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Universitäts- und Landesbibliothek Bonn Rheinische Vierteljahrsblätter Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn / Abteilung für Rheinische Landesgeschichte Bonn, 1.1931 - 12.1942; 13.1948 - Rutz, Andreas: Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften im frühneuzeitlichen Rheinland am Beispiel der Bonner Congrégation de Notre-Dame urn:nbn:de:hbz:5:1-158976 BILDUNGSANSPRUCH UND UNTERRICHTSPRAXIS RELIGIÖSER FRAUENGEMEINSCHAFTENIM FRÜHNEUZEITLICHENRHEINLAND AM BEISPIEL DER BONNER CONGREGATION DE NOTRE - DAME 1 Von Andreas Rutz Das katholische Mädchenbildungswesen der Frühen Neuzeit wurde maßgeb¬ lich von den im 16 . und frühen 17 . Jahrhundert gegründeten religiösen Frauenge¬ meinschaften geprägt , die sich in Anlehnung an das Vorbild der Societas Jesu die Erziehung und Unterweisung der weiblichen Jugend zur Aufgabe gemacht hat¬ ten . Wenngleich Geschichte , Entwicklung und Erfolg dieser Gemeinschaften sehr unterschiedlich waren , sind sie doch insgesamt als Teil einer religiösen Frauenbe¬ wegung zu verstehen , deren gemeinsames Anliegen in der Verbindung einer reli¬ giösen Lebensweise mit einem Apostolat , d .h . einer innerweltlichen , auf die Glau¬ bensverkündigung ausgerichteten Tätigkeit bestand 2. Im Rheinland erlangten v.a . die Ursulinen und die aufgrund ihrer lothringischen Herkunft als , Welschnonnen ' bezeichneten Chorschwestern der Congregation de Notre - Dame besondere Be¬ deutung 3. Die Englischen Fräulein , die von den Zeitgenossen häufig als Jesuitin Der vorliegende Beitrag basiert auf meiner Magisterarbeit , Die Welschnonnen und die Mädchenbildung in Bonn 1664- 1802 ', Bonn 2000 . Vgl . auch Andreas Rutz , Zwischen konfessionel¬ ler Disziplinierung und staatlichem Bildungsauftrag . Das Mädchenschulwesen der Stadt Bonn in kurfürstlicher und französischer Zeit , in : BGbll . 49 / 50 ( 1999 / 2000 ) [2001 ], S . 225- 264 . Für die kriti¬ sche Begleitung meiner Arbeit und vielfältige Unterstützung gilt mein besonderer Dank Herrn Prof . Dr. Manfred Groten ( Bonn ) . Wertvolle Anregungen verdanke ich Frau Dr . Margret Wensky ( Bonn ) und Herrn Dr . Johannes Kistenich ( Detmold ) . Rapley , The Devotes . Women & Church in Seventeenth Century France (Mc Studies in the History of Religion 4 ), Montreal / London 1990 ; Anne Conrad , Zwischen Kloster und Welt . Ursulinen und Jesuitinnen in der katholischen Reformbewegung des 16 . / 17 . Jahr¬ 2 Vgl . Elizabeth Gill - Queen ' s hunderts ( Veröffentlichungendes Instituts für europäische Geschichte Mainz , Abt . Religionsge¬ schichte 142 ) , Mainz 1991 ; aktueller Forschungsbericht : Gisela Muschiol , Die Reformation , das Konzil von Trient und die Folgen . Weibliche Orden zwischen Auflösung und Einschließung , in : „ In Christo ist weder man noch weyb " . Frauen in der Zeit der Reformation und der katholischen Reform , hrsg . v. Anne Conrad ( Katholisches Leben und Kirchenreform 59 ), Münster 1999 , S . 172 - 198 . Zur Sozial - und Alltagsgeschichte in den Klöstern der weiblichen Lehrorden in Frankreich jetzt Elizabeth Rapley , A Social History of the Cloister. Daily Life in the Teaching Monasteries of the Old Regime ( McGill - Queen ' s Studies in the History of Religion , N .F.), Montreal / London 2001 . 3 Zur Mädchenbildung im Rheinland vgl . Joseph Kuckhoff , Das Mädchenschulwesen in den Ländern am Rhein im 17 . und 18 . Jahrhundert , in : Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und des Unterrichts 22 ( 1932 ), S . 1- 35 ; Johannes K i s t e n i c h , Schule im Rheinland zwischen Reformation und Revolution , in : Eine Gesellschaft zwischen Tradition und Wandel . Alltag und Umwelt im Rheinland des 18 . Jahrhunderts , hrsg . v. Frank Günter Zehnder ( Der Riss im Himmel . Clemens August und seine Epoche 3 ), Köln 1999 , S . 40- 64 , hier S . 49f . Ein kurzer Überblick über die im Erzbistum Köln täti¬ gen weiblichen Lehrorden bei Eduard Hegel , Das Erzbistum Köln zwischen Barock und Auf¬ klärung . Vom Pfälzischen Krieg bis zum Ende der französischen Zeit ( 1688- 1814 ) ( Geschichte des Erzbistums Köln 4 ), Köln 1979 , S . 235ff . Zu ihrer Bedeutung im 19 . Jahrhundert vgl . Wolfgang Schaf¬ fe r , Schulorden im Rheinland . Ein Beitrag zur Geschichte religiöser Genossenschaftenim Erzbistum Köln zwischen 1815 und 1875 ( Kölner Schriften zu Geschichte und Kultur 13 ), Köln 1988 . Büdungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 213 nen ' bezeichnet wurden , da sie wohl am konsequentesten den Anspruch vertra¬ als weibliche Entsprechung der Jesuiten zu leben und zu arbeiten , konnten dagegen nur zeitweilig in Köln und Trier wirken 4. Daneben begegnen v.a . am Nie¬ derrhein die sogenannten Devotessen , die im Auftrag bzw . mit Unterstützung der Jesuiten Katechismus - und Elementarunterricht für Mädchen erteilten . ten , Im Folgenden werden zunächst Anspruch und Selbstverständnis der in der Mädchenbildung im Rheinland tätigen , jesuitisch geprägten Frauengemein¬ schaften erörtert 5 . In einem zweiten Teil wird die Schulpraxis einer dieser Ge¬ meinschaften - der Congregation de Notre - Dame in Bonn - einer genaueren Analyse unterzogen . Hierbei soll insbesondere der Frage nachgegangen werden , inwieweit die normativen Vorgaben der Ordensregel in den Bonner Klosterschu¬ len befolgt und welche zeittypischen Anpassungen in der täglichen Unterrichts¬ praxis vorgenommen wurden . Ursache von Veränderungen waren nicht zuletzt die im dritten Teil zu untersuchenden landesherrlichen Versuche einer Schul und Bildungsreform in der zweiten Hälfte des 18 . Jahrhunderts sowie die dies¬ bezüglichen Reformvorschläge der kurkölnischen Schulkommission für das Welschnonnenkloster und seine Schulen . I. Weibliche Lehrorden - Jesuitinnen - Devotessen Den gemeinsamen Bezugspunkt der im Rheinland tätigen weiblichen Lehr¬ orden , Jesuitinnen und Devotessen bildete die 1534 von Ignatius von Loyola ( 1491 - 1556 ) gegründete Gesellschaft Jesu , deren Engagement in Katechese und Schulbildung untrennbar mit dem Phänomen von katholischer Reform und Ge¬ genreformation , also der katholischen Seite des Konfessionalisierungsprozesses , verknüpft war . Die katholische Antwort auf Martin Luthers persönlichen und theo¬ logischen Kampf gegen das Ordenswesen und damit gegen das „ mittelalterliche Die Bezeichnung Jesuitinnen ' trifft auch auf andere religiöse Frauengemeinschaftender Zeit zu . Grisar nennt als wesentliche Charakteristika dieser Gemeinschaften die Orientierung am Vorbild der Gesellschaft Jesu und dementsprechend die Verbindung eines ordensähnlichen Lebens ohne Klausur mit einem Apostolat , meist der Mädchenbildung . Die weiblichen Lehrorden grenzt er deshalb zurecht von den Jesuitinnen ' ab , da sie ihr Apostolat mit einem Leben in Klausur verbanden , Josef Grisar , „ Jesuitinnen " . Ein Beitrag zur Geschichte des weiblichen Ordenswesens von 1550- 1650 , in : Reformata Reformanda . Festgabe für Hubert Jedin zum 17 . Juni 1965 , hrsg . v. Erwin Iserloh und Konrad Repgen , Bd . 2 ( ReformationsgeschichtlicheStudien und Texte , Supplementbd . 1, 2 . Teil ) , Münster 1965 , S . 70- 113 , hier S . 72ff . Conrad unterscheidet zwei Phasen in der Entwicklung der re¬ ligiösen Frauengemeinschaften : eine vortridentinische , die v.a . von den frühen Ursulinen geprägt wurde , und eine nachtridentinische , in der in Anlehnung an die Jesuiten die Gemeinschaften der Jesuitinnen ' entstanden , zu denen sie unabhängig von der Klausurfrage neben den Englischen Fräu¬ lein u .a . auch die Welschnonnen zählt , Conrad ( wie Anm . 2 ), S . 16 , 19ff ., 64ff . 5 Andere Orden und Gemeinschaften , die gelegentlich Schulunterricht für Mädchen erteilten etwa die Franziskaner - und Dominikaner - Tertiarinnen , Pönitenten - Rekollektinnen , Sepulchrinerin nen oder Servitessen - können hier nicht behandelt werden . Systematisch untersucht werden sie in meiner Dissertation über «Religiöse Frauengemeinschaftenund die katholische Mädchenbildung im Rheinland vom 16 . bis zum 18 . Jahrhundert ' ( Arbeitstitel ) . 214 Andreas Rutz System , gestufter ' christlicher Vollkommenheitsforderungen" 6 bestand u .a . in einer Reform der bestehenden monastischen Gemeinschaften bzw. in der Gründung neuer Orden . Die Konfessionalisierungsforschung hat wesentlich dazu beigetra¬ gen , dass gerade letztere zunehmend als Träger der zukunftsweisenden kulturellen und gesellschaftlichen Umbrüche der Frühen Neuzeit , ja sogar als „ revolutionär " gewürdigt werden 7. Die Gründung der Gesellschaft Jesu nahm in dieser Hinsicht sicher den wichtigsten Platz ein , entstand mit ihr doch ein völlig neuer Ordenstyp , „ ein Orden ohne Ordenstracht , ohne festen Ort , ohne Chorgebet , mit scharfer Un¬ terordnung unter einen lebenslang gewählten Oberen , vor allem aber mit einem zusätzlichen Gelübde zu uneingeschränktem Gehorsam gegenüber dem Papst " 8. Dieses Gelübde legte die Rolle der Jesuiten in den konfessionellen Streitigkeiten der kommenden Jahre eindeutig fest und machte sie zu genuinen Vorkämpfern der gegenreformatorischen Bewegung . Möglich wurde dies durch eine Abkehr von der traditionellen Form des klausurierten , kontemplativen Mönchtums , die ersetzt wurde durch den innerweltlichen Aktivismus , das Apostolat9 . Die Gesellschaft Jesu hatte keinen weiblichen Zweig . Schon wenige Jahre nach der Gründung erwirkte Ignatius zudem von Papst Paul III . , dass der Orden künftig von jeglicher Seelsorge in Frauenklöstern und - kongregationen befreit wurde 10. Obwohl diese Befreiung in der Folgezeit Bestandteil der jesuitischen Konstitutionen und damit für alle Kollegien verbindlich war , übernahmen die Je¬ suiten häufig die geistliche Betreuung von frommen Frauen und setzten diese im Katechismus - und Elementarunterricht für Mädchen ein . Diese meist als , Devo tessen ' oder , devotae virgines ' , teilweise auch als Jesuitessen ' 11 bezeichneten 6 Heinrich Lutz , Reformation und Gegenreformation München 41997 , S . 46 . (Oldenbourg Grundriß der Geschichte 10 ) , 7 Wolfgang Reinhard , Gegenreformation als Modernisierung ? Prolegomena zu einer Theorie des konfessionellen Zeitalters , in : ARG 68 ( 1977 ), S . 226- 252 , hier S . 239f . Neben den Jesuiten sind u .a . Kapuziner , Theatiner , Barnabiten , Doktrinarier und Oratorianer als neuartige Ordensgemeinschaften zu nennen , vgl . Robert B i re 1e y , Neue Orden , Katholische Reform und Konfessionalisierung , in : Die katholische Konfessionalisierung , hrsg . v. Wolf gang Reinhard und Heinz Schilling ( Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte 198 ), Gütersloh 1995 , S . 145 - 157 . 8 Lutz ( wie Anm . 6 ), S . 47 . 9 Zur Geschichte der Gesellschaft Jesu im deutschsprachigen Raum weiterhin grundlegend Bern¬ hard Duhr , Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge , 4 Bde ., Freiburg / München 1907- 28 . Zu den Jesuitengründungen im Rheinland vgl . außerdem Hegel ( wie Anm . 3 ), S . 221ff .; Kistenich ( wie Anm . 3 ) , S . 52 . Zur Schultätigkeit der Jesuiten vgl . Arno Seifert , Das höhere Schulwesen : Universitäten und Gymnasien , in : Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte , Bd . 1 : 15 . bis 17 . Jahrhundert . Von der Renaissance und der Reformation bis zum Ende der Glaubens¬ kämpfe , hrsg . v. Notker Hammerstein , München 1996 , S . 197- 374 , hierS . 317- 324 , 329ff . 10 G r i s a r ( wie Anm . 4 ), S . 70f .; Conrad ( wie Anm . 2 ), S . 64f . 11 Der Unterschied zu den als Jesuitinnen ' bezeichneten Gemeinschaften ist zum einen die größere Abhängigkeit der Jesuitessen / Devotessen von den Jesuiten , zum anderen aber v.a . die Tatsa¬ che , dass die Devotessen entweder allein oder aber in Gemeinschaften lebten , die nicht als ordens oder klosterähnlich zu bezeichnen sind , G r i s a r ( wie Anm . 4 ), S . 1OOf. Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 215 Frauen begegnen im Rheinland überall dort , wo die Jesuiten Kollegien unterhiel¬ , aber auch in verschiedenen anderen Städten und teilweise sogar in Dör¬ fern 12. Abgesehen von lokalen Ausprägungen hatten die Devotessen keine feste Organisationsform und keine allgemein verbindliche Regel . Als gemeinsame Kennzeichen sind jedoch die enge Bindung an die Jesuiten , die Betätigung in der Katechese und in der Unterrichtung von Mädchen , aber auch im seelsorgeri¬ schen und karitativen Bereich sowie eine keusche Lebensführung erkennbar . ten Anspruch und Selbstverständnis der Devotessen lassen sich beispielhaft an¬ hand der 1606 in Köln gegründeten , Ursulagesellschaft ' erläutern 13. Diese Devo - Schulehaltende Devotessen lassen sich im Rheinland u .a . in folgenden Ortschaften nachweisen Münstereifel (1594 ) , Köln (1606 ) , Neuss (1618 ) , Düsseldorf (1625 ) , Bonn (1627 ) , Düren ( 1649 ), Jülich ( um 1650 ), Kempen (1651 ), Emmerich ( 1656 ), Koblenz (1661 ), Eschweiler ( 1686 ) , Glaadt ( 1691 ), Recklinghausen ( 1705 ), Zülpich ( 1706 ), Trier (1715 ), Lützenkirchen ( 1716 ), Ramersho¬ ven ( 1716 ), Aachen ( 1730 ), Mersch (1740 ), Burtscheid (1741 ), Brühl (1742 ), Ahrweiler (1743 ), Zeltingen ( um 1750 ), Elsen (1753 ), Nideggen (1754 ) . Ausgewählte Literatur : Niederrhein : Kuckhoff ( wie Anm . 3 ), S . 8ff ., 22ff .; Aachen : K . Neuefeind , Die Neugründung klösterlicher Erziehungsanstalten in Aa¬ chen im Zeitalter der Gegenreformation , in : ZAGV 56 ( 1935 ), S . 61 - 104 ; 58 (1937 ), S . 57- 103 , hier Teil 2 , S . 67ff .; Bonn : Rutz ( wie Anm . 1 ), S . 231ff ., 246f .; Düren : Erwin Gatz und Peter Dauven , Bil¬ dungseinrichtungen für die weibliche Jugend in Düren 1681 - 1944 , in : ZAGV 82 (1972 ), S . 11 - 34 , hier S . 14 ; Düsseldorf: Anne Conrad , Mit Klugheit , Mut und Zuversicht . Angela Merici und die Ursuli nen , Mainz 1994 , S . 106f .; Koblenz : Andreas Schüller , Die Jesuiten und die Anfänge des Mädchen¬ schulwesens in Koblenz , in : Pastor Bonus . Zeitschrift für kirchliche Wissenschaft und Geschichte 38 (1927 ), S . 39 - 46 ; Köln : Anton A r e n s , Jesuiten und „ Jesuitinnen " . Das Verhältnis der Gesellschaft Jesu zu religiösen Frauengemeinschaften , in : Für Gott und die Menschen . Die Gesellschaft Jesu und ihr Wirken im Erzbistum Trier ( Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 66 ) , Mainz 1991 , S . 81 - 99 , hier S . 92ff .; Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 102ff ., 109 - 169 ; d i e s ., Die Köl¬ ner Ursulagesellschaft und ihr „ weltgeistlicher Stand " - eine weibliche Lebensform im Katholizismus der Frühen Neuzeit , in : Reinhard / Schilling ( wie Anm . 7 ), S . 271 - 295 ; Lützenkirchen : Thomas P. Becker , Die katholische Reform in den Pfarrgemeinden der Christianität Deutz , in : Drei Konfessio¬ nen in einer Region . Beiträge zur Geschichte der Konfessionalisierung im Herzogtum Berg vom 16 . bis zum 18 . Jahrhundert , hrsg . v. Burkhard Dietz und Stefan Ehrenpreis ( Schriftenreihe des Ver¬ eins für Rheinische Kirchengeschichte 136 ), Köln 1999 , S . 71 - 111 , hier S . 96f .; Münstereifel : Salesius Eisner , Die Ursulinen von St . Salvator, Trier 1913 , S . 9 - 57 ; Sophie Lange , Jungfrauen sollen unbe¬ helligt „ die Meidleyn underweisen " . Seit 400 Jahren Mädchenbildung in Münstereifel , in : Jahrbuch des Kreises Euskirchen 1993 , S . 5- 16 ; Neuss : Litterae Annuae . Die Jahresberichte des Neusser Jesui¬ tenkollegs 1616- 1773 , hrsg . v. Peter Stenmans ( Schriftenreihe des Stadtarchivs Neuss 4 ), Neuss 1966 , passim ; Trier : Gunther Franz , Geistes - und Kulturgeschichte 1560- 1794 , in : 2000 Jahre Trier, Bd . 3 : Trier in der Neuzeit , hrsg . v. Kurt Düwell und Franz Irsigler , Trier 1988 , S . 203- 373 , hier S . 273f . Kistenich ( wie Anm . 3 ), S . 50 , nennt darüber hinaus Schulmeisterinnen ( Devotessen oder Franziskaner- Tertiarinnen ) in den Dörfern Heimerzheim , Keppeln und Winnekendonk . ( frühester Beleg ) : 13 Zum Folgenden ausführlich Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 102 - 169 . Ähnliche , bisher aber nicht näher untersuchte Gemeinschaften gab es in Neuss ( 1618 ), Aachen (1623 ) und Emmerich (1632 ) , vgl . Duhr ( wie Anm . 9 ), Bd . II / 2 , S . 87 ; Neuefeind ( wie Anm . 12 ), Teil 2 , S . 67ff .; Stenmans ( wie Anm . 12 ), S . 24 , 98 ; Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 118 , Anm . 71 . In diesen Kontext gehört auch die Gemeinschaft der Margaretha Lynnerie in Münstereifel ( 1594 ), vgl . Anm . 12 . Für Bonn ist seit 1676 eine Ursulasodalität belegt . Für dieses Jahr berichtet die Bonner Jesuitenchronik , Ortus et Progressus Collegii Bonnensis ' : Hoc anno primum conjugatae viduae , Virgines per urbem Universum in coe - 216 Andreas Rutz tessengemeinschaft wurde von der Witwe Ida Schnabels und neun anderen Frauen als S . Ursxdae Sodalitaet u gegründet und erhielt 1611 / 12 die kirchliche An¬ erkennung als Bruderschaft . Die Gesellschaft umfasste 1643 118 Frauen 15. Die Re¬ gel der Ursulagesellschaft , die bis 1646 mehrfach überarbeitet wurde , legte die Ziele der Gemeinschaft fest und regelte u .a . die geistlichen Übungen , das Ver¬ hältnis zu den Jesuiten und die Unterrichtstätigkeit der Devotessen 16. Die Mit¬ glieder lebten entweder bei ihren Familien oder aber gemeinsam in verschiede¬ nen Häusern in der Stadt und versammelten sich in St . Ursula , wo sie den geist¬ lichen Ansprachen ihrer jesuitischen Beichtväter folgten . Vor der Aufnahme in die Gesellschaft mussten sie eine Probezeit durchlaufen und legten danach ein einfaches Keuschheitsgelübde ab . Letzteres unterschied die Gemeinschaft deut¬ lich von anderen semireligiosen Vereinigungen , insbesondere den männlichen Sodalitäten und Bruderschaften , die von ihren Mitgliedern in der Regel keine zö libatäre Lebensweise und v.a . keine Gelübde forderten 17. Die Ursulagesellschaft rückte „ damit in eine nicht unproblematische Nähe zu den Ordensgemeinschaf¬ ten bzw . wenigstens zu einer geistlichen ' , den , Weltpriestern ' vergleichbaren Le¬ bensweise " 18. Während die ersten Fassungen der Regel sehr bewusst die organisatorische Unabhängigkeit der Devotessen gegenüber der Gesellschaft Jesu festlegten und den Jesuiten über die Rolle als Beichtväter hinaus keine Kompetenzen zubillig¬ ten , ergab sich diesbezüglich 1646 eine wesentliche Änderung , die den Charakter der Ursulagesellschaft künftig prägte : Mit Unterstützung des Erzbischofs setzten die Jesuiten mit der sogenannten reformierten Regel die rigorose Unterordnung der Frauen unter ihre Autorität und Kontrolle durch und beendeten damit den Versuch der Kölner Devotessen , mehr oder weniger unabhängig von der männ¬ lichen Priesterschaft ein semireligioses Leben zu führen 19. Ungeachtet dieser Au¬ toritätsfragen arbeiteten die Devotessen der Ursulagesellschaft im Bereich der Katechese und Elementarbildung schon vor 1646 eng mit den Jesuiten zusam - tum Ursulanum collectae statis diebus a meridie frequentes ad audiendam piam cohortationem convenerunt , Stadtarchiv Bonn (StAB ), Ku 102 / 1, Teil 1, S . 28 . Die Jahresberichte der Bonner Jesuiten erwähnen zwar gelegentlich die Ursulasodalität , berichten aber nicht von der Schultätigkeit einzelner Mitglie¬ der, Historisches Archiv der Stadt Köln , Jesuiten , 642- 656 . Vgl . D u h r ( wie Anm . 9 ), Bd . III , S . 25 ; Bd . IV / 1 , S . 38 . 14 Zitiert nach Conrad 15 Ebd ., S . 128 16 , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 114 . . Zu den einzelnen Fassungen der Regel vgl . ebd ., S . 115ff ., 137f ., 146ff . 17 Zum Semireligiosentum in der Frühen Neuzeit vgl . ebd ., S . 102 - 107 ; Anne Conrad , Ehe mireligiosentum und Orden - Frauen als Adressatinnen und Aktivistinnen der Gegenreformation Zeitsprünge . Forschungen zur Frühen Neuzeit 1 ( 1997 ), S . 529 - 545 , hier S . 536ff . 18 Ebd ., S . 537 19 Conrad , . Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 130ff . , Se , in : Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 217 men 20: 1625 gründeten die Kölner Jesuiten verschiedene Mädchenschulen in der Stadt , die sie den Devotessen anvertrauten . 1629 und 1636 wurden erneut derar¬ tige Schulen eingerichtet . Darüber hinaus lässt sich die Zusammenarbeit von De¬ votessen und Jesuiten in verschiedenen Katechismusschulen nachweisen , die an den Kölner Kirchen bestanden und an denen jeweils mehrere in den Quellen als Katechismusjungfrauen 21 bezeichnete Devotessen für die Unterweisung der Mädchen zuständig waren . Im Gegensatz zu den Devotessen , die in der Regel in enger Anbindung an die Jesuiten lebten und arbeiteten , handelt es sich bei den Ursulinen und Welsch¬ nonnen um von den Jesuiten unabhängige Schulorden . Sie können als weibliches Pendant zur Gesellschaft Jesu verstanden werden , sowohl im Hinblick auf ihr Engagement im Mädchenschul - und Erziehungswesen der Frühen Neuzeit als auch bezüglich ihrer konfessionellen Bedeutung . Diese kommt u .a . darin zum Ausdruck , dass ihre Arbeit häufig - wie die der Jesuiten - gezielt im Zuge ge genreformatorischer bzw. reformkatholischer Bestrebungen von altgläubigen Landesherren unterstützt und gefördert wurde 22. Die Ursulinen gehen auf die fast zeitgleich mit den Jesuiten im Jahre 1535 von Angela Merici ( 1470 / 75 - 1540 ) in Brescia gegründete , Compagnia di Sant ' Orsola ' Vgl . zum Folgenden Andreas Schüller , Die Volkskatechese der Jesuiten in der Stadt Köln 34- 86 , hier S . 56f ., 61 ; Kuckhoff ( wieAnm . 3 ), S . 6f ., 9ff .; Mar¬ gret Wensky , Mädchenbildung zwischen Kommerz und Religion . Das Mädchenschulwesen in der Reichsstadt Köln vom 15 . bis zum 17 . Jahrhundert , in : Köln als Kommunikationszentrum . Studien zur frühneuzeitlichen Stadtgeschichte , hrsg . v. Georg M öl ich und Gerd Schwerhoff ( Der Riss im Himmel . Clemens August und seine Epoche 4 ), Köln 2000 , S . 271 - 285 , hier S . 278 . ( 1586- 1773 ), in : AHVN 114 ( 1929 ), S . 21 Zitiert nach We n s k y ( wie Anm . 20 ), S . 278 . 22 Zur landesherrlichen Unterstützung weiblicher Lehrorden bei der Niederlassung vgl . für Die Ursulinen von Calvarienberg - Ahrweiler 1710 bis 1930 . Ein Beitrag zur Geschichte des Ursulinenordens - Festschrift zum 100 - jährigen Jubiläum des Ursulinenklosters Cal¬ varienberg 1838 bis 1938 , Trier 1938 , S . 6 ; Düsseldorf: Franz Ludwig Gr eb , Die Anfänge der Ursulinen in Düsseldorf , in : 300 Jahre Ursulinen in Düsseldorf 1681 - 1981 , hrsg . v. der Ursulinenkongregation Düsseldorf e .V., Düsseldorf 1981 , S . 14- 37 , hier S . 15ff ; Essen , Münster und Paderborn : Franz -Josef J a kobi , Die ersten Jahre der „ Lotharinger Chorfrauen " in Münster ( 1643 bis 1655 ) . Eine Ordensnieder¬ lassung im Widerstreit von Stadtautonomie und Fürstenmacht , in : 400 Jahre Augustiner Chorfrauen C .B .M .V. Das St . Michaelskloster in Paderborn , hrsg . v. Christoph Stiegermann , Paderborn 1997 , S . 7- 14 , hier S . 13 ; Köln : Barbara Weber , Die Geschichte der Kölner Ursulinenschule von 1639 - 1875 , Düren : Bathilde Stiedel , Diss . Köln 1930 , S . 27f .; Mainz : Elisabeth Darapsky , Geschichte der Welschnonnen in Mainz . Die re¬ gulierten Chorfrauen des Hl . Augustinus und ihre Schulen ( Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz 25 ), Mainz 1980 , S . 