105 Einstellung von Führungskräften auf Probe eingeführt. Im Kreis Soest beispielsweise werden neue Führungskräfte zunächst für zwei Jahre auf Probe eingestellt (Deutscher Landkreistag, 2013, S. 14). Die Experteninterviews haben ergeben, dass ein Wandel der Führungsebenen stattfinden wird bzw. im Jahr 2030 bereits stattgefunden hat. Während weiterhin die Landrätin beziehungsweise der Landrat, Dezernent*innen sowie Abteilungsleiter*innen im Havelland von zentraler Bedeutung sein werden, wird auf den Ebenen darunter mehr Führungspotential notwendig sein. Die Arbeit wird zunehmend projektbasierter abgehalten werden, parallel werden sich mehr Arbeitsgruppen gebildet haben (vgl. Kapitel 4). Das bedeutet, dass in den einzelnen Arbeitsgruppen Führungskräfte notwendig sein werden. So werden neben den Referatsleiter*innen die Sachgebiets- und Arbeitsgruppenleiter*innen wichtiger. Diese Aufgaben können von Mitarbeiter*innen im gehobenen Dienst übernommen werden. Da davon ausgegangen wird, dass sich Führungskräfte zukünftig weniger mit inhaltlichen Fragen, sondern verstärkt mit reinen Führungsaufgaben auseinandersetzen werden, wurde vom Experten aus dem Bundesverwaltungsamt darauf hingewiesen, dass eine Öffnung der Landkreisverwaltung für diese Positionen hinsichtlich der Ausbildung und Qualifikation notwendig sein wird. 2.4.3 Ebene des IT-Personals Expertensicht Durch die voranschreitende Digitalisierung steigt gleichzeitig der Bedarf an IT-Fachkenntnissen. Jedoch sieht sich die öffentliche Verwaltung mit einer starken Konkurrenz aus der freien Wirtschaft konfrontiert. Aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln ist es der öffentlichen Verwaltung meist nicht möglich, konkurrenzfähig zu sein. Jedoch gibt es verschiedene Möglichkeiten, qualifiziertes ITPersonal für die öffentliche Verwaltung zu finden. Genaue Strategien lassen sich innerhalb des Handlungsfeldes „Personalgewinnung“ (vgl. 2.6) nachlesen. An dieser Stelle soll lediglich auf die durch die Expert*innen genannten Lösungen, welcher der steigende Bedarf mit sich bringt, eingegangen werden. Da qualifiziertes IT-Personal für eine öffentliche Verwaltung schwer zu finden ist, wird es notwendig sein, zunehmend auf die Weiterbildung des eigenen Verwaltungspersonals zu setzen. Interessierte und geeignete Mitarbeiter*innen würden beispielsweise bei der Einrichtung einer neuen Software durch den Softwarehersteller geschult werden. Diese „Experten“ schulen dann wiederum das gesamte Verwaltungspersonal und helfen diesem bei auftretenden Problemen. Die Schulung solcher „Experten“ hat den Vorteil, dass das eigene Personal die spezifischen Abläufe besser kennt als der Hersteller der Software, sodass irrelevante Extras nicht vermittelt würden, sondern sich lediglich auf die für die eigenen Aufgaben wichtigen Abläufe konzentriert werden kann. 106 Neben diesen Schulungsmaßnahmen wurden sowohl bei der Best-Practice-Analyse, als auch bei den Experteninterviews die Einrichtung und Beteiligung an sogenannten IT-Pools als künftige Lösung für den steigenden Bedarf an der Steuerung von IT-Prozessen genannt. Solche Pools werden gemeinsam mit anderen Verwaltungen gepflegt und genutzt. Sie bestehen aus mehreren IT-Fachkräften, auf welche bei Bedarf zurückgegriffen werden kann. Ein ähnliches Pool besitzt die Finanzbehörde Hamburg. Dieses ist jedoch nicht nur für IT-Fachkräfte gedacht, sondern allgemein für die Umsetzung von IT-Projekten. Dieses besteht aus derzeit 16 Mitarbeiter*innen und kann von den Behörden und Landesbetrieben Hamburgs bei IT-Projekten konsultiert werden (IT-Planungsrat 2017, S. 28). Als weiteres Beispiel für einen solchen Pool lässt sich der Service experts on demand des international agierenden Dienstleisters t-systems nennen, welcher zur Telekom AG gehört. Dieser bietet Organisationen weltweit ein Pool aus über 100.000 IT-Expert*innen unterschiedlichster Spezialisierungen an, auf welche diese bei Bedarf zugreifen und für einen notwendigen Zeitraum in ihre Organisation holen können (t-systems, o.D.). Dieses Prinzip der Nutzung von IT-Fachkräften auf Zeit wird vielfach als eine Lösungsstrategie genannt, um den steigenden Bedarf an der Steuerung von IT-Prozessen in einer Verwaltung trotz budgetären Druckes zu begegnen. 2.5 Personalentwicklung und Weiterbildung Wirkungsvolle Personalentwicklungsmaßnahmen helfen Verwaltungseinrichtungen anfallende Anforderungen effizient und effektiv zu bearbeiten, denn nicht bei jeder Veränderung und Innovation können neue Verwaltungsangestellte eingestellt werden. Zum einem aufgrund der Kostenintensität, zum anderen schadet eine lange Einarbeitungszeit der Prozesseffizienz sowie der Mitarbeitermotivation. Gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel in Verbindung mit der Digitalisierung steigt der Bedarf an Weiterbildung in der Landkreisverwaltung Havelland, die zum Ziel hat, alle Mitarbeiter*innen eines tendenziell alten Verwaltungsapparats an die neuen, digitalen Gegebenheiten heranzuführen und Fach- und Spezialwissen zu vermitteln. Arbeitnehmer*innen sollen dadurch an neue Arbeitsfelder und Aufgabenstrukturen herangeführt werden. Auch insbesondere die Art und Weise wie (zusammen)-gearbeitet wird, ändert sich durch die Digitalisierung radikal. Auch der Landkreis Havelland fördert Qualifizierungs- und Berufsausbildungsmaßnahmen, wodurch sich eine starke Relevanz für das Thema im Landkreis Havelland ausmachen lässt. Zuletzt wurden diese in der Dienstvereinbarung Nr. 606 (01/2016), in der Landrat und der Vorsitzende des Personalrats sich unter anderem auf folgende Inhalte verständigen konnten, festgehalten: Qualifizierung ist gemeinsames Interesse von Beschäftigten, Beamten und Arbeitgeber, da dies zur Steigerung von Effektivität und Effizienz führt, Verbesserung der Dienstleistungen für den Bürger, Motivation der Beschäftigten und Förderung von Nachwuchskräften  Kostenbeteiligungsregelung, Treueverpflichtung und Bildungsfreistellung 107  Art der Qualifizierung/Förderung: Erhaltungs- und Einführungsqualifizierung, Fort- und Weiterbildung sowie Umschulung  Art und Weise der Planung: Bedarfsanalyse mit Fachvorgesetzten (mind. einmal im Jahr), um eine individuelle Qualifizierungsvereinbarung zu schließen Die Literatur beschreibt Personalentwicklung als die zielgerichtete Qualifikation und Weiterbildung von Arbeitnehmer*innen im Hinblick auf die spezifischen Anforderungen einer Organisation. Dies umfasst berufsbegleitende und -einführende sowie arbeitsplatznahe Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Ziel ist es, eine langfristige Personalplanung, trotz immer unsicherer und wandelnder Umweltbedingungen, sicherzustellen. Des Weiteren können die Maßnahmen zum Halten und Fördern von Mitarbeiter*innen und somit auch als Attraktivitätsfaktor für potenzielle Bewerber*innen dienen. Zudem werden Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit und Leistungspotenzial gesteigert und Fluktuationskosten sowie Fehlzeiten gesenkt. Somit stellt die Personalentwicklung einen strategischen Erfolgsfaktor für die gesamte Organisationsentwicklung dar. Im Hinblick auf die zu gestaltende Vision für das Personal der Landkreisverwaltung im Havelland 2030 wurde die Personalentwicklung und Weiterbildung anhand von Literaturrecherche und Experteninterviews als eines von sechs relevanten Handlungsfeldern identifiziert. Im Zuge weiterer Best-Practice-Analysen und Experteninterviews wurden die vier Dimensionen Art der Fortbildung, Zertifizierung/Personalentwicklung, Inhalte und Personengruppen entwickelt. Die entsprechenden Ergebnisse werden in den folgenden Abschnitten beschrieben. 2.5.1 Art der Fortbildung Die „Art der Fortbildung” beschreibt die Art und Weise der Übermittlung von Weiterbildungsinhalten an die Verwaltungsangestellten der Landkreisverwaltung. Ziel ist die Etablierung von innovativen Konzepte, die einen reibungslosen Wissenstransfer ermöglichen und zugleich Verwaltungsangestellte motivieren, sich in neue Aufgabenfelder und -strukturen einzuarbeiten. Eine bewährte Methode ist Blended Learning, welches eine Kombination aus unterschiedlichen Medien und Methoden zur Wissensvermittlung beschreibt. Diese Mischform hilft dabei Inhalte nachhaltig und flexibel zu vermitteln (Davis, 2001). Dies ist vor allem im Hinblick auf die flexiblen und ortsunabhängigen Arbeitsmodelle der Verwaltungsangestellten im Landkreis Havelland ein entscheidender Faktor. Des Weiteren ist die 70-20-10-Regel ein hilfreicher Ratgeber bei der Planung der Fortbildungsmaßnahmen, die der Wissenschaftler Charles Jennings entwickelt hat. 70 Prozent des neuen Wissens eignen sich Mitarbeiter*innen informell durch Aufgaben und Herausforderungen in der Praxis an. 20 Prozent lernen Arbeitnehmer*innen durch ihre Kolleg*innen im Berufsalltag und 10 Prozent von Wissen entsteht durch die Teilnahme an klassischen Maßnahmen wie Vorträgen und Workshops (Haufe, 108 2019). Hierdurch kann die Verteilung und der Aufbau der Blended Learning Gestaltung zwischen Seminaren, Selbstlernen, Training on the Job und internen Projekten gesteuert werden. In der Vision 2030 hat der Landkreis Havelland eine E-Learning-Plattform etabliert, welche Verwaltungsangestellten eine unkomplizierte und dem individuellen Profil angepasste Weiterbildungsangebote nach den vorherig beschriebenen Paradigmen zur Verfügung stellt. Hierbei ist eine enge Verzahnung zwischen On- und Offline-Maßnahmen gegeben, der persönliche Wissenstransfer und die Möglichkeit der Anwendung von Gelerntem stehen im Vordergrund. Die Plattform hat die Möglichkeit, das schon vorhandene Wissen zu kategorisieren, um den Wissenstransfer zwischen Angestellten zu vereinfachen und somit ein digitales Wissensnetzwerk zu erschaffen. Im Jahr 2030 fördert der Landkreis Havelland auch arbeitsferne Weiterbildungsmaßnahmen. Hierzu würden zum Beispiel Sprach- und Kunstkurse zählen. Dies fördert Beschäftige in ihrer Kreativität und hilft in immer agiler-werdenden Arbeitsmethoden in interdisziplinären Teams ein Out-of-the-Box-Denken zu etablieren. Gute Praxis Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fordert in der „Digitale Strategie 2025” unter anderem neue didaktische Mittel und Verbreitungswege sowie interaktive Lernformate, die für einen erweiterten Zugang zu Wissen sorgen (BMWE, 2016, S. 49). Diese Erkenntnis müsste auch in den Landkreisen übernommen werden. Organisationen haben längst erkannt, dass ein Wandel bei Bildung und Ausbildung notwendig ist. Schon heute sind sich acht von zehn Organisationen über alle Branchen hinweg darüber im Klaren, dass die Weiterbildung ihrer Fachkräfte für die digitale Arbeitswelt entscheidend ist, insbesondere auch für die eigene Konkurrenzfähigkeit (BMWI, 2016, S.50). Diese Erkenntnis, die insbesondere für die Wirtschaft gilt, könnte ebenso als Paradigma für die Verwaltung gesehen werden. Im Allgemeinen lässt sich auch in der nationalen Strategie eine Forderung nach Wandel in der Art der Fortbildung erkennen. Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage (96 Kommunen) zum Thema Personalentwicklung in der Kommunalverwaltung aus dem Jahr 2017 gewähren folgende Einblicke (Franke, 2017). Die befragten Kommunen bieten zu:  98,9 Prozent externe Seminare  91,5 Prozent interne Seminare Mitarbeitergespräche  89,4 Prozent Mitarbeitergespräche  66,0 Prozent Messen  65,4 Prozent Coaching  54,3 Prozent Teamentwicklung 109  34,0 Prozent Berufsbegleitende Masterstudiengänge  5,3 Prozent Führungskräfte Feedbacks an. Zu erkennen ist, dass vielen Kommunen die Entwicklung von Mitarbeiter*innen wichtig ist, jedoch die Formen der Weiterbildung noch stark variieren. Eine umfassendere Durchmischung könnte umgesetzt werden, um weitere Lernpotenziale freizusetzen. Expertensicht Die Aussagen, die zur Art der Fortbildung aus Expertensicht getroffen wurden sind heterogen. Vor allem wird von den Expert*innen gefordert, dass alle Mitarbeiter*innen im Umgang mit digitalen Hilfsmitteln geschult werden, damit keine Nachteile für Nicht-Digital-Natives entstehen. Digitale Grundlagen können vor allem durch praxisnahe Schulungen und persönlichem Wissenstransfer geschult werden. Schulungen sollten dabei immer so angelegt sein, dass die geschulten Mitarbeiter*innen als Multiplikator*innen in der Landkreisverwaltung Havelland agieren können, und ihr Wissen im Rahmen von Schulungen oder informell innerhalb der Landkreisverwaltung weitergeben. Die Expert*innen sind sich darüber einig, dass im Voraus einer Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahme, zunächst eine Bedarfsanalyse bei jeder/-m Mitarbeiter/-in individuell durchgeführt werden muss. Danach sollte ein Schulungsplan entwickelt werden, der nutzer- bzw. mitarbeiterorientiert gestaltet ist. Dieses Vorgehen wird bereits in der Landkreisverwaltung im Havelland angewendet, jedoch müsste dies im Jahr 2030 ein ständiger Prozess sein, der sowohl digital als auch monatlich in einem Gespräch abgebildet werden kann. Darauf aufbauend sollten dynamische E-Learning-Tools angewendet werden, die auf die individuellen Nutzerbedürfnisse eingehen und flexibles zeit- und ortsunabhängiges Lernen zulassen. 2.5.2 Personalplanung Unter Zertifizierung, in Bezug auf das Personalwesen, sind alle Maßnahmen eines Arbeitgebers zu verstehen, die formelle und informelle Qualifikationen von Mitarbeiter*innen bescheinigen. Hierzu zählen zum Beispiel Abschlüsse von Berufsausbildungen oder Hochschulzeugnisse, aber auch Zertifikate, die die Fähigkeit der Bedienung eines Fachverfahrens nachweisen. In der Landkreisverwaltung Havelland sind zur Ausübung bestimmter Aufgaben aktuell bestimmte Zertifikate notwendig. Personalplanung beschreibt die Maßnahmen, die eine Verwaltung ergreift, um in naher, mittlerer und ferner Zukunft, die erforderlichen Mitarbeiter*innen zu beschäftigen, um die anvisierten Ziele zu erreichen. Immer mehr Fähigkeiten werden informell erworben, entweder durch die Adaption von anderen Mitarbeiter*innen oder auch durch das eigene Engagement (selbstorganisiertes Lernen). 110 Vorkenntnisse aus anderen Arbeitsverhältnissen werden Arbeitnehmer*innen oft nicht umfassend bescheinigt. Gerade aus diesen Gründen ist im Jahr 2030 in der Landkreisverwaltung im Havelland, ein zusammenhängendes Zertifizierungssystem etabliert, welches Qualifikationen transparent bescheinigt. Auf Grundlage dessen ist eine dynamische Personalplanung möglich. Die Personalabteilung des Landkreises Havelland hat hierdurch einen genauen Überblick über alle Qualifikationen der einzelnen Mitarbeiter*innen und kann so Anreizsysteme schaffen, die Weiterbildungsmaßnahmen von Individuen mit den Anforderungen freigewordener Stellenbeschreibungen zu verbinden. Dadurch ist eine zukunftsorientierte Personalplanung möglich, die stets die Besetzung aller Stellen garantiert. Gute Praxis Evolution des Lernens (IEB, 2019): ● ● ● ● Lernen 1.0: ○ Belehrung in der Präsenzschulung ○ Unsortiert auf Vorrat ○ Wenig nachhaltiger Lerneffekt ○ Großer Verlust zwischen Energieaufwand und Einsatz Lernen 2.0: ○ Lernen mit technischen Hilfsmitteln ○ Verbundene Informationen ○ Kein emotionaler Kontext zum Stoff ○ Erhöhung der Zugänglichkeit von Wissen Lernen 3.0: ○ Mit digitalen Hilfsmitteln ○ Keine direkte Verbindung zwischen Zeitpunkt und Gebrauch ○ Keine Anwendung ○ Verhältnismäßig große neue Speicherkapazitäten zum Sammeln von Informationen Lernen 4.0: ○ Kontextbasiertes und vernetztes Lernen Das kontextbasierte Lernen entsteht durch individuelle Anwendungsfälle am eigenen Arbeitsplatz. Um diese Form des Lernens weiter zu fördern, bedarf es Zertifizierungssystemen, die informell erworbenes Wissen bescheinigen. Hierdurch werden Anreize für Mitarbeiter*innen geschaffen. Die Zertifizierung der Absolvierung von Tests kann durch Kolleg*innen erfolgen. Die Digitalisierungsstrategie von Nordrhein-Westfalen erkennt die Wichtigkeit von Qualifikation und Zertifizierung an. Hierdurch würden Mitarbeiter*innen motiviert. Außerdem ist es ebenfalls für Arbeitnehmer*innen einfacher, sich gegen Unsicherheiten der Zukunft zu rüsten (NRW, 2018, S.28). Das Land Nordrhein-Westfalen setzt auf Qualifizierung und Zertifizierung von neu gewonnenem Wissen als wichtigen Schritt in eine digitale Zukunft. Hierfür werden Arbeitnehmer*innen mit Mitteln 111 des Landes gefördert. Ziel ist es unter anderem auch digitale Themen prominenter zu platzieren und Bewusstsein für den stattfindenden Umschwung zu schaffen. Expertensicht Auch zum Thema Zertifizierung und Personalplanung zeigt sich bei den Expert*innen ein heterogenes Meinungsbild. Ein wichtiger inhaltlicher Schwerpunkt der Experteninterviews war, dass Qualifikationsund Zertifizierungsmaßnahmen in der konkreten Fachlichkeit erfolgen müssen, so dass eine dynamische Personalplanung etabliert werden kann. Des Weiteren sollte es ein digitales System geben, welches die Qualifikation der Mitarbeiter*innen sowie die ausgeschriebenen Stellenanzeigen miteinander vergleicht, um eventuelle Weiterbildungsmaßnahmen den Mitarbeiter*innen vorzuschlagen. Ziel sollte es laut Expert*innen immer sein, das Qualifikationsniveau konstant anzuheben. Dies gelinge vor allem mit einem auf die gesamte Verwaltung abgestimmten Schulungsplan. Weiterbildungssysteme müssen sich am Zertifizierungsstatus der Mitarbeiter*innen ausrichten und davon ausgehend einen Schulungsplan entwickeln. 