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Penultimate Version. Final version to appear in: Denis Fisette, Riccardo Martinelli (Eds.), Philosophy from an Empirical Standpoint. Carl Stumpf as a Philosopher, Amsterdam: Rodopi. Carl Stumpf über Sachverhalte Arkadiusz Chrudzimski (University of Szczecin)* In diesem Aufsatz besprechen wir die Ontologie der Sachverhalte, die Carl Stumpf vorgeschlagen hat. Wie viele Vertreter der Brentano-Schule stützt sich hier Stumpf auf die reiche Ontologie der intentionalen Beziehung, die Brentano in seinen Vorlesungen aus der so genannten „mittleren“ Periode vorgeschlagen hat. Stumpf modifiziert jedoch die übernommene Lehre in einer unerwarteten Weise. Brentano sprach nämlich sowohl von immanenten als auch transzendenten propositionalen Entitäten. Stumpf hingegen führt nur die immanenten, aber keine transzendenten Sachverhalte ein, was alle potentiellen Vorteile einer derartigen Erweiterung der Ontologie zunichte zu machen scheint. Wir zeigen jedoch, dass sich die Position Stumpfs erklären lässt, wenn man zwei wichtige Punkte beachtet. Zum einen sind die Brentanoschen Objekte (der nominalen Form) bereits höchst komplizierte Entitäten, die in vielen Aspekten Sachverhalte ersetzen können. Zum anderen verwendet hier Stumpf, wie es scheint, einen konzeptualistischen Erklärungsmuster, den man auch bei dem frühen Brentano oft findet. 1. Propositionale Entitäten Der Streit um die die Natur und Legitimität der propositionalen Entitäten stellt eines der wenigen ontologischen Themen dar, das man in erster Linie mit der zeitgenössischen Philosophie assoziiert. Propositionale Entitäten sind Gegenstände, die als ontologische Korrelate den vollständigen Sätzen in einer ähnlichen Weise zugeordnet werden, wie die (nominalen) * Das ist eine erweiterte und verbesserte Version meines Aufsatzes: A. Chrudzimski, “Wozu brauchte Carl Stumpf Sachverhalte?”, Brentano Studien, 10 (2002/2003), 67–82. Bei der Umarbeitung habe ich auch einige Teile des folgenden Aufsatzes verwendet: A. Chrudzimski, “Sachverhalte, Objekte und Supervenienz. Brentano, Marty und Meinong”, Brentano Studien, 12 (2006/9), 99-119. Die Arbeit an diesem Aufsatz wurde vom polnischen Nationalen Zentrum der Wissenschaft unterstützt (NCN, Grant: 2012/07/B/HS1/01595). 1 Objekte den nominalen Ausdrücken (etwa den Namen oder den Deskriptionen). Aus der Perspektive einer schulmäßigen Geschichte der Philosophie sieht es so aus, als ob man erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts begonnen hat, solche Entitäten ontologisch ernst zu nehmen.1 Die Vorgeschichte des Problems findet sich in den klassischen Stellen der Wissenschaftslehre, wo Bolzano von den Sätzen an sich lehrt. (Bolzano 1837, Bd. I, § 19) Eine sprunghafte Entwicklung der Ontologie der propositionalen Entitäten hat allerdings in der Brentano-Schule stattgefunden. Die Kulmination dieser Entwicklung bildet ohne Zweifel die Theorie der ausserseienden Objektive Meinongs. (Meinong 1910) Eine parallele, unabhängige Linie finden wir bei Frege, der jedem Satz als seinen Sinn einen propositionalen Gedanken zuordnet. (Frege 1892, Frege 1918/19)2 Der Kern der Theorie, der den Auffassungen von Frege und von Meinong gemeinsam ist, lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: (1) Jede Aussage (sowohl wahre als auch falsche) hat als ihr ontologisches Korrelat eine propositionale Entität. Diese propositionale Entität ist das, was man normalerweise Bedeutung des Satzes nennt. In Zusammenhang mit der Auffassung, die die Intentionalität der Sprache auf die Intentionalität der durch die Sprache ausgedrückten psychischen Zustände zurückführt, betrachtet man diese propositionale Entität zugleich als den Inhalt der entsprechenden propositionalen Einstellung (propositional attitude), die durch die entsprechende Aussage ausgedrückt wird. Der Satz „Schnee ist weiß” bedeutet also, dass Schnee weiß ist. Und dasselbe, d.h., dass Schnee weiß ist, ist auch der Inhalt des Urteils, das durch diesen Satz ausgedrückt wird. Es gibt also – so behauptet man – etwas, was die Bedeutung dieses Satzes und der Inhalt dieses Urteils ist. Dieses „etwas” ist die propositionale Entität, dass Schnee weiß ist. (2) Sollten zwei verschiedene Sätze dieselbe Bedeutung (bzw. zwei propositionale Einstellungen denselben Inhalt) haben, müssen sie sich auf dieselbe propositionale Entität beziehen. Die propositionalen Entitäten sind demgemäß intersubjektiv. Sie können als numerisch dieselben durch viele Subjekte „erfasst werden”. Sie bilden die ontologische Grundlage der intersubjektiven Kommunikation. 1 Das bedeutet allerdings nicht, dass man die Thematik in der früheren Philosophie nicht finden kann. Die vergessenen Ursprünge der Problematik können bei den Stoikern gesucht werden, die von den nicht körperlichen Bedeutungsentitäten (darunter auch von den Bedeutungen von ganzen Sätzen) unter dem Namen „Lekton” gesprochen haben. Vgl. dazu Bocheński 1970, S. 127 f. Zu den interessanten Theorien der propositionalen Entitäten im Mittelalter vgl. Cesalli 2007, Cesalli 2012. 2 Zur Geschichte der Sachverhaltsontologie vgl. Rojszczak/Smith 2001. 2 (3) Wahrheit und Falschheit sind primär Eigenschaften dieser propositionalen Entitäten. Ein wahrer Satz (bzw. ein wahres Urteil) ist ein Satz (Urteil), der (das) eine wahre propositionale Entität bedeutet (zum Inhalt hat). Ein falscher Satz (falsches Urteil) ist ein Satz (Urteil), der (das) eine falsche propositionale Entität bedeutet (zum Inhalt hat). Die propositionalen Entitäten werden also als die primären Wahrheitsträger betrachtet und sie brauchen natürlich keine zusätzlichen Wahrmacher, denn die Wahrheit / Falschheit wird nicht als eine relationale sondern als eine absolute (monadische) Eigenschaft interpretiert. Wer die Zuschreibung der Wahrheit / Falschheit zu den objektiven propositionalen Entitäten als besonders unnatürlich empfindet, kann stattdessen vom Bestehen bzw. Nicht-Bestehen der entsprechenden propositionalen Entität sprechen und die Bezeichnung „wahr / falsch” für die entsprechenden Sätze bzw. psychische Zustände reservieren. Die eigentlichen Wahrheitsträger wären in diesem Fall Sätze bzw. Urteile. Wahrheit und Falschheit würde als ihre relationale Eigenschaft interpretiert und als Wahrmacher würden die „bestehenden” Sachverhalte, die oft auch „Tatsachen” genannt werden, funktionieren. Das alles ist jedoch natürlich nur eine Frage der sprachlichen Konvention. Meinong verwendet beispielsweise beide Redeweisen. (Vgl. Meinong 1910, 94; Meinong 1915, 38 ff.) Was wichtig ist, ist die Tatsache, dass die propositionalen Entitäten nicht nur intersubjektiv, sondern auch objektiv sind. Sie sind nicht nur als streng identisch von vielen Subjekten erfassbar, sondern darüber hinaus ist ihre Wahrheit oder Falschheit (bzw. ihr Bestehen oder Nicht-Bestehen) von der aktuellen und möglichen kognitiven Tätigkeit der Subjekte (insbesondere davon, ob die entsprechenden Sätze bzw. Urteile epistemisch begründet sind bzw. begründet sein können) völlig unabhängig. Die propositionalen Entitäten bilden demgemäß die Grundlage der Objektivität der Wahrheit. (4) Die ontologische Frage, die dadurch noch nicht entschieden ist, ist, ob auch die bloße Existenz der (bestehenden und nicht bestehenden) propositionalen Entitäten von der kognitiven Tätigkeit der Subjekte in dieser Weise unabhängig ist. Gibt es propositionale Entitäten, die von niemandem erfasst werden? Eine starke Version der Theorie suggeriert, dass es solche propositionale Entitäten auf jeden Fall gibt. Sowohl Meinong als auch Frege nehmen diese stärkere These an. (5) Im Rahmen einer solchen Theorie ist es sehr natürlich anzunehmen, dass die logischen Verhältnisse primär zwischen den so verstandenen propositionalen Entitäten bestehen. Die Autorität der Logik kann demgemäß auf gewisse objektive Verhältnisse gegründet werden. 