9f ; Trier : Karl M u t h , Die Kongregation Unserer Lieben Frauen von Trier - Welsch¬ nonnenkloster . Eine kirchenrechtliche Studie zur Entwicklung des Instituts der religiösen Gemein¬ schaften unter dem französischen Konsulat und ersten Kaiserreich , Straßburg 1907 , S . 4 . Widerstand gegen die Niederlassung weiblicher Lehrorden kam dagegen v.a . von städtischer Seite , vgl . für Düren : Stiedel , S . 6 ; Düsseldorf: Hans Ulrich Krumme , Zur Geschichte der Ursuli nen - Schule in Düsseldorf von den Anfängen bis zum Beginn der preußischen Zeit 1815 , in : 300 Jahre Ursulinen in Düsseldorf , S . 61 - 94 , hier S . 62 ; Köln : Weber , S . 30f .; Münster : Ja kobi , passim . Städti¬ sche Unterstützung einer Gründung dagegen in Monschau : S t i e d e 1, S . 6 . Andreas Rutz 218 , eine Gesellschaft von Frauen , deren gemeinsame Intention es war, eine geistliche Lebensform mit einer innerweltlichen Tätigkeit in Krankenpflege , Ar¬ menfürsorge und Seelsorge zu verbinden 23. Im Gegensatz zu den anderen Frau¬ engemeinschaften des konfessionellen Zeitalters , die entweder an die ursulini sche Tradition anknüpfen konnten oder sich stark an männlichen Vorbildern wie den Jesuiten orientierten , kann die , Compagnia ' als „ eine originäre ( weibliche ) Neuschöpfung " gelten 24. Um ihr apostolisches Ziel zu verwirklichen , lebten die ersten Ursulinen nicht in klösterlicher Klausur, sondern allein oder bei ihren Fa¬ milien und trafen sich nur zu gemeinsamen Gebeten und zum Empfang der Kommunion . Eine ähnliche Lebensform wurde seit dem Mittelalter von einer Vielzahl von Bruderschaften gepflegt , deren Ziel die gegenseitige religiös - geistli¬ che und mitunter auch soziale Unterstützung war . Seit dem Spätmittelalter über¬ nahmen diese semireligiosen Vereinigungen zunehmend karitative Aufgaben in Armen - und Waisenhäusern , Spitälern und anderen sozialen Einrichtungen 25. Im Unterschied zu den Bruderschaften , aber auch zu den Tertiarinnen der traditio¬ nellen monastischen Orden , verstanden sich die Mitglieder der , Compagnia di Sant ' Orsola ' jedoch nicht als religiös engagierte Laien , sondern als Religiöse oder Geistliche , die sich zu den drei evangelischen Räten Keuschheit , Armut und Ge¬ horsam verpflichteten 26. In dieser neuartigen Form der Verbindung von Semire - zurück Vgl . zum Folgenden R a p 1e y , Devotes ( wie Anm . 2 ), S . 48- 60 ; Gabriele We i g a n d , Die weib¬ lichen Schulorden und die Mädchenbildung , in : Der weite Schulweg der Mädchen . Die Geschichte der Mädchenbildung als Beispiel der Geschichte anthropologischer Vorurteile , hrsg . v. Johann Georg Prinz von Hohenzollern und Max Liedtke (Schriftenreihe zum Bayerischen Schulmuseum Ichenhausen 9 ) , Bad Heilbrunn 1990 , S . 127- 147 , hier S . 129ff .; Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ) , S . 19 - 63 ; dies ., Klugheit ( wie Anm . 12 ), S . 57- 99 . 24 Anne Conrad , Ursulinen und Jesuiten . Formen der Symbiose von weiblichem und männ¬ lichem Religiosentum in der frühen Neuzeit , in : Doppelklöster und andere Formen der Symbiose männlicher und weiblicher Religiösen im Mittelalter , hrsg . v. Kaspar Elm und Michel P a r i s s e ( Ber¬ liner Historische Studien 18 ; Ordensstudien VIII ), Berlin 1992 , S . 213- 238 , hier S . 215 . Weiga nd ( wie Anm . 23 ), S . 128f ., nennt die Beginen des 13 . Jahrhunderts als Vorläufer der weiblichen Schulorden des 16 . und 17 . Jahrhunderts . Eine direkte Bezugnahme Angela Mericis auf diese Bewegung lässt sich allerdings nicht nachweisen . Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 242f ., behandelt die Beginen als „ ei¬ nen kleinen Teil des weiblichen Semireligiosentums " (S . 243 ) des späten Mittelalters , das insgesamt für die Entwicklung religiöser Frauengemeinschaften in der Frühen Neuzeit wichtige Voraussetzun¬ gen schuf (S . 245 ) . Vgl . zum ( kölnischen ) Beginentum Johannes Asen , Die Beginen in Köln , in : AHVN 111 ( 1927 ), S . 81 - 180 ; 112 ( 1928 ), S . 71 - 148 ; 113 ( 1928 ), S . 13- 96 . 25 Zum spätmittelalterlich - frühneuzeitlichen Bruderschaftswesen vgl . Bernhard Schneider , Kirchenpolitik und Volksfrömmigkeit . Die wechselhafte Entwicklung der Bruderschaften in Deutsch¬ land vom Spätmittelalter bis zur Mitte des 19 . Jahrhunderts , in : Saeculum 47 (1996 ) , S . 89 - 119 ; Jo¬ achim Oepen , Religiöse Bruderschaften des 18 . Jahrhunderts , in : Hirt und Herde . Religiosität im Rheinland des 18 . Jahrhunderts , hrsg . v. Frank Günter Zehnder ( Der Riss im Himmel . Clemens August und seine Epoche 5 ), Köln 2000 , S . 59 - 94 . Zu , weltgeistlichen ' Lebensformen von Frauen vgl . Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 230- 245 . 26 Die Regel der Gesellschaft verlangte zwar keine Gelübde , sah aber ein Leben nach den evangeli¬ schen Räten für ihre Mitglieder vor, Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 28ff . Diese dreifache Verpflich¬ tung unterscheidet die Gesellschaft wesentlich von den Devotessengemeinschaften des 17 . Jahrhunderts . Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaßen 219 ligiosentum und Orden breitete sich die Gesellschaft zunächst in Norditalien aus . Der Anschluss an die , Compagnia della Pace ' in Brescia , einer Vereinigung von Weltpriestern , die sich dem Apostolat widmeten , und die enge Zusammenarbeit mit der , Christenlehrgesellschaft ' Carlo Borromeos ( 1538 - 1584 ) zunächst in Mai¬ land , dann aber in vielen anderen italienischen Städten und schließlich in Frank¬ reich , eröffnete den Ursulinen seit den 1560er Jahren den Katechismus - und mit der Zeit auch den Elementarunterricht für Mädchen als neue Betätigungsfelder . Zugleich erfolgte eine organisatorische Umstrukturierung der Gesellschaft , die nun nicht mehr, wie von Angela Merici vorgesehen , allein der Autorität des Hei¬ ligen Geistes unterstellt war . Stattdessen verloren die Frauen durch die Einset¬ zung eines geistlichen Vaters , der als Leiter der Gesellschaft höchste Autorität und letzte Instanz sein sollte , ihre institutionelle und organisatorische Unabhän¬ gigkeit , die im Denken der Gründerin eine wichtige Rolle gespielt hatte . Für die weitere Entwicklung und Ausbreitung der Ursulinen wegweisend wa¬ ren die Gründungen in Bordeaux ( 1606 ) und Paris ( 1608 ) . Hier wurden im An¬ schluss an die Beschlüsse des Trienter Konzils , das eine strenge Durchsetzung der Klausur für weibliche Ordensgemeinschaften gefordert hatte 27, die entschei¬ denden Weichen für eine Umwandlung der Gemeinschaft in einen klausurierten Schulorden mit feierlichen Gelübden gelegt : Die 1612 von Papst Paul V. geneh¬ migte Pariser Fassung der Ordensregel verband die ursprüngliche Regel der Ge¬ meinschaft mit der Augustinerregel und machte die Klausur für die Ursuli nenklöster verbindlich . In Anlehnung an die Verfassung der Jesuiten wurde da¬ rüber hinaus ein viertes Gelübde eingeführt , dass hier aber nicht den Gehorsam gegenüber dem Papst , sondern die Verpflichtung der Frauen zur Unterrichtung von Mädchen beinhaltete und so eine Verbindung von klösterlicher Lebensweise und innerweltlicher Tätigkeit sicherte 28. Wie bei fast allen der im 16 . und 17 . Jahr¬ hundert gegründeten Frauengemeinschaften und - orden wurden die einzelnen Ursulinenklöster der Jurisdiktion des jeweiligen Ortsbischofs unterstellt , eine Zentralorganisation des Ordens bestand nicht29. deutsche Ursulinenniederlassung wurde 1639 in Köln gegründet , das als Mittelpunkt der Ursulaverehrung eine besondere Anziehungskraft auf die Or¬ densschwestern ausübte 30. Die Ursulinen stießen hier allerdings auf Ablehnung Die erste Vgl . zu den Klausurbestimmungen des Trienter Konzils ebd ., S . 249ff . 28 Zum Verhältnis von Ursulinen und Jesuiten vgl . Conrad , Ursulinen ( wie Anm . 24 ) . Einen Rückgriff auf die ursprünglichen Ideen Angela Mericis unternahm die 1606 von Anne de Xainctonge ( 1567- 1621 ) in Döle gegründete Gesellschaft der heiligen Ursula ' , deren Mitglieder die klösterliche Klausur ablehnten , lediglich einfache Gelübde ablegten und für ihre Gemeinschaft auf die päpstliche Anerkennung als Orden verzichteten , G r i s a r ( wie Anm . 4 ), S . 107f .; Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ) , S . 67- 74 . 29 Bireley ( wie Anm . 7) , S . 154ff . 30 Zur Kölner Niederlassung vgl . Weber ( wie Anm . 22 ); Ludwig Voss , Geschichte der höheren Mädchenschule . Allgemeine Schulentwicklung in Deutschland und Geschichte der höheren Mädchenschule Kölns , Opladen 1952 , S . 124 - 153 ; Ursulinen in Köln 1639 - 1989 . Festschrift zum Andreas Rutz 220 durch den Rat , da dieser den Übergang weiterer Grundstücke in geistlichen Besitz verhindern wollte . Sie erhielten zunächst lediglich befristete Gast - und Beiwoh¬ nungsrechte und konnten sich erst 1651 endgültig in Köln niederlassen , obwohl auch in den folgenden Jahren Grundstückskäufe und Erweiterungen nur durch zähe Verhandlungen zu erreichen waren . 1692 verpflichteten sich die Ursulinen als Gegenleistung für die Genehmigung zur Erweiterung ihres Klostergrundstücks , für ewige Zeiten , solange das Institut in der Stadt bestehen würde , ohne einige , auch die geringste Entgeltung , und zwar sowohl für arme wie reiche Kinder Unterricht [ zu ] erteilen an Werk - , Sonn - und Feiertagen im Lesen , Schreiben , Rechnen , Wirken , Nähen , Gold - , Silber - , Seiden - und allerhand Stickwerk , in Sprachen , Instrumentalsingen und in übrigen , dem weiblichen Geschlecht anstehenden Übungen , wie die auch Namen haben mögen und darin die Ursulinen erfahren seien zu unterweisen 31. Neben dieser kostenlosen Schule gab es beim Kloster ein Pensionat mit einer angegliederten Schule , die von Kostgeld zahlenden Pensionärinnen besucht wurde . Die Schultätigkeit der Ursulinen führte von Beginn an zu Konflikten mit den seit 1606 in der Kölner Ursulagesellschaft organisierten Devotessen , da der kostenlose Elementarunterricht der Ordensschwestern natürlich eine nicht zu unterbietende Konkurrenz für die anderen Lehrerinnen der Stadt darstellte 32. Neben den Elementarschülerinnen boten anscheinend auch die zahlenden Pen¬ sionärinnen einen gewissen Konfliktstoff . Zumindest argwöhnen die Ursulinen in ihrer Klosterchronik , dass die Jesuiten ihnen zugunsten der Devotessen über Jahrzehnte die besten Schülerinnen abgeworben hätten 33. Von Köln aus gründeten die Ursulinen Niederlassungen in Düsseldorf ( 1681 ) 34 und Dorsten ( 1699 ) 35. In Aachen bestand bereits seit 1651 ein Ursulinenkloster , 350 - jährigen Bestehen der Ursulinenschule Köln , hrsg . v. der Ursulinenschule Köln , Köln Anm . 12 ), S . lOOff .; We n s k y ( wie Anm . 20 ), S . 280f . 1989 ; Con¬ rad , Klugheit ( wie 31 Zitiert nach Weber ( wie Anm . 22 ), S . 33 . Vgl . zur Schultätigkeit der Ursulinen auch das Schul¬ reglement der Pariser Ursulinen von 1652 : Peter Maurice Wa t e r s , The Ursuline achievement . A phil osophy of education for women . St . Angela Merici , the Ursulines and catholic education , North Carl¬ ton , Victoria 1994 , S . 153 - 201 ( Faksimile ), sowie den Kommentar ebd ., S . 77- 88 . ( wie Anm . 22 ), S . 29 ; C o n r a d , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 127f .; We n s k y ( wie Anm . 20 ) , Auch in Düsseldorf und Düren ergaben sich Konflikte mit den Devotessen , Conrad , Klug¬ heit ( wie Anm . 12 ), S . 106f . Über Konflikte zwischen Ursulinen und Ursulagesellschaft in Aachen ist nichts bekannt , Neuefeind ( wieAnm . 12 ), Teil 2 , S . 69f . 32 Weber S . 280 . 33 Weber ( wie Anm . 22 ), S . 29f . 34 Bereits 1677 waren Ursulinen aus Aachen nach Düsseldorf gekommen und hatten eine Schule errichtet . Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten mussten die Gründungsrechte 1681 an die Kölner Niederlassung übertragen werden , die in diesem Jahr formell eine Neugründung vollzog , Eisner ( wie Anm . 12 ), S . 85ff .; Greb ( wie Anm . 22 ), S . 17ff . Zur Schultätigkeit der Düsseldorfer Ursulinen vgl . Krumme ( wie Anm . 22 ) . 35 Maria Victoria H o p m a n n , Geschichte des Ursulinenklosters in Dorsten . Auszüge und Über¬ sichten , Münster 1949 ; Peter -Johannes Schuler , Dorsten - Ursulinen , in : Westfälisches Klosterbuch . Lexikon der vor 1815 errichteten Stifte und Klöster von ihrer Gründung bis zur Aufhebung , 2 Bde ., Bildungsanspruch und Unterrkhtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 221 weitere Konvente wurden im Rheinland in Düren ( 1681 ) und Monschau ( 1710 ) eingerichtet 36 . Die Gründungsgeschichte der Düsseldorfer Niederlassung macht einmal mehr die geistige Nähe des Ordens zu den Jesuiten deutlich : Die Nonnen suchten nicht nur räumlich den Kontakt zur Gesellschaft Jesu , indem sie sich um ein Haus in unmittelbarer Nachbarschaft des Düsseldorfer Jesuitenkollegs bemühten , sondern strebten die Errichtung einer Schule an , die schier den Jesuiten gleich sein sollte 37. Der zweite für die Entwicklung des Mädchenbildungswesens im Rheinland bedeutsame weibliche Lehrorden ist die 1598 von Pierre Fourier ( 1565 - 1640 ) und Alix Le Clerc ( 1576- 1622 ) in Lothringen gegründete Congregation de Notre Dame 38. Während die Ursulinen zunächst in der Tradition der spätmittelalterli¬ chen Bruderschaften karitativ arbeiteten und erst in der Zeit nach dem Trienter Konzil in Zusammenarbeit mit der Christenlehrgesellschaft und in Anlehnung an die Gesellschaft Jesu den Unterricht von Mädchen zu ihrem Hauptanliegen machten , waren für die Notre - Dame - Schwestern die Jesuiten und deren Schul¬ tätigkeit bereits bei der Ordensgründung das entscheidende Vorbild . Das jesuiti¬ sche Selbstverständnis Alix Le Clercs drückt sich in einer vielzitierten Vision aus , die die Ordensgründerin nach eigener Aussage während der Suche nach einer für sie geeigneten Lebensform hatte : Nachdem die Jesuiten ihr nahegelegt hat¬ ten , einem traditionellen Orden beizutreten , schien es mir, als befände ich mich in einem Eurer Häuser [ d .h . in einem Jesuiten¬ kolleg ] : da war ein Kloster und eine große Zahl Eurer Brüder, welche wie in Prozession umherzogen , und unsere Schwestern saßen in einer Ecke neben der Pforte des Klosters . Ich hatte einen Rechen , mit dem man das Heu auf den Wiesen zusammenrecht , und sam¬ melte alle Strohhalme , die im Kloster zerstreut waren , um sie für mich zu verwerten . Die Väter hatten gar nicht Acht auf mich und schienen mein Tun geringzuschätzen , mit Hengst und Forschungen zur hrsg . v. Karl der Historischen Kommission für Westfalen 44 ; Quellen und Religionsgeschichte 2 ), Münster 1992 / 1994 , Bd . 1, S . 246- 251 . ( Veröffentlichungen Kirchen - ( wie Anm . 12 ), Teil 2 , S . 57- 83 ; Düren : Gatz / Dauven ( wie Anm . Landers , 300 Jahre Ursulinen in Düren , in : 1681 - 1981 . St . Angela - Schule Düren . 300 Jahre Ursulinen in Düren , hrsg . v. Konvent der Ursulinen / Düren , Düren 1981 , S . 14- 31 . Das Monschauer Kloster wurde 1838 nach Ahrweiler transferiert und bildet das Stammkloster der von den Ursulinen unabhängigen Kongregation Calvarienberg / Ahrweiler, vgl . S t i e d e 1 ( wie Anm . 22 ) . Zur Geschichte der Niederlassung in Monschau vgl . außerdem Pejo Weiß und Kurt Mertens , Geschichte der Ur¬ sulinen in Monschau von 1710- 1978 , in : Das Monschauer Land 11 ( 1983 ), S . 76- 90 , hier S . 77ff . 36 Zu Aachen : Neuefeind 12 ); Else 37 Conrad , Klugheit ( wie Anm . 12 ), S . 105ff ., das Zitat ebd ., S . 105 . 38 Der 1628 von Papst Urban VIII . bestätigte Name lautet , Canonicae reguläres sancti Augustini congregationis B . M . V. sub titulo Dominae nostrae ' / Regulierte Chorfrauen des heiligen Augusti¬ nus von der Kongregation Unserer Lieben Frau ' , verwendet wird meist die französische oder lateini¬ sche Kurzform ( Congregation de Notre- Dame bzw. Congregario Beatae Mariae Virginis / B .M .V ). Vgl . zum Folgenden ausführlich Helene Derreal , Un missionaire de la Contre - Reforme . Saint Pierre Fourier et l ' Institution de la Congregation de Notre - Dame , Paris 1965 ; außerdem Ra pley , Devotes ( wie Anm . 2 ), S . 61 - 72 ; Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 75ff . Andreas Rutz 222 Ausnahme eines einzigen , der sehr ehrwürdig aussah und über die anderen Autorität zu haben schien . Dieser sah mich freundlich an und bedeutete mir , ich solle in meiner Arbeit ausharren . Als ich wieder zu mir gekommen war , verstand ich , daß dies der heilige Vater Ignatius war, der mich ermutigt hatte , in dem Unterrichte der jungen Mädchen , die man so wenig achtet wie Strohhalme , fortzufahren 39 . Der Bericht macht deutlich , dass Le Clerc sich sehr bewusst an die Gesellschaft Jesu und deren Lebensweise anzupassen versuchte , sich gleichzeitig aber von den Jesuiten zurückgestoßen und ausgegrenzt fühlte . Umso erstaunlicher ist das Selbstbewusstsein , mit dem sie ihre Gemeinschaft und deren Arbeit durch den Zu¬ spruch Ignatius von Loyolas zu legitimieren sucht . Mit Hilfe einer Vision konstru¬ iert Le Clerc für ihre Gemeinschaft eine jesuitische bzw . ignatianische Tradition und leitet aus dieser die Tätigkeit der Frauen in Erziehung und Unterweisung von Mädchen ab . Der direkte Bezug auf Ignatius sollte der Gemeinschaft zugleich Selbständigkeit und Unabhängigkeit gegenüber den Jesuiten ihrer Zeit sichern , denen die Frauen sich aufgrund der gemeinsamen ' Tradition zwar verbunden fühlten , denen sie sich zugleich aber nicht unterordnen mussten , da sie ihre Legi¬ timation aus der gleichen Quelle , nämlich der geistigen Autorität Ignatius ' , schöpften 40. Hierin offenbart sich ein sehr viel weitreichenderer Anspruch als er z .B . von den niederrheinischen Devotessen erhoben wurde , die die geistliche Führung durch die Jesuiten in der Regel nicht in Frage stellten und deren Erfolg maßgeblich auf die Zusammenarbeit mit der Gesellschaft Jesu zurückzuführen ist . Dass die Congregation de Notre - Dame letztlich zu einer zwar institutionell von den Jesuiten unabhängigen , aber dennoch vom jesuitischen Geist geprägten Gemeinschaft wurde , wie sie von Alix Le Clerc in ihrer Vision geschaut worden war , ist sicherlich zu einem nicht geringen Teil Pierre Fourier zuzuschreiben , der an der von Jesuiten geleiteten Universität von Pont - ä - Mousson entscheidende Prägungen erfahren hatte . Im Alter von zwanzig Jahren trat Fourier dem Orden der Regulierten Chorherren des hl . Augustinus in Chaumoucy bei , wurde 1589 in Trier zum Priester geweiht und versah eine Pfarrstelle in Mattaincourt , wo er Mitte der 1590er Jahre Alix Le Clerc begegnete . Diese bat ihn , sie bei der Grün¬ dung einer klösterlichen Vereinigung für Frauen zu unterstützen , die die Unter¬ richtung der weiblichen Jugend zum Ziel haben sollte . Fourier kam dieser Bitte 1598 durch die Abfassung vorläufiger Satzungen für eine solche Gemeinschaft nach 41. Auf dieser Grundlage wurden in den folgenden Jahren in mehreren lo Mutter Alexia Le Clerc , Leben von ihr und einer ihrer ersten Gefährtinnen beschrieben Wilhelm Emanuel Hubert ( Lebensbilder katholischer Erzieher 6 ), Mainz 1897 , S . 32 . 40 Vgl . C o n r a d , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 79f , hrsg . v. . 41 Gedruckt bei Derreal ( wie Anm . 38 ), S . 401 ff . Die Ordensregel in der letzten von Fourier redi¬ gierten Fassung : Pierre Fourier , Les vraies Constitutions des religieuses de la Congregation de Nostre Dame , o .0 . 1649 . Die erste deutsche Übersetzung : Regel und Constitutionen deren Geistlichen der Congregation Unser Frauen / von dem Ehrwürdigen Diener Gottes Petro Forerio / Stüffter dises Ordens / und Generalen deren Regulirten Chor - Herren der Congregation Unsers Heylands beschri ben / Von Unserem Heiligen Vatter Innocentio X . approbiret , und auß der Frantzösischen / in die Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 223 thringischen Städten Konvente gegründet , in denen Frauen ein klösterliches Le¬ ben führten und zugleich kostenlose Elementarschulen für Mädchen sowie Pen sionate betrieben . Diese Lebensform der Congregation de Notre - Dame „ zwi¬ schen Kloster und Welt " 42, die sowohl dem an die jesuitische Praxis angelehnten Apostolat als auch der seit dem Trienter Konzil verstärkt geforderten Klausur¬ pflicht für weibliche Ordensgemeinschaften gerecht zu werden versuchte , wurde erst relativ spät von päpstlicher Seite anerkannt . Zwar wurde die Gemeinschaft als Kongregation schon im Jahre 1603 bestätigt und die Niederlassung in Nancy durch Papst Paul V. 1615 zu einem Kloster mit strenger Klausur und feierlichen Gelübden erhoben , in dem Pensionärinnen und später auch externen Schülerin¬ nen Unterricht erteilt werden durfte . Die endgültige Anerkennung des Ordens durch die Erhebung sämtlicher Häuser in den Klosterstatus erfolgte jedoch erst 1628 durch Papst Urban VIII . Ähnlich wie die Niederlassungen der Ursu linen waren die Klöster der Welschnonnen unter der Leitung einer Oberin Csuperieure ' ) selbständig und den jeweiligen Ortsbischöfen unterstellt . Die erste Klostergründung der Congregation im deutschsprachigen Raum er¬ folgte 1627 in Luxemburg . In den folgenden Jahrzehnten entstanden Niederlas¬ sungen in Trier ( 1640 ) , Münster ( 1642 ) , Essen ( 1652 ) , Paderborn ( 1658 ) , Bonn ( 1664 ) , Mainz ( 1679 ) und Arnsberg ( 1686 ) 43 . Ein Versuch der Welschnonnen , in Teutsche Sprach übersetzet , Eichstätt 1721 . Der Versuch von Sophia Inkmann , Die pädagogischen Grundsätze in den Konstitutionen der Chorfrauen des heiligen Augustinus , ihre zeitgeschichtliche Be¬ deutung und ihr Einfluss auf Overberg ( Frau und Erziehung 1 ), Paderborn 1928 , S . 44ff ., die Schulbe¬ stimmungen der Welschnonnen mit der , Ratio Studiorum ' der Jesuiten zu vergleichen und auf diese Weise die jesuitische Prägung der Congregation de Notre - Dame nachzuweisen , erbringt m .E . keine weiter führenden Erkenntnisse , da die Zielsetzungen der Welschnonnen in ihren Mädchenschulen und der Jesuiten in den Gymnasien zu sehr differierten , als dass Unterrichtsorganisation und -me thode miteinander verglichen werden könnten . 42 So der Titel der Monographie von Conrad , Kloster ( wie gemeinschaften in der katholischen Reformbewegung. Anm . 2 ) über religiöse Frauen¬ Die früheste historiographische Quelle zur Geschichte der verschiedenen Niederlassungen ist Bernard ], Conduite de la Providence dans l ' Etablissement de la Congregation de Nostre - Dame , 2 Bde ., Toul 1732 . Gisela Schulte , La Congregation , Beatae Mariae Virginis ' en Alle magne , in : Annales de l ' Est 17 (1965 ), S . 235- 263 , gibt einen Überblick über die Geschichte der deut¬ schen Niederlassungen . Vgl . darüber hinaus zu Arnsberg : Kuckhoff ( wie Anm . 3 ), S . 31ff .; Walter Wahle , Chorfrauen des hl . Augustinus in Arnsberg , in : ders ., Beiträge zur Geschichte der Stadt Arnsberg , Geseke - Störmede 1988 , S . 106- 111 ; ders ., Arnsberg - Augustiner Chorfrauen , in : Hengst ( wie Anm . 35 ), Bd . 1 , S . 39 ^ 10; Bonn : unten S . 