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LWL- Archäologie für Westfalen Altertumskommission für Westfalen ARCHÄOLOGIE OLOGIE IN WESTFALEN - LIPPE 2 Michael M. Rind 7 INHALT Leitartikel Rückblick auf die westfälisch-lippische Archäologie im zweiten Corona-Jahr 2021 Christian Pott, Manuel Zeiler 29 Ein Sumpfwald »von unten« – der Karbonwald im Stollen »Freundschaft« in Hattingen Achim H. Schwermann, Henrik Greshake 33 Der Ichthyosaurier von Bielefeld-Jöllenbeck Lothar Schöllmann, Hermann-Josef Krix, Manfred Heising 35 Ein neuer Großammonit aus Dülmen Wolfgang Heuschen, Michael Baales, Jörg Orschiedt 38 Aktuelle Grabungen und Perspektiven an der Blätterhöhle Florian Gumboldt, Jörg Orschiedt, Michael Baales 42 »Neue« steinzeitliche Menschenreste aus Südwestfalen Bernhard Stapel 46 Warendorf-Milte – ein Jagdplatz mit Herdgrube Joris Coolen, Hans-Otto Pollmann 50 Frühe Bauern im Outback – Prospektion der LBK-Siedlung von Minden-Dankersen Hans-Otto Pollmann 54 Die Oberflächenfunde der LBK-Doppelsiedlung von Borgentreich-Großeneder Hans-Otto Pollmann 57 Eine Region ohne Fundplätze – das Neolithikum im Altkreis Lübbecke Leo Klinke 62 Newgrange in Westfalen – neue Forschungen am Megalithgrab Beckum II Christian Peter Schacht 66 Vom Neolithikum bis zur Eisenzeit – Gräber und Siedlungsspuren in Legden-Asbeck Bernhard Sicherl, Rashida Hussein-Oglü 71 Erwitte-Völlinghausen – verlorene Form statt verlorener Fundplatz Joanna Chanko, Manuel Zeiler 75 Das älteste Gräberfeld im Mittelgebirge Südwestfalens bei Lennestadt-Elspe Leo Klinke 78 Hot oder Schrott? Ein neu entdecktes Ringdepot aus dem oberen Sauerland Archäologie in Westfalen-Lippe 2021 Ausgrabungen und Funde INHALT Archäologie in Westfalen-Lippe 2021 Ein neuer westfälischer Fibeltyp – mehrteilige Fibeln der jüngeren Eisenzeit und ihre Vorbilder 82 Manuel Zeiler, Eugen Müsch … und wieder eine »neue« eisenzeitliche Wallburg – der Loermund bei Warstein 85 Manuel Zeiler Ein neu entdecktes Marschlager der Drususfeldzüge in Haltern am See 88 Bettina Tremmel Eine herausragende Bestattung der Zeitenwende aus Sundern 92 Manuel Zeiler Ein römischer Kochtopf unter der Dortmunder Brauerei 96 Georg Eggenstein, Sven Knippschild Die kaiserzeitliche Siedlung in Dülmen-Dernekamp 99 Christian Golüke, Christoph Grünewald Eine merowingerzeitliche Siedlung an der Porta Westfalica 104 Jasmin Rüdiger, Sven Spiong Siedeln am Hang – eine frühmittelalterliche Hofstelle in Bad Wünnenberg 108 Julia Hallenkamp-Lumpe, Rafael Roth, Sven Spiong Zwei herausragende frühmittelalterliche Fibeln aus Warendorf-Milte 113 Dennis Becker, Ingo Pfeffer Tiere sehen dich an – eine merowingerzeitliche Gürtelgarnitur aus Schöppingen 116 Christoph Grünewald, Eugen Müsch Ein Stachelschwein in Westfalen-Lippe – ein »Porcupine«-Sceatta und weitere Neufunde 119 Stefan Kötz Mimigernaford im Leitungsgraben – Einblicke in die Domburg Münster 121 Johannes Müller-Kissing Von einer neuzeitlichen Scheune bis zur ottonischen Befestigung in der Altstadt von Soest 125 Julia Ricken Reste des Hofes Woestehoeve? Die mittelalterliche Rodungssiedlung »Gievenbecker Reihe« 