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FLUGBLATT-PROPAGANDA ZU GUSTAV ADOLF VON SCHWEDEN Tobias E. Hämmerle, geb. 1990 in Wien, studierte Skandinavistik, Geschichte und Kunstgeschichte an der Universität Wien. Derzeit ist er am niederösterreichischen Institut für Landeskunde (NÖIL) beschäftigt und arbeitet zugleich – im Zuge seiner Dissertation – zum Schwedenbild im Heiligen Römischen Reich während der schwedischen Großmachtzeit (1611–1721). Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der frühneuzeitlichen Medienforschung. Er nutzt seinen bilingualen Hintergrund, indem er den Fokus seiner wissenschaftlichen Arbeit zumeist auf die Foto: Luiza Puiu – luizapuiu.com frühneuzeitliche Geschichte Schwedens legt. Tobias E. Hämmerle FLUGBLATT-PROPAGANDA ZU GUSTAV ADOLF VON SCHWEDEN Eine Auswertung zeitgenössischer Flugblätter der Königlichen Bibliothek zu Stockholm Tobias E. Hämmerle Flugblatt-Propaganda zu Gustav Adolf von Schweden Eine Auswertung zeitgenössischer Flugblätter der Königlichen Bibliothek zu Stockholm ISBN (Print) 978-3-96317-164-2 ISBN (ePDF) 978-3-96317-683-8 Copyright © 2019 Büchner-Verlag eG, Marburg Layout und Satz: DeinSatz Marburg | lf Bildnachweis Umschlag: Lisa Vietze – www.vietzelisa.org, Collage aus dem illustrierten Flugblatt AUGUSTA ANGUSTIATA, A DEO PER DEUM LIBERATA: Teutsch: Geängstigt ward Augspurg die Stadt: Gott durch Gott ihr geholffen hat, KB: KoB HP. G.II A. B.92. Lektorat: Hanna Vietze Das Werk, einschließlich all seiner Teile, ist urheberrechtlich durch den Verlag geschützt. Jede Verwertung ist ohne die Zustimmung des Verlags unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. www.buechner-verlag.de Danksagung Dieses Buch, bei dem es sich um eine vollständig überarbeitete und erweiterte Fassung meiner 2016 eingereichten Masterarbeit handelt, wurde allen voran durch die Unterstützung zweier Personen ermöglicht. Zum einen durch meinen Betreuer Herrn ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Martin Scheutz, der mir während des gesamten Arbeitsprozesses mit seiner Expertise zur Seite stand und stets ein offenes Ohr für meine Fragen hatte. Zum anderen unterstützte mich Frau Solveig von Essen, die als Bibliothekarin an der Königlichen Bibliothek zu Stockholm tätig ist und mir die Quellenarbeit vor Ort durch ihr großes Engagement und Interesse bedeutend erleichterte. Danken möchte ich außerdem meiner Lebenspartnerin Lisa Vietze, meinen Eltern Thora Britt-Marie und Martin Hämmerle sowie auch meinen Geschwistern Johanna und Daniel Hämmerle, die stets an meiner Seite standen und aus deren unterstützenden Ratschlägen ich wiederholt neue Kraft und Energie schöpfen konnte, sodass ich dieses Buch schließlich fertigstellen konnte. Auch Hanna Vietze trug durch ihr gewissenhaftes Lektorat und ihre interessanten Impulse maßgeblich zur Entstehung dieser Monographie bei. Dieses Buch möchte ich meinen bereits verstorbenen Großeltern Karl Thorvald Eriksson (1920–2008) und Evy Gunborg Matilda Eriksson (1914–2015) widmen, die mich als Menschen maßgeblich prägten und deren Liebe ich – ebenso wie die gemeinsamen Erinnerungen, insbesondere die vielen wunderbaren Sommeraufenthalte in Malmö – stets in meinem Herzen mittragen werden. Tack så mycket – Tack för allt! Wien, April 2019 Tobias E. Hämmerle Inhalt Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2 Begriffsdiskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 20 34 2.1 Definition des Flugblatt-Begriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Definition des Propaganda-Begriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 4 Das Zusammenspiel von Bild und Text im illustrierten Flugblatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Historischer Kontext und biographische Daten Gustav Adolfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 4.1 Biographische Daten Gustav Adolfs und ein kurzer Überblick über die geographischen und gesellschaftlichen Vorrausetzungen im Schweden des 17. Jahrhunderts . . . . . . . 4.2 Gustav Adolfs Eingreifen im Reich und die machtpolitische Entwicklung in dieser Zeit . . . . . . . . . . . . . . 5 46 48 Gustav Adolf im Wandel der zeitgenössischen Flugblatt-Propaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 5.1 Darstellung Gustav Adolfs in der protestantischen Flugblatt-Propaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 5.1.1 Die (pro)schwedische Flugblatt-Propaganda bis zur Landung Gustav Adolfs am 6. Juli 1630 . . . . . . . . . . . 