2.5.3 Inhalte der Personalentwicklung Inhalte von Weiterbildungsmaßnahmen im Landkreis Havelland sind laut Dienstvereinbarung 606:  Fortentwicklung von fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen  Erwerb zusätzlicher Qualifikationen und Schlüsselqualifikationen  Umschulungsmaßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung Im Jahr 2030 sind diese Inhaltstypen erhalten, mit dem Zusatz, dass Mitarbeiter*innen von der Verwaltung unabhängige Fortbildungen besuchen können, wie z. B. einen Sprach- oder Fotokurs. Dies dient dazu, die Kreativität der Mitarbeiter*innen zu fördern und Problemlösungsfähigkeiten in anderen Gebieten zu erlangen, die dann anschließend auf Verwaltungsaufgaben angewendet werden können. Des Weiteren hat der Landkreis Havelland im Rahmen der Digitalisierung eine Grundlagenqualifikation entwickelt, welche zum Arbeiten mit digitalen Hilfsmitteln sowie allgemein zur Digitalisierung, Wissen vermittelt. Mitarbeiter*innen verstehen hierdurch die Wirkungszusammenhänge der verschiedenen, digitalen Themen. Sie werden dazu befähigt, aktiv an der möglichen Integration weiterer digitaler Lösungen mitzuarbeiten. Themen, die hier besonders im Fokus stehen, sind: Big Data, Algorithmen, Open Data, Open Government, Künstliche Intelligenz und Datenschutz. Meta-Themen betreffen vor allem die digitalen Möglichkeiten der Kommunikation. Hier ist es wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, in welchen Fällen digitale Lösungen zur Effizienz beitragen und in welchen sie einen Prozess eher hindern. Hauptthemen sind hier der Einsatz von digitalen Tools, Projektmanagement, Teamarbeit und die Nutzung digitaler Kanäle. 112 Die Schulung von Fachverfahren, die täglich von Verwaltungsangestellten benutzt wird, ist sinnvoll und wird beibehalten. Jedoch werden diese Fachverfahren in Zukunft immer einfacher und intuitiver zu bedienen sein, so dass nur noch der zu bearbeitende Themenkomplex inhaltlich zu verstehen sein wird. Gute Praxis Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fordert in dem Papier „Digitale Strategie 2025” den Wandel von Bildung und Ausbildung von heutigen und zukünftigen Mitarbeiter*innen. Gerade im Hinblick auf die digitale Welt, soll in Deutschland Konkurrenzfähigkeit gewährleistet sein (BMWI, 2016, S.49). Wichtige Kenntnisse sind vor allem:  Datenanalyse (45 Prozent)  Social Media (35 Prozent)  Programmieren (35 Prozent)  Datenschutz und Datensicherheit (25 Prozent). Die Aussagen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie lassen erkennen, dass zukünftig digitale Themen in Schulungen und Weiterbildungen aufgegriffen werden. Hierbei ist ein grundsätzliches Verständnis für Digitalisierung notwendig. Dies ist auch eine sinnvolle Richtlinie für den Landkreis Havelland. Expertensicht Auch die Expertenmeinung zu den Inhalten Personalentwicklung und Weiterbildung divergieren. Konsens der Expert*innen ist, dass eine digitale Grundbildung zumindest notwendig ist. Diese Grundlage sollte bei allen Mitarbeiter*innen geschaffen werden, so dass ein gemeinschaftliches Verständnis in der Art und Weise wie Sachverhalte bearbeitet werden, entwickelt werden kann. Hierbei sollte auf die Möglichkeiten der klassischen Frontalschulung, zusammen mit e-Learning und Praxisaufgaben zurückgegriffen werden, damit die verschiedenen Aspekte bestmöglich erklärt werden können. Wichtig ist hierbei laut Expert*innen, Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Themengebieten herzustellen. Eine weitere Voraussage der Expert*innen ist, dass es im Jahr 2030 immer weniger reine Wissensvermittlung geben wird. Es wird mehr Methodenwissen gefragt sein, sodass in interdisziplinären Teams, Aufgaben entlang einer Methode gelöst werden können. Der Wissenstransfer und die Anwendung in der Praxis sind wichtige Bestandteile. Laut Expert*innen erlernen Mitarbeiter*innen neue Inhalte so am sinnvollsten. 113 2.5.4 Personengruppen Der Landkreis Havelland beschäftigt Angestellte im mittleren (E/A6 – E/A9), gehobenen (E/A9 – E/A13) und höheren Dienst (E/A13 – E/A16), wobei die Mehrheit in der Landkreisverwaltung im gehobenen Dienst arbeitet (Haushalt 2018). Anhand der Besoldungsgruppen werden Mitarbeiter*innen auch unterschiedliche Konditionen bei der Wahrnehmung von Weiterbildungsmaßnahmen angeboten (z. B. bei Qualifizierungsmaßnahmen von mehr als zehn Arbeitstagen im Jahr). Im Jahr 2030 werden Weiterbildungsmaßnahmen aufgrund eines individuellen Persönlichkeitsprofils erstellt und ermittelt. Mitarbeiter*innen werden hierfür aufgrund von Vorkenntnissen eingestuft, Hierarchien und Besoldungsstufen sind keine entscheidenden Faktoren für die Einordnung. Des Weiteren sollten je nach Einsatzgebiet und Verantwortungsbereich unterschiedliche Maßnahmen ergriffen werden. Trends für die Zukunft sind: Mitarbeiter*innen im mittleren Dienst werden stärker in die Kundeninteraktion mit eingebunden und sollen auf digitalen und analogen Kanälen mit den Bürger*innen kommunizieren. Mitarbeiter*innen aus dem gehobenen und höheren Dienst müssen die Zusammenhänge der Digitalisierung verstehen und Potenziale erkennen, wie neue, digitale Möglichkeiten eingesetzt werden können. Zu jedem Zeitpunkt der Fortbildung der Verwaltungsangestellten wird ein Kontakt zu Themen der Digitalisierung oder vernetztem Arbeiten hergestellt sein. So könnten in den Rahmenplänen von Ausbildung und Studium, digitale Inhalte einen elementaren Anteil bilden. Arbeitnehmer*innen, die bereits eine Ausbildung abgeschlossen haben, könnten sich in Zukunft dem Paradigma des lebenslangen Lernens anschließen und offen für neue Inhalte sein. Gute Praxis Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fordert in seinem, durch ein Dialog-Format entstandenem, Weißbuch – Arbeiten 4.0, die schrittweise Erweiterung der Kompetenzen, welche eine zentrale Aufgabe der Personalentwicklung darstelle. Weiterbildung und individuelle Teilhabe seien zentrale Stellschraube für alle Mitarbeiter*innen (BMAS, 2016b, S. 106). Hierdurch wird zusätzlich deutlich, dass von Weiterbildungen keine Personengruppen ausgeschlossen werden sollten und dass zur persönlichen Entwicklung die Weiterbildung elementar ist. Die Digitale Akademie Baden-Württemberg verfolgt das Ziel, Führungskräfte aus der Verwaltung auf die Potenziale, die der digitale Wandel bietet, aufmerksam zu machen. Der Grund dafür ist: Die Führungskräfte haben eine Schlüsselrolle. Ihre Aufgabe ist es, die digitale Transformation zu gestalten. In innovativen Formaten lernen Mitarbeiter*innen in der Führungsakademie die Kompetenzen, die für den digitalen Wandel erforderlich sind (DABW, 2019). Solche Fortbildungsmaßnahmen sind sehr 114 positiv zu bewerten, da Entscheider*innen die Möglichkeiten der Veränderung aufgezeigt und für mögliche Lösungen sensibilisiert werden. Expertensicht In den Experteninterviews gab es wenige Äußerungen, die spezifische Personengruppen betreffen. Einige Expert*innen sind jedoch der Meinung, dass Mitarbeiter*innen aus Personengruppen, deren Berufsbild durch Automatisierung stark verändert oder ersetzt wird, sich im Thema Kundeninteraktion weiterbilden sollten, damit eine Nähe zum Bürger auch in Zukunft sichergestellt ist. Eine weitere interessante aber zum Teil widersprüchliche Aussage ist, dass Expert*innen Generalist*innen in der Verwaltung fordern, die eine gewisse Grundbildung mitbringen, dann jedoch flexibel in verschiedenen Bereichen und Projekten eingesetzt werden können. 2.6 Personalgewinnung Der Zusatz der Personalgewinnung wird in diesem Bericht als eine Art Handreichung für den Landkreis Havelland verstanden. Anders als bei den vorherigen Handlungsfeldern verändert die Digitalisierung diese nicht grundlegend, sondern erweitert ihre Möglichkeiten. Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass die Arbeit in der digitalisierten Verwaltung immer komplexer wird und daher vermehrt nach qualifiziertem Personal gesucht werden muss. Da die Landkreisverwaltung Havelland künftig verstärkt mit der Privatwirtschaft um Personal konkurrieren wird, muss dieses gezielt und über neue Wege angesprochen werden. Ebenfalls ist wichtig, dass die Landkreisverwaltung ihren Markenkern herausstellt, um als attraktiver Arbeitgeber im Havelland qualifiziertes Personal finden zu können. Personalgewinnung gilt als ein Aspekt des Personalmanagements und meint die Beschaffung von neuen Mitarbeiter*innen. Synonym werden dafür auch die Begriffe der Personalrekrutierung der Personalbeschaffung genannt. Es lassen sich zwei Arten der Personalgewinnung definieren, die externe und die interne. Interne Personalgewinnung meint, dass innerhalb der Organisation Personal an die Stellen verschoben wird, an denen es benötigt wird. Diese Art der Personalbeschaffung bringt einige Vorteile mit sich. So sind die Fähigkeiten samt Stärken und Schwächen der Bewerberin beziehungsweise des Bewerbers bekannt und die Fluktuationswahrscheinlichkeit sinkt. Zudem kann die Aussicht auf eine Besetzung auf eine Stelle in höherer Position motivierend auf das eigene Personal wirken. Bei der externen Personalgewinnung hingegen werden die zu besetzenden Stellen ausgeschrieben und durch Externe besetzt. Durch die Einstellung neuer, betriebsfremder Mitarbeiter*innen können neue Perspektiven Einzug in die Organisation finden (Onpulson, o.D.). 2.6.1 Ansprache von Bewerberinnen und Bewerbern Es gibt zahlreiche Wege, neue Mitarbeiter*innen für eine Position in der Landkreisverwaltung Havelland anzusprechen. 115 Gute Praxis und wissenschaftliche Debatte Soziale Medien und Netzwerke sind zu einem wichtigen Bestandteil im Leben von jungen Mitarbeiter*innen geworden. Ein Ende dieses Trends wird auch für das Jahr 2030 nicht abzusehen sein. Den öffentlichen Verwaltungen wird hinsichtlich der strategischen Nutzung diverser Medien zur Ansprache von Bewerber*innen große Defizite zugeschrieben. Daher wurde während der Recherche das sogenannte Social Media Recruiting als einer der wichtigsten Aspekte der Ansprache herauskristallisiert. Dabei lässt sich zwischen einer direkten und einer indirekten Ansprache unterscheiden. Beim indirekten Social Media Recruiting wird vermehrt auf die Schaltung von Werbeanzeigen innerhalb der verschiedenen Netzwerke wie Facebook, Instagram, YouTube und Twitter gesetzt. Direktes Social Media Recruiting hingegen bedeutet, dass gezielt qualifizierten Menschen auf Portalen wie XING und LinkedIn gesucht und diese dort persönlich kontaktiert werden. Eine solche Methode hat den Vorteil, dass auch Menschen angesprochen werden, welche eine Anstellung bei der Landkreisverwaltung Havelland bis dahin noch gar nicht in Betracht gezogen haben (u.a. Schwarz et al., 2012, S. 7). Ein weiteres hilfreiches Instrument zur Ansprache von qualifizierten Menschen sind zeitgemäße Kampagnen. Das Bundesverwaltungsamt kann an dieser Stelle als exemplarisches Beispiel genannt werden. Dieses hat im Jahr 2017 mittels Großflächenplakaten deutschlandweit um Nachwuchskräfte geworben. Unter dem Motto „Bewirb dich so, wie du bist“ wurde in Zusammenarbeit mit einer Kommunikationsagentur eine Personalgewinnungskampagne erstellt, welche mit dem Zeit Karriere Award 2018 ausgezeichnet wurde (Fink & Fuchs, 2018). Des Weiteren hat das Bundesverwaltungsamt ein Imagevideo erstellt. In diesem Video stellt sich das Bundesverwaltungsamt auf humoristische Art als Arbeitgeber vor. Mitarbeiter*innen erklären in diesem Video, was das Besondere an ihrer Arbeit beim Bundesverwaltungsamt ist und warum dieses einen großartigen Arbeitgeber darstellt (BVA, 2018). Eine solche Kampagne beziehungsweise die Erstellung eines Imagevideos wäre auch im kleinen Rahmen für das Havelland möglich. Mit Hilfe diverser Online-Medien kann die Arbeit der Landkreisverwaltung transparenter und anschaulicher dargestellt werden. Zudem wäre das Versenden eines Imagevideos bei einer direkten Ansprache über XING oder LinkedIn eine gute Möglichkeit, sich als modernen Arbeitgeber zu präsentieren. Expertensicht Auch die Expert*innen sind der Auffassung, dass die Landkreisverwaltung Havelland den steigenden Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften nur bewältigen kann, indem sie im Jahr 2030 vermehrt innerhalb der sozialen Medien vernetzt ist. Auch darf das Havelland nicht auf Bewerbungen warten, sondern wird offensiv auf Menschen zugehen und diese kontaktieren müssen. Neben Ständen auf Karrieremessen bieten die sozialen Medien ganz neue Wege, qualifiziertes Personal zu finden und 116 anzusprechen. Es wurde auch hier auf verschiedene Imagefilme hingewiesen, beispielsweise von der Bundeswehr. Einige Expert*innen sind der Auffassung, dass dies auch für die Landkreisverwaltung Havelland ein geeignetes Mittel sei, die Arbeit anschaulicher zu gestalten und so mehr Bewerber*innen zu finden. Als Beispiel wurde an dieser Stelle die Filmuniversität Konrad Wolf in Potsdam genannt. Dort gibt es viele Studierende, die nach Projekten suchen und beispielsweise mit der Erstellung eines Imagevideos beauftragt werden könnten. Selbes gilt für Studierende aus Fächern aus ähnlichen kreativen Bereichen, beispielsweise Design. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass viele Menschen sich mit dem Komplex der öffentlichen Verwaltung gar nicht auseinandergesetzt haben. Eine transparente und leicht zugängliche Darstellung der Arbeit, beispielsweise durch soziale Medien, kann hierbei helfen. 2.6.2 Arbeitgeberattraktivität Es wird immer wieder betont, dass die öffentliche Verwaltung ein schlechtes Image besäße. Die Verwaltungen seien verstaubt, zu hierarchisch, unmodern und Mitarbeiter*innen hätten keine Möglichkeiten, um sich zu entfalten. Doch all dies sind Klischees, die schon heute kaum noch zutreffen. Insbesondere die Digitalisierung bietet dem Landkreis Havelland für das Jahr 2030 eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich von diesen Klischees zu befreien. Öffentliche Verwaltungen besitzen viele Vorteile, die sie zu einem attraktiven Arbeitgeber werden lassen. Wichtig ist, diese hervorzuheben und in der Außendarstellung zu betonen. Gute Praxis und wissenschaftliche Debatte Der wohl größte Vorteil, den die Landkreisverwaltung gegenüber den meisten Organisationen in der Privatwirtschaft besitzt, ist die gesellschaftliche Relevanz der Arbeit. Ziel der Arbeit einer öffentlichen Verwaltung ist nicht Gewinnmaximierung, sondern die Funktionsweise des gesamten öffentlichen Sektors aufrecht zu erhalten. Damit orientiert sich die öffentliche Verwaltung am Gemeinwohl. Zudem kann eine öffentliche Verwaltung oftmals bessere Arbeitsbedingungen als eine Organisation in der Privatwirtschaft bieten. Dazu zählt eine hohe Familienverträglichkeit, welche beispielsweise durch einen Wechsel in Teilzeit und die Rückkehr aus dieser ermöglicht werden kann. Des Weiteren gilt die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung nicht nur für Beamt*innen, sondern auch für Tarifbeschäftigte als sicherer als in der Privatwirtschaft. Zudem herrscht für die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung eine vergleichsweise hohe Tarifbindung und sie besitzen einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung (§ 20, Abs. 1 TVöD). Hinzu ermöglichen neue Arbeitsmodelle, wie beispielsweise die Telearbeit, eine flexible und familienfreundliche Arbeit. Darüber wurde bereits innerhalb des entsprechenden Handlungsfeldes zu den Arbeitsmodellen (vgl. 2.1) berichtet und Beispiele aufgezeigt. Auch bieten öffentliche Verwaltungen zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten, welche ebenfalls bereits im Handlungsfeld zur Personalentwicklung (vgl. 2.5) dargestellt wurden. 