129 Gordon Leonhard, Jan Markus Auf dem Holzweg – Zeugnisse der mittelalterlichen Infrastruktur in Dortmund 133 Ingmar Luther, Sandra Grunwald, Dorothea Csitneki »Minteona« – eine rheinisch-westfälische Münzgruppe und ein Neufund aus Lengerich 136 Stefan Kötz 800 Jahre Geschichte zu Füßen des »Sauerländer Doms« St. Johannes Baptist zu Attendorn 141 Sebastian Luke, Wolfram Essling-Wintzer Ausgrabungen auf dem Geseker Marktplatz – mehr als 2000 Jahre Siedlungsgeschichte 144 Ralf Mahytka, Frederik Heinze, Stefan Kötz, Andreas Wunschel Parzellenstrukturen vom Mittelalter bis in die Moderne im Paderborner Ükern-Viertel Michael Baales, Martin Mainberger, Thorsten Westphal 153 Neue Erkenntnisse zum mittelalterlichen Lippeschiff und seinem Umfeld Sandra Völkel, Leander Kühn, Rolf Golze 156 Ein hochmittelalterliches Grubenhaus am Sonnenberg bei Kreuztal-Ferndorf Joris Coolen, Anton Janßen, Christoph Grünewald 160 Eine runde Sache – Bodenradarmessungen im Bereich der Burg Horstmar Ulrich Holtfester, Bernd Thier, Andreas Wunschel 164 Ein Steinwerk unterm Fontänenfeld? Ausgrabungen auf dem Marktplatz in Borken Julia Hallenkamp-Lumpe, Sven Spiong, Robert Süße 168 Im Schutz der Burg – die frühstädtische Besiedlung an der Widumstraße in Rheda Ingo Pfeffer, Kim Wegener, Joris Coolen 172 Die Schwanenburg bei Rheine-Elte – lange verschollen, doch nicht vergessen Michael Lagers 176 Ein toller Fang – der Siegelstempel Ritter Conrads von Vernede aus Salzkotten Eva Cichy, Fabian Geldsetzer 179 Das Wassertor in Attendorn – erste Erkenntnisse zur frühen Phase der Stadtbefestigung Wolfram Essling-Wintzer, Kim Wegener 184 Kloster Hardehausen – Ausgrabungen in der ältesten Zisterzienserabtei Westfalens Thies Evers 188 Glanz und Elend in der Altstadt von Hamm Mathias Austermann, Manuel Zeiler 191 Eiserne Reserve? Eine mittelalterliche Deponierung bei Sundern Rudolf Bergmann, Antje Diener-Staeckling, Wolfram Essling-Wintzer 195 Das Siegel des Dietrich von Hemed(e)ssen aus dem Werler Schloss Johannes Werner Glaw 198 Die mittelalterliche/frühneuzeitliche Stadtbefestigung Rietbergs Gerard Jentgens 202 Der Kirchhof in Dülmen – Perspektiven Julia Hallenkamp-Lumpe, Ute Koprivc 205 Gestaffelter Aufbau – neue Spuren der Stadtbefestigung von Wiedenbrück Johannes Müller-Kissing 209 Eine frühneuzeitliche Streichwehr im Wall der Stadt Höxter INHALT 148 Archäologie in Westfalen-Lippe 2021 Sveva Gai, Robert Süße INHALT Renaissancezeitliche Glasfunde vom Heistermanschen Hof in Höxter 213 Andreas König Etwas Luxus an der Pader – ein im Archiv wiederentdecktes Glas à la façon de Venise 218 Birgit Mecke Nur ein Streit unter Musikanten? Ein keramisches Relief aus Burg Kakesbeck 222 Bernd Thier Von Schweinetoren und Kuhschanzen – Neues zur Paderborner Stadtmauer 225 Sveva Gai, Robert Gündchen, Stefanie Menne … welche man in der Tasche bey sich tragen kann – eine Reisepistole aus Borken-Südwest 229 Patrick Tarner Ein altes Feuerwehrgerätehaus gibt sein Geheimnis preis – die Synagoge in Gronau-Epe 231 Rudolf Klostermann Leid und Schutz im Untergrund – die Tiefstollenanlage unter Dortmunds Innenstadt 236 