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Buch, Claudia M. et al.
Working Paper
Die wirtschaftliche Lage Weißrußlands: Fehlende
Reformen gefährden geldpolitischen Kurswechsel
Kieler Diskussionsbeiträge, No. 260
Provided in Cooperation with:
Kiel Institute for the World Economy (IfW)
Suggested Citation: Buch, Claudia M. et al. (1995) : Die wirtschaftliche Lage Weißrußlands:
Fehlende Reformen gefährden geldpolitischen Kurswechsel, Kieler Diskussionsbeiträge, No.
260, ISBN 3894561076
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http://hdl.handle.net/10419/850
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KI E LE R DIS K U SSI 0 N SB E I T R A G E
K I E L
D I S C U S S I Ö N
Deutsches Institut für
Wirtschaftsforschung, Berlin
P A P E R S
Institut für Weltwirtschaft
an der Universität Kiel
Institut für
Wirtschaftsforschung Halle
Die wirtschaftliche Lage Weißrußlands
Fehlende Reformen gefährden geldpolitischen Kurswechsel
I N S T I T U T
F Ü R W E L T W I R T S C H A F T
K I E L
O K T O B E R
1 9 9 5
ISSN 0455-0420
Inhaltsverzeichnis
I.
II.
Gesamtwirtschaftliche Entwicklung
3
1. Produktion, Investitionen, Preise
3
2. Einkommen, Löhne, Arbeitsmarkt
5
Wirtschaftspolitische Lage
9
1. Finanzpolitik
9
2. Geld-und Kreditpolitik
11
3. Wechselkurspolitik
13
4. Außenwirtschaftsbeziehungen
13
5. Ordnungspolitische Entwicklungen
17
III. Zusammenfassung
20
Literaturverzeichnis
24
Dieser Bericht wurde am 29. September abgeschlossen. Vom Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel
haben Claudia M. Buch, Ralph P. Heinrich, Rolf J. Langhammer und Matthias Lücke mitgewirkt, vom
Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Hella Engerer, Wolfram Schrettl, Mechthild Schrooten und Ulrich
Weißenburger und vom Institut für Wirtschaftsforschung Haue Hubert Gabrisch und Peter Sigmund. Der
Bericht wurde auch im DIW-Wochenbericht und in der IWH-Forschungsreihe veröffentlicht.
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Die wirtschaftliche Lage Weissrusslands : fehlende Reformen
gefährden geldpolitischen Kurswechsel / Deutsches Institut für
Wirtschaftsforschung, Berlin ... - Kiel : Inst, für
Weltwirtschaft, 1995
(Kieler Diskussionsbeiträge ; 260)
ISBN 3-89456-107-6
NE: Deutsches Institut für Wirtschaftsforsohung < Berlin>; GT
©
Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel
D-24100Kiel
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gestattet, den Band oder Teile daraus
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Printed in Germany
ISSN 0455 - 0420
I.
1.
Gesamtwirtschaftliche Entwicklung
Produktion, Investitionen, Preise
Der seit 1991 andauernde Schrumpfungsprozeß
der weißrussischen Wirtschaft hat sich auch im
bisherigen Verlauf des Jahres 1995 fortgesetzt
(Tabelle 1). Das Bruttoinlandsprodukt (BIP)
sank in den Monaten Januar bis Juli gegenüber
dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres um
12 vH (1994: -20 vH). Die Wertschöpfung in
der Industrie sank um 13 vH, in der Landwirtschaft um 9 vH und in der Bauwirtschaft um 28
vH. Auf der Entstehungsseite des nominalen BIP
ging der Anteil der Güterproduktion von 70 vH
im Jahr 1990 auf 46 vH in den ersten sieben
Monaten 1995 zurück, während der Anteil der
Dienstleistungen von 28 vH auf 43 vH anstieg
(Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki
Belarus' 1995a: 9; Ministerstvo Statistiki i Anaiza Respubliki Belarus' 1995b: 75). Angaben
über die Verwendungsseite des BIP liegen nicht
vor, die verfügbaren Daten deuten aber auf
beträchtliche Strukturverschiebungen zugunsten
des Staatsverbrauchs und des Außenbeitrags
hin, da sowohl der reale Einzelhandelsumsatz als
wichtigster Indikator für den privaten Verbrauch
(-30 vH) als auch die Bruttoanlageinvestitionen
(-22 vH) stärker als das BIP zurückgegangen
sind. Damit ist die Investitionsquote weiter gesunken, und zwar auf 16 vH. Das Handelsbilanzdefizit konnte im ersten Halbjahr 1995 beträchtlich reduziert werden (vgl. Abschnitt II.4:
Tabelle 14). Der Anteil der Staatsausgaben am
BIP ist von 34 vH im ersten Halbjahr 1994 auf
38,5 vH im ersten Halbjahr 1995 gestiegen. Vermutlich sind angesichts der stark rückläufigen
Binnennachfrage nach Investitions- und Konsumgütern auch die Lagerinvestitionen gestiegen.