3 (6) Die propositionalen Entitäten können schließlich eine Sache erklären, die für viele Philosophen ein großes Rätsel bedeutete: Worauf beziehen sich die Dass-Phrasen, die grammatisch als eine merkwürdige Art von Namen zu funktionieren scheinen? Der referierten Theorie zufolge beziehen sie sich natürlich auf die propositionalen Entitäten. 2. Brentano Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die Theorie der propositionalen Entitäten ihre Entwicklung zum großen Teil den deskriptiv-psychologischen Analysen Brentanos verdankt. Die Ironie besteht darin, dass alle grundlegenden Elemente der Intentionalitätstheorie Brentanos eigentlich dafür sprechen, dass die propositionalen Inhalte völlig überflüssig sind. Seine offizielle Theorie, die Brentano in der Psychologie vom empirischen Standpunkt (Brentano 1874/2008) präsentierte, sieht folgendermaßen aus. Die psychischen Akte zerfallen in drei Gruppen: Vorstellungen, Urteile und Gemütsbeziehungen. Eine Vorstellung besteht darin, dass ein Subjekt einen Gegenstand einfach „vor seinem geistigen Auge“ hat. „Wir reden von einem Vorstellen,“ schreibt Brentano, „wo immer uns etwas erscheint.“ (Brentano 1874/2008, S. 219) Was uns in dieser Weise in der Vorstellung erscheint, ist nach der Lehre der Psychologie ein immanenter Gegenstand. Wir können hier auf die Einzelheiten dieser schwierigen Lehre nicht näher eingehen.3 Es muss genügen, dass die Entität, die als Ziel eines Vorstellungsakts fungiert, in ihrer Existenz von dem betreffenden psychischen Akt abhängig ist. Sie ist etwas, was von dem entsprechenden psychischen Akt buchstäblich „erzeugt“ wird. Die Urteile und Gemütsbeziehungen bauen sich nach Brentano auf die Vorstellungen in der Weise auf, dass der vorgestellte Gegenstand entweder (in einem Urteil) bejaht oder verneint (bzw. angenommen oder verworfen) wird oder (in einer Gemütsbeziehung) mit einer positiven oder negativen emotionalen Einstellung aufgefasst wird. Im Folgenden lassen wir die Gemütsbeziehungen beiseite und konzentrieren uns ausschließlich auf die Urteile. Das Schema der offiziellen Lehre Brentanos sieht folgendermaßen aus: 3 Für die Einzelheiten siehe Chrudzimski 2001 und Chrudzimski 2004. 4 Urteil +/– Vorstellung Subjekt immanentes Objekt Was für diese Urteilslehre wichtig ist, ist die Tatsache, dass die Urteile keine neuen gegenständlichen Strukturen erzeugen. Die urteilsmäßige Bejahung / Verneinung (wie auch die positive oder negative emotionale Einstellung) sind psychische Modi, denen auf der gegenständlichen Seite keine neuen Elemente entsprechen. (Brentano 1874/2008, S. 241) Alles was wir in unserer Ontologie der Intentionalität brauchen, sind also nach dem Brentano anno domini 1874 (außer den psychischen Subjekten) nur die immanenten Gegenstände. Diese These wirkt auf den ersten Blick etwas befremdlich, denn die Frage, die sich sofort stellt, lautet: „Was macht ein bestimmtes Urteil wahr bzw. falsch?“. Der immanente Gegenstand kann es kaum sein, denn diesen gibt es immer, wenn es einen betreffenden psychischen Akt gibt. Wir brauchen also, wie es scheint, zumindest die transzendenten Gegenstände. In Bezug auf Brentano funktioniert aber diese Argumentation nicht und die Antwort, warum es so ist, liegt in seiner epistemischen Auffassung des Wahrheitsbegriffs.4 Nach Brentano ist nämlich ein Urteil nicht dann wahr, wenn es mit einem Stück der Realität „übereinstimmt“, sondern dann, wenn es auch von einem mit Evidenz Urteilenden gefällt werden könnte. Diese Definition, die sich reichlich dem irrealen Konditional und den normativen Begriffen bedient, hat natürlich ihre Probleme. Auch auf sie können wir aber in diesem Aufsatz nicht näher eingehen, was aber äußerst interessant ist, ist die Tatsache, dass man im Rahmen der Theorie, die Brentano in seiner Psychologie entwickelt hat, nicht nur auf die propositionalen Entitäten sondern auch auf die transzendenten Objekte der psychischen 4 Die epistemische Auffassung des Wahrheitsbegriffs wird normalerweise erst dem späten Brentano zugeschrie- ben. In Wirklichkeit finden wir sie aber in allen Perioden seiner Philosophie. Vgl. dazu Chrudzimski 2001, Kap. 2. 5 Akte offensichtlich verzichten kann. Dank seiner Epistemisierung des Wahrheitsbegriffs braucht er nicht nur keine propositionalen Wahrmacher, sondern überhaupt keine Wahrmacher. Brentano blieb zwar zeit seines Lebens ein Realist, der an die von unserer kognitiven Tätigkeit unabhängige Realität nie zweifelte, es ist aber interessant zu sehen, dass ihn seine Intentionalitätstheorie keineswegs dazu zwang. In diesem Aufsatz werden wir uns aber mit der Epistemisierung des Wahrheitsbegriffs nicht beschäftigen. Was für uns interessant sein wird, ist die Idee, dass man im Rahmen einer nach Brentanos Richtlinien entwickelten Intentionalitätstheorie auch bei der realistischen Auffassung der Wahrheit als Wahrmacher keine Sachverhalte, sondern nur die Objekte der nominalen Form braucht. Die Idee ist, dass man für das bejahende Urteil „A ist“ als Wahrmacher nur den Gegenstand A (und nicht etwa einen seltsamen „existentialen Sachverhalt“, dass A existiert) braucht und dass das verneinende Urteil „A ist nicht“ eher durch die bloße Abwesenheit von A, als von einem (noch seltsameren) negativ-existentialen Sachverhalt, dass A nicht existiert, wahr gemacht wird. Diese Idee wird aber erst dann richtig interessant, wenn man zeigt, dass sich alle Urteile als Existenzurteile uminterpretieren lassen. Brentano versucht in der Tat die vier klassischen kategorialen Formen (i, o, e und a) in eine Sprache zu übersetzen, die nur mit den nominalen Termen und den existentialen „ist“ bzw. „ist nicht“ operiert. Die Übersetzung sieht folgendermaßen aus (vgl. Brentano 1911/2008, S. 413–419): (i) Ein S ist P [(∃x)(Sx ∧ Px)] =Df. Ein P-seiendes S ist. (o) Ein S ist nicht P [(∃x)( Sx ∧ ¬Px)] =Df. Ein nicht-P-seiendes S ist. (e) Kein S ist P [(∀x)(Sx ⊃ ¬Px)] =Df. Ein P-seiendes S ist nicht. (a) Jedes S ist P [(∀x)(Sx ⊃ Px)] =Df. Ein nicht-P-seiendes S ist nicht. Wenn wir die Bezeichnung „ein P-seiendes S“ als Zusammenfügung „PS“, die negative Eigenschaft nicht-P als „*P“ und das existentiale Annehmen bzw. Verwerfen als „+/–“ symbolisieren, nimmt die Übersetzung die folgende Form an: (i) +PS (o) +*PS (e) –PS (a) –*PS 6 Wir nehmen hier an, dass der Negationsoperator „*“ immer den kleinsten Skopus hat, d.h. dass die Notation „*PS“ als „ein nicht-P-seiendes S“ und nicht etwa als „ein nicht-P-seiendes nicht-S“ zu lesen ist. Um „ein nicht-P-seiendes nicht-S“ zu bekommen, müssen wir „*P*S“ bzw. „*(PS)“ schreiben. Brentanos Übersetzung sieht sehr elegant aus, und die Perspektive, dass man die propositionalen Entitäten aus der Ontologie verbannen kann, ist in der Tat sehr attraktiv. Es sieht also so aus, als ob man im Rahmen der Brentanoschen Intentionlitätstheorie tatsächlich keine propositionalen Entitäten braucht. Was den Punkt (1) betrifft, so braucht Brentano die propositionalen Entitäten nicht als Bedeutungen der Aussagen oder als Inhalte der Urteile einzuführen, weil seine Urteilstheorie eine nicht-propositionale Theorie ist. Ein Urteilen besteht in einem mentalen Annehmen oder Verwerfen eines vorgestellten Objekts. Dieses Annehmen bzw. Verwerfen besteht ferner nicht darin, dass man dem Objekt eine merkwürdige Eigenschaft der Existenz bzw. Nicht-Existenz zuschreibt. Es ist vielmehr ein mentaler Modus, der als solcher keine objektiven Korrelate braucht. Als das einzige Objekt des Urteils bleibt also bei Brentano dieselbe Entität, die auch das Objekt der zugrundeliegenden Vorstellung