Der Puzzlemörder von Zons
4/5
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Über dieses E-Book
geschockt von der Brutalität des Mörders und verfolgt seine Spur – nicht ahnend, dass auch er bereits in den Fokus des Puzzlemörders geraten ist...
Gegenwart: Die Journalismus-Studentin Emily kann ihr Glück kaum fassen! Sie darf eine ganze Artikelserie über die historischen Zonser Morde schreiben. Doch mit Beginn ihrer Reportage scheint der mittelalterliche Puzzlemörder von Zons wieder lebendig zu werden, als eine brutal zugerichtete Frauenleiche in Zons aufgefunden wird. Kriminalkommissar Oliver Bergmann nimmt die Ermittlungen auf. Erst viel zu spät erkennt er den Zusammenhang zur Vergangenheit. Verzweifelt versucht er die Puzzleteile des Mörders zusammenzufügen, doch der Täter ist immer einen Schritt voraus...
„Catherine Shepherd gelingt es in ihrem ersten Thriller meisterhaft, die Begegnung zwischen Historie und Gegenwart zu inszenieren. Ein packendes Werk, von der ersten bis zur letzten Minute!“
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Rezensionen für Der Puzzlemörder von Zons
1 Bewertung1 Rezension
- Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Echt spannend?habe mich so konzentriert, dass ich in einen falschen Bus eingestiegen bin?
Buchvorschau
Der Puzzlemörder von Zons - Catherine Shepherd
CATHERINE SHEPHERD
Der Puzzlemörder von Zons
3. Auflage 2014
Copyright © 2014 Kafel Verlag
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung der Autorin wiedergegeben werden.
Cover-Design: Alex Saskalidis
www.catherine-shepherd.com
kontakt@catherine-shepherd.com
ISBN 978-3-944676-12-8
E-Book Distribution: XinXii
www.xinxii.com
Dieses Buch ist meinem Ehemann Felix
und meinen Eltern gewidmet, die mich
stets unterstützt haben und natürlich
dem wunderschönen Städtchen Zons,
welches mich inspiriert hat.
I.
Gegenwart
»Wenn du traurig bist, dann sieh hinauf zu den Sternen, schließ die Augen und sie werden dir eine Geschichte erzählen. Sie werden dich trösten, dich mit ihrem Schimmer sanft in die Arme nehmen und dir einen Weg zeigen, auf dem du gefahrlos ans Ziel gelangst.« Lächelnd erinnerte sich Anna an die Worte ihres Großvaters. Es war ein kalter Winterabend und sie spazierte fröstelnd durch die Straßen des kleinen mittelalterlichen Städtchens Zons. Trotz der Eiseskälte setzte sie sich auf eine der vielen leeren Parkbänke direkt am Rhein und folgte dem Rat ihres Großvaters. Tränen stiegen ihr in die Augen und ihr Schmerz übermannte sie für einen kurzen Augenblick. Nein, sie wollte ihre Gedanken nicht mehr in die Vergangenheit schweifen lassen, nicht mehr ständig an all den Kummer erinnert werden, der ihr die letzten Monate zu einer wahren Hölle werden ließ. Sie wollte endlich vorwärts blicken und wieder zu sich selbst finden. Seit Wochen schon quälte sie sich mit ihrem Selbstmitleid und dem ständigen Gedankenstrom, der einfach nicht aus ihrem Kopf verschwinden wollte. Wann endlich würde sie die Vergangenheit hinter sich lassen können und die nötige Gelassenheit aufbringen, mit der sie sonst ihr Leben so perfekt gemeistert hatte? Sie hatte nie zu der Sorte von Menschen gehört, denen das Glück auf Schritt und Tritt folgt. Andererseits konnte sie sich auch nicht über dauerhaftes Pech beklagen, wenn man von den letzten Monaten einmal absieht. Von dem, was noch vor kurzer Zeit die größte Bedeutung in ihrem Leben hatte, war plötzlich fast nichts mehr da. Was war ihr denn geblieben, von ihrem einst so bewundernswerten Leben?