Auch innerhalb der Investitionen haben sich
Strukturveränderungen ergeben. Der Rückgang
der Bauinvestitionen fiel in den ersten sieben
Monaten mit 28 vH überdurchschnittlich aus. Im
staatlichen Sektor, in dem weder die Kolchosen
noch die in Aktiengesellschaften umgewandelten
Unternehmen enthalten sind, wurden 78 vH aller
Investitionen getätigt. Bei der Finanzierung der
Investitionen dominierten nach wie vor die Eigenmittel der Unternehmen mit 51 vH. Über die
öffentlichen Haushalte wurden 29 vH der Investitionen finanziert, über die staatlichen Investitionsfonds 12 vH. Auf Mittel ausländischer Investoren und Auslandskredite entfielen lediglich
4 vH der Investitionsfinanzierung (Ministerstvo
Statistiki i Analiza Respubliki Belarus'1995a: 6,
Tabelle 1 — Entwicklung wichtiger Wirtschaftsindikatoren 1990-1995 (Veränderungen gegenüber der entsprechenden
Vorjahresperiode in vH)
Bruttoinlandsprodukt
Industrieproduktion
Agrarproduktion
Bruttoanlageinvestitionen
Einzelhandelsumsatz
Beschäftigte
Nominaleinkommen der
privaten Haushalte
Nominallöhne
Verbraucherpreise
Industrielle Erzeugerpreise
1990
1991
2,1
-8,7
9,0
14,7
-0,9
-1,2
-1,0
-A,9
4,0
-8,1
-2,5
17,7
16,0
4,5
94,4
97,0
80,7
238,0
1992
-9,6
-9,4
-8,5
-29,0
-22,0
-2,6
759
843
971
4091
1993
-11,0
-10,0
3,7
-15,0
-14,4
-1,3
1256
1097
1190
3868
1994
-20,0
-17,1
-14,1
-25,0
-18,0
-2,6
1865
1487
2221
2876
Jan.-Juli
1995
-12,0
-9,6
-7,6
-22,0
-30,0
-2,4 a
1077
1368
1701
104
. = hier wie in den folgenden Tabellen: kein Nachweis vorhanden. — aApril 1995 zu April 1994. — b 1990-1994: Jahresdurchschnitt. 1995: Januar bis Juli 1995 zu Januar bis Juli 1994. — C1991-1994: Dezember zu Dezember des Vorjahres.
1995: Juli 1995 zu Dezember 1994
Quelle: Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1992: 161, 165; 1994a: 16 f.; 1995a: 5 ff., 64; 1995b: 8 ff.;
1995c: 5 ff., 74; 1995e: 18, 21).
31, 102; Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' 1995b: 152). Aus sektoraler
Sicht wurde ein besonders starker Rückgang der
Investitionen im ersten Halbjahr 1995, wie bereits in den Vorjahren, in der Landwirtschaft
verzeichnet (-A4 vH; Tabelle 2). Ihr Anteil an
den gesamten Investitionen ging seit 1990 von
29 vH auf 8 vH zurück. Die Investitionen in die
Industrie, die 29 vH des Investitionsvolumens
ausmachten (1990: 24 vH), waren im ersten
Halbjahr 1995 um 9 vH niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Der Rückgang bei
den Investitionen in den Wohnungsbau belief
sich gegenüber dem ersten Halbjahr 1994 auf 23
vH. Seit 1990 ist der Anteil der Investitionen in
den Wohnungsbau im Rahmen der Investitionen
insgesamt von 20 auf 26 vH angestiegen. Entgegen der allgemeinen Entwicklung gab es im er-
sten Halbjahr 1995 einen Zuwachs bei den Investitionen in das Nachrichtenwesen (43 vH) und
im Finanz-, Banken- und Versicherungssektor
(36 vH; Tabelle 2). 1
Die industrielle Bruttoproduktion lag im Zeitraum von Januar bis Juli 1995 um knapp 10 vH
unter der des entsprechenden Vorjahreszeitraums (Tabelle 1). Auf den staatlichen Sektor
entfielen 75 vH der Industrieproduktion, auf die
in Aktiengesellschaften umgewandelten und damit überwiegend noch staatlichen Unternehmen
15 vH und auf verpachtete Unternehmen 6 vH.