bildet. (Brentano 1874/2008, S. 241) Die Frage der Intersubjektivität, die mit dem Punkt (2) zusammenhängt, wurde von Brentano nie richtig thematisiert. Es ist allerdings klar, dass er die Lösung dieses Problems nicht in den ontologischen Garantien, sondern in normativen Operatoren suchen würde. Die Bestätigung der obigen Behauptung finden wir vor allem in den Brentanoschen Analysen des Wahrheitsbegriffs. Im Gegensatz zu den Philosophen, die die Objektivität der Wahrheit durch die Objektivität der wahrmachenden Entitäten sichern wollen (Punkt (3)), bevorzugte Brentano eindeutig den normativen Diskurs. Der primäre Wahrheitsträger ist bei Brentano das Urteil; und ein Urteil ist wahr, wenn es mit einem maximalen Grad der epistemischen Begründung (mit Evidenz) gefällt werden könnte. (Vgl. Brentano 1930, S. 139) Die propositionalen Entitäten in der Rolle der Wahrheitsträger oder Wahrmacher werden dadurch überflüssig. Die Verstärkung der Ontologie der propositionalen Entitäten wie im Punkt (4) kommt demgemäß natürlich nicht in Frage und auch was die Natur der Logik betrifft (Punkt (5)), so wollte sie Brentano immer als eine rein normative Wissenschaft, als eine „Lehre vom richtigen Urteil”, verstehen. Die Logik bezieht sich demgemäß auf kein besonderes gegenständliches Gebiet. Sie behandelt stattdessen die Bedingungen der Richtigkeit der Folgerungen und operiert mit normativen Begriffen. Die ontologischen Probleme durch die 7 Verwendung des normativen Diskurses zu neutralisieren, war übrigens eine typische Technik Brentanos. Es bleibt also nur das Argument (6) – die Beobachtung, dass wir in unserer Sprache dassKonstruktionen haben, die als Namen zu fungieren scheinen –, und dieses war in der Tat der Grund, warum Brentano in seiner „mittleren“ Periode,5 die propositionalen Entitäten eingeführt hat. In Zusammenhang mit seiner deskriptiven Methode hatte er zu dieser Zeit eine starke Tendenz, jede Entität zu akzeptieren, auf die wir uns durch sprachliche Mittel beziehen können, die grammatisch als nominale Ausdrücke aussehen. Erst nach 1904 ist er bezüglich der Oberflächengrammatik unserer Sprache sehr misstrauisch geworden und erklärte die Mehrheit von den inzwischen eingeführten Entitäten für Fiktionen. Auf jeden Fall sah er um 1890 den zwingenden Grund, warum wir die propositionalen Entitäten einführen müssen, darin, dass wir solche Entitäten manchmal vorzustellen scheinen. Das geschieht am deutlichsten in den Urteilen höherer Stufe wie z.B. „Es ist leider so, dass Hans seine Prüfungen nicht bestanden hat.” Sehr klar kann man diesen Mechanismus in Brentanos Vortrag Über den Begriff der Wahrheit (1889) beobachten. (Brentano 1930, S. 3–29) Die propositionalen Entitäten wurden also von Brentano paradoxerweise nicht als ontologische Korrelate der Urteile, sondern als ontologische Korrelate gewisser ungewöhnlichen Vorstellungen eingeführt. Sobald jedoch die propositionalen Entitäten eingeführt wurden, ist es eine sehr natürliche Entscheidung, anzunehmen, dass sie die ontologischer Korrelate der Urteile darstellen. Brentano hat diese Entscheidung getroffen und in seiner Logik-Vorlesung aus den späten achtziger Jahren (Manuskript EL 80, vgl. S. 34–36) finden wir das folgende ontologische Schema der intentionalen Beziehung: 5 Zur Entwicklung der Ontologie Berntanos siehe Chrudzimski 2004. Die Ontologie der mirttleren Periode wird dort im Kapitel 4 behandelt. 8 immanenter Inhalt transcendenter Inhalt angenommenes / verworfenes Sein / Nich-Sein Urteil +/– Vorstellung immanentes Objekt Subjekt transcendentes Objekt Korrespondenz Diese alternative Intentionalitätslehre, die sich bei Brentano findet, können wir als „inoffiziell“ bezeichnen, weil sie ihren Ausdruck eigentlich nur in den unpublizierten Manuskripten gefunden hat. Es ist allerdings zu betonen, dass trotz ihres inoffiziellen Charakters ihre Wirkung auf Brentanos Schüller viel stärker war als die der offiziellen Lehre der Psychologie. Die Einzelheiten dieser Lehre können wir hier nicht näher besprechen.6 Die Hauptpunkte können folgendermaßen zusammengefasst werden: Jede Vorstellung bezieht sich auf einen Gegenstand. Da der äußere Gegenstand manchmal nicht existiert, führt Brentano ein immanentes Objekt ein. In der Psychologie dient dieses Objekt aller Wahrscheinlichkeit nach als das einzige Ziel des Aktes. Zur Zeit der Logik-Vorlesung nimmt Brentano jedoch an, dass sich die Vorstellung gewissermaßen „durch” das immanente Objekt auf den äußeren Gegenstand bezieht. Das Urteil besteht in einem mentalen Annehmen bzw. Verwerfen des vorgestellten Objekts, was wir in unserem Schema durch das Zeichen „+/–” symbolisieren. Die propositionalen Entitäten, die wir in unserem Schema finden, resultieren sozusagen aus einem „Einbetten” des nominalen Objekts in das Existieren bzw. Nicht-Existieren. Da sich nach Brentano alle Urteilsformen prinzipiell auf die existentiellen Formen reduzieren, ist die grundlegende Form der propositionalen Entität die, dass A existiert / nicht existiert, was Brentano typischerweise als Sein / Nichtsein von A ausdrückt. Alle Urteile haben ihre imma6 Für die Einzelheiten dieser Lehre siehe Chrudzimski 2001, S. 62-66 und Chrudzimski 2004, S. 168-175. Vgl. auch Rollinger 2009, Fréchette 2011, Fréchette 2013. 9 nenten propositionalen Korrelate (angenommenes / verworfenes A). Was jedoch die transzendenten propositionalen Entitäten betrifft, so lässt sich aufgrund des Manuskripts der LogikVorlesung nicht mit aller Sicherheit sagen, ob nur den wahren oder auch den falschen Urteilen solche transzendenten propositionalen Entitäten entsprechen – mit anderen Worten: ob Brentano nur die bestehenden oder auch die nicht-bestehenden transzendenten propositionalen Entitäten einführt. Der Vortrag Über den Begriff der Wahrheit suggeriert indessen, dass er auch die nicht-bestehenden transzendenten propositionalen Entitäten akzeptiert. 3. Radikale und gemäßigte Reformversuche Weder Brentano noch seine Schüler sind bezüglich dieses ontologischen Schemas unkritisch geblieben. Der späte Brentano ist in die extreme, reistische Richtung gegangen. Nach 1904 verwirft er alle Entitäten, die nicht zur Kategorie der realen Dinge gehören. Alle immanenten Entitäten und alle propositionalen Inhalte wurden als philosophisch irreführende Fiktionen der Sprache zurückgewiesen. Auch die Schüler Brentanos, die seinen Reismus nicht annehmen wollten, haben jedoch versucht, diese reiche Ontologie der intentionalen Beziehung zu reduzieren. Meinong hat zwar die transzendenten propositionalen Inhalte, die er Objektive nannte, zur zentralen Kategorie seiner Ontologie gemacht, alle immanenten Entitäten hat er jedoch verworfen.7 Der späte Anton Marty hat einen ähnlichen Weg eingeschlagen. Im Gegensatz zu Meinong akzeptiert er allerdings nur die bestehenden transzendenten Inhalte.8 Wir erhielten konsequenterweise das folgende Schema: 7 Was allerdings die Lehre Meinongs ein wenig kompliziert, ist die Tatsache, dass er die psychischen Inhalte im Stil von Twardowski (Twardowski 1894) akzeptiert. Vgl. dazu Chrudzimski 2007, Kap. 3. 8 Vgl. dazu Marty 1908, S. 399. Der frühe Marty hat das Brentanosche Schema der Logik-Vorlesung akzeptiert. Marty akzeptiert auch keine psychischen Inhalte im Still von Twardowski. Zur Einzelheiten der Lehre Martys vgl. Chrudzimski [im Erscheinen]. 