117 Eine weitere Möglichkeit für die Landkreisverwaltung Havelland, um sich als potentieller Arbeitgeber zu präsentieren, ist die Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen. Die Möglichkeit einer Ausbildung oder eines dualen Studiums ist ein wichtiger Schritt, Mitarbeiter*innen zu finden. Zudem können über die Schaffung von Werkstudententätigkeiten und umfangreichen Praktika Studierende die Arbeit der Landkreisverwaltung als potentiellen Arbeitgeber kennenlernen. Selbes gilt für die Begleitung von Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten, wobei die Landkreisverwaltung dabei gleichzeitig von den Ergebnissen dieser Arbeiten profitieren. Ein weiterer Schritt zur Bindung qualifizierter Mitarbeiter*innen sind Trainee-Programme. Dabei durchlaufen diese für einen gewissen Zeitraum verschiedene Bereiche innerhalb der Verwaltung und werden auf verschiedene Positionen als Führungs- oder Fachkraft, vorbereitet. Diese Programme gibt es nicht nur für Verwaltungsmitarbeiter*innen, sondern auch für IT-Fachkräfte. Exemplarisch lässt sich hier die Stadt Hamburg nennen. Diese bietet Master-Absolvent*innen die Möglichkeit eines 18-monatigen ITTraineeprogramms. Dank solcher Programme werden jungen Menschen bereits früh Karrieremöglichkeiten aufgezeigt und diese so an die öffentliche Verwaltung gebunden (IT-Planungsrat 2017, 16ff.). Für viele junge, hoch qualifizierte Menschen sind Aufstiegsmöglichkeiten bei der Berufswahl wichtig. Allerdings unterscheiden sich die Wünsche und Vorstellungen häufig von dem, was in der Praxis angeboten wird. Um auf diesen Missstand zu reagieren, haben sich in den letzten Jahren alternative Laufbahnmodelle etabliert. Die Literaturrecherche hat ergeben, dass die Einführung einer Fachlaufbahn als ein erfolgreiches Mittel zur Steigerung als Attraktivität als Arbeitgeber in der öffentlichen Verwaltung gesehen werden kann (u.a. Richenhagen et al., 2014, S. 23). Eine Fachlaufbahn ist für Menschen attraktiv, welche gern mehr inhaltliche Verantwortung übernehmen wollen. Mittels einer Fachkarriere können diese speziellere und anspruchsvolle Aufgaben übernehmen, ohne dabei für das Personalmanagement und zusätzliche administrative Angelegenheiten verantwortlich zu sein, welche oft mit einem Karriereaufstieg verbunden sind. Als Expert*innen für einen Sachbereich genießen die Mitarbeiter*innen den Status und das Gehalt einer Führungskraft und befinden sich auf der Hierarchieebene parallel zu dieser. Mittels Fachkarrieren können hochqualifizierte Mitarbeiter*innen in der Verwaltung weiterentwickelt und gehalten werden (Pola, 2010, S. 12ff.). Dieses Modell ist auch für die Gewinnung von IT-Personal zu empfehlen (IT-Planungsrat 2017, S. 37). Die Vorteile, welche eine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung mit sich bringt, entsprechen auch den Wünschen, welche junge Menschen an einen Arbeitgeber stellen. Der deutsche Beamtenbund hat gemeinsam mit Forsa eine Studie durchgeführt und 14- bis 18-Jährige befragt, was für sie die wichtigsten Gründe bei der Auswahl ihrer Ausbildung und des späteren Berufs sind. Gute Weiterbildungsmöglichkeiten, die Entfaltung der eigenen Interessen, das Leisten hochwertiger Arbeit, 118 Nähe zur Familie und ein sicherer Arbeitsplatz rangieren ganz Oben bei den wichtigsten Gründen. Dies zeigt auf, dass die Landkreisverwaltung Havelland viele Qualitäten besitzt, um einen attraktiven Arbeitgeber für jungen Menschen darzustellen (Dempele et al., 2017, S. 58). Expertensicht Alle Expert*innen waren der Auffassung, dass die Landkreisverwaltung im Jahr 2030 ihren Markenkern stärker herausstellen wird, um konkurrenzfähig zu bleiben. Dazu zählen die Arbeitsplatzsicherheit, Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten und die Nutzung flexibler Arbeitsmodelle hinsichtlich der Arbeitszeit und dem Arbeitsort. Während einige Expert*innen darauf hinweisen, dass die Gehälter erhöht werden, sehen andere dies nicht so. Der Vertreter des Bundesverwaltungsamtes bezeichnete das Gehalt als einen „Hygienefaktor“. Die Höhe des Gehaltes wird auch im Jahr 2030 nicht einzig ausschlaggebender Grund für die Jobentscheidung sein. Ab einer gewissen Gehaltsgrenze, welche jeder Mensch für sich individuell festlegt, zählen nicht mehr das Geld, sondern der Spaß und die Sinnhaftigkeit der Arbeit. Auch hier wurde wieder auf gemeinwohlorientierten Ansatz der Arbeit in einer öffentlichen Verwaltung hingewiesen. Insbesondere bei der Arbeit für Gemeinden und Kommunen wurde der Vorteil der lokalen Verbundenheit genannt. Qualifizierte Mitarbeiter*innen müssen für einen guten Job nicht in Großstädte ziehen oder pendeln, sondern können auch in kleineren Ortschaften leben und arbeiten, was ein Vorteil des Landkreises Havelland und seiner Verwaltung ist. Des Weiteren wurde auf Leistungsprämien hingewiesen, um die Arbeit in der Verwaltung des Landkreises Havelland mit der Privatwirtschaft konkurrenzfähig zu gestalten. 3. Handlungsempfehlungen Arbeitsmodelle Kernaussage: Individuelle Bedürfnisse spielen eine immer wichtigere Rolle. Für viele Arbeitnehmer*innen ist es unabdingbar, ihre/n bzw. seine/n Arbeitszeit/-ort flexibel auszuwählen. Als Konsequenz sollte der Landkreis Havelland Lösungen für Arbeitsort und -zeit – unter Berücksichtigung der Vereinbarkeit mit der Behörde selbst und den veränderten Bedürfnissen der Mitarbeiter*innen – anbieten. Folgende Maßnahmen sind empfehlenswert: Erweiterung des Angebots von flexiblen Arbeitsmodellen auf allen Funktions- und Hierarchieebenen. Angebote des Home-Office unter anderem auch für Servicebereiche und Ämter mit Beratungsleistungen wären denkbar, ebenso wie Angebote für Teilzeit auch für junge Beschäftigte, sowie Vereinbarungen zur Vertrauensarbeitszeit. Dabei sollten 119 individuelle Lösungen für jeden Einzelnen, unabhängig von Geschlecht, Alter oder Nationalität entwickelt werden und somit ein lebensphasenorientiertes Personalmanagement stattfinden. Kompetenzen Kernaussage: Die Zwischenmenschlichkeit kann nicht automatisiert werden. Führungskräfte werden wichtiger und müssen bessere Führungsqualitäten haben. Die Verwaltungsmitarbeiter*innen sind stets zu motivieren und durch ihre Führungskräfte auf dem Weg der Digitalisierung, zum Beispiel durch Coachings und Teambuildings, mitzunehmen und zu unterstützen. Jeder Mitarbeiter muss eine Digital Literacy, d.h. eine Digitale Grundbildung besitzen, offen gegenüber neuen Entwicklungen im digitalen Bereich sein, sowie Kenntnisse über den Datenschutz und ähnliche Richtlinien besitzen. Zudem müssen digitale Interaktions- und Kollaborationskompetenzen vorhanden sein, um virtuelles Kommunizieren und Zusammenarbeiten stattfinden zu lassen. Die Zwischenmenschlichkeit, d.h. der Kontakt mit Bürger*innen wird weiter bestehen bleiben. Die Mitarbeiter*innen im Bürgerservicebüro müssen daher auch weiterhin empathisch, verantwortungsbewusst und konfliktfähig im Umgang mit Bürger*innen agieren. Aufgabenprofil und Qualifikationsniveau Kernaussage: Halbautomatisierung der Aufgabeninhalte ersetzt teilweise Tätigkeiten, schafft aber auch Notwendigkeit für neue Aufgabenprofile. Es sollten Bedarfsanalysen durchgeführt werden, um die Betroffenheit einzelner Referate und Dezernate hinsichtlich der Zusammenlegung und Dezentralisierung zu bewerten und davon ableitend Aussagen über den Personalbedarf zu treffen. Zudem ist aktive Prozessmanagement und -steuerung zu betreiben. IT-Systeme sollten gemeinschaftlich genutzt werden. Durch die Anpassung der Lehrmethoden in Zusammenarbeit mit zuständigen Bildungsstätten, die Feststellung des notwendigen Spezialisierungsgrads für unterschiedliche Ausbildungswege und die Stärkung des Wissenstransfers werden künftige Ausbildungsinhalte und -profile konzeptualisiert. Personalbedarf Kernaussage: Der Personalbedarf ist abhängig von Position und Bereich. Digitalisierung kostet niemanden den Arbeitsplatz. Zukünftig wird eine qualitative Analyse der Arbeitsplätze notwendig sein. Auf diesem Wege kann ermittelt werden, an welchen Stellen Arbeitskapazitäten eingespart und an welchen zusätzliche Arbeitskräfte benötigt werden. Eine Verschiebung des Personals an notwendige Arbeitsplätze ist zu empfehlen und von einer Freisetzung des aktuellen Personals ist abzusehen. Um den steigenden 120 Bedarf an hochqualifiziertem Personal, insbesondere im Bereich der Führungskräfte, zu begegnen, ist eine Öffnung hinsichtlich der Qualifikationsanforderungen notwendig. Zur Sicherstellung des Wissenstransfers über IT-Prozesse muss eine adäquate Fortbildung des eigenen Verwaltungspersonal gewährleistet werden. Eine Beteiligung an IT-Pools gemeinsam mit anderen Verwaltungen stellt eine zusätzliche Unterstützung bei umfangreichen Fragen und Problemen dar und sollte daher initiiert werden. Personalentwicklung und Weiterbildung Kernaussage: Personalentwicklung wird digitaler, individueller, flexibler. Es sollte eine landkreisübergreifende Mitarbeiter*innen erlaubt, ein E-Learning-Plattform individuelles Lern- und entwickelt Expertenprofil werden, die anzulegen, es um Weiterbildungsmaßnahmen eigenständig zu planen und den internen Wissenstransfer anzuregen. Dabei sollte eine Mischung aus Online- und Präsenzschulungen (Blended Learning) stattfinden und somit ein individuelles Lerntempo und ein individueller Lernort ermöglicht werden. Nicht-DigitalNatives sollten verstärkt in digitalen Themen geschult werden. Die Weiterbildungsmaßnahmen können gebündelt, mit benachbarten Landkreisen oder dem Land oder Bund stattfinden, um Kosten zu sparen und Vernetzungen zu fördern. Die Fortbildungsmaßnahmen sollen dabei unabhängig von Hierarchie- und Besoldungsgruppen ausgewählt werden. Zudem soll die Entwicklung eines transparenten und landesweit anerkannten Zertifizierungssystems vorangetrieben werden. Personalgewinnung Kernaussage: Herausstellung des Markenkerns. Der Ausbau der Präsenz in sozialen Medien und des Social Media Recruiting ist unerlässlich im Konkurrenzkampf um hochqualifiziertes Personal. Auch darf die Landkreisverwaltung nicht auf Bewerbungen warten, sondern muss offensiv auf potentielle Mitarbeiter*innen zugehen und diese ansprechen. Die Erstellung von Kampagnen und Imagevideos, kann dabei helfen, eine Vielzahl von Menschen anzusprechen und sich als modernen Arbeitgeber zu präsentieren. Zudem muss die Landkreisverwaltung ihren Markenkern und ihre Vorteile gegenüber der Privatwirtschaft hervorheben und bspw. auf sachgrundlose Befristung verzichten. Die Etablierung von alternativen Karrierelaufbahnen wie der Fachlaufbahn, sowie das Aufzeigen zahlreicher Aufstiegs- und Weiterbildungsmaßnahmen helfen, die eigene Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern und hochqualifiziertes Personal zu rekrutieren. 121 4. Szenarien Marianne Müller wohnt und arbeitet in Rathenow. Nach ihrer zweijährigen Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten hat sie der Ehrgeiz gepackt, weshalb sie sich entschieden hat, im Anschluss ein Studium der Öffentlichen Verwaltung an der Berliner HWR zu absolvieren. Frau Müller hat sich sehr darüber gefreut, als sie vor einigen Jahren über XING von einer Personalerin aus der Landkreisverwaltung Havelland angeschrieben wurde. Da sie gebürtig aus dem Saarland stammt, kannte sie Brandenburg nicht besonders gut und hätte daher wahrscheinlich nie eine Stelle im Havelland in Betracht gezogen. Neben einer interessanten Stellenbeschreibung wurde ihr auch ein Video zugeschickt, in welchem sich die Landkreisverwaltung mit einigen Mitarbeiter*innen vorstellte. Nach weiteren Recherchen in diversen Sozialen Medien konnte Frau Müller die Landkreisverwaltung als einen modernen, familienfreundlichen und digital-agilen Arbeitgeber kennenlernen, was genau ihren Wünschen entsprach. Daher hat sie noch am selben Tag ein erstes persönliches Kennenlerngespräch vereinbart. Kurze Zeit später ist Frau Müller dann ins Havelland gezogen. Ein großer Vorteil ist, dass die Mieten im Vergleich zur Hauptstadt noch bezahlbar sind, was für sie als alleinerziehende Mutter eine große Erleichterung darstellt. Sie ist sehr froh über ihren Arbeitsplatz (in Teilzeit) bei der Landkreisverwaltung Rathenow, der ihr die Möglichkeit bietet, ihre zweijährige Tochter neben dem Job gut betreuen zu können. Bei der Landkreisverwaltung arbeitet sie im gehobenen Dienst als Führungskraft im Bauordnungsamt, das mittlerweile mit dem Kataster- und Vermessungsamt zusammengelegt wurde, aber weiterhin im Dezernat IV angesiedelt ist. Frau Müller ist 33 Jahre alt und ein Digital Native. Sie hat Erfahrung im Umgang mit digitalen Anwendungen. Das Ziel von Frau Müller ist die erfolgreiche Erfüllung der Aufgaben einer Führungskraft trotz einer Anstellung in Teilzeit. In Marianne Müller spiegeln sich die veränderten Anforderungen der Arbeitnehmer*innen gegenüber dem Arbeitgeber sehr gut wider. Sie legt ihren Schwerpunkt nicht mehr allein auf das Gehalt – eine ausgeglichene Work-Life-Balance ist für sie zunehmend wichtig. Da Frau Müller das notwendige KnowHow besitzt, konnte ihr eine Führungsposition in Teilzeit, obwohl für diese ursprünglich eine Vollzeitkraft vorgesehen war, gewährt werden. Seit einigen Jahren ist es in der havelländischen Landkreisverwaltung nun schon möglich, auch als Führungskraft in Teilzeit zu arbeiten. Falls Frau Müller ihre Arbeit ab einem gewissen Grad nicht mehr schaffen sollte, sieht die Landkreisverwaltung eine Lösung im Job-Splitting. Entsprechend könnte ihre Position auf zwei Teilzeitkräfte aufgeteilt werden, was bedeuten würde, dass die Hälfte der Arbeit von Frau Müller und die andere Hälfte von einer anderen Teilzeitkraft erledigt wird. Nur eine Lösung dafür, dass Marianne Müller weiterhin Zeit mit ihrer Tochter im schönen Havelland verbringen kann. Sollte diese jedoch mal nicht ausreichen, steht es Frau Müller offen, auch als Führungskraft Teile ihrer Arbeit im Home-Office zu erledigen. Ähnlich wie die internen Servicebereiche IT, Kämmerei oder Rechnungsprüfung kann auch sie örtlich 122 ungebunden arbeiten. Die Landkreisverwaltung hat Frau Müller mit entsprechender Hard- und Software ausgestattet. Da sie regelmäßig an Datenschutzschulungen teilnimmt und sie im Umgang mit digitalen Anwendungen geübt ist, sieht die Landkreisverwaltung Havelland kein Problem an der Arbeit im Home-Office. Durch die von der Landkreisverwaltung erneuerte Dienstvereinbarung von 2027, kann Frau Müller nun an mehr als zwei Tagen alternierende Telearbeit praktizieren. Darüber hinaus werden Überstunden im Home-Office anerkannt und über das Zeiterfassungssystem „Zeus” mit Hilfe eines Online-Zugriffs erfasst. Zuvor wurde Frau Müller darüber informiert, dass Telearbeit oder das mobile Arbeiten negative Folgen (z.B. psychische Folgen) haben können. Sollte ihre zeitnahe örtliche Präsenz etwa für ein Mitarbeitergespräch benötigt werden, kann sie auf Online-Konferenzen zurückgreifen und den direkten Kontakt zu ihren Kolleg*innen aufnehmen. Marianne Müller besitzt ausgereifte soziale Kompetenzen, Methoden- und Handlungskompetenzen, sowie Know-How im Bereich der Digitalisierung. Sie ist kommunikations-, kooperations-, sowie kollaborationsfähig, verantwortungsbewusst und besitzt ausgesprochen viel Empathie und Kundenorientierung. Sie ist in der Lage sich selbst zu managen, d.h. ihre Zeit und Arbeit auch im HomeOffice sinnvoll einzuteilen und sich dabei eigenständig zu kontrollieren. Frau Müller ist lernbereit und will sich trotz ihrer Führungsposition kontinuierlich weiterentwickeln. Ihre digitalen Kompetenzen liegen insbesondere in der digitalen Interaktion und Kollaboration. Sie weiß zudem vor dem Hintergrund des Datenschutzes mit personenbezogenen Daten und neuen Technologien entsprechend umzugehen. Sie ist in der Lage, ihre Kolleg*innen in der Landkreisverwaltung zu leiten und zu motivieren, gleichzeitig kann sie delegieren. Als Führungskraft besitzt sie zudem Change-Management, sowie Digital-Leadership-Kompetenzen, ist also in der Lage, ihre Mitarbeiter*innen auf dem Weg der digitalen Veränderung mitzunehmen, ihnen den Wandel zu vereinfachen und mit Rat und Tat beiseite zu stehen. Ihr selbst erklärtes Ziel ist es, dass alle in ihrer Abteilung Beschäftigten sich persönlich und individuell in ihrer Arbeit verwirklichen können. Daher beauftragt sie das Verwaltungspersonal in Rathenow mit jenen Fällen, bei denen sie weiß, dass die Mitarbeiter*innen dort ihre persönlichen Stärken nutzen können. Als Führungskraft ist es ihr demnach wichtig, ihre Mitarbeiter*innen gut zu fördern. Damit sie auch diese Fähigkeiten erlernt, hat sie sich Dank des Wissensnetzwerks des Landes Brandenburg mit älteren Führungskräften kurzgeschlossen, die ihr wertvolle Tipps im Themengebiet Personalführung geben. Da Frau Müller sehr technikaffin ist, wurde sie ausgewählt, um an Schulungen zu Software-Updates teilzunehmen. Als Führungskraft hat sie einen genauen Überblick, welche Anwendungen für ihre Mitarbeiter*innen ausschlaggebend sind. Nachdem Frau Müller Seminare und Coachings dieser Art erhalten hat, bildet sie ihre eigenen Mitarbeiter*innen fort. Da diese in eher familiärer Umgebung abgehalten werden, ist die Hemmschwelle für Nachfragen