Der Produktionsrückgang hat sich im Jahresverlauf beschleunigt. Während er im ersten Quartal
gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum 2 vH ausmachte, betrug er im zweiten
Quartal 14 vH und im Juli 17 vH. Im Jahr 1994
erstreckte sich der Schrumpfungsprozeß auf alle
Tabelle 2 — Daten zur Investitionsentwicklung 1990-1995 (Veränderungen gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode in vH)
1991
1992
1993
1994 a
Jan.—Juni
1995
9
9
2
8
2
3
-0,4
12
4
0
6
-5
27
39
-17
-8
-29
-29
-51
-54
-27
-58
-A3
-15
-14
-11
-31
-12
7
37
-3
-25
-31
-26
-46
-64
-29
-26
-25
-22 D
-17b
-9
-\A
-11
-7
43
-15
-53
-64
-50
-83
-S2
-23
-65
-62
38
9
13
-27
12
10
-38
-8
-11
48
-17
-19
-41
-17
-20
-18
-27b
-23
-61
-29
-37
20
18
-8
-32
-24
-27
8
-9
-6
6
27
-3
6
^1
-22
-12
-13
-15
-21
-22
-28
-31
-37
-45
-6
23
-4
-36
-58
-88
51
36
1990
Investitionen insgesamt
Produzierender Bereich
Industrie
Landwirtschaft
Bauwirtschaft
Verkehr
Nachrichtenwesen
Handel und Gaststätten
Versorgungs- und
Absatzsystem
Nichtproduzierender Bereich
Wohnungsbau
Kommunalwirtschaft und
Dienstleistungen
Gesundheitswesen, Sport,
soziale Sicherung
Bildungswesen
Kultur und Kunst
Wissenschaft
Finanzen, Banken,
Versicherunge n
^to
-0,6
23
-4
-37
-65
1994 in vH
zu 1990
a
Arigaben des statistischen Taschenbuchs füir 1994. Im Juniheft des statistischen Bulletins finden sich Veränderungsraten für die Investitionen in einigen Sektoren, die zum Teil extrem von den im statistischen Taschenbuch und in anderen
Quellen zu findenden Zahlen abweichen: Investitionen insgesamt: -11 vr [, Industrie: 12 vH, Verkehr: -24 vH, Nachrichtenwesen: - 7 vH, Bauwirtschaft: -20 vH Handel und Gaststätten: 81 vH, Versorgungs- und Absatzsystem: -12 vH,
Wohnungsbau: -11 vH, Kommunalwirtschaft: -27 vF , Gesundheitswesen, Sport, soziale 'Mcherung: -12 vH, Bildungswesen: -12 vH, Finanzen, Banken, Versicherungen: : L33 vH. Die übrigen Angaben in dieser Quelle sind mit den oben
angeführten Zahlen identisch. — "Januar bis Juli.
Quelle: Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1994a: 299 ff.; 1995a: 102; 1995b: 154; 1995c: 6, 36, 106;
1995e: 158 f.), eigene Berechnungen.
Tabelle 3 — Entwicklung der Industrieproduktion nach Industriebereichen in konstanten Preisen 1990-1995 (Veränderungen gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode in vH)
Industrie insgesamt11
Stromwirtschaft
Brennstoffindustrie
Eisen- und Stahlindustrie
Maschinenbau und Metallverarbeitung
Chemie und Petrochemie
Holz-, Holzverarbeitungs-, Zellstoff- und
Papierindustrie
Baustoffindustrie
Leichtindustrie
Nahrungsmittelindustrie
a
1992
Januar-Juli 1995
1990
1991
2,1
3,1
-2,3
8,7
3,3
-o,i
-1,0
0,9
-5,4
13,1
5,1
-6,7
-9,4
-3,1
-42,9
-13,7
-7,4
-14,7
1993
-10,0
-10,9
-36,9
-13,2
2,8
-12,3
-19,3
-11,3
^8,6
-13,0
-16,9
-17,9
-9,6
-14,0
16,4
-6,2
-21,1
13,4
2,4
1,5
0,3
1,8
6,9
5,0
1,0
-9,4
-7,2
-10,6
0,7
-17,6
-3,4
-23,9
1,7
0,1
-14,3
-31,5
-29,7
-5,2
-12,3
-21,8
-27,9
-17,5
1994
'
Ohne Kleinunternehmen, Genossenschaften Joint-ventures und industrielle Nebenbetriebe anderer Wirtschaftszweige.
Quelle: Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1994a: 188 f.; 1995a: 83; 1995c: 87).
Industriezweige. Im laufenden Jahr verlief die
Produktionsentwicklung in den einzelnen Branchen außerordentlich uneinheitlich (Tabelle 3).
Einen Zuwachs ihrer Erzeugung verzeichneten
sowohl die Brennstoffindustrie (16 vH) als auch
die chemische und petrochemische Industrie (13
vH). Der Umschwung in der Brennstoffindustrie
ist ausschließlich auf die stark angestiegene Bedeutung der Primärverarbeitung russischen Erdöls für russische Endabnehmer zurückzuführen.
Der Anteil solcher Arbeiten machte im Beobachtungszeitraum fast 90 vH der Produktion aus
(1994: 64 vH) (Ministerstvo Statistiki i Analiza
Respubliki Belarus' 1995a: 11 ff.; Ministerstvo
Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' 1995c:
18). Auch in der Chemie und Petrochemie gewinnen solche Aktivitäten an Bedeutung.2 Im
Maschinenbau waren die Absatzschwierigkeiten
auf dem russischen Markt die wesentliche Ursache für den Produktionsrückgang von 21 vH.