10 transcendenter Inhalt Urteil Sein / Nicht-Sein +/– Vorstellung keine immanente Entitaeten transcendentes Objekt Subjekt In diesem Aufsatz möchten wir uns allerdings auf die Theorie konzentrieren, die Carl Stumpf in seinem Aufsatz Erscheinungen und psychische Funktionen (1907) formuliert hat. Diese Theorie geht in die im Vergleich zu Marty und Meinong entgegengesetzte Richtung, indem sie die propositionalen Entitäten nur in der Form der immanenten Inhalte akzeptiert. (Stumpf 1907, S. 32) Bei Stumpf finden wir also das folgende Bild der intentionalen Beziehung: immanenter Inhalt Urteil +/– angenommenes / verworfenes ? Vorstellung immanentes Objekt Subjekt transcendentes Objekt Korrespondenz 11 Diese Theorie wirkt auf den ersten Blick etwas befremdlich. Sie scheint nämlich gewissermaßen fast alle erdenklichen Schwierigkeiten der Theorie der propositionalen Entitäten zu vereinigen, bei einem generellen Verzicht auf irgendwelche Profite, die uns die propositionalen Entitäten bieten können. Sie scheint die ungünstigste Form zu sein, welche die Theorie der propositionalen Entitäten überhaupt annehmen kann. Wir haben gesagt, dass die Argumente (1)–(5) eigentlich nicht der Grund waren, warum Brentano seine propositionalen Entitäten eingeführt hat. Paradoxerweise war es ausschließlich der Punkt (6), der die ganze Bereicherung der Ontologie auslöste. Nichtsdestoweniger können die transzendenten propositionalen Inhalte, sobald sie einmal eingeführt werden, im Prinzip auch für die Lösung der Probleme (1)–(5) verwendet werden. Für Stumpf, der nur immanente Inhalte annimmt, ist jedoch die Lösung der Punkte (2)–(5) aus dem ersten Abschnitt von vornherein ausgeschlossen. Im Besonderen ist es nicht klar, was bei dieser Auffassung mit dem Wahrheitsbegriff geschieht. In der transzendenten Realität haben wir keine propositionalen Entitäten, die als Wahrmacher funktionieren könnten. 4. Einfache und strukturierte Objekte Die Antwort, die wir von den Vertretern der Brentano-Schule erwarten könnten, ist, dass wir die propositionalen Entitäten in der Funktion der Wahrmacher gar nicht brauchen, und es ist sicherlich auch die Antwort, die wir von Stumpf hören würden. Nach der nichtpropositionalen Urteilstheorie Brentanos sollte sich nämlich die ganze ontologische Komplexität der propositionalen Entitäten in die nominalen Objekte verlegen lassen. Es ist die Voraussetzung seiner Theorie, dass die Objekte, über die man im Rahmen der Brentanoschen deskriptiven Analyse verfügt, eine genug reiche Struktur besitzen, um alle Aufgaben der propositionalen Entitäten übernehmen zu können. Gerade Stumpf besteht wiederholt darauf, dass bereits die Objekte unserer primitivsten Akte eine reiche innere Struktur haben. In seinem Buch Über den psychologischen Ursprung der Raumvorstellung argumentiert er, dass die Objekte der Empfindungen keine einfachen Elemente sind, die erst von irgendwelchen bewussten oder unterbewussten Mechanismen „synthetisiert” werden müssten. Sie haben schon von vornherein mindestens zwei Aspekte – qualitative und örtliche Bestimmung –, die sich auf eine einzigartige Weise gegenseitig 12 fundieren, so dass sie real untrennbar sind. (Stumpf 1873, S. 114, 136)9 Trotz ihrer realen Untrennbarkeit lassen sie sich jedoch in Gedanken unterscheiden, einander gegenüberstellen und voneinander prädizieren. Bereits die Objekte unserer primitivsten Akte haben also eine ontologische Struktur, die sich in einem Urteil artikulieren lässt. In der Tonpsychologie wird die Geschichte noch komplizierter. Stumpf untersucht dort die Musikphänomene und entdeckt weitere interessante Fundierungsverhältnisse, wie im Besonderen das berühmte Verschmelzungsphänomen. Stumpf zufolge sind uns z.B. Akkorde zunächst als einfache Phänomene gegeben. Wir hören sie als Ganze. Nichtsdestoweniger lassen sich die Töne, aus welchen Akkorde bestehen, bei ein wenig Übung „heraushören”. Die These Stumpfs ist, dass die Töne eines Akkordes in einem einzigartigen Verhältnis der Verschmelzung (vgl. Stumpf 1890, S. 128 ff.) zueinander stehen, so dass sie uns als ein organisches Ganzes erscheinen. Wir haben es also wieder mit einem (nominalen) Objekt zu tun, das innerlich sehr subtil strukturiert ist. (Stumpf 1891, S. 485)10 Stumpf behauptet, dass solche verschmolzenen Töne im Objekt des Hörens auch dann „vorhanden” sind, wenn sie vom Subjekt nicht bemerkt (nicht „herausgehört”) werden (was übrigens in der Regel gerade der Fall ist) und sieht dann keine Gründe, warum es in solchen Objekten auch die prinzipiell unmerklichen Aspekte nicht geben könnte. Er schreibt: „Unsere eigenen Empfindungsinhalte sind uns auf direktem Wege nicht bis zu den letzten Feinheiten durchsichtig. Wir müssen die Scheidung zwischen Ding an sich und Erscheinung in gewissem Sinn ein zweites Mal machen bezüglich der Erscheinung selbst.“ (Stumpf 1907, S. 36.) Es ist also Stumpf zufolge nicht der Fall, dass wir in unserer kognitiven Aktivität mit der einfachen Objekten beginnen, die erst durch gewisse höherstufige Akte in die strukturierten Entitäten verwandelt werden. Die Struktur ist im nominalen Objekt bereits vorhanden, selbst wenn wir es gelegentlich simplifizierend als ein völlig homogenes Ganzes erfassen. 9 Vgl. auch Fisette 2009, S. 178. Brentano hat eine komplizierte Theorie der verschiedenen „Teile” der Objekte entwickelt. Vgl. Brentano 1982, S. 12–27, 88 ff. Räumliche und qualitative Bestimmung nennt er die sich durchwohnenden Teile des Objekts. 10 Die nächste Frage, die die Richtung der Forschung der Gestaltpsychologie bestimmt hat, ist, ob aus einer solchen Verschmelzung eine zusätzliche, unreduzierbare Qualität (eine Gestaltqualität) resultiert. Vgl. dazu Chrudzimski 2013. 13 Die Konsequenzen dieser Auffassung für das Problem der propositionalen Entitäten sind nicht schwer einzusehen. Es scheint nämlich, dass man in dieser Situation keine Gründe hat, einen Sachverhalt (z.B. dass das Objekt A rot ist) als etwas mehr zu betrachten, denn als eine bloße „Entwicklung” der inneren Struktur eines nominalen Objekts (nämlich eines roten AObjekts). Die propositionale Form, in welcher derselbe Inhalt erfasst wird, scheint keine unreduzierbare ontologische Bereicherung zu implizieren. Wir sind geneigt zu sagen, dass man es hier bloß mit einer syntaktischen Variante, bloß mit einer anderen Redeweise zu tun hat. Der letzte Satz ist natürlich eine Vereinfachung und muss kommentiert werden. Die Redeweise, die anstatt bloßen Namen Sätze verwendet, ist natürlich keineswegs bloß eine andere Redeweise. Denn sie ist in der Tat die einzige Redeweise, die aus grammatischen Gründen zulässig ist. Alles, was wir sagen möchten, müssen wir in Sätzen sagen. Der Punkt unserer Argumentation besteht jedoch darin, dass im Rahmen der Ontologie, die Stumpf zu akzeptieren scheint, diese grammatischen Tatsachen keineswegs implizieren, dass man neben den nominalen Objekten noch irgendwelche propositionalen Entitäten in der Welt einführen muss. Die grammatischen Regeln haben also in diesem Fall keine direkte ontologische Relevanz. Im Hintergrund vieler Argumentationen, die die Unentbehrlichkeit der propositionalen Entitäten aufzuzeigen versuchen, steht eine feste Überzeugung, dass es eine solche direkte ontologische Relevanz auf jeden Fall geben muss. Man behauptet z.B. sehr oft, ohne dafür zu argumentieren, dass sich die Semantik der Aussagen ohne solche propositionalen Referenzstrukturen nicht erklären lässt. Normalerweise lässt man als einen geeigneten Wahrheitsträger oder Wahrmacher nur eine Entität der propositionalen Form zu. Wir haben jedoch gesehen, dass im Rahmen der Theorie Brentanos diese Denklinie ganz verfehlt wäre. Ohne zusätzliche Voraussetzungen erscheint jedenfalls die Behauptung der Unentbehrlichkeit der propositionalen Entitäten als ein bloßes Dekret. Die propositionalen Inhalte werden erst dann zu einer unreduzierbaren Kategorie (und das obige semantische Argument wird erst dann wirklich plausibel), wenn man die nominalen Objekte so philosophisch präpariert, dass sie an und für sich als aller Eigenschaften und aller Struktur beraubt erscheinen. Solch eine „Entfärbung” der nominalen Objekte erscheint übrigens sehr oft als eine natürliche Konsequenz einer philosophischen Analyse. Wenn wir einmal beginnen, dem Objekt seine Eigenschaften gegenüberzustellen, dann scheint es, dass wir eine nicht arbiträre Endposition erst dann erreichen, wenn wir auf der einen Seite alle Bestimmungen des Objekts als seine Eigenschaften haben, denen wir auf der anderen Seite höchstens nur noch ein bloßes Substrat gegenüberstellen können. 