226f .; Essen : Franz A r e n s , Geschichte des Klosters und der Schule der Congregatio B .M .V. in Essen 1652 - 1902 ( Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen 25 ), Essen 1903 ; Ingrid S ö n n e r t , Zur Geschichte der Klöster des Ordens der Augustiner Chor¬ frauen in der Congregatio Beatae Mariae Virginis in Münster, Hagen und Essen , in : Stiegermann ( wie Anm . 22 ), S . 15- 39 , hier S . 33ff .; Mainz : Darapsky ( wie Anm . 22 ); Münster : Helmut Lahr¬ kamp , Münster - Augustiner - Chorfrauen , gen . Lotharingerkloster, in : H e n g s t ( wie Anm . 35 ), Bd . 2 , S . 109 - 113 ; Jakobi ( wie Anm . 22 ); Sönnert , S . 18ff .; Paderborn : Leonie Meyenberg , Paderborn Augustiner - Chorfrauen , gen . Michaelskloster, in : Hengst ( wie Anm . 35 ), Bd . 2 , S . 256- 260 ; dies ., Die Geschichte des St . Michaels - Kloster zu Paderborn , in : Stiegermann ( wie Anm . 22 ), S . 47- 64 ; Trier : Muth ( wie Anm . 22 ) ; Erwin Schaaf , Die niedere Schule im Raum Trier - Saarbrücken von 43 [ Louis - Gaspard Andreas Rutz 224 Köln ein Kloster zu errichten , scheiterte aus bisher ungeklärten Gründen 44. Im Jahrhundert breitete sich der Orden dann v.a . im süddeutschen Raum aus 45 . 18 . Im Gegensatz zu den Ursulinen und Welschnonnen , die als weibliche Lehr¬ orden die klösterliche Klausur für ihre Gemeinschaften angenommen hatten , strebte die 1611 von der Engländerin Mary Ward ( 1585- 1645 ) in St .- Omer ge¬ gründete Vereinigung der Englischen Fräulein neben ihrer weltlichen Unter¬ richtstätigkeit auch ein Leben in der Welt , d .h . ohne Klausur an 46. Diese Konzep¬ tion entsprach dem Versuch der Gründerin , eine ganz nach dem Vorbild der Ge¬ sellschaft Jesu gestaltete Frauengemeinschaft zu bilden , der männlichen Societas Jesu also ein in jeder Beziehung gleichartiges weibliches Pendant gegenüberzu¬ stellen . Take the same of the society47 lautete denn auch die Eingebung , die Mary Ward während einer schweren Krankheit erhalten hatte und mit der sie vor den kirchlichen Behörden ihre Position rechtfertigte . Sie habe die Worte so verstan¬ den , as that we wear to take the same both in matter , and maner that only excepted , which God by diversity ofsex hath prohibited *8. Die von Ward 1615 beim Papst eingereichte , Ratio instituti ' , die ein erster Entwurf für eine religiöse Lebensform ihrer Ge¬ meinschaft war , und die in den folgenden Jahren entwickelten Satzungen , ent¬ sprachen folglich sowohl inhaltlich als teilweise auch wörtlich der Regel der Ge¬ sellschaft Jesu : Die nicht - klausurierte Lebensweise der Gemeinschaft , die Able¬ gung feierlicher Gelübde einschließlich eines besonderen päpstlichen Gehor¬ samsgelübdes , die unmittelbare Unterstellung der Gemeinschaft unter den Papst und die Exemtion von der Weisungsbefugnis der Bischöfe gehörten ebenso wie die Leitung des Ordens durch eine Generaloberin mit weitreichenden Kompe¬ tenzen sowie eine an die Jesuitentracht erinnernde Kleidung und die Übernahme des Namens , Societas Jesu ' zu Mary Wards Konzeption der Englischen Fräulein . Von päpstlicher Seite wurde die Gemeinschaft allerdings nie in der von Ward in¬ tendierten Form anerkannt . Grund hierfür war v.a . die nicht - klausurierte Le¬ bensweise der Frauen , die mit den auf dem Trienter Konzil eingeschärften Klau¬ survorschriften für Frauenorden und Frauengemeinschaften mit ordensähn¬ licher Verfassung unvereinbar war. Während Ursulinen und Welschnonnen im Rheinland eine Vielzahl von Nie¬ derlassungen gründeten und Schulen für die weibliche Jugend eröffneten , die der späten Aufklärung bis zur Restauration 1780 - 1825 , Trier . 1966 , S . 107ff .; Franz ( wie Anm . 12 ) , S . 273 44 Vo s ( wie Anm . 30 ), S . 58 , 125 , . Schulte 45 Vgl 46 Vgl Rapley s , liefert für seine Angaben keine Quellenbelege . ( wieAnm . 43 ) . . zum Folgenden Grisar ( wie Anm . 4 ) , S . 85ff .; Weigand ( wie Anm . Devotes ( wie Anm . 2 ), S . 28ff .; Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 84ff . 23 ) , S . 133ff .; 47 Jakob L e i t n e r , Geschichte der Englischen Fräulein und ihrer Institute seit ihrer Gründung bis auf unsere Zeit , Regensburg 1869 , S . 742 . Bildungsanspruch und Unterrkhtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 225 die Entwicklung des Mädchenbildungswesens in den betreffenden Städten und Territorien nachhaltig prägten , konnten die Englischen Fräulein nur für kurze Zeit in Köln ( 1620 ) und Trier ( 1621 ) tätig werden 49. Der Kölner Rat hatte zunächst Bedenken , den Frauen die Niederlassung zu gewähren . Nachdem man in Lüt¬ tich , wo die Englischen Fräulein seit 1616 eine Niederlassung unterhielten , Er¬ kundigungen über die Gemeinschaft eingeholt und anscheinend positive Stel¬ lungnahmen erhalten hatte , erteilte der Rat am 16 . Juli 1621 zunächst auf drei Jahre die Erlaubnis zur Niederlassung . Über die Schultätigkeit der zwei oder drei Schwestern , die sich in einem Haus in der Breitestraße einmieteten , ist nichts be¬ kannt . Folgt man den Satzungen der Gemeinschaft und den Nachrichten aus an¬ deren Niederlassungen , unterhielten die Englischen Fräulein sowohl kostenlose Elementarschulen als auch kostenpflichtige Pensionatsschulen , an denen die Mädchen religiös unterwiesen und in den Elementarfächern , im Pensionat zu¬ dem in Französisch unterrichtet wurden 50. Es ist allerdings anzunehmen , dass in Köln zunächst lediglich Elementarunterricht erteilt wurde und kein Pensionat bestand , da hierfür personell keine Mittel vorhanden waren . Bereits im Mai 1630 wurde das Kölner Institut der Englischen Fräulein vom Kölner Erzbischof auf Weisung der römischen Kurie aufgehoben , desgleichen die Niederlassung in Lüttich . Auch das Haus in Trier , in dem seit 1621 acht Frauen lebten und unter¬ richteten , musste noch 1630 aufgegeben werden 51. Die Aufhebung der Niederlas¬ sungen in Köln , Lüttich und Trier war nur ein Schritt im Verfahren der Kurie ge¬ gen die Englischen Fräulein , die vorläufige Verhaftung Mary Wards und das end¬ gültige Verbot der Gemeinschaft erfolgten im Jahre 1631 durch Papst Urban VIII .52. Erst in der zweiten Hälfte des 17 . Jahrhunderts wurden v.a . im süddeut¬ schen Raum erneut Niederlassungen des mittlerweile klausurierten Ordens ge¬ gründet 53 . Mit der Gründung einer Niederlassung in Mainz wirkten die Engli¬ schen Fräulein seit 1752 erneut am Rhein und erlangten im dortigen Schulwesen Mary Catherine Elizabeth Chambers , Leben der Maria Ward ( 1585 - 1645 ), hrsg . v. Henry Ja¬ mes Coleridge , 2 Bde ., Regensburg 1888 / 89 , hier Bd . 1, S . 379 - 385 . Die nachfolgende Forschung bezieht sich weitgehend auf die Angaben von Chambers : Zu Köln : Duhr ( wie Anm . 9 ), Bd . 11/ 2 , S . 195f .; Kuckhoff ( wie Anm . 3 ), S . 28f .; Conrad , Kloster ( wie Anm . 2 ), S . 123ff .; Wensky ( wie Anm . 20 ), S . 279f .; Trier : Duhr ( wie Anm . 9 ), Bd . II / 2 , S . 195 ; Franz ( wie Anm . 12 ), S . 272 . deutscher Übersetzung abgedruckt bei Chambers ( wie ausführlich Maria Theodolinde Wi n k 1e r , Maria Ward und das Institut der Englischen Fräulein in Bayern von der Gründung des Hauses in München bis zur Säkularisation desselben ( 1626- 1810 ) . Ein Beitrag zur Geschichte der Mädchenbildung des 17 . und 18 . Jahrhunderts , Diss . München 1926 , S . 48- 111 . 50 Die sog . , Ratio Institut !' ( 1615 ) ist in Anm . 49 ), Bd . 1 , S . 411420 . Zur Schultätigkeit 51 Zur Aufhebung der drei Niederlassungen vgl . Josef Grisar schen Kongregationen ( 1616 52 Vgl . zu den 1630 ) ( Miscellanea , Historiae Pontificiae Maria Wards Institut vor römi¬ 27 ), Rom 1966 , S . 637ff . Auseinandersetzungen Wards mit der Kurie ausführlich ebd . 53 Vgl . Wi n k 1e r ( wie Anm . 50 ), S . 14-47 . 226 Andreas eine gewisse Bedeutung gegen Episode 55. II . 54. Rutz Im nördlichen Rheinland blieb ihre Geschichte da¬ Das Kloster der Congregation de Notre - Dame in Bonn und seine Schulen Das Bonner Welschnonnenkloster wurde 1664 gegründet 56. Die Nonne Maria Magdalena Duplessis und zwei weitere Ordensschwestern aus dem lothringi¬ schen Nomeny begannen in diesem Jahr, in Bonn ein Kloster zu errichten und kostenlosen Unterricht zu erteilen 57. Zu Beginn des Neunjährigen Krieges ( 1688 - 1697 ) flohen fast alle Ordensschwestern nach Köln . Nur zwei Nonnen blie¬ ben im Kloster zurück und erlebten die Zerstörung Bonns durch brandenburgi¬ sche Truppen im Juli 1689 58. Nach dem Wiederaufbau setzte für das Kloster und seine Schulen eine bis in die Mitte des 18 . Jahrhunderts andauernde Phase der Prosperität ein : Bereits im Jahre 1700 waren die Bonner Welschnonnen an der Gründung einer Niederlassung ihrer Kongregation in Heidelberg beteiligt , von der 1726 eine weitere Gründung in Mannheim ausging 59. Nach 1746 erfolgte ein Klosterneubau , der die mittlerweile baufälligen Gebäude aus dem 17 . Jahrhun¬ dert ersetzte 60. Seit spätestens 1750 wurde nach den Plänen des westfälischen Ar¬ chitekten Johann Conrad Schlaun ( 1696- 1773 ) und mit finanzieller Unterstüt¬ zung des Kurfürsten eine neue Klosterkirche errichtet 61. Zwar traten noch in den 1750er und 60er Jahren dreizehn junge Mädchen in den Orden ein 62. Langfristig hatte die ausgiebige Bautätigkeit allerdings schwerwiegende Auswirkungen auf die finanzielle Situation des Klosters , die sich nicht nur auf die Versorgung der Zur damit entstandenen Konkurrenzsituation zwischen Englischen Fräulein und Welschnon¬ nen in Mainz vgl . Schulte ( wie Anm . 43 ), S . 244 ; Darapsky ( wie Anm . 22 ), S . 120 . 55 Wards Versuche , 1638 vom Kölner Erzbischof Ferdinand die Erlaubnis zur Gründung neuer Niederlassungen im Erzbistum Köln zu erhalten , scheiterten , Chambers ( wie Anm . 49 ) , Bd . 2 , S . 378ff . 56 Zur Geschichte des Klosters ausführlich Rutz ( wie Anm . 1), S . 235- 243 , 252ff . Johann Philipp Nerius Maria Vo g e 1, Chorographia Bonnensis oder Kurze Beschreibung alles dessen , was von Anbeginn der heutigen Churfürstl . Residenzstadt Bonn in derselben und ihrer Ge¬ gend merkwürdiges sich zugetragen , 4 . Teil , Bonn 1770 , S . 134 . 57 58 Bernard ( wie Anm . 43 ), Bd . 2 , S . 299 . Schulte ( wie Anm . 43 ), S . 244 ; Darapsky ( wie Anm . 22 ), S . 22ff .; Lenelotte Höhere Mädchenschulen in der Kurpfalz und im fränkischen Raum im 18 . Jahrhundert ( Mainzer Studien zur Neueren Geschichte 5 ), Frankfurt a . M ./ Berlin / Bern 2001 , S . 44ff . 59 Ebd ., S . 316f .; Möller , Gutachten vom 15 .07 . 1746 staatsarchiv Düsseldorf ( HStAD 61 HStAD , Kurköln Schlaun 169562 HStAD , 1773 . Die ), über den Zustand der Gebäude : Nordrhein - Westfälisches Haupt¬ Kurköln II , 1750 , fol . 22r . VIII , 408 / 3 , fol . 21 r, 24r- 25v. Vgl . Barbara Bußkamp , Johann Conrad Sakralbauten ( Schlaunstudie 5 ), Münster 1992 , S . 196f . Lande zwischen Maas und Rhein , 2572 , fol . 6v - 7r. Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 227 Ordensschwestern 63, sondern auch auf die Anwerbung von Novizinnen negativ auswirkten 64. Die desolate Finanzlage führte schließlich 1802 zur freiwilligen Selbstauflösung der Niederlassung 65. 0 .1 . Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis in den Schulen Fortifiees de l ' une & lautre , elles se remirent avec plus de zele que jamais ä {"Instruc¬ tion de la jeunesse , & peu apres elles releverent les murs de leur petite Jerusalem , oü elles n ' ont cessedepuis ce tems - lä de louer le Dieu d ' Israel de toute l ' etendue de leur coeur, & de toute la ferveur de leur esprit , en meme tems qu ' elles s ' appliquoient ä dresser des jeu nes plantes , pour leur faire porter un jour des fruits dignes de leur education , aussi ont elles merite la grace de goüter les dernieres Constitutions de leur Venerable Instituteur , & de s ' y soümettre avec une fidelite qui ne peut manquer de leur attirer les benedictions les plus abondantes , & de rendre leur maison plus florissante qu ' elle na jamais ete66 . Mit diesen Worten charakterisiert Louis - Gaspard Bernard , der erste Historio graph der Congregation de Notre - Dame , im Jahre 1732 den Neubeginn des Or¬ denslebens und die Wiederaufnahme des Schulbetriebs am Bonner Welschnon¬ nenkloster nach der Katastrophe von 1689 . Bernard , der in seinem Buch , Con duite de la Providence dans l ' Etablissement de la Congregation de Nostre - Dame ' neben einer allgemeinen Geschichte des Ordens auch die Entwicklung der ein¬ zelnen Niederlassungen darstellt , betont besonders das regeltreue Leben der Bonner Schwestern und sieht darin die Ursache für ein neues Aufblühen der Nie¬ derlassung . Zwar könnte man vermuten , dass es sich hierbei lediglich um ein floskelhaftes Lob handelt . Auffällig aber ist , dass Bernard nur bei einigen weni¬ gen Häusern auf die strenge Befolgung der Ordensregel hinweist und diesen da¬ mit Vorbildcharakter einräumt 67. Eine Erklärung hierfür ergibt sich aus der Grundintention der , Conduite ' : Der Verfasser will die ursprünglichen Ideen des Ordensgründers Pierre Fourier ins Bewusstsein rufen , um die hinsichtlich der wahren Lehre streitenden Niederlassungen der Kongregation wieder miteinan¬ der zu versöhnen 68. Wichtig sei dabei laut Bernard der Rückgriff auf die letzte Fassung der Ordensregel Fouriers von 1649 , die wieder für alle Niederlassungen verbindlich sein solle 69. 63 1782 : HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 61r- 67r ; 1789 : StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher 529 ; 1791 : HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 71 v. 64 Ebd ., fol . 72r. 65 StAB , Johann Jakob Müller, Fata Bonnensia , Bd . 2 , fol . 62r - v. 66 Bernard 67 Neben Bonn wird im deutschen Raum v.a . Eichstätt hervorgehoben (wie Anm . 43 ), Bd . 2 , S . 299 68 Ebd ., Bd . 1 , S . IVf 69 Ebd ., S . XXIf . . . , ebd ., S . 325 . Teil Andreas Rutz 228 Es ist zu vermuten , dass Bernard nicht willkürlich bestimmte Ordensnieder¬ lassungen als besonders regeltreu bezeichnet , sondern dass in diesen Häusern tatsächlich stärker als in anderen auf die Einhaltung der Regel geachtet wurde . In den folgenden Abschnitten zu Erziehung und Unterricht im Bonner Welschnon¬ nenkloster wird deshalb nicht nur die archivalische Überlieferung der Niederlas¬ sung ausgewertet . Vielmehr soll auch überprüft werden , inwieweit in Bonn die Bestimmungen der Ordensregel tatsächlich befolgt und welche Änderungen bzw . zeittypischen Anpassungen vorgenommen wurden 70. Nonnen der Congregation de Notre - Dame begannen unmittelbar nach der Gründung des Klosters im Jahre 1664 offene Schulen zu halten ; denenwelchen dann von der Zeit die Stadt Bonn die gute Unterweisung ihrer Jugend zu verdanken hat 71. Über den Stundenplan , die Lehrgegenstände und die Unterrichtsmethode dieser Schulen berichten ausführlich drei aufschlussreiche Dokumente aus den Jahren 1788 , 1789 und 1794 , die in Verbindung mit einigen verstreuten Belegen eine recht genaue Rekonstruktion des Schulalltags im Bonner Kloster am Ende der kurfürstlichen Zeit ermöglichen . Es handelt sich dabei zum einen um einen Brief der Superiorin des Klosters , Franziska Seraphina von Weed , vom 5 . Februar 1788 an die kurfürstliche Kanzlei , dem eine Beschreibung der Elementarschule beige¬ legt ist 72. Zum anderen ist ein von Mere Maria Franziska von Pelzer am 22 . No¬ vember 1789 beantworteter Fragenkatalog der kurfürstlichen Schulkommission über das Pensionat erhalten 73. Das dritte Dokument ist ein am 9 . September 1794 vom kurfürstlichen Referendar am Münsterstift , Carl Joseph von Wrede , aufge¬ nommenes Visitationsprotokoll 74. Die Die Ordensregel behandelt die Erziehung und den Unterricht von Mädchen in der französi¬ schen Ausgabe von 1694 auf 134 von 793 Seiten ( Les vraies constitutions des religieuses de la Con¬ gregation de Nostre Dame . Faites par le Venerable serviteur de Dieu Pierre Fourier leur Instituteur , & General des Chanoines reguliers de la Congregation de nötre Saint Pere le Pape Innocent X , Toul 21694 , 3 . Teil , S . 1- 134 ), in der deutschen Übersetzung von 1721 auf 147 von 728 Seiten , vgl . Regel ( wie Anm . 41 ) , S . 267 - 414 . Zu den pädagogischen Aspekten der Regel vgl . Inkmann ( wie Anm . 41 ) , 13- 43 , die die Bestimmungen im Einzelnen referiert , ohne allerdings ihre praktische Umsetzung zu diskutieren ; außerdem Alix deRohan - Chabot , L' ceuvre pedagogique de Saint Pierre Fourier , in : Saint Pierre Fourier et son temps , hrsg . v. Rene Taveneaux , Nancy 1992 , S . 67- 72 ; Möller ( wie Anm . 59 ), S . 157 - 172 . 71 Vogel ( wie Anm . 57 ), S . 134 . Vgl . Bernard ( wie Anm . 43 ), Bd . 2 , S . 297f . Zur Schultätigkeit der Welschnonnen vgl . außerdem Anton Müller , Geschichte des Bonner Trivial - und Volksschul¬ wesens vom Mittelalter bis zur Gegenwart nebst einer Übersicht über die sämtlichen Privatlehran¬ stalten , Töchterpensionate usw . im 19 . Jahrhundert , Bonn 1925 , S . 63ff .; Edith Ennen , Die kurkölni¬ sche Residenz Bonn und ihr Umland in einem Jahrhundert der Kriege , in : Geschichte der Stadt Bonn , Bd . 3 : Bonn als kurkölnische Haupt - und Residenzstadt 1597- 1794 , hrsg . v. Dietrich H ö r o 1d t , Bonn 1989 , S . 15 - 203 , 588- 608 , hierS . 50f .; Rutz ( wie Anm . 1), S . 235f ., 240ff . 72 Historisches Archiv des Erzbistums Köln ( AEK ), Decanatus Buretanum , Generalia 17 . 73 StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 . 74 HStAD , Kurköln VIII , 408 schließlich auf dieses Protokoll . / 3 , fol . 112r- 118v. Müller ( wie Anm . 71 ), S . 64ff ., bezieht sich aus¬ Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 229 Nach Ausweis dieser Quellen wurden im Bonner Welschnonnenkloster drei verschiedene Arten von Schülerinnen unterrichtet . Die sogenannten Pensionä¬ rinnen wohnten im klostereigenen Pensionat und besuchten die dortige Schule . Hierfür zahlten sie 1772 ein jährliches Kost - , Wohn - und Schulgeld von 50 Rtlr .75 . 1794 hatte sich diese Summe mit 90 Rtlr . fast verdoppelt 76. Das Entgelt wurde et¬ was verringert , wenn die Mädchen ihr eigenes tisch - und beUleinwand mitbrachten : 1789 belief es sich in diesem Falle auf nur 64 statt der üblichen 73 Rtlr .77. Die Pen¬ sionatsschule wurde auch von externen Schülerinnen , sogenannten , ecolieren ' besucht , die für den Unterricht monatlich 40 St . zahlten . Wenn sie mittags und zur Vesper im Kloster aßen , mussten sie insgesamt 2 Rtlr . pro Monat entrichten 78 . Die Schülerinnen , die die Elementarschule des Klosters besuchten 79, wurden von den Welschnonnen kostenlos unterrichtet , wozu sich diese mit ihrem vierten Gelübde verpflichtet hatten 80. Exakte Schülerinnenzahlen sind nicht überliefert , in den Quellen finden sich allerdings einige Hinweise zur Anzahl der Pensionärinnen : Das Pensionat bot 30 Mädchen Raum 81, 1789 befanden sich 17 Pensionärinnen im Kloster , 1791 22 und 1792 20 82. Von Wrede nennt für Anfang 1794 19 Pensionärinnen , die Zahl sei aber im Laufe des Jahres auf 11 gesunken . Für das kommende Jahr sei zu erwarten , dass die Zahl wieder steige , da die französischen , niederländischen und lothrin¬ gischen Niederlassungen der Kongregation - wahrscheinlich aufgrund der revo¬ lutionären Ereignisse - nicht mehr besucht werden könnten 83. Die Herkunft der Pensionärinnen ist nicht genau zu klären , von Wrede verneint allerdings die Frage , ob solche lauter inländische frauenzimmer seien . Es ist folglich anzunehmen , dass nicht alle Pensionärinnen aus Kurköln und der näheren Umgebung von Bonn stammten , was zugleich vermuten lässt , dass es sich bei diesen Schülerin - 5 HStAD , Bonn , 76 HStAD , 77 StAB , 78 Ebd Ursulinen ( Welschnonnenkloster Kurköln ), Akt . 1, fol . 81r. VIII , 408 / 3 , fol . 113r . Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 . . Die verschiedenen Klassenstufen der Elementarschule werden in den Quellen als teutsche schulen bezeichnet , HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 115r . 79 80 Ebd . In einem Bericht über das Kloster von 1785 wird erwähnt , dass die Nonnen 15 St ./ Jahr von den Elementarschülerinnen verlangten , HStAD , Kurköln VIII , 504 / 3 , fol . 68r. Hierbei handelte es sich vermutlich um Geld für Schreibmaterialien u .a . Vgl . zum vierten Gelübde Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 3 ; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 267 . 81 StAB , Nachlass Spiegel , 82 Ebd .; HStAD , Kurköln Münsterscher Teil VIII , 408 / 3 , fol . 557 . 71v. 83 Ebd ., fol . 113r . Die Angaben zu den Klostereinkünften der Jahre 1786- 1788 in ebd ., fol . 71v, las¬ sen vermuten , dass auch in diesen Jahren zwischen 20 bis 25 Mädchen das Pensionat besuchten . 230 Andreas Rutz nen v.a . um Töchter wohlhabenderer Familien handelte 84. Namentlich genannt werden nur zwei Schülerinnen , nämlich Helena von Bersworth und ein Fräu¬ lein ' von Lohausen , die 1772 bzw . 1791 das Pensionat besuchten 85. Uber die Her¬ kunft und die Gesamtzahl der Ecolieren sowie der Schülerinnen an der Elemen¬ tarschule des Klosters lassen sich mangels Quellen keine gesicherten Aussagen treffen 86. Die Tatsache , dass in Bonn externe Schülerinnen am höheren Unterricht der Pensionärinnen teilnahmen , widersprach der Ordensregel . Diese sah eine strikte Trennung zwischen Pensionats - und Elementarschule vor, da den Pensionärin¬ nen für die Zeit ihres Aufenthalts eine Klausur auferlegt war , die nicht durch den Kontakt mit anderen Schülerinnen gestört werden sollte 87. Um diesen Kontakt zu verhindern , schrieb die Regel sogar getrennte Schulhöfe für die beiden Schulen vor 88. In Bonn organisierte man den Schulbetrieb allerdings zumindest im späten 18 . Jahrhundert ohne Rücksicht auf diese Klausurbestimmung . Inwieweit die Elementarschülerinnen mit den Pensionärinnen in Kontakt kamen , geht aus den Quellen zwar nicht hervor . Die Pensionatsschule war jedoch keineswegs nur den im Kloster wohnenden Mädchen vorbehalten , sondern ihr wohnten auch frauen zimmer aus der Stadt bei 89, wie von Wrede 1794 bemerkt . Der Unterricht der Pensionatsschule begann um 8 Uhr und dauerte mit Unter¬ brechungen für das Mittagessen , eine Erholungsstunde und eine Vesperpause bis Ebd ., fol . 113v. Für die Niederlassungen in Mainz , Münster und Trier ist belegt , dass die Pen¬ sionärinnen v.a . aus wohlhabenden , häufig auch aus adeligen Kreisen stammten , Darapsky ( wie Anm . 22 ), S . 78 ; S ö n n e r t ( wie Anm . 43 ), S . 19 ; S c h u 11 e ( wie Anm . 43 ), S . 237 . 85 Die Mutter , luittib de Berswordt nu wirtz , schreibt am 20 .07 .1772 , dass sie das noch ausstehende Kostgeld für ihre Tochter innerhalb von 6 Wochen zahlen wird , HStAD , Bonn , Ursulinen ( Welsch¬ nonnenkloster ), Akt . I , fol . 80r . Am selben Tag versichert ein Freiherr von Kleist , er würde künftig die Kostgeldzahlungen übernehmen , ebd ., fol . 81r. Von Lohausen hatte 1791 173 Rtlr ., 20 St . Schulden beim Kloster ( rückständiges Kostgeld und Auslagen ), HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 80v. 86 Für die Niederlassung der Welschnonnen in Trier ist überliefert , dass um 1750 von jeder Ele¬ mentarlehrerin etwa 30 bis 40 Schülerinnen unterrichtet wurden , Schulte ( wie Anm . 43 ), S . 