Hiervon waren insbesondere der landwirtschaftliche Maschinenbau und die Automobilindustrie
betroffen, deren Produktion jeweils um etwa 40
vH zurückging. Der Produktionsrückgang der
Baustoffindustrie um 22 vH wurde vor allem
durch die rückläufigen Bauinvestitionen verursacht. Hohe Produktionseinbußen, die auf die
unzureichende Wettbewerbsfähigkeit und verringerte Verbrauchsausgaben der Bevölkerung zurückgeführt werden können, verzeichneten auch
die Leichtindustrie mit 28 vH und die Nahrungsmittelindustrie mit 18 vH.3
Die Bruttoproduktion der Landwirtschaft war
in den ersten sieben Monaten des Jahres 1995
um knapp 8 vH niedriger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (Tabelle 1). Bei den pflanzlichen Erzeugnissen liegen noch keine abschließenden Ernteergebnisse für 1995 vor. Bis Mitte
August hatten die Hektarerträge bei Getreide um
7 vH unter dem Vorjahresniveau gelegen, während bei Kartoffeln (22 vH) und Gemüse (17
vH) ein Anstieg verzeichnet werden konnte. Bei
den Erzeugnissen der Viehzucht sank die
Fleischproduktion um 17 vH und die Milchproduktion um 15 vH (Ministerstvo Statistiki i
Analiza Respubliki Belarus' 1995a: 26 ff., 92
ff.)Der monatliche Anstieg der Verbraucherpreise, der im Januar noch bei knapp 40 vH gelegen
hatte, betrug im Juli 5 vH (Tabelle 4). Eine ähnliche Entwicklung war bei den industriellen Erzeugerpreisen zu verzeichnen. Der Preisanstieg
ging hier von etwa 44 vH im Januar auf nur
noch etwa 2 vH im Juli zurück.
2.
Einkommen, Löhne, Arbeitsmarkt
Einkommen
Bei einem Anstieg der nominalen Einkommen
der privaten Haushalte von 1 077 vH im Zeitraum Januar bis Juli 1995 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres nahmen die realen
Einkommen um 35 vH ab. Dieser Rückgang fiel
Tabelle 4 — Daten zur Preisentwicklung 1994-Juli 1995 (Veränderungen gegenüber dem Vormonat in vH)
1994
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
1995
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
Industrielle
Erzeugerpreise
Güterverkehrstarife
insgesamt
Verbraucherpreise
Güter
Dienstleistungen
24,5
17,4
8,2
42,8
31,5
22,0
17,5
42,5
41,1
41,6
28,4
26,4
8,2
0,2
25,2
48,8
2,3
13,5
13,7
26,9
36,6
21,1
45,6
15,9
40,7
18,7
10,2
28,6
28,7
19,5
26,6
53,4
25,5
25,7
40,5
31,3
39,6
19,4
9,9
28,1
29,9
20,3
27,1
53,2
24,4
25,4
39,2
31,3
52,9
11,7
13,8
33,7
15,5
10,1
19,9
57,3
41,0
29,5
56,8
31,2
44,4
11,0
11,6
7,7
2,4
0,9
2,3
37,3
41,6
25,1
0,9
0,0
3,2
2,4
39,2
33,7
20,0
14,5
3,4
2,5
5,2
38,6
34,0
19,5
9,9
3,5
2,8
0,9
45,5
30,3
24,7
60,1
3,1
1,2
29,1
.
Quelle: Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1995a: 64).
damit noch stärker aus als im gesamten Jahr
1994 (-15 vH) und überstieg beträchtlich den im
Antikrisenprogramm bis Mitte 1995 vorgegebenen Wert von nicht mehr als -25 vH (DIW, IfW,
IWH 1994a). Die von Monat zu Monat sprunghafte Entwicklung sowohl der Verbraucherpreise
als auch der nominalen Einkommen führte zu
sehr unterschiedlichen monatlichen Resultaten
(Tabelle 5). Bis zum Juli 1995 konnte das Realeinkommensniveau vom Dezember 1994 nicht
wieder erreicht werden. Der Rückgang fiel im
Vergleich zur Vorjahresperiode stärker als der
Rückgang des BIP aus. Dies wurde von einer
strukturellen Verschiebung innerhalb der Einkommen begleitet. Bei einem Anstieg der Nominallöhne für den Zeitraum Januar bis Juli 1995
von 1 367 vH gingen die Reallöhne nur um 18
vH im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum
zurück. Für den Zeitraum Januar bis Juli 1995
erreichten die Löhne wieder einen Anteil an den
Geldeinkommen von 56 vH, nachdem dieser von
63 vH im Jahr 1993 auf 53 vH im Jahr 1994
gesunken war (Tabelle 6). Der Anteil der Einkommen aus Unternehmertätigkeit betrug 21 vH
für den Zeitraum Januar bis Juli 1995.4 Der
Rückgang gegenüber dem Vorjahr (1994: 24
vH) könnte darauf zurückzuführen sein, daß
weniger Lohnzahlungen als im Vorjahr als Einkommen aus Unternehmertätigkeit deklariert
wurden, u.a., weil die StrafSteuer auf die Überschreitung einer vorgegebenen Lohnhöchstsumme nicht mehr erhoben wird.
Die gegenüber der Vorjahresperiode niedrigeren Reallöhne gingen bei einem gleichbleibenden
Anteil der Konsumausgaben mit einem höheren
Anteil des Buch- und Wertpapiersparens und des
Kaufs von Devisen einher. Zusammengefaßt
nahm der Anteil der beiden letztgenannten SparTabelle 5 — Entwicklung der realen Geldeinkommen und
Löhne Januar-Juli 1995
Reale Geldeinkommen
Januar
Februar
Mäiz
April
Mai
Juni
Juli
Reallöhne
Dezember
1994 = 100
Vormonat
= 100
Dezember
1994 =100
Vormonat
= 100
71
69
67
71
72
88
78
71
97
97
106
101
122
89
89
76
107
99
101
109
115
89
85
141
93
102
108
105
Quelle: Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki
Belarus' (1995a: 64, 60 f.), eigene Berechnungen.