Ingmar Luther, Sandra Grunwald Ergebnisse der Prospektion von Flugabwehrstellungen im Umfeld der Stadt Hagen 240 Mirjam Kötter, Johannes Müller-Kissing Hochwasserflut legt NS-Geschichte in Hagen-Eckesey frei 244 Ralf Blank, Thomas Poggel, Daniel Riemenschneider Der Teil zum Ganzen – neue Flächen und Erkenntnisse in Paderborn-Wewer/»Saatental« 247 Bernhard Sicherl Neue Forschungen zur Wallburg Wilzenberg bei Schmallenberg-Grafschaft 251 Ulrike Söder, Manuel Zeiler Bürgerwissenschaft als Basis neuer Forschungen zum Megalithgrab »Düwelsteene« in Heiden 257 Leo Klinke, Florian Jüngerich »Zeche Erin« in Castrop-Rauxel – Einblicke in das spätantike Ruhrgebiet 261 Jona Schröder Verborgenes wird sichtbar – die »Bärenhöhle« im Felsenmeer bei Hemer 265 Wolfgang Hänisch, Björn Wegen, Manuel Zeiler Sichtbarkeitsanalysen von Warttürmen aus am Beispiel von Beckum 269 Ulrike Steinkrüger Luftbildarchäologie in Westfalen – methodische Erfahrungen im Jahr 2021 273 Baoquan Song Archäologie in Westfalen-Lippe 2021 Methoden und Projekte 277 Münzfundkatalog der »Numismatischen Kommission« für Westfalen-Lippe online INHALT Christin Fleige, Stefan Kötz Bianca Kühlborn, Lisa Stratmann, Josef Mühlenbrock 283 Aus der Schatzkammer der Caesaren – Prunk, Protz und Politik der Römer Luisa Radohs 286 Ein archäologischer Beitrag zum »Europäischen Tag der jüdischen Kultur« 2021 Tabea Malter, Doreen Mölders, Michael Rind, Kerstin Schierhold 289 Stonehenge in Herne! – Ausstellung zur Landschaftsgestaltung von der Steinzeit bis heute Patrick Könemann 293 »Roms fließende Grenzen – Grenzüberschreitung am Limes« – die Landesausstellung NRW Susanne Jülich 297 Glasklare Handwerkskunst – ein Schlangen- oder Flügelglas aus Gronau Kim Wegener, Annemarie Reck, Anna Lammers 300 Die »Archäologische Zeitmaschine« und ihre Begleitkampagne in den Social Media 306 Autorenverzeichnis 311 Neuerscheinungen 316 Ansprechpartner, Adressen 320 Impressum Archäologie in Westfalen-Lippe 2021 Ausstellungen Die Energiewende hat auf der politischen Agenda zu Recht höchste Priorität. Es müssen deutlich mehr Windkraftanlagen gebaut und Planungsverfahren vereinfacht werden. Dies wird sich in Zukunft auch stark auf die Bodendenkmalpflege auswirken. Für die Anlieferung der großen Fertigteile und deren Montage wird nicht nur am eigentlichen Standort eines Windrades, sondern auch im Umfeld Oberboden abgetragen. Nach Fertigstellung des Windrades wird dieser zwar wieder aufgebracht und ackerbaulich genutzt, für die Bodendenkmalpflege sind dies aber Flächen mit Totalverlust – sofern nicht zumindest Befunde baubegleitend dokumentiert und Funde geborgen werden. Ein Beispiel für Risiken und Chancen gibt der Neubau von vier Windrädern am Nordhang des Haarstrangs nördlich von ErwitteVöllinghausen. Der Standort am Hang wird von zwei nach Norden entwässernden Bächen eingefasst. Vom Abziehen des Oberbodens für Zufahrtsstraßen und Arbeitsflächen waren über 2 ha mit einer Nordsüdausdehnung von rund 1,5 km betroffen (Abb. 1). Zuvor war hier nur eine neuzeitliche Feldziegelei bekannt. Die archäologische Baubegleitung wurde allein wegen eines