73 8 Hämmerle: Flugblatt-Propaganda zu Gustav Adolf von Schweden 5.1.2 Die Inszenierung Gustav Adolfs in illustrierten Flugblättern ab der Landung auf der Insel Usedom am 6. Juli 1630 bis zum Beginn des Leipziger Konventes am 26. Februar 1631 (FGA1–FGA4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Das publizistische Bild Gustav Adolfs rund um den Leipziger Konvent bis zur Zerstörung der Stadt Magdeburg am 20. Mai 1631 (FGA5–FGA8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4 Gustav Adolf in den illustrierten Flugblättern nach der Zerstörung der Stadt Magdeburg am 20. Mai 1631 bis zur Schlacht bei Breitenfeld am 17. September 1631 (FGA9–FGA13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.5 Die Darstellung Gustav Adolfs in den illustrierten Flugblättern nach der Schlacht bei Breitenfeld am 17. September 1631 bis zum Lauff durch die Pfaffengasse Ende 1631 (FGA14–FGA26) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.6 Das publizistische Bild Gustav Adolfs während des Lauffes durch die Pfaffengasse bis zur »Befreiung« Nürnbergs am 21. März 1632 (FGA27–FGA47) . . . . . . . . 5.1.7 Die ikonographische Darstellung Gustav Adolfs in den illustrierten Flugblättern nach der »Befreiung« Nürnbergs am 21. März 1632 bis zur Einnahme Münchens am 17. Mai 1632 (FGA48a–FGA59) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.8 Gustav Adolf in den illustrierten Flugblättern nach der Einnahme der Stadt München am 17. Mai 1632 bis zu seinem Tod im Zuge der Schlacht bei Lützen am 16. November 1632 (FGA60–FGA62) . . . . . . . . . . . . . . 5.1.9 Die Darstellung Gustav Adolfs in der (pro)schwedischen Publizistik nach seinem Tod am 16. November 1632 bis zur Überführung des königlichen Leichnams am 16. Juli 1633 von Wolgast nach Schweden (FGA63–FGA72) . . . . . . . . . 5.1.10 Das publizistische Bild Gustav Adolfs nach der schwedischen Niederlage in der Schlacht bei Nördlingen am 6. September 1634 bis zum Prager Frieden am 30. Mai 1635 (FGA73–FGA74) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.11 Das fortbestehende memoria-Bild Gustav Adolfs nach dem Prager Frieden am 30. Mai 1635 bis zur Herausgabe der illustrierten Gedenkflugblätter anlässlich des im Jahre 1648 geschlossenen Westfälischen Friedens (FGA75–FGA77) . . . 76 93 97 105 137 165 181 187 196 198 Inhalt 9 5.2 Darstellung Gustav Adolfs in der katholischen Flugblatt-Propaganda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 6 Die Flugschrift – ein vernachlässigtes Medium der Flugblatt-Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 8 Katalog des ausgewählten Flugblatt-Bestandes . . . 223 8.1 Die Flugblatt-Sammlung der Königlichen Bibliothek zu Stockholm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 8.1.1 Geschichte über den Bestand der Königlichen Bibliothek zu Stockholm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 8.1.2 Carl Snoilsky und der Snoilsky-Katalog . . . . . . . . . . . . . . 229 8.2 Methodisches zur Transkription der illustrierten Flugblätter und der Erstellung des Kataloges . . . . . . . . . . . . . 8.2.1 Orthographische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.1.1 Die Lesung mancher Buchstaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.1.2 Capitalis im Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.2 Formale Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.2.1 Bezüglich der Nachempfindung der Layoutgestaltung . . . 8.2.2.2 Bezüglich der Beibehaltung des Leseflusses . . . . . . . . . . . 230 232 232 232 233 233 233 8.2.2.3 Bezüglich Fehlern, vergessenen Satzzeichen und Lücken im Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569 9.1 Primärquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569 9.2 Sekundärliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 9 1 Vorwort In diesem Buch wird anhand der Flugblatt-Sammlung der Königlichen Bibliothek zu Stockholm das zeitgenössische publizistische Bild des schwedischen Königs Gustav II. Adolf (1594–1632) dargestellt werden. Auf Grund der Tatsache, dass der schwedische König in den zeitgenössischen Flugblättern und Flugschriften stets nur als Gustav Adolf bezeichnet wird, soll dieser Name auch hier so verwendet werden. Basierend auf einem ausgewählten Bestand von zeitgenössischen illustrierten Flugblättern, die zwischen 1630 und 1635 herausgebracht wurden und allesamt in der Königlichen Bibliothek zu Stockholm zu finden sind, soll die zweiteilige Arbeit sich anfänglich mit den vorhandenen Darstellungen des schwedischen Königs auseinandersetzen. Hierbei soll der publizistische Wandel, der zwischen der Landung Gustav Adolfs auf der norddeutschen Insel Usedom am 6. Juli 1630 bis zu dessen Tod im Zuge der Schlacht bei