14 Diese Tendenz tritt besonders deutlich beim frühen Wittgenstein auf. Wir finden sie aber auch beim späten Meinong. Der Anhänger einer solchen Auffassung würde natürlich sagen, dass ein Brentanosches strukturiertes Objekt in Wirklichkeit nichts anderes ist, als eine Art „kognitiv zusammengedrängter” Sachverhalt. Im Rahmen einer solchen Auffassung sind die propositionalen Entitäten in der Tat unentbehrlich. Wenn alle nominalen Objekte „einfach” sind, dann sagt uns die Aufzählung dieser Objekte natürlich nicht, wie die Welt aussieht. Darüber hinaus muss präzisiert werden, welche Eigenschaften sie haben und in welchen Relationen sie zueinander stehen. Denn die „Natur” der einfachen Objekte impliziert keine ihrer Eigenschaften und keine ihrer Relationen (was im Grunde bedeutet, dass die einfachen Objekte eben keine Natur haben). Und wenn wir die Eigenschaften und Relationen auf die ähnliche Art und Weise zu Objekten machen, die „neben” den Individuen aufgelistet werden können, erreichen wir dadurch nicht viel. Denn die Aufzählung der Objekte, Eigenschaften und Relationen sagt uns wieder nicht, welche Objekte welche Eigenschaften haben und welche Objekte in welchen Relationen stehen. Wir brauchen immer noch einen Nexus, der ein bestimmtes Objekt mit einer bestimmten Eigenschaft (bzw. mehrere Objekte mit einer Relation) verbindet.11 Wenn also A ein einfaches Objekt ist, müssen wir außer A noch eine Tatsache haben, dass A F ist oder dass A zu B in Relation R steht. Wenn man die Geschichte der Philosophie ein wenig kennt, kann man auch bemerken, dass die Relationen in der Regel erst im Rahmen eines solchen ontologischen Schemas zu einem wirklich wichtigen Teil des ontologischen Instrumentariums werden. Solange die nominalen Objekte als qualitativ bestimmte Strukturen betrachtet werden, hat man eine starke Tendenz, die Relationen als eine deutlich schwächere Form des Seienden zu betrachten, die sich prinzipiell auf die monadischen Eigenschaften der Objekte reduziert. Die Brentanosche Tradition geht eindeutig in diese Richtung. Brentano und seine Schüler haben generell die Kategorie der Relation ontologisch entwertet. Die Tatsache, dass Hans größer als Lisa ist, ist durch die absolute Größe von Hans und durch die absolute Größe von Lisa impliziert. Die räumlichen Relationen finden ihre Erklärung in den absoluten räumlichen Bestimmungen der Objekte usw. Brentano steht hier wohl unter dem Einfluss von Aristoteles, der darauf bestand, dass „das Relative am wenigstens ein Wesen und etwas Seiendes ist”. (Metaphysik, 1088a 30–31) 11 Dieser Nexus kann natürlich wiederum zu einem Objekt gemacht werden; das bedeutet jedoch nur den Anfang eines unendlichen Regresses. 15 Bei den Relativen soll kein selbständiges Entstehen und Vergehen stattfinden in dem Sinne, in dem dies bei den monadischen Eigenschaften der Fall ist. Das Relative entsteht und vergeht abhängig davon, wie sich die monadischen Eigenschaften der Fundamente der Relation verändern. „[O]hne verändert zu werden, wird dasselbe bald größer, bald kleiner oder gleich sein, wenn das andere der Quantität nach verändert ist.” (Metaphysik, 1088a 34–1088b 1) Und was Stumpf betrifft, so besteht er explizit darauf, dass jeder Relation „ein absoluter Inhalt” zugrunde liegen muss.12 Zusammenfassend kann man sagen, dass man in der ganzen Brentano-Schule eine starke Tendenz hatte, alle Relationen als intern im Sinne Russells zu betrachten. Die Relationen, die sich so verhalten, supervenieren, wie man heute sagt, auf die monadischen Qualitäten von ihren Gliedern und bilden, nach der Formulierung Armstrongs „ontological free lunch“.13 Für einen Anhänger der einfachen Gegenstände, die erst im Rahmen eines Sachverhalts zu einer Struktur zusammengesetzt werden können, gibt es jedoch keinen Grund, den monadischen Eigenschaften im Vergleich zu den Relationen irgendeine ontologische Priorität zuzumessen. Weder die Tatsache, dass A F ist, noch die Tatsache, dass A zu B in Relation R steht, ist durch die Natur von A und B impliziert, und zwar präzise deswegen, weil A und B eben keine Naturen haben. Die These Wittgensteins: „Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.” (Tractatus, 1.1) ist also für jeden, der die genannten Dinge als „Objekte ohne Eigenschaften” betrachten will, gewissermaßen analytisch. Es scheint jedoch, dass sie im Rahmen der Ontologie Stumpfs keineswegs einleuchtend ist. Wenn die Dinge keine einfachen, eigenschaftslosen Atome sind (und insbesondere dann, wenn sich alle Relationen ontologisch auf ihre monadischen Eigenschaften reduzieren lassen), dann kann die Welt ohne Probleme als „die Gesamtheit der Dinge” aufgefasst werden. Wir können also zwei ontologische Positionen unterscheiden: 12 Vgl. „Entweder versteht man hier unter Lage [...] was wir Ort nennen, und dann ist sie keine Relation [...]; oder man versteht darunter die Beziehung der Punkte zu einander (oder zu einem dritten), und dann liegt dieser Relation, wie jeder, ein absoluter Inhalt zu Grunde, das sind eben hier die beiden Orte; denn man meint eine örtliche Beziehung.”, Stumpf 1873, S. 124. „So kann es Beziehungen zwischen Empfindungen geben, aber schliesslich müssen doch irgend welche absolute Inhalte vorhanden sein, welche wir auf einander beziehen.”, Stumpf 1883, S. 13. 13 Zum Begriff der internen Relation vgl. Russell 1910; Johansson 1990. 16 (A) Die „atomistische” Position: Dinge sind absolut einfach, nur Sachverhalte haben eine Struktur. Die Gesamtheit der Tatsachen ist demgemäß wesentlich „mehr” als die Gesamtheit der Dinge. (B) Die „aristotelische” Position: Dinge haben eine innere Struktur, deswegen brauchen wir keine Sachverhalte. Mit anderen Worten: Alle Sachverhalte stecken bereits in den Dingen; die Dinge lassen sich als Sachverhalte „ausrollen”. Die Gesamtheit der Tatsachen bietet uns keine neuen Informationen im Vergleich zur Gesamtheit der Dinge.14 5. Konzeptualismus Die Konsequenzen unserer Analyse scheinen für die Position Stumpfs nicht ganz eindeutig zu sein. Einerseits erscheint es als eine kohärente Entwicklung, dass er keine transzendenten propositionalen Entitäten eingeführt hat. Als ein Anhänger der Konzeption der qualitativ bestimmten, strukturierten Objekte braucht er nämlich im Grunde keine zusätzlichen propositionalen Strukturen. Die Welt Stumpfs ist die Gesamtheit der Dinge, wie langweilig dies auch klingen mag. In dieser Situation stellt sich jedoch eine berechtigte Frage, warum er dann die immanenten propositionalen Entitäten eingeführt hat? Um die Motivation für diesen Schritt zu verstehen, müssen wir auf einen zusätzlichen Aspekt der Situation aufmerksam machen. Es geht darum, dass die Frage, in welchem Sinne die nominalen Objekte der Vorstellungen im Rahmen der Brentanoschen Tradition als strukturiert und artikulierbar betrachtet werden können, keineswegs eine selbstverständliche Antwort findet. Was z.B. für Brentano sehr charakteristisch ist, ist eine Art der unentschiedenen Oszillation zwischen der Auffassung, die die Eigenschaften, die von den Dingen prädiziert werden können, als ontologisch ernst zu nehmende individuelle Aspekte dieser Dinge betrachtet, und der „konzeptualistischen” Theorie, die nur von einer fiktiven Teilung in Gedanken spricht. Der junge Brentano (1862–1867) bevorzugt generell die Theorie, die die realen Dinge als real unteilbare Ganzen betrachtet und die die prädizierbaren Eigenschaften als Fiktionen des Verstandes interpretiert. Diese Fiktionen können allerdings richtig prädiziert werden, und das ist 14 Man kann natürlich auch eine mittlere Position hinzufügen, nämlich dass es einerseits strukturierte Dinge gibt, andererseits aber auch Sachverhalte, die sich auf derartige strukturierte Dinge nicht reduzieren lassen. Diese Position würde vielleicht sogar am besten der heutzutage üblichen Versionen einer „gemäßigten“, „commonsense“ Ontologie entsprechen. Für die Zwecke dieses Aufsatzes brauchen wir sie aber nicht näher zu untersuchen. 