Dresden Saga
Von CM Groß
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Über dieses E-Book
Die Politik von Karl dem Große (742-814) führt weit in die Zukunft. Er will die Christianisierung der Böhmen vorantreiben. Hier stößt er auf Widerstand. Der Frankenkönig versteht es, durch strategische Familienbande, das böhmische Herrscherhaus zu unterwandern und sich im Jahre 806 Untertan zu machen.
CM Groß
Carla-Maria Groß *1949 in Dresden Dipl. Verwaltungswirtin (FH) Ausgezeichnet für ihr ehrenamtliches Engagement: "Dresdnerin des Jahres 2000", vom Ritterorden OESSM wurde sie zur "Dame de Grace" geweiht 2003/2004 Fernstudium "Kreatives Schreibens" Hobbys "Filmbearbeitung und Malerei" CM Groß schrieb unzählige Historische Bücher mit dem Bezug zu Dresden und sie gab Hilfe und Unterstützung für Hobbyautoren beim Schreiben und illustrieren von Sach-und Kinderbüchern: unter Anderem "Dresdens verlorenen Sohn", die Lebensgeschichte der Trümmerfrau Ruth Kopta
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Buchvorschau
Dresden Saga - CM Groß
Widmung
Dieser Roman wurde zum Andenken an die Familie Kopta geschrieben.
Mein Vater Čestmir Kopta (Kapitän bei ČSPLO), brachte mir die tschechische Sprache bei und seine Familienmitglieder Wilhelm Kopta und Karel Sejk, beide Professoren an der Karlsuniversität Prag, führten mich in die tschechische Geschichte ein. Meine Großeltern, Čestmir Wilhelm Ernst und Emilie Kopta, Ingenieur und Handarbeitslehrerin, lehrten mich, nützliche Dinge im Leben zu tun. Meinen Paten, Arnošt Kopta, Chefarzt in Marienbad und Maruš Běchova Chefapothekerin in Veyprty, verdanke ich die Liebe zu meinem Vaterland.
Ich habe die deutsche Sagenwelt mit der böhmischen Geschichte im Einklang gesehen und jahrelang recherchiert, um diesen historischen Roman für die Generationen, die nach uns kommen zu schreiben.
CM Groß
Sollten Sie, liebe Leser, Persönlichkeiten der aktuellen Zeitgeschichte (Künstler, Politiker und Geistliche) erkennen, dann ist das völlig zufällig. Es soll nach neuesten Erkenntnissen jeder Mensch einen Doppelgänger haben.
CM Groß, die Malerin
Gedanken zu Europa
Wir leben zwischen Vergangenheit und Zukunft,
im Jetzt
, zwischen gestern und morgen!
Indem die Vergangenheit unwiederbringlich ist,
können wir auf die Zukunft hoffen.
Unsere Hoffnung ist immer gepart mit Vertrauen
an die Gerechtigkeit und Besonnenheit der
Menschen
Danksagung
Meine größte Hochachtung gilt meinem Berater aus der Schweiz, Reinhold Redlin-Fluri, der nach der Meinung der Fachwelt, der bedeutendste Militärhistoriker des deutschen Sprachraumes ist.
Er unterstützte mich bei meinen Recherchen über das Imperium der Karolinger, der Entstehung und Verfassung des Sachsenstammes und der Geschichte der deutschen Kaiser und Könige. Weitere Hilfe und Unterstützung erhielt ich von den Benediktinerinnen der Abtei zu hl. Maria in Fulda und der Äbtissin Benedikta Krantz OSB sowie den Mitarbeitern des Museums auf dem Vyšehrad, der Stadt Prag.
Ohne die Hilfe meines Bruders, Čestmir Kopta, Ingenieur in Prag, meiner Mutter, Ruth Kopta und meinen Kindern Daniela und Franco, die mich moralisch unterstützten, hätte ich die zähe Geduld im Auffinden der spärlich vorhandenen Informationen über das 8. Jahrhundert nicht aufgebracht und mein erworbenes Wissen niederschreiben können.
Das Vorwort zu Europa von Václav Havel und die Erklärung des tschechischen Präsidenten a. D. Václav Klaus »Die Drazdan Legende ist in der Tschechischen Republik unbekannt, er habe sie mit großem Interesse gelesen!«, hat mich dazu veranlasst, diesen historischen Roman zu schreiben.