Lützen am 16. November 1632 – und auch darüber hinaus – stattfand, dargestellt und analysiert werden. In einem Introduktionskapitel sollen die beiden zentralen Begrifflichkeiten dieser Arbeit – Flugblatt und Propaganda – unter dem Blickwinkel des aktuellen Forschungsstandes mit Fokus auf die Frühe Neuzeit besprochen werden. Ein weiteres Kapitel behandelt die Frage, in welcher Relation die Bild- und Textebene des illustrierten Flugblattes zueinanderstehen. In der Flugblatt-Forschung wurde das illustrierte Flugblatt lange Zeit auf seine visuelle Ebene reduziert, wohingegen die jüngere Flugblatt-Forschung der Textebene eine größere Rolle zugesteht. In diesem Kapitel soll besprochen werden, ob zwischen diesen beiden Ebenen eine Hierarchie besteht oder ob sie vielmehr als gleichrangig zu bezeichnen sind. Anschließend ist es notwendig, den groben historischen Kontext wiederzugeben, um die Analyse der illustrierten Flugblätter besser nachvollziehen zu können. 12 Hämmerle: Flugblatt-Propaganda zu Gustav Adolf von Schweden Die zu analysierenden illustrierten Flugblätter sollen in einer möglichst genauen Chronologie angeordnet werden, was sich jedoch als Schwierigkeit erweist, da in vielen Fällen keine auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung hinweisende Jahreszahl – geschweige denn ein Monat – angeführt wird. Im Zuge der Analyse der illustrierten Flugblätter soll sowohl die textuelle als auch die visuelle Ebene miteinbezogen werden. Es fällt auf, dass in der zu untersuchenden Zeitspanne (1630–1635) vor allem die protestantische Publizistik tätig war, weshalb zuerst die illustrierten Flugblätter protestantischen Ursprungs analysiert werden. Im Anschluss werden die vergleichsweise wenigen katholischen Exemplare behandelt. Anhand dieser Gegenüberstellung soll auch die Frage beantwortet werden, ob die protestantische bzw. proschwedische und schwedische Publizistik1 im Heiligen Römischen Reich in Hinblick auf die dauerhafte Inszenierung und Manifestation des schwedischen Königs als Beschützer und Retter der protestantischen Konfession erfolgreich war. 1 Die textlichen sowie auch bildlichen Inhalte der illustrierten Flugblätter, die vor allem zwischen 1630 und 1633 im Heiligen Römischen Reich herausgebracht wurden und die sich auf »Schweden« – darunter ist primär der schwedische König, das schwedische Königreich sowie auch die schwedische Armee zu verstehen – bezogen, wurden zum einen von proschwedischen Publizisten und zum anderen von schwedischen Publizisten gesteuert. Die schwedische Publizistik, welche im Auftrag der schwedischen Reichskanzlei agierte, hatte – modern ausgedrückt – den Auftrag, ein möglichst positives Image »Schwedens« herzustellen und die Stimmung im Reich zu beeinflussen, damit die protestantische Bevölkerung einerseits mit der schwedisch-militärischen Operation sympathisierte und andererseits die eigene Politik legitimiert wurde. Die proschwedische Publizistik hingegen unterstand nicht per se der schwedischen Reichskanzlei (nur ein gewisser Teil wurde von der schwedischen Reichskanzlei selbst finanziert), sondern betrieb aus eigenem Interesse eine schwedenfreundliche Flugblatt-Propaganda. Anhand der bestehenden Netzwerke, Druckwerkstätten und publizistischen Zentren, die sich seit dem 16. Jahrhundert in den wichtigsten Reichsstädten gebildet hatten – dazu zählen u. a. Augsburg, Nürnberg, Straßburg oder Frankfurt am Main –, war es für diese leichter, die protestantischen Fürsten zu erreichen. Folglich versuchten diese proschwedischen Publizisten anhand möglichst starker Schwedenbilder, die protestantischen Fürsten dazu zu bewegen, mit dem schwedischen König machtpolitische Bündnisse gegen den Kaiser einzugehen. Die proschwedischen und schwedischen Publizisten hatten somit von Anfang an ähnliche publizistische Intentionen und Ambitionen, weshalb es aus heutiger Sicht – vor allem wenn kein Druckort angeführt wird – äußerst schwierig festzustellen ist, ob ein illustriertes Flugblatt der proschwedischen oder der schwedischen Publizistik zuzuschreiben ist. In diesem Buch soll daher nicht zwischen proschwedischen und schwedischen Publizisten unterschieden werden, sondern als pragmatische Mischform von den (pro)schwedischen Publizisten gesprochen werden. 