Die Nacht war klar und die Sterne strahlten so hell, dass ihr Schein sie fast blendete. Minutenlang starrte sie hinauf und ihre Gedanken verblassten allmählich in der gleißenden Lichtflut. Schwerelos stieg sie hinauf. Ihr Körper wurde so leicht wie eine Feder und die Welt um sie herum hörte für einen Moment auf, zu existieren. Wie von einer Vision angezogen, glitt sie, umgeben von hellem Schimmer, in die Nacht hinein. Nichts denkend und nichts fühlend. Die Tränen in ihren Augen brachen das Licht tausendfach und führten sie in einen glänzenden Palast aus hellen Strahlen. Vollkommene Gleichgültigkeit durchströmte sie. Wenn es doch nie enden würde!
* * *
Der eiskalte Wind brachte Annas zitternden Körper zur Besinnung. Schneeflocken wirbelten durch die Luft und umhüllten sie mit einem weißen Schleier. Sie musste eingeschlafen sein. Schnell wollte sie sich erheben, doch ihre Glieder waren fast steif und schmerzten bei der kleinsten Bewegung. Trotzdem zwang sie sich, aufzustehen. Sie hatte es nicht weit bis zu ihrem kleinen Appartement. In höchstens zehn Minuten würde sie in ihrem warmen Zimmer sitzen und nichts mehr von dieser grausamen Kälte verspüren. Langsam schleppte sie sich die menschenleere Straße entlang. Es schneite so stark, dass sie kaum ihre Fußspitzen erkennen konnte. Plötzlich nahm sie eine Gestalt direkt vor sich wahr. Abrupt blieb sie stehen und starrte dem fremden Mann mitten ins Gesicht. Dunkelbraune Augen blickten sie an. Unter seiner Kapuze lugte blondes Haar hervor. Er sah gut aus. »Kann ich Ihnen behilflich sein? Zu so später Stund ist es gefährlich für eine edle Dame, alleine unterwegs zu sein.« Was für eine altmodische Sprache wunderte sie sich für einen kurzen Moment, doch sie antwortete: »Oh, danke. Ich bin gleich zu Hause. Es ist nicht mehr weit.« Er bot ihr an, sie trotzdem nach Hause zu geleiten und obwohl sie sich eigentlich nie von fremden Männern begleiten ließ, willigte sie kurzerhand ein. Zügig schritten sie durch die Rheinstraße und waren in wenigen Minuten vor ihrem Haus angelangt. Er verabschiedete sich mit einem Lächeln von ihr und verschwand in der Dunkelheit.
II.
Vor fünfhundert Jahren
Bastian war der jüngste und klügste von den sechs Söhnen des Zonser Müllers. Obwohl er groß und kräftig gebaut war und sich hervorragend als Müller geeignet hätte, unterrichtete der Pfarrer ihn schon früh im Lesen und Schreiben. Bastian erwies sich als gelehriger und kluger Schüler. Sowohl der Pfarrer als auch der Befehlshaber der Zonser Stadtwache waren begeistert von seiner Gabe, Rätsel zu lösen und so geschah es, dass Bastian Ende des 15. Jahrhunderts in die Stadtwache von Zons aufgenommen wurde und von Stund an für das kriminelle Gesindel sowie für Mord und Betrug verantwortlich war. Zons war ein friedliches, kleines Städtchen. Verschlafen lag es zwischen Köln und Düsseldorf am Rhein. Eigentlich geschah in diesem Örtchen nie etwas. Doch als der Erzbischof Friedrich von Saarwerden vor fast hundert Jahren, im Jahre 1372, den Rheinzoll aus der viel größeren Schwesterstadt Neuss nach Zons verlegte und bereits ein weiteres Jahr später diesem Ort die Stadtrechte verlieh, zogen auch allerlei Kriminelle hierher. Seitdem war es nicht mehr so sicher wie vorher und immer öfter kam es zu Überfällen und Diebstählen. Der Erzbischof ließ zum Schutze der Stadt eine riesige Mauer mit einem großen Zollturm und zahlreichen Wehrtürmen errichten. Die Mauer sah von hoch oben aus wie ein überdimensionales Trapez. Mindestens an jeder Ecke befand sich ein Wehrturm. Die Türme wurden von der Bevölkerung auch scherzhaft als Pfefferbüchsen bezeichnet, denn sie waren im oberen Teil mit kleinen Fensterchen versehen, aus denen man bei einem Überfall auf die Stadt allerlei Gestein und Pech auf die Angreifer hinunterwerfen oder »pfeffern« konnte. Die Mühle von Zons befand sich an der südwestlichen Ecke der Stadtmauer. Von hier aus hatte Bastian es nicht weit bis zum kleinen Marktplatz und zur Kirche, wo er sich beinahe wie zu Hause fühlte. Denn der Pfarrer war längst wie ein zweiter Vater für ihn geworden. Er gehörte mit seinen 23 Jahren jetzt zu den ehrbarsten Bürgern von Zons und bald würde er verheiratet sein.
