Lisa Deutscher, Mirjam Kaiser und Sixt Wetzler (Hrsg.)
Das Schwert – Symbol und Waffe
Beiträge zur geisteswissenschaftlichen Nachwuchstagung
vom 19. – 20. Oktober 2012 in Freiburg/Breisgau
Verlag Marie Leidorf GmbH . Rahden/Westf.
2014
225 Seiten mit 91 Abbildungen und 18 Tabellen inkl. 2 Tafeln
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Deutscher, Lisa / Kaiser, Mirjam / Wetzler, Sixt (Hrsg.):
Das Schwert – Symbol und Waffe ; Beiträge zur geisteswissenschaftlichen Nachwuchstagung vom 19. – 20. Oktober 2012
in Freiburg/Breisgau / hrsg. von Lisa Deutscher ... .
Rahden/Westf.: Leidorf, 2014
(Freiburger Archäologische Studien ; Bd. 7)
ISBN 978-3-89646-795-9
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ISBN 978-3-89646-795-9
ISSN 1437-3327
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oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Titelvignette: Späturnenfelderzeitliches Vollgriffschwert aus Töging am Inn, Kr. Altötting;
Archäologische Staatssammlung München - Umzeichnung Mirjam Kaiser, Freiburg/Breisgau
Redaktion: Lisa Deutscher, Mirjam Kaiser und Sixt Wetzler, Freiburg/Breisgau
Satz und Layout: Sven Krugielka, Freiburg/Breisgau
Druck und Produktion: DSC Bevermann GmbH, Fleethweg 1, D-49196 Bad Laer
Inhaltsverzeichnis
Danksagung
6
Lisa Deutscher, Mirjam Kaiser, Sixt Wetzler
Einführung
9
Jan-Heinrich Bunnefeld
Das Eigene und das Fremde – Anmerkungen zur Verbreitung der Achtkantschwerter
17
Mirjam Kaiser
Vogelbarken auf urnenfelderzeitlichen Vollgriffschwertern
33
M. Fabian Wittenborn
‚Schwertfrauen’ und ‚Schwertadel’ in der Urnenfelder- und Hallstattzeit?
51
Lisa Deutscher
Experimente zur Replizierung latènezeitlicher Schwertstempel
65
Peter Emberger
Das Schwert im Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius
77
Ines Klenner
Schwerter als liturgische Waffen in den Mithrasmysterien
85
Marius Miche
Die Goldgriffspathas der frühen Merowingerzeit
93
Ulrich Lehmann
Die Klinge der frühmittelalterlichen Spatha
111
Ingo Petri
Die Entwicklung der europäischen Schwertformen vom 3. bis zum 13. Jh.
127
Matthias Teichert
Der Schwerttanz in der Germania des Tacitus und (göttliche) Waffenträger auf Bilddenkmälern
137
Herbert Schmidt
Schwert & Buckler - Eine Erfolgsgeschichte
147
Roland Warzecha
Form folgt Funktion
153
Matthias Johannes Bauer
Fechten lehren „mitt verborgen vnd verdeckten worten”
163
Tilman Wanke
Das Schwert im Spiegel der Fechtbücher
171
Friedrich E. Grünzweig
Siegschwert und ál۠g
187
Günter Krüger
"daz Swert ze tragen, ze furen und ze halden"
197
Christian Jaser
Der Bürger und das Schwert
207
AutorInnenverzeichnis
225
Die Entwicklung der europäischen Schwertformen vom 3. bis zum 13. Jh.
Ingo Petri
The development of European sword types from the 3rd to the 13th century will be outlined in this article. The
combination of straight one handed and two-edged longswords and big, flat round shields was in regular use from the
younger Roman Iron Age to the Early Medieval Period. While in Northern Europe this combination stayed in use until
the 11th century, in Middle and Western Europe the domed round shield was adopted in the 9th century. This led to a
change in the fighting technique and therefore to a change of the shape of the swords. The sword blades started to taper
towards the point and the handles were made out of metal, which shifted the point of balance closer towards the handle.
The crossguards and the grips were designed longer which provided not only a better protection for the grabbing hand
but also more freedom of movement. From the 11th century onwards the domed shields were commonly used throughout
Europe and with them also the new sword types.
V
on der jüngeren Römischen Kaiserzeit bis ins Frühe
Mittelalter gehört die Kombination aus dem einhändig geführten, geraden, zweischneidigen Schwert
und dem großen, zentral gegriffenen, flachen Rundschild durchgehend zum Repertoire der mittel-, westund nordeuropäischen Bewaffnung. Diese Waffenkombination mit den dazugehörigen charakteristischen Waffentypen wird in Nordeuropa nahezu unverändert bis in das 11. Jh. beibehalten.1 Im fränkischen
und angelsächsischen Raum kommt es dagegen im 8.
Jh. zu einer Veränderung, der flache wird zu Gunsten
des gewölbten Rundschildes aufgegeben.2 Gleichzeitig
kommt es zu einer Veränderung der Schwertformen,
die zu den charakteristischen fränkischen und angelsächsischen Schwertformen führt. Als Gründe für den
Wechsel der Schildformen sieht R. Warzecha 3 den
Übergang von Einzelkampf zum Kampf in Verbänden
und zum berittenen Kampf an. Die Veränderungen der
Schwertformen erklärt er mit der geänderten Kampfesweise, die mit diesem Wechsel der Schildformen einher
geht. Im vorliegenden Artikel werden diese Veränderungen der Schwertformen auf der Grundlage von
aus der Literatur entnommenen metrischen und nicht
metrischen Daten analysiert. Es wird gezeigt, welche
Veränderungen genau auftreten, wann sie auftreten
und welche Einflüsse dies auf die Gebrauchseigenschaften der Schwerter hat. Dabei geht es zum einen
um die Lage des Schwerpunktes, die durch die Form
der Klinge, die Dimensionen und das Material des
Knaufes sowie durch die Grifflänge beeinflusst wird.