1 Vorwort 13 Der zweite Teil dieses Buches setzt sich mit der Erstellung eines Bestandskataloges der im vorangegangenen Teil der Arbeit besprochenen illustrierten Flugblätter auseinander. Hierbei wird der Bestand von 85 illustrierten Flugblatt-Exemplaren, die allesamt Gustav Adolf abbilden, chronologisch eingeordnet und mit einer wortgetreuen Transkription versehen. Bevor die einzelnen illustrierten Flugblätter jedoch abgedruckt werden, wird kurz auf die Bestandsgeschichte der Königlichen Bibliothek zu Stockholm sowie auch auf den ehemaligen Hauptbibliothekar Carl Snoilsky (1841–1903) eingegangen. Dieser legte im Jahr 1893 den noch heute aktuellen Flugblatt-Katalog an, in welchem alle vorhandenen illustrierten Flugblätter katalogisiert und mit den wichtigsten Eckdaten versehen sind. Als Einstieg zum eigentlichen Katalog wird die methodische Vorgehensweise bei der Erstellung des Kataloges erläutert. Im Rahmen dieses Buches werden die schwedischen Begrifflichkeiten kursiv gesetzt, während die deutschen Übersetzungen anschließend in Klammern beigefügt werden. Schwedische Zitate werden zur Aufrechterhaltung des Leseflusses in deutscher Übersetzung in den Text integriert und mittels Fußnote in der Ausgangssprache angegeben. 5 Gustav Adolf im Wandel der zeitgenössischen Flugblatt-Propaganda 93 5.1.3 Das publizistische Bild Gustav Adolfs rund um den Leipziger Konvent bis zur Zerstörung der Stadt Magdeburg am 20. Mai 1631 (FGA5–FGA8) Dem schwedischen König, welcher darauf bedacht war, so schnell wie möglich Allianzen im Reich einzugehen, gelang mit dem Vertrag von Bärwalden am 23. Januar 1631 zwar ein erster Erfolg, trotzdem legten viele (pro)schwedische Publizisten zu diesem Zeitpunkt große Hoffnung in die machtpolitische Entwicklung rund um den Leipziger Konvent. In dieser Zeit, in der die (pro)schwedische Flugblatt-Propaganda versuchte, die derzeitige Lage rund um den Leipziger Konvent für sich zu nutzen und die protestantischen Fürsten sowie auch die protestantischen RezipientInnen von illustrierten Flugblättern auf die eigene Seite zu bekommen, wurden ebenso Flugblätter herausgebracht, auf denen man einerseits auf die Diszipliniertheit und andererseits auch auf die Kuriosität des schwedischen Heeres hinwies. Die protestantischen Publizisten schilderten in den illustrierten Flugblättern die Eigenheiten und Verschiedenheiten des schwedischen Heeres, welches neben Schweden in den eigenen Reihen auch Finnen, Esten, Sami – in den illustrierten Flugblättern wird noch die mittlerweile veraltete Bezeichnung »Lappen« verwendet –, Ingermänländer, Holländer, Deutsche sowie Iren und Schotten187 umfasste. Dies tat man wohl entweder aus Neugier gegenüber dem Fremdkulturellen oder weil sie wussten, dass sich diese »sonderbaren« Darstellungen – die wenigsten Leute im Reich hatten in ihrem Leben beispielsweise einen Esten oder einen Schotten zu Augen bekommen – auch gut verkauften. In dieser Zeit dürfte daher das illustrierte Flugblatt 187 Auch schottische Truppen kämpften als Söldner während des Dreißigjährigen Krieges. Der schottische Adelige Sir Donald MacKay of Far (1591–1649) hatte 1626 ein Regiment bestehend aus 3.000 Soldaten angeworben und kämpfte zuerst auf Seiten Dänemarks. Nachdem sich Dänemark nach dem Verlust gegen das kaiserliche Lager aus dem Krieg zurückgezogen hatte, wurden die schottischen Söldner von Gustav Adolf angeworben. Einer der Obristen in diesem Söldnerheer war Robert Monroe, der bei einem Großteil der militärischen Operationen – darunter auch die Schlacht bei Breitenfeld – mitwirkte. Basierend auf seinen persönlichen Erlebnissen im Zuge von Schlachten, Belagerungen und dem Kriegsalltag, die er während seines Aufenthaltes im Heiligen Römischen Reich notiert hatte, wurde im Jahr 1637 eine Regimentsgeschichte des Regiments MacKay veröffentlicht; siehe Monroe, his Expedition with the worthy Scots Regiment (called Mac-Keyes Regiment). 94 Hämmerle: Flugblatt-Propaganda zu Gustav Adolf von Schweden Kurtze Beschreibung/ deß auß Irland/ der Königl. Maj. in Schweden ankommenden KriegsVolck ins Teutschland (FGA6) herausgebracht worden sein. In diesem illustrierten Flugblatt wird über die 800 gelandeten irischen Söldner – eigentlich waren damit die aus Schottland stammenden Söldner gemeint188 – geschrieben, welche im Juli 1630 in Stettin angekommen waren. Auf dem Kupferstich werden vier irische Söldnerführer dargestellt, die mit Kurzschwertern, Pfeil und Bogen sowie auch mit Gewehr bewaffnet sind. Ihr sonderliches Erscheinungsbild kam für die damaligen zeitgenössischen RezipientInnen wohl dadurch zum Ausdruck, dass allesamt lange Gewänder in gleichem karierten Stoff und zudem geraffte Stoffhauben auf ihren Köpfen tragen. Ferner sind sie entweder barfuß oder tragen, wie es im Text des illustrierten Flugblattes beschrieben wird, Schuhwerk an den Füßen, das aus Bast gemacht ist. Die vier irischen Söldner befinden sich in dieser dargestellten