seitens der Mitarbeiter*innen gering. Das 123 ist für Frau Müller ein wichtiges Anliegen. Die Verwaltungsfachwirtin legt viel Wert auf eine entspannte Arbeitsatmosphäre. Dank der Einführung der Fachlaufbahnen ist es Frau Müller möglich, sich neben den technischen Weiterbildungen voll und ganz auf ihre Mitarbeiter*innen zu konzentrieren, da es nun spezialisierte Expert*innen für jedes Sachgebiet gibt, welche den Mitarbeiter*innen bei fachlichen Fragen zur Seite stehen. Dennoch lässt es sich Frau Müller nicht nehmen, auch den ein oder anderen kniffligen Fall selbst zu bearbeiten. Nachdem es zu einigen inhaltlichen Umstrukturierungen und Zusammenlegungen in der Havelländischen Landkreisverwaltung in den letzten Jahren gekommen ist, hat Frau Müller eine dreijährige berufsbegleitende Weiterbildung absolviert und sich auf das Kommunal- und Baurecht spezialisiert. Seit zwei Jahren betreut Frau Müller, mittlerweile zuständig für Dezernat IV, gelegentlich Spezialfälle im Bereich Baugenehmigungen und Bauanträge. Heute steht für Frau Müller unter anderem eine schwierige Einzelfallprüfung an. Vergangene Woche hatte sie kurzfristig einem Antragsteller die Baugenehmigung entziehen müssen, nachdem sie die elektronisch eingereichten Unterlagen noch einmal persönlich prüfen musste, da die Software sie auf einen Fehler im Bearbeitungsvorgang aufmerksam gemacht hat. Die Verwaltungswirtin ist Expertin in diesem Fachverfahren. Durch die Automatisierung in der Bearbeitung von Standardfällen, stehen Frau Müller nun mehr Mitarbeiter*innen zur Lösung solcher komplexen Fälle zur Seite, die erst aktiv werden, sobald die Software eine Fehlermeldung aufzeigt. Als emphatische Führungskraft kennt Frau Müller alle ihre Mitarbeiter*innen sehr gut und weiß, wo deren Stärken und Schwächen liegen. Dennoch hat Frau Müller den Anspruch, als Führungskraft immer weiter zu wachsen und sich insbesondere gegen die nach wie vor männerdominierte Führungsetage erfolgreich durchzusetzen, weswegen sie aktuell einmal pro Woche ein dreistündiges Führungskräfte-Seminar in Potsdam besucht. Als Führungskraft im Bauordnungsamt möchte Frau Müller immer über die aktuellen, digitalen Möglichkeiten informiert werden. Vor allem sucht sie nach Potenzialen im Kataster- und Vermessungsamt in den Bereichen Datenerhebung, Datenspeicherung und Datenauswertung. Hierdurch will sie die Genauigkeit und die Prozesseffizienz steigern. Um neues Wissen zu erlangen, besucht sie viele Fachkongresse um sich weiterzubilden, aber am meisten hilft die E-Learning-Plattform des Landkreises, wo sie aufgabenspezifisch verschiedene Module auswählen kann. Die Weiterbildungsmaßnahmen kann sie gut mit ihrer kleinen Familie vereinbaren. Wenn sie ihre Tochter ins Bett gebracht hat, kann Frau Müller noch an Online-Kursen teilnehmen. 124 Regina Drews ist 55 Jahre alt und wohnt zusammen mit ihrer Familie (verheiratet, zwei Kinder) in der kleinen Gemeinde Seeblick im Westen des Havellands. Regina wohnt dort sehr gerne und freut sich, für die Landkreisverwaltung im mittleren Dienst als Sachbearbeiterin arbeiten zu dürfen. Seit ihrer Ausbildung, die sie im Jahr 1994 in der Landkreisverwaltung abgeschlossen hat, hat sich in der Arbeitswelt einiges geändert. Vor allem mit dem Inkrafttreten des Onlinezugangsgesetzes ist die Digitalisierung stark vorangeschritten, nicht nur innerhalb der Landkreisverwaltung werden Prozesse mit Hilfe von elektronischer Aktenführung effizienter durchgeführt - auch der Bürger verfügt nun über digitale Schnittstellen, um mit der öffentlichen Verwaltung zu kommunizieren. Alle Prozesse sind von Ende-zu-Ende digital aufgestellt. Dies hat natürlich auch die Arbeitsweise von Regina und ihren Kolleg*innen grundlegend verändert. Regina hat teilweise Probleme bei der Bedienung der digitalen Anwendungen. Die Landkreisverwaltung die Arbeitszeit, vor allem aber den Arbeitsort von Frau Drews, wenig flexibilisieren, weil diese die digitalen Anwendungen nur unzureichend bedienen kann. Im Servicebereich wurde bereits 2025 ein Bürgerautomat angeschafft, welcher dem Kunden automatisierte Antworten bereitstellt. Leider tut sich Frau Drews weiterhin schwer im Umgang mit dem Automaten. Die Konsequenz: Kunden können von Frau Drews keine wirkliche Hilfe im Umgang mit dem Automaten erhalten und sind weiterhin auf den persönlichen Kontakt während der Servicezeiten angewiesen. Die technischen Probleme haben auch zur Folge, dass Frau Drews das Angebot des Home-Office nicht in Anspruch nehmen kann und sie weiterhin nicht für das „Mobile Rathaus“, welches dem Kunden den Service nach Hause bringt, einsetzbar ist. Trotzdem positiv: Da weiterhin der Bedarf an physischer Präsenz in der Landkreisverwaltung besteht, wird Frau Drews oft von jungen Arbeitskolleg*innen gefragt, ob sie diese besetzen mag. Aufgrund des Gleitzeitrahmens gelingt es aber auch Frau Drews, ihre Arbeitszeiten flexibel auswählen zu können. Die individuellen Arbeitszeiten erfasst Frau Drews, anstatt mit dem Zeiterfassungssystem „Zeus“, weiterhin manuell. Aufgrund ihres Alters tut sich Frau Drews etwas schwer mit den neuen Technologien. Sie mag ihre geregelten Arbeitszeiten, da es ihr so leichter fällt sich zu organisieren und ihre eigene Arbeit zu kontrollieren. Frau Drews ist lernbereit und ambitioniert, die digitalen Veränderungen zu verstehen und besitzt bereits Kompetenzen im Bereich der digitalen Grundbildung und ist in der Lage, Videokonferenzen mit anderen Mitarbeiter*innen abzuhalten. Sie ist teamfähig und kann in der Arbeit mit Kolleg*innen, welche nicht stets vor Ort sind, einen reibungslosen Ablauf garantieren. Von ihren Vorgesetzten fühlt sie sich motiviert und integriert. 125 Die gelernte Verwaltungsfachangestellte ist seit 2008 offiziell im Ordnungs- und Verkehrsamt und hier in der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung beschäftigt. Ihre Aufgabeninhalte und Zuständigkeiten haben sich allerdings mit der Automatisierung vieler Verwaltungsanwendungen in diesem Amt nahezu vollständig verändert, was Frau Drews teilweise große Schwierigkeiten bereitet. Viele Kolleg*innen, welche mit ihr im mittleren Dienst tätig waren, sind mittlerweile aus dem Berufsleben ausgeschieden. Neben den ganzen technologischen Veränderungen hatte Frau Drews Angst, dass die Digitalisierung auch ihr den Job kosten würde, so wie es Bekannte von ihr selbst erlebt haben. Da Frau Drews einer tollen Führungskraft unterstellt ist, konnte sie sich schon früh mit ihren Ängsten an diese wenden. Herr Schmidt konnte ihr versichern, dass sie sich keine Sorgen um ihre Anstellung machen muss. Dennoch hat sich in den letzten Jahren viel verändert. Die freigewordenen Stellen ihrer Kolleginnen und Kollegen wurden kaum nachbesetzt und viele ihrer bisherigen Aufgaben wurden automatisiert. Gleichzeitig hat die Abteilung Organisation des Hauptamtes vor fünf Jahren beschlossen, einige Aufgaben zusammenzulegen, um langfristig Personal einzusparen. Heute muss Frau Drews die Version des Fachverfahrens für den automatischen Bußgeldbescheid aktualisieren, da dieses aufgrund einer neu hinzugekommenen Anwendung nicht mehr korrekt funktioniert. Nach einigem Ausprobieren, entscheidet sich Frau Drews beim zentralen, in der Landeshauptstadt ansässigen IT-Service anzurufen. Ein kompetenter IT-Manager erklärt ihr glücklicherweise Schritt für Schritt per Videoschalte, wie sie das neue Fachverfahren in das System einpflegen muss. Sie bedankt sich bei dem Digital Native, macht ihn aber darauf aufmerksam, dass sie nach dieser langen Erklärung den Bußgeldbescheid hätte schneller manuell ausfüllen können. Durch die Zusammenlegung verschiedener Ämter und Aufgabenbereiche, ist Frau Drews daneben auch in der jüngst eingeführten Abteilung für Breitbandversorgung der Landkreisverwaltung zuständig. Dabei besteht ihre Aufgabe insbesondere darin, die Hauptakteure der Telekommunikation, Infrastrukturanbieter und die hausinterne Verwaltung miteinander zu vernetzen und die aktuellen Konzepte zur Versorgungsgewährleistung mitzutragen. Hier sind vor allem ihre Moderationsfähigkeiten verlangt. Seit ihrer abgeschlossenen Ausbildung im Jahr 1994 hat Frau Drews schon viele Weiterbildungen besucht. Meist waren diese mit fachlichen Themen belegt, wie zum Beispiel die Art und Weise der Abarbeitung eines neuen Verfahrens. Auch waren die Karrieremöglichkeiten damals schon starr festgelegt. Heute ist vieles flexibler. Da durch die Digitalisierung die standardisierte Fallbearbeitung weniger geworden ist, kann sich Frau Drews frei entscheiden, inwieweit sie ihre Arbeitskraft in andere Bereiche intensiver mit einbringen möchte, zum Beispiel: intensivere Kundenbetreuung. Um neue Fähigkeiten zu erlernen kann Frau Drews aus unterschiedlichen Weiterbildungsmöglichkeiten wählen. Eine E-Learning-Plattform des Landkreises Havelland bietet eine große Auswahl an Möglichkeiten sich fortzubilden. Hierbei kann Frau Drews ihre eigene Geschwindigkeit wählen, diese Angebote werden mit Vor-Ort-Schulungen kombiniert, um ein nachhaltiges Lernen sicherzustellen. Meistens schließen 126 sich verschiedene Landkreise zusammen, um Kosten der Maßnahmen, gerade bei Spezialthemen, zu sparen. Darüber hinaus steht ihr auch die Möglichkeit zur Verfügung, sich in arbeitsfernen Bereichen fortzubilden, zum Beispiel in Fremdsprachen oder Kunst. Das dient vor allem dazu, die Kreativität bei der Mitgestaltung neuer digitaler Arbeitsprozesse zu fördern. Frau Drews findet das super. Mithilfe eines Programms hat sie einen guten Überblick über ihre Qualifikationen, ihre aufgewendete Zeit und die Rahmenbedingungen der Weiterbildung. Hier kann auch eingesehen werden, welche Qualifikationen noch zur nächst höheren Zertifizierung fehlen, die dann womöglich die Anforderungen an eine neue Arbeitsstelle erfüllen. 127 Jürgen Johannis ist 62 Jahre alt, hat drei Kinder und wohnt schon sein ganzes Leben in Premnitz im Havelland. Seit er seine Ausbildung mit 19 Jahren abgeschlossen hat, arbeitet er für die Landkreisverwaltung. Über die Jahre hat sich Herr Johannis einen Namen bei der Landkreisverwaltung gemacht. Seit nunmehr über 35 Jahren arbeitet er im Bürgerservice, der organisatorisch nach wie vor im Haupt- und Personalamt des Dezernats I angesiedelt ist. Herr Johannis ist schwer davon zu überzeugen, dass die Digitalisierung einen wirklichen Nutzen hat. Die Zustimmung zur Etablierung von digitalen Projekten fällt ihm immer noch sehr schwer. Da Herr Johannis den bürgernahen und persönlichen Kontakt bevorzugt, liegen seine Arbeitszeiten parallel zu den Kern- bzw. Öffnungszeiten der Landkreisverwaltung, welche er durch die Nutzung des E-Autos ebenfalls auch in Form eines Hausbesuches umsetzen kann. Aufgrund seiner langjährigen Arbeit für die Landkreisverwaltung ist das Arbeitsverhältnis von Jürgen Johannis schon lange nicht mehr befristet. Herr Johannis hat somit gegenüber befristeten Angestellten den Vorteil, dass er Kappungsstunden auf seinem gesonderten Arbeitszeitkonto geltend machen kann. So sammelt er häufig Plusstunden auf seinem Zeitkonto. Darüber hinaus kann sich Herr Drews für die Stunden, für die er ehrenamtlich für das THW tätig ist, freistellen lassen. Ihm ist bewusst, dass die Fortzahlung der Bezüge auf den Umfang der Sollarbeitszeit begrenzt ist. Herr Johannis bevorzugt den direkten Kontakt mit den Bürger*innen sowie seinen Kolleg*innen und den Vorgesetzten. Dadurch hat er ausgeprägte Kommunikations-, Kooperations- und Kollaborationsfähigkeiten über die Zeit erlangt. Jürgen Johannis ist verantwortungsbewusst, konfliktfähig und empathisch im Umgang mit den Bürger*innen und hilft diesen gerne bei ihren Anliegen. Man spricht ihm in der Landkreisverwaltung eine ausgezeichnete Dienstleistungs- bzw. Kundenorientierung zu. Er ist allerdings weniger veränderungs- bzw. anpassungsbereit und seine Lernbereitschaft in digitalen Themen wird nur durch seine Vorgesetzten gefördert. Diese fungieren als Mentor bzw. Coach und können auch Herrn Johannis mit seinen kritischen Ansichten mitnehmen und motivieren. Herr Johannis ist teamfähig und wird von allen gemocht. Er verfügt über sehr viel Erfahrungswissen, ist gelassen, sprachgewandt und hat ein stabiles Selbstkonzept. Er verfügt zwar über eine digitale Grundbildung, kann also Emails schreiben sowie Endgeräte bedienen, hat aber dennoch Angst etwas falsch zu bedienen und lässt die „neumodischen” Dinge lieber seine Kolleg*innen machen. 128 Der direkte Kontakt mit den Bürger*innen aus dem Havelland erfüllt den Verwaltungsfachangestellten sehr, vor allem, wenn er dabei mal wieder auf einen alten Bekannten oder seinen langjährigen Nachbarn Herrn Schmitt trifft, der erneut Hilfe beim Ausfüllen seines Rentenantrags benötigt, obwohl dies eigentlich nicht zu seinen Aufgaben gehört. Er ist froh, dass er nach wie vor seinem Job nachgehen darf. Was ihn ein wenig traurig macht, ist die Tatsache, dass in den letzten Jahren bereits viele seiner Kolleg*innen in Rente gegangen sind und aufgrund der mittlerweile vollständig online-zugänglichen Dienstleistungen im Bereich Bürgerservice kein zusätzliches Personal mehr rekrutiert wird. Als einer der letzten Beschäftigten im Bürgerservice verfügt er noch über ein eigenes kleines Büro in Rathenow. Mit dem von der Landkreisverwaltung zur Verfügung gestellten E-Auto, stattet er regelmäßig insbesondere den Ü70-Einwohner*innen Hausbesuche ab, damit diese sich ihre Amtsgänge sparen können. Heute hat er Reinhard Paul besucht, der zu seiner Tochter nach Mexiko fliegen möchte und dazu einen neuen Reisepass beantragen muss. Dem Online-Service zur Beantragung traut er aus datenschutzrechtlichen Gründen immer noch nicht. Im Anschluss an den Hausbesuch in Nennhausen muss er die handschriftlich ausgefüllten Dokumente in die vom Land bereitgestellte Cloud hochladen, die alle personenbezogenen Daten der Bürger*innen im Landkreis verwaltet. Obwohl der Einpflegeprozess benutzerfreundlich gestaltet ist und der Hochladevorgang auf Anfrage umfassend per Video bei jeder neuen Eingabe erklärt wird, fällt es ihm noch sehr schwer, weshalb er häufig seinen jüngeren Kollegen im Nebenzimmer darum bittet, dies für ihn zu übernehmen. Dadurch, dass er bereits seit 43 Jahren arbeitet, kann er in zwei Jahren in den Ruhestand gehen. Jürgen Johannis mag am liebsten Weiterbildungsmaßnahmen, die frontal durchgeführt werden, zum Beispiel in Form eines Fachforums, im Rahmen dessen Expert*innen von der Bühne aus über aktuelle Entwicklungen in verschiedenen Themenbereichen berichten. Im Zuge der Einführung der E-LearningPlattform im Havelland, kann sich Jürgen Johannis den Lernmix zusammenstellen, der ihn persönlich am meisten weiterbringt. Durch die Möglichkeit der Zertifizierung auf der Lernplattform, war es Herr Johannis sogar möglich, verschiedene Fähigkeiten, die er sich über seine Laufbahn selbstständig angeeignet hat, zu zertifizieren. Viele junge Kolleg*innen finden Herrn Johannis über die Plattform und befragen ihn zu bestimmten Themenbereichen. Herr Johannis freut sich sehr, anderen weiterhelfen zu können. 129 5. Literaturverzeichnis Bareis, M., Krabina, B., Wirth, K. (2018). Digitalisierung der Arbeitswelt in Städten. Verfügbar unter: https://www.kdz.eu/de/content/digitalisierung-der-arbeitswelt-st%C3%A4dten (Zuletzt zugegriffen: 26. März 2019). Begemann, D. (2018). Empfingen Rathaus: Flexible Arbeitszeiten und Home Office, in: Schwarzwälder Bote. 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Den am Beratungsprojekt Beteiligten ist bewusst, dass die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Landkreisverwaltung nicht ausschließlich singulär in den einzelnen Themenschwerpunkten betrachtet werden können. Eine funktionierende Verwaltung muss gleichzeitig die Anforderungen der Bürger*innen, der Unternehmen sowie der Verwaltungsmitarbeitenden berücksichtigen und sich eine zur effizienten Aufgabenerfüllung geeignete Aufbau- und Ablauforganisation geben. Nur wenn all diese Aspekte gemeinsam gedacht werden, können die Potenziale der Digitalisierung ausgeschöpft werden. Dementsprechend wird im Folgenden versucht, exemplarisch einige Interdependenzen und Schnittstellen zwischen den Teilprojekten aufzuzeigen:  Wie im Teilprojekt Verwaltungskund*innen der digitalen Verwaltung herausgearbeitet werden konnte, wollen die Bürger*innen sowie Unternehmen des Havellands einen unkomplizierten Kontakt mit einer erreichbaren Landkreisverwaltung (vgl. Kapitel 3). Den Bürger*innen sowie Unternehmen kommt es dabei nicht darauf an, wer konkret die Verwaltungsleistung innerhalb der Landkreisverwaltung erbringt. Für die Organisation der digitalisierten Landkreisverwaltung bedeutet dies, dass alle Dienstleistungen, welche der Landkreis für Bürger*innen sowie Unternehmen erbringt, gebündelt und zentral online zugänglich gemacht werden sollten. Die Schaffung eines Bürger- und Unternehmens-Serviceportals für den Landkreis Havelland ist daher notwendig. Die Einbindung eines solchen Portals in die Verwaltungsprozesse des Landkreises wurde im Teilprojekt Organisation der digitalen Verwaltung anhand ausgewählter Verwaltungsverfahren exemplarisch dargestellt (vgl. Kapitel 4).  