Tabelle 6 — Struktur der Haushaltseinkommen 1993—
1995 (vH)
Einkommen insgesamt
Löhne der Arbeiter, Angestellten
und Kolchosmitglieder
Einkommen aus dem Verkauf
landwirtschaftlicher Produkte
Renten, Stipendien, sonstige
Transfers
Kreditaufnahme, Einkommen aus
Geldvertnögen und
Versicherungsleistungen
Einkommen aus
Unternehmertätigkeit3
Einschließlich Einkommen
Auslandstätigkeit.
1993
1994
Januar-Juli
1995
100
100
100
62,8
52,5
56,4
3,3
3,6
3,8
15,0
16,5
16,1
3,8
3,1
2,6
15,1
24,3
21,1
aus Botschafts-
Quelle: Ministerstvo Statistiki i Analiza
Belarus' (1995a: 59; 1995c: 67).
und anderer
Respubliki
Tabelle 7 — Struktur der Haushaltsausgaben 1993-1995
(vH)
Haushaltsausgaben insgesamt
Kauf von Waren und Dienstleistungen
Versicherungsbeiträge, Kredittilgungen, Zinszahlungen,
sonstige Beiträge, Steuern
Erhöhung Spareinlagen/
Wertpapierkauf
Kauf von Devisen
Sonstiges
\
1993
1994
100
100
82,9
75
11,7
16,5
1,8
6,4
8,2
1,7
5
4,1
6,5
Januar—Juli
1995
100
74,8
5,4
Quelle: Ministerstvo Statistiki i Analiza
Belarus' (1995a: 60; 1995c: 68).
Respubliki
formen von 3,5 vH im Vorjahr auf 12,3 vH zu
(Tabelle 7). Der gestiegene Anteil der Spareinlagen dürfte eine Reaktion auf gestiegene Depositenzinsen gewesen sein. Dagegen entzieht sich
der starke anteilige Rückgang der Ausgaben für
Versicherungen und anderer Zahlungen einer
schlüssigen Erklärung, weil in dieser Position
mehrere gegenläufige Entwicklungen enthalten
sein können. Der private Konsum ist, gemessen
am Einzelhandelsumsatz und an der Entwicklung der bezahlten Dienstleistungen, um etwa 30
vH gesunken, damit erstmals seit Beginn der
Transformation stärker als die Investitionen.
Lohnentwicklung
Im Rahmen der Lohnpolitik wurde im März
1995 das „Einheitliche Tarifsystem" reformiert.5 Die Anzahl der Tarifsätze wurde von 28
auf 23 verringert und die Differenzierung zwischen der niedrigsten und höchsten Grundvergütung der Tarifsätze reduziert. Gleichzeitig wurden ein umfangreiches Koeffizientensystem zur
Bewertung und Eingruppierung der Tätigkeiten
nach verschiedenen Merkmalen (Qualifikation,
Schwere der Arbeit, Branchen usw.) und leistungsabhängige Zuschläge eingeführt. Wie bisher ist die Anwendung des „Einheitlichen Tarifsystems" für die haushaltsfinanzierten Organisationen verbindlich, während die Anwendung für
die übrigen Wirtschaftsbereiche nur empfohlen
wird. Den Unternehmen im nicht haushaltsfinanzierten Sektor ist bis auf die Einhaltung der
Mindestlöhne keine Begrenzung der Löhne vorgeschrieben. Die Strafsteuer auf die Überschreitung der Lohnsummengrenze (bisher das Achtfache des Produkts aus Mindestlohnsatz und der.
Zahl der Beschäftigten) wird nicht mehr erhoben. Die Neubestimmung der Tarifsätze des
„Einheitlichen Tarifsystems" führte zusammen
mit der periodischen Erhöhung der Mindestlöhne
und der Indexierung der unteren Einkommen zu
erheblichen nominalen Lohnerhöhungen im ersten Halbjahr 1995. Erstmalig seit Beginn der
Preisfreigabe 1992 ist die Lohnkostenbelastung
in den Industrieunternehmen 1995 gestiegen, obwohl die Reallöhne zurückgingen (Tabelle 8).
Wesentlich über dem Durchschnitt liegende
Lohnzuwachsraten waren vor allem im Fernmeldewesen, in der Forstwirtschaft, im Transportgewerbe, in der Wissenschaft sowie in der Verwaltung von Staat und Wirtschaft, d.h. auch innerhalb des Anwendungsbereichs des Tarifsystems,
zu registrieren. Weit unter dem Durchschnitt liegende Zuwächse wurden in der Landwirtschaft,
insbesondere in den Kolchosen, im Handel und
Gaststättengewerbe sowie wiederum in haushaltsfinanzierten Organisationen (Sozialwesen,
Kultur, Kunst, Sport) ausgewiesen. Weiterhin
bezogen die Beschäftigten im Bankgewerbe die
Tabelle 8 — Entwicklung von Industrie- und Verbraucherpreisen und Löhnen 1992-1995 (Vorjahresperiode = 100)
1992
1993
1994
Januar-Juli 1995
Industrielle
Erzeugerpreise
Verbraucherpreise
Durchschnittslöhne in der
Industrie
Reallöhne der in
der Industrie
Beschäftigten
2 464
1630
2 279
1438
1120
1270
2 321
1801
973
1150
1627
1632
87
91
70
91
Reale Lohnkosten
der Industriebetriebe
39
71
72
113
Quelle: Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1993: 3, 44, 48; 1994b: 35, 197; 1995b: 100, 190), eigene
Berechnungen.