Szene auf einer Anhöhe und werden als jene Söldner dargestellt, die im Juli des Jahres 1630 bei Stettin in Pommern gelandet waren. In der linken oberen und der rechten oberen Ecke sind einerseits ein Porträt vom schwedischen König in Harnisch und andererseits das von einem Lorbeerkranz umrungene und aus Löwen und drei Kronen bestehende schwedische Wappen zu erkennen. Durch Anführung dieser Wappen wird dem/der BeobachterIn suggeriert, dass die vier kuriosen irischen Söldner mit dem schwedischen König in Verbindung zu bringen sind. Gleichzeitig rühmt der Autor auch die Ausdauer der vier irischen Söldner und beschreibt das Land, in dem sie wohnen, auf folgende Weise: Dises Volck nun ist ein hartes vnd thauerhafftes Volck/ schwartz als die Ziegäuner/ gebrauchen sich im Kriegswesen mit Musqueten/ Köchern/ Pfeiln/ Bögen vnd langen Messern/ sind kurtz von Person/ lauffen gantz geschwind/ vnd so es die Nohtdurfft erfordert des Tages 16. biß in 20. Meilwegs/ behelffen sich mit geringer Speiß/ vnd wenn sie nit Brodt haben/ lassen sie sich an den Wurtzeln auß der Erden begnügen.189 188 189 Paas, The German Political Broadsheet Bd. 5, 344. Kurtze Beschreibung/ deß auß Irland/ der Königl. Maj. in Schweden ankommenden KriegsVolck ins Teutschland (FGA6). 5 Gustav Adolf im Wandel der zeitgenössischen Flugblatt-Propaganda 95 Obwohl in diesem illustrierten Flugblatt klar hervorgehoben wird, dass es sich um ein Volck handelt, das anders aussieht und andere Sitten besitzt, ist doch ein Funken an Bewunderung zu erkennen. So werden die Fähigkeiten, dass sie beispielsweise viel marschieren können, genügsam sind und sich, falls notwendig, auch während eines langen Marsches bloß von Wurzeln ernähren können, als Gründe genannt, weshalb der schwedische Zug bislang so erfolgreich gewesen ist. Nichtsdestotrotz ist das publizistische Bild der Iren, Schotten, Samen, Finnen, Livländer etc. durch eine klare Ambivalenz geprägt, wodurch den RezipientInnen des illustrierten Flugblattes ein Fenster offen gelassen wird, um die Politik bzw. die Söldner rund um Gustav Adolf zu kritisieren.190 Die Propaganda funktionierte in dieser Zeit der Besprechungen des Leipziger Konventes auf schwedischer Seite aber nicht wie gewünscht. Daher kamen in dieser Phase auch Nachdrucke von bereits bekannten Motiven zu Stande, die in ihrer Aussagekraft teilweise verstärkt oder durch manche Stilmittel und Attribute ergänzt werden.191 Zu beobachten ist, dass die (pro)schwedische Flugblatt-Propaganda, wohl bedingt durch die politische Stagnation und die wenig positive Entwicklung nach den Beschlüssen des Leipziger Konventes, relativ unkreativ agierte. Man griff häufiger auf bereits vorhandene Vorlagen zurück, bei denen lediglich Bildmotive und Texte an die aktuelle politische Lage angepasst wurden. Ein illustriertes Flugblatt, das in dieser Zeit vermutlich herausgebracht wurde, ist CONTINVATIO Schwedischer vnd Anderer Rettung der Christlichen Kirchen/ Anno 1631 (FGA7). In diesem illustrierten Flugblatt wird wiederum auf das Thema des durch Gott gewollten Eingriffes der Schweden im Reich Bezug genommen. Bedingt durch die Titeländerung – im Gegensatz zu Schwedische Rettung der Christlichen Kirchen/ Anno 1630. (FGA3a) – ist zu erkennen, dass der schwedische König zu diesem Zeitpunkt bereits einige Verbündete auf seine Seite hatte bringen können. Nichtsdestotrotz lehnten die wichtigsten protestantischen Bündnispartner Brandenburg und Sachsen es immer noch ab, mit Schweden ein Bündnis einzugehen. Ferner wird in diesem illustrierten Flugblatt auf die Landung der Schweden und Gustav Adolfs am 6. Juli 1630 Bezug genommen. Auch hier wird das 190 191 Harms, Flugblatt, 336 f. Paas, The Changing Image of Gustavus Adolphus on German Broadsheets, 220. 96 Hämmerle: Flugblatt-Propaganda zu Gustav Adolf von Schweden historische Ereignis der Landung auf der Insel Usedom auf eine heilsgeschichtliche Art und Weise allegorisiert und in Form einer Traumvision behandelt. Wiederum ist der schwedische Löwe bzw. der Löwe aus Mitternacht abgebildet, der von einem Schiff absteigt und mit seinem erhobenen Schwert gegen das katholische, siebenköpfige Ungeheuer der Apokalypse schreitet, um dieses zu bekämpfen. Der siebenköpfige Drache, der verschiedene klerikale Kopfbedeckungen trägt – Tiara, Jesuitenhut etc. – wird als Antichrist dargestellt, der die christliche Kirche, welche als angekettete hilflose Frau abgebildet wird, bedroht. Als gerechte Strafe bekommt diese daher vom Löwen aus Mitternacht einen Kopf abgeschlagen. Diesmal wird der schwedische Löwe aber nicht nur von einem