Otis Redding
Als am 10. Dezember 1967 Otis Redding mit seinem zweimotorigen Privatflugzeug in den Lake Monona in Wisconsin stürzt, betrauert die Welt eine Legende, einen Musiker, der den Soul beeinflusst hat wie kaum ein anderer. Dabei war er gerade einmal 26 Jahre alt.
Otis Redding kommt 1941 in Dawson in Georgia als Sohn eines Baptisten-Predigers zur Welt. Seine Liebe zur Musik manifestiert sich früh. Seine Karriere als Sänger und Musiker in der Vineville Baptist Church beginnt er schon in zartem Alter.
Das hat Folgen: Otis schmeißt die High School und geht mit einer Gruppe namens Little Richard's Former Band gemeinsam auf Tour. Außerdem nimmt er an einem lokalen Talent-Wettbewerb teil. Nachdem er selbigen zum 15. Mal (!) in Folge gewonnen hat, darf er bei dem Format nicht mehr antreten.
1959 singt Otis im Grand Duke Club, ein Jahr später wird er Mitglied der Gruppe Johnny Jenkins and the Pinetoppers. Bei einer ihrer Studiosessions bekommt der aufstrebende Sänger 1962 seine große Chance: Er darf in der verbleibenden Studiozeit einige Solo-Songs einsingen. Die ziehen ihre Kreise.
Neun Monate später steht Otis Redding im Apollo Theatre auf der Bühne. Das Publikum applaudiert, klatscht und schreit sich noch die Seele aus dem Leib, als die Show schon längst vorbei ist - so lange, bis sich Otis zu Zugaben überreden lässt: Der Beginn einer steilen Karriere.
Otis tourt unermüdlich, als unglaublicher Bühnenkünstler begeistert er nicht nur das traditionell schwarze R'n'B-Publikum, sondern zieht auch eine vorwiegend weiße Rock-Klientel in seinen Bann. Er schreibt Songs, textet, komponiert, arrangiert und produziert.
Um die Verantwortung für seine Musik nicht aus der Hand zu geben, zieht er sein eigenes Label und seinen eigenen Musikverlag auf: eher die Ausnahme für einen schwarzen Künstler in den 60er Jahren.
Neben dem Musiker und dem Geschäftsmann steckt in Otis Redding ein Familienmensch: Mit seiner Frau Zelma Atkins hat er drei Kinder, sie adoptiert später noch ein viertes dazu, und bewirtschaftet in der Nähe von Macon in Georgia die Big O Ranch, eine gar nicht einmal so kleine Farm.
Die Aufnahmen zu "Otis Blue / Otis Redding Sings Soul" demonstrieren eindrucksvoll, dass dieser Mann nicht nur der King of Soul, sondern auch der König des Zeitmanagements ist: 24 Stunden Luft lässt sein Terminplan zwischen zwei Auftritten. Um einzuspielen, was vielen als das beste Soul-Album seiner Dekade gilt, brauchen Otis und seine illustren Mitstreiter davon gerade einmal um die 18.
"Otis Blue" markiert Otis Reddings bis dato größten kommerziellen Erfolg. Das Album erfährt 2008 eine Wiederveröffentlichung in einer opulent bestückten Sammler-Edition. Die wird 2015 anlässlich des 50. Jubiläums des Albums noch einmal frisch aufgelegt.
Von seinem allergrößten Hit hatte Otis Redding nicht mehr viel: Wenige Tage nachdem er "(Sittin' On) The Dock Of The Bay" aufgenommen hat, fliegt er - wieder einmal - zu einem seiner zahllosen Auftritte. Allein: Diesmal kommt sein zweimotoriges Privatflugzeug nicht an. Die Maschine, ob schlechter Wetterverhältnisse in Schwierigkeiten geraten, stürzt in der Nähe von Madison in Wisconsin in einen See. Otis Redding und mehrere Mitglieder seiner Begleitband The Bar Kays kommen bei dem Unfall ums Leben. Nur Bandmitglied Ben Cauley überlebt den Crash.
Posthum avanciert Otis Redding zu einer noch größeren Legende, als es ihm zu Lebzeiten beschieden war - auch dank seiner Witwe Zelma, die das Erbe ihres Mannes über Jahrzehnte in Ehren und im Gedächtnis der Öffentlichkeit hält. Sie ruft unter anderem die Otis Redding Foundation ins Leben, die sich für die Förderung benachteiligter Kinder und Jugendlicher einsetzt, und steht ihr vor, bis die Leitung in die Hände von Tochter Karla übergeht.
"I can't do what ten people tell me to do", breitet Otis Redding in "(Sittin' On) The Dock Of The Bay" eins seiner Prinzipien aus, dem er sein umtriebiges, intensives und viel zu kurzes Leben lang treu geblieben war. "So I'll guess I remain the same."
© Laut
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