239 . Legt man diese Zahlen einer Berechnung der Bonner Verhältnisse zugrunde , könnte gegen Ende des 18 . Jahrhunderts bei vier Elementarlehrerinnen mit etwa 120 bis 160 Elementarschülerinnen gerech¬ net werden . In der ersten Klasse der Bonner Stadtschule für Jungen wurden 1789 von nur einem Leh¬ rer 77 Schüler unterrichtet , 1793 waren es 78 in der ersten und 75 in der zweiten Klasse , Müller ( wie Anm . 71 ), S . 52 . Die von mir vorgenommene Schätzung könnte also theoretisch erheblich nach oben korrigiert werden . 87 Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 100 ; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 377 . 88 Zu den Klausurbestimmungen S. 98- 105 ; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 374- für das Pensionat . vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ) , 3 . Teil , 381 89 HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 113v. Eine ähnliche Abweichung von der Ordensregel findet sich bis 1723 in der Essener Niederlassung der Kongregation , Arens , Geschichte ( wie Anm . 43 ) , S . 23 . Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 231 An den Wochenenden wurde kein Unterricht erteilt , von Ende Septem¬ ber bis Ende Oktober gab es zudem Schulferien , die in der Ordensregel keine Entsprechung finden 91. Ebenfalls im Gegensatz zu den Vorschriften der Regel hatten die Schülerinnen in Bonn keine Wahlfreiheit bezüglich der unterrichteten Fächer, sondern folgten einem vorgegebenen Stundenplan 92. Die Schule war in zwei Teile gegliedert . In der untern schulen 93, die sich im Erdgeschoss des Pen¬ sionärinnenbaus befand , brachte Antonia von Cler ( * 1765 ) den vier - bis zehn¬ jährigen Schülerinnen von 8 und 10 Uhr Lesen und ein erstes Verständnis des Ka¬ techismus bei . Die fortgeschritteneren Ecolieren und Pensionärinnen übten sich in dieser Zeit in deutscher und französischer Schönschrift . Die beiden Lehrerin¬ 17 Uhr 90. und Augustine Boutmy ( "1742 / 43 ) , hör¬ ten außerdem die auswendig gelernten Französischlektionen ab 94. In der an¬ schließenden Doppelstunde von 10 bis 11 . 45 Uhr wurde entweder französisches Diktat oder die Abfassung französischer und deutscher Briefe geübt . Parallel dazu sagten die Schülerinnen der unteren Schule den beiden Französischlehre¬ rinnen Boutmy und von Pelzer ihre französischen lekzionen auf 5. Beim an¬ schließenden Mittagessen , an dem nicht alle Ecolieren teilnahmen , sondern nur diejenigen , die das entsprechende Kostgeld zahlten , wurden die Tischgebete in französischer Sprache gesprochen . Bis 13 Uhr folgte eine Erholungsstunde : Die fleißigen bringen diese mit schreiben , oder arbeiten zu , die uebrigen mit schwärmen 96, wie Mere Pelzer berichtet . Die Ordensregel machte bezüglich der Freizeitbe¬ schäftigungen der Mädchen keine genauen Vorgaben , forderte aber, dass sie all¬ zeit eine ubung haben sollen [ . . . ] damit sie also die Zeit recht zubringen / und in dem guten zunemmen 97. Fourier schließt sich hier der zu seiner Zeit allgemein verbrei nen , Maria Franziska von Pelzer ( * 1746 ) Wenn nicht anders vermerkt vgl . zum Folgenden StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil von Wrede ist der Schulbeginn mit 9 Uhr angegeben , HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 113v, 114v. Dies ist offensichtlich ein Schreibfehler , denn bei der Schilderung des Tagesablaufs der Nonnen nennt er als Unterrichtsbeginn 8 Uhr, ebd ., fol . 119r. Müller ( wie Anm . 71 ), S . 65 , übersieht diese Un¬ stimmigkeit . 557 . Bei 91 HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 43v. Am Ende des Schuljahres wurden Prüfungen abgehalten , über deren Verlauf und Inhalt jedoch nichts bekannt ist , ebd ., fol . 47r . dagegen Constitutions ( wie . 92 Vgl . Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 3 , 11 , 52f ., 62 , 64 ; Regel ( wie Anm . 41 ) , S . 269 , 279 , 327f ., 334 , 336 93 StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 . Französischunterricht ist auch für die Niederlassungen in Paderborn ( seit 1696 ) und Münster ( seit 1766 ) belegt , Inkmann ( wie Anm . 41 ), S . 36 , Anm . 3 . Sieht man vom Lesen lateinischer Gebete ab , finden sich weder im französischen Original der Regel noch in der deutschen Übertragung Hin¬ weise auf fremdsprachlichen Unterricht , Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 52f .; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 323f . 94 95 StAB , Nachlass Spiegel , 96 Ebd Münsterscher Teil 557 . . 97 Regel (wie Anm . 41 ), S . 293 , vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 24 . Andreas Rutz 232 teten Meinung an , dass , Müßiggang ' gerade bei Frauen als Ursache von Sünde und Laster anzusehen sei und junge Mädchen deshalb mit Handarbeit und from¬ mer Lektüre ständig beschäftigt werden sollten 98. Diese Vorgabe wurde in Bonn nur zum Teil erfüllt : Während des Schultages waren zwar alle Zwischenräume mit handarbeit ausgefällt " . In größeren Pausen , am Abend und an den Wochenenden durften die Mädchen jedoch , schwärmen ' und ihre Zeit mit Karten - und Pfän¬ derspielen verbringen . Am Nachmittag stand in der unteren Schule von 13 bis 15 Uhr Lesen und Re¬ ligionslehre , in der oberen Französisch sowie die Korrektur der am Vormittag an¬ gefertigten Briefe und Diktate auf dem Stundenplan . Nach einer kurzen Vesper¬ pause wurden die Schülerinnen der oberen Schule von 15 . 30 bis 17 Uhr in Hand¬ arbeit , Rechnen und Religion , die der unteren in Lesen , Schreiben , Religion und erdebeschreibung unterrichtet . Am nachmittäglichen Schreibunterricht bei von Cler nahmen auch die kleineren Kinder aus der oberen Schule teil , welche schon vollständig zu lesen wissen , aber noch nicht Schreiben konnten . Den Religionsun¬ terricht der unteren Schule verfolgten am Nachmittag alle diejenigen , die noch nicht zur Kommunion zugelassen waren und hier die diesbezügliche Vorberei¬ tung erhielten . Mere Boutmy und von Cler leiteten die Schülerinnen außerhalb der regulären Unterrichtszeit in allerlei handarbeit an . Auf Wunsch der Eltern konnten stundenweise auch Musik - , Tanz - und Zeichenlehrer ins Kloster geholt werden 100. Der Hofmusikus Heller und ein Herr Römer unterrichteten für 2 Kro - Im Zuge der sog . , Querelle des femmes ' , einer gelehrten Diskussion , die vom 15 . bis ins ganz Europa um die Rangordnung der Geschlechter geführt wurde , verstand man diese zunächst als komplementär begriffenen weiblichen Beschäftigungen zunehmend als Sinnbilder für zwei gegensätzliche Theorien von Weiblichkeit : Handarbeit als Symbol für die an das Haus ge¬ bundene und dem Mann untergeordnete Frau auf der einen und Lesen als Sinnbild für die selbstän¬ dige , mit intellektuellen Fähigkeiten ausgestattete und dem Mann durchaus ebenbürtige Frau auf der anderen Seite . In der Schulpraxis der Bonner Welschnonnen spielten diese Differenzierungen aller¬ dings keine Rolle , Lektüre und Handarbeit waren gleichermaßen Teile des Lehr - und Freizeitpro¬ gramms der Pensionärinnen . Vgl . Cornelia Niekus Moore , Books , Spindles and the Devil ' s Bench or What is the Point in Needlepoint ?, in : Barocker Lust - Spiegel . Studien zur Literatur des Barock . Festschrift für Blake Lee Spahr, hrsg . v. Martin Bircher , Jörg - Ulrich Fechner und Gerd Hillen ( Chloe . Beihefte zum Daphnis 3 ), Amsterdam 1984 , S . 319 - 328 ; Claudia Opitz , Die Entdeckung der gelehrten Frau . Zur Debatte um die Frauenbildung in Deutschland zwischen 1500 und 1800 , in : Schlaglichter der Forschung . Zum 75 . Jahrestag der Universität Hamburg 1994 , hrsg . v. Rainer An sorge ( Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte 15 ), Hamburg 1994 , S . 305- 319 ; Katharina Fietze , Frauenbildung in der „ Querelle des Femmes " , in : Geschichte der Mädchen - und Frauenbil¬ dung , hrsg . v. Elke K1 e i n a u und Claudia O p i t z , Bd . 1 : Vom Mittelalter bis zur Aufklärung , Frank¬ furt a . M . / New York 1996 , S . 237- 251 . 18 . Jahrhundert in 99 StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 , die folgenden Zitate ebd . 100 So auch Darapsky ( wie Anm . 22 ), S . 80 , für das Welschnonnenklosterin Mainz und Anne Conrad , Äußere Schulen und Pensionate . Mädchenschulen im 17 . und 18 . Jahrhundert , in : Rotten burger Jahrbuch für Kirchengeschichte 14 (1995 ), S . 25- 35 , hier S . 32 , für die Pensionatsschulen der Ursulinen und Englischen Fräulein . Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaßen 233 nentaler bzw . 2 Rtlr . im Monat das Cembalospielen 101. Das Instrument konnte bei Römer für 30 St . im Monat geliehen werden . Eine Madame Müller unterrichtete Tanz 102. Hierfür gab es im Kloster einen Tanzsaal , der allerdings im Winter auf Kosten der Schülerinnen geheizt werden musste . Zeichenunterricht fand laut Mere Pelzer 1789 nicht statt , allerdings wird erwähnt , dass eine Demoiselle Schildt zu zeiten einige Schülerinnen im zeichnen hier gehabt habe 103. Da dieser außer curriculare Unterricht jeweils von 14 bis 16 Uhr , also zeitgleich mit dem re¬ gulären Nachmittagsunterricht stattfand , wurden die Mädchen angehalten , die versäumten Übungen in ihrer freien Zeit nachzuholen . Mit der Ordensregel wa¬ ren diese von weltlichen Frauen und Männern erteilten Unterrichtsstunden frei¬ lich nicht kompatibel . Neben dem bereits erörterten Klausurgebot für die Pen¬ sionärinnen , das hierdurch berührt wurde , verbot die Regel den Mädchen aus¬ drücklich zu tanzen oder Musikinstrumente zu spielen 104. Um den Wünschen der Mädchen bzw . ihrer Eltern nachkommen und damit ihre Einkünfte sichern zu können , mussten die Welschnonnen sich auch in diesem Punkt von den Vorga¬ ben ihrer Ordensregel lösen . Der kostenpflichtige Unterricht für die Schülerinnen der Pensionatsschule bot insgesamt ein anspruchsvolles Curriculum , zu dem neben den Elementarfächern auch Erdkunde - und Französischunterricht gehörten . An der Elementarschule dagegen war das Spektrum der Fächer wesentlich eingeschränkter . Zudem war der kostenlose Unterricht auch zeitlich kürzer bemessen . Während die Schüle¬ rinnen der Pensionatsschule täglich 7 1/ « Stunden unterrichtet wurden , gingen die Schülerinnen der Elementarschule nur 4 Stunden zur Schule , nämlich morgens von 8 bis 10 und nachmittags von 13 bis 15 Uhr 105. Wie aus den Personallisten des Klosters 106 von 1789 und 1791 sowie einer Äußerung von Wredes 107 hervorgeht , hatte die Schule drei Klassen . In der untersten wurden religiöse Inhalte vermittelt und das Alphabet , Syllabieren sowie Strümpfestricken unterrichtet 108. In der zweiten und dritten Klasse kamen Schreiben , Rechnen und Nähen hinzu 109. Das 101 In der Hofkapelle spielten zwei Brüder Heller : Ferdinand Heller (*1751 ) war seit 1771 als Te¬ nor angestellt , sein Bruder Gaudenz Heller spielte Cello , vgl . Claudia Valder - Knechtges , Die Musikgeschichte , in : Höroldt ( wie Anm . 71 ), S . 449 - 514 , 618- 628 , hier S . 501 . Wer von beiden den Unterricht erteilte , ist nicht bekannt . Römer ist im Gothaer /Theater - Kalender auf das Jahr 1791 ' als Schauspieler und Souffleur des Kurkölnischen Nationaltheaters verzeichnet , Arnold E . Maurer , Die Theatergeschichte , in : H ö r o 1d t ( wie Anm . 71 ), S . 515 - 535 , 628- 630 , hier S . 533 . 102 Müller war wahrscheinlichSchauspielerin am Kurkölnischen Nationaltheater, ebd 103 StAB , 104 Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil Regel ( wie Anm . 41 ), S . 396 , vgl . Decanarus Buretanum , Generalia 17 . 106 StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil HStAD , Kurköln 108 AEK , 109 VIII , 408 / 3 , fol . 115r . Decanatus Buretanum , Generalia HStAD , Kurköln . Constirutions ( wie 105 AEK , 107 557 VIII , 408 / 3 , fol . 115r. ., S . 533 Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 119 . 529 ; HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 75r. . Andreas Rutz 234 Programm umfasste also die Elementarfächer, ergänzt durch Handarbeit und den obligatorischen Katechismusunterricht . Als Elementarschullehrerinnen las¬ sen sich in der zweiten Hälfte des 18 . Jahrhunderts Walburga Sonntag ( 1732 - 1792 ) , Elisabeth Kaufmann ( 1743 - 1806 ) , Felicitas Kaufmann ( 1748 - 1802 ) und Therese Sartorius ( * 1741 / 46 ) nachweisen . Von Wrede nennt darüber hinaus Isabella von Behr ( * 1742 ) als Lehrerin . Sie scheint erst kurz vor dem Tod von Mere Sonntag 1792 mit dem Unterrichten begonnen zu haben , vorher versah sie lediglich den Küsterdienst 110. Eine Aufteilung der Schülerinnen in drei Klassen , wie sie in der Bonner Ele¬ mentarschule praktiziert wurde , sah auch die Ordensregel vor. Sie legt als Krite¬ rium für die Aufteilung nicht etwa das Alter der Schülerinnen , sondern die je¬ weilige Lesefähigkeit fest : Die erste [ Klasse ] haltet insich diejenige Schulerinen / wel¬ che I was von Schritten / oder geschriben ist / lesen . Die andere / so in denen getruckten Bücheren lehrnen / und in Lesung deß Trucks schon wol zugenommen haben . In der drit¬ ten seyn begriffen / so erst das ABC anfangen / und die Buchstaben zukennen / Syllaben zu samen setzen / und die Wort auszusprechen underwisen werden m . Diese Aufteilung trug dem Umstand Rechnung , dass man in der Frühen Neuzeit im Allgemeinen keine Schulpflicht und deshalb auch kein verbindliches Alter für die Einschulung kannte 112. Kinder unterschiedlichen Alters hatten folglich häufig dasselbe Lernni¬ veau und mussten zusammen unterrichtet werden . Auch die Pensionatsschule des Bonner Klosters war nach dem Kenntnisstand der Schülerinnen gegliedert . Die Klasse der Anfängerinnen lernte im unteren Teil des Gebäudes , die fortge¬ schritteneren Schülerinnen in der oberen Schule . Obwohl der Unterricht hier von zwei Lehrerinnen gehalten wurde , ist davon auszugehen , dass die Schülerinnen nur für den Französischunterricht in zwei Klassen geteilt wurden : Zur erlernung der französischen spräche ist sämtliche fügend in zwo klassen abgetheilt , die eine Klasse wurde aus grossen und kleinen anfängerinnen gebildet , die zweite Klasse bestand aus den erfahrnere in der französischen spräche 113. Dass am Nachmittag Schülerinnen der oberen Schule in der unteren Schule Schreiben lernten , offenbart deutlich die Problematik der Klassenaufteilung nach Lesefähigkeit : Die Kinder der oberen Schule hatten offensichtlich einen ähnlichen Kenntnisstand im Lesen , was aber nicht bedeutete , dass auch ihre Fähigkeiten im Schreiben gleich waren . Manche Kinder wurden deshalb zur , Nachhilfe ' in die untere Schule geschickt , was frei¬ lich erneute Rückstände in den anderen Fächern bewirken musste . StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 529 . Im August 1791 wird sie zum ersten Mal im Zusammenhang mit den Schulen genannt , HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 55r. 111 Regel ( wie Anm . 41 ), S . 287f ., vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 19 . Wolfgang Schmale , Die Schule in Deutschland im 18 . und 19 . Jahrhundert . Konjunktu¬ Horizonte , Mentalitäten , Probleme , Ereignisse , in : Revolution des Wissens ? Europa und seine Schulen im Zeitalter der Aufklärung ( 1750- 1825 ) . Ein Handbuch zur europäischen Schulgeschichte , hrsg . v. Wolfgang Schmale und Nan L . Dodde , Bochum 1991 , S . 627- 767 , hier S . 679f .; Seifert 112 Vgl . ren , ( wie Anm . 9 ), S . 224 113 StAB , . Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 . Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 235 Der für Bonn konstatierte starke Niveauunterschied zwischen Pensionats¬ und Elementarschule findet in der Ordensregel nur bedingt Entsprechung . Grundsätzlich sollten die Costgeherinen in allem dem jenigen underwisen [ werden ] / in welchem die aufwendigen Schulerinen , d .h . die Schülerinnen der kostenlosen Ele¬ mentarschule zu unterrichten seien 114. Für letztere war vorgesehen , unterweisen / was mit Gebühr / Gelegenheit / und Nutzen durch Geistliche geschehen / und von denen weltlichen Töchteren erlehrnet und geübet werden kan I damit dise GOtt / ihren Elteren / und Verwandten ein Gefallen bringen ; sich so wol nach ihren innerlich - als äusserlichen - Stand recht aufführen ; eine heilige Lieb gegen GOtt I und aufrichtige Einigkeit mit dem Rechsten tragen ; sich gottseelig verhalten so wol in denen irdischen Reichthumen und Ehren / als in der Armuth / Verachtung / und sie in allem deme zu Noth m . Hierzu gehörte selbstverständlich das Erlernen von Gebeten , des Katechis¬ mus , der kirchlichen Gebräuche und verschiedener Tugend - und Morallehren , wie z .B . die Sünd zuhassen / selbe zufliehen / und ein Abscheuhen darvor zutragen , die Liebe zur Tugend / guten Wercken / Christlichen Sitten / und Übung derenselben sowie die Höflich - und Wohlanständigkeit ihrer Geberden / Worten und Handlungen 116. Über diese religiös - frommen Unterrichtsinhalte hinaus nennt die Regel aber auch das Lesen der Muttersprache und des Latein , Schreiben , Rechnen und Handarbeit als Unterrichtsfächer 117. Dieses Programm galt bis auf einen Unterschied auch für die Pensionärinnen : Sie sollten noch in rareren / vornemmeren j und schätzbaren Ar¬ beiten underrichtet werden , d .h . nicht nur in einfachen Handarbeiten wie Nähen und Stricken , sondern auch in komplizierteren Techniken wie z .B . dem Sticken , Weben oder Klöppeln 118. Ein sehr viel deutlicherer Unterschied zwischen den Schulen bestand nach der Fourierschen Ordensregel in der unterschiedlichen Dauer des Unterrichts . Für die Schülerinnen der Elementarschule war nicht nur ein kürzerer Schultag vorgesehen , sondern auch eine insgesamt kürzere Schul¬ zeit . In der Regel heißt es , dass die Auswärtigen nicht jünger als vier und nicht äl¬ ter als 18 Jahre alt sein sollten 119, die Pensionärinnen konnten dagegen bis zu ihrem 20 . , in Ausnahmefällen sogar bis zum 22 . Lebensjahr am Unterricht teil - 114 Regel ( wie Anm . 41 ), S . 401 , vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 122 . 115 Regel ( wie Anm . 41 ), S . 285 , vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 16f . 1, 6 Regel ( wie Anm . 41 ), S . 286 , vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 18 . Vgl . auch die Aus¬ führungen über das zu erlernende disziplinierte und gehorsame Verhalten sowie zu den den Tag strukturierenden Gebeten in Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 79ff ., 85ff .; Regel ( wie Anm . 41 ) , S . 352ff ., 359ff . 117 Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 18 ; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 286 . Zum Lateinlesen vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 52f .; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 323f . 118 Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 123 ; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 401 . Vgl . auch ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 67 ; 119 Constitutions ( wie Regel ( wie Anm . 41 ), S . 340 . Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 10 ; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 277 . Constitutions Andreas Rutz 236 Während das Alter der Schülerinnen der Bonner Elementarschule in den Quellen nicht greifbar ist , lässt sich für die Pensionärinnen und Ecolieren feststellen , dass sie mit vier oder fünf Jahren mit dem Unterricht begannen 121. Das Ende ihrer Schul - und Pensionatszeit scheint nicht genau festgelegt gewesen zu sein . Dass die älteren Pensionärinnen abends häufig auf Spaziergänge , Schauspiele und balle gingen und dann spät in der nacht zurückkommen 122, weist aber darauf hin , dass das Pensionat und die zugehörige Schule auch noch von jungen Frauen fre¬ quentiert wurden , die wahrscheinlich erst mit der Heirat das Kloster verließen . Teilweise traten die Pensionärinnen allerdings auch erst mit höherem Alter in das Pensionat ein . Einen Hinweis hierauf gibt das Visitationsprotokoll von Wredes , in dem empfohlen wird , keine allzu grosse pensionairs aufzunehmen , diese kämen mei¬ stens wegen verunglückten liebschaften ins kloster, seien verdorben und verdarben die übrigen mit 123. nehmen 120. Mere Pelzers Angaben zum Französischunterricht geben einen Einblick in die im Bonner Welschnonnenkloster angewandte Unterrichtsmethode am Ende des 18 . Jahrhunderts : Die lte klasse , die aus grossen und kleinen anfängerinnen besteht , unterweiset Mere Boutmi durch auswendig lernenlassen , in französischen grammairen , aufsagen aus fran¬ zösischen büchern und französisch diktiren für beide klassen . [ . . . ] Der 2ten klassen , die aus den erfahrnere in der französischen spräche besteht , geb ich den Unterricht theils durch zusammen lesen , theils durch auswendig lernen in französischen büchern™ . Auswendiglernen , Aufsagen , Diktat und Lesen bildeten demnach die Schwer¬ punkte des Unterrichts , der offensichtlich als Mischform von Klassen - und Ein¬ zelunterricht konzipiert war : Gelesen wurde zusammen ' , d .h . wahrscheinlich im Chor oder in kleineren Gruppen 125 und auch Diktate wurden mit einer größe¬ ren Gruppe durchgeführt . Von Pelzer spricht sogar davon , dass Boutmy , für beide Klassen ' diktierte , was vermuten lässt , dass die obere Schule des Pensio¬ nats lediglich aus einem Raum bestand , in dem die zwei Klassen parallel unter¬ richtet wurden . Das Auswendiglernen und das Aufsagen des Gelernten erfolgte 120 Constitutions ( wie 121 StAB , 122 Ebd Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 95 ; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 370 Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 . 557 . . . 123 HStAD , 124 StAB , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 115v . Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil Schulerinen Aufsa¬ / und Lection , auch deß Catechismi um den Vorsitz gegen einander streitten , Regel ( wie Anm . 41 ), S . 290 , vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 21 f . Diese Form des Lernens entspringt der jesuitischen Pädagogik , die den Wettbewerb zwischen den Schülern als wichtiges Mittel ansah , Ehrgeiz und Leistung zu fördern , vgl . I n k m a n n ( wie Anm . 41 ), S . 46f . 