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1 Balbina Bäbler / Heinz-Günther Nesselrath Philostrats Apollonios und seine Welt __ Griechische und nichtgriechische Kunst und Religion in der Vita Apollonii Beiträge zur Altertumskunde Band 354 DE GRUYTER Berlin / Boston 2016 Inhalt Einleitung (Heinz-Günther Nesselrath) 1. Kurze Einführung in Autor und Werk | 1 2. Ein Mann aus Kappadokien als Vorkämpfer des Griechentums – Überblick über den Inhalt des Werks | 3 3. Warum Apollonios? | 13 4. Facta et Ficta – zur hier vorgelegten Textauswahl | 17 Zweisprachige Textauswahl mit Anmerkungen (Heinz-Günther Nesselrath) 1. Vita Apollonii II 8: Das Dionysos-Heiligtum auf Nysa | 21 2. Vita Apollonii II 20: Taxila und die Kunstwerke im Tempel vor der Stadt | 23 3. Ein Gespräch über Mimesis und Malerei: Vita Apollonii II 22 | 27 4. Vita Apollonii II 23-24: Taxila und sein Sonnentempel | 34 5. Vita Apollonii II 43: Die Alexander-Altäre am Hyphasis | 36 6. Vita Apollonii IV 28: Der Zeus in Olympia und die Statue des Milon | 38 7. Vita Apollonii V 4-5: Gadeira und sein Herakles-Heiligtum | 40 8. Vita Apollonii V 20: Götterstatuen – Kult oder Kommerz? | 45 9. Vita Apollonii VI 19: Gespräch über die richtige Weise, Götter darzustellen | 48 10. VA VI 40: Apollonios und die Aphrodite von Knidos | 53 Essays (Balbina Bäbler) 1. Unterwegs zu den Enden der Erde: Apollonios in Taxila und Gadeira | 59 2. Ethos, Mimesis und Aletheia: Philostrats Apollonios als Kunsttheoretiker | 100 3. Wann ist ein Gott ein Gott? Apollonios über Anthropomorphismus und göttliche Präsenz in Kultstatuen | 125 8 Vita Apollonii V 20: Götterstatuen: Kult oder Kommerz? (1) Χειµάσας δ' ὁ Ἀπολλώνιος ἐν τοῖς Ἐλληνικοῖς ἱεροῖς πᾶσιν εἴχετο τῆς ἐπ' Αἰγύπτου ὁδοῦ περὶ ἔαρ, πολλὰ µὲν ἐπιπλήξας, πολλὰ δὲ συµβουλεύσας ταῖς πόλεσι, πολλῶν δὲ ἐς ἔπαινον καταστάς· οὐδὲ γὰρ ἐπαίνου ἀπείχετο, ὁπότε τι ὑγιῶς πράσσοιτο. καταβὰς δὲ ἐς Πειραιᾶ, ναῦς µέν τις ὥρµει πρὸς ἱστίοις οὖσα καὶ ἐς Ἰωνίαν ἀφήσουσα, ὁ δ' ἔµπορος οὐ ξυνεχώρει ἐµβαίνειν· ἰδιόστολον γὰρ αὐτὴν ἄγειν. ἐροµένου δὲ τοῦ Ἀπολλωνίου “τίς ὁ φόρτος;” “θεῶν” ἔφη “ἀγάλµατα ἀπάγω ἐς Ἰωνίαν, τὰ µὲν χρυσοῦ καὶ λίθου, τὰ δὲ ἐλέφαντος καὶ χρυσοῦ”. “ἱδρυσόµενος ἢ τί;” “ἀποδωσόµενος” ἔφη “τοῖς βουλοµένοις ἱδρύεσθαι.” “δέδιας οὖν, ὦ λῷστε, µὴ συλήσωµεν τὰ ἀγάλµατα ἐν τῇ νηί;” “οὐ τοῦτο” ἔφη “δέδια, τὸ δὲ πλείοσι ξυµπλεῖν αὐτὰ καὶ ὁµιλίας ἀναπίµπλασθαι φαύλου διαίτης τε, ὁπόση ναυτική, δεινὸν ἡγοῦµαι”. (2) “καὶ µήν, ὦ βέλτιστε”, εἶπε “– δοκεῖς γάρ µοί τις Ἀθηναῖος εἶναι –, τὰς ναῦς, αἷς 5 10 15 20 25 30 (1) Apollonios verbrachte den Winter in allen möglichen griechischen Heiligtümern und kümmerte sich dann im Frühjahr um seine Reise nach Ägypten, nachdem er den Städten viele tadelnde Ermahnungen, aber auch viele Ratschläge hatte zukommen lassen, wobei er auch vielen Lob aussprach; denn er hielt auch mit Lob nicht zurück, wann immer etwas in vernünftiger Weise getan wurde. Als er zum Piräus hinabstieg, lag da ein Schiff schon unter Segeln und stand davor, nach Ionien auszufahren, der Handelsherr aber erlaubte ihm nicht einzusteigen; er habe das Schiff nämlich für seinen eigenen Gebrauch gemietet. Als ihn Apollonios fragte: „Was ist die Ladung?“, sagte er: „Ich exportiere Götterbilder nach Ionien, die einen aus Gold und Marmor, die anderen aus Elfenbein und Gold.“ „Um sie in einem Heiligtum aufzustellen oder weshalb?“ „Um sie denen zu verkaufen“, sagte er, „die sie aufstellen wollen.“ „Und du fürchtest nun, mein Bester, dass wir die Standbilder auf dem Schiff stehlen?“ „Nicht das fürchte ich“, sagte er, „aber dass sie zusammen mit einer größeren Zahl von Leuten fahren und viel schlechte Gesellschaft und die ganze Lebensweise, die es auf Schiffen gibt, abbekommen, das halte ich für schlimm.