Die Dresden Saga
entstand in der Regierungszeit von
Karl dem Großen (742 bis 814)
und dem
böhmische Fürstenpaar Libuša und Přemysl
Inhaltsverzeichnis
Der Knabe aus dem Sumpfwaldgebiet
Am Hof des Böhmenfürsten
Patenkind von Karl dem Großen
Daheim in Böhmen
Wunder von Drazdany
Am Hof des Frankenkönigs
Impressionen aus Rom
Herkunft des Findelkindes
Rache der acht Mauren
Autorenvita
Die Christianisierung in Mitteleuropa
in der Regierungszeit von Karl dem Großen
Einleitung
Wer an einem klaren Abend die Sonne hinter der Silhouette der Stadt versinken sah, wer erfasste wie die leicht gekräuselten Wellen des Flusses und die Kuppeln der Frauenkirche, Hofkirche und dem Schlossensemble, in dem purpurnen Sonnenlicht erglühten, der wird sein Lebtag dieses friedvolle Bild in sich tragen.
Der Betrachter wird sich fragen, „wie hat das alles einmal angefangen?"
Exposé
Sagen und Legenden sind keine Erfindung, sie knüpfen an geschichtliche Ereignisse oder Naturerscheinungen an. Große geschichtliche Persönlichkeiten, wie Kaiser Karl der Große oder das Geschlecht der Přemysliden und Luxemburger, Karl IV., stehen für die frühe Entwicklung, Bildung, Rechtsprechung und Ordnung von Mitteleuropa.
In der Einbildungskraft des Volkes wurden diese geschichtlichen Ereignisse mit frei erfundenen Einzelheiten zu einem Ganzen verwoben und als Heldensagen weitergegeben.
Unser Interesse gilt der Urgeschichte des Elbtales, dem ehemaligen Sumpfwaldgebiet (Drazdany). Wie schon der Name erkennen lässt, handelte es sich im 8. Jahrhundert um ein, von slawischen Stämmen besiedeltes Gebiet.
Zur Vollständigkeit beinhaltet der Geschichts-Rückblick, die Geschichte der Sachsen, Franken und Böhmen.
Lassen Sie mich mit den Sachsen beginnen.
Was steckt hinter dem Begriff Sachs’en?
Sachs oder Sax bedeutet, germanisches Kurzschwert oder Dolch, daher hatten die Sachsen den Beinamen Langmesser. Sie trugen an ihrem Gürtel, ein 60 cm langes und 4 cm breites, einschneidiges, scharfes, spitzes Schwert.
Wo lebten die Sachsen?
Die Sachsen siedelten bereits im zweiten Jahrhundert nördlich der Elbe. Im 7. Jahrhundert besiedelten sie Nordwestdeutschland. Sie lebten bis in die Mitte des 10. Jahrhunderts in Hamburg, Bremen, Dortmund, Magdeburg und Erfurt.
Damals, im 8. Jahrhundert unserer Zeitrechnung sah es noch ganz unwirtschaftlich und friedlich aus. Urwald und Sumpf bedeckte das Flusstal der Labe (Elbe). Nur selten und spärlich verstreut standen Hütten auf getrocknetem und gerodetem Land.
Das Land war schon geraume Zeit im Besitz slawischer Stämme, die um 500 n. Chr. über Böhmen, weiter im Westen nach fruchtbarem Land suchten.
Immer wieder gab es kriegerische Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Stämmen und Franken, die das sorbische Gebiet im Auftrag des Frankenkönigs zum christlichen Glauben führen wollten. Um 785 n. Chr. gelang es Karl dem Großen heidnische Wenden entlang der Elbe seinem Reich anzuschließen. Ihm widersetzten sich die Böhmen. Aus den Machtkämpfen ging um 800 n. Chr. die Herrscherdynastie der Přemysliden hervor, die das Land der Slawen 400 Jahre lang beherrschten, dann mehr und mehr Land an die Franken, Thüringer und Sachsen verloren. Die alte Legende von der hier erzählt wird, trug sich nach der Völkerwanderung im Gebiet der Slawen im heutigen Sachsenland zu.
Karl der Große (742 bis 814), Herrscher von Gottes Gnaden, den Gott mit der Erkenntnis der Wahrheit ausgestattet hatte, sah seine Mission in der Christianisierung der Ungläubigen. Die Politik des Frankenkönigs führte weit in die Zukunft. Dabei war seine Ostpolitik von großer Bedeutung.
Bereits 777 begann Karl der Große mit der Einteilung von Sachsen. Er setzte in den Gemarkungen fränkische Adlige als Grafen ein. Im Jahr 782 wurde er als „Sachsenschänder", wegen des Blutbades von Verdun an der Aber bezeichnet.