125 Die Ordensregel verweist auf die Möglichkeit der Lehrerinnen zusam [zu ] gesellen gung ihrer Gebetter , zwey und zwey ihrer [ . . .] damit eine die andere anhöre / corrigire , und mit einem löblichen Eiffer durch Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 237 wiederum nach Klassen getrennt 126: Von Pelzer gibt an , dass das Aufsagen der Französischlektionen eins für eins bei zwo verschiedenen lehrerinnen , d .h . in Form von Einzelunterricht erfolgte . Hierzu wurden alle pensionairen [ . . . ] mit einem will kührligen französischen buche versehen . Die Schülerinnen lernten oder lasen in die¬ sen Büchern , während zwei von ihnen von den Lehrerinnen abgefragt wurden . Bis sie selbst an der Reihe waren , konnten die Mädchen theoretisch den Prüfun¬ gen der anderen folgen und das Gelernte vertiefen . Diese Vermutung legt zumin¬ dest die Fouriersche Ordensregel nahe , in der es heißt , dass die Schulerinen j die lin¬ der einer Lehrmeisterin seyn / ein jede in besonders ein gleiches Buch haben [ solle ] / aufdaß sie alle zugleich eine Lection darauf!, lehrnen / und also / da eine bey ihrer Lehrmeiste¬ rin aufsaget / solches die andere anhören / und eben zu selber Zeit dise Lection in ihrem Buch übersehen können / wardurch sie dises ehender / leichter / und vollkommner erlehr nen werden™ . Da jedoch in den zwei Französischklassen Schülerinnen unter¬ schiedlichen Alters und unterschiedlichen Lernniveaus aufeinander trafen , ent¬ sprach das Auswendiglernen und Aufsagen von Lektionen häufig wohl eher der älteren Form des Einzelunterrichts als der , moderneren ' des Klassenunterrichts 128. Zur Durchsetzung ihrer Autorität verfügten die Lehrerinnen über eine Reihe von Disziplinarmaßnahmen : Die Ordensregel sah zusätzliche Gebete vor, außer¬ dem eine Esel - Banck und im schlimmsten Falle die Zichtigung mit gebundner Ruthen [ . . . ] / derer man aber mit grosser Vorsichtigkeit / selten und gantz sparsam / ja wann es möglich / niemalen sich gebrauchen solle™ . Die Lehrerinnen selbst sollten die Züchtigung nicht durchführen , sondern nach Absprache mit der Superiorin und der Schulpräfektin einer Laienschwester diese Aufgabe überlassen . Die Strafpraxis der Bonner Welschnonnen wich nur geringfügig von diesen Vor¬ gaben ab 130. Für die älteren Pensionärinnen waren keine Strafmaßnahmen ge¬ bräuchlich , die jüngeren wurden je nach Betragen in ein goldenes oder ein schwarzes Buch eingetragen . Welche Konsequenzen sich mit diesen Einträgen verbanden , ist nicht bekannt , aber wahrscheinlich handelte es sich in erster Linie um eine Möglichkeit der Verwarnung . Bei schwereren Vergehen , hauptsächlich bei Unwahrheiten und Lügen , gebrauchten im Bonner Kloster nicht etwa beauftragte Laienschwestern , sondern die Lehrerinnen selbst die Rute . Wie häufig allerdings von dieser Maßnahme Gebrauch gemacht wurde , ist nicht bekannt . 126 Vgl . 127 zum Folgenden Regel ( wie Anm StAB , Nachlass Spiegel . 41 ), S . 325 , vgl . , Münsterscher Teil Constitutions ( wie 557 , die Zitate ebd . Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 54 . 128 Vgl . zum Einzel - und Klassenunterricht Karlheinz König , Rahmenbedingungen und Praxis des Unterrichts an „ teutschen " Schulen im ausgehenden Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit , in : Handbuch der Geschichte des bayerischen Bildungswesens , hrsg . v. Max Liedtke , Bd . 1 : Ge¬ schichte der Schule in Bayern von den Anfängen bis 1800 , Bad Heilbrunn 1991 , S . 250- 290 , hier S . 263ff 129 . Zu den Strafen vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 74ff .; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 347ff Zitate : Regel ( wie Anm . 41 ), S . 349f ., vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 75f 130 Vgl . zum Folgenden StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 , . dort auch das Zitat . . Andreas Rutz 238 Der Unterricht in den Schulen der Bonner Welschnonnen wurde im späten Jahrhundert anhand verschiedener Schul - und Übungsbücher gehalten . Für das Erlernen des Alphabets und des Lesens benutzte man sowohl im Pensionat als auch in der Elementarschule Buchstabentafeln und ABC - Bücher 131. Die Quellen sprechen von den Würzburger Buchstabentafeln und einem ABC - Buch nach Mergentheimer Muster, ein deutlicher Hinweis darauf , dass in den Schulen , moderne ' , d .h . der aufgeklärten Pädagogik der Zeit entsprechende Lehrmittel verwandt wurden 132: Im Fürstbistum Würzburg wurden schon in den späten 1760er Jahren erste Maßnahmen zu einer umfassenden , aufgeklärten Schul¬ reform eingeleitet , die auch auf den Deutschordenssitz Mergentheim ausstrahl¬ ten . In diesen Kontext gehören auch die Würzburger Schulbücher, die zu den ers¬ ten deutschen Lesebüchern mit teilweise weltlichem Inhalt zählen 133. Durch die Vermittlung des Kölner Kurfürsten Maximilian Franz von Österreich ( 1784- 1794 ) wirkten die Würzburger Reformen auf die Schulreformdiskussionen in Kurköln am Ende des 18 . Jahrhunderts und so verwundert es nicht , dass in Würzburg und Mergentheim hergestellte Schulbücher auch im Bonner Welschnonnen¬ kloster Anwendung fanden 134. 18 . Der Religionsunterricht folgte dem kleinen und dem großen Katechismus des französischen Priesters und Schriftstellers Claude Fleury ( 1640- 1723 ) 135. Die bei¬ den Katechismen unterscheiden sich durch ihren Umfang , sind aber nach dem gleichen Muster aufgebaut : Im ersten Teil werden die wesentlichen Geschichten der Bibel in leicht verständlicher und knapper Form erzählt , der zweite Teil ent¬ hält die , Doctrine Chretienne ' , d .h . die essentiellen Glaubenssätze der christli¬ chen Religion 136. Der große Katechismus behandelt diese Themen sehr viel aus¬ führlicher als der kleine , der lediglich das notwendigste Wissen enthält . Fleury Ebd .; AEK , Decanatus Buretanum , Generalia 17 . 132 Gegen Ende der 1780er Jahre wurden auch in Bonn und Köln verschiedene Bücher gedruckt , die als Nachdrucke des Würzburger Lesebuches anzusehen sind , aber anscheinend keine Anwen¬ dung bei den Welschnonnen fanden , Wilhelm Zimmermann , Die Anfänge und der Aufbau des Lehrerbildungs - und Volksschulwesens am Rhein um die Wende des 18 . Jahrhunderts ( 1770- 1826 ) . Ein Beitrag zur Geschichte des rheinischen Schulwesens , Bd . 1 : Die Anfänge der Lehrerbildung und die Reform des niederen Schulwesens in den rheinischen Territorialstaaten ( 1770- 1794 / 1804 ), Köln 1953 , S . 89f . 133 Ebd ., S . 15 . 134 Ebd ., 63f . Zu den Reformen im Hochstift Würzburg vgl . ebd ., S . 14ff .; Werner Dettelba¬ cher , Schulreformen im Hochstift Würzburg , im Kurfürstentum Mainz , in den Grafschaften Castell und Castell - Rüdenhausen , in : Liedtke ( wie Anm . 128 ), S . 672 - 679 , hier S . 672ff . 135 Zu Fleury vgl . Alain Niderst , Art . , Fleury ' , in francaise , hrsg . v. Jean - Pierre de Beaumarchais S . 888f , : Dictionnaire des litteratures de langue Daniel Conty und Alain Rey , Paris 1994 , Bd . 2 , . 136 Heury diskutiert Konzept und Aufbau seines Werkes in einem umfangreichen Vorwort , Claude Fleury , Catechisme historique . Contenant en abrege l ' Histoire Sainte & la Doctrine Chre¬ tienne , Vienne 1773 , S . 1 - 64 . Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 239 empfiehlt daher auch ein sukzessives Studium beider Bücher, was aber im Welschnonnenkloster nur für die Pensionärinnen und Ecolieren vorgesehen war. Den Mädchen der Elementarschule wurde dagegen anhand des kleinen Katechis¬ mus lediglich ein Grundwissen von Bibel und Religion vermittelt 137. Folgt man den Bestimmungen der Ordensregel , spielte dabei das Auswendiglernen von Ge¬ beten und bestimmten Glaubensgrundsätzen eine große Rolle 138. Die Lehrerinnen sollten sich allerdings nicht damit begnügen , daß die Kinder diese Gebett nur wie ein Papagey daher sagen , sondern darauf achten , dass das Gelernte auch verstanden wurde 139. Fleury bot für diesen Ansatz eine wichtige Hilfestellung , indem er die einzelnen Kapitel seines kleinen Katechismus mit zusammenfassenden Fragen und Antworten abschloss , die den Schülerinnen das Verständnis erleichterten . Fleurys Katechismen waren allerdings nicht nur zum selbständigen Lesen oder Auswendiglernen gedacht , sondern sollten v.a . in der Katechese benutzt werden . Der Katechet sollte laut Fleury die Geschichten und die Texte seiner Zuhörerschaft anpassen und den Unterricht auf der Grundlage der Katechismen relativ frei gestalten . Es ist freilich anzunehmen , dass der Autor hier eher an Pfar¬ rer und Küster als künftige Nutzer seines Werkes dachte als an Frauen 140. Dem¬ entsprechend untersagte die Ordensregel den Welschnonnen eine eigenständige Erörterung und Interpretation der benutzten Texte und verlangte , dass die Frauen diese gantz einfältig j ohne Weitläufigkeit / ohne Einmengung unnützer und überflüßiger Discurs , oder gar zu subtilen und ausgesuchten Fragen vortragen / und sich begnügen mit dem Text allein m . In Bonn scheinen die Nonnen über diesen eng an¬ gelegten Rahmen der Katechese und des Religionsunterrichtes hinausgegangen zu sein : Eine der Lehrerinnen der Elementarschule , Walburga Sonntag , verfasste vermutlich in den 1780er Jahren eine Einleitung zur Glaubenslehre ' , die den Ele¬ mentarschülerinnen den richtigeln ] begriff von gott , von der menschlichen seele u .s .w . nahe bringen sollte 142. Ob diese in der Beschreibung der Elementarschule von 1788 genannte Einleitung ' lediglich als Kompilation von Texten oder aber als eigenständiges Werk angesehen werden kann , ist nicht zu ermitteln 143. Zwar ist 1 StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 138 Constitutions ( wie 139 Regel ( wie Anm 557 ; AEK , Decanatus Buretanum , Generalia 17 . Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 25ff .; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 293ff . 41 ), S . 297 , vgl . Constitutions ( wie . Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 28 . 140 Fleury ( wie Anm . 136 ), S . 35f .: Ce doit etre plutöt un modele d ' instruction aue le pretre , ou tout autre qui enseigne , puisse suivre selon son talent , sans s 'y attacher scrupuleusement : changeant et diversifiant suivant les personnes & les occasions . 141 Regel ( wie Anm 142 AEK , . 41 ), S . 299 , vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 30 . Decanatus Buretanum , Generalia 17 . Für verschiedene Niederlassungen der Kongregation sind Anleitungen zur Unterweisung der Pensionärinnen in gedruckter Form überliefert . Sie enthalten in Kurzform die essentiellen Regeln zu Tagesablauf und Unterricht sowie Gebete und den Katechismus . Die Verfasser sind jedoch jeweils Männer, vermutlich häufig die Beichtväter der Nonnen . Trier : Instruction spirituelle pour les demoi selles pensionaires chez les religieuses de la Congregation de Notre - Dame ä Treves , Trier 1748 ; Mainz : Exercice Journalier pour les Demoiselles Pensionnaires des Religieuses de la Congregation de Nostre Andreas Rutz 240 das Buch nicht gedruckt worden und war aller Wahrscheinlichkeit nach aus¬ schließlich zum klosterinternen Gebrauch bestimmt 144. Dennoch ist beachtens¬ wert , dass Sonntag für sich das Recht und die Kompetenz beanspruchte , ein Lehrbuch für die Religionslehre von Mädchen zu verfassen , und dabei scheinbar nicht auf Widerstand beim Erzbischof oder anderen kirchlichen Instanzen stieß . Als Beispiel für Bücher, aus denen die Pensionärinnen ihre Französischlektio¬ nen aufsagten , nennt Mere Pelzer das , Magazin pour les enfants ' von Madame de Beaumont ( 1711 - 1780 ) 145 und , Les Veillees du Chäteau ' von Madame de Genlis ( 1746 - 1830 ) 146. Dass sie gerade diese Lektüren erwähnt , ist kein Zufall , denn es handelt sich dabei um die wahrscheinlich bekanntesten Bücher zweier im ausge¬ henden 18 . Jahrhundert überaus erfolgreicher französischer Kinder - und Jugend¬ buchautorinnen 147. Das , Magazin des enfants ou Dialogue d ' une sage gouver nante avec ses eleves ' erschien 1757 zum ersten Mal in London , wo de Beaumont seit 1747 Französisch unterrichtete 148. Es handelt sich dabei um eine in den fikti¬ ven Dialog zwischen einer Gouvernante und ihren Schülerinnen eingebundene Sammlung von Märchen , Fabeln und erbaulichen Geschichten für Mädchen ab etwa zehn Jahren mit weit reichendem pädagogischen , teilweise an Jean -Jacques Rousseau orientiertem Anspruch . Die märchenhafte Handlung ist dabei nur „ pretexte ä un discours sentencieux dans lequel se melent les preceptes de la re ligion et les quelques , clartes ' elementaires que doit recevoir un enfant bien ne " 149. Auch Madame de Genlis ' Buch , Les veillees du Chäteau ' von 1784 , das Dame , tire de leurs Constitutions , Mainz 1763 . Die erste Übersetzung der Ordensregel ins Deutsche wurde von der Niederlassung in Eichstätt bei einem befreundeten Jesuitenpater in Auftrag gegeben , Bernard ( wie Anm . 43 ), Bd . 2 , S . 326 . Dagegen verfasste die französische Ursuline Marie de l ' In carnation eigenständig eine Abhandlung zur Unterrichtung ihrer Novizinnen , Natalie Zemon Da¬ vis , Drei Frauenleben : Glikl - Marie de l ' Incarnation - Maria Sibylla Merian , Berlin 1996 ( amerik . Orig . Cambridge , Mass ./ London 1995 ), S . 130f . Das Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums (GV London 1979 - 87 , verzeichnet das Buch nicht . 144 ) . 1700 - 1910 , 161 Bde ., Mün¬ chen / New York / Eigentlich Jeanne - Marie 145 aumont 146 ', in : Le / Prince de Beaumont , Conty / Rey ( wie vgl . Alain L e P i c h o n , Art . , Leprince Anm . 135 ), Bd . 2 , S . 1374 , Art . , Genlis ' , in : ebd ., Bd . 2 , S . 965f Zur französischen Jeunesse Kinder ' , in : ebd ., Bd . 2 , S . 803ff de Be¬ . Eigentlich Caroline Stephanie Felicite du Crest de Saint - Aubin , Comtesse de Genlis Landy 147 Beaumarchais , vgl . Remy . - und Jugendliteratur vgl . Denise Escarpit , Art . , Enfance et . 148 Das Buch erlebte in der Folge eine Vielzahl von Neuauflagen und Übersetzungen . 1762 er¬ schien die deutsche Übersetzung bereits in 4 . Auflage , im 19 . Jahrhundert folgten 10 Neuauflagen , Irene Hardach - Pinke , Erziehung und Unterricht durch Gouvernanten , in : Kleinau / Opitz ( wie Anm . 98 ), S . 409 - 427 , hier S . 415 , Anm . 19 . Im Ursulinenkloster in Köln verwendete man die deutsche Ausgabe des , Magazin ' , Weber ( wie Anm . 22 ), S . 97 . 149 Le Pichon Marie Leprince plusieurs de ( wie Anm . 145 ) . Ausführliche Erläuterungen zum Unterrichtskonzept in Jeanne Magazin des enf ans ou Dialogues entre une sage gouvernante et premiere distinction , Neuf Chätel 1761 , S . I - XX . de Beaumont ses eleves de la , Büdungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 241 eine Reihe von moralisierenden Erzählungen versammelt , verfolgte in erster Li¬ nie eine pädagogische Zielsetzung 150. Im Vordergrund steht auch hier die morali¬ sche und religiöse Erziehung der Kinder , die - und hier ergibt sich eine wichtige Verbindung zur Pädagogik der Aufklärung - gesellschaftliche Veränderungen und Verbesserungen ermögliche 151. Während de Genlis sich allerdings an Kinder beiderlei Geschlechts wendet , verbindet de Beaumont mit ihren Büchern explizit die Befreiung der Mädchen aus der , fremdverschuldeten Unmündigkeit ' : J ' ai des sein de les tirer de cette ignorance crasse , ä laquelle vous [ die Männer ] les avez condam nees . [ . . . ] Je veux leur apprendre ä penser, juste pour parvenir ä bien vivre K1 . Die genannten Texte zeichnen sich durch ein relativ hohes sprachliches Ni¬ veau aus , so dass zu ihrer Lektüre mehr als nur Grundkenntnisse der französi¬ schen Grammatik und des Wortschatzes notwendig sind . Wie die Mädchen im Bonner Welschnonnenkloster auf dieses sprachliche Niveau vorbereitet wurden , wird aus von Pelzers Bemerkung für die Anfängerklasse deutlich , in der mit Hilfe von französischen grammairen die Grundzüge des Französischen gelernt wurden 153. Diese Grammatiken enthielten im 18 . Jahrhundert sehr viel mehr als nur die Regeln der Sprache 154: In gewisser Weise sind sie mit heutigen Übungs¬ büchern vergleichbar , denn im Anschluss an eine Grammatiklektion folgten in der Regel Diktat - und Lesetexte oder Übersetzungsübungen . Das Lernen aus derartigen Büchern hatte nicht nur die Kenntnis grammatikalischer Regeln zum Ziel , sondern auch deren Anwendung in bestimmten Übungen . Diesem eher kognitiv orientierten Lernansatz waren offenbar auch die Bonner Welschnonnen verpflichtet . In den Quellen finden sich dagegen keinerlei Hinweise auf die im 18 . Jahrhundert ebenfalls verbreitete , Parliermethode ' , die nicht das systemati¬ sche Erlernen von Regeln in den Mittelpunkt stellte , sondern Sprech - und Kon¬ versationsübungen 155. Immerhin verfassten die Schülerinnen zweimal in der Wo¬ che sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch Briefe und übten so die An¬ wendung der gelernten Regeln . Auch in der Ordensregel wird Briefe schreiben als Übung vorgeschlagen : Die Schülerinnen sollten hierin ihre Freundinnen zu der Beicht / oder anderen guten Wercken anmahnen / oder zu ihrem Wolstand Glück wünschen j oder sie trösten / oder eine Dancksagung abstatten / oder andere under schiedliche Concept , so denen weltlichen Töchteren anständig und üblich seyn m . Ob 150 Vgl . 151 Landy ( wie Anm . 146 ) . Zur Pädagogik der Aufklärung vgl 191999 ( h951 ), S . 135 - 170 152 Leprince 153 StAB , . allg . Albert Reble , Geschichte der Pädagogik , Stuttgart . de Beaumont ( wie Anm . 149 ), S . XI . Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 . 154 Vgl . zum Folgenden Bernd Spillner , Französische Grammatik und französischer Fremd¬ sprachenunterricht im 18 . Jahrhundert , in : Mehrsprachigkeit in der deutschen Aufklärung , hrsg . v. Dieter Kimpel ( Studien zum achtzehnten Jahrhundert 5 ), Hamburg 1985 , S . 133- 155 , hier S . 141 . Zu im 18 . Jahrhundert häufig benutzten französischen Grammatiken vgl . ebd ., S . 135ff . 155 Zur Fremdsprachendidaktik im 18 . Jahrhundert vgl . ebd ., S . 146ff 156 Regel ( wie Anm Constitutions ( wie . 41 ), S . 333 , vgl . . Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 61 . Andreas Rutz 242 auch die in der Bonner Schule verfassten Briefe einen derartigen Inhalt hatten , ist nicht bekannt . Wichtig festzuhalten aber bleibt , dass der Unterricht auf den selbständigen Gebrauch des Französischen zielte und nicht bloß dem Lesever¬ ständnis und der Kenntnis grammatikalischer Regeln diente . Inwieweit in der Schule Französisch auch gesprochen wurde , ist nicht überliefert . In Anbetracht der lothringischen Wurzeln sowohl des Klosters als auch verschiedener seiner Mitglieder und der Französischkenntnisse einiger deutscher Nonnen , die durch ihre französischsprachige Korrespondenz mit der kurfürstlichen Kanzlei belegt sind 157, ist ein aktiver Gebrauch der Sprache allerdings sehr wahrscheinlich . Das Rechnen schließlich wurde anhand von Romuald Anton Jochmarings Re¬ chenbuch erlernt , das 1788 zum ersten Mal erschienen war und von der 1786 ein¬ gerichteten kurkölnischen Schulkommission zum Gebrauch in den Stadt - und Landschulen empfohlen wurde 158. Jochmaring ( 1753 - 1800 ) , der von 1777 bis 1792 Professor für Physik und Mathematik an der Bonner Akademie bzw. Universität war und parallel zu dieser Tätigkeit seit 1789 eine Rechenschule für Jungen und Mädchen in Bonn unterhielt , betont in der Einleitung seines Buches die Wichtig¬ keit praktischer Anwendungen zur Erlernung des Rechnens 159. Dementspre¬ chend ergänzte er die einzelnen in Merksatzform abgehandelten Kapitel zu den Grundrechenarten , dem Bruchrechnen und zu den Verhältnisgleichungen durch praxisnahe Übungsaufgaben . Auf welche Weise die Schülerinnen des Welsch¬ nonnenklosters dieses recht umfangreiche und anspruchsvolle Programm er¬ lernten , geht aus den Quellen nicht hervor . Anzunehmen ist aber, dass bestimmte Regeln auswendig gelernt , die Übungsaufgaben jedoch mit der ganzen Klasse gerechnet oder zumindest überprüft wurden . Hierauf verweist die Ordensregel , die nicht nur eine Tafel / so an einem sichtbaren Orth der Schul aufgehänget ist , für diese Zwecke erwähnt , sondern auch didaktische Angaben zum Rechenunter¬ richt macht : Es solle bei jeder von der Lehrerin diktierten Aufgabe eine under den fahlsten [ . . . ] ihre Rechnung und die Prob darüber mit lauter Stimm machen : und wann sie an einem Orth fählet / solle sie die Lehrmeisterin corrigiren / die übrige aber sollen in Anhörung diser ebenfalls ihre Rechnung aufsetzen / und alsdann [ . . . ] die Erfahrnere zum ersten / vor der Lehrmeisterin sich stellen / selbe vorweisen / und vor ihr Wiederhol¬ len 160. Es ist das Prinzip der Wiederholung und Nachahmung , was hier, wie auch an anderen Stellen der Regel , für den Unterricht empfohlen wird 161. Dass die 157 Verschiedene Beispiele finden sich in HStAD , Kurköln 158 StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 . Vgl VIII , 408 / 3 . . Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 90 . 159 Romuald Anton Jochmaring , Rechenkunst in gemeinnützigen auf das gemeine Leben an¬ gewandten Beispielen , nebst der Decimalrechnung und einem kleinen Hülfsbuch zur Vergleichung des Münz -, Maaß - und Gewichts - Systems der vornehmsten Europäischen Staaten , 7 ., umgearbeitete , vermehrte und verbesserte Aufl ., Köln 1818 , S . III . 160 Regel ( wie Anm . 41 ), S . 335 , vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 63 . 161 Vgl . z .B . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 26f ., 56 , 62 , 65 ; 334 , 338 . Regel ( wie Anm . 41 ), S . 295 , 328 , Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 243 besten und erfahrensten Schülerinnen jeweils als erste an der Reihe sein sollen , unterstreicht die Bedeutung dieses Unterrichtsprinzips in der Fourierschen Pädagogik . Die Frage , welche der genannten Bücher von den Schülerinnen mit in die Schule gebracht wurden und welche das Kloster zur Verfügung stellte , ist aus den Quellen nicht eindeutig zu beantworten . Mere Pelzers Hinweis auf die , will kührligen ' Bücher, mit denen die Schülerinnen im Französischunterricht verse¬ hen wurden , deutet jedoch darauf hin , dass zumindest ein Teil der Bücher in den Schulen vorhanden war . Diese Vermutung wird durch eine Äußerung von Pel¬ zers zum Bestand der Klosterbibliothek bestätigt , deren bücher bei dem Institute , nicht aber alle in den händen der jugend sind 162. Mit Ausnahme der Katechismen von Fleury handelt es sich bei allen im Welschnonnenkloster benutzten Lehr - und Schulbüchern um aktuelle Neuer¬ scheinungen , deren Autoren der Aufklärung nahe standen 163. Der Gebrauch die¬ ser Bücher in den beiden Schulen des Klosters verweist nicht nur auf einen hohen Unterrichtsstandard , sondern auch auf den starken Einfluss , den die aufgeklärte Pädagogik am Ende des 18 . Jahrhunderts auf die Mädchenschulen des Bonner Welschnonnenklosters ausübte . Bezüglich der von den Nonnen praktizierten Unterrichtsmethode kann dieser Einfluss allerdings nicht ohne weiteres be¬ stimmt werden . Die Schwierigkeit ergibt sich v.a . daraus , dass bestimmte Ideen der im späten 18 . Jahrhundert von den Kölner Kurfürsten geförderten Auf¬ klärungspädagogik , wie z .B . die Unterscheidung verschiedener Klassen nach Le¬ sefähigkeit , die Unterrichtung dieser Klassenstufen durch verschiedene Lehrer, ein auf die jeweilige Stufe abgestimmtes Lehrprogramm sowie das nach Mög¬ lichkeit klassenweise Unterrichten schon in der Ordensregel Pierre Fouriers als wesentliche Elemente des Unterrichts genannt werden . Da über die Unterrichts¬ praxis der Welschnonnen erst aus den 1780er und 1790er Jahren Unterlagen vor¬ liegen , ist unklar , ob die beschriebenen Methoden bereits in früheren Jahrzehnten angewandt wurden und dementsprechend auf die Vorgaben der Ordensregel zurückzuführen sind oder ob sie eher auf die Schulreformbestrebungen der bei - StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 . Ein Bücherverzeichnis , das von Pelzer an dieser Stelle erwähnt , ist nicht erhalten . Einen Einblick in die Bibliotheksbestände des Paderborner Welsch¬ nonnenklosters bietet die Auswahl in Stiegermann ( wie Anm . 