Der Schwerpunkt, bzw. seine Lage hat einen großen
Einfluss auf die Verwendbarkeit eines Schwertes. Liegt
er weit vom Gefäß entfernt, lassen sich mit dem Schwert
wuchtige Hiebe ausführen, es ist aber nicht sehr führig.
Liegt der Schwerpunkt dicht am Gefäß, so nimmt die
Wucht der Hiebe ab, das Schwert wird jedoch führiger,
es eignet sich jetzt besser zum Fechten mit Klingenbindung. Weiter geht es um den Schutz der Schwert1
2
3
Rudziński 2009, 27; Gebühr 1977, 122 Anm. 8.
Rudziński 2009, S. 27-28.
Warzecha im vorliegenden Band.
hand, der von Material und Dimensionen der Parierstange abhängt. Ein Schutz der Schwerthand durch
das Gefäß ist notwendig, wenn die Schwerthand zum
einen nicht ausreichend durch den eigenen Schild geschützt werden kann und zum anderen, wenn in einer Klingenbindung die Gefahr besteht, dass das gegnerische Schwert auf die Schwerthand gleitet. Die
Bewegungsfreiheit der Hand am Griff wird von der
Grifflänge und der Form der Knaufbasis, zu einem
geringeren Teil auch von der Form der Parierstange
beeinflusst. In einer Fechtweise, in der Handtreffer
unwahrscheinlich sind, kann die Bewegungsfreiheit
der Schwerthand dadurch erhöht werden, dass der Zeigefinger der Schwerthand über die Parierstange gelegt
wird. Dies ist in einer klingenbindungsbetonten Fechtweise nicht möglich, hier wird außerdem der Schwerthand eine größere Feinmotorik abverlangt, wozu sie
zusätzliche Bewegungsfreiheit am Griff benötigt.
Außerdem wird die Stabilität der Schwerter behandelt, die in den vorliegenden Fällen vor allem von den
Dimensionen der Griffangel abhängt.
Der gewählte Zeitrahmen dieser Untersuchung
beginnt in der jüngeren Römischen Kaiserzeit, da hier
der Gebrauch von großen, zentral gegriffenen, flachen
Rundschilden allgemein üblich wurde. Er läuft bis an
das Ende des Hochmittelalters, um die Entwicklung
vollständig zu erfassen. Es werden erst die in diesem
Zeitraum verwendeten Schildformen kurz beschrieben und dann die mit dem Wechsel der Schildformen
einhergehenden Veränderungen der Schwertformen
genauer betrachtet.
Schilde
Seit der älteren Römischen Kaiserzeit sind Rundschilde in Gebrauch, allgemein durchgesetzt hat sich
diese Form jedoch erst in der jüngeren Römischen
128
Ingo Petri
Kaiserzeit.4 Als Beispiel für Schilde der jüngeren Römischen Kaiserzeit in Nordeuropa werden hier die Funde
aus Illerup Ådal (Dänemark) vorgestellt. Sie sind flach,
annähernd rund und verfügen über einen zentralen
Griff.5 Ihre Durchmesser betragen 87-115 cm. Die
Schildbretter haben im Bereich des zentralen Schildbuckels eine Stärke von 4,5-12 mm, zum äußeren Rand
hin verjüngen sie sich gleichmäßig auf Stärken von 2,56 mm.6 Auch die vendelzeitlichen Schilde aus Vendel
und Valsgärde (Schweden) weisen mit 84-115 cm noch
vergleichbare Durchmesser auf.7 Im 7. Jh. tauchen im
skandinavischen, angelsächsischen und alamannischen
Raum im archäologischen Fundmaterial neben den
flachen Rundschilden erste gewölbte Exemplare auf.8
Diese konnten sich in Skandinavien nicht durchsetzen,
in der Wikingerzeit werden hier wieder ausschließlich
flache Rundschilde verwendet. Ihr Durchmesser reduziert sich im Vergleich zu den älteren Exemplaren leicht
auf 70-95 cm, die Stärke der Schildbretter bleibt mit
durchschnittlich 8,4 mm jedoch ähnlich. Die bekanntesten Beispiele für Schilde dieser Zeit stammen aus der
Schiffsbestattung von Gokstad (Norwegen). Ihr Durchmesser beträgt 94 cm bei einer maximalen Holzstärke von
7 mm.9 Während im wikingerzeitlichen Skandinavien
weiter flache Rundschilde verwendet werden, haben sich
die gewölbten Rundschilde im fränkischen und angelsächsischen Raum nach Ausweis der ikonographischen
Quellen spätestens im 8. Jh. durchgesetzt.10 Archäologische Funde hierzu fehlen. Die abgebildeten Schilde
sind annähernd rund und werden zentral gegriffen.
Schwerter
Für die folgende Untersuchung der Veränderung der
Schwertformen wurden die Gesamtlänge, Klingenlänge, maximale Klingenbreite, maximale Klingenstärke, maximale Griffangelbreite, maximale Griffangelstärke, Grifflänge und Parierstangenlänge publizierter
Schwerter in eine Datenbank aufgenommen und ausgewertet. Zusätzlich wurden die Klingenform, die
Konstruktion der Gefäße, ihr Material und die Knaufform analysiert. Der Publikationsstand der einzelnen
Zeitabschnitte unterscheidet sich stark. Während für
manche auf die Angaben im Katalog zurückgegriffen
werden konnte, wurden die Maße anderer Schwerter,
wenn der Maßstab dies zuließ, aus Zeichnungen abgemessen.