Der Frankenkönig schenkte den Slawen mehr Aufmerksamkeit, als dem Sieg über die Sachsen. Er war sehr intensiv mit Kämpfen gegen die Slawen beschäftigt, aus denen er später erfolgreich hervorging.
Karls Name war für die slawischen Völker so beeindruckend, dass sie daraus das Wort König, „Kral", bildeten. Karl der Große war für sie eine unerschütterliche Autorität.
Nach der Einverleibung von Bayern wurde das Frankenreich Grenznachbar der Böhmen. Karl der Große sicherte seine militärische und politische Macht im Südosten durch Marken ab, welche die Christianisierung bis in den kleinsten Ort vorantrieb. Danach setzte der Frankenkönig auch in den Gebieten der Sorben Markgrafen ein. Im ständigen Auf und Ab von Unterwerfung und Aufstand gingen viele Jahre der kriegerischen Auseinandersetzung ins Land.
Erst als Widukind, ein Sachsenführer sich im Jahr 785 taufen ließ, waren die sächsisch-fränkischen Auseinandersetzungen abgeschlossen. Aber erst im Jahr 802 gestand Karl der Große, nach der völligen Abkehr vom Heidentum, den Sachsen wieder alle Völkerrechte zu. Karl der Große strebte stets nach Wahrheit, Ordnung und Richtigkeit. Von seinen Vasallen verlangte er „Correctio!"
Im letzten Jahrzehnt des 8. Jahrhunderts hatte Karl der Große mit seinen Liturgie- und Bildungsreformen die politische und glaubensmäßige Einheit Europas vollendet. Er führte eine einheitliche Währung ein, schaffte eine einheitliche Gerichtsbarkeit und vom Mittelpunkt seiner zentralen Verwaltung Aachen setzte er Normen für die deutsche Schrift und Grammatik durch. Unterstützt wurde Karl der Große aus Rom. Papst Hadrian I. (772 bis 795) kämpfte mit Karl dem Großen gegen die Langobarden und bestätigte Pippis Kirchenstaat (Vater von Karl dem Großen). Papst Leo III. (795 bis 816) floh 799 vor seinen Gegnern nach Paderborn und stellte sich unter den Schutz von Karl dem Großen dem Oberherrscher des Kirchenstaates. Aus Dankbarkeit krönte der Papst, Karl den Großen, am 25.12.800 zum Kaiser.
Auch Böhmen machte eine lange positive Entwicklung durch, die es zu Ruhm und Macht führte. Im Land zwischen der Weichsel und den Karpaten lebten viele Stämme und Geschlechter der Slawen, die ständig in Streit und Fehde lagen. Bis die Herzöge aus dem Geschlecht Czech und Lech beschlossen, mit ihren Stämmen neues Land zu finden, wo sie in Frieden Äcker bestellen und Rinder züchten konnten. Nach langem Suchen erreichten sie das Tal der Moldau.
Dieses fruchtbare Gebiet nannten sie nach einem ihrer Führer, Urvater Czech (auf Deutsch) Böhmen, das Land der Tschechen bzw. Böhmen. Nach dem Tode des Fürsten Czech wählten die Stammesältesten Krok zum neuen Herzog.
Er regierte das Land von seiner hohen Burg der ersten Festung an einer Furt der Moldau, dem Vyšehrad. Nach seinem Tod wurde Libuša, die jüngste seiner drei Töchter zur Fürstin gewählt. Sie war schön, anmutig, schlicht und sehr ernst in ihrem Wesen. Die Fürstin hatte in jungen Jahren bereits viele Visionen. Sie sah die Entstehung der Goldenen Stadt Prag, die Dynastien der Luxemburger und der Habsburger voraus.
Aber auch die Herrschaft der Böhmen über das Heilige Römische Reich kommen, das sich alle Fürsten und Lehen zu Untertan machen würde. Ihre Rechtssprüche erwiesen sich immer als gerecht, weise und weitsichtig. Aus der von ihr gegründeten Dynastie der Přemysliden, ging die von ihr vorausgesagte Dynastie der Luxemburger unter Karl IV. (1346-1378) hervor.
Dieser Herrscher war König von Böhmen und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, der Prag zur Mutter aller europäischen Städte und der abendländischen Kultur machte.