17 der einzige Sinn, in dem sie als Fiktionen cum fundamento in re bezeichnet werden können. (Wir können hier wieder die charakteristische Priorität des normativen Diskurses in den Analysen Brentanos beobachten.) In seiner mittleren Periode (vor allem um 1890) neigt er hingegen dazu, die individuellen Eigenschaften als ontologisch ernst zu nehmende Bestandteile der individuellen Dinge zu betrachten. Es scheint, dass im Platzieren der propositionalen Strukturen ausschließlich „im Geist”, welches wir bei Stumpf finden, auch solche „konzeptualistischen” Überlegungen mitspielen könnten. Außer den zwei oben genannten Positionen bezüglich der Einfachheit bzw- Komplexität der nominalen Objekte können wir also noch eine dritte Position auflisten: (C) Die „konzeptualistische” Position: Dinge sind insofern einfach, als jedes Ding vom ontologischen Standpunkt aus betrachtet ein unteilbares Ganzes bildet. Sie sind jedoch insofern komplex, als sie in einer artikulierter Weise richtig erfasst werden können. Es scheint, als ob Stumpf in seinen Analysen zwischen den Positionen (B) und (C) schwankte. Konsequent durchgeführt muss (C) die immanenten Objekte und Sachverhalte als fiktive Entitäten interpretieren. Diese Interpretation ist für den jungen Brentano charakteristisch. In der Periode 1862–67 subsumiert er das „objektiv im Geist Seiende” unter den Begriff des Seienden im Sinne der Wahrheit und betrachtete es generell als ontologisch harmlos. (Vgl. Brentano 1862, S. 37 ff.; Brentano 1867, S. 80) In seiner Metaphysik-Vorlesung vom Jahre 1867 (Manuskript M 96) entwickelt er eine konzeptualistische Theorie, die die realen Dinge als unteilbare Ganzheiten betrachtet, deren ontologische Struktur nur vom Geist stipuliert wird. Diese Struktur ist also im Grunde fiktiv. Sie ist allerdings keine grundlose Fiktion, denn gewisse solche Strukturierungen sind richtig (d.h. sie können in evidenten Urteilen an Dinge angewendet werden). In diesem, und nur in diesem Sinne sind sie als Fiktionen cum fundamento in re zu betrachten. (Vgl. M 96, Lektion XLIII, S. 31972)15 Im Laufe der Zeit (generell seit der Psychologie und besonders in der Periode 1880–1890) werden jedoch die immanenten Entitäten ontologisch immer ernster genommen. Wie ernst sie Carl Stumpf nimmt, ist nicht ganz klar. Er betrachtet sie sicher nicht als einfach fiktiv. Andererseits betont er jedoch den charakteristischen Kontrast zwischen den nominalen und propositionalen Inhalten der psychischen Akte. Die Objekte der nominalen Form erscheinen nämlich, phänomenologisch genommen, als etwas äußeres, vom Bewusstsein logisch Unabhängiges (selbst wenn ihnen in Wirklichkeit keine Realität entspricht). „Zu 15 Die konzeptualistische Metaphysik des jungen Brentano besprechen wir genau in Chrudzimski 2004, Kap. 3. 18 einem Ton” – schreibt Stumpf – „gehören mit begrifflicher Notwendigkeit nur die Merkmale der Höhe, Stärke u.dgl. [...]. Das Merkmal des Wahrgenommenwerdens gehört nicht dazu.” (Stumpf 1907, S. 11 f.) Die propositionalen Inhalte werden hingegen von vornherein als etwas aufgefasst, was von der kognitiven Tätigkeit des Subjekts ontologisch abhängig ist. „[D]er Sachverhalt” – lesen wir – „kann nicht für sich allein, unabhängig von irgendeiner Funktion [d.h. von einem psychischen Akt] unmittelbar gegeben und damit auch real sein. Nur als Inhalt eines aktuell stattfindenden Urteils kann er real sein.” (Stumpf 1907, S. 32) Stumpf stellt ausdrücklich diese subjektiv bedingte Natur der propositionalen Inhalte den prima facie vom Bewusstsein unabhängigen nominalen Objekten der Erscheinungen gegenüber. Die Asymmetrie der immanenten und transzendenten Seite der intentionalen Beziehung erweist sich also als noch tiefer greifend. Wenn wir die Situation vom phänomenologischen Standpunkt aus betrachten, erscheinen uns die nominalen Objekte als transzendent und vom Bewusstsein ontologisch unabhängige Entitäten. (Es kann sich natürlich herausstellen, dass es keine solchen Entitäten gibt; das ändert jedoch nichts daran, dass sie uns eben in dieser Weise erscheinen.) Die propositionalen Entitäten haben wir hingegen nur als immanente Inhalte der psychischen Akte gegeben. Stumpf scheint also anzunehmen, dass man sich in jedem Urteil auf ein transzendentes Objekt durch einen immanenten propositionalen Inhalt bezieht. Das immanente nominale Objekt sollte also in unserem Schema eigentlich gestrichen werden. In einem Urteil bezieht man sich auf ein Objekt, indem man dieses Objekt mental auseinandernimmt, was zur Folge hat, dass als immanente vermittelnde Entität ein propositionaler Inhalt auftritt. Die Artikulierung der inneren Struktur des Objekts nimmt immer eine propositionale Form an. Wenn die innere Struktur des Objekts in dieser Weise „mentalisiert” werden könnte, wäre es auch gewissermaßen verständlich, warum man neben den Objekten noch immanente propositionale Inhalte einführt. Vom ontologischen Standpunkt aus sind die propositionalen Inhalte überflüssig, sie tragen im Vergleich zu den nominalen Objekten keine zusätzlichen ontologischen Informationen, weil unsere Objekte bereits strukturierte Objekte sind. Die Komplexität der Objekte besteht jedoch ausschließlich darin, dass sie in einer artikulierten Weise richtig erfasst werden können, und ein solches Erfassen kann nur „durch” einen propositionalen (immanenten) Inhalt zustande kommen. Die einzige Weise, in der sich die Komplexität des Seienden offenbart, wäre danach eine propositionale Umgestaltung. 19 6. Eine konzeptualistische Auffassung der Negation Bevor wir unsere Untersuchung abschließen, versuchen wir einen interessanten Punkt zu zeigen, wo eine solche konzeptualistische Auffassung ihre Stärke zeigt. Die frühen Kritiker der Brentanoschen Urteilstheorie – vor allem Meinong und Husserl – haben in erster Linie darauf aufmerksam gemacht, dass die ontologische Einfachheit der Brentanoschen Sachverhalte durch die innere Komplexität der involvierten Objekte ausgeglichen wird, so dass es sehr fraglich erscheint, ob die resultierende Entität noch als ein nominales Objekt zu betrachten ist. Der einfachste Punkt, an dem man hier die Lehre Brentanos angreifen kann, wären die Relationen. Es ist nämlich ziemlich wenig plausibel, dass sie sich wirklich alle als intern im Sinne Russells interpretieren lassen. Diesen Punkt werden wir hier aber nicht entwickeln, denn er hat für die Theorie Stumpfs keine Bedeutung. Wie wir gesehen haben, hat Stumpf Brentano in dieser Sache geglaubt. Es stellt sich allerdings heraus, dass uns die innere Struktur des Objektes Probleme auch dann bereiten kann, wenn wir das Problem der Relationen als erledigt betrachten. Wenn wir uns die Brentanosche Übersetzung von vier klassischen kategorischen Formen in die Erinnerung rufen sehen wir, dass man hier mit den Zusammenfügungen von Termen und ihrer Negation zu tun haben. Brentanos Urteilstheorie und die damit zusammenhängende Reform der traditionellen syllogistischen Logik wurde von seinen Schülern mit Begeisterung