Als Beispiele für Schwerter der jüngeren Römischen
Kaiserzeit dienen die Funde aus Illerup Ådal (Dänemark), da es sich hierbei um den größten Schwertfundkomplex dieser Zeit handelt, der die gesamte Zeitspan-
ne abdeckt.11 Darüber hinaus konnten die wesentlichen
Maße entweder direkt aus dem umfangreichen Katalog
entnommen oder aus den Tafeln abgemessen werden.12
Die Schwerter des 5. bis 7. Jh. wurden von W. Menghin
publiziert.13 Hier konnten nur die im Katalog genannten Werte aufgenommen werden, da der Maßstab der
Zeichnungen es nicht erlaubte, Werte abzumessen. Die
Schwerter des 8. Jh. konnten anhand der Tafeln von
F. Stein14 vermessen werden. Die vollständigste Vorlage
liegt mit dem Katalog von A. Geibig15 für Schwerter
des ausgehenden 8. bis zum 13. Jh. vor.
Die so gewonnene Datengrundlage ist lückenhaft,
da nicht aus jeder der genannten Publikationen alle
Maße zu ermitteln waren. Einige Maße konnten nur
in Ausnahmefällen aufgenommen werden, so dass auf
ihre Analyse verzichtet wurde. Darauf wird an der entsprechenden Stelle eingegangen.
Die vorgenommenen Analysen können nur allgemeine Tendenzen in der Entwicklung aufzeigen. Einzelne Typen oder Einzelexemplare können nicht immer
klar eingeordnet bzw. erklärt werden. So wird z. B. die
lange Laufzeit einzelner Schwerter16 oder Schwertbestandteile17 das Bild verunklaren.
Klingenformen
Die Schwerter der jüngeren Römischen Kaiserzeit
und frühen Völkerwanderungszeit haben überwiegend
gerade Klingen, die sich zur Spitze hin verjüngen, wobei diese Verjüngung bei den älteren Exemplaren stärker
ist als bei den jüngeren. Es tritt eine Vielzahl unterschiedlicher Klingenquerschnitte und Spitzenformen auf.18
Die Schwerter haben eine mittlere Gesamtlänge von ca.
90 cm und eine mittlere Klingenbreite von ca. 4,5 cm.
Die Schneiden der Spathen des 5. bis 7. Jh. verlaufen
auf nahezu der gesamten Länge parallel und ziehen erst
kurz vor dem Ort zu einer relativ stumpfen Spitze ein.
Im Querschnitt weist die Klinge meist beidseitig eine
breite flache Hohlkehle auf, seltener ist sie rhombisch.19
Die Schwerter haben eine durchschnittliche Gesamtlänge von ca. 90 cm, die Klingenbreite ist mit durchschnittlich ca. 5 cm etwas größer als bei den älteren
Typen.
Die Spathen des 8. Jh. haben eine breite Klinge mit
ausgeprägter Hohlkehle.20 Sie gehören Geibigs Klingentyp 1 an, der bis ca. 800 n. Chr. verwendet wurde.
11
12
13
4
5
6
7
8
9
10
Zieling 1989, S. 354.
Ilkjær 2001, S. 359-360.
Ilkjær 2001, S. 343, Tab. 25; 28; 29.
Stephenson 2002, Tab. 2.
Rudziński 2009, 27-28.
Rudziński 2009, 26-29.
Rudziński 2009. 27-28.
14
15
16
17
18
19
20
Biborski/Ilkjær 2006a, S. 13-14.
Biborski/Ilkjær 2006a; Biborski/Ilkjær 2006b.
Menghin 1983.
Stein 1967b.
Geibig 1991.
Geibig 1991, S. 139.
Vgl. Geibig 1991, S. 150; 152-153.
Biborski/Ilkjær 2006a, 155-159, Abb. 105-112.
Menghin 1983, S. 16.
Stein 1967a, S. 9.
Die Entwicklung der europäischen Schwertformen vom 3. bis zum 13. Jh.
Er zeichnet sich durch annähernd parallel verlaufende
Schneiden aus, die erst kurz vor dem Ort zu einer kurzen,
gebaucht dachförmigen Spitze zusammenlaufen. Es ist
keine oder eine sehr flache Kehlung vorhanden. Der
Schwerpunkt der Klingen liegt sehr weit zur Spitze
hin.21 Die Klingenlänge beträgt allgemein unter 80
cm,22 woraus sich eine mittlere Gesamtlänge der
Schwerter von ca. 90 cm bei einer durchschnittlichen
Breite von ca. 5,5 cm ergibt.
Die Klingen der Typen Geibig 2 und 3, die etwa in
der Mitte des 8. Jh. aufkommen und bis in die zweite
Hälfte des 10. Jh. laufen, verjüngen sich leicht in konvexem Schwung zum Ort hin. Im vorderen Klingenbereich bilden sie eine teils kurze, stumpfe, teils etwas
längere gebaucht dachförmige Spitze. Sie haben eine
lange breite Kehlung. Der Schwerpunkt der Klingen
verlagert sich im Vergleich zu Typ 1 in Richtung Gefäß. Die Klingenlängen liegen zwischen 75 und 83
cm,23 die durchschnittliche Breite bei ca. 5,5 cm.