Der Protagonist Drazdan wurde 782 im Sumpfwaldgebiet dem heutigen Dresden aufgefunden, umhüllt in ein Tuch, das zum Transport eines Schachspieles benutzt wurde und mit Symbolen der Tierkreiszeichen bestickt war.
Im Mittelpunkt waren zwei Schlangen wie eine Acht ineinander verschlungen, sie symbolisieren die Gefahr und Unendlichkeit. Noch heute hat das tschechische Volk Respekt vor dieser Zahl die viele Veränderungen mit sich brachte.
Für das tschechische Volk ist die Acht eine Schicksalszahl. (Gründung der Tschechischen Republik 1918, Unglücksjahr 1948, der Prager Frühling 1968 und 1988 die Revolution)
Selbst auf den aktuellen Geldstücken findet der aufmerksame Betrachter im Wappenzeichen eine Acht!
Drazdan genoss die Privilegien, von einem Feldherrn des Frankenkönigs aufgenommen zu werden und unter den ersten Kindern im Römischen Reich eine Schulausbildung zu erhalten. Während Karl der Große selbst weder schreiben noch lesen konnte, führte er die Bildung für arme und reiche Knaben ein. Mit seinem Wissen und Können konnte das Findelkind aus dem Sumpfwaldgebiet die Zukunft logisch konstruieren. Seine vornehme Abstammung gab ihm die Möglichkeit Völker zu einen und mit dem jeweiligen Herrscher zu kommunizieren.
Das Einzige, was von der Legende blieb, ist die böhmische Bezeichnung Drazdany, die Stadtbezeichnung Dresden, für das ehemalige Sumpfwaldgebiet.
Der Knabe aus dem Sumpfwaldgebiet
Es ist ein schöner Maiabend im Jahr 782. Friedlich, nur von Westen her und nicht minder auch vom Osten ziehen drohende Wetterwolken auf. Graf Wenzel, Vasall von Karl dem Großen, beobachtet von der Burg in der sorbischen Mark besorgt die Truppenbewegung der Kriegsparteien. Seine dunklen Augen, die meist lustig in die Welt schauen, verfinstern sich unter den starken Brauen.
Das Gelände um die Burg herum wird seit Tagen umlagert. Auf dem westlichen Hügel steht die Legion des Frankenkönigs unter dem Kommando von Graf Adelbert und auf dem südlichen Hügel warten die Sachsen auf ihre Chance, um das Gebiet zurückzuerobern.
Da erscheint eine weiße Gestalt auf der Schwelle, wie ein Bild eingerahmt in den zwei Wandpfeilern des Tors. Es ist Ludmilla die Gattin des Grafen. Im Arm, an dem Busen geschmiegt hält sie einen Säugling. Und schon schwebt sie heran, vorsichtig das Kind auf dem linken Arm noch etwas höher schiebend. Als sie den bedrohlichen Ausdruck im Gesicht ihres Gatten sieht, ergreift sie Angst. Ihr in langen Locken herunter wallendes blondes Haar, leuchtet in der untergehenden Sonne wie Gold. Ein weißes Gewand aus Linnen, geschmückt mit einer Silberspange umspielt ihre zierliche Figur. Graf Wenzel eilt ihr mit raschen Schritten entgegen, löst sorglich das schlummernde Kind aus ihrem Arm und drückt es Abschiednehmend an sich.
Nachdem er das Kind der Mutter wieder anvertraut hat, umarmt er sie und trocknet mit seinen Küssen ihre Tränen, danach schiebt er sie sanft von sich.
„Du bist hier deines Lebens nicht mehr sicher, reise nach Böhmen auf die Burg unserer Ahnen, ich werde dir in wenigen Wochen folgen."
„Warum schützt uns der König nicht, der uns die Burg als Pfand für die Freundschaft zwischen Böhmen und Franken anvertraut hat?"
„Der ist froh, wenn die Sachsen nicht zu ihm in die Pfalz ziehen. Er kümmert sich längst nicht mehr um unser Gebiet, denn mit Böhmen hat er Frieden geschlossen.
Besiegelt wurde der Frieden mit der Eheschließung des fränkischen Grafen Adelbert mit meiner Schwester Helena."
„Liebster ich vertraue auf dein Wort und nur zum Schutz unseres Kindes werde ich dich verlassen", antwortet Ludmilla unsicher, im Herzen tieftraurig.
*
Eines Tages hört die alte Kräuterfrau Agnes am Ufer der Elbe ein leises Weinen. Neugierig nähert sich die Frau der Stelle. Sie entdeckt tief im Schilf versteckt und auf Rosenblättern gebettet, einen Säugling.