22 ), S . 71 ff . Neben erbaulicher Literatur ( Breviere , Heiligenviten ) und ordensinternen Schriften ( Gebetbücher, Ordensregeln , Cere moniales etc .) finden sich pädagogische (z .B . ein Stickbuch mit Vorlagen ) und historische Titel (z .B . Historia Caroli Magni , Hildesheim 1602 ; Beschreibung der Städte Rom und Venedig , Augsburg 1687 ) . 163 Neben den Büchern , die regelmäßig im Unterricht gebraucht wurden , verweist die Beschrei¬ bung der Elementarschule von 1788 auf die Katechismen von Jakob Philipp Tan gel ( Erläuterung über den geschichtlichen und zweckmäßigen Katechismus , Wien 1774 ) und Michael Ignaz Schmidt ( Methodus tradendi prima elementa religionis , Bamberg / Würzburg 1769 ; deutsche Übersetzung : Der Katechet , Bamberg / Würzburg 1772 ), sowie verschiedene Bücher , die nicht näher bibliographisch zu bestimmen sind : Weiler katolische ausgäbe , liebreiche anstallen und Ordnung gotles die menschen gut und glückseelig zu machen , und viele andere , AEK , Decanatus Buretanum , Generalia 17 . 244 Andreas Rutz den letzten Kölner Kurfürsten und die in deren Auftrag ausgearbeiteten Reform¬ pläne zurückgehen . Im Zusammenhang mit den aufgeklärten ' Bestrebungen der Kölner Kurfürsten um eine Schul - und Bildungsreform wird diese Frage noch einmal aufzugreifen sein . Wenn wir an dieser Stelle auf Louis - Gaspard Bernards Ausführungen über die löbliche Regeltreue der Bonner Niederlassung zurückkommen und annehmen , die Schulen der Welschnonnen in Bonn seien zumindest bis zur Abfassung seines Buches 1732 getreu den Fourierschen Vorgaben geführt worden , so müssen wir für das späte 18 . Jahrhundert hinsichtlich der Struktur und des Lehrplanes der Welschnonnenschulen verschiedene Abweichungen von der Ordensregel fest¬ stellen . Diese sind v.a . auf finanzielle Zwänge und das Bemühen der Nonnen um zahlungsfähige Schülerinnen zurückzuführen : Insbesondere die Erweiterung des Fächerkanons in der Pensionatsschule um das Französische und die Erdbe¬ schreibung sowie die Hinzuziehung externer Lehrer für den Unterricht im Tan¬ zen , Zeichnen und in Musik zeigen , dass die Welschnonnen versuchten , ihren Lehrplan den Zeitverhältnissen und den seitens der Eltern an die Ausbildung ih¬ rer Töchter gestellten Ansprüchen anzupassen 164. Eine noch grundsätzlichere Veränderung ist in der Zulassung von externen Schülerinnen zur Schule des Pen¬ sionats zu sehen . Die Öffnung der Pensionatsschule ermöglichte denjenigen Bon¬ ner Mädchen , die aus wohlhabenderen Familien stammten und deren Eltern be¬ reit waren , für den Unterricht zu zahlen , eine bessere und über die Elementar¬ fächer hinausgehende Ausbildung , ohne dass sie im Pensionat leben mussten . Zugleich vergrößerte sich auf diese Weise der Kreis der zahlenden Schülerinnen , was angesichts der finanziellen Notlage des Klosters im späten 18 . Jahrhundert für das Überleben der Niederlassung zwingend notwendig war . In der Elemen¬ tarschule , die weiterhin entsprechend der Gründungsidee des Ordens kostenlos geführt wurde , blieben lediglich die ärmeren Mädchen zurück , denen nicht viel Zeit und v.a . kein Geld für eine umfangreichere Schulbildung zur Verfügung standen . II .2 . Erziehung im Pensionat Ausbildung und Erziehung der Pensionärinnen beschränkte sich nicht auf den schulischen Unterricht , sondern bestimmte den gesamten Tagesablauf der Mädchen . Fouriers Ordensregel bestimmte als Ziel der Pensionatserziehung , dass die Schülerinnen Die ständigkeitenn / deren Underrichtung in gegenwärtiger Schul gegeben wird j underwi sen werden ; beynebens auch trachten / daß / indem sie in Erlernung all diser instructio nen so nutzlich beschäftiget / also gantz und gar entfernet seyen von denen gefährlichen und schädlichen Gelegenheiten und Beyspihlen / die sie etwann under denen Welt noch vollkommener / und in kürzester Zeit in der Andacht / und allen anderen Vgl . für die deutschen Niederlassungen allgemein In k m a n n ( wie Anm . 41 ), S . 36 . An Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 245 Leuthen sehen / hören j oder ihnen begegnen könnten / und durch solche Entfernung in eine sicheres Orth gesetzt seyen j allxvo sie immerzu in der Tugend gantz sänfftiglich kön¬ nen geübet werden 165. Dieses Programm sollte zum einen durch einen streng geregelten Tagesablauf verwirklicht werden , den die Schulstunden und verschiedene religiöse Verrich¬ tungen strukturierten . Zum anderen schrieb die Regel die Klausur der Pensionä¬ rinnen als wesentliches Erziehungsmittel vor . Folgt man den Angaben Mere Pelzers von 1789 , wurden die Bonner Pensionä¬ rinnen morgens um 6 Uhr von einer Auf Wärterin geweckt , eine halbe Stunde spä¬ ter gingen sie zur Messe , wobei sie in neglige [ sie !] erscheinen 166. Um 7 Uhr fand ein gemeinsames Morgengebet bzw . eine Kindersingmesse statt , an der auch die Nonnen teilnahmen 167. Nach dem Frühstück und der Toilette begann um 8 Uhr der Schulunterricht , der mit Unterbrechungen für das Mittagessen , eine Erho¬ lungsstunde und die Vesper bis 17 Uhr dauerte 168. Die Pensionärinnen machten direkt nach der Schule ihre Nachttoilette und gingen bereits um 17 . 45 Uhr zu . Im Anschluss folgte eine Erholungsstunde bis etwa 20 Uhr, die die Mädchen mit Handarbeiten und Gesprächen verbrachten . Auf Verlangen wurde von der Aufsicht führenden Nonne auch etwas vorgelesen . Den Abschluss des Tages bildete ein gemeinsames Abendgebet und ein , Examen ' , das dazu diente , im Stillen das persönliche Verhalten zu überprüfen und Gott um Vergebung zu bitten 169. Um 20 . 30 Uhr machte eine Lehrerin schließlich einen letzten Rundgang durch die Schlafzimmer und löschte die Lichter . Am Wochenende fand kein Un¬ terricht statt . Die Pensionärinnen gingen an Sonn - und Feiertagen zweimal zur Messe , hörten außerdem die Abendandacht und an höheren Festtagen auch eine Predigt . Alle vier bis fünf Wochen gingen sie zur Beichte und die älteren erhiel¬ ten die Kommunion . Die restliche Zeit galt der Erholung und wurde mit Spielen , Lektüre und Handarbeiten verbracht . In Übereinstimmung mit der Ordensregel zeichnete sich der Tagesplan des Pensionats durch seine strenge Regelmäßigkeit und durch die wichtige Rolle von Gebeten und anderen frommen Verrichtungen aus 170. Den Mädchen blieb insgesamt wenig Zeit , um Freizeitbeschäftigungen nachzugehen bzw . sich der Aufmerksamkeit der Nonnen zu entziehen , da diese während des gesamten Tages und bei allen Beschäftigungen Aufsicht führten und auch nachts im Pensionärinnenbau Wache hielten . Tisch 165 Regel ( wie Anm . 41 ), S . 367 , vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 93 . , Münsterscher Teil 557 . Das Visitationsprotokoll in HStAD , Kurköln dass die Pensionärinnen erst um 7 Uhr aufstanden , der folgende Tages¬ plan ist um eine Stunde verschoben . 166 StAB , Nachlass Spiegel VIII , 408 / 3 , fol . 113v , besagt , 167 168 Die Kindersingmesse erwähnt HStAD , Kurköln Vgl . zum Folgenden StAB , Nachlass Spiegel , VIII , 408 / 3 , fol . 119r . Münsterscher Teil 557 . 169 Eine genaue Beschreibung des Examens in Exercice Journalier ( wie Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 132 ; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 411 . 170 Constitutions ( wie Anm . 143 ), S . 16f . Vgl Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 127ff .; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 405ff . . 246 Andreas Rutz Das Pensionatsgebäude schloss sich östlich an das Nonnenoratorium der Welschnonnenkirche an und grenzte an die heutige Welschnonnenstraße 171. Die Zimmer der Pensionärinnen befanden sich im ersten und zweiten Stockwerk , die Schule im Erdgeschoss und auf der ersten Etage . Die von Fourier bestimmte Ab¬ geschlossenheit gegenüber der Klausur der Nonnen war durch die Lage des Ge¬ bäudes gewährleistet , eine direkte Verbindung zum Kloster bestand wahrschein¬ lich nur über das Nonnenoratorium . Die Schule des Pensionats muss von der Straße aus zugänglich gewesen sein , so dass die Ecolieren sie besuchen konnten , ohne den eigentlichen Klosterbezirk zu betreten . Die Sprechzimmer , in denen die Pensionärinnen ihre Verwandten jederzeit empfangen konnten , befanden sich ebenfalls im Pensionärinnenbau 172. Die Besucher läuteten an der Pforte des Insti¬ tuts und wurden von der Pensionärin , die gerade den Pfortendienst versah , in ein Sprechzimmer geführt . Diese Zimmer waren mit Gittern versehen , durch die die Mädchen mit ihren Eltern oder anderen Verwandten reden konnten . Folgt man der Ordensregel Fouriers , waren derartige Besuche und gelegentliche Briefe - sieht man von Ausnahmeregelungen bei Krankheit ab - der einzige Kontakt zwischen Pensionat und Außenwelt : Wann eine Costgeherin in dise Wohnung ein¬ mal ist eingenommen worden / solle sie nicht mehr heraußgelassen werden / sie nemme dann gantz und gar ihren Abschied / daß sie nicht mehr kommen wolle m . Dementspre¬ chend streng regelten die Ordensstatuten die Klausur der Pensionärinnen 174. Ihre einzigen Ansprechpartner sollten die Lehrerinnen sein , zu den übrigen Nonnen habe hingegen kein Kontakt zu bestehen und selbst diejenigen , die für sie sorg¬ ten und sie bedienten , sollten nicht mit ihnen sprechen . Die Besuche von Ver¬ wandten sollten diese prinzipielle Abgeschlossenheit gegenüber der Welt natür¬ lich nicht allzu sehr beeinträchtigen : Fourier verlangt als Trennung zwischen den Pensionärinnen und ihren Besuchern nicht nur ein eissernes Gitter / dessen Stangen so eng beysamm j daß man mit der Hand nicht durchlangen könne , sondern ordnet da¬ rüber hinaus an , hinder dem Gitter sollen zwey laden / mit schwartz dicker Leinwand überzogen / gerichtet seyn j welche verschlossen und nur in Ausnahmefällen geöffnet werden sollen 175. In Bonn lässt sich für das Ende des 18 . Jahrhunderts feststellen , dass diese strenge Klausur zunehmend gelockert wurde : Die Zulassung von Ecolieren zur Pensionatsschule wurde bereits als wichtige Veränderung innerhalb der Kloster¬ verfassung genannt . Für die 1780er und 1790er Jahre lässt sich darüber hinaus belegen , dass die Pensionärinnen die schulfreie Zeit von Ende September bis Die Lage des Baus lässt sich aufgrund verschiedener Aussagen über das Pensionat er¬ , StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 ; HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 116r . schließen 172 StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil auch das Häuserregister der Stadt aus dem Jahr 173 Regel ( wie Anm 174 Vgl . 175 . 41 ), S . 376 , vgl . Constitutions ( wie Regel ( wie Anm 557 . Ein ansprechzimmer für die frembden erwähnt 1773 , StAB , Ku 34 / 1, S . 315 , Constitutions ( wie Nr. 636 Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 100 1/ 2. . Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 98- 105 ; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 374- 381 . 41 ), S . 377 , vgl . Constitutions ( wie Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 101 . . 247 Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften Ende Oktober bei ihren Eltern verbrachten und während des Schuljahres regel¬ mäßig ausgingen , Schauspiele und Bälle besuchten oder Spaziergänge machten , von denen sie häufig erst spät in der Nacht zurückkamen 176. Begleitet wurden sie hierbei von verwandten oder sonst dazu bevollmächtigten , wie auch anderen recht¬ schaffenden leuten , z .B . von ihren Musiklehrern 177. Die Ordensregel sah derartige Aktivitäten freilich nicht vor, selbst ein Aufenthalt bei den Eltern sollte höchstens einmal im Jahr und nur wenn hierzu ein wichtiger Grund bestünde , gebilligt werden 178. Ein nächtlicher Zwischenfall , der 1792 nicht nur in der Stadt Aufsehen erregte , sondern auch den Kurfürsten zu strengeren Maßnahmen gegen die Missstände im Kloster bewegte , erscheint als logische Konsequenz der gelockerten Klausur und symptomatisch für die zunehmenden Schwierigkeiten der Nonnen , ihrer Aufsichtspflicht über die Pensionärinnen nachzukommen . Letztere hatten , wie aus einer Verfügung des Kurfürsten vom 28 . Dezember 1792 hervorgeht , bei ihren Ausgängen junge Männer kennen gelernt , die in der betreffenden Nacht ohne Wissen der Klosterfrauen von den Schülerinnen in den Pensionärinnenbau eingelassen wurden 179. Obwohl zwei Nonnen im Gebäude schliefen und eine der beiden noch bis 23 . 30 Uhr wach war , begaben sich die Pensionärinnen durch die Schule ins Erdgeschoss des Gebäudes und entriegelten dort die Tür zur Straße , um ihre Verehrer zu empfangen . Ob und inwiefern die Welschnonnen gegen der¬ artige Verfehlungen vorgegangen sind , ist aus den Akten nicht zu ersehen . Die Reaktion des Kurfürsten macht allerdings deutlich , dass die nächtlichen Vor¬ gänge von außen stark kritisiert wurden : Um die Reputation des Pensionats wie¬ derherzustellen und damit dessen Überleben zu sichern , ordnete der Kurfürst an , daß fernerhin keiner mannsperson der zutritt zu einem in dem kloster sich aufhalten¬ den frauenzimmer ausser dem Sprechzimmer und ohne das heisein einer klosterfrau ver¬ stattet werde und überhaupt ohne des erzbischöflichen commißions erlaubnis die klausur niemandem , er sei manns oder frauenperson , geöffnet werden dürfe . Ausflüge der Pen¬ sionärinnen seien darüber hinaus nur noch unter der aufsieht bekannter in der Stadt wohnender frauenzimmer , denen als dann für diese zeit alle sorge und Verantwortung ob¬ liegt , zu gestatten und sollten nur in Ausnahmefällen länger als bis 21 Uhr dau¬ ern . Max Franz begründet sein Dekret damit , dass ansonsten des klosters gute rufe , als es sich zeither um die erziehung weiblicher fugend erworben hat , unter dem publicum abnehmen und dessen zerfall andurch befördert machen dürfte . Einen vergleichbaren Zwischenfall hatte es , wie aus einem Brief der Welschnonne Maria Elisabeth Cra mer an den Kurfürsten vom 23 . Februar 1780 ersichtlich ist , bereits Anfang 1780 gegeben , allerdings war hier lediglich ein junger Mann ins Pensionat einge - 176 HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 42r ; StAB , 177 HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 114r - v. 178 Constitutions ( wie 179 Vgl . zum lllr - v. Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil Anm . 70 ), 3 . Teil , S . 100 ; Regel ( wie Anm . 41 ), S . 376 Folgenden HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . HOr- lllv 557 . . , 114r ; die Zitate ebd ., fol . HOv, Andreas Rutz 248 drungen 180. Im Gegensatz zu 1792 wurde die Angelegenheit in diesem Fall als Ausnahme , als caprices d ' un jeune insolent betrachtet , und die Nonnen wehrten sich erfolgreich gegen die kurfürstliche Anordnung zur strengeren Durchset¬ zung der Klausur . Als Begründung für ihre ablehnende Haltung führten die Klosterfrauen an , dass eine übereilte Reaktion auf diesen Vorgang falsche Gerüchte über die Zustände im Pensionat provozieren würde , ce aui seroit un des honeurfort prejudiciable a un couvent occupea l ' instruction de la jeunesse . Die 1792 eingeleiteten Maßnahmen führten nicht zu einer Verbesserung der Si¬ tuation . Zwar konnten künftig Einbrüche in das Pensionat verhindert werden , die regelmäßigen Ausflüge der Pensionärinnen zu Bällen und anderen Vergnügun¬ gen fanden aber laut Visitationsprotokoll von 1794 weiterhin statt : Nach Aussage der Nonnen waren die Eltern der Pensionärinnen ursach vernachlässigter clausur , sie erlaubten das ausgehen unter dem vorwand , sie wollten ihre töchter nicht zu nonnen bil¬ den 161. Aus der Sicht der Eltern war die Teilnahme der Mädchen am gesellschaftli¬ chen Leben der Stadt und des Bonner Hofes offenbar ebenso Teil der Ausbildung und Vorbereitung auf das Leben wie der Unterricht in der Pensionatsschule . Um als höheres Töchterpensionat attraktiv zu bleiben , mussten die Welschnonnen den elterlichen Erziehungswünschen und - Vorstellungen entgegenkommen und auf die getreue Umsetzung der Fourierschen Ordensregel verzichten . III . Die Kurkölnische Schul - und Bildungspolitik im späten 18 . Jahrhundert und die Reformvorschläge für das Bonner Welschnonnenkloster Der Kölner Scholaster Johann Arnold Joseph Freiherr von Franz ( 1757- 1806 ) zeichnet in seinem 1786 erschienenen Buch , Gedanken zur Aufnahme und Beför¬ derung der Handelung und der damit in Verbindung stehenden Gewerben in den kurkölnischen Landen ' ein eher düsteres Bild des kurkölnischen Elementar¬ schulwesens am Ende des 18 . Jahrhunderts : Eine Reise , so ich durch alle zum Erzstift gehörigen Lande gemacht , hat mir Gelegen¬ heit gegeben , die Mängel und Fehler, die diese für den Bürger und den Bauern bestimm¬ ten Schulen drücken , kennen zu lernen , so daß ich behaupten kann , daß derselben Zu¬ stand der elendeste sey , und eine völlig Umschaffung höchst nöthig habe . Die Lehrgegen¬ stände in diesen Schulen sind so wohl auf dem Lande als in den Städten nicht zweck¬ mäßig gewählt , und nicht hinreichend . Schlechter Unterricht in der Religion , lesen und schreiben lernen , macht den ganzen Umpfang der Schullehre aus . Diejenige , die die Stelle der Lehrer vertreten , sind meistens Leute , denen selbst der hinlängliche Unterricht in den Lehrgegenständen abgeht . Auf dem Lande versieht ein Schneider oder Schuster die Schule , als ein Nebengewerbe . In den Städten ist es ein Organist , oder verloffene Student . Der ganze Unterricht ist ohne Lehrart und Methode , ohne Ordnung , ohne Regien , Ma¬ schinenmäßig . In dem ganzen Schulwesen herrscht Unordnung , man schickt Kinder in Vgl . zum Folgenden Ebd ., fol . 114r . ebd ., fol . 35r- 39r, die Zitate fol . 36v. Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 249 die Schul , wenn , und ob man will ; auf dem Lande ist die Zeit , wenn Schul gehalten wer¬ den soll , übel gewählt ; man weis von keiner Eintheilung in Classen ; die Schulhäuser und Zimmer besonders auf dem Lande gleichen einem düstern Gefängnüß , worinn Dürftig¬ keit und Greuel herrscht , wo Geist und Gesundheit verdorben wird . Das ganze Schulwe¬ sen der sogenannten deutschen Schulen ist ohne Aufsehen , Direction , und Unterstüt¬ zung . Was kann bey dieser Schuleinrichtung für Aufklärung unter dem Bauer, unter dem Handwerker , Künstler , und Handelsmann verbreitet werden ? nothwendig muß Handel , und alles mit ihm in Verbindung stehende Gewerb bey diesen Erziehungsanstal¬ ten zurückbleiben , wenn nicht der Staat die wichtige Sorge über sich nimmt , die für diese Classe der Bürger bestimmten Schulen umzuschaffen und besser einzurichten™ 1' . Von Franz beschreibt Verhältnisse , die zumindest in ländlichen Gegenden des Kurfürstentums Köln in einer ganzen Reihe von Orten zu finden waren 183. Zwar kann man davon ausgehen , dass im Rheinland schon in den 1750er Jahren bei fast allen katholischen Pfarrkirchen Schulen bestanden bzw . Unterricht erteilt wurde 184. Die Qualität dieses Unterrichts variierte jedoch erheblich : Während z . B im Eifeldekanat in der Mitte des 18 . Jahrhunderts nur in 17 , 1 % der nachgewiese¬ nen Unterrichtsstätten Küster den Schuldienst versahen , waren dies im Ahrgau¬ dekanat 53 , 4 % . Dort hielten mit 9 , 6 % weitaus weniger Geistliche , also Pastoren , Vikare oder Ordensgeistliche , Schule als im Eifeldekanat , wo der Prozentsatz bei 18 , 8 lag 185. Angesichts des oftmals hohen Anteils an Küstern , die gewissermaßen neben¬ beruflich das Amt des Dorflehrers versahen , stellt Thomas P. Becker zu Recht die Frage , „ welche Qualifikation für dieses Amt denn eigentlich erwartet wurde " 186. Ergänzend wäre zu fragen , welchen Erfolg dieser Unterricht insbesondere im [Johann Arnold Joseph Freiherr von Franz ], Gedanken zur Aufnahme und Beförderung der Handelung und der damit in Verbindung stehenden Gewerben in den kurköllnischen Landen , Köln 1786 , S . 135f . Vgl . Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 75f . Erich Wisplinghof f , Die Grundschulen der Bonner Gegend am Ende der kurkölni¬ schen Zeit , in : Heimatblätter des Rhein -Sieg - Kreises 49 / 50 (1981 / 82 ), S . 51 - 56 ; Thomas P. Becker , Konfessionalisierungin Kurköln . Untersuchungen zur Durchsetzung der katholischen Reform in den Dekanaten Ahrgau und Bonn anhand von Visitationsprotokollen1583- 1761 ( Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn 43 ), Bonn 1989 , S . 226- 251 . 183 Vgl . 184 K i s t e n i c h ( wie Anm . 3 ), S . 42 , kommt bei der Auswertung von 465 Visitationsberichten aus der Erzdiözese Köln ( Dekanate Ahrgau , Bergheim , Deutz , Eifel , Jülich , Neuss , Xanten , Zülpich ) der 1730er bis 1750er Jahre zu dem Ergebnis , dass in 434 Visitationsprotokollen(93 ,3 % ) Schulunterricht bezeugt wird . In einer Übersicht über die Schulverhältnisse in den kurkölnischen Ortschaften von 1790 werden für 173 Orte und die dazugehörigen Siedlungen 180- 200 Schulen genannt , Hans - Jürgen A p e 1, Volksaufklärung und Widerstand . Der Kampf um die Durchsetzung der neuen Lehrart in den kurkölnischen Landschulen vor der französischen Besetzung der linksrheinischen Gebiete ( 1787- 1794 ), in : BGbll . 37 ( 1985 ), S . 81 - 99 , hier S . 92 . Kistenich ( wie Anm . 3 ), S . 47 . In den acht von Kistenich untersuchten Dekanaten waren durchschnittlich 36 % Küster und ca . 13 % Geistliche im Schuldienst tätig . Vgl . Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 26 , 75f . 185 186 Becker , Konfessionalisierung( wie Anm . 183 ), S . 233 . Andreas Rutz 250 Hinblick auf die Alphabetisierung der Bevölkerung haben konnte ? Eine Studie von Norbert Winnige zum Stand der Alphabetisierung in der Stadt Bonn und sie¬ ben weiteren Mairien im Bonner Umland zeigt die deutlichen Unterschiede , die diesbezüglich noch am Ende des 18 . Jahrhunderts zwischen Stadt - und Landbe¬ völkerung bestanden 187: So lag die Signierfähigkeit der Männer in Bonn um 1800 bei 88 , 5 % und die der Bonnerinnen bei 66 , 7 % . Im Bonner Umland lässt sich diese Fähigkeit zwar immerhin bei 67 , 2 % der männlichen Bevölkerung feststellen , die niedrige Quote von 19 , 4 % bei den Frauen spiegelt dagegen die deutlichen Vorbe¬ halte selbst gegenüber elementarer Mädchenbildung 188. In der Zeit zwischen 1740 und 1794 kann sowohl für die männliche als auch für die weibliche Land¬ bevölkerung ein deutlicher Anstieg der Signierfähigkeit festgestellt werden , ein leichter Rückgang ergab sich für die Männer erst in französischer Zeit 189. Für die Bonnerinnen ist bis in die Mitte der 1780er Jahre ebenfalls ein beachtlicher An¬ stieg der Signierfähigkeit nachweisbar , ein Trend , der jedoch schon im folgenden Jahrzehnt wieder rückläufig war . Für die männliche Bevölkerung Bonns schlie߬ lich ist keine eindeutige Entwicklung , sondern eher ein leichtes Schwanken auf hohem Niveau festzustellen 190. Norbert Winnige , Zum Stand der Alphabetisierung im Kurfürstentum Köln im ausgehenden Jahrhundert , in : Zehnder , Gesellschaft ( wie Anm . 3 ), S . 