Mit einer leichten zeitlichen Überlappung schließen
daran in der zweiten Hälfte des 10. Jh. die Klingen der
Typen Geibig 4 und 5 an, die bis in die 2. Hälfte des
11. Jh. genutzt werden. Sie haben Ähnlichkeiten zu
den Typen 2 und 3, verjüngen sich aber stärker zum
Ort hin und sind insgesamt schlanker mit lang ausgezogenen Spitzen. Gleich bleibt bei Ihnen die recht
breite lange Kehlung. Zumindest ihr optischer Klingenschwerpunkt wandert im Vergleich zu den Typen 2
und 3 weiter in Richtung des Gefäßes. Die Klingenlängen betragen 69 bis 91 cm,24 die mittlere Klingenbreite ca. 5 cm.
Typ Geibig 6 (zweite Hälfte des 11. bis Mitte des 12.
Jh.) leitet schließlich in das 12. Jh. über. Die Klingen
sind im Vergleich zu den Typen 4 und 5 noch schlanker
und spitzer, die Kehlungslänge und Kehlungsbreite
nimmt ab. Sie werden mit Werten zwischen 84 und
91 cm im Mittel länger,25 die Klingenbreite bleibt im
Mittel gleich.
Im 12. Jh. kommt es mit den Typen Geibig 7 bis
11 zu einer größeren Vielfalt der Formen. Sie sind sehr
schmal und schlank (Typen Geibig 7, 9) bis schwer und
wuchtig (Typen Geibig 8, 10, 11), mit mittellangem (Typ
Geibig 7) bis langem Spitzenbereich (Typen Geibig
8, 9) und gerundetem (Typ Geibig 10) bis spitzen (Typen
Geibig 8, 9) Ort. Die Kehlungen sind mittelbreit
(Typen Geibig 10, 11), schmal (Typen Geibig 7, 8) bis
sehr schmal (Typ Geibig 9) und kurz, Die Klingenlängen variieren von ca. 81 bis über 91 cm.26 Die mittlere
Klingenbreite variiert je nach Typ von ca. 4,5 bis ca. 6 cm.
Die Typen 12 und 13 vom Ende des 12. bis ins 13.
Jh. zeigen eine kontinuierliche Verjüngung zum Ort
hin, mit lang ausgezogener Spitze und einer schmalen
und kurzen Kehlung. Die Klingen sind mit Länge von
über 100 bzw. über 91 cm sehr lang,27 die mittleren
Breiten liegen bei 5,5 bzw. 4,5 cm.
Deutlich erkennbar ist, dass sich die Schwertklingen
im Laufe der Zeit verändern. In der jüngeren Römischen
Kaiserzeit und der frühen Völkerwanderungszeit werden
die anfangs in Hinblick auf die Gestaltung des Querschnittes und der Spitzen sehr vielgestaltigen Klingen
uniformer, eine Verjüngung wird zu Gunsten von annähernd parallelschneidigen Klingen aufgegeben. Ab
etwa der Mitte des 8. Jh. kommt dann wieder eine Verjüngung der Klinge zum Ort hin auf.28 Die Klingenbreite nimmt bis etwa in die Mitte des 10 Jh. kontinuierlich zu, die Gesamtlänge der Schwerter bleibt annähernd gleich.29 Erst ab der 2. Hälfte des 10. Jh. bis
zum Ende des hier behandelten Zeitraumes werden die
Schwerter kontinuierlich länger,30 die Verjüngung wird
ausgeprägter. Zunächst werden die Klingen wieder etwas
schmaler, im 12. und 13. Jh. variieren die Klingenbreiten
im Zuge der Differenzierung in verschiedene Typen
dann jedoch stärker.
Der Schwerpunkt der Klingen befindet sich am Beginn der jüngeren Römischen Kaiserzeit aufgrund der
Verjüngung der Klinge relativ nahe am Gefäß. Er verschiebt sich durch die Formänderung bis zur Völkerwanderungszeit in Richtung der Spitze, um ab der Mitte
des 8. Jh. wieder in Richtung des Gefäßes zu wandern.31
Vermutlich erfolgt in der jüngeren Römischen Kaiserzeit
eine Optimierung der Schwertformen in Anpassung an
die Kampftechnik mit dem flachen Rundschild,32 der
sich zu dieser Zeit durchsetzt. Das Aufkommen von gewölbten Rundschilden und einer damit einhergehenden
Kampftechnik, in der die Schilde nicht mehr offensiv
eingesetzt wurden,33 führte ab dem 8. Jh. wiederum zu
einer Anpassung der Klingenform an diese Bedürfnisse.
Schwertgefäße
Einen großen Einfluss auf die Lage des Schwerpunktes eines Schwertes haben neben der Form der
Klinge auch die Größe und das Material des Gefäßes.
27
28
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22
23
24
25
26
Geibig
Geibig
Geibig
Geibig
Geibig
Geibig
1991, S. 85; 153, Abb. 22, 1; 40.
1991, S. 85.
1991, 85-86.;153, Abb. 22 2-3; 40.
1991, S. 86; 153, Abb. 22, 4; 22, 5; 40.
1991, S. 86-87, Abb. 22, 6; 40.
1991, S. 86-89; 153-154, Abb. 22, 7-22, 11; 40.
129
32
33
Geibig 1991, S. 89; 154, Abb. 22, 12; 22, 13; 40.
Vgl. Menghin 1980, S. 250; 260; 266.