angenommen. Die Erklärungen, die er in seiner Psychologie bezüglich seiner „Reform der Logik“ gibt, fallen jedoch ziemlich knapp aus. Im Jahre 1891 publizierte deshalb Franz Hillebrand ein Buch unter dem Titel Die neuen Theorien der kategorischen Schlüsse (Hillebrand 1891), in dem er versuchte, Brentanos Urteilslehre ausführlich und systematisch darzustellen. Das Buch wurde 1892 von Meinong rezensiert. Bereits in dieser Besprechung, zehn Jahre bevor er in Über Annahmen seine konsequent propositionale Intentionalitätstheorie entwickelte, sagt Meinong deutlich, dass er die existentielle Urteilstheorie Brentanos nicht akzeptiert und macht dabei auf zwei wichtige Probleme aufmerksam. Die „Entdeckung” der existentiellen Urteilsform „A ist”/„A ist nicht” und die Einsicht, dass sie auf keine Kombination der kategorischen Formen reduzierbar ist, hält er zwar für wichtig, die Ansicht Brentanos, dass alle kategorischen Urteilsformen auf eine solche existentielle Form reduzierbar sind, sei aber verfehlt. (Meinong 1892, S. 205 f) Meinongs Kritik zeigt, dass das eigentliche Problem in der Kernidee Brentanos liegt, nach der sich die ganze syntaktische Komplexität, die in einem Urteil involviert ist, in sein Objekt 20 verlegt und für das Urteil selbst nur eine existentielle Position bzw. Negation übrig bleibt. Die zwei wichtigsten Punkte der Kritik betreffen die Operationen der Negation und der Zusammenfügung von Termen, die Brentano für seine existentiale Reduktion brauchte. Der letztgenannte Kritikpunkt, den Meinong in seiner Hillebrand-Rezension gegen Brentanos Urteilslehre erhebt – das Problem der Komposition –, ist sehr allgemein. Um ein kategorisches Urteil der Form „Ein S ist P” richtig wiederzugeben, reicht es nicht, argumentiert Meinong, die Existenz von S und die Existenz von P anzuerkennen. Was noch dazu kommen muss, ist die Anerkennung einer verbindenden Relation, die zwischen S und P bestehen muss, wenn diese zwei Elemente ein und dasselbe Objekt konstituieren sollen. Denn ein S und ein P könnte es ja geben, ohne dass sie irgendetwas miteinander zu tun hätten. Es ist also in Wahrheit diese Relation zwischen S und P, schreibt Meinong in seiner Rezension, die in dem kategorischen Urteil „Ein S ist P” anerkannt wird. Sie ist der Gegenstand, der in jedem Urteil der Form „Ein S ist P” anerkannt wird und deshalb muss auch sie den Gegenstand der zugrunde liegenden Vorstellung bilden. (Meinong 1892, S. 210) Zehn Jahre später, in der ersten Auflage von Über Annahmen, kommen Meinong jedoch ernsthafte Bedenken bezüglich seines damaligen Vorschlags. Dass das Bestehen einer Relation, die S und P verknüpft, in einem kategorischen Urteil der Form „Ein S ist P” anerkannt werden muss, steht für ihn nach wie vor fest. Ist es aber wirklich der Fall, dass die genannte Relation dabei vorgestellt wird? Eine psychologische Untersuchung bestätigt diese Hypothese keineswegs. Bei einer psychologischen Analyse eines kategorischen Urteils können wir zwar ohne Probleme die Vorstellungen von S und P hervorheben, von der Vorstellung einer verbindenden Relation fehlt jedoch, wie uns Meinong jetzt versichert, jede Spur. (Meinong 1902, S. 144, 148) Die Theorie, die Meinong in seiner Hillebrand-Rezension formuliert hat, scheint damit jeder psychologischen Grundlage zu entbehren. Jetzt hält Meinong aber eine andere Lösung der Schwierigkeit parat. Seit er unter seinen Gegenständen propositionale Entitäten hat, die nicht durch eine Vorstellung, sondern erst durch einen „urteilsähnlichen“ psychischen Zustand (ein Urteil oder eine Annahme) dem Subjekt präsentiert werden, ist er nicht länger auf die intentionale Kraft einer Vorstellung angewiesen. Die verknüpfende reale Relation zwischen S und P wird zwar nicht vorgestellt, sie wird aber trotzdem intentional berücksichtigt, und zwar indem das betreffende Subjekt das Urteil fällt (bzw. die Annahme macht), dass S P ist. Die kopulative Form „S ist P“, die Brentano auf eine existentiale Form „Ein P-seiendes S ist“ zurückführen wollte, erweist sich 21 also nach Meinong als prinzipiell unreduzierbar.16 Zusammengefasst heißt das, dass Brentanos Übersetzung deshalb nicht funktionieren kann, weil die strukturierten Objekte, die sie braucht, bereits Sachverhalte enthalten. Wir haben hier die grundlegende metaphysische Kontroverse zwischen einem Wittgensteinschen und einem Aristotelischen Weltbild, die wir bereits oben besprochen haben. Nach der Wittgensteinschen Auffassung sind die primitivsten Elemente der Wirklichkeit, die „Objekte“ genannt werden dürfen, absolut einfach. Alles, was irgendwelche Komplexität oder Struktur aufweißt, muss als ein Sachverhalt interpretiert werden. Die Bezeichnung „komplexes Objekt“ ist dementsprechend strenggenommen ein Oxymoron und die so genannten komplexen Objekte können nur verkappte Sachverhalte sein. Nach der Aristotelischen Auffassung haben wir hingegen sehr wohl strukturierte Entitäten der nominalen Form. Wir haben gesehen, dass Brentano und seine konservativeren Schüller – darunter auch Stumpf – eindeutig der letzten Auffassung huldigten. Diesen Einwand legen wir also beiseite.17 Interessanter für unsere Perspektive ist das Problem der Negation. Denn auch Brentano selbst hat es ganz klar gesehen. Dass sich in einigen Brentanoschen Formen (o und a) Negativa (ein nicht-P) finden, widerspricht nämlich einer weit verbreiteten Meinung, dass ein negatives Charakteristikum nie aus einer bloßen Vorstellung resultieren kann. Da es auch die Meinung Brentanos war, vervollständigt er schon in den achtziger Jahren seine Urteilstheorie durch die Einführung der so genannten Doppelurteile. Eine einfache existentielle Reduktion, behauptet jetzt Brentano, ist nicht immer möglich. Um alle Urteilsformen wirklich in den Griff zu bekommen, muss man neben den einfachen Existenzialurteilen eine zusätzliche Urteilsform einführen, die gewissermaßen zwei Urteile in Beziehung zueinander setzt. Eine unselbständige Prädikation baut sich hier auf einem Existenzialurteil auf. 16 In der ersten Auflage von Über Annahmen wird diese These nur sehr zögernd aufgestellt. Vgl. „Ich habe meine Bedenken gegen die wirkliche ‘Zurückführbarkeit’ [der kategorischen Form auf die existentielle Form] hier nicht verschweigen zu sollen gemeint: ich hielte es aber derzeit noch für allzu gewagt, dieselben zur Grundlage für die uns jetzt in der ersten Linie beschäftigende Untersuchung der Annahmen zu machen.“, Meinong 1902, S. 149. In der zweiten Auflage (Meinong 1910) werden „Seinsmeinen“ (A ist) und „Soseinsmeinen“ (A ist B) als zwei gleichberechtigte und aufeinender unreduzierbare Formen des Meinens anerkannt. 17 Ähnlich wie im Fall der Relationen, kann es natürlich wohl sein, dass am Ende des Tages nicht Brentano, sonder seine Kritiker recht behalten. In diesem Aufsatz werden wir jedoch nicht versuchen, diese Fragen zu entscheiden. 