Die Bürger*innen des Havellands fordern zudem eine zügige und fehlerfreie Bearbeitung ihrer Anliegen (vgl. Kapitel 3). Um Verwaltungsverfahren mit Hilfe digitaler Mittel und Techniken zu optimieren, bedarf es einer Restrukturierung von Verwaltungsprozessen. Auch durch eine Automatisierung von Prozessschritten ist es möglich, die Effizienz von Verwaltungsverfahren zu steigern (vgl. Kapitel 4). Durch Prozessrestrukturierungen und -automatisierungen verändern sich auch die Aufgabenprofile der Verwaltungsmitarbeitenden. Da gleichzeitig andere Aufgabenfelder im Zuge der Digitalisierung entstehen und daher eine Verschiebung von Personal erfolgen kann, sind keine Entlassungen des aktuellen Personals notwendig. Von einer Nachbesetzung frei gewordener Stellen im Mittleren Dienst kann jedoch langfristig abgesehen werden (vgl. Kapitel 5). 133  Trotz der Chancen, welche die Digitalisierung bietet, ist den Bürger*innen sowie Unternehmen der persönliche Kontakt zur Verwaltung und eine kompetente, individuelle und flexible Beratung durch die Verwaltungsmitarbeitenden wichtig (vgl. Kapitel 3). Der andauernde Einsatz von Verwaltungspersonal im Bürgerkontakt ist damit weiterhin notwendig. Dementsprechend müssen die Mitarbeitenden des Landkreises sowohl über Beratungskompetenzen als auch über soziale Kompetenzen wie Empathie, Konfliktfähigkeit und Authentizität verfügen (vgl. Kapitel 5). Aufgrund von Prozessrestrukturierungen und automatisierungen wird es jedoch deutlich weniger persönliche Interaktionen zwischen der Verwaltung und den Bürger*innen sowie Unternehmen in den einzelnen Verwaltungsverfahren geben. Es ist daher sinnvoll, alle noch notwendigen persönlichen Kontakte zwischen der Verwaltung und ihren Kunden (z.B. Beratungsleistungen) in einer zentralen Verwaltungseinheit (z.B. den Bürgerservicebüros) zu bündeln. Durch dieses Prinzip des „Single-Point-of-Contact” ist für die Bürger*innen sowie Unternehmen zu jeder Zeit klar ersichtlich, wie und wo sie sich an die Landkreisverwaltung wenden können (vgl. Kapitel 4).  Falls – wie im Szenario des Landkreises Havelland als „Bewegliche Projektverwaltung” veranschaulicht (vgl. Kapitel Organisation) – agile Arbeitsmethoden in der Landkreisverwaltung eingeführt werden, würden sich auch die Anforderungen an das Verwaltungspersonal deutlich verändern. Agiles Arbeiten erfordert ein verändertes Kompetenzprofil der Verwaltungsmitarbeitenden, wie etwa hohe SelbstmanagementQualitäten sowie eine angepasste Personalentwicklung. Zudem würde es zu einer Öffnung bezüglich der Arbeitsmodelle hin zu einer individuellen und flexiblen Arbeitszeit- und Arbeitsortgestaltung kommen (vgl. Kapitel 5).  Auch hinsichtlich der Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben in der Landkreisverwaltung ergeben sich sowohl Implikationen für das Personal als auch für die Verwaltungsorganisation. Zum einen muss jeder Verwaltungsmitarbeitende über eine digitale Grundbildung (Digital Literacy) verfügen (vgl. Kapitel 5). Zum anderen sollte in der Aufbauorganisation des Landkreises eine zentrale Stelle für Digitalisierung errichtet (Szenario des Landkreises Havelland als „Effiziente Fachverwaltung”) bzw. Digitalisierungslotsen in den einzelnen Querschnitts- und Lebenslagen-Teams eingeführt (Szenario des Landkreises Havelland als „Bewegliche Projektverwaltung”) werden (vgl. Kapitel 4). Über alle drei Beratungsprojekte hinweg ergeben sich allgemeine Handlungsempfehlungen für den Landkreis Havelland auf dem Weg zu einer digitalisierten Verwaltung. 134 1. Der Landkreis Havelland sollte bei Umsetzung der Digitalisierung ein hohes Maß an Serviceorientierung und Bürgernähe berücksichtigen. Die Verwaltung hat die primäre Aufgabe, Dienstleistungen für Bürger*innen sowie Unternehmen zu erbringen. Viele analoge Prozesse orientieren sich derzeit nur wenig daran, wie Verwaltungsverfahren für Bürger*innen sowie Unternehmen möglichst einfach gestaltet werden können. Durch den Einsatz digitaler Mittel ist es nun möglich, dies zu verändern. Die Organisation der Verwaltung und der spezifische Einsatz von Personal haben sich daher an der Prämisse der Serviceorientierung und der Bürgernähe zu orientieren. Die Kundenzentriertheit muss bei der digitalen Umsetzung von Verwaltungsangeboten konsequent mitgedacht werden. Daneben ist es wichtig, auch den von Bürger*innen sowie Unternehmen gewünschten persönlichen Kontakt zur Verwaltung zu gewährleisten (zum Beispiel über die Bürgerservicebüros) und somit Bürgernähe zu schaffen. 2. Eine erfolgreiche Digitalisierung kann nur funktionieren, wenn der Landkreis Havelland die Bedürfnisse der Bürger*innen sowie der Unternehmen und seines Personals berücksichtigt. Es ist essentiell, bestehende Ängste der Bürger*innen bezüglich des Datenschutzes und des Wegfalls von Ansprechpartner*innen in der Verwaltung ernst zu nehmen. Auch Unsicherheiten in Bezug auf die technischen Anforderungen an Bürger*innen sowie Verwaltungsmitarbeitende, welche durch die neue digitale Umgebung entstehen sowie solche, die sich aus der Veränderung von gewohnten Verwaltungsprozessen ergeben, sollten bei Restrukturierungsmaßnahmen beachtet werden. Um diesen Ängsten adäquat zu begegnen, müssen alle Verwaltungsmitarbeitenden eine digitale Grundbildung besitzen, Kenntnisse zum Thema Datenschutz haben und aufgeschlossen gegenüber neuen, digitalen Entwicklungen sein. 3. Der Landkreis Havelland sollte sich bei Digitalisierungsprojekten an Best-PracticeBeispielen anderer Verwaltungen orientieren. Dies hilft dabei, von den Erfahrungen anderer Verwaltungen zu lernen und zu profitieren. Pilotprojekte wie das Bundesprojekt „E-Government-Modellkommunen” haben gezeigt, wie Digitalisierungsvorhaben – auch auf der Landkreisebene – erfolgreich umgesetzt werden können. Der Landkreis Havelland sollte auf bewährte Lösungen setzen, sowohl im Umgang mit Bürger- sowie Unternehmensanforderungen als auch hinsichtlich des Personalmanagements und hinsichtlich innovativer Veränderungen der Aufbau- und Ablauforganisation. Dadurch können auch die Umsetzungsrisiken besser eingeschätzt werden. 135 4. Der Landkreis Havelland sollte sich mit anderen Kommunen vernetzen und mit diesen kooperieren. Auch andere Kommunen stehen vor ähnlichen Herausforderungen im Umgangs mit Bürgerund Unternehmensanforderungen, veränderten Personalanforderungen und -bedarfen sowie der Optimierung ihrer Verwaltungsorganisation aufgrund der Digitalisierung. Aus Ressourcengründen sollten daher Digitalisierungsprojekte gemeinsam angegangen werden. Zum Beispiel könnten Fort- und Weiterbildungen des Verwaltungspersonals zusammen durchgeführt werden, wodurch nicht nur Kosten gesenkt werden, sondern auch eine Vernetzung der Mitarbeitenden untereinander erfolgen könnte. Auch die Zusammenlegung von Wartung und Betrieb von Rechentechnik könnte beispielsweise Skaleneffekte erzeugen. 5. Die Digitalisierung kann nur durch mutige und innovative Entscheidungen in der Landkreisverwaltung vorangetrieben werden. Die Landkreisverwaltung sollte den Mut haben, auch eigenständig neue digitale Wege zu gehen und Pilotprojekte zu starten. Hierbei ist es unerlässlich, Bürger*innen sowie Unternehmen einzubeziehen, damit an den Stellen von den Potentialen der Digitalisierung profitiert werden kann, an denen es besonders relevant und sinnvoll ist. Eine mutige und offene Landkreisverwaltung präsentiert sich gleichzeitig auch als moderner und attraktiver Arbeitgeber und kann dadurch leichter junges, technikaffines und innovatives Fachpersonal rekrutieren. 6. Der Landkreis Havelland sollte die Digitalisierung zur Chefsache machen. Die Digitalisierung wird in den kommenden Jahren den zentralen Fortschrittsbeschleuniger in der öffentlichen Verwaltung darstellen. Damit der Weg zu einer digitalen Landkreisverwaltung erfolgreich beschritten werden kann, ist es notwendig, dass die Digitalisierung zur Priorität des Verwaltungshandelns gemacht wird. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass in anderen Kommunen vor allem treibende Kräfte aus Politik und Verwaltung dazu beigetragen haben, dass die Verwaltungsdigitalisierung vorankommt und Digitalisierungsprojekte erfolgreich umgesetzt werden. Diese Verantwortung sollte der Landkreis Havelland annehmen und die Digitalisierung bewusst vorantreiben. 7. Der Landkreis Havelland benötigt eine durchdachte Digitalisierungsstrategie. Eine Digitalisierungsstrategie sollte alle konkreten Maßnahmen des Landkreises zur Digitalisierung seiner Verwaltung zusammenführen, um ihre strukturierte und anschlussfähige Umsetzung zu ermöglichen. Sie muss unter Einbeziehung der Bürger*innen, des 136 Verwaltungspersonals des Landkreises sowie des Kreistages entwickelt werden. Nur eine durchdachte Digitalisierungsstrategie, welche in einem breiten Beteiligungsprozess erstellt wurde, kann sowohl die Bedürfnisse der Bürger*innen, als auch die Potentiale der Verwaltungsmitarbeitenden für sich nutzbar machen und den Rahmen für die Transformation der Verwaltung in ihren Strukturen und Prozessen schaffen. Das Beratungsprojekt konnte entsprechend der vereinbarten Anforderungen und innerhalb der vorgegebenen Fristen abgeschlossen werden. Aufgrund der Komplexität des Beratungsprojektes und seines visionären Charakters lassen sich jedoch einige Grenzen dieser Arbeit identifizieren. Aus Kapazitätsgründen konnte im Beratungsprojekt nicht, wie ursprünglich vom Kunden gewünscht, auf die sich durch die Digitalisierung verändernden Anforderungen an die Infrastruktur der Landkreisverwaltung eingegangen werden. Bei Digitalisierungsvorhaben der Landkreisverwaltung sollte auch diese Implikation berücksichtigt werden. Es ergibt sich zum Beispiel die Frage, ob es zu einer möglichen Reduzierung von Liegenschaften des Landkreises kommen kann. Bei den vorliegenden Beratungsergebnissen handelt es sich zudem um Szenarien, welche auf Basis der derzeitigen Lebenswirklichkeit entworfen worden. Für eine Umsetzung der vorgeschlagenen Digitalisierungsvorhaben ist es entscheidend, die beschriebenen Visionen mit den Gegebenheiten der künftigen politischen und gesellschaftlichen Realität abzugleichen. Die Entwicklung vieler Einflussfaktoren, zum Beispiel technischer Innovationen, demographischer Entwicklungen sowie politischer Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Landkreisverwaltung sind derzeit nicht valide einschätzbar. In dieser Arbeit wurde außerdem bewusst auf einen zu hohen Detailgrad verzichtet. Das Hauptaugenmerk der Arbeit bestand darin, ein Gespür in der Landkreisverwaltung dafür zu schaffen, wie die Digitalisierung den Landkreis Havelland bis zum Jahr 2030 prägen könnte. Es sollte zunächst bewusst das große Bild gemalt werden. Nun ist es an der Landkreisverwaltung, die einzelnen Pinselstriche selbst zu setzen. Es ist selbstredend, dass der Landkreis Havelland nicht alleine für die Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung verantwortlich ist. Gesetzliche Vorgaben und Entwicklungen auf Bundesund Landesebene müssen daher bei der Digitalisierungsarbeit im Landkreis Havelland Beachtung finden. Der Landkreis Havelland hat bereits einige Schritte zur Digitalisierung seiner Verwaltung unternommen. Allerdings sind sowohl hinsichtlich der Umsetzung von Bürger- und Unternehmensanforderungen an eine digitale Verwaltung als auch der Implementierung eines zukunftsfähigen Personalmanagements und einer digital optimierten Verwaltungsorganisation noch 137 Potentiale vorhanden. Die Beratungsergebnisse der drei Teilprojekte zu den Themenschwerpunkten Verwaltungskund*innen, Organisation und Personal verdeutlichen, welche Möglichkeiten sich für die Landkreisverwaltung im digitalen Zeitalter ergeben. Die im Zuge dieses Beratungsprojektes entwickelten Handlungsempfehlungen sollen als Anregung für den Landkreis Havelland dienen und eine Orientierung für die Richtung bieten, in die sich eine digitale Landkreisverwaltung bewegen kann. Es liegt nun am Landkreis Havelland, die Chancen, welche die Digitalisierung mit sich bringt, zu ergreifen und für sich zu nutzen. 138 7. Anhang Anhang 3.1: Vier-Quadranten-Matrix 139 Anhang 3.2: Fragebogen für die Bürgerbefragung 1. Was ist Ihnen im Kontakt mit der Verwaltung wichtig 2. Der Begriff Digitalisierung ist in aller Munde. Fühlen Sie sich wohl/unwohl in einer zunehmend digitalisierten Welt? 3. Mit Blick auf Zukunftsbild Nr. 1 (mobiles Rathaus): Wären Sie damit einverstanden, wenn alle Ihre Verwaltungsanliegen (z. B. Beantragung Führerschein/KfZ/Bafög) tatsächlich so erfolgen würden? Was gefällt Ihnen, was gefällt Ihnen nicht? (Ja, Nein, weil…; Bemerkungen) 4. Mit Blick auf Zukunftsbild Nr. 2 (automatisch ausgelöste Verwaltungsleistungen): Wären Sie damit einverstanden, wenn alle Ihre Verwaltungsanliegen (z.B. Beantragung Führerschein/KfZ/Bafög) tatsächlich so erfolgen würden? Was gefällt Ihnen, was gefällt Ihnen nicht? (Ja, Nein, weil…; Bemerkungen) 5. Mit Blick auf Zukunftsbild Nr. 3 (Verwaltungsautomat): Wären Sie damit einverstanden, wenn alle Ihre Verwaltungsanliegen (z.B. Beantragung Führerschein/KfZ/Bafög) tatsächlich so erfolgen würden? Was gefällt Ihnen, was gefällt Ihnen nicht? (Ja, Nein, weil…; Bemerkungen) 6. Mit Blick auf Zukunftsbild Nr. 4 (Verwaltungsportal, App): Wären Sie damit einverstanden, wenn alle Ihre Verwaltungsanliegen (z. B. Beantragung Führerschein/KfZ/Bafög) tatsächlich so erfolgen würden? Was gefällt Ihnen, was gefällt Ihnen nicht? (Ja, Nein, weil…; Bemerkungen) 7. Bringen Sie die beschriebenen Zukunftsbilder in eine Reihenfolge von „1 - finde ich am besten“ bis „4 – finde ich am schlechtesten“. (Nr. 1 (mobiles Rathaus), Nr. 2 (automatisch ausgelöste Verwaltungsprozesse), Nr. 3 (Verwaltungsautomat), Nr. 4 (Verwaltungsportal, App)) 8. Jeder benötigt an irgendeinem Zeitpunkt Hilfe bei Verwaltungsprozessen. Was wäre hier Ihre Präferenz? (Persönlicher Kontakt, Kontakt über Videochat, Kontakt über Chat, Kontakt über Telefon, Keine Präferenz; Bemerkungen) 9. Welche Art von Fragen haben Sie in den meisten Fällen? (Fachfragen (inhaltlich), Prozessfragen zum Verwaltungsvorgang (administrativ), Sonstiges) 10. Wenn Sie mit der Behörde online in Kontakt treten ist eine sichere Authentifizierung notwendig. Welches Medium würden Sie dafür bevorzugen? (Personalausweis in Kombination mit Lesegerät, Benutzername-Passwort Kombination, Personalausweis in Kombination mit dem Handy (NFC-Funktion), Pin-/Tan Verfahren (vgl. Online-Banking), Biometrische Merkmale (Fingerabdruck, Irisscan…); Bemerkungen) 11. Wenn die Sicherheit Ihrer Daten vollkommen garantiert wäre: Würden Sie Ihre Verwaltungsanliegen lieber online erledigen statt persönlich bei der Verwaltung zu erscheinen? (Ja, Nein, weil…, Ich weiß es nicht) 12. Sind Sie mit der momentanen Verwaltung zufrieden? Was gefällt Ihnen/ was gefällt Ihnen nicht? 13. Abschließende Bemerkungen/Kommentare 140 Anhang 3.3: Deskriptive Statistik Altersgruppe 16-30 (9) 30-65 (14) Über 65 (6) Bildungsstand (N=29) Hauptschule/Realschule (10) Abitur/Ausbildung (15) Diplom/Master (2) Sonstiges (2) Beschäftigungsverhältnis (N=29 ) Schüler/Azubi/Student (7) Angestellter (14) Arbeitsuchend (1) Rentner(8) Wohlfühlen in digitaler Welt (N=29 ) Unwohl (10) Teils/teils (4) Wohl (14) Keine Angabe. (2) Art Fragen an Verwaltung (N=19) Prozessfragen (7) Fachfragen (7) Beides (5) Präferierte Authentifizierung (N=16) Benutzername- Passwort oder Pin-Tan-Verfahren (8) Personalausweis und Lesegerät/NFC (5) Biometrische Merkmale (2) Angaben in absoluten Zahlen 141 Keine (1) Anhang 4.1: Best-Practice-Analyseraster Nr. Titel Abstract (eigene Worte) Jahr Untersuchungsobjekt Land Herausgeber Beziehungstyp Ablauf / Aufbau Kommunale Aufgabe (falls Ablauf) Föderale Ebene Übertrag- Aufgegriffene Technologien, Quelle (URL) barkeit Trends G2C Ablauf Parkausweisvergabe Kommune mittel Blockchain https://digitales.nrw/aktuelles/nachrichten/ koeln-testet-blockchain-fueranwohnerparkausweise Kommune niedrig Digitalisierungsstrategie, Breitbandausbau https://www.iitberlin.de/de/publikationen/zukunftsradar2018 1 Zuteilung und Kontrolle von Anwohnerparkausweisen Köln testet Blockchain werden mit der Blockchain-Technologie abgebildet, es für müssen keine Parkausweise mehr verschickt werden. Anwohnerparkausweise Die Kontrolle des Kennzeichens des Autos soll zukünftig ausreichen. 