65- 86 . Die Untersuchung basiert auf der Analyse von Unterschriften in Heiratsregistern der Jahre 1800 - 04 und 1811 - 13 . Da anzunehmen ist , dass Kenntnisse im Lesen und Schreiben in der Regel bereits im Kindesalter erworben wurden , lässt die Sig¬ nierfähigkeit der Brautleute im frühen 19 . Jahrhundert auch Rückschlüsse auf den Alphabetisierungs¬ stand in der zweiten Hälfte des 18 . Jahrhunderts zu . Signierfähigkeit ist allerdings nicht einfach mit Lese und Schreibfähigkeit gleichzusetzen , sondern ist auf der Mitte zwischen diesen beiden Fertigkeiten an¬ zusiedeln : Mehr Menschen konnten lesen als unterschreiben , wirklich schreiben dagegen weniger . 187 18 . 188 Winnige ( wie Anm . 187 ), S . 74 , Tab . 3 . Die genannten Vorbehalte zeigen sich deutlich bei der Analyse der Signierfähigkeit von Lehrertöchtern auf dem Lande , denen häufig trotz der günstigen Lernbedingungen das Schreiben nicht beigebracht wurde , ebd ., S . 74 . 189 Signierfähigkeit der im ländlichen Kurköln geborenen Bräute und Bräutigame im Zeitverlauf ( nach ebd ., S . 78f „ Tabb . 9 , 11 ) : Erreichen des Heiraten 1800 - 04 Heiraten Lebensjahres 1740- 1774 1775- 1784 1785- 1794 Frauen / Männer 13 , 6 / 56 , 0 15 , 6 / 65 , 4 18 , 8 / 66 , 3 Frauen / Männer 10 , 0 / 63 , 3 11 ,1 / 72 , 0 16 , 2 / 75 , 6 1795- 1808_ 1740- 1808 16 , 9 10 . 190 (% ) - / -_ / 63 , 9 22 , 1 18 , 3 / / 1811 - 13 (% ) 67 , 0_ 70 , 2 Signierfähigkeit der in Bonn geborenen Bräute und Bräutigame im Zeitverlauf S . 77f , Tabb . 7 , 8 ) : Erreichendes Heiraten 1800- 04 Heiraten Lebensjahres 1740 - 1774 1775- 1784 1785- 1794 Frauen / Männer 50 , 0 / 86 , 4 73 , 0 / 90 , 6 64 , 1 / 91 , 5 Frauen / Männer - / 90 , 0 - / 75 , 0 / 87, 0 1795- 1808 _ 1740- 1808 64 , 7 10 . - / -_ / 90 , 1 (% ) 65 ,5 69 , 4 / / 1811 - 83 , 3_ 86 , 3 13 (%) ( nach ebd . , Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 251 Die Bemühungen der beiden letzten Kölner Kurfürsten , Maximilian Friedrich von Königseck - Rotenfels ( 1761 - 1784 ) und Maximilian Franz von Österreich ( 1784- 1794 ) , um eine aufklärerisch inspirierte Schul - und Bildungsreform spiel¬ ten für diese insgesamt positive Entwicklung eine herausragende Rolle . Bereits 16 . Jahrhundert hatte es im Rahmen der kirchlichen Reformbestrebun¬ gen gelegentliche Ansätze zu einer Verbesserung der Schulen und des Unter¬ richts in der Kölner Erzdiözese gegeben . Dabei war das Hauptaugenmerk auf den katechetischen Unterricht und damit die religiöse Sozialisation der Schüler und Schülerinnen gerichtet worden . Vorschläge und Pläne zur Schulverbesse¬ rung finden sich seit dem 16 . Jahrhundert v.a . in Kirchen - und Visitationsord¬ nungen bzw . in den Statuten der Diözesansynoden 191. Eine wirkliche Reform des Schulwesens wurde allerdings trotz dieser Ansätze bis in die zweite Hälfte des 18 . Jahrhunderts nicht realisiert . seit dem Die Rezeption aufgeklärter Pädagogik und eine in diesem Sinne agierende staatliche Schulpolitik setzte im Kurfürstentum Köln vergleichsweise spät ein 192. Mit der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 und der daraus resultierenden Not¬ wendigkeit , Ersatz für das jesuitische Bildungswesen zu schaffen , ergab sich al¬ lerdings eine neuartige Situation : Das entstehende Vakuum bot die Möglichkeit , auf der materiellen Grundlage des z . T. dem Erzbischof zufallenden Jesuitenver¬ mögens ein reformiertes Unterrichts - und Bildungswesen zu schaffen , das den Ansprüchen der Zeit eher gerecht werden konnte , als das in vielerlei Hinsicht in die Kritik geratene Studiensystem der Gesellschaft Jesu 193. In Bonn wurde schon im November 1774 mit der Umstrukturierung des ehemaligen Jesuitengymnasi¬ ums und der Erweiterung des dortigen Fächerkanons begonnen 194. 1777 erfolgte die Umwidmung des Gymnasiums in die nach ihrem Gründer , Kurfürst Max Friedrich , benannte Maxische Akademie , die 1783 erweitert und 1786 durch kai - Vgl . Becker , Konfessionalisierung( wie Anm . 183 ), S . 236ff . Zur Entwicklung der Katechese der Kölner Erzdiözese seit 1650 ausführlich Peter Miebach , Die Katechese in der Erzdiözese Köln unter den Kurfürsten Max Heinrich bis Max Franz 1650 - 1801 , Diss . Köln 1926 ; zusammenfassend in Hegel ( wie Anm . 3 ), S . 311ff . Zur kurkölnischen Schulpolitik des späten 18 . Jahrhunderts immer noch grundlegend Zim¬ mermann ( wie Anm . 132 ), S . 47- 121 . Vgl . auch Josef Nied ieck , Das Erziehungs - und Bildungs¬ wesen unter dem letztregierenden Kurfürsten von Köln , Maximilian Franz ( 1784- 1801 ), im Erzstift Köln und Vest Recklinghausen , Diss . Köln 1910 ; Max Braubach , Maria Theresias jüngster Sohn 192 Max 147- Franz . Letzter Kurfürst von Köln und Fürstbischof von Münster, h ( wie Anm . 3 ), S . 53ff . Wien / München 1961 , S. 164 ; K i s t e n i c 193 Vgl . Max Braubach , Die erste Bonner Hochschule . Maxische Akademie und kurfürstliche Universität 1774 / 77bis 1798 ( Academica Bonnensia 1 ), Bonn 1966 , S . 23 ; Hegel ( wie Anm . 3 ), S . 415 ; Winfried Müller , Bildungspolititsche Auswirkungen der Aufhebung des Jesuitenordens , in : Liedtke ( wie Anm . 128 ), S . 711 - 726 . 194 Zum Folgenden ausführlich Braubach , Hochschule ( wie Anm . 193 ), Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 47ff .; Hegel ( wie Anm . 3 ), S . 420 -430 . S. 24- 58 ; außerdem 252 Andreas Rutz serliches Diplom zur Universität erhoben wurde 195. Im Zusammenhang mit der Gründung der Akademie übertrug der Kurfürst dem mit der Verwaltung dersel¬ ben beauftragten Akademierat die obsorge und Verbesserung des gesamten Schulwe¬ sens , auch der kleineren trivialschulen™ 6. Im Unterschied zu früheren Jahrhunder¬ ten , in denen das Schulwesen als Teil der landesherrlichen Kirchenpolitik ange¬ sehen und die Schulaufsicht in der Regel kirchlichen oder kommunalen Instan¬ zen vor Ort überlassen worden war , entstand mit dem Akademierat eine landes¬ herrliche Behörde , die als zentrale Koordinationsstelle staatlicher Schulpolitik fungierte und die den sich entwickelnden Anspruch des Staates auf die Schulho¬ heit durchzusetzen versuchte . Von dieser neuartigen Behörde und ihrer im Zuge der Universitätsgründung 1786 errichteten Nachfolgeinstitution , der kurkölni¬ schen Schulkommission 197, gingen bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit alle wei¬ teren bildungsreformerischen Impulse aus . Seit dem Regierungsantritt von Max Franz im Jahre 1784 standen das Trivial - und Elementarschulwesen und damit indirekt auch die Bildungsmöglichkeiten für Mädchen im Mittelpunkt der Re formbemühungen 198. Bereits 1779 legte der Bonner Akademierat den Entwurf einer Generalverord¬ nung in betreff der erzstiftischen Studien , besonders der Trivial - , Stadt - und Landschu¬ len vor, der wahrscheinlich auf einer im selben Jahr veranstalteten Erhebung über den Zustand der Schulen basierte und wie die Protokolle derselben nicht erhal - Zur Finanzierung der Erweiterung wurden die Klöster des Landes zu einem subsidium charita tivum herangezogen : Sie sollten ab 1783 entweder aus ihrer Mitte einen geeigneten Lehrer für die Akademie stellen und unterhalten oder einen jährlichen , individuell bemessenen Beitrag zum Aka¬ demiefonds leisten , Braubach Nonnenklöstern wurde le¬ diglich ein finanzieller Beitrag erwartet , vgl . das rescript an die ordensgeistliche weiblichen geschlechts den beijtrag zur academie betreffend , Universitäts - und Landesbibliothek Bonn , S 420c / 3 . Die Welschnonnen leisteten allerdings keine Abgaben , HStAD , Kurköln II , 5633 , fol . lr . Zu Universitätsreform und - po litik katholischer Territorien im 18 . Jahrhundert grundlegend Notker Hammerstein , Aufklärung und katholisches Reich . Untersuchungen zur Universitätsreformund Politik katholischer Territorien des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation im 18 . Jahrhundert ( Historische Forschungen 12 ) , Berlin 1977 . Zu Bonn ebd ., S . 135 , 167ff . Vgl . auch Harald Dickerhoff , Die katholischen Univer¬ sitäten im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation des 18 . Jahrhunderts , in : Universitäten und Aufklärung , hrsg . v. Notker Hammerstein ( Das achtzehnte Jahrhundert . Supplementa 3 ), Göttin¬ gen 1996 , S . 21 - 17 . 196 , Zitiert nach Zimmermann Leopold von Belderbusch (1749 . 193 ), S . 47ff . Hochschule ( wie Anm . 193 ), S . 37ff . Von Präsident des Akademierates wurde Carl ein Neffe des kurkölnischen Ministers , Braubach , Hoch¬ ( wie Anm . 132 ), S . 49 . - 1826 ), schule ( wie Anm 197 Leiter der Schulkommissionwurde Franz Wilhelm von Spiegel zum Desenberg ( 1752 - 1815 ) , zugleich kurkölnischer Hofkammerpräsident und Kurator der Universität Bonn , Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 83f .; Braubach , Hochschule ( wie Anm . 193 ), S . 50ff . Die Kommissionsprotokolle für die Jahre 1786- 1792 sind nicht mehr vorhanden , die der Jahre 1792 - 94 befinden sich in StAB , Ku 12 / 9 . 198 Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 64 . Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften ten 253 Zu einer endgültigen Fassung dieser Verordnung kam es zunächst nicht . Am 19 . Dezember 1783 erschien lediglich eine Teilverordnung über die Prüfung und Anstellung von Lehrern , die laut Wilhelm Zimmermann „ auf die¬ sem Gebiet die erste staatliche Regelung brachte " 200. Bestimmt wurde hierin , dass künftig alle Lehrer beim Akademierat eine Prüfung ablegen müssten und eher an keinem Orte Unserer Kurlanden zu einiger Unterweisung zugelassen oder dabei gedul¬ det werden sollen , bis sie einen , über ihre befundene Fähigkeit von oberwehniem Unsern Akademierath [ . . . ] ausgefertigten Approbationsschein und Erlaubnisurkunde erhalten haben 201. ist 199. Die staatliche Prüfung der Lehrer zielte zwar auf eine Verbesserung der Schul¬ verhältnisse und konnte verhindern , dass inkompetente Kandidaten ein Lehramt antraten . Um aber die Qualität der Schulen tatsächlich zu befördern , mussten v.a . die Lehrer besser bzw. überhaupt ausgebildet werden . Bereits einen Monat vor der genannten Prüfungsverordnung wurde in Bonn zu diesem Zweck eine soge¬ nannte Normalschule an der Akademie eingerichtet , die allerdings erst 1786 ihre Arbeit aufnehmen konnte 202. Hier sollten die kurkölnischen Lehrer die für ihre Tätigkeit notwendigen Kenntnisse in der Normallehrart , also in der von der Schulkommission vorgeschriebenen Unterrichtsmethode , erlernen . Für den Un¬ terricht an der Bonner Normalschule gewann der Kurfürst den Direktor des Bon¬ ner Gymnasiums und ersten Rektor der Universität Bonifaz Oberthür ( 1749 - 1804 ) 203 sowie den Mergentheimer Kaplan Konrad Franz Engelhardt ( 1759 - 1825 ) 204. Der erste Bonner Normalkurs fand 1786 statt , bis 1794 folgten jährlich ein bis zwei dreimonatige Kurse , die in der Regel von 40 bis 50 , teilweise sogar 70 Teilnehmern besucht wurden 205. Insgesamt nahmen an den Lehrgängen Zitiert nach ebd ., S . 55f . Ein Brief der Schulkommission an den Kurfürsten vom 05 .08 . 1779 be¬ die trivial - Stadt - und landschulen dergestalt in unstand seijen , daß es an deme , einem jeden unterthane nötigen unterrichte im lesen , schreiben , guten sitten und gar religions sagt , die Erhebung hätte ergeben , daß gründe selbst fehlet , HStAD , Kurköln II , 3313 , fol . 2v. 200 Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 56 . Vgl . Johann Joseph Scotti ( Hrsg .), Sammlung der Gesetze und Verordnungen , welche in dem vormaligen Churfürstenthum Cöln ( im rheinischen Erz stifte Cöln , im Herzogthum Westphalen und im Veste Recklinghausen ) über Gegenstände der Lan¬ deshoheit , Verfassung , Verwaltung und Rechtspflege ergangen sind , vom Jahre 1463 bis zum Eintritt der Königl . Preußischen Regierungen im Jahre 1816 , 4 Bde ., Düsseldorf 1830 - 1831 , hier Bd . 1/ 2 , Nr. 771 , S . 1066ff . 201 Ebd ., S . 1066f 202 . Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 57ff ., 79f .; Hegel ( wie Anm . 3 ), S . 405 . 203 Zu Oberthürs Tätigkeit in Bonn vgl . Max Braubach , Der Bonner Professor Oberthür und die Aufklärung in Kurköln , in : AHVN 126 ( 1935 ), S . 108 - 157 , hier S . 129ff .; Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 64ff .; Braubach , Hochschule ( wie Anm . 193 ), S . 115ff ; Edith Ennen , Die kurkölnische Haupt - und Residenzstadt in einem Jahrhundert der friedlichen und glanzvollen Entwicklung , in : Höro 1d t ( wie Anm . 71 ), S . 205- 349 , 608- 615 , hier S . 320ff . 204 Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 91 205 Ebd ., S . 79ff ., 91ff „ 95ff . . 254 Andreas Rutz Lehrer und Geistliche teil , was laut Zimmermann in etwa der Zahl aller bildungsfähigen kurkölnischen Lehrer entsprach 206. Darüber hinaus lassen sich 10 Teilnehmerinnen nachweisen . Ob hierunter auch Bonner Lehrerinnen waren , ist allerdings nicht bekannt 207. ca . 400 Die Normalkurse beinhalteten sowohl theoretische Vorlesungen als auch Hos¬ pitationen in der als Musterschule eingerichteten Bonner Stiftsschule , deren Leh¬ rer schon vor dem ersten Kurs in der neuen Lehrart unterrichtet worden wa¬ ren 208. 1787 wurde eine zweite Musterschule in Bonn als , Deutsche Stadtschule ' eröffnet . Der Rat stellte hierfür das Gebäude der 1784 eingegangenen Stadtschule ( , Ochsenschule0 in der Brüdergasse bereit und zahlte den beiden Lehrern je 100 Rtlr . Jahresgehalt 209. Die wenigen Teilnehmerinnen der Normalkurse hospitierten interessanterweise nicht an diesen Musterschulen für Jungen , sondern an den Mädchenschulen des Welschnonnenklosters 210. Wie aus einem Schreiben des Kurfürsten vom 13 . Oktober 1789 an den Statthalter des Vests Recklinghausen , Johann Franz Joseph von Nesselrode - Reichenstein ( 1755 - 1824 ) , hervorgeht , war die neue Lehrart hier bereits seit einigen Jahren [ . . . ] mit besonderem Nutzen einge führet m . Diese Aussage lässt vermuten , dass die bereits ausführlich behandelte 206 Ebd ., S . 98 . 207 Ebd ., S . 95 , 97f . In einem Brief an seinen Bruder berichtet Oberthür, dass auch Nonnen an den Kursen teilnahmen , damit auch dieser Stand etwas für das Wohl der Menschheit frommen könne , zitiert nach Braubach , Oberthür ( wie Anm . 203 ), S . 146 . Namentlich bekannt ist die Franziskaner-Ter tiarin Anna Gertrud Wolters aus Kempen , die 1788 den Kurs belegte , Gerhard Terwelp , Die Stadt Kempen im Rheinlande , Bd . 2 : Geschichte der Schulen , Kempen 1914 , S . 166 ; Zimmermann ( wie Anm . 132 ), S . 95 . Überblick über Lehrerinnenbildung im Rheinland bei Wilhelm Zimmermann , Die Anfänge der Lehrerinnenbildung am Rhein , in : Katholische Frauenbildung 4 (1954 ), S . 267- 277 . 208 Zimmermann , Volksschulwesen ( wie Anm . 132 ), S . 78 , 88f . 209 Ebd ., S . 86f . In StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 , berichtet Oberthür 1792 detail¬ liert über die Unterrichtsgegenstände und die Organisation des Unterrichts : Die Schüler waren in zwei Hauptklassen unterteilt . Für jede Klasse standen ein Lehrer und ein Schulzimmer zur Verfü¬ gung . Die erste Klasse für Kinder ab 6 Jahren war wiederum in drei Abteilungen gegliedert , die je¬ weils in Religion , Lesen , Schreiben und Rechnen unterrichtet wurden . Der Lehrstoff der einzelnen Abteilungen baute aufeinander auf . Wenn ein Kind den gesamten Stoff der ersten Klasse beherrschte , wurde es in die zweite Klasse versetzt . Diente die erste Klasse v.a . der Erlernung der Grundlagen , wie z .B . Buchstaben , Wörter und Zahlen zu lesen , folgte in der zweiten das Schreiben eigener gedanken über irgend einen gegenständ , die rechenkunst in ihrem ganzen umfange , aber noch nicht buchhalten etc . Das bloße Auswendiglernen sollte dabei hinter das Verstehen des Gelernten zurücktreten . Der Unterricht fand vor - und nachmittags für jeweils zwei Stunden statt . Um 10 Uhr gingen die Lehrer mit den Schülern zur Messe . Eine Übersicht über die Prüfungsgegenstände der Schulkinder in der Stadtschule nennt als weiteres Unterrichtsfach die erdebeschreibung , HStAD , Kurköln II , 1795 , fol . 2v . Zum Niedergang der Ochsenschule vgl . Müller , Geschichte ( wie Anm . 71 ), S . 47 . 210 Zimmermann 211 Zitiert nach Hopmann , Volksschulwesen . ( wie Anm . 35 ), S . 121 . Vgl . Zimmermann , Volksschulwesen ( wie wurde an der Elementarschule des Klosters nach der normal unterrichtet , / 3 , fol . 115r. Anm . 132 ), S . 88 . Noch 1794 HStAD , Kurköln VIII , 408 ( wie Anm . 132 ), S . 88 , 95 Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 255 Unterrichtsmethode und Schulorganisation der Nonnen nicht nur auf die Be¬ stimmungen der Fourierschen Ordensregel zurückzuführen sind , sondern dass mit einem aktiven Eingreifen der kurfürstlichen Schulkommission in den Unter¬ richtsbetrieb der Nonnen zu rechnen ist . Wie weit diese Einflussnahme aller¬ dings reichte , ist unklar . Mit einiger Wahrscheinlichkeit kann angenommen wer¬ den , dass die in den Klosterschulen gegen Ende des 18 . Jahrhunderts verwand¬ ten Bücher aufgeklärter Autoren , wie z .B . die Würzburger Buchstabentafeln oder Jochmarings Rechenbuch , auf Betreiben der Kommission benutzt wurden . Letz¬ tere versuchte im Rahmen ihrer Bemühungen um eine Verbesserung der kurköl¬ nischen Schulverhältnisse , in allen Elementarschulen des Landes den Gebrauch bestimmter Bücher durchzusetzen 212. Dass hierbei die Welschnonnenschulen als Musterschulen für die Normalkursteilnehmerinnen eine Vorbildfunktion erfül¬ len mussten , versteht sich von selbst . Fraglich ist allerdings , ob auch die bei den Welschnonnen am Ende des 18 . Jahrhunderts nachweisbare Einteilung der Schü¬ lerinnen in verschiedene Klassen , die Gliederung des Stoffes nach Klassenstufe und Lernniveau sowie das klassenweise Unterrichten auf die kurkölnischen Schulreformer zurückging oder nicht bereits schon vor den 1780er Jahren gän¬ gige Praxis an den Schulen war . Angesichts der diesbezüglich sehr konkreten Vorgaben der Ordensregel ist zu vermuten , dass die Schulreformer hier bereits einen ihren Vorstellungen zumindest z . T. entsprechenden Schulbetrieb vorfan¬ den , den sie der Normallehrart anpassten und durch die Einführung neuer Bücher auf das Niveau einer Musterschule brachten . Ob umgekehrt die Schul¬ praxis der Welschnonnen auf die kurkölnischen Reformdiskussionen Einfluss genommen hat , ist aufgrund der Quellenlage nicht zu bestimmen 213. Die Bemühungen der kurkölnischen Schulkommission um die Mädchenschu¬ len des Bonner Welschnonnenklosters dokumentiert ein Reformplan Bonifaz Oberthürs aus dem Jahre 1785 . Dieser zielt auf eine Verbesserung der kurkölni¬ schen Stadt - und Landschulen und enthält konkrete Vorschläge zur Neuordnung des Bonner Mädchenschulwesens sowie zur Verbesserung der dortigen Lehr¬ art 214: In der Stadt seien lediglich drei Mädchenschulen erforderlich , von denen 212 Vgl . Zimmermann , Volksschulwesen ( wie Anm . 132 ), S . 88ff . 213 Für das Fürstbisrum Münster ist ein solcher Einfluss dagegen nachweisbar : In den Schriften und Reformplänen des Normallehrers Bernard Overberg ( 1754 - 1826 ), der mehr als 26 Jahre an den Schulen der Congregation de Notre - Dame in Münster unterrichtete , finden sich zahlreiche Uberein¬ stimmungen mit den Vorgaben der Ordensregel Pierre Fouriers , Inkmann ( wie Anm . 41 ), S . 60- 88 ; Bernd Schönemann , Die Bildungsinstirutionen in der frühen Neuzeit , in : Geschichte der Stadt Münster, hrsg . v. Franz -Josef Jakobi , Bd . 1 , Münster 1993 , S . 683- 733 , hier S . 716f . Overberg wirkte durch den Bonner Normallehrer Heinrich Gareis (1759 - 1815 ), der 1785 seinen Normalkurs in Müns¬ ter besuchte , auch auf Bonn , Zimmermann , Volksschulwesen ( wie Anm . 132 ), S . 77 . Vgl . auch Niedieck ( wie Anm . 192 ), S . 19 , 21ff . HStAD , Kurköln VIII Spiegel , Münsterscher Teil Nachlass 558 . Vgl . zu den geplanten Refomen im Einzelnen Zimmermann , Volksschulwesen ( wie Anm . 132 ), S . 71ff . Frühere Reformvorschlägeanderer Verfasser liegen von 1775 / 76 und 1784 vor, HStAD , Kurköln VIII , 504 / 3 , fol . 3r - 10v, llr - 30r ; Bönnisches Wochenblatt oder 214 , 504 / 3 , fol . 48r- 57v, 65r- 74v ; ein Fragment des Plans in StAB , 256 Andreas Rutz zwei von den Welschnonnen und den Nonnen des Klosters Engeltal geführt wer¬ den könnten 213. Die derzeit neben der Elementarschule der Welschnonnen beste¬ henden vier Mädchenschulen würden laut Oberthür von selbst zerfallen , wenn die klosterschule in einem guten stand gefestigt / sf 216. Oberthür sah für die Mädchen¬ schulen der Stadt jeweils eine Einteilung in drei Klassen vor, für die er unter¬ schiedliche , aber aufeinander abgestimmte Lehrpläne entwickelte . Jede Klasse sollte in der christlichen Glaubenslehre , der biblischen Geschichte , der deutschen Sprache ( Lesen und Schreiben ) , der Rechenkunst und in den Handarbeiten un¬ terrichtet werden , außerdem forderte der Reformer, dass die Pensionärinnen des Welschnonnenklosters in der Klosterküche das Kochen erlernten . In der ersten Klasse sollten in den jeweiligen Fächern die Grundlagen gelegt werden , auf de¬ nen der Stoff in der zweiten und dritten Klasse aufbaute . So sah Oberthür z . B . für den Schreibunterricht vor, dass die erste Klasse die Buchstaben und das Ab¬ schreiben von vorgelegten Mustertexten erlernen , die zweite Klasse nach münd¬ lichem Diktat schreiben und die dritte Klasse schließlich selbständig Texte , z .B . Briefe verfassen sollte 217. Insgesamt lässt sich feststellen , dass der von Oberthür vorgelegte Plan im Wesentlichen dem für die späten 1780er und frühen 1790er Jahre festgestellten Unterrichtsprogramm am Welschnonnenkloster entspricht . Vergleichbare Übereinstimmungen mit der Unterrichtspraxis und Schul¬ organisation der Welschnonnen finden sich in der 1794 von Oberthür fertig ge¬ stellten kurkölnischen Schulordnung , die aufgrund der französischen Besetzung der linksrheinischen Gebiete seit Oktober desselben Jahres nicht mehr in Kraft treten konnte 218. Als Unterrichtsmethode wird die Normallehrart vorgeschrie Sammlung historischer , politischer , moralischer , ökonomischer und literarischer Abhandlungen . Wöchentliche Beilage zum Bönnischen Intelligenzblatt , 28 .- 31 . Stück , Bonn 1785 . Diese Pläne sind zwar eindeutig von der aufgeklärten Pädagogik ihrer Zeit geprägt , enthalten aber weder allgemeine Überlegungen zur Unterrichtung von Mädchen noch konkrete Angaben zur Verbesserung der Bon¬ ner Mädchenschulen und werden deshalb an dieser Stelle nicht näher behandelt , vgl . Zimmer¬ mann , Volksschulwesen ( wie Anm . 132 ), S . 50ff ., 67ff . 215 Vgl . zum Folgenden HStAD , Kurköln VIII , 504 / 3 , fol . 48v - 50r, 66r- 68r . Eine Unterrichtstätig¬ keit der Augustinerinnen des Klosters Engeltal lässt sich in der Folge nicht nachweisen . 216 Ebd ., fol . 48v. Vgl . ebd ., fol . 66r . 217 In den elementaren Knabenschulen der Stadt sollten abgesehen von der Handarbeit dieselben Fächer unterrichtet werden , ebd ., fol . 51v, 70r. Die stufenweise Gliederung des Stoffes erinnert an die in der , Deutschen Stadtschule ' seit 1787 praktizierte Form des Unterrichts , vgl . oben , S . 254 , Anm . 209 . Auch in [ Bonifaz Oberthür ], Handbuch zum Unterricht der kurkölnischen Landschulmeister auf Veranstaltung der kurfürstlichen Schulkommission , Bonn 1790 , S . 