Tabelle 9 — Lohnentwicklung und -Strukturen nach Branchen 1993-1995
Durchschnittslöhne
Juni 1995
(1 000 Rubel)
Insgesamt
Industrie (Produktionspersonal)
Landwirtschaft
darunter:
Kolchosen
Sowchosen
Forstwirtschaft
Transport
darunter:
Eisenbahn
Straßentransport
Lufttransport
Fernmeldewesen
Baugewerbe
Handel/Gaststätten
Großhandel
Wohnungswirtschaft
Gesundheitswesen
Sport
Sozialwesen
Bildung
Kultur
Kunst
Wissenschaft
Bankgewerbe
Verwaltung von Staat und Wirtschaft
darunter:
Staatsorgane
Rechtspflege
Wirtschaft
Struktur der Löhne (Durchschnittslohn = 100)
Juni 1995 zu
Juni 1994 (vH)
1993
1994
Juni 1995
813,1
892,7
504,1
1267
1165
1301
100
111
79
100
116
66
100
110
62
458,9
588,2
742,5
1 028,2
1289
1328
1396
1375
77
84
63
72
117
118
56
72
91
126
944,9
1 014,5
1 355,2
988,1
1 208,8
640,8
1 009,3
861,8
730,6
669,4
421,1
697,5
606,2
529,1
916,0
1 732,9
1 404,7
1179
1461
1386
1586
1295
1047
1162
1508
1341
1389
1232
1279
1279
1145
1542
1164
1697
1 379,3
1 513,8
1 664,6
1718
1418
1817
102
135
87
116
97
137
85
127
85
89
81
72
70
96
201
110
84
71
65
97
208
120
116
125
167
122
149
79
124
106
90
82
52
86
75
65
113
213
173
107
130
137
118
125
137
170
186
205
Quelle: Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1995a: 61 f.; 1995b: 100 f.).
höchsten Durchschnittslöhne. Die Differenzierung des durchschnittlichen Lohnniveaus zwischen den Branchen hat sich gegenüber dem
Vergleichszeitraum des Vorjahres weiter vergrößert. Das niedrigste Niveau war in der Landwirtschaft, im Sozialwesen und im Bereich Kunst zu
beobachten (Tabelle 9).
Arbeitsmarkt
Das Ausmaß des Rückgangs der gesamtwirtschaftlichen Leistung spiegelt sich weiterhin
nicht in der Arbeitsmarktstatistik wider. Von
Dezember 1994 bis Juli 1995 verringerte sich
die Zahl der Beschäftigten in der Industrie um
3,8 vH, im Bauwesen um 5,5 vH, in den Unternehmen des Straßentransports um 3,9 vH und in
den wissenschaftlichen Einrichtungen um 4 vH;
dagegen nahm die Zahl der Beschäftigten im
Bankgewerbe um 8,3 vH zu. Insgesamt verringerte sich die Beschäftigung um 11 000 Personen, die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen stieg
aber um 13 700 (Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' 1995a: 70). Im Juli
1995 betrug die Arbeitslosenquote 2,4 vH (Tabelle 10). Die Zahl der offenen Stellen ist weiterhin niedrig. Auf eine offene Stelle entfielen im
Juli 5,7 Arbeitslose, während es 1994 noch 4,2
waren. Regional ist die Lage sehr unterschiedlich. Während in der Stadt Minsk das Verhältnis
zwischen offenen Stellen und Arbeitslosen 1:1,1
war, betrug diese Relation im Oblast Brest
1:21,7. Wie bereits in früheren Berichten festgestellt wurde, erhielt weniger als die Hälfte der
offiziell registrierten Arbeitslosen eine Unterstützung.
Tabelle 10 — Beschäftigte, Arbeitslose und offene
Stellen 1993-1995
1993
Beschäftigte (Tsd.)
Arbeitslose (Tsd.)
Arbeitslosenquote (vH)
Offene Stellen (Tsd.)
4700
66,2
1,4
12,5
Dezember Juli 1995
1994
4696
101,2
2,1
18,3
4685
115,0
2,4
20,0
Quelle: Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki
Belarus' (1994c: 51; 1995a: 70; 1995b: 69).
Die verdeckte Arbeitslosigkeit nahm zu. Die
statistisch ausgewiesenen Ausfallzeiten betrugen
im ersten Halbjahr in der Industrie 25 Arbeitstage, im Bau- und Transportgewerbe 22 bzw. 15
Arbeitstage und in wissenschaftlichen Einrichtungen 13 Arbeitstage (Ministerstvo Statistiki i
Analiza Respubliki Belarus' 1995a: 72). Diese
Ausfallzeiten entsprechen in der Industrie etwa
19 vH des Gesamtarbeitszeitvolumens.