Das Kind ist in ein Tuch gehüllt das aus Seide ist, worauf mit Goldfäden Tierzeichen gestickt sind. In der Mitte befinden sich zwei Schlangen die sich zu einer Acht vereinen. Um die Schlangen herum kreisen Symbole des Himmels; Mars, Venus, Saturn, Merkur, die Sonne und der Mond.
Die Frau spürt sofort, das Kind ist etwas Besonderes. Das Findelkind, mit Augen so blau wie Vergissmeinnicht, spricht ihr gutes Herz an. Agnes nimmt es auf den Arm und trägt das Kind in eine armselige Hütte. Ihre Behausung steht auf einer Lichtung mitten im Wald, umgeben von Sümpfen. (Heute befindet sich auf dem Platz eine Kirche, die den Frauen gewidmet ist.)
Es ist eine schlimme Zeit. Die Menschen bekämpfen sich gegenseitig um Land zu erobern. Frauen leben in Angst um ihre Männer. Die Kämpfe werden mit Schwertern und Lanzen ausgeführt. Die Kräuterfrau betrachtet das Kind und findet heraus, dass es ein sechs Monate alter Knabe ist.
Der Knabe trägt ein Hemdchen aus feinem Tuch und er hat ein Muttermal auf dem Rücken, einem Flügelpaar gleich.
„Dich möchte ich gern bei mir aufnehmen."
Kopfschüttelnd darüber wer so ein herziges Kind aussetzt, bereitet sie ihm ein Lager aus Stroh.
Der Knabe beobachtet jede Bewegung der lieben Alten und brabbelt fröhlich, Unverständliches vor sich hin.
„Wie magst du nur heißen mein kleines Engelchen? Ich werde dich Sumpfwaldeingeborener rufen."
Daraufhin hört Agnes eine Stimme, die ihr das Gesagte bestätigt.
„Drazdan!"
Agnes hält erstaunt inne.
„Du kannst schon sprechen?"
Immer wieder brabbelt das Kind das Wort vor sich
hin, bis es übermüdet einschläft.
Nachdem Agnes dem Kind Ziegenmilch zu trinken gibt, strahlen sie die blauen Augen des Knaben dankbar an. Der Frau wird es warm ums Herz.
Der nächste Tag dämmert schon und die Vögel veranstalten ein Morgenkonzert. Die Frau hat die ganze Nacht am Lager des Knaben gewacht. Drazdan öffnet schlaftrunken seine Augen. Als er das durchfurchte, liebevolle Gesicht der Frau sieht, strahlen seine Augen. Agnes fühlt sich um Jahre jünger und all ihre Kräfte ziehen in ihren geschundenen Körper wieder ein.
Sie nimmt das Kind auf den Arm, läuft über die Lichtung am Sumpf vorbei zum Fluss um das Körbchen, worin das Kind gelegen hat zu suchen.
Auf dem Weg zum Fluss sieht sie plötzlich Bäume, die viele Äpfel tragen. Noch nie vorher hat Agnes so eine reichliche Pracht gesehen.
„Drazdan, du hast ein Wunder vollbracht. Ich kann plötzlich die Natur und seine Früchte wieder sehen und genießen, ruft sie erfreut aus. Andere Frauen eilen herbei. Sie sehen erstaunt die Veränderung in Agnes Gesicht und ihren sicheren aufrechten Gang. Die Nachricht von dem ungewöhnlichen Findelkind verbreitet sich schnell in den Hütten im Flusstal des Sumpfwaldgebietes. Agnes streicht zärtlich über den Kopf von Drazdan und sagt zu ihm, „sieh alle sind gekommen, um dich bei uns Willkommen zu heißen!
Der Knabe lächelt verheißungsvoll, hebt sein Köpfchen um die Besucher aus seinem Körbchen zu sehen. Danach gähnt er herzhaft und schläft ein.
„Was für ein schönes Kind! Wir müssen die Eltern suchen um einen Finderlohn zu erhalten!, raunen die Frauen sich zu. Zu Agnes heucheln sie, „herzlichen Glückwunsch! Alles Gute für dich und das Kind!
*
Wochen und Monate vergehen, ohne dass sich die leiblichen Eltern des Findelkindes melden. Als der Knabe fast drei Winter zählt, geht er seiner Pflegemutter beim Äpfel pflücken zur Hand. Mutter Agnes lehrt ihm Kräuter zu sammeln und Tiere