Die Klingenlänge wäre aussagekräftiger als die Gesamtlänge
der Schwerter, da die Gesamtlänge in Abhängigkeit von der
Gefäßkonstruktion variiert (vgl. Carnap-Bornheim/Ilkjær
1996, S. 330; 332). Die Klingenlänge konnte aber nicht für alle
aufgenommenen Exemplare ermittelt werden, weswegen mit
der Gesamtlänge gearbeitet wurde.
Vgl. Geibig 1991, S. 158.
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass aufgrund der Literaturlage
nur die Breitseitenansichten der Klingen berücksichtigt werden
konnten. Die Klingenform in der Schmalseitenansicht hat aber
ebenfalls einen wesentlichen Einfluss auf die Lage des Schwerpunktes.
Warzecha im vorliegenden Band.
Warzecha im vorliegenden Band.
130
Ingo Petri
Je schwerer vor allem der Knauf ist und je weiter er von
der Klinge entfernt ist, desto weiter rückt der Schwerpunkt in Richtung des Gefäßes. Das Gewicht des
Knaufes hängt sowohl von seinem Volumen als auch
von seinem Material ab. Durch die Länge des Griffes
wird seine Entfernung von der Klinge beeinflusst.
Die Gefäße der Schwerter des 3. und 4. Jh. bestehen
vollständig aus organischem Material (Abb. 1), nur bei
prunkvollen Ausführungen sind sie mit metallenen
Ziernägeln und -nieten, Ringen, eingelegten Zierdrähten
und sogar metallverkleideten Griffen versehen. Als
Griffabschlüsse können metallene Knöpfe, Platten
(Abb. 2) und Knaufkronen verschiedener Form vorkommen, die im Laufe der Zeit an Größe zunehmen. Sie
dienen überwiegend als Wiederlager für das vernietete
Griffangelende, in seltenen Fällen auch als Abdeckung
des auf der Knaufstange vernieteten Griffangelendes
(Abb. 3).34
Bei den Spathen des 5. und 6. Jh. wurden die Gefäße
ebenfalls aus organischem Material35 gefertigt (Abb. 1),
welches bei prunkvollen Ausführungen mit Blechen
verkleidet ist. Knaufkronen sind selten, meist dienen
nur spitzovale Eisenplatten als Widerlager für das
auf der Knaufstange vernietete Griffangelende (Abb.
2).36 Möglich sind auch hohle Knaufkronen, die auf
die Knaufstange aufgenietet sind und das mit dieser
vernietete Griffangelende bedecken (Abb. 3). Solche
Knaufkronen kommen in unterschiedlicher Form an
meist qualitätvollen westeuropäischen und skandinavischen Spathen des 5. und 6. Jh. vor und weisen oft eine
reiche Verzierung auf.37 Im Laufe des 6. Jh. wird die
Befestigung des Gefäßes mit einfachen kleinen, massiven oder hohlen Metallknaufkronen, durch die die
Griffangel hindurchläuft und auf der Oberseite vernietet ist, häufiger (Abb. 4).38
Im 7. Jh. werden diese Knaufkronen größer. Sie treten nun gemeinsam mit aus organischem Material mit
einer metallenen Mittellage dreischichtig aufgebauten Knauf- und Parierstangen an einem Großteil der
Schwerter auf (Abb 5).39 Im 8. Jh. schließlich bestehen
Knaufkrone, Knaufstange und Parierstange vollständig aus Metall.40 Auch ihre Größe nimmt im Verlauf
des 8. Jh. weiter zu.41 Die Griffangel läuft durch die
Knaufstange und die massive Knaufkrone hindurch
und ist auf der Oberseite vernietet. Dieser von Geibig
als Konstruktionstyp I (Abb. 6) bezeichnete Aufbau
hat seine Hauptlaufzeit bis ca. 800 n. Chr.
34
35
36
37
38
39
40
41
Biborski/Ilkjær 2006a, S. 335-340, Abb. 114; 115;
Carnap-Bornheim/Ilkjær 1996, S. 334-343.
Menghin 1983, S. 17; 63, Abb. 28, 1.
Menghin 1983, S. 17, Abb. 2.3.
Menghin 1983, S. 17; 63, Abb. 2, 4; 28, 2.
Menghin 1983, S. 17; 63, Abb. 28, 3.
Menghin 1983, S. 63-88.
Menghin 1983, S. 17; Menghin 1980, S. 270; Stein 1967a,
S. 8.
Geibig 1991, S. 140-141; Menghin 1980, 240, Abb. 12.
Danach wird er von Konstruktionstyp II (Abb.
7) abgelöst, der im 9. Jh. und Teilen des 10. Jh. verbreitet ist. Bei Gefäßen dieses Typs läuft die Angel
nur durch die Knaufstange und ist am Ende vernietet.
Die Knaufkrone ist mit 2 Nieten oder einem U-förmigen Bügel an der Knaufstange befestigt. Die Knaufkronen sind in allen untersuchten Fällen mehr oder
weniger stark gehöhlt, die Wandungsstärken liegen bei
7 mm und kleiner. Bei einigen Exemplaren besteht die
Knaufkrone nur aus Eisenblech. Vermutlich ist auch
bei den meisten nicht untersuchten Fällen eine solche
Höhlung vorhanden.