generellen Verdachts auf Bodendenkmäler beauflagt. Unter der Leitung von Rashida HusseinOglü (Archäologie am Hellweg eG) konnten trotz eines großflächigen Einsatzes von Ätzkalk zur Bodenhärtung, der mehrfach Arbeitsunterbrechungen notwendig machte, sämtliche Befunde in dem ausgedehnten Areal zeitnah dokumentiert werden. Dennoch erschien das Ergebnis zum Abschluss der Feldarbeiten zunächst sehr mager. Insgesamt wurden nur 32, oft kaum datierbare Befunde angetroffen. Von den 18 Pfostenlöchern ist ein Großteil neuzeitlich, nur drei könnten älter sein, lassen aber keine Baustruktur erkennen. Drei Gruben könnten von der alten Ziegelei stammen. Auffällig waren aber vier flach gemuldete, runde »Holzkohlegruben«, um die der anstehende Boden hitzegerötet war. Die nur noch maximal 0,4 m unter das Planum reichenden Befunde ähneln Grubenmeilern des frühen 0 0 AUSGRABUNGEN UND FUNDE Bernhard Sicherl, Rashida Hussein-Oglü Kreis Soest, Regierungsbezirk Arnsberg 5m Abb. 1 Erwitte-Völlinghausen, Grabungsplan mit den rechteckigen Flächenerweiterungen an den Standorten der Windkraftanlagen und dem vergrößerten Ausschnit mit Befund 12 (Grafik: Archäologie am Hellweg eG/M. Heßling). 200 m 71 Archäologie in Westfalen-Lippe 2021 Bronzezeit Erwitte-Völlinghausen – verlorene Form statt verlorener Fundplatz AUSGRABUNGEN UND FUNDE Archäologie in Westfalen-Lippe 2021 bis hohen Mittelalters. Konzentrationen von Streuscherben ohne klare Befunderhaltung lassen auf starke Hangerosion schließen. Die Funde blieben extrem spärlich. Erst während der Nachbearbeitung zeigte sich, dass hier der unscheinbare Rest einer spätbronzezeitlichen Gießerwerkstatt erfasst worden war. Die stark holzkohlehaltige Grube Befund 12 (Abb. 2) erbrachte elf weich gebrannte Rotlehmbrocken mit auffälliger organischer Magerung (Abb. 3). Mindestens zwei sind in Aufsicht kreissegmentförmig gebogen und haben einen abgerundet rechteckigen Querschnitt mit breiter Außenriefe. Zur Innenseite versetzt befindet sich im Querschnitt das im Durchmesser 5 mm breite Loch eines Kanals, der sich gerundet längs durch die Fragmente zieht. An entlang der Lochung aufgebrochenen Partien ist erkennbar, dass der Kanal mit umlaufenden Schrägrillen profiliert ist. An einem Fragment mündet der Kanal in eine breite Kerbe. Diese Rotlehmstücke gehören eindeutig zu einer tönernen Gießform eines Halsrings. Eine entsprechende Außenriefe wurde auch andernorts an spätbronze- bis eisenzeitlichen Gießformen vereinzelt beobachtet. Sie zeigt, dass der fragile Tonring durch ein wohl ledernes Band stabilisiert wurde. Der Ring sollte in »verlorener Form« gegossen werden. Hierfür wurde ein Wachsmodel des Endprodukts plus Eingusstrichter mit Ton ummantelt. Sobald dieser durchgetrocknet war, wurde er vorsichtig zur Härtung gebrannt, wobei das Wachs ausgeschmolzen wurde, um Abb. 2 Grube Befund 12 während der Ausgrabung (Foto: Archäologie am Hellweg eG/ R. Hussein-Oglü). 