22 Seine offizielle Formulierung dieser Lehre kann man erst im Anhang zur Klassifikation der psychischen Phänomene (1911) finden. Nach dieser Formulierung haben wir es mit einem Doppelurteil dann zu tun, wenn ein Objekt zuerst in einem einfachen Existenzialurteil: (i) A ist anerkannt wird, und dann diesem Objekt eine Eigenschaft zugeschrieben oder abgesprochen wird. Wir dürfen uns aber nicht vorstellen, dass dieses Zuschreiben oder Absprechen in einem Urteil der folgenden Form geschieht: (ii) A ist B, (iii) A ist nicht B. bzw. Nach Brentano gibt es nämlich solche Urteilsformen gar nicht. Das Zuschreiben oder Absprechen wird in einem neuen Existenzialurteil verwirklicht, das das Urteil (i) in gewisser Weise voraussetzt und dadurch von ihm in einem gewissen Sinne eingeschränkt wird. Die Form dieses Existenzialurteils ist: (ii*) Ein B-seiendes [und im Urteil (i) anerkanntes] A ist, bzw. (iii*) Ein B-seiendes [und im Urteil (i) anerkanntes] A ist nicht.18 Bei der Interpretation der Formen (ii*) und (iii*) soll man nicht vergessen, dass die in den eckigen Klammern auftretende verbindende Formel „[und im Urteil (i) anerkanntes]” sich auf kein Element bezieht, das zum Inhalt des Urteils gehört. Durch diese Formel wurde die psychische Struktur wiedergegeben, in welcher die zwei Urteile miteinander verbunden werden. Wir haben es hier mit einem neuen Modus des Urteilens und nicht mit einem neuen gegenständlichen Element zu tun. Die Einführung des speziellen Modus des Doppelurteils betrachtete Brentano als eine Rettung seiner Reduktion der vier kategorischen Urteilsformen auf die Existenz-Urteile. Meinong bewertete sie jedoch als ihre endgültige Niederlage. „[I]ch vermag nicht zu verstehen,“ schreibt er, „wie dergleichen vertreten werden kann, ohne [dass] die Reduktionstheorie [der kategorischen auf die existentialen Urteilsformen] aufgegeben ist.“ (Meinong 1892, S. 214) 18 Vgl. dazu die Erläuterungen in Brentano 1911/2008, S. 414 f. Vgl. auch Marty 1895, S. 63 f. 23 Meinong ist zwar damit einverstanden, dass die Negation nie „die Sache einer Vorstellung“ sein kann,19 nichtsdestoweniger ist sie seiner Meinung nach ontologisch ernst zu nehmen. Sie ist etwas, was dem Gegenstand des psychischen Aktes zukommt und das heißt, dass sie nicht in einen bloßen psychischen Modus verlegt werden darf, dem auf der gegenständlichen Seite nichts entspricht. Sie muss in einer gegenständlichen Struktur ihren Platz finden, und wir sehen, dass diese Struktur nicht nominal sein kann, wenn die These aufrechterhalten werden soll, dass alle Vorstellungen positiv sind. Unter diesen Voraussetzungen bildet also die Negation einen Prüfstein, an dem man die „Propositionalität“ einer Entität messen kann. Eine Entität ist genau dann propositional, wenn sie eine Negation involvieren kann.20 Zumindest die Form „a ist nicht F“ erweist sich also als auf eine einfache existentielle Form unreduzierbar. Die syntaktische Form „... ist nicht...“ kann weder aus einer Vorstellung abstrahiert werden, noch in einen psychischen Modus verlegt werden. Nach Meinong bildet sie eine gegenständliche Struktur, deren Erfassen nur im Rahmen eines propositionalen Aktes möglich ist. Kann uns die konzeptualistische Auffassung, so wie man sie bei Stumpf finden kann, bei diesen Problemen helfen? Eine solche Auffassung besteht im Grunde darin, dass man in der begrifflichen Domäne wesentlich mehr Artikulierung und Komplexität postuliert, als in der Domäne der Wahrmacher. In Anwendung an Stumpf bedeutet das, dass man unter den immanenten Entitäten gewisse Formen findet, die in der transzendenten Realität fehlen. Wäre es also möglich, die Negation vollständig in die immanenten Strukturen zu verlegen und zu behaupten, dass die ganze transzendente Realität „positiv“ ist? Die Antwort lautet, dass es tatsächlich möglich ist. Nehmen wir irgendeinen Brentanoschen Satz, der negative Terme verwendet, etwa: „Es gibt ein nicht-schwarzes Pferd“. Was müsste in der Welt existieren, damit dieser Satz wahr ist? Die Antwort ist einfach: Der genannte Satz ist genau dann wahr, wenn es in der Welt ein Pferd gibt, das eine Farbe hat, die mit der Farbe Schwarz nicht identisch ist. Die Farbe, die dieses Pferd hat, braucht jedoch keineswegs eine „negative“ Farbe zu sein. Selbst wenn wir annehmen, dass es 19 Vgl. Meinong 1902, S. 136. Schon in den Hume-Studien II schreibt Meinong deutlich, dass in allen Fällen, in denen man es anstatt mit positiven Inhalten „mit bloßer Negation“ zu tun hat, etwas mehr als eine bloße Vorstellung involviert sein muss. Da Meinong zur Zeit der Hume-Studien II Annahmen noch nicht kannte, hieß es dort, dass dieses „mehr“ ein Urteil sein muss. Vgl. Meinong 1882, S. 103. 20 Auch Frege behauptet, dass die Negation erst auf der Ebene eines „fertigen“ Gedankens (d.h. eines propositio- nalen Inhalts) auftreten kann. Die Negation ist nämlich nach ihm eine Funktion, die als ihr Argument bereits einen „fertigen“ Gedanken (eine Proposition) braucht. Vgl. Frege 1919, S. 155f., Frege 1923, S. 37. 24 in der Welt ausschließlich positive Farben gibt – was übrigens ganz vernünftig klingt –, können wir für jeden negativen Satz einen passenden Wahrmacher finden.21 So weit so gut, die Tatsache, dass wir in unserer Wahrmacher-Theorie wahrscheinlich keine ontologisch ernst zu nehmende Negation brauchen, bedeutet aber noch lange nicht, dass auch unsere Intentionalitätstheorie ohne sie auskommen kann. Der Satz „Es gibt ein nichtschwarzes Pferd“ kann zwar durch die Anwesenheit eines weißen Pferdes wahrgemacht werden, er bedeutet aber nicht, dass es ein weißes Pferd gibt. Wenn wir also die Bedeutung dieses Satzes (oder den Inhalt des Gedankens, dass es ein nicht-schwarzes Pferd gibt) negative Ausdrücke erklären wollen, würden wir alle möglichen positiven Wahrmacher aufzählen müssen. Es gibt ein nicht-schwarzes Pferd bedeutet: Es gibt ein weißes Pferd; oder Es gibt ein braunes Pferd; oder …………………………; oder …………………………; oder …………………………; oder …………………………; oder Es gibt ein rotes Pferd; oder Es gibt ein grünes Pferd; oder …………………………; oder …………………………; oder etc… Das Problem ist allerdings, dass eine solche Theorie keine psychologische Plausibilität zu haben scheint. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass wir im Falle eines negativen Urteils eine solche (möglicherweise unendliche) Kollektion von möglichen Wahrmachern wirklich „vor unseren geistigen Augen“ als seinen Inhalt projizieren. Wenn wir eine psychologisch brauchbare Intentionalitätstheorie liefern wollen, müssen wir über eine viel „kompaktere“ konzeptuelle Struktur – eine, die die rechnerischen Kapazitäten unseres Geistes nicht so offensichtlich sprengt – verfügen. Das Verwenden von Negation (in diesem Fall von 21 Für den allgemeinen Satz der Form (i) „Es gibt kein S, das nicht-P ist“ brauchen wir keinen besonderen Wahrmacher einzuführen. Wir können annehmen, dass der Satz (i) genau dann wahr ist, wenn der Satz (ii) „Es gibt ein S, das nicht-P ist“ falsch ist; und dies ist genau dann der fall, wenn der Satz (ii) keinen Wahrmacher hat. 25 negativen Begriffen) scheint zu dieser Rolle sehr gut zu passen und ein Ersatz für sie ist nicht so leicht zu finden. Es scheint also, dass eine Intentionalitätstheorie, die psychologisch plausibel sein will, auf jeden Fall gewisse konzeptuellen Elemente einführen soll, die für die Negation verantwortlich sind. Es ist aber zugleich vernünftig anzunehmen, dass einer solchen Negation keine ontologisch ernst zu nehmenden Strukturen in der wahrmachenden Realität entsprechen. Die Asymmetrie, die bei Stumpf zwischen den (propositionalen) konzeptuellen Strukturen im Geiste und den (nominalen) Wahrmachern in der transzendenten Realität herrscht, scheint also zumindest im Falle der Negation eine gute Berechtigung zu haben.22 Bibliographie Aristoteles 1980. Metaphysik, Griechisch-Deutsch, Bd. I/II, Hamburg: Meiner. Bocheński, Józef Maria 1970. Formale Logik, Freiburg/München: Verlag Karl Alber. Bolzano, Bernard 1837. Wissenschaftslehre, Bd. I–IV, Sulzbach. Brentano, Franz 1862. Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nach Aristoteles, Freiburg i. Br.: Herder. Brentano, Franz 1867. Die Psychologie von Aristoteles, insbesondere seine Lehre vom nous poietikos, Kirchheim Verlag: Mainz am Rhein. Brentano, Franz 1874/2008. Psychologie vom empirischen Standpunkte, in: T. Binder / A. Chrudzimski, (eds.), Franz Brentano, Psychologie vom empirischen Standpunkte. Von der Klassifikation der psychischen Phänomene (Sämtliche veröffentlichte Schriften, Bd. 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