2 Zukunftsradar Digitale Kommune Ergebnisbericht zur Umfrage 2018 Statistik zum Stand der Digitalisierung in Kommunen auf Basis einer Selbsteinschätzung der Kommunen (u.a. zu Deutsche Städte und Digitalisierungsstrategien). Die Relvanz der Gemeindebund, Institut für Digitalisierung für die Kommunen wird als hoch 2018 Kommunalverwaltungen Deutschland Innovation und Technik (iit) eingeschätzt, gleichzeitig fehlt es häufig an in der VDI/VDE Innovation + Digitalisierungsstrategien. Aus Sicht der Herausgeber Technik GmbH sollte Digitalisierung als "Chefsache" behandelt werden. intraorganisational Aufbau 3 Digitales Rathaus: Keine analoge Verwaltung in einer digitalen Gesellschaft Überblick zu den Fortschritten hin zu einem digitalisierten Rathaus (z.B. Standards) sowie zwei Deutsche Städte und konkreten Beispielen zur Digitalisierung von Prozessen: E- 2018 Kommunalverwaltungen Deutschland Gemeindebund Rechnungen im Workflow und Wasserzählerwechsel App. G2B, G2C Ablauf Wasserzählerwechsel, Rechnungsbearbeitung Kommune mittel Prozessoptimierung, ERechnung, IoT https://www.dstgb.de/dstgb/Homepage/Pu blikationen/Stadt%20und%20Gemeinde%20 digital/StuG_0518.pdf (S. 18) 4 Digitales Dorf Wohnen & Bildung Schaffung einer digitalen Beratung zum altersgerechten Wohnen und Konzeption von Bildungsangeboten zur Gemeindeverbund 2018 Digitalisierung, welche auf die individuellen Bedarfe der Steinwald-Allianz älteren Bürger abgestimmt sind. Deutschland Digitales Dorf Bayern G2B Ablauf Wohnberatung, Bildungsangebot Kommune mittel Onlineplattform, e-learning https://digitales-dorf.bayern/index.php/diemodelldoerfer/dd-projekt-nord/digitalesdorf-wohnen-bildung/#15408091252101c402c2e-e366 5 Digitales Gesundheitsdorf (Oberes Rodachtal) Vernetzung von Stakeholdern der Gesundheitswirtschaft sowie den Patienten u.a. hinsichtlich eines 2018 Oberes Rodachtal Datenaustauschs. Deutschland Digitales Dorf Bayern G2N, G2B, G2C Ablauf Gesundheits- und Pflegeangebot Kommune mittel Datenaustausch, IoT https://digitales-dorf.bayern/index.php/diemodelldoerfer/digitales-gesundheitsdorfoberes-rodachtal/#15409137046252763c24d-c130 6 Ganzheitliches Service-Ökosystem für Städte, Landkreise Integreat – kommunale und Initiativen zur Integration von Menschen mit FluchtApp für Informationen oder Migrationshintergrund. App erleichtert 2017 Stadt Augsburg und Integration der Kommunikation zwischen Asylsuchenden und Stadt Augsburg Kommunalverwaltung. Deutschland Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung (BBSR) im G2C Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn Ablauf Asylbearbeitung Kommune mittel App https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BM U/Download_PDF/Stadtentwicklung/smart_ city_charta_langfassung_bf.pdf 7 Amsterdam hat ein Office zur Steuerung der Aktivitäten Chief Technology Office im Hinblick auf die Digitalisierung eingeführt. Dieses 2017 Stadt Amsterdam der Stadt Amsterdam vernetzt, stellt technische Unterstützung zur Verfügung, fördert Innovationen und koordiniert Smart City Projekte. Niederlande Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung (BBSR) im intraorganisational Aufbau Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn Kommune hoch CTO https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BM U/Download_PDF/Stadtentwicklung/smart_ city_charta_langfassung_bf.pdf Diverse Verwaltungsdienstleistunge Kommune n hoch Bürgerportal, E-Payment http://hoehn-consulting.de/WP/wpcontent/uploads/2017/03/BPA_DG_Inhalt_1 601_FINAL.pdf 8 Bürgerservice-Portal Straubing 2018 Stadt Köln Das Bürgerservice-Portal der Stadt Straubing bietet online diverse Verwaltungsdienstleistungen an, die über eine Terminvereinbarung in den örtlichen Behörden hinausgehen. In manchen Fällen ist ein persönliches 2017 Stadt Staubing Erscheinen des Antragsstellers weiterhin notwendig, in anderen Fällen wird die Bearbeitung des Antrags sofort online angestoßen. Deutschland Land NRW Deutschland HÖHN CONSULTING GmbH G2C Ablauf Die Stadt Rietberg hat das Baugenehmigungsverfahren restrukturiert und digitalisiert hin zu einem komplett papierlosen Antrag ohne Unterschrifterfordernis. Darüber hinaus hat das Bauordnungsamt digitale mobile 2017 Stadt Rietberg Arbeitsweisen eingeführt. Zum Beispiel können Daten, die bei Baustellenbesuchen entspringen, direkt über mobile Endgeräte in die Antragsbearbeitungssoftware eingepflegt werden. Deutschland HÖHN CONSULTING GmbH G2C Ablauf Baugenehmigung Kommune hoch Formularsystem, WorkflowmanagementSystem, Bürgerportal http://hoehn-consulting.de/WP/wpcontent/uploads/2017/03/BPA_DG_Inhalt_1 601_FINAL.pdf Antraglose 10a Familienbeihilfe Österreich Die Familienbeihilfe in Österreich ist eine Familienleistung vergleichbar mit dem Kindergeld in Deutschland und wird antraglos gewährt. Nach einer Identifizierung der Eltern mit dem Ausweis wird die Geburt durch das Krankenhaus an die 2017 Staat Österreich Personenstandsbehörde (Standesamt) gemeldet, die das Kind in das Zentrale Personenstandsregister (ZPR) einträgt. Die Daten werden automatisch an die zuständige Finanzverwaltung weitergeleitet, welche die Familienleistung auszahlt (One-Stop-Shop-Geburt). Österreich Bertelsmann Stiftung G2C Ablauf Kindergeldantrag Bund hoch One-Stop-Shop, Prozessautomatisierung, Automatischer Datenaustausch https://www.bertelsmannstiftung.de/fileadmin/files/Projekte/Smart_ Country/DigiTransVerw_2017_final.pdf Antraglose 10b Familienbeihilfe Österreich Automatische Registerauskünfte ermöglichen Verwaltungseinheiten das selbständig Einholen bestimmter Auskünfte. Durch den automatischen Datenaustausch werden Verfahren deutlich effizienter, 2017 Staat Österreich bei denen normalerweise Wartezeiten durch langwierige Anfragen entstehen. In Österreich werden solche digitalen Registerauskünfte zum Beispiel im Verfahren der Familienbeihilfe erfolgreich angewendet. Österreich Bertelsmann Stiftung G2C Ablauf Registermodernisierung Bund hoch One-Stop-Shop, Prozessautomatisierung, Automatischer Datenaustausch https://www.bertelsmannstiftung.de/fileadmin/files/Projekte/Smart_ Country/DigiTransVerw_2017_final.pdf Deutschland Wegweiser Media & Conferences GmbH Berlin G2C Ablauf Kommunikation Kommune mittel Social Media https://www.verwaltung-derzukunft.org/digitale-kommune/digital-lokalhannover-kommuniziert-quartiersbezogen Deutschland Wegweiser Media & Conferences GmbH Berlin G2C Ablauf Diverse Verwaltungsdienstleistunge Kommune n hoch Digitalisierungsstrategie, Bürgerportal, Plattform https://www.verwaltung-derzukunft.org/digitale-kommune/digitaleagenda-amt-huettener-berge 9 11 12 Bauanträge online der Stadt Rietberg Hannover setzt lokales soziales Nachbarschaftsnetzwerk ein, um Nachbarn näher zusammenzubringen und den gegeseitigen Austausch und Ehrenamt zu fördern. Digital-lokal – Hannover Eigenes soziales Netzwerk wirkt dem entgegen, dass die kommuniziert 2018 Stadt Hannover Nachrichten der Kommune zwischen den anderen quartiersbezogen Nachrichten auf Twitter, Facebook & Co untergehen. Außerdem sind insbesondere auch ältere Menschen adressiert. Digitale Agenda Amt Hüttener Berge Kommune Am Hüttener Berge hat gemeinsam mit einer Beratungsfirma eine digitale Agenda zur Umsetzung in der Kommune erarbeitet. Somit hat die Kommune das Thema zur "Chefsache" gemacht. Darin haben sie verschiedene Handlungsfelder adressiert, wie z.B. einen digital unterstützten Personennahverkehr, digitale Lehr2018 Amt Hüttener Berge und Lernangebote in den Schulen, digitale Bekanntmachungskästen (Terminals) neben den sozialen Netzwerken und dem Bürgerportal der Kommune sowie Dorfgemeinsschaftshäuser. In der Agenda sind viele verschiedene Beispiele für kommunale digitale "Produkte". Bad Hersfeld kooperiert mit LogistikUnternehmen, 13a automatisiert sein Rechnungswesen und macht ernst beim IoT Die nordhessische Stadt Bad Hersfeld hat ihre städtischen Richtlinien für Vergabe-Entscheidungen so angepasst, dass digitalen Produkten der Vorrang 2018 Stadt Bad Hersfeld eingeräumt wird. Vor der Beschaffung von analogen Produkten muss zunächst am Markt geprüft werden, ob keine entsprechenden digitalen Lösungen existieren. Deutschland Wegweiser Media & Conferences GmbH Berlin G2B Ablauf Beschaffung Kommune hoch IoT, Organisationsstruktur, Datananalyse, E-Rechnung https://www.verwaltung-derzukunft.org/politik-und-strukturen/wirdrehen-den-spiess-um Bad Hersfeld kooperiert mit LogistikUnternehmen, 13b automatisiert sein Rechnungswesen und macht ernst beim IoT Die Stadt Bad Hersfeld erhält mittlerweile fast ausschließlich Rechnungen von Unternehmen im PDFFormat. Papierrechnungen werden durch einen externen Dienstleister gescannt und in ein elektronisches 2018 Stadt Bad Hersfeld Rechnungssystem eingespielt. Zielvorstellung ist es, dass eine komplette elektronische Datenübertragung mittels XML-Datensätzen zwischen Unternehmen und Stadtverwaltung eingerichtet wird. Deutschland Wegweiser Media & Conferences GmbH Berlin G2B Ablauf Digitaler Workflow im Rechnungswesen Kommune hoch IoT, Organisationsstruktur, Datananalyse, E-Rechnung https://www.verwaltung-derzukunft.org/politik-und-strukturen/wirdrehen-den-spiess-um BCG definiert fünf Faktoren für eine erfolgreiche Digitalisierung der Verwaltung in der Schweiz, davon beziehen sich zwei auf die Aufbauorganisation: es sollte eine zentrale Koordinationsstelle für die Digitalisierung der Verwaltung (CDO) eingerichtet werden und es 2017 Staat Schweiz sollten agile Arbeitsmethoden zum Einsatz kommen. Ziel ist es, Prozesse zu verschlanken und zu beschleunigen, die Bürgerinteraktion zu verbessern und die Daten nutzbar zu machen (KI). Schweiz Boston Consulting Group intraorganisational Aufbau alle Ebenen hoch Organisationsstruktur CDO, Agilität, Prozessautomatisierung, Datenanalyse http://image-src.bcg.com/Images/BCGstudie-Digitale-Verwaltung-Schweiz_tcm9168176.pdf 14 Digitale Verwaltung Schweiz Wie gelingt der Aufstieg zur Spitze? 15 Die Stadt hat ein eigenes Amt für Digitalisierung Sindelfingen schafft ein eingerichtet. Das Amt soll eine digitale Agenda für die Amt für Digitalisierung Stadt Sindelfingen erarbeiten und Projekte im Bereich Digitalisierung gemeinsam mit Partnern umsetzen. 2018 Stadt Sindelfingen Deutschland Stadt Sindelfingen intraorganisational Aufbau Kommune hoch https://www.sindelfingen.de/site/Sindelfing Organisationsstruktur, Amt enfür Digitalisierung Internet/node/15430123/Lde?QUERYSTRIN G=digitalisierung 16 Public Sector Digitisation: The Danish Approach Es existiert eine Agency of Digitisation mit 245 Mitarbeitern, die für die Digitalisierung des Landes zuständig ist. 2018 Staat Dänemark Dänemark Agency for Digitisation intraorganisational Ablauf alle Ebenen mittel Organisationsstruktur https://www.publieksdiensten.nl/wpcontent/uploads/2018/05/DENMARK-0-1Public-sector-Digitisation-the-Danishapproach.pdf eGovernment in Denmark eGovernment Strategy Das Hauptziel der Digitalisierung war es, dass selfservice Lösungen bis 2015 die Hauptart der Verwaltungsleistungen sind, was die Benutzung von Technologie auf allen Ebenen vorantrieb. Wichtige Punkte waren: Abschaffung der Papierakte und der Post, neue digitale Sozialleistungen (z.B. IT-Initiativen in Schulen, Gesundheitstechnologie), eine engere digitale 2015 Staat Dänemark Zusammenarbeit der verschiedenen Verwaltungsebenen, damit gemeinsame Lösungen entwickelt werden (Hauptpunkt: 1. gemeinsame digitale Infrastruktur, 2. effektives Teilen von Daten zwischen den Verwaltungen, 3. ein Gesetz, das die digitale Gesellschaft unterstützt und weiterentwickelt, 4. engere Koordinierung öffentlicher Digitalisierungsbestrebungen) Dänemark European Commission G2C,G2B, G2G Diverse Verwaltungsdienstleistunge alle Ebenen n und -prozesse mittel Digitalisierungsstrategie https://joinup.ec.europa.eu/sites/default/fil es/inlinefiles/eGovernment_Denmark_February_201 6_18_01_v3_02.pdf 17 Aufbau und Ablauf 18 Digital optimierter Schulbusverkehr Die Route der Schulbusse wird dadurch optimiert, dass beim Einsteigen der Schüler deren Endhaltestelle erfasst wird und die Route in Bezug auf mitfahrende Schüler 2017 Stadt Olfen optimiert wird. Dadurch konnte die Anzahl der Busse (und damit auch Fahrer) von 3 auf 2 reduziert werden, da Leerfahrten vermieden werden. Deutschland Entwicklungsagentur RheinlandG2C, G2B Pfalz e.V. Ablauf Öffentlicher Nahverkehr Kommune mittel Chipkarte, Lesegerät, Routenoptimierung, IoT, Datenanalyse 19 Digitaler Ansprechpartner erleichtert die Orientierung in der Stadt Die Stadt Wien entwickelt derzeit an einem Chatbot, der zukünftig über den Facebook-Messenger für jegliche Bürgeranfragen zur Verfügung stehen und die Informationssuche zu allen Themen, welche die Stadt 2017 Stadt Wien betreffen, erleichtern soll. Der Fokus liegt auf Informationen, die sich bereits auf der Homepage der Stadt verbergen, die aber einfacher zugänglich gemacht werden sollen. Österreich Entwicklungsagentur RheinlandG2C Pfalz e.V. Ablauf Diverse Verwaltungsdienstleistunge Kommune n mittel Chatbot, Social Media, Bürgerportal 20 Digitalisierung schafft neue Arbeitsformen Das Modellprojekt „Schreibtisch in Prüm“ untersucht in einer Pendlerregion das Konzept Coworking Space im ländlichen Raum – neue Arbeitsformen könnten das Leben außerhalb von Städten attraktiver gestalten. Entwicklungsagentur RheinlandG2C, G2B Pfalz e.V. Ablauf Wirtschaftsförderung Kommune mittel Co-Working-Space 21 LippeJob-Interaktiv Kommunikation verbessern, Bürger interaktiv und effizient bei der Jobsuche unterstützen Bereitstellung von mobilen Endgeräten (Pilotphase), z.B. Tablets für Arbeitsuchende, Arbeitsvermittler und Jobcenter Lippe - Anstalt Jobcenter Lippe - Anstalt des Arbeitgeber sowie Einsatz eines Infobuses. Ziel ist es, des öffentlichen Rechts öffentlichen Rechts und durch medienbruchfreie und prozessintegrierte Technik 2012 und Kommunales Deutschland Kommunales Rechenzentrum Arbeitsuchende zielgenau und schnell mit JobRechenzentrum MindenMinden-Ravensberg/Lippe Angeboten zu versorgen und dadurch Einsparungen Ravensberg/Lippe durch Reduzierung der Vermittlungszeit zu realisieren. G2C Ablauf Jobcenter Kommune hoch Mobile Endgeräte, Tablet, Mobiles Büro 22 Modellprojekt zur Einführung der E-Rechnung in der Kommunalverwaltung im Landkreis DahmeSpreewald: Erfahrungsbericht und Umsetzungsleitfaden Der Landkreis Dahme-Spreewald hat ein Modellprojekt zur Einführung der E-Rechnung als verpflichtendes Rechnungsformat in der Kommunalverwaltung durchgeführt. Mit der Einführung des neuen Prozesses erfolgt die Rechnungsbearbeitung (Annahme und Landkreis Dahme2017 Weiterverarbeitung) vollständig digital. Damit entfallen Spreewald die bisherigen Medienbrüche. Jede E-Rechnung enthält einen strukturierten Datensatz im XML-Format, welcher maschinenlesbar ist und so in den Workflow zur Rechnungsbearbeitung eingespeist werden kann. G2B, G2N Ablauf Finanzbuchhaltung Kommune hoch E-Rechnung 23 Die Studie stellt den Status quo in Bezug auf die Nutzung privater Geräte und Software in der Gefährliche Ignoranz? – Kommunalverwaltungen dar. Sie zeigt Chancen für die Bring-Your-Own-Device, Realisierung individueller Produktivitätspotenziale am IT Consumerization und Arbeitsplatz auf und zeigt, dass das Verbieten der Co in der öffentlichen Nutzung der Attraktivität als Arbeitgeber schadet. Es Verwaltung werden konkrete Handlungsempfehlungen für Verwaltungen aufgezeigt, die einer aktiven Gestaltung des digitalen Arbeitsplatzes den Weg ebnen können. Diverse Verwaltungsprozesse Kommune mittel Mobile Endgeräte, BringYour-Own-Device, IT Consumerization, Apps 2017 Verbandsgemeinde Prüm Deutschland Deutschland Landkreis Dahme-Spreewald Universität Siegen, ERCIS, 2015 Kommunalverwaltungen Deutschland NEGZ intraorganisational Ablauf https://landleben-digital.de/wpcontent/uploads/2017/11/landleben_unsere _zukunft_im_digitalen_dorf.pdf https://landleben-digital.de/wpcontent/uploads/2017/11/landleben_unsere _zukunft_im_digitalen_dorf.pdf https://landleben-digital.de/wpcontent/uploads/2017/11/landleben_unsere _zukunft_im_digitalen_dorf.pdf http://www.egovernmentwettbewerb.de/praesentationen/2012/krz_L ippeJob-Interaktiv_Publikumspreis.pdf https://www.pdg.de/fileadmin/Daten/Referenzen/170221_ Erfahrungsbericht_E-Rechnung_LDS.pdf https://negz.org/wpcontent/uploads/2016/11/NEGZ_BYOD-inKommunen_2015_Niehaves-KoefferOrtbach_FINAL.pdf 24 Elektronischer Posteingang Im Ortenaukreis werden alle bei der Landkreisverwaltung eingehenden Postsendungen im „Elektronischen Posteingang“ per Scan digitalisiert, mit einer elektronischen Signatur versehen und anschließend elektronisch an die entsprechende Verwaltungseinheit weitergeleitet. Dadurch kommt es zum einen zu Zeitersparnissen in Verwaltungsverfahren, da das 2016 Ortenaukreis mühsame händische Verteilen der Post entfällt. Zum anderen wird der elektronische Posteingang in Kombination mit der Einführung eines Dokumentenmanagementsystems (DMS) als Grundvoraussetzung für die flächendeckende Einführung der E-Akte betrachtet. Es ist nun eine medienbruchfreie Abwicklung von Verwaltungsprozessen möglich. 