72 eine Negativform für den Bronzeguss zu erzielen. Da sich keine Bronzespuren an der Form finden und streckenweise die Hohlform des Rings im Querschnitt noch nicht aufgebrochen ist, muss die Form schon beim Härten und Ausschmelzen des Wachses gesprungen und dann in den Abfall gelangt sein. Aus der Form ist rekonstruierbar, dass ein umlaufend gerillter (sogenannte falsche Torsion) Halsring gegossen werden sollte, wie er allgemein in der späten Bronze- bis frühen Eisenzeit vorkommt. Die breite Kerbe, in die die Ringform an einer Seite mündet, lässt an einen gedrehten Halsring mit ovalen Schmuckplatten denken. Problematisch ist hierbei, dass diese spätbronzezeitliche Form nur nördlich einer Linie von Weser, Aller, Mittelelbe und Havel bis nach Skandinavien bekannt ist, in Westfalen dagegen bislang fehlt. Eine weiteres Gießformenfragment aus Befund 12 scheint von einer Form für einen ovalen Armring mit ovalem Querschnitt zu stammen. Denkbar wäre hier ein Ring mit nierenförmiger Verdickung an der Außenseite. Die nächsten, in Details aber abweichenden Funde von Nierenringen stammen von der Raffenburg bei Hagen-Hohenlimburg und aus der Körne bei Kamen-Südkamen, Kreis Unna. Die spärliche Keramik der Grabung ist überwiegend mit Geschiebegrus gemagert. Eine Randscherbe aus Befund 12 stammt von einem flau doppelkonischen Gefäß, eine weitere aus demselben Befund trägt eine plastische, mit Fingertupfen verzierte Leiste sowie 0 1 cm 0 1 cm AUSGRABUNGEN UND FUNDE Abb. 3 Auswahl spätbronzezeitlicher Gießformenfragmente aus Grube 12 (Fotos: LWL-Archäologie für Westfalen/T. Poggel). 0 5 cm 0 1 cm 0 Labornummer 14 Wahrscheinlichkeit 68% Wahrscheinlichkeit 95% MAMS 54326 2788 ± 26 BP 982–903 calBC 1009–840 calBC MAMS 54326 2770 ± 24 BP 971–842 calBC 989–834 calBC C-Rohdatum überlieferung bronzezeitlicher Metallfunde in Westfalen. So ist das Gebiet zwischen Hellweg und Haarstrang bislang völlig frei von vorlatènezeitlichem Ringschmuck. Dies dürfte zum einen mit den antiken Deponierungssitten, zum anderen mit dem Verlust von Denkmälern in dieser seit Jahrtausenden unter dem Pflug stehenden Altsiedellandschaft zu erklären sein. 73 Abb. 4 Datierung der zwei Proben aus der Grube 12 mit den Gießformen (Grafik: Archäologie am Hellweg eG/B. Sicherl). Archäologie in Westfalen-Lippe 2021 5 cm einen Fingertupfenrand. Zwei Wandscherben sind flächendeckend mit Wulstgruben verziert. Lediglich eine Scherbe aus einer befundlosen Keramikkonzentration ist mit grobem Kalk gemagert und daher wahrscheinlich in die späte Eisenzeit datierbar. Um die Grube 12 präziser zu datieren, wurden zwei Holzkohlen analysiert. Ihre 14C-Daten liegen schwerpunktmäßig in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts v. Chr. und unterstützen die vage Einordnung nach der Halsringform und der Begleitkeramik (Abb. 4). Die Gießformen werfen hier ein helles Schlaglicht auf die völlig verzerrte Quellen- AUSGRABUNGEN UND FUNDE In Anbetracht der Gießformen sind die oben genannten Holzkohlegruben vielleicht doch keine üblichen Grubenmeiler und könnten im Zusammenhang mit der bronzezeitlichen Gießerei stehen. Neue Aufschlüsse können hier aber allenfalls weitere 14C-Daten oder die Archäobotanik bieten. Offenbleibt, wie der Werkplatz in das Umfeld eingebunden war. Möglich ist, dass es sich insgesamt um eine