Erst vor ein paar Wochen hatte er es endlich gewagt, seiner Marie einen Antrag zu machen. Sie war die Tochter des Bäckermeisters und wohnte im Haus direkt am Zollturm. Er kannte sie fast sein ganzes Leben lang und schon als kleiner Junge wusste er, dass sie die Frau an seiner Seite sein würde.
* * *
Ihr Kopf fühlte sich schwer an, fast so als hätte sie ein ganzes Fass Wein alleine ausgetrunken, doch sie konnte sich nicht erinnern, auch nur einen einzigen Becher getrunken zu haben. Warme Flüssigkeit lief über ihr Gesicht und über ihren Mund. Als sie ihre Zunge ausstreckte und sich die rauen Lippen ableckte, spürte sie einen metallischen Geschmack in ihrem Mund. Sie wollte die Hände bewegen, doch es ging nicht. Eine Welle der Panik durchfuhr ihren Körper und sie wollte schreien, doch stinkende klobige Hände schoben sich in Sekundenschnelle auf ihren Mund und erstickten jeden Laut im Keim. Wo war sie? Wer war dieser stinkende Kerl? Verwunderung waren die letzten Gedanken, die Elisabeth in ihrem jungen Leben hatte.
* * *
Bastian träumte von der Mühle seines Vaters. Laut rieben die Mahlsteine der Mühle aufeinander. Dröhnen und lautes Hämmern drangen an den Rand seines Bewusstseins. Tonnen reinen weißen Mehls kamen unten im ersten Geschoss der Mühle an und wurden dort direkt in die großen Leinensäcke gefüllt. Er hob einen der prall gefüllten Säcke auf seine kräftigen Schultern und lud ihn auf den Pferdewagen vor der Mühle. Das Dröhnen der Mahlwerke wurde immer lauter und plötzlich war dieses Hämmern wieder da. Irgendetwas stimmte nicht. Hoffentlich ging das Mahlwerk nicht kaputt. Mit einem Ruck fuhr er hoch und bemerkte, dass er gar nicht unten in der Mühle war. Es war dunkel und er lag in seinem Bett. Er hatte geträumt. Unten an der Tür hämmerte jemand wie verrückt und rief seinen Namen. Was war passiert? Mit einem Schlag war Bastian hellwach und lief nach unten zur Tür. Wernhart, sein Freund von der Stadtwache, stand völlig außer Atem vor der Tür. »Wir haben Elisabeth gefunden. Mein Gott, komm schnell Bastian. Sie ist tot. Ich habe sie kaum erkannt, so schlimm ist sie zugerichtet.«
Bastian zog sich in Windeseile an und lief Wernhart hinterher. Sie rannten die Mühlenstraße entlang, bogen dann rechts in die Schlossstraße ein und gelangten so an die Stadtmauer direkt hinter dem Schlossplatz. Dort unterhalb des ersten Wehrturms konnte Bastian eine hängende Gestalt erkennen. Im ersten Augenblick dachte er, es handle sich um einen übergroßen schlaffen Mehlsack, doch dann schob ein plötzlicher Windstoß die Kapuze der Gestalt herunter. Sie hatte keine Haare mehr. Ihr Körper war an nur einem Arm aufgehängt und die Schulter war ausgekugelt. Dadurch pendelte der Körper schlaff im Wind hin und her. Der zweite Arm war nicht zu sehen. Nur die gefesselten Füße lugten unter dem riesigen dunklen Stoffumhang, in den sie eingehüllt war, hervor. Die Stadtwache hatte bereits mehrere Fackeln aufgestellt, doch es war trotz des hellen Vollmondes sehr dunkel. »Nehmt sie doch von der Kette herunter!«, rief Bastian der Stadtwache zu. »Wernhart, lauf du hinüber zum Arzt. Sag ihm, dass wir Elisabeth gleich zu ihm bringen. Ich möchte wissen, was mit ihr passiert ist.