25 Einführung eines elektronischen Baulastenverzeichnisses und Umstellung aller baulastbezogenen Verwaltungsverfahren auf vollständig elektronische Aktenführung und Sachbearbeitung Das Baulastenverzeichnis mit mehr als 30.000 Dokumenten wurde im laufenden Betrieb binnen vier Wochen in die elektronische Form überführt. Alle zugehörigen Verwaltungsverfahren einschließlich der automatisierten Online-Auskunft sind vollständig elektronisch umgesetzt und befinden sich aktuell im Regelbetrieb. 26 Es wurden bestimmte Aufgaben ausgewählt, für die die Kommunikation mit dem "Kunden" nun über De-Mail abgewickelt wird. Die Vorteile des Verfahrens in der Stadtverwaltung Halle (Saale) wurden dabei vor allem in Stadtverwaltung Halle Einführung von De-Mail 2016 der schnelleren Zustellung, der Vermeidung von (Saale) Medienbrüchen, des sicheren elektronischen Versands sensibler Daten und nicht zuletzt in der Einsparung von Prozesskosten verortet. 27 28 2016 Heidekreis Deutschland BMI Deutschland BMI Deutschland BMI Bürgerhaushalt Landkreis MayenKoblenz Bürgerinnen und Bürgern wird seit 2013 ermöglicht, sich an den Haushaltsplanungen zu beteiligen. Der Bürgerhaushalt ist damit zum festen jährlichen Bestandteil der Entscheidungsfindung geworden. Die 2017 Landkreis Mayen-Koblenz Deutschland HÖHN CONSULTING GmbH Partizipation erfolgt ausschließlich online. Gegenstand sind sowohl Sparmaßnahmen als auch Investitionen und Ausgaben. Agile Verwaltung Agile Verwaltungen sind besser in der Lage, Zusammenhänge und Wechselwirkungen mitzudenken, schnelle und realistische Ziele zu setzen und schnell auf Änderungen der Gegebenheiten zu reagieren. Sie haben Stadtverwaltung 2018 die funktionalen Beschränkungen (Silodenken) Karlsruhe / Mannheim überwunden und das Agieren nach Zuständigkeiten um neue Organisationsformen ergänzt, um agiles Arbeiten zu ermöglichen. intraorganisational Ablauf G2C, G2B G2C, G2B G2C Diverse Verwaltungsprozesse Kommune hoch Dokumentenmanagementsys tem, Elektronischer Posteingang, Scannen, eAkte, digitale Signatur https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/dow nloads/DE/veroeffentlichungen/2016/projek tbericht-e-governmentmodellkommunen.pdf;jsessionid=28CEBCC57 EF539F2D1E080322A6295A8.2_cid295?__bl ob=publicationFile&v=1 E-Akte, Online-Auskunft https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/dow nloads/DE/veroeffentlichungen/2016/projek tbericht-e-governmentmodellkommunen.pdf;jsessionid=28CEBCC57 EF539F2D1E080322A6295A8.2_cid295?__bl ob=publicationFile&v=1 Ablauf Bereitstellung des Baulastenverzeichnisses Ablauf Empfangen von Anträgen und Versenden von Bescheiden zu Veranstaltungen, Versammlungen, Feuerwerken und Märkten Kommune mittel De-Mail, digitale Signatur https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/dow nloads/DE/veroeffentlichungen/2016/projek tbericht-e-governmentmodellkommunen.pdf;jsessionid=28CEBCC57 EF539F2D1E080322A6295A8.2_cid295?__bl ob=publicationFile&v=1 Ablauf Bereiche des Haushalts zur Debatte: - Schulen - Sport - Straßen - Sicherheit und Ordnung - Gesundheit - Kinder, Jugend und Soziales Kommune hoch Open Government, EBürgerpartizipation, Bürgerportal http://hoehn-consulting.de/WP/wpcontent/uploads/2017/08/BPA_DG_Ausg2_ Digital.pdf Referat Ic1 – Zukunftsgerechte Gestaltung der Arbeitswelt und Deutschland Arbeitskräftesicherung intraorganisational Aufbau Bundesministerium für Arbeit und Soziale Kommune mittel https://www.karlsruhe.de/iq/presse/HF_sec tions/content/ZZn9YyhzZaW3PS/ZZn9YyZ4Jc qapF/Beitrag%20Jahrbuch.pdf Kommune mittel Agilität https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloa ds/DE/PDF-Publikationen/a883weissbuch.pdf;jsessionid=69717D0A17DAEC 08E0007081E6A3A7DD?__blob=publicationFi le&v=9 29 30 31 32 Bausteine eines kommunalen Musterprozesses Es werden Prozessbausteine definiert, und diese mit EGovernment-Mitteln verbessert. Bausteine: -Informationen zu einer Verwaltungsleistung einholen -Eine Verwaltungsleistung auslösen -Eingangsbearbeitung in der Kommunalverwaltung -Sachbearbeitung -Zusammenarbeit mit Leistungspartnern -Öffentlichkeitsbeteiligung -Entscheidung -Übermittlung der Ergebnisse -Überwachung der Umsetzung der Entscheidung -Bearbeiten von Rechtsbehelfen -Archivierung oder Vernichtung der Akte Kita-Navigator Dieser Navigator ist ein Online-Vormerkverfahren, in dem sich Eltern sowohl durch bebilderte Informationen über 125 Tageseinrichtungen im Kreisgebiet klicken als auch per Internet ihr Kind zur Anmeldung registrieren 2018 Kreis Heinsberg können. Die Eltern müssen nicht mehr jede Tageseinrichtung einzeln aufsuchen und jeweils einen eigenen Anmeldebogen ausfüllen. Digitalisierung. Die Kreisverwaltung packt an. Darstellung der Handlungsbereiche, in denen im Kreis gearbeitet wird. Besonders interessant ist der Bereich "mobiles Arbeiten". Fortschrittliche Ansätze mit BYOD und dienstliche zur Verfügung gestellten Apps, die integriert sind. Digitale Unterschrift/eID Estland verfügt mit seiner „Smart-ID“ über eines der höchst entwickelten nationalen Ausweissysteme. Der moderne Lichtbildausweis enthält verschlüsselte Daten, die als eindeutiger ID-Nachweis in einer elektronischen 2018 Kreis Soest Anwendung benutzt werden können. Damit können sich Bürgerinnen und Bürger unter anderem in OnlineVerfahren identifizieren und offizielle Dokumente digital signieren. 2016 Kommunalverwaltungen Deutschland Bundesministerium des Innern intraorganisational Ablauf 2018 Kreis Nordfriesland Deutschland Landkreistag G2C Ablauf https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/dow nloads/DE/veroeffentlichungen/2016/egovernmentkochbuch.pdf?__blob=publicationFile&v=1 Abstrahierte Bausteine, die sich auf verschiedene Kommune Aufgaben anwenden lassen hoch Prozessmanagement, Prozessautomatisierung, Prozessstandardisierung Kinderbetreuung hoch https://www.landkreistag.de/images/storie App, Prozessautomatisierung, Bürgerportal s/publikationen/bd-136.pdf Kommune Deutschland Kreis Nordfriesland intraorganisational Ablauf und Aufbau Diverse Verwaltungsdienstleistunge Kommune n und -prozesse hoch Mobile Endgeräte, BringYour-Own-Device, Apps, IT- https://www.nordseeStrategie, Agile akademie.de/fileadmin/user_upload/verans Organisation, Antragstaltungen/gemeindeseminar_februar_2018_ Assistent, Workflowpr%C3%A4sentation_tiedemann_digitalisier Management, E-Rechnung, E- ung_kreis_nordfriesland.pdf Akte Deutschland Kreis Soest intraorganisational Aufbau und Ablauf Diverse Verwaltungsdienstleistunge Kommune n und -prozesse mittel Agilität, Tools, Labs https://www.staedtebund.gv.at/fileadmin/ USERDATA/staedtetag/2018/tagungsunterla gen/2018AK4_A_03_Praesention_Dirk_Loen necke.pdf Success stories - eEstonia Estlands Transformation zu einer digitalisierten Verwaltung begann 1997 mit der Einführung von eGovernance. 2000 wurde e-Tax eingeführt, was es Unternehmen ermöglichte dieses schnell digital zu gründen und zu führen, Steuererklärung konnten komplett elektronisch eingereicht werden. Heute werden Steuern allgemein digital abgewickelt. X-Road (2001) verlinkt öffentliche und private e-service Datenbanken und ist 24/7 verfügbar. 2002 wurde die digitale ID eingeführt, die es jedem Bürger ermöglicht die e-services in Anspruch zu nehmen. 2005 wurden 2018 Staat Estland digitale Wahlen möglich. 2007 wurde die Polizei digitalisiert, was deren effektivität steigerte (haben z.B. Daten aller Autos zur Verfügung und müssen keine Verkehrsteilnehmer für Kontrollen anhalten). Um die Sicherheit zu erhöhen, wurde 2008 die Technologie Blockchain eingeführt. Im gleichen Jahr wurde eine Gesundheitsdatenbank eingeführt, die es Bürgern ermöglicht, ihre Daten gleich nach einem Arztbesuch einzusehen. 2014 wurde es auch für transnationale Unternehmen möglich, eine digitale ID zu erhalten und so auf die Government Services zuzugreifen. Estland e-estonia alle Ablauf Gesundheit, Bürgerservices, Bund Wahlen, u.A. mittel Digitaliserungsstrategie, Datenaustausch, eTax, Blockchain https://e-estonia.com 34 Building blocks of eestonia Beispiel an Dienstleistungen und Technologien: Smart-ID (App zur digitalen Unterschrift von offiziellen Dokumenten), e-law, e-justice, e-police, Mobilitätsservices (z.B. Parkgebühren per App bezahlen), Bildung (e-School ist ein Board, was ähnlich wie Moodle funktioniert, hier tragen Lehrer Noten und 2018 Staat Estland Hausaufgaben ein, kontaktieren Eltern und ihre Klassen, Eltern können hier die Lernerfolge der Kinder verfolgen, Schüler können ihre besten Arbeiten in ihr e-portfolio speichern, die lokale Verwaltung hat die Möglichkeit statistische Daten abzufragen). Estland e-estonia alle Aufbau und Ablauf Bildung, Steuern, Polizei, Ordnungsamt niedrig e-ID, e-law, e-justice, epolice, e-payment, elearning https://eestonia.com/solutions/education/e-school/ 35 Schritte, um die kommunale Ebene zu digitalisieren: 1. Einführung von elektronischen Datenbanken öffentlicher Informationen 2. Webseiten für alle Bevölkerungssschichten anpassen, Information Technology so dass dort vorhandene Services gut verstanden und in Public Administration einfach gefunden werden können of Estonia 3. lokale Regierende sollen über alle Möglichkeiten und 2.1.5. Co-ordination of 2008 Staat Estland Gefahren der Digitalisierungsstrategien aufgeklärt information society werden development at local 4. alle Dienstleistungen der lokalen Verwaltungen sollen level in 2008 digitalisiert werden 5. die Bedürfnisse von lokalen Regierungen in Bezug auf Digitalisierung sollen weiter analysiert werden und Lösungen gefunden werden Estland Ministry of Economic Affairs and Communications intraorganisational , Ablauf G2G, G2C mittel e-Services, Webseite https://www.digar.ee/arhiiv/en/download/ 214868 33 alle Ebenen Digitalisierungsstrategie, IT Kommune Services 36 MyBuilding Permit MyBuilding Permit ist die erste Onlineplattform in den USA, auf der Baugenehmigungen beantragt werden können. Auf der Onlineplattform des Bundesstaates Washington werden verschiedene ePayment Möglichkeiten angeboten. Die bürgerfreundliche Anwendung ermöglicht Antragsstellenden anfallende Gebühren für Anträge oder Genehmigungen direkt online über gängige Anbieter zu bezahlen. 37 Sammamish 21 TV Fernsehsender der Stadt, der Gemeindesitzungen und Informationen über die Stadt und andere Städte der Umgebung überträgt. 38 USA eCityGov Alliance G2C, G2B Aufbau und Ablauf Baugenehmigung Kommune hoch e-Payment, Online Baugenehmigung https://mybuildingpermit.com/about-us USA City of Sammamish G2C, G2B Ablauf Bürgerinformationen Kommune niedrig e-Services https://www.sammamish.us eID in Dänemark Die eID (NemID) ermöglicht es jedem Dänen, sich digital auszuweisen und offizielle Dokumente zu unterschreiben. Außerdem können sie hiermit digitale 2018 Staat Dänemark Funktionen wie z.B. eBanking, kommunale Services 2018 oder Steuererklärungen nutzen. Dänemark Agency for Digitisation intraorganisational Ablauf Bürgeridentität alle Ebenen mittel e-ID https://en.digst.dk/digitisation/eid 39 Online Portal in Dänemark Im Online Portal Dänemark findet man Informationen zu allen Leistungen der Behörden, kann Post an die Behörden verschicken und erhält diese auch im Portal und alle Informationen einsehen, die den Behörden über den Bürger vorliegen 2018 Staat Dänemark Dänemark Agency for Digitisation G2C Ablauf Bürgerinformationen und services alle Ebenen mittel e-Services https://en.digst.dk/digitisation/nationalcitizen-portal/ 40 Onlinerechungen für Unternehmen Unternehmen haben hierüber die Mögichkeit, Rechnungen zu schreiben und zu verschicken, es soll Arbeitsschritte wie Papierrechnungen und die Digitalisierung dieser durch Scannen ersparen, in dem sie bereits digital gestellt und abgelegt werden. 2018 Staat Dänemark Dänemark Agency for Digitisation G2B Ablauf Services für Unternehmen alle Ebenen mittel e-Services https://en.digst.dk/digitisation/nemhandel/ Amt für Digitalisierung in Planung Der Landkreis Leer führte 2018 ein Amt für Digitalisierung (und Wirtschaft) ein. Der Landrat sieht insbesondere für den ländlichen Raum enorme Chancen im digitalen Zeitalter. Er geht davon aus, dass in wenigen Jahren alle Dienstleistungen auch digital 2017 Landkreis Leer angeboten werden müssen. Die „Initiative Digital“ beinhaltet u.a. die Realisierung einer elektronischen Aktenführung. Das Amt ist im Organigramm des Landkreises im Dezernat 1 aufgehängt. Deutschland Kommune 21 intraorganisational Aufbau Kommune hoch Organisationsstruktur Amt für Digitalisierung https://www.kommune21.de/meldung_271 61_on.html http://www.presseservice.de/data.aspx/static/969245.html Heidelberg auf dem Weg zur agilen Stadtverwaltung. Ein Werkstattbericht. Nach dem Agilität ein TOP Thema der FührungskräfteKlausur der Stadt Heidelberg im Sommer 2017 war, hat sich die Stadt entschlossen, das Thema noch stärker voranzutreiben. Aus Sicht der Stadt wird die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und Beschäftigten in wichtigen Entscheidungen immer relevanter. Aufgrund 2019 Stadt Heidelberg der demographischen Entwicklung und der Digitalisierung müssen mehr innovative Vorgehensweisen eingesetzt werden. Die Stadt will in Zukunft in verschiedenen Handlungsfeldern agiler arbeiten, dazu gehört u.a. der Bereich "Qualifizierung". Deutschland Stadt Heidelberg intraorganisational Aufbau Kommune hoch Agilität https://agileverwaltungorg.files.wordpress.c om/2019/02/20190221_keynotefavkonferenz_20190221.pdf 41 42 2018 Washington State 2018 Stadt Sammamish, Washington 43 eAkte im Kreis Düren Der Kreis Düren hat in vielen seiner Verwaltungsbereiche, unter anderem im kommunalen Jobcenter, die Aktenführung komplett von der Papierakte auf die elektronische Akte (E-Akte) umgestellt. Auf die E-Akte können die Verwaltungsmitarbeiter nun ortsunabhängig von jedem PC aus zugreifen, sofern sie über die entsprechenden 2017 Jobcenter im Kreis Düren Deutschland Deutscher Landkreistag Zugriffsberechtigungen verfügen. In Folge der Einführung der E-Akte konnte der Kreis nach eigenen Angaben Kosten für Verbrauchsmaterial und Druck einsparen, Arbeitsprozesse optimieren, die Raumnutzung verbessern sowie die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit steigern. G2C, Ablauf intraorganisational Jobcenter Kommune hoch eAkte, digitaler Postausgang http://www.kreise.de/__cms1/images/stori es/publikationen/Bd.%20132.pdf 150 Anhang 4.2: Interviewleitfaden – Experteninterview zur Lösung „Bauanträge online“ der Stadt Rietberg Eingangsfrage: Wann wurden Sie zuletzt auf die Lösung „Bauanträge online“ angesprochen (von allen Parteien - Angestellte, Bürger, Wissenschaft, Presse)? Fragenblock 1: Bitte beschreiben Sie uns die Lösung / das Verfahren, für das Sie verantwortlich sind. • • Wie wird die Lösung von den Bürgern angenommen? Gibt es parallel die analoge Bauantrags-Lösung? Fragenblock 2: Welche organisatorischen Änderungen haben sich durch die Einführung der Lösung ergeben? • • • • • • • • Wer ist alles in den Prozess involviert? o Bürger o Abteilungen / Dezernate o Unternehmen o weitere Behörden Wie sah der Prozess vor Einführung der Lösung aus? Wie sah der Prozess nach Einführung der Lösung aus? Wie hat sich die Komplexität des Prozesses verändert? Wie haben sich Durchlaufzeiten verändert? Hat das Projekt eine Veränderung der Zuständigkeiten ausgelöst? o Haben sich Verantwortlichkeiten (innerhalb von Dezernaten / Ämtern) verschoben? o Unterstützung durch IT-Abteilung? o Unterstützung / Abhängigkeit durch externe Dienstleister? Welche Auswirkungen hatte die Einführung der Lösung auf o Aktenpläne o das Organigramm o Arbeitslast der Sachbearbeiter Was für Rückmeldungen haben Sie in Bezug auf das Verfahren bekommen? Von: o Bürgermeister o Bürgern o Dezernatsleitern o anderen Behörden o Sachbearbeitern o Externen Fragenblock 3: Wie schätzen sie die zukünftige Entwicklung ein? • • • • • Mehr analoge / mehr digitale Nutzung Fallzahlen Komplexität Mehr oder weniger Mitarbeiter Wird die Abteilung für die Bearbeitung der Bauanträge weiterhin notwendig sein? o Ist diese an der richtigen Stelle im Organigramm eingegliedert? Abschlussfrage: In zwei bis drei Sätzen zusammengefasst: Was wird sich aus Ihrer Sicht in der Ablauf- und Aufbauorganisation aufgrund der Digitalisierung der Verwaltung verändern? 