Im 10. Jh. setzt sich dann Konstruktionstyp III
(Abb. 8) durch, der bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes den Gefäßaufbau bestimmt. Die Knäufe
sind einteilig und massiv gearbeitet, die Griffangel
läuft durch sie hindurch und ist am Ende vernietet.42
Die Gefäße des 3. bis 6 Jh. bestehen fast ausschließlich aus organischem Material, metallene Knaufkronen
kommen zwar vor, sind aber sehr klein oder hohl, so
dass die Gefäße nur wenig Einfluss auf die Lage des
Schwerpunktes des Schwertes haben. Im 7. Jh. werden
die Gefäße teilweise aus Metall konstruiert, im 8. Jh.
bestehen sie dann komplett aus Metall. Die zweiteilige
Knaufkonstruktion, die aus der Zeit stammt, in der
die Knaufstangen aus organischem Material bestanden
und die Vernietung der Griffangel durch eine metallene
Nietunterlage verbessert wurde, wird dennoch beibehalten. Im Laufe des 8. Jh. werden die Gefäße auch
insgesamt größer. Durch diese Entwicklungen rückt
der Schwerpunkt der Waffe immer näher an das Gefäß heran. Im 9. und Teilen des 10. Jh. setzt sich mit
Konstruktionstyp II ein neuer Gefäßaufbau durch,
bei dem jedoch jetzt die Knaufkronen, vergleichbar
mit den Konstruktionen an Gefäßen des 5. und 6. Jh.,
vermutlich alle hohl sind. Sie können damit nicht als
nennenswertes Gegengewicht zur Klinge dienen, sondern haben wahrscheinlich überwiegend eine Zierfunktion. Ab dem 10. Jh. setzen sich mit dem Konstruktionstyp III massive einteilige Knäufe durch,
wodurch der Schwerpunkt vermutlich noch weiter in
Richtung des Gefäßes verlagert wird. Die Position des
Schwerpunktes eines Schwertes wird jedoch durch die
Gesamtheit aus Gefäß und Klinge bestimmt. So kann
sich der Schwerpunkt bei den Schwertern des Konstruktionstypes II trotz der hohlen Knaufkronen durch
die aufkommende Verjüngung der Klinge zum Ort
hin trotzdem weiter Richtung Gefäß verlagern.
Bei den von I. Peirce 43 publizierten wikingerzeitlichen Schwertern variiert der Schwerpunkt von 6,5
cm bis 28,4 cm vor der Parierstange. Es ist keine Regelhaftigkeit feststellbar, obwohl alle Stücke vollständig
42
43
Geibig 1991, S. 90-97: 141; 157-158, Abb. 24.
Peirce 2002.
Die Entwicklung der europäischen Schwertformen vom 3. bis zum 13. Jh.
131
Abb. 1: Schwertgefäß aus organischem Material (nach Menghin
1983, Abb. 28, 1).
Abb. 2: Schwertgefäß aus organischem Material mit Metallplatte
als Griffabschluss (nach Menghin 1983, Abb. 2, 3; 28, 1).
Abb. 3: Schwertgefäß aus organischem Material mit hohler Metallknaufkrone (nach Menghin 1983, Abb. 2, 4; 28, 2).
Abb. 4: Schwertgefäß aus organischem Material mit massiver
Knaufkrone (nach Menghin 1983, Abb. 28, 3).
Abb. 5: Schwertgefäß mit dreischichtig aus organischem Material mit einer metallenen Mittellage aufgebauter Knauf- und
Parierstange und massiver Knaufkrone (Abbildung: Autor).
Abb. 6: Schwertgefäß aus Metall mit massiver Knaufkrone.
Konstruktionstyp I nach Geibig (nach Geibig 1991, Abb. 24).
Abb. 7: Schwertgefäß aus Metall mit hohler Knaufkrone. Konstruktionstyp II nach Geibig (nach Geibig 1991, Abb. 24).
Abb. 8: Schwertgefäß aus Metall mit einteiligem Knauf. Konstruktionstyp III nach Geibig (nach Geibig 1991, Abb. 24).
132
Ingo Petri
und gut erhalten sind. Die Gründe hierfür könnten
sein, dass die Schwerter unterschiedlichen Zwecken
dienten (z. B. Kavallerie- oder Infanterieschwerter)
oder dass hier unterschiedliche Vorlieben des Besitzers
zum Ausdruck kommen. A. Geibig44 konnte jedoch
feststellen, dass zumindest ein großer Teil der ihm vorliegenden Gefäße des 8. bis 13. Jh. nicht individuell
für eine Klinge gefertigt wurden. Wenn Klingen und
Gefäße unabhängig voneinander gefertigt werden, ist
es schwer, eine bestimmte Position des Schwerpunktes
zu erreichen. Möglicherweise war also eine bestimmte
Schwerpunktlage gar nicht gewünscht.
Abb. 9 zeigt, dass die Längen der Parierstangen vom
3. bis zum 13. Jh. kontinuierlich zunehmen. A. Geibig45 schreibt über sein Material, dass die Parierstangen
im 8. Jh. in der Regel nicht länger als 9,5 cm sind, im
9. Jh. bis 13-14 cm, im 10 Jh. bis 16 cm, im 11.-12. Jh.
bis über 20 cm und im 13. Jh. vereinzelt bis zu 28 cm
lang sind. Mit dieser Längenzunahme bieten sie einen
immer besseren Schutz der Schwerthand. Dieser wird
noch zusätzlich durch die im 7. Jh. einsetzende Nutzung von metallenen Parierstangen verbessert.
