Obwohl Keine Konferenz eher als Struktur oder organisatorischer Rahmen erschien, ist sie ein theoretisches Konzept, das die Freude hatte, eine Erweiterung im realen Raum zu erfahren. Alle Theorien, die ich demokratietheoretisch,... more
Obwohl Keine Konferenz eher als Struktur oder organisatorischer Rahmen erschien, ist sie ein theoretisches Konzept, das die Freude hatte, eine Erweiterung im realen Raum zu erfahren. Alle Theorien, die ich demokratietheoretisch, hierarchiekritisch und versammlungstechnisch aufgesogen hatte, wurden in praktische Prinzipien umgewandelt, auf ihren Sinngehalt bei möglicher Anwendung geprüft und immer wieder neu umgewandelt.
Mein Essay beginnt dementsprechend mit einem Anstoß theoretischerseits: Die Kundgabe des Themas der vierten Ausgabe des Online-Journals reciprocal-turn.com , dessen Offlive-Beauftragte ich bin und dessen Offlive-Event Keine Konferenz war. Definiertes Ziel eines solchen Ereignisses ist die Übersetzung beziehungsweise Umwandlung und Erweiterung der theoretischen Inhalte des Magazins in einen Realraum.
Die Wissenschaft als Leitinstanz der Wissensgesellschaft verspricht Fortschritt, Wohlstand und die Befreiung des Menschen, die weitestgehende individuelle Autonomie – wenn man ihr nur selbst ausreichend Freiheit gewährt. Doch das Dogma... more
Die Wissenschaft als Leitinstanz der Wissensgesellschaft verspricht Fortschritt, Wohlstand und die Befreiung des Menschen, die weitestgehende individuelle Autonomie – wenn man ihr nur selbst ausreichend Freiheit gewährt. Doch das Dogma von der Wissenschaft als Heilsbringerin ist brüchig geworden.
In seinem Essay zeigt Christian Bachhiesl negative Auswirkungen dieses Wechselverhältnisses auf: Was die Wissenschaft und im Verbund mit ihr die Technik uns an Fortschritt auch bringen, es wird neue Abhängigkeiten, normative Imperative und die Kontrolle von immer mehr Lebensvollzügen geben. Kaum ein Bereich unseres alltäglichen Lebens bleibt vom Einfluss der Wissenschaft verschont. Der Exzess des Wissens führt dabei notwendigerweise zu einem Verlust an Vertrauen und Glauben. Aus dieser Perspektive bedroht die Freiheit der Wissenschaft die Freiheit des Menschen, der auf eine bloß materialisierte und quantifizierte Entität reduziert wird. Um ein sinnerfülltes Leben führen zu können, so der Autor, bedarf es dagegen der epistemischen Bescheidenheit und der »Empfindsamkeit als epistemische Tugend«. Er plädiert dafür, auf unserem Weg der Erkenntnissuche, der »von der Weisheit zur Wissenschaft« geführt hat, umzukehren und uns wieder dem Streben nach Weisheit zu öffnen. Über die Freiheit von Wissenschaft muss neu nachgedacht werden, wenn es um die Freiheit des Menschen geht.