« Er prägte sich den Tatort genau ein und zeichnete eine kleine Skizze vom Opfer und der Kette, an der sie hing, in sein Notizbuch. Es war seine erste Seite. Wieso musste so ein Unglück eigentlich in den ersten drei Monaten seiner Amtszeit geschehen? Sein Job war es doch, die Stadt sicher zu machen und genau solche scheußlichen Taten von vornherein zu verhindern. Die arme Elisabeth lag mittlerweile auf dem Karren. Bastian trat näher an sie heran. Genauer konnte er sie sicherlich erst bei Tageslicht untersuchen. Trotzdem leuchtete er ihren Körper mit einer Fackel ab. Ihre Hände und Füße waren schmutzig. Ihre Fingernägel waren schwarz vor Dreck. Die Haare waren ihr komplett vom Schädel geschoren und die Kopfhaut wies grässliche Verletzungen auf. Fast sah es so aus, als hätte jemand mit einem Messer ein blutiges Muster in ihre Kopfhaut geritzt.
III.
Gegenwart
Emily konnte es nicht fassen. Tatsächlich hatte sie den Job bekommen. Sie betrachtete den großen grauen Umschlag mit den Vertragsunterlagen und hätte vor Glück laut jubelnd, wie ein kleines Mädchen, umherhüpfen können. Es war zwar nur ein kleiner Job, aber es war ihr Erster. Sie studierte im letzten Semester Journalismus an der Universität zu Köln und jetzt durfte sie für die Rheinische Post eine ganze Artikelserie schreiben. Und dieses Gebiet war ihr Lieblingsthema: Historische Mordfälle im alten Zons am Rhein. Natürlich wäre es für viele Journalisten aus dieser Region erstrebenswerter gewesen für das Handelsblatt in Düsseldorf zu schreiben, aber Wirtschaftsjournalismus war ihr einfach eine Spur zu trocken; schnöder Kapitalismus; reine Macht- und Geldgier. Das lag ihr nicht. Nein, sie hatte vor ein paar Jahren angefangen Geschichte zu studieren und war dann später auf das Journalismus-Studium umgeschwenkt. Sie liebte Geschichten des Mittelalters und hatte sich aus diesem Grund jahrelang mit altdeutschen Schriften beschäftigt. Es war eine dunkle und mystische Zeitperiode der Menschheit und diese zog sie magisch an. Schon als kleines Mädchen spielte sie lieber mit kleinen Ritterfiguren als mit Barbie und Ken. Ihre Großeltern stammten aus Italien und Emily besuchte sie jeden Sommer für ein paar Wochen. Sie lebten direkt neben einem Franziskanerkloster in Assisi und gingen oft zum Beten in die kleine Klosterkapelle. Von ihrer Urgroßmutter hatte Emily gelernt, mit Kräutern umzugehen. Zumindest konnte sie die Wirkung der wichtigsten Kräuter heute immer noch zuordnen. Emily war ein sehr hübsches Mädchen mit tiefbraunen Augen und dunklen Locken. Ihr Lächeln und ihre Herzlichkeit konnten einen dunklen Raum zum Strahlen bringen. Sie musste gleich Anna von der guten Nachricht erzählen. Zwar ging es ihrer besten Freundin im Moment nicht ganz so gut, aber sicher würde sie sich mit ihr freuen. Die arme Anna hatte sich vor ein paar Monaten dazu durchgerungen, ihrem Freund Martin einen Heiratsantrag zu machen. Doch mit diesem Antrag ging eine riesige Katastrophe los. Nicht nur, dass Martin sich drei Tage Bedenkzeit von ihr erbeten hatte. Nein, am Ende dieser drei Tage offenbarte er der völlig überraschten Anna, dass er auf Männer steht. Und um die Katastrophe noch schlimmer