weitgehend vom Pflug zerstörte Siedlung der späten Bronzezeit handelt. Wahrscheinlicher aber ist, dass das brandgefährliche Gewerk am Rande einer Siedlung ausgeübt wurde, deren Kern näher zum benachbarten Bach lag. Der Fundplatz zeigt eindringlich, dass die großen Bodenaufschlüsse für den Windradbau auch ohne konkrete Hinweise aus dem engeren Baugebiet archäologisch begleitet werden sollten. Allein mit wenigen Suchschnitten hätte man das Potenzial der Fundstelle kaum erfasst und dieser für Westfalen einzigartige, in Nordwestdeutschland seltene Werkplatz wäre unbeobachtet zerstört worden. Archäologie in Westfalen-Lippe 2021 Summary An archaeological watching brief during the construction of four new wind turbines on the Haarstrang mountain range north of ErwitteVöllinghausen mainly brought to light rather inconspicuous features that were almost impossible to date. Four round, flat-bottomed »charcoal pits«, however, were clearly visible in the ground, thanks to the fire-reddened surrounding soil. Only during the postexcavation analysis did it become clear that these were the modest remains of a Late Bronze Age foundry – a rare discovery by north-western German standards and a unique one for Westphalia. 74 Samenvatting Tijdens de archeologische begeleiding van de bouw van vier windturbines aan de Haarstrang ten noorden van Erwitte-Völlinghausen kwamen vooral onbeduidende, ondateerbare sporen aan het daglicht. Opvallend waren echter vier ronde kuilen met een vlakke bodem en met een houtskoolrijke vulling, waarbij de omliggende grond door de hittewerking van vuur rood was gekleurd. Het ging om de onopvallende resten van een metaalbewerkingsplaats uit de late bronstijd. Een in NoordwestDuitsland zeldzame en voor Westfalen zelfs unieke vondst. Literatur Christoph Grünewald, Zum eisenzeitlichen Ringschmuck in Westfalen (Hals-, Arm- und Fußringe). In: Hans-Otto Pollmann (Hrsg.), Archäologische Rückblicke. Festschrift für Daniel Bérenger. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 254 (Bonn 2014) 151–162. – Albrecht Jockenhövel, Nemo nascitur artifex – Zum Kontext bronzezeitlichen Wissens. In: Daniel Neumann/Gisela Woltermann/Ralf Gleser (Hrsg.), Spezialisierungen in der Bronzezeit. Archäologische Quellen und Modelle. Beiträge zur Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Bronzezeit auf der 83. Tagung des Nordwestdeutschen Verbandes für Altertumsforschung e.V., Münster 18.–21. September 2016 (Münster 2019) 11–42. – Stefan Krabath, Eine Gußform der späten Bronzezeit/frühen Eisenzeit vom Gräberfeld »Im Niederen Felde« bei Holzminden. Überlegungen zu vorgeschichtlichen Schmelztiegeln, irdenen Gussformen und Metallschmelzofen in Mittel- und Nordeuropa. In: Wolf-Rüdiger Teegen/Rosemarie Cordie/Olaf Dörrer/Sabine Rieckhoff/ Heiko Steuer (Hrsg.), Studien zur Lebenswelt der Eisenzeit. Festschrift für Rosemarie Müller. Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 53 (Berlin 2006) 369–431. – Ernst Sprockhoff, Jungbronzezeitliche Hortfunde der Südzone des Nordischen Kreises (Periode V). Römisch-Germanisches Zentralmuseum zu Mainz, Katalog 16 (Mainz 1956).