Abb. 10 ist zu entnehmen, dass auch die Grifflängen vom 3./4. Jh. bis zum 7./8. Jh. kontinuierlich von
ca. 7 bis 9 cm auf ca. 9 bis 11 cm, in Einzelfällen auch
auf ca. 11 bis 13 cm zunehmen. Erst im 12. Jh. treten
bei einzelnen Schwertern Grifflängen von ca. 13 bis 15
und im 13. Jh. von ca. 15 bis 17 cm auf. Ein längerer
Griff verbessert die Handhabung des Schwertes, da die
Hand flexibler am Griff verwendet werden kann. Zusätzlich dazu haben die Knäufe fast aller fränkischen
Schwerttypen ab dem 10. Jh. eine konvexe Unterseite,
was der Hand zusätzliche Bewegungsfreiheit gibt. Ein
längerer Griff verbessert auch den Hebelarm des Knaufes und rückt damit den Schwerpunkt in Richtung des
Gefäßes.
Bei kaiserzeitlichen Schwertern ist mehrfach die
Reparatur einer abgebrochenen Griffangel belegt.46
Die Griffangeln dieser Schwerter waren also scheinbar nicht stabil genug konstruiert, um den im Kampf
auftretenden Belastungen stand zu halten. Als Reaktion darauf werden die Griffangeln von der jüngeren
Römischen Kaiserzeit bis etwa in die Mitte des 8. Jh.
kontinuierlich breiter (Abb. 11).47
In der zweiten Hälfte des 9. und im 10. Jh. werden die Gefäßkonstruktionstypen I, II und III parallel benutzt. Typ I wird für angelsächsische Gefäßformen eingesetzt, während Typ II fast ausschließlich für
skandinavische und osteuropäische Gefäßformen ver-
wendet wird. Im fränkischen Raum setzt sich in der
zweiten Hälfte des 9. Jh. Konstruktionstyp III durch,
es kommt nur zu einer kurzen Überlappung mit Konstruktionstyp II. Spätestens ab dem 10. Jh. ist Typ III
alleine bestimmend für den Aufbau fränkischer Gefäßformen.48 Sowohl skandinavische als auch angelsächsische Gefäßformen der zweiten Hälfte des 9. und
des 10. Jh. treten außerhalb ihres Herkunftsgebietes
kaum auf.49
Auf Gefäßen skandinavischer Provenienz sind noch
bis in das 10. Jh. aufwändige Verzierungen zu finden.
Im Gegensatz dazu wird bei im fränkischen Raum gefertigten Gefäßen schon im Laufe des 9. Jh. gänzlich
auf Dekor verzichtet. Auch die weiteren Gefäßtypen
des 10. bis 13. Jh. sind in der Regel schlicht und ohne
zierendes Buntmetalldekor.50 Dies kann dadurch erklärt werden, dass sich im 8. Jh. im fränkischen Raum
der gewölbte Rundschild und die damit verbundene
Kampftechnik durchsetzte.51 Die skandinavischen Gefäßformen sind dafür nicht geeignet, da sie mit ihren
kurzen Parierstangen keinen ausreichenden Schutz für
die Schwerthand bieten und die geraden oder sogar
konkaven unteren Knaufabschlüsse die Bewegungsfreiheit der Hand einschränken. Deswegen konnten sie
sich nicht in das fränkische Gebiet hinein verbreiten.
Auch muss bei dieser neuen Kampfesweise die Schwerthand entblößt werden, wodurch die Gefahr einer Beschädigung des Gefäßes steigt. Möglicherweise wird
bei fränkischen Schwerttypen deshalb auf einen Dekor
verzichtet. Im skandinavischen Raum dagegen bleibt
vermutlich noch bis in das 11. Jh. hinein der flache
Rundschild und die damit verbundene Kampftechnik
in Gebrauch.52
Im angelsächsischen Raum kommt es im frühen
Mittelalter zu einer eigenständigen Entwicklung der
Gefäßformen.53 Vom 5. bis zum 7. Jh. werden hier
die gleichen Gefäßformen wie auf dem Kontinent verwendet, auch die Gefäßformen des 8. Jh. ähneln noch
den fränkischen.54 Ab dem 9. bis ins 11. Jh. kommt es
zu einer eigenen Entwicklung, die Enden der Parierstangen sind jetzt in Richtung der Klinge und die
Enden der Knaufstangen in Richtung der Knaufkronen gebogen. Parierstangen und Knäufe werden
aus Eisen gefertigt und reich verziert. Vom 9. bis
zum 11. Jh. werden die Gefäßteile größer und ihre
anfangs sehr starke Biegung wird schwächer. Solche
Gefäßtypen angelsächsischen Ursprungs kommen
auch in Skandinavien vor.55 Die angelsächsischen
Schilde dieser Zeit waren wie die fränkischen ge48
49
44
45
46
47
Geibig 1991, S. 95.
Geibig 1991, S. 158.
Biborski/Ilkjær 2006a, S. 204; 295; 347-348.
Genauso wichtig für die Stabilität der Griffangel ist ihre Stärke,
diese wird aber in der verwendeten Literatur zu selten aufgeführt, um ausgewertet werden zu können.
50
51
52
53
54
55
Geibig 1991, S. 143; 145; 158.
Geibig 1991, S. 161; 177; 183.
Geibig 1991, S. 138.
Warzecha im vorliegenden Band.
Warzecha im vorliegenden Band.
Bone 1989, S. 63.
Bone 1989, S. 64-66.
Bone 1989, S. 66-67.
Die Entwicklung der europäischen Schwertformen vom 3. bis zum 13. Jh.
133
Abb. 9: Parierstangenlängen der Schwerter des 3.-8. Jh. und der Schwerter mit Geibigs Klingentypen 2-13 (Abbildung: Autor).