55ff ., das als Lehrbuch für die Normalschule konzipiert war, finden sich ähnliche Vorschläge zur Unterrichtsorganisation . Zum Handbuch vgl . Z i m m e r m a n n , Volksschulwesen ( wie Anm . 132 ), S . 98- 104 . 218 Die Schulordnung basierte auf den Ergebnissen verschiedener Umfragen , mit denen seit 1786 versucht worden war , einen Uberblick über die Schulverhältnisse in den kurkölnischen Landgemein¬ den zu gewinnen . Eine unvollständige Zusammenfassung der Umfrageergebnisse von 1790 in StAB , Nachlass Spiegel , Bonner Teil XI / 58 . Vgl . auch HStAD , Kurköln VIII , 504 / 3 , fol . 205r- 206v, 210r- 212r, 235r- 241 v, 270r- 271 v. Der erste Entwurf einer umfassenden Schulordnung datiert von 1791 , ebd ., fol . 193r- 198r . Die endgültige Fassung legte Oberthür am 10 .07 . 1794 vor , Scotti ( wie Anm . 200 ), Bd . 1/ 2 , 257 Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 219, als Unterrichtsgegenstände werden Kristliche Glaubenslehre , Lesen , Schrei¬ ben und Rechnen sowie die herkömmlichen teutschen Kirchengesänge genannt 220. Die ben Kinder sollten in drei Klassen aufgeteilt werden und täglich vormittags und nachmittags zwei Stunden unterrichtet werden . Schulferien waren - wie auch für die Schulen der Welschnonnen gegen Ende des 18 . Jahrhunderts nachgewiesen für vier Wochen im Oktober vorgesehen 221. Interessant sind schließlich die Aus¬ führungen der Schulordnung bezüglich des Schulalters der Kinder, das für die Welschnonnenschulen nicht eindeutig ermittelt werden konnte . Laut Schulord¬ nung sollten sie mit sechs Jahren eingeschult werden und die Schule regelmäßig bis zum zwölften Lebensjahr besuchen . Durch die eingeführten Geldbußen bei Säumnissen wurde - allerdings nicht zum ersten Mal - der Versuch unternom¬ men , die angeordnete Schulpflicht auch durchzusetzen 222. Dass die Elementar¬ schülerinnen des Klosters von sechs bis zwölf Jahren in die Schule gingen , kann nur vermutet werden . Die weitreichenden Ubereinstimmungen der Vorgaben der Schulordnung von 1794 und der Unterrichtspraxis am Welschnonnenkloster machen in jedem Fall deutlich , dass die Schulen des Klosters in den 1780er und 1790er Jahren alle Voraussetzungen erfüllten , um als Musterschulen den Teilneh¬ merinnen der Bonner Normalkurse die neue Lehrart in der Praxis anschaulich zu machen , unabhängig davon , welchen Anteil die überkommene Pädagogik Fou¬ riers und die kurkölnischen Schulreformer hieran jeweils hatten . Oberthür bemühte sich nicht nur um eine Reform der Schulen des Klosters und der dortigen Unterrichtsmethoden , sondern versuchte auch , die gesamte Klosterorganisation zwecks finanzieller Konsolidierung zu verändern . In einer Denkschrift von 1789 , in der Oberthür die schwierigen finanziellen Verhältnisse des Welschnonnenklosters schildert , äußert er auch verschiedene Ideen zu einer möglichen Klosterreform 223: Die naheliegende Lösung des Problems , bei gerin¬ gen und zur Versorgung der Nonnen nicht ausreichenden finanziellen Mitteln die Zahl der im Kloster lebenden Frauen auf die zum Schulehalten notwendigen zu verringern , lehnt Oberthür mit Verweis auf soziale Gesichtspunkte ab : War - Nr. 1034 ging diese mit einigen Zusätzen den Behörden in den westfäli¬ schen Landesteilen als Instruktion zu und fand hier vorübergehend Anwendung , S c o 11 i ( wie Anm . 200 ), Bd . 1/ 2 , S . 1278 . Vgl . Zimmermann , Volksschulwesen ( wie Anm . 132 ), S . lllff ., 115 , 143ff ; Braubach , Hochschule ( wie Anm . 193 ), S . 117 ; Hege 1 ( wie Anm . 3 ), S . 408 . 219 , S . 1262 - 1278 . Am 08 .03 . 1799 Scotti ( wie Anm . 200 ), Bd . 1/ 2 , S . 1267 220 Ebd ., S . 1268 . 221 Ebd ., S . 1271 . . 222 Ebd ., S . 1269f . Bereits 1731 hatte Kurfürst Clemens August von Bayern ( 1723- 1761 ) verfügt , dass die Eltern ihre Kinder so wohl Sommers als Winters , wan sie in der Arbeit nicht höchst vonnöten haben , fleißig zur Schuhten anhalten , mit der Warnung , daß diejenige so solches unterlassen und hierin saumbhaft befunden werden nichts desto weniger das gewöhnliche Schuhlgeld bezahlen und noch daneben dem Fisco denunziiert und der Gebühr nach bestraffet werden sollen , zitiert nach Miebach ( wie Anm . 191 ), S . 36f . 223 StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 529 ; HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 120r- 124v. Andreas Rutz 258 tete man und ließe die Frauen bis auf die anzunehmende zahl absterben 224, kalkulierte man für die Nonnen bis auf weiteres ein schweres Leben in Armut ein . Versetzte man stattdessen einige Nonnen in andere Klöster, würden sie einen empfindlichen stoß leiden , nemlich die trennung unter sich selbst . Zudem sei hierdurch nur eine kurzfristige Lösung erreicht , nach einigen Jahren wären wieder einige Frauen im Kloster, die nicht mehr in der Schule arbeiten könnten , man müsste neue Lehre¬ rinnen aufnehmen , die Zahl der Frauen würde steigen und die alten finanziellen Probleme wären erneut zu bewältigen . Auch andere Lösungsvarianten lehnt Oberthür mit dem Argument der fehlenden Nachhaltigkeit ab : So nütze es z . B . wenig , wenn der Kurfürst das kloster hie und da mit geld unterstützen würde , oder wenn man auf vermögende Novizinnen hoffte , die im Moment ohnehin nicht zur Verfügung stünden . Letzteres hätte zudem den Nachteil , dass man bei der Auf¬ nahme mehr auf das vermögen als auffähigkeit zum schulhalten sehen würde , und man könnte vielleicht mit der zeit ein reiches kloster erhalten , womit aber der erziehung der kinder wenig vortheil verschaff würde . Zur dauerhaften Konsolidierung der Kloster¬ finanzen schlägt Oberthür deshalb vor, man vereinigte von den so häufigen nonnen klöstern , die doch zu nichts dienen , eines mit diesem . Am füglichsten könnte dieses mit dem kloster bei dem dorfe Rheindorf225 vor¬ genommen werden . Es wohnen da nur 6 nonnen , die wegen ihren geringen anzahl den bei klöstern hergebrachten Gottes dienst kaum halten können . [ . . . ] Die fundation wird da¬ durch nicht aufgegeben , sie wird nur von einem orte in das andere transferiert und eine wird durch die andere unterstützt 226. Zielte dieser Reformvorschlag auf die finanzielle Sicherung des Klosters , so konzentrierte sich der Kanonikus Jakob Guido Schaaf , der 1791 vom Kurfürsten beauftragt worden war, den Vermögensstand des Klosters zu prüfen , auf die Frage , wie bis zur Realisierung von Oberthürs Ideen fähige Lehrerinnen für die Schulen der Welschnonnen gewonnen werden könnten 227. Langfristig müsse hierzu die finanzielle Ausstattung des Klosters verbessert und die vollständige Versorgung der Frauen sichergestellt werden . Bei kurzfristigem Bedarf wäre es laut Schaaf aber das Beste , wenn einsweilen einige subjecte aus anderen frauen klöste ren , wenn es die unterweißung der jugend fordern solte , zur beihülf berufen würden , wel¬ che aber die kost so wohl , als übrige nothwendigkeiten ihr eigenes kloster zahlten , bis da - StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 225 Gemeint ist S . 227 . 529 , die folgenden Zitate ebd . das Zisterzienserinnenkloster in Graurheindorf , vgl . hierzu Hegel ( wie Anm . 3 ) , 226 StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 529 . Im Düsseldorfer Exemplar der Denkschrift er¬ gänzend : Daß euer kurfürstliche durchlaucht berechtiget sind , dieses zu thun , bedarf keines beweises . Und wenn die rede ist von nonnenklöstern , die ausser dem umfang einer Stadt oder eines dorfes liegen , z .B . Grau Rheindorf, so rechnet es das Concil . Trident . Sess . 25 C . 5 unter die pflichten des bischofes , solche zu versetzen , HStAD , Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 124v. 227 Vgl . zum Folgenden ebd ., fol . 71r- 73v. Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften hin sich die gelegenheit fände ein gantzes kloster mit allen einkünften der beizusetzen 228. 254 Congregation Während die genannten Reform vorschlage von 1789 und 1791 nicht nur am Fort¬ bestand der Welschnonnenschulen interessiert waren , sondern auch an ihrer insti¬ tutionellen Verknüpfung mit dem Kloster als Versorgungsanstalt der aktiven und pensionierten Lehrerinnen , zeichnete sich in den folgenden Jahren eine ausschlie߬ lich auf den Erhalt der Schulen gerichtete Politik der Reformer und der Schulkom¬ mission ab : Oberthür legte am 30 . Mai 1792 einen Vorschlag zur Klosterreform vor, in dem er fordert , dass Kloster seinem Schicksal zu überlassen , bis nur noch drei Nonnen übrig seien : Diese werden bis dahin durch das alter so weit geschiuächet sein , daß von ihnen keine schädliche Wirkungen mehr zu förchten sind . Alsdann könnte dem ganzen Institute eine neue , zweckmäßige form gegeben werden 219. Ziel der neuen Politik war eine vollständige Übernahme der Schulen in die Verwaltung des Staates und das all¬ mähliche Aussterben des Klosters . Bis zur endgültigen Neustrukturierung sollte die Schulkommission laut Oberthür das gesamte Pensionärinneninstitut übernehmen und zwei Lehrerinnen aus dem Kloster für 20 Rtlr . pro Jahr zur Unterrichtung und Aufsicht der Mädchen anstellen . Zusätzlich sah er die Berufung einer Lehrerin aus Frankreich für jährlich 40 Rtlr . vor, die nicht als Nonne , d .h . dauerhaft angenom¬ men , sondern nur so lange beibehalten [ werde ] , als sie ihre diensten zur Zufriedenheit er¬ füllt . Sollte sie nichtens durch alter geschwächt dem amte nicht mehr vorstehen können , so wird ihr verstattet , in die gemeinde der kloster frauen zu kommen und ihr übriges leben in ruhe zu zu bringen . Dieses Recht sollte auch den beiden unterrichtenden Nonnen zu¬ kommen . Oberthür plante demnach , die Klostergemeinschaft zumindest über¬ gangsweise als Versorgungsanstalt für die pensionierten Lehrerinnen aufrechtzuer¬ halten . Auch für die Elementarschule des Klosters sah Oberthürs Reformkonzept die Übernahme in staatliche Verwaltung vor. Die Welschnonnen Therese Sartorius und Elisabeth Kaufmann sollten hier für 10 Rtlr . jährlich den Handarbeitsunterricht übernehmen , zu dem übrigen Unterricht können 3 nonnen aus dem kloster Engelthal aus¬ gesucht werden , die unterrichtet und als dann zu der schule geschickt werden , nach voll endter arbeit jedesmal in ihr kloster zum essen und schlafen zurückkehren . Der beschriebene Wandel in den Reformkonzepten der kurfürstlichen Schul¬ kommission zeigt zum einen , dass die Versuche zu einer finanziellen Konsolidie¬ rung des Klosters letztlich gescheitert bzw . gar nicht erst über die Planung hi¬ nausgekommen sind . Zum anderen ist zu vermuten , dass die Reformfreudigkeit der Klosterfrauen erheblich geringer war , als die Schulkommission zunächst an¬ genommen hatte , und den Nonnen aus diesem Grunde die Verantwortung für die Schulen entzogen werden sollte 230. Tatsächlich berichtet Oberthür im Zusam 228 Ebd ., fol . 229 StAB , 73v. Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 , die folgenden Zitate ebd . Inwieweit hierbei Oberthürs insgesamt eher ablehnende Haltung gegenüber dem Ordens¬ , ist nicht zu ersehen , vgl . Braubach , Oberthür ( wie Anm . 203 ), S . 145f . An¬ gesichts der anfänglichen Versuche , das Kloster zu erhalten , scheinen jedoch andere Motive den Kurswechsel bestimmt zu haben . 230 wesen eine Rolle spielte Andreas Rutz 260 menhang mit seinen Reform Vorschlägen vom Mai 1792 , er habe gelegentlich Wi¬ derstand seitens der Nonnen zu bekämpfen gehabt , wenn es darauf ankam , etwas für die schule zu tun 23\ Zwar sei am Welschnonnenkloster seit einigen Jahren die weibliche Jugend zur Zufriedenheit des publicums und mit ziemlich gutem erfolg in der handarbeit und anderen diesem geschlechte nützlichen kenntnissen unterrichtet worden . Die einsieht der de der in diesen geschäßen und das rastlose bestreben der nonne namens Sonntag machten aber die seele des ganzen aus 232. Die Fähigkeiten und das Engage¬ ment der beiden Lehrerinnen scheinen den Reformvorstellungen Oberthürs weitgehend entsprochen zu haben . Die Renitenz der übrigen Nonnen gegenüber den Reformen und Erwartungen der Schulkommission zeigte sich dagegen nicht zuletzt darin , dass sie die von Oberthür favorisierten Mitschwestern schlecht be¬ handelten und verhöhnten , de Cler, weil sie nicht dachte wie der übrige Haufen , und Sonntag , weil sie mehr that als andere . Nach dem Tod Walburga Sonntags und dem Klosteraustritt Antonia von Clers lebte 1792 laut Oberthür in dem ganzen kloster [ . . . ] nicht eine einzige mehr, die zu dem schulamte tauglich wäre . Die Ernüchterung der Schulkommission und des Kurfürsten bezüglich der Möglichkeiten einer Reform des Welschnonnenklosters , die an Oberthürs ver¬ schiedenen Konzepten abzulesen ist , drückte sich auch in einer Beschränkung staatlicher Zuwendungen nach 1792 / 93 aus . Seit 1786 hatten die Welschnonnen aus dem in diesem Jahr von Oberthür eingerichteten Schulfonds jährlich 60 Rtlr . zum Unterhalt von zwei Lehrerinnen sowie die Zinsen der Bestätigungsge¬ bühren von vier Äbtissinnen , die der Kurfürst in den Fonds überwiesen hatte , er¬ halten . Die Zahlungen waren zunächst auf drei Jahre befristet , 1789 erfolgte eine Verlängerung um weitere drei , 1792 und 1793 um jeweils ein Jahr 233. Insgesamt wurden dem Kloster zwischen 1786 und 1793 1153 Rtlr. , 15 St . von der Univer¬ sitätskasse überwiesen 234. Dass die Zahlungen nicht weitergeführt und die letzte Anweisung vom 31 . Juli 1793 sogar wieder zurückgezogen wurde 235, resultierte aus der schon in einem Bericht vom 22 . November 1792 geäußerten Erkenntnis , dass die kurfürstliche Unterstützung für die Nonnen offenbar keinen Anreiz dar - StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 . Oberthür selbst gab den Nonnen Unterricht in der neuen Lehrart : 1785 bat er den Kurfürsten , daß er in dieser absieht an keine clausur gesetze gebunden ist , HStAD , Kurköln VIII , 504 / 3 , fol . 66r . Zu den Problemen bei der Durchsetzung der neuen Lehrart in kurkölnischen Landschulen vgl . Zimmermann , Volksschulwesen ( wie Anm . 132 ) , S . 107ff .; Apel ( wieAnm . 184 ) . 232 StAB , Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil die folgenden Zitate ebd . . 3r -v ; StAB , Ku 12 / 9 ; ebd ., Nachlass Spiegel , Münsterscher Teil 557 . Vgl . Zimmermann , Volks¬ schulwesen ( wie Anm . 132 ), S . 85 , 88 . Wie der Kölner Kurfürst unterstützte auch der Trierer Kurfürst Clemens Wenzel ( 1768 - 1802 ) das Welschnonnenklosterseiner Residenzstadt . Seit 1784 erhielten die Trierer Welschnonnen jährlich 500 Rtlr ., die neue Lehrart wurde hier schon 1785 eingeführt , Schulte ( wie Anm . 43 ), S . 242 . 233 HStAD , 234 Vgl . Kurköln VIII , 408 / 3 , fol . 97r- 99r, 557 , die Übersicht bei Zimmermann 235 HStAD , Kurköln II , 1795 , fol . 4r. Vgl , 102r - v, 105r- v, 108r- Völksschulwesen . StAB , Ku 109r ; ebd ., Kurköln ( wie Anm . 132 ), S . 85 12 / 9 ; HStAD , Kurköln II , 1795 , fol . VIII , 408 / 3 , fol . 108r- v. Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften mehr eifer für die erziehung der weiblichen fugend zu verwenden . Viel¬ die Schulen in den letzten zwei Jahren so tief gesunken , daß kaum noch stelle , sich mit mehr seien 261 so einige kennbar spuren der unmittelbar vorhergehenden zeit übrig geblieben sind 236. Zurückgeführt wird dieser Zustand wie bei Oberthür v.a . auf den Tod Walburga Sonntags und das Ausscheiden Antonia von Clers . Seither gäbe es keine fähigen Lehrerinnen mehr in den Schulen , entweder fehlte den Übrigen das Talent oder der Wille , mehrere seien kränklich oder seit geraumer Zeit abwesend 237. Auf¬ grund dieser Umstände und der geringen Hoffnung auf Veränderung legte der Leiter der Schulkommission , Franz Wilhelm von Spiegel zum Desenberg ( 1752 - 1815 ) , dem Kurfürsten in einem Schreiben vom 3 . August 1793 nahe , die weitere Zahlung von jährlichen Unterstützungen zu überdenken : Wenn also die nonnen ungerechnet ihrer bisherigen unthätigkeit eine weitere Unterstützung von 60 reichsthaler für ein Jahr in gefolg höchstdero gnädigsten Vorschrift vom 31 . Julius d .J . er¬ halten sollen , so sehen wir diese für eine bloße gnade an 23S. Der Kurfürst verweigerte diese Gnade und wies drei Wochen später , am 28 . August , die Universitätskasse an , die Überweisung vom Juli wieder zurückzufordern 239. Zwar wurde eine grundlegende Reform und Umstrukturierung des Bonner Welschnonnenklosters im Sinne Oberthürs bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit nicht realisiert . Die Einführung der Normallehrart an den Schulen des Klosters und die Einbindung derselben in das landesherrliche Ausbildungsprogramm für Lehrer und Lehrerinnen kann aber dennoch als Erfolg der Schulkommission auf dem Gebiet der Mädchenbildung gewertet werden . IV. Zusammenfassung Für die Entwicklung des Mädchenbildungswesens in den katholischen Terri¬ torien des Reiches und somit auch in großen Teilen des Rheinlandes spielten De¬ votessen , Jesuitinnen und weibliche Lehrorden eine entscheidende Rolle . Zwar hatten sich die Bildungsmöglichkeiten für Mädchen im Zuge des allgemeinen Aufschwungs des Schulwesens seit dem 15 . Jahrhundert zunehmend verbessert . In vielen Orten bestanden neben privaten Winkelschulen auch Pfarrschulen oder städtische Schuleinrichtungen , die für Mädchen zugänglich waren und in denen sie elementare Kenntnisse erwerben konnten 240. Die Schulgründungen der hier behandelten religiösen Frauengemeinschaften , die sich in Anlehnung an die Ge - 236 HStAD , Kurköln 237 Ebd ., fol . 238 Ebd ., fol II , 1795 , fol . 8r . 8r- v. 3v. 239 Ebd ., fol . 4r . Vgl . Zimmermann , Volksschulwesen ( wie Anm . 132 ), S . 106 . 240 Vgl . Margret Wensky , Mädchen - und Frauenbildung in der frühneuzeitlichen Stadt , in : Mit¬ teleuropäisches Städtewesen in Mittelalter und Frühneuzeit . Edith Ennen gewidmet , hrsg . v. Wilhelm Janssen und Margret Wensky , Köln / Weimar / Wien 1999 , S . 21 - 40 , sowie die betreffenden Beiträge inKleinau / Opitz ( wie Anm . 98 ) . 262 Andreas Rutz Seilschaft Jesu die religiöse Unterweisung und die Elementarschulbildung von Mädchen zur Aufgabe gemacht hatten , erreichten demgegenüber jedoch eine neue Qualität : Durch ihre weite Verbreitung im Rheinland trugen sie maßgeblich zur Verbesserung der schulischen Infrastruktur der Region und der Bildungs¬ möglichkeiten von Mädchen bei . In vielen Orten können die Schulgründungen dieser Gemeinschaften dementsprechend als die ersten Belege für den Unterricht von Mädchen überhaupt gelten . In den Pensionaten der Ursulinen , Welschnon¬ nen und Englischen Fräulein , aber auch in den Häusern der Kölner Devotessen konnten zumindest Töchter wohlhabenderer Familien eine über die religiöse Un¬ terweisung und die Elementarfächer hinausgehende ( Aus - ) Bildung erwerben . Der Unterricht an den Elementarschulen der weiblichen Lehrorden erfolgte da¬ rüber hinaus kostenlos und konnte daher von einer sehr viel breiteren Bevölke¬ rungsschicht wahrgenommen werden als der kostenpflichtige Unterricht in den Stadtschulen oder bei Privatlehrern . Wie die Analyse der Unterrichtspraxis am Bonner Welschnonnenkloster zeigt , wandelte sich der Charakter der Mädchenerziehung durch die weiblichen Lehrorden bis zum Ende des 18 . Jahrhunderts von einer streng religiös ausge¬ richteten Sittenschulung zu einer immer stärker auch weltlich orientierten Aus¬ bildung . Zwar ist bis in die erste Hälfte des 18 . Jahrhunderts sowohl im Bonner Pensionat als auch in den dortigen Schulen mit einer relativ strikten Einhaltung der Ordensregel zu rechnen . Ein Vergleich der Unterrichtspraxis der Welschnon¬ nen im späten 18 . Jahrhundert mit den Vorgaben der Fourierschen Ordensregel macht jedoch deutlich , dass die Nonnen ihren Schul - und Unterrichtsbetrieb zu¬ nehmend an die pädagogischen und ökonomischen Erfordernisse der Zeit an passten : Es erfolgte eine Erweiterung des Fächerkanons an der Pensionatsschule um Französisch und Erdkunde sowie um die von externen Lehrern unterrichte¬ ten musischen Fächer . Diese Neuerungen widersprachen eindeutig den Vorga¬ ben der Ordensregel , waren aber notwendig , um weiterhin Schülerinnen für das Pensionat zu gewinnen und dem Kloster damit wichtige Einkünfte zu sichern . Auch die Lockerung der Klausur für die Pensionärinnen lässt sich auf diese Weise erklären . Eine weitaus grundlegendere Veränderung im Schulbetrieb der Welschnonnen ergab sich freilich durch die Öffnung der Pensionatsschule für ex¬ terne , d .h . nicht im Pensionat lebende Schülerinnen . Als Erklärung für diese Ab¬ weichung von der Fourierschen Ordensregel können auch hier ökonomische Zwänge vermutet werden : Die in der Mitte des 18 . Jahrhunderts begonnene Er¬ richtung einer neuen Kirche und neuer Klostergebäude brachte die Nonnen in massive finanzielle Schwierigkeiten , die bis zur Aufhebung des Klosters 1802 nicht beseitigt werden konnten . Die Zulassung externer Schülerinnen zur Pen¬ sionatsschule kann dementsprechend als Versuch der Nonnen angesehen wer¬ den , eine neue Einnahmequelle zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten und zum Erhalt der Niederlassung zu erschließen . Darüber hinaus hatten auch die Bemühungen der beiden letzten Kölner Kurfürsten um eine aufgeklärte Schul und Bildungsreform für die Schulen der Welschnonnen wichtige Konsequenzen . Seit 1785 entstanden verschiedene Reformpläne , die darauf zielten , den Unter - Bildungsanspruch und Unterrichtspraxis religiöser Frauengemeinschaften 263 richtsbetrieb der Nonnen weitestgehend an die von der kurfürstlichen Schul¬ kommission vorgeschriebene Normallehrart anzupassen und die Schulen als Musterschulen in das landesherrliche System der Lehrer ( innen ) bildung zu inte¬ grieren . Die am Ende des 18 . Jahrhunderts an den Klosterschulen angewandte Lehrmethode ist allerdings nicht nur auf die Vorstellungen und Pläne der aufge¬ klärten Schulreformer zurückzuführen . Vielmehr finden sich verschiedene , von der aufgeklärten Pädagogik vertretene Prinzipien bereits in der aus der ersten Hälfte des 17 . Jahrhunderts datierenden Ordensregel der Congregation de Notre Dame und waren schon vor dem Ende des 18 . Jahrhunderts für den Unterrichts¬ betrieb der Bonner Welschnonnen charakteristisch . Es ist also davon auszu¬ gehen , dass die Voraussetzungen zur Einführung der neuen Lehrart an den Klos¬ terschulen besonders günstig waren . Der konstatierte Wandel in Bildungsinhalten und Schulorganisation der Bon¬ ner Welschnonnen war eng verknüpft mit den sich wandelnden Anforderungen , die die frühneuzeitliche Gesellschaft an die Ordensfrauen stellte . Entsprang ihr ursprüngliches Bildungskonzept , wie das anderer im 16 . und 17 . Jahrhundert ge¬ gründeter religiöser Frauengemeinschaften , noch weitgehend gegenreformatori schen bzw . reformkatholischen Impulsen , öffneten sie sich im 18 . Jahrhundert den stärker weltlich orientierten Ansprüchen von Eltern und Schülerinnen sowie den pädagogischen Konzepten der Aufklärung . Die Bedeutung nicht nur der Bonner Welschnonnen , sondern auch anderer religiöser Frauengemeinschaften für die frühneuzeitliche Mädchenbildung im Rheinland erklärt sich nicht zuletzt aus dieser Anpassungsfähigkeit an die jeweiligen Bildungsbedürfnisse der Zeit .