“ (2) „Aber, mein Bester“, sagte Apollonios, „da du mir ja ein Athener zu sein scheinst: Die Schiffe, die ihr gegen die Zweisprachige Textauswahl mit Anmerkungen ἐπὶ τοὺς βαρβάρους ἐχρήσασθε, καίτοι ναυτικῆς ἀταξίας ἐµπεπλησµένας ἐνέβαινον οἱ θεοὶ ξὺν ὑµῖν καὶ οὐκ ᾤοντο ὑφ' ὑµῶν χραίνεσθαι· σὺ δὲ ἀµαθῶς οὕτως ἀπωθῇ τῆς νεὼς φιλοσόφους ἄνδρας, οἷς µάλιστα οἱ θεοὶ χαίρουσι, καὶ ταῦτα ἐµπορίαν τοὺς θεοὺς πεποιηµένος; ἡ δὲ ἀγαλµατοποιία ἡ ἀρχαία οὐ τοῦτο ἔπραττεν, οὐδὲ περιῄεσαν τὰς πόλεις ἀποδιδόµενοι τοὺς θεούς· ἀλλ' ἀπάγοντες µόνον τὰς αὑτῶν χεῖρας καὶ ὄργανα λιθουργὰ καὶ ἐλεφαντουργὰ ὕλην τε παρατιθέµενοι ἀργὸν ἐν αὐτοῖς τοῖς ἱεροῖς τὰς δηµιουργίας ἐποιοῦντο. σὺ δ' ὥσπερ τὰ Ὑρκανικά τε καὶ Σκυθικά – ἀπείη δὲ εἰπεῖν τίνα – οὕτω τοὺς θεοὺς ἐς τοὺς λιµένας τε καὶ τὰς ἀγορὰς ἄγων οὐδὲν οἴει ἀσεβὲς πράττειν; (3) καὶ µὴν καὶ σπερµολογοῦσιν ἔνιοι τῶν ἀνθρώπων ἐξαψάµενοί τι Δήµητρος ἢ Διονύσου ἄγαλµα καὶ τρέφεσθαί φασιν ὑπὸ τῶν θεῶν, οὓς φέρουσι· τὸ δ' αὐτοὺς σιτεῖσθαι τοὺς θεοὺς καὶ µηδ' ἐµπίπλασθαι τούτου, δεινῆς ἐµπορίας, εἴποιµι δ' ἂν καὶ ἀνοίας, εἰ µηδὲν ἐκ τούτου δέδοικας.” τοιαῦτα ἐπιπλήξας ἐπὶ νεὼς ἑτέρας ἔπλει. 35 40 45 50 55 60 65 70 Barbaren einsetztet, haben, obwohl sie voll von disziplinlosen Seeleuten waren, gleichwohl die Götter zusammen mit euch bestiegen und glaubten nicht, von euch befleckt zu werden; du aber stößt in dieser törichten Weise Philosophen von deinem Schiff weg, an denen die Götter ihre größte Freude haben, und dies, obwohl du die Götter selbst zur Ware gemacht hast? Die Verfertiger von Statuen der alten Zeit haben das nicht getan, und sie zogen auch nicht durch die Städte und verkauften die Götter; sondern sie exportierten lediglich ihre eigenen Hände und die Werkzeuge zur Stein- und Elfenbeinbearbeitung, und sie ließen sich unbearbeitetes Material geben und führten ihre schöpferischen Arbeiten in den Heiligtümern selbst durch. Du aber bringst die Götter so wie die hyrkanischen und skythischen – was, bleibe mir erspart zu sagen – in die Häfen und auf die Märkte und glaubst, damit nichts Gottloses zu tun?“ (3) Natürlich schwätzen auch manche Menschen, nachdem sie sich ein Bild der Demeter oder des Dionysos umgehängt haben, dumm daher und behaupten, sie würden von den Göttern versorgt, die sie tragen; aber die Götter selbst zur Nahrungsquelle zu machen und davon nicht genug zu bekommen, das ist ein schlimmer Handel, und ich möchte sogar sagen: ein Wahnsinn, wenn du überhaupt nichts Schlimmes von dieser Handlungsweise befürchtest.“ Nach solcher Zurechtweisung trat er die Fahrt auf einem anderen Schiff an. 46 8 Vita Apollonii V 20 47 Am Ende seines zweiten Aufenthalts im griechischen Mutterland will Apollonios nach Ägypten aufbrechen; sein erster Versuch, im Piräus ein Schiff zu chartern, schlägt fehl, weil der Eigner ihn und seine Anhänger nicht zusammen mit einer Ladung Götterstatuen transportieren will. Hieraus ergibt sich ein Dialog darüber, ob man Götterstatuen überhaupt zum Gegenstand kommerziellen Handels machen sollte, und wovon sie verunreinigt werden und wovon nicht. Zu den hier im Hintergrund stehenden religiösen Vorstellungen zur „Heiligkeit“ oder Beseeltheit von Götterstauen vgl. u. 126–129. Einzelhinweise: 41–42 φιλοσόφους ἄνδρας, οἷς µάλιστα οἱ θεοὶ χαίρουσι: Die besondere Bevorzugung von Philosophen durch Götter könnte ein platonischer Gedanke sein: In Platons Phaidon wird betont, dass Philosophen bei der Reinkarnation ihrer Seelen in das θεῶν γένος gelangen können (82b–c). 54–55 τὰ Ὑρκανικά τε καὶ Σκυθικά: Zu den hier gemeinten hyrkanischen und skythischen „Waren“ vgl. u. 130f.