Abb. 10: Grifflängen der Schwerter des 3.-8. Jh. und der Schwerter mit Geibigs Klingentypen 2-13 (Abbildung: Autor).
wölbt.56 Die Anpassung der Schwertformen geschieht
hier jedoch auf eine andere Weise: Durch die gebogenen Parierstangen wird der Schutz der Hand verbessert und in Kombination mit der gebogenen Knaufstange gleichzeitig der Hand eine größere Bewegungsfreiheit am Griff gegeben.
Im frühpiastischen Polen zeichnet sich ebenfalls eine eigene Entwicklung ab, hier kommen im
10./11. Jh. Schwerter mit Gefäßen auf, deren Parier-
stangen und Knäufe aus Bein gefertigt sind.57 Wenn
man das Schwert des heiligen Stephan, das sich in
Prag (Tschechische Republik) befindet,58 ebenfalls zu
dieser Gruppe zählt, dann sind die Enden der Parierstangen in allen Fällen in Richtung der Klinge,59
die Unterseiten der Knäufe mindestens bei der Hälfte
der erhaltenen Stücke in Richtung der Knaufkrone
gebogen.60 Sie werden meistens als Nachahmung rus57
58
59
56
Rudziński 2009, S. 28.
60
Marek 2005, S. 34-36; Sawicki 2001, S. 120; Janiak 2000,
S. 108; Kara 1988, 403-424.
Merhautová 2000, S. 535.
Kara 1988, S. 403-406.
Vgl. Kara 1988, S. 405.
134
Ingo Petri
Abb. 11: Griffangelbreiten der Schwerter des 3.-8. Jh. und der Schwerter mit Geibigs Klingentypen 2-13 (Abbildung: Autor).
sischer Gefäße angesehen, 61 seltener auch nord- oder
westeuropäischer.62 Mit den gebogenen Parierstangen
und Knaufunterseiten weisen sie große Ähnlichkeiten
zu den zeitgleichen angelsächsischen Gefäßtypen auf, 63
die allerdings aus Metall sind. Aus dem westslawischen
Raum sind nur wenige Schildfunde bekannt, 64 bei den
einzigen mehr oder weniger vollständig erhaltenen Exemplaren handelt es sich um die Schildkörper von zwei
vermutlich flachen hölzernen Rundschilden, das vollständigere Exemplar hat einen Durchmesser von 45
cm.65 Sie werden von J. Kostrzewski66 ins frühe bis hohe
Mittelalter datiert. Da also über die Schilde im frühpiastischen Polen fast nichts bekannt ist, kann auch
über die Gründe für diese Entwicklung der Schwertgefäße keine Aussage gemacht werden.
Die fränkischen Schwerttypen zeigen bereits ab der
zweiten Hälfte des 9. Jh. eine Verbreitung über ganz
Europa, ab dem 11. Jh. werden in ganz Europa ausschließlich fränkische Typen verwendet.67 Dies geht
einher mit der allgemeinen Abkehr von der Nutzung
des flachen Rundschildes zugunsten von gewölbten
Schildformen und den damit verbundenen Kampftechniken.68
Fazit
In der jüngeren Römischen Kaiserzeit setzt sich in
weiten Teilen Europas der große, flache, zentral gegriffene Rundschild als Bestandteil der Bewaffnung
61
62
63
64
65
66
67
68
Kara 1988, S. 412-413; 417-416. Hier weitere Literatur.
Marek 2005, S. 34. ; Sawicki (Anm. 68) 120.
Bone 1989, S. 66-67, Abb. 5, 5-6.
Rudziński 2009.
Cofta 1955, S. 98, Abb. 5.
Kostrzewski 1962, S. 281, Abb. 250.
Geibig 1991, S. 140-150; 159-177, Abb. 39.
Warzecha im vorliegenden Band.
durch. Parallel dazu kommt es zu einer Anpassung der
Schwertformen an die neuen Anforderungen, die die
mit dieser Schildform einhergehende Kampftechnik
an sie stellt. Die Schwerter werden kopflastiger, die
Gefäße bestehen überwiegend aus organischem Material. Im 7. Jh. kommen erste gewölbte Rundschilde
auf, die Schwertgefäße werden jetzt teilweise aus Metall gefertigt. Ab etwa der Mitte des 8. Jh. werden
die Schwerter im fränkischen Reich wieder weniger
kopflastig, die Parierstangen werden kontinuierlich
länger und die Gefäße bestehen nun vollständig aus
Metall, sie werden an den Gebrauch mit gewölbten,
zentral gegriffenen Rundschilden angepasst, die sich
hier in dieser Zeit durchsetzen. Während im skandinavischen Raum die alten Waffenformen beibehalten
werden, kommt es im angelsächsischen Raum zu einer
eigenen Entwicklung der Schwertformen. Hier setzt
sich ebenfalls der gewölbte Rundschild durch, die Anpassung der Schwertformen geschieht vor allem durch
die Biegung der Parier- und Knaufstangen. Im frühpiastischen Polen kommt es ebenfalls zu einer Eigenentwicklung, die Schwertgefäßformen ähneln den zeitgleichen angelsächsischen, sie sind jedoch aus Bein gefertigt. Mangels aussagekräftiger Schildfunde ist diese
Eigenentwicklung bisher nicht erklärbar. Im 11. Jh.
setzen sich die fränkischen Schwertformen in ganz
Europa durch, dies geht einher mit der Verwendung
gewölbter Schildformen und der damit einhergehenden Kampfesweise.69
69
Warzecha im vorliegenden Band.
Die Entwicklung der europäischen Schwertformen vom 3. bis zum 13. Jh.
135
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