151 Anhang 4.3: Interviewleitfaden – Experteninterview zum Amt für Digitalisierung bei der Stadt Sindelfingen Eingangsfrage: Wann wurden Sie zuletzt auf die Einführung des Amts für Digitalisierung angesprochen (von allen Parteien - Angestellte, Bürger, Wissenschaft, Presse)? Fragenblock 1: Bitte beschreiben Sie uns das Amt für Digitalisierung der Stadt Sindelfingen. • • • • • • Welchem Dezernat gehört das Amt an? Was sind Ihre Aufgabenbereiche? Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich gerade besonders? Welche Kompetenzen hat das Amt? (eigene Mittel, nur beratend?) Wie kam es zur Einführung des Amtes? Wie viele Mitarbeiter arbeiten in diesem Amt? Fragenblock 2: Welche organisatorischen Änderungen haben sich durch die Einführung des Amts für Digitalisierung ergeben? • • • • Welche Umstellungen gab es? In Bezug auf: o Bürgerkontakt o Unternehmenskontakt o Zusammenarbeit Abteilungen / Dezernate o Zusammenarbeit mit weiteren Behörden Wie wurde mit dem Thema Digitalisierung vor der Einführung des Amts umgegangen? Hat das Projekt eine Veränderung der Zuständigkeiten ausgelöst? o Haben sich Verantwortlichkeiten (innerhalb von Dezernaten / Ämtern) verschoben? o Unterstützung durch IT-Abteilung? o Unterstützung / Abhängigkeit durch externe Dienstleister? Was für Rückmeldungen haben Sie in Bezug auf die Einführung des Amts erhalten? Von: o Bürgermeister o Dezernatsleitern o Sachbearbeitern o Bürgern o Anderen Behörden o Externen Fragenblock 3: Wie schätzen sie die zukünftige Entwicklung ein? • • • • • Aufgabenbereich / Themenbereiche Verantwortung Mitarbeiterzahlen Komplexität der Aufgaben Ist das Amt an der richtigen Stelle im Organigramm eingegliedert? Abschlussfrage: In zwei bis drei Sätzen zusammengefasst: Was wird sich aus Ihrer Sicht in der Ablauf- und Aufbauorganisation aufgrund der Digitalisierung der Verwaltung verändern? 152 Anhang 4.4: Interviewleitfaden – Qualitative Interviews zu Bürger- und Unternehmensdienstleistungen Einleitung • • Erläuterungen zu Forschungsvorhaben / Interviewdauer / Nachfragen im Interview Biographische Fragen zur interviewten Person 1. Rahmenbedingungen des Verwaltungsverfahrens 1. Auf welchen gesetzlichen Grundlagen baut der Verwaltungsverfahren auf? 2. Wie sehr ist der Verwaltungsprozess auf Landes- bzw. Bundesebene standardisiert? Welche Freiheitsgrade verbleiben in der Prozessgestaltung bei der Landkreisverwaltung? 2. Prozessablauf 3. Um ein Verständnis von der aktuellen Abwicklung des Verwaltungsverfahrens innerhalb der Landkreisverwaltung zu erlangen, bitten wir Sie, uns den Prozessablauf von der Antragstellung bis zu dessen Abschluss kurz zu schildern. 2.1 Verwaltungsinterne Perspektive: 4. Welche Verwaltungseinheiten sind am Prozess beteiligt? Welche Schnittstellen zwischen den Verwaltungseinheiten gibt es wo im Verwaltungsprozess? 5. Wie kommunizieren die Verwaltungseinheiten untereinander bzw. wie werden Daten/Informationen übertragen? 6. Sind Kompetenzen zur Bearbeitung des Verwaltungsverfahrens in einer bestimmten Verwaltungseinheit gebündelt? 7. Sollten und könnten beteiligte Verwaltungseinheiten im Verwaltungsaufbau enger zusammengeführt werden? 2.2 Bürgerperspektive: 8. Welche Informationen werden vom Bürger/der Bürgerin benötigt? Wo existieren hierbei Schriftformerfordernisse? 9. Welche Bemühungen wurden bereits unternommen, dass Verwaltungsverfahren bürgerfreundlich zu gestalten? 10. Ist ein einheitlicher Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger in der Verwaltung vorhanden? 11. Sind Informations-, Kommunikations- und Transaktionsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger zentral zusammengeführt? 3. Digitalisierung des Verwaltungsverfahrens 12. Welche Bemühungen wurden bereits in der Landkreisverwaltung unternommen, um den Verwaltungsprozess digital zu optimieren? 13. Wo sehen Sie im Verwaltungsverfahren weitere Optimierungspotentiale durch die Nutzung von digitalen Technologien? 153 Anhang 4.5: Interviewleitfaden – Qualitatives einem internen Querschnittsprozess Interview zu Einleitung • • Erläuterungen zu Forschungsvorhaben / Interviewdauer / Nachfragen im Interview Biographische Fragen zur interviewten Person 1. Rahmenbedingungen des Verwaltungsverfahrens 1. Auf welchen gesetzlichen Grundlagen baut der Beschaffungsprozess auf? 2. Wie sehr ist der Beschaffungsprozess auf Landes- bzw. Bundesebene standardisiert? Welche Freiheitsgrade in der Prozessgestaltung verbleiben bei der Landkreisverwaltung? 2. Prozessablauf 3. Um ein Verständnis von der aktuellen Abwicklung des Verwaltungsverfahrens innerhalb der Landkreisverwaltung zu erlangen, bitten wir Sie, uns den Prozessablauf von der Bedarfserhebung bis zur Bedarfsdeckung kurz zu schildern. 4. Wie werden Beschaffungsbedarfe in den einzelnen Ämtern/Verwaltungsbereichen erhoben? 5. Wie erfolgt die Kommunikation zwischen dem Bereich „Beschaffung Bewirtschaftung“ im Personal- und Hauptamt und den Bedarfsträgern bzw. wie werden Informationen übertragen? 6. Welche Verwaltungseinheiten sind neben dem Bereich „Beschaffung Bewirtschaftung“ im Personal- und Hauptamt und den bedarfstragenden Verwaltungseinheiten noch am Beschaffungsprozess beteiligt? Welche Funktion übernehmen diese Verwaltungseinheiten? 7. Gibt es Verwaltungseinheiten die selber Beschaffungsprozesse durchführen? Wenn ja, warum? 8. Wie wird die tatsächliche externe Beschaffung abgewickelt? Wie wird mit den Lieferanten kommuniziert? 3. Digitalisierung des Verwaltungsverfahrens 9. Welche Bemühungen wurden bereits in der Landkreisverwaltung unternommen, um den Verwaltungsprozess digital zu optimieren? 10. Wo sehen Sie im Verwaltungsverfahren weitere Optimierungspotentiale durch die Nutzung von digitalen Technologien? 154 Anhang 5.1: Interviewleitfaden Experteninterviews 1. Fragenblock: Einleitende & Allgemeine Fragen 1.1 Welche Aufgaben haben Sie in der Muster GmbH? 1.2 Welche Perspektiven können Sie uns mit Hinblick auf das Personal vermitteln? 1.3 Was wird sich beim Verwaltungspersonal verändern im Zuge der Digitalisierung? 1.4 Welche erfolgreichen Maßnahmen wurden bisher umgesetzt? 1.5 Welche Faktoren sind für eine zukunftsträchtige Belegschaft der Verwaltung wichtig? 2. Fragenblock: Arbeitsmodelle 2.1 Welche räumlichen Arbeitsmodelle sind für die Zukunft der Verwaltung erfolgversprechend? 2.2 Welche zeitlichen Arbeitsmodelle sind für die Zukunft der Verwaltung erfolgversprechend? 2.3 Welche Auswirkungen bietet insbesondere die Digitalisierung bei der Umsetzung? 2.4 Welche digitalen Gegebenheiten müssen gegeben sein, um neue Arbeitsmodelle zu etablieren? 3. Fragenblock: Aufgabenprofil und Qualifikationsniveau 3.1 Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf die Aufgabeninhalte des Verwaltungspersonals (sowohl Sachbearbeiter als auch IT)? 3.2 Welche Aufgabenprofile und damit einhergehende Qualifikationsniveaus werden benötigt? 3.3 Inwieweit werden in der Zukunft (Routine-)Aufgaben von Computern übernommen? 4. Fragenblock: Personalbedarf 4.1 Werden durch die Digitalisierung neue Arbeitsplatze entstehen oder wegfallen? Warum? 4.2 In welchen Bereichen und Hierarchieebenen werden Arbeitsstellen entstehen und wegfallen? 4.3 Werden sich der Fachkräftemangel und der sinkende Personalbedarf „ausgleichen”? 5. Fragenblock: (Digitale) Kompetenzen 5.1 Welche Kompetenzen (digital und analog) brauchen die Mitarbeitenden der Verwaltung in Zukunft? 5.2 Welche Kompetenzen besitzen Verwaltungsangestellte schon? 5.3 Welche Kompetenzen werden insbesondere von Führungskräften im Rahmen der Digitalisierung erwartet? 6. Fragenblock: Personalbeschaffung 6.1 Welche Maßnahmen empfinden Sie als wichtig, um die Attraktivität der Verwaltung zu erhöhen? 6.2 Wie kann die Verwaltung die Motivation und Beschäftigungsfähigkeit jedes Mitarbeitenden über die gesamte Erwerbslaufbahn erhalten werden? 155 6.3 Welche Art von Fachkräften sollten in Zukunft rekrutiert werden? 7. Fragenblock: Personalentwicklung 7.1 Welche Formen der Weiterbildung werden künftig notwendig sein? 7.2 In welchem Rahmen werden die Weiterbildungsmaßnahmen erfolgen? 7.3 Wie können entsprechend dem Bedarf Fachkräfte entwickelt werden? 7.4 Ist es sinnvoller, eigene Fachkräfte zu entwickeln oder externe Expertise einzukaufen? 8. Fragenblock: Abschluss Wie oder inwiefern konnte/wird das Verwaltungspersonal von der Digitalisierung profitieren? Vorläufige Szenarien Frage: Bitte kommentieren Sie folgende Szenarien, welchem würden Sie eher zustimmen? Szenario: Online-Verwaltung Die Kommunalverwaltung im Jahr 2030 ist im Netz leicht zugänglich, konnte die Verwaltungsdienstleistungen bereits vollständig auf zentrale Online-Verfahren umstellen und hat den ortsgebundenen Kundenkontakt gänzlich eingestellt. Die standardisierten Verfahren wirken sich in vielerlei Hinsicht auf das Verwaltungspersonal aus. Der mobile Arbeitsplatz, Telearbeit und Home-Office sind an der Tagesordnung, flexibilisieren den Arbeitsalltag und erhöhen die Work-Life-Balance. Durch den Wegfall von Bürgerservices in der Fläche und die technologische Automatisierung und Standardisierung von Arbeitsprozessen reduziert sich der Personalbedarf von Sachbearbeiter*innen, erhöht jedoch gleichzeitig den Bedarf an qualifizierten IT-Kräften. Insgesamt müssen anspruchsvollere und komplexere Tätigkeiten ausgeführt werden. Letztendlich sinkt jedoch der Personalbedarf. Das Kompetenzprofil hat sich dahingehend verschoben, dass digitale Kompetenzen die Soft Skills ablösten. Szenario: Interaktive Verwaltung Die Kommunalverwaltung im Jahr 2030 ist im Netz leicht zugänglich, konnte die Verwaltungsdienstleistungen bereits in vielen Bereichen auf zentrale Online-Verfahren umstellen, pflegt jedoch trotzdem weiterhin den ortsgebundenen Kundenkontakt. Die Möglichkeit, Arbeitsmodelle wie Telearbeit, Teilzeit und Home-Office zu nutzen besteht. Trotz dessen müssen Kernzeiten in der Verwaltung besetzt werden. Es besteht weiterhin Nachfrage an Sachbearbeiter*innen, sowie auch IT-Fachkräften und Führungspersonal. Neben Aufgaben mit komplexem IT-Inhalt, müssen auch weiterhin ausführende und serviceorientierte Tätigkeiten bedient werden. Auf der einen Seite sind digitale Kompetenzen gefordert. Vor allem jedoch besitzt das Verwaltungspersonal Soft Skills im Umgang mit Kunden. 156 Schriftenreihe für Public und Nonprofit Management Herausgegeben vom Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam In dieser Reihe erschienen: Band 1 Polzer, Tobias: Verwendung von Performance-Informationen in der öffentlichen Verwaltung : eine Untersuchung der Berliner Sozialhilfeverwaltung / Tobias Polzer. - 83 S. 2010 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-42357 Band 2 Radke, Marlen: Die Balanced Scorecard zur Unterstützung der politischen Planung und Steuerung der Vorhaben einer Landesregierung / Marlen Radke. - 85 S. 2010 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-42395 Band 3 Krischok, Arndt: Die Rolle von Policy-Netzwerken in Public Private Partnerships / Arndt Krischok. – 98 S. 2010 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-43046 Band 4 Vogel, Dominik: Dem Gemeinwohl verpflichtet? - Was motiviert die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes? / Dominik Vogel. – 75 S. 2011 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-51554 Band 5 Rackow, Maja: Personalmarketing in der öffentlichen Verwaltung : Analyse und Implikationen eines Best Practice-Ansatzes / Maja Rackow. – VI, 68 S. 2011 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-51652 Band 6 Schnitger, Moritz: Pflegekonferenzen als geeignetes Instrument zur Optimierung des deutschen Pflegemarktes? : Steuerungspotential lokaler Politiknetzwerke im Rahmen von Wohlfahrtsmärkten / Moritz Schnitger. – VI, 137 S. 2011 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-52567 Band 7 Kunath, Marcus: Personalpolitik in der Landesverwaltung und demografischer Wandel : unausgewogene Altersstrukturen als Handlungsfeld des strategischen Personalmanagements in den Landesverwaltungen Berlin und Hamburg / Marcus Kunath. – vi, 93 S. 2011 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-53386 Band 8 Hengel, Martin: Beteiligungsmanagement in Zeiten des kommunalen Gesamtabschlusses / Martin Hengel. – iii, 67 S. 2011 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-53392 Band 9 Nijaki, Nadine: Public Service Motivation im Nonprofit-Bereich : eine Fallstudie am Beispiel des Deutschen Roten Kreuzes / Nadine Nijaki. – 26, XVI S. 2011 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-54487 Band 10 Was machen Verwaltungsmanager wirklich? : Explorative Ergebnisse eines Lehrforschungsprojekts / Alexander Kroll, John Philipp Siegel (Hrsg.). – 66 S. 2011 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-54526 Band 11 Kramer, Ansgar: Organisationale Fähigkeiten des öffentlichen Sektors : zur Übertragbarkeit der Capability Based View auf die Öffentliche Verwaltung / Ansgar Kramer. – 68 S. 2012 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-57298 Band 12 Döring, Matthias: Der Einfluss von Verwaltungskultur auf die Verwendung von Performance-Daten : eine quantitative Untersuchung der deutschen kreisfreien Städte / Matthias Döring. – 28 S. 2012 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-57698 Band 13 Bögel, Simon: Anreize bei der Budgetierung : Welche dysfunktionalen Verhaltensweisen der Manager resultieren aus der Berliner MedianBudgetierung? / Simon Bögel. – VI, 66 S. 2012 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-58124 Band 14 Faasch, Britta: Der Einfluss der leistungsorientierten Bezahlung auf die Public Service Motivation und die intrinsische Motivation von Beschäftigten im öffentlichen Sektor: Ein empirischer Test der Motivation Crowding Theory am Beispiel der Kreisverwaltung Potsdam-Mittelmark/ Britta Faasch. – VI, 73 S. 2012 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-61892 Band 15 Kalm, Nicolas von: Personalführung in der öffentlichen Verwaltung in Zeiten des demographischen Wandels : eine Untersuchung der Wirkung altersspezifischer Führung auf die Arbeitsbeziehung von Führungskraft und Mitarbeiter am Beispiel einer Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit / Nicolas von Kalm. – VI, 66 S. 2012 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-63056 Band 16 Wenzek, Eva: Organisationale Fähigkeiten in Museen : eine explorative Fallstudie / Eva Wenzek. – XVI, 28 S. 2012 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-63645 Band 17 Muriu, Abraham Rugo: Decentralization, citizen participation and local public service delivery : a study on the nature and influence of citizen participation on decentralized service delivery in Kenya / Abraham Rugo Muriu. – VIII, 79 S. 2013 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-65085 Band 18 Nickenig, Julia: Mitarbeitermotivation in der Wissenschaft am Beispiel des LeibnizInstituts für Agrartechnik Potsdam-Bornim e. V. / Julia Nickenig. – vi, 76 S. 2014 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-71353 Band 19 Creusen, Leander: Die Arbeit der Organisationseinheit „Beteiligungsmanagement“ im Gesamtkontext der Steuerung öffentlicher Unternehmen auf kommunaler Ebene / Leander Creusen. – VI, 82 S. 2014 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-71938 Band 20 Ansel, Simon: Die Diffusion von Innovationen in deutschen Kommunen : eine Untersuchung zu Komponenten des E-Government / Simon Ansel – IV, 67 S. 2015 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus4-80370 Band 21 Schinck, Kai Philipp: Erfolgsfaktor Qualitätsmanagement? Die effektive Implementierung von Qualitätsmanagementsystemen in öffentlichen Organisationen / Kai Philipp Schinck – 54 S. 2017 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus4-400520 Band 22 Marienfeldt, Justine: Qualitätsmanagement in Nonprofit-Organisationen : eine mikropolitische Analyse am Beispiel des Landesverbandes der Arbeiterwohlfahrt Berlin / Justine Marienfeldt – I, 30 S. 2018 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus4-408877 Band 23 Birk, Dolores: Mikrofinanzinstitutionen und ihre soziale Performance – eine Literaturdiskussion : welchen Einfluss hat die Organisationsform von Mikrofinanzinstitutionen auf ihre soziale Performance? / Dolores Michaele Birk – III, 44 S. 2018 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus4-410856 Band 24 Holtz, Johannes Niklas: Civil servants’ commitment to change – a factor of success regarding the reform of public budgeting and accounting in the State of Brandenburg? / Johannes Niklas Holtz – IV, 79. 2018 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus4-420792 Band 25 Zukunftsszenarien für die digitale Verwaltung : Ergebnisse eines studentischen Beratungsprojekts / Caroline Fischer, Isabella Proeller (Hrsg.). – 156 S. 2019 | URN urn:nbn:de:kobv:517-opus-435593