II. Wirtschaftspolitische Lage
1.
Finanzpolitik
Im Gegensatz zu vielen anderen Transformationsökonomien der ehemaligen Sowjetunion
scheint Weißrußland mit eher moderaten Haushaltsproblemen konfrontiert zu sein. Nach Angaben des weißrussischen Finanzministeriums ist
in den ersten sechs Monaten 1995 im Vergleich
zur entsprechenden Vorjahresperiode sogar eine
deutliche Stabilisierung der öffentlichen Finanzlage gelungen. Das Defizit des konsolidierten
Staatshaushalts6 belief sich auf 3,3 vH des BIP,
nachdem es im entsprechenden Vorjahreszeitraum noch bei 6,2 vH des BIP gelegen hatte
(Tabelle 11).
Im ersten Halbjahr 1995 erreichten die Gesamteinnahmen des konsolidierten Staatshaushalts eine Größenordnung von 35,3 vH des BIP
(erstes Halbjahr 1994: 28 vH).7 Nach wie vor
stellt das Gewinnsteueraufkommen die wichtigste Einnahmequelle des konsolidierten Staatshaushalts dar (10,4 vH des BIP). Der Anteil des
Mehrwertsteueraufkommens am BIP stieg —
trotz eines realen Rückgangs des Einzelhandelsumsatzes um 30 vH — auf 9,3 vH des BIP. 8
Die Bedeutung der Einnahmen aus Akzisen (8,5
vH der Gesamteinnahmen bzw. 3 vH des BIP)
ging nach steuerrechtlichen Änderungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Das Einkommensteueraufkommen hatte trotz einer Senkung des Mindeststeuersatzes um drei Prozentpunkte einen Anteil von 2,7 vH am BIP. Stark
gestiegen sind die unter den „sonstigen Einnahmen" zusammengefaßten Steuern und Abgaben.
Die Ausgaben des konsolidierten Haushalts
beliefen sich auf knapp 39 vH des BIP. 9 Die
Entwicklung der einzelnen Haushaltsposten differierte erheblich: Die Ausgaben für personalintensive Bereiche wie Wissenschaft, Verwaltung,
Rechtsorgane sowie Bildung, Kultur und Soziales expandierten im Vergleich zum ersten Halbjahr 1994 deutlich. Dagegen wurde der Unternehmenssektor mit Subventionskürzungen konfrontiert, die sich in einem weiteren Rückgang
der Ausgaben für die „Volkswirtschaft" wider-
10
Tabelle 11 — Konsolidierter Staatshaushalt 1992-1995
1992
1994a
1993
1. Halbjahr 2. Halbjahr
1995
Jahr
Einnahmer
53486,1 64400,7
Insgesamt in Mrd. Rubel
Anteile in vH
Mehrwertsteuer
Akzisen
Gewinnsteuer
Einkommensteuer
Tschernobylsteuer
Sonstige Einnahmen
Insgesamt in vH des BIPC
Mehrwertsteuer
Akzisen
Gewinnsteuer
Einkommensteuer
Tschernobylsteuer
Sonstige Einnahmen
296,0
3623,2
10914,6
37,1
8,9
25,6
7,4
8,4
12,6
32,4
12,0
2,9
8,3
2,4
2,7
4,1
27,6
12,1
29,7
7,1
7,7
15,8
31,5
8,7
3,8
9,4
2,2
2,4
5,0
28,5
11,2
30,2
7,4
5,8
16,9
28,0
8,0
3,1
8,5
2,1
1,6
4,7
Insgesamt in Mrd. Rubel
Anteile in vH
Volkswirtschaft
Bildung, Kultur, Soziales
Wissenschaft
Tschernobylfolgen
Verteidigung
Rechtsorgane
Verwaltung
Innerer Schuldendienst
Sonstige Ausgaben
Insgesamt in vH des BIPC
Volkswirtschaft
Bildung, Kultur, Soziales
Wissenschaft
Tschernobylfolgen
Verteidigung
Rechtsorgane
Verwaltung
Innerer Schuldendienst
Sonstige Ausgaben
314,1
4168,1
13346,9
41,9
30,6
1,4
12,6
4,8
3,0
1,8
2,0
1,8
34,4
14,4
10,5
0,5
4,3
1,7
1,0
0,6
0,7
0,6
38,7
30,3
1,2
9,7
4,2
3,5
1,7
1,2
9,6
36,2
14,0
11,0
0,4
3,5
1,5
1,3
0,6
0,4
3,5
29,7
32,8
0,7
6,9
4,7
3,9
1,8
0,6
18,8
34,3
10,2
11,3
0,2
2,4
1,6
1,3
0,6
0,2
6,4
27,0
36,7
0,9
6,9
4,1
4,6
1,9
0,5
17,3
35,1
9,5
12,9
0,3
2,4
1,5
1,6
0,7
0,2
6,1
In Mrd. Rubel
In vH der Ausgaben
In vH des BIP
-18,0
-5,7
-2,0
-544,9
-13,1
-4,7
-2432,3
-18,2
-6,2
Saldo
^257,8
-7,4
-2,6
1. Halbjahr Haushaltsentwurf"
15208,1
39966,6
26,3
8,5
29,5
7,6
6,6
21,5
35,3
9,3
3,0
10,4
2,7
2,3
7,6
25,7
8,9
28,7
9,4
7,9