niederländischen Schipper und der Hanse begleitet, sondern auch von einem pommerischen Greif unterstützt. Die Hanse, die auch hier als auf dem Schiffmast sitzender Hahn dargestellt wird, sowie auch der holländische Steuermann stehen für die finanzielle Unterstützung, welche Schweden in dieser anfänglichen Phase für den Kriegseintritt im Reich bekommen hatte. Auf diesem illustrierten Flugblatt ist ein weiterer Löwe zu sehen, der einen Bischofshut auf dem Kopf trägt und auf dessen Rücken die »Jungfrau Magdeburg« mit einem Falken auf der Hand sitzend abgebildet ist. Der Falke deutet hier den Namen des vom schwedischen König eingesetzten Stadtkommandanten Dietrich von Falkenberg an. Aufgrund der Referenz auf den Falken ist zu vermuten, dass das illustrierte Flugblatt wohl im Frühjahr 1631, aber mit Sicherheit vor dem 20. Mai 1631, herausgebracht wurde. Die Anspielung auf Magdeburg und Falkenberg wäre danach wohl kaum von der (pro)schwedischen Publizistik verwendet worden.192 Die Überschrift und die Darstellung des pommerischen Greifes sowie die Darstellung der Figuren Melanchthons und Luthers, welche als Schneider dargestellt werden, die den wahren Glauben wiederherstellen sollen, indem sie ihr zerissenes Kleid reparieren, sollten die protestantischen Fürsten im Reich dazu motivieren, sich ebenso den Schweden anzuschließen. Dem schwedischen Eingriff wird dabei eine religiöse Begründung zugeschrieben, die durch die Präsenz des Engels, welcher am Heck des Schiffes steht und in die Posaune bläst, verstärkt wird. Auch in diesem illustrierten Flugblatt wird der deutsche Protestantismus in Form 192 Pfaffenbichler, Die Propaganda im 30-jährigen Krieg, 64–66. 5 Gustav Adolf im Wandel der zeitgenössischen Flugblatt-Propaganda 97 einer Kirche dargestellt, die auf drei Säulen steht und von der bereits fünf Säulen zerstört wurden. 5.1.4 Gustav Adolf in den illustrierten Flugblättern nach der Zerstörung der Stadt Magdeburg am 20. Mai 1631 bis zur Schlacht bei Breitenfeld am 17. September 1631 (FGA9–FGA13) Die (pro)schwedische Flugblatt-Agitation versuchte zu diesem Zeitpunkt vergeblich, die protestantischen Fürsten dazu zu bewegen, eine schwedenfreundlichere Politik zu betreiben und ein Bündnis mit Gustav Adolf einzugehen. Letztlich war es erst das harte Vorgehen der Rekatholisierung und der kaiserlichen Truppen unter Tilly, allen voran die Zerstörung Magdeburgs und die darauffolgenden Züge in Sachsen, die die protestantischen Fürsten näher an das schwedische Heer rückten. Mit der Zerstörung Magdeburgs am 20. Mai 1631 kam es für die (pro) schwedische Propaganda vorerst zu einem propagandistischen Rückfall; im Nachhinein kristallisierte sich das Ereignis aber als wichtiger Wendepunkt heraus. So zeigte sich schon bald, dass die kaiserliche Publizistik nicht in der Lage war, die Zerstörung Magdeburgs für sich zu nutzen.193 Ein sehr beliebtes Motiv in Verbindung mit der Zerstörung Magdeburgs war jenes der Brautwerbung, das vor allem in der katholischen Publizistik194 Verwendung fand. Dabei wurde General Tilly als Bräutigam inszeniert, während Magdeburg – das Wappen Magdeburgs195 und der Name der Stadt legten diese Interpretation nahe – als Braut und Gustav Adolf als zu spät erscheinender Bräutigam oder als deren alter Brautvater dargestellt wurden.196 193 194 195 196 Öhman, Der Kampf um den Frieden, 31. Diese illustrierten Flugblätter katholischen Ursprungs, welche Gustav Adolf abbilden und in der Königlichen Bibliothek zu Stockholm vorhanden sind, werden im Anschluss an die Analyse der protestantischen illustrierten Flugblätter, gesondert in einem eigenen Kapitel, besprochen. Das Wappen Magdeburgs stellt eine bekleidete Jungfrau (Magd) dar, die mit erhobener Hand einen Kranz emporhält und auf einer gezinnten Burg mit hochgezogenem Fallgitter, geöffnetem Tor und zwei spitzbedachten Türmen steht. Tschopp, Heilsgeschichtliche Deutungsmuster, 39. 8 Katalog des ausgewählten Flugblatt-Bestandes / FGA5 FGA5 Titel: Lutherisch/ vnd Calvinisch/ Jüngstgehaltner Rathschluß/ Darinnen ein Jedweder sein Meynung fürbringt/ wie dargegen (dero eygnen wahren Bekandtnuß nach) Ihr intent wieder Ihr Käys: May: zurück gehet/ vnd klagen/ wie es etlichen vbel ergangen ist. Signatur: KB: KoB HP. G.II A. B.19 Ort: – Stecher: – Jahr: 1631 Format: Radierung*: 145 × 290 mm Andere Fassungen: – Transkription: 1. Spalte: König in Schweden. ALß Beruffner komb ich in diesen Rath Ewrem Begeren zugeben statt Vnd setze mich auch oben an Vnd von euch ferner zuverstan Ob ihr mir auch wölt helffen bey zeit Zu Pom̅ ern/ meinen Soldaten zur Beut/ Ehe mich Tylli gen Magdeburg führt Vnd mir ein gute Product abschmürt. König in Franckreich. Die Hülff so ihr da thut begeren An vnß/ möchten wir euch gewehren Wofern/ waß darbey zusuchen wehr So nutzet/ zu vnserm Reich allher Wann wir aber solten viel spendirn Vnd gewarten darbey zuverliern Daß were für vns gar nicht fein Darumb wollen wir versichert seyn. König in Engellandt. Ewer Wolfarth möchten wir gern sehn Sonst thun wir vns nichts vnderstehn Mit gutem Rath lassen wir vns finden Da wird kein Mangel nie erwinden Doch sehen möchten wir gar gern/ Daß ewer Glaub sich thete mehrn Zu Vndertruckung deß Käyserthumb/ 253 254 Hämmerle: Flugblatt-Propaganda zu Gustav Adolf von Schweden Mein Schwager geb wol was darumb. Fridericus/ Gewesener B. Kön. Ja lieber Herr Schwager ihr redt wol recht Aber jetzundt bin ich viel zuschlecht Ich muß zuhören nur von weiten Kan mich jetzundt nicht mehr außbreiten Mit meiner Hülff was zurichten auß Ich wer wol blieben in meim Hauß Zu Heydelberg/ da wer ich wol gesessen Aber ich war so gar vermessen Durch vieler Anschläg grosser Herrn Wolt ich in Böhmen suchen gern Erstlich dieselb schön Königlich Kron Weil ich thet einß Königs Tochter hon Weiter/ darnach mich vmbzuschawen Vnd auff das Käyserthumb/ auch bawen Jetzt hat mirs gefehlt/ man sicht wies steht Ihr Herrn seht daß euch nicht so geht. Fried: sein Gemahlin: Sämptlich ihr Herrn sprich ich euch an Vmb Hülff/ bitt wolt mich nicht verlan Daß ich komb wieder in Pfaltz mit ehrn Weil ich bekomb viel Junger Herrn Dann sonsten weiß ich nicht zubleiben’ Müst mein Zeit im Elendt vertreiben. Frid. Gröster Sohn. Herr Vatter/ vnd auch Fraw Mutter mein Ein Rath thut mir jetzt fallen ein 2. Spalte: Chur Sachsen wollen wir ansprechen Der soll vns an Chur Bayern rechen Vnß wieder helffen in vnser Landt Franckreich thut ihm vielleicht Beystandt Daß wir mit Glück möchten kom̅ en hinein Dann wolten wir wol stille sein. Churfürst in Sachssen. Seindt mir nicht daß seltzsame Bossen Waß wir zu Leiptzig habn beschlossen Zuerhaltung vnsers reinen Wort Daß geht zurück/ vnd gar nicht fort Jetzt weiß ich anderst keinen Rath Auff der Waag sitz ich frü vnd spath 8 Katalog des ausgewählten Flugblatt-Bestandes / FGA5 Nimb ich mich der Prædicanten an Gehts mir wiem Pfaltzgraff Friderich/ komb in Bann. Chur Brandenburg. Mit Rath kündt es vns doch nicht fehlen Mit Volck vnd Gelt wir vns auch stellen Die Geistlichen Güter her zugeben/ Kan ich dessen Rath gar nicht geleben/ Dem Schweden thu ich Contribuirn Der wird mich in meim Landt Saluirn Biß daß wird wieder kommen die Zeit Daß Gott seim Volck die Erndte geit. Würtemberg. Ach weh ich bin aller Vnmuth voll In meim Landt geht es mir nit wol Deß Käysers Volck hat mich vbereilt Meine Nachbarn haben wirs mitgetheilt Haben sie Käyserischen herein gelassen Die haben mit mir abaust solcher massen Daß ich hab müssen dem Eydt geleben/ Straßburg. Zu erhaltung vnser Religion war/ Setzen wir Leib/ Blut/ Gelt vnd Gut dar/ Wir wöllen halten was fürgenommen/ Vnd wann der Käyser schon thut kommen So thun wir ihm doch Wiederstandt Vnd bringen den Frantzosen ins Landt Derselbig thut vns wol beystohn Vermeint die Statt zubringen darvon. Nürnberg. Mit Schweden/ Sachssen vnd Brandenburg Auch mit der Vnion vnd Straßburg/ Soln wir halten/ es wer w[ol] vnser Will Wir förchten/ wir fangen ein Thier mit Füssen viel/ Wie wir vor Alters haben gethan/ Am Gelt solts wol kein Mangel han. An Kriegs Monition auch fehlen nicht/ Allein nur manglets an der Pflicht/ Daß man kein Vntrew auff vns halt So geben wir vns ins Käysers Gewalt. Augspurg. Vor lengsten ist das Käyserlich Mandat Gesandt worden allhie in vnser Statt 255 256 Hämmerle: Flugblatt-Propaganda zu Gustav Adolf von Schweden Daß wir vnß alle solten ergeben Zu dem alten Catholischen Leben/ Dem haben wir bißher Parirt/ Vnd vnß gehalten/ wie es sich gebürt/ 3. Spalte: Wer anderst von vnß sagen kan/ Der redt nicht wie Bierderman. Statt Vlm. Gut ist gewesen vnser Fürnemen Da aber d’s Käysers Volck thet kommen Allhie her vmb vnsere Statt/ Da war all vnser Rath zu spath Waß halff vns Gelt/ Volck/ vnd Monition Niemandt war/ so mocht wieder stohn Zuletzt war vnser Schluß im Rath/ Vnß zuergeben auff Gnadt vnd Vngnadt. Alle andere Reichsstätt. Waß wird vnser Sach jetzundt weren Oder zu wem müssen wir vns kehren All vnser Anschläg gehn zu Grundt Der Käyser kompt vber vns rundt Vnd nimbt vns nacheinander ein Das ist vns gar ein grosse Pein Memmingen/ Kempten/ hats empfunden Zuletzt bleiben wir auch nicht dahinden Holländer. Vernemen thun wir gar nicht gern Allhie in diesem Rath ihr Herrn Daß es euch also zuwieder geht Vnd wie es dann auch mit vns steht Daß habt ihr gar wol zuvermuthen Daß Spanien ligt vns nicht zum Guten/ Wann der Käyser thuts Reich erwerben Ists vnser eusserstes verderben. Alle Lutherische Prädicanten. Der Teuffel ist kommen auß der Höll/ Daß er das reine Wort zurück stell/ Es geht doch vns alles zuwieder Wir lauffen auffwarts/ oder nieder In Sachssen thut es auch kein Guth Die Reichsstätt sein voller Vnmuth Mit wehm müssen wir vns dann nehren 8 Katalog des ausgewählten Flugblatt-Bestandes / FGA5 Die heyllösten Knecht müssen wir baldt weren. Vnruhiger Geist/ als Secredari. Ich bin auch allhie/ in diesem Rath Ihr Herrn vnd Ständt seit nicht verzagt Sondern folgt mir was ich euch sag Wanß schon nicht allmal geht nach der Waag Sucht nur das Reich vnruhig zumachen Wann einer Weint/ der Ander thu Lachen Wann ihr vertrieben werdt von eim Ort Folgt Pauli Lehr/ ziecht immer fort. Recht Christliche Kirch. Waß in dem Rath/ da ist beysammen/ Die haben allzeit verfolgt mein Namen Vnd mir außgeropfft mein Gefieder Dieselben beger ich von ihnen wieder Jetzt wird mein Gegenwertigkeit/ Die Käyserliche Macht bey Zeit/ Das Meinig/zu wegen bringen auff Erden Darmit ein Schaffstall Gottes thut werden. Das Käyserthumb. Dieser Rath beysammen gilt ihn nicht viel Sie müssen den Geistlichen wieder ihrn Will Die Kirchen Guter Restituirn Oder ihr Landt vnd Leuth verliern/ Ihr Trutz vnd Thron hat wenig statt Das Käyserthumb/ die Macht in der Handt hat Vnd wirdt vns auch die Höchste Gottheit Gnadt geben/ sie zubringen zur alten Gehersambkeit. Monsier Tylli. AMEN Amen daß werde war/ Wegen Gottes Wort wag ichs Leben gar/ Auff JESUM Christum thu ich bawen Seiner Hülff thu ich allein vertrawen. 257 8 Katalog des ausgewählten Flugblatt-Bestandes / FGA6 259 FGA6 Titel: Kurtze Beschreibung/ deß auß Irland421/ der Königl. Maj. in Schweden ankommenden KriegsVolck ins Teutschland/ von dero Lands-Art/ Natur/ Speiß/ Waffen vnd Eygenschafft. Signatur: KB: KoB HP. G.II A. B.9 Ort: – Stecher: – Jahr: vermutlich 1631422 Format: Kupferstich: 150 × 200 mm Andere Fassungen: – Transkription: DEm günstigen Leser wird ohne zweiffel auß vnterschiedlichen avisen bekannt seyn/ was der Königl. Mayst. in Schweden vor namhafftes KriegsVolck auß Engeland zukommen/ vnd was dieselben in kurtzer Zeit in vnterschiedlichen Orten Teutschland/ NiderSächsischen Crayses/ effectuirt vnd verrichtet haben. Vnter ermeltem Volck auß Engeland sind Ihr Königl. Maj. auch zukommen/ 800. Irrländer oder Ir= ren/ sonsten Hiberni, nach der Insel/ so sie bewohnen Hibernia genannt/ mit angelangt/ welche wol mundirt, mit Proviant/ Munition vnd Gelt nohtdürfftig versehen. Das Land/ welches sie besitzen/ ist eine vngleiche Erde oder Land/ Bergig vnd Sumpffig/ so gar/ daß man auch auff den spitzen/ vnd höchsten Bergen/stehende See vnd Pfü= tzen findet/ Jedoch hat es an etlichen Orten auch gar schöne Plätz vnnd Ebne. Das Land daß sie bewohnen/ ist auch be= rühmt/ wegen deß gar fetten Leymens vñ reicher herfürbringung allerley Früchte. Die Berg deß Landes sind vol Viehs/ die Wälder voller wilden Thier/ jedoch ist diese Insel oder Land mehr an der Weyd/ als Früchten/ mehr an Graß als Korn/ fruchtbar: Dann was der Lentz oder Früling hervor bringt/ vnd die Sonne ernehret/ solches läst in der Ernd der ü= 421 Obwohl in der Überschrift dieses illustrierten Flugblattes die irischen Soldaten erwähnt werden, sind eigentlich die Söldner gemeint, welche aus Schottland kamen; siehe Paas, The German Political Broadsheet Bd. 5, 344. 422 Ebd. 101. 260 Hämmerle: Flugblatt-Propaganda zu Gustav Adolf von Schweden berflüssige Regen nicht einsamblen/ dann dieses Land vor andern Ländern viel Winde vnd Wasserflut hat. Daß gemey= ne Volck braucht sich schwartzer Kleider/ denn die Schaf des Landes sind alle schwartz/ sind aber gantz Barbarisch ge= macht/ tragen auch solche Kappen. Dises Volck nun ist ein hartes vnd thauerhafftes Volck/ schwartz als die Ziegäuner/ gebrauchen sich im Kriegswesen mit Musqueten/ Köchern/ Pfeiln/ Bögen vnd langen Messern/ sind kurtz von Person/ lauffen gantz geschwind/ vnd so es die Nohtdurfft erfordert des Tages 16. biß in 20. Meilwegs/ behelffen sich mit geringer Speiß/ vnd wenn sie nit Brodt haben/ lassen sie sich an den Wurtzeln auß der Erden begnügen. Ihr Führer ziehen in gantz Puntgefärbten reinen seide= nen Kleidern auff/ ihr Schuch seynd mehrertheils von Bast gemacht vnd gebunden/ ein hurtiges/ geschwindes vnd zum schiessen ein gewieses Volck/ dem Königreich Engeland vnterwürffig vnd Zinßbar: Was aber damit tentirt will wer= den/ wird die Zeit ins künfftig geben.