19,4
33,4
8,6
3,0
9,6
3,1
2,6
6,5
16613,6
43818,7
27,5
36,0
0,9
6,9
4,3
4,5
1,9
0,6
17,6
35,0
9,6
12,6
0,3
2,4
1,5
1,6
0,7
0,2
6,1
24,6
41,2
1,3
7,2
4,4
6,3
3,5
0,3
11,2
38,5
9,5
15,9
0,5
2,8
1,7
2,4
1,3
0,1
4,3
25,1
42,9
1,9
9,2
4,5
6,6
3,2
0,9
5,7
36,6
9,2
15,7
0,7
3,4
1,6
2,4
1,2
0,3
2,1
-6690,1
-9,4
-3,3
-1405,5
-8,5
-3,3
-3852,1
-8,8
-3,2
27,5
27,6
10,6
10,7
31,1
30,9
7,3
7,3
4,8
5,0
18,8
18,5
32,5
31,7
8,9
8,8
3,4
3,4
10,1
9,8
2,4
2,3
1,6
1,6
5,8
6,1
Ausgaben
57743,9 71090,8
a
Um die Vergleichbarkeit der Daten im Jahresverlauf 1994 aufrechtzuerhalten, wurde die Streichung einer Null beim
weißrussischen Rubel im August 1994 in diesem Jahr nicht berücksichtigt. — "Revidierte Fassung von Ende Juni 1995.
— cIn jeweiligen Preisen.
Quelle: Interne Unterlagen des Finanzministeriums von Weißrußland, eigene Berechnungen.
spiegeln. Auch die „sonstigen Ausgaben" waren
rückläufig. Dies steht im Zusammenhang mit der
eingeschränkten Bedienung ausländischer Kredite.
Die Finanzierung des Defizits erfolgte wiederum etwa zur Hälfte durch Kredite der Zentralbank (1,6 vH des BIP). Ausländische Kredite
konnten in der Größenordnung von 1,2 vH des
11
BIP herangezogen werden. Eine zu vernachlässigende Rolle spielte die Ausgabe von Staatsschuldtiteln. Zudem wurden zur Haushaltsfinanzierung Mittel aus den außerbudgetären Fonds
genutzt (etwa 0,4 vH des BIP). Diese außerbudgetären Fonds verfügten demnach auch im ersten
Halbjahr 1995 in der Summe über leichte Überschüsse. Dies ist um so beachtlicher, als dem
Pensionsfonds durch die Umstellung der Berechnungsgrundlage für Pensionszahlungen erhebliche Belastungen entstanden sind.10 Die Mittel
des Beschäftigungsfonds werden angesichts der
geringen Arbeitslosigkeit in erster Linie zu Qualifizierungszwecken verwendet.
Schaubild 1 — Reale Refinanzierungszinssätzea 1992—
1995 (% pro Monat)
2 4 6 8
10 12 2 4 6 8
10 12 2
1992
1993
4
6 8 10 12 2 4 6
1994
1995
a
Allgemeiner Refinanzierungszinssatz, deflationiert mit
dem Erzeugerpreisindex.
Quelle: Interne Arbeitsunterlagen des Internationalen
Wahrungsfonds, eigene Berechnungen.
2.
Geld- und Kreditpolitik
In der Geldpolitik der weißrussischen Zentralbank hat Anfang 1995 eine deutliche Wende
stattgefunden.11 Von Februar an lag der reale
offizielle Refinanzierungszins der Zentralbank
erstmals seit der Auflösung der Sowjetunion
über einen längeren Zeitraum hinweg deutlich im
positiven Bereich. Die Realzinsen haben, gemessen an den Änderungen der Erzeugerpreise,
Werte von rund 10% monatlich erreicht (Schaubild l). 1 2 Diese extrem hohen Realzinsen sind
zum einen mit einer Erhöhung des Nominalzinssatzes von 300% zum Jahresende 1994 auf
480% im Januar 1995 zu erklären, zum anderen
sank aber auch die monatliche Inflationsrate von
Februar an deutlich ab und lag seit April im einstelligen Bereich. Als Reaktion auf diesen Rückgang der Inflation senkte die Zentralbank den
allgemeinen Refinanzierungszins im Juni auf
144%. Gleichzeitig gibt es jedoch nach wie vor
eine Reihe von Kreditprogrammen der Zentralbank, die zu negativen Realzinsen abgewickelt
werden. Im Rahmen dieser Programme werden
etwa Kredite zur Finanzierung des Budgets sowie zur Refinanzierung der Agroprombank und.
der Promstroibank bereitgestellt.
Parallel zur Erhöhung des realen Refmanzierungzinssatzes wurde die Ausweitung der Kreditvergabe der Zentralbank verlangsamt. Im ersten Quartal 1995 stieg das Kreditvolumen nur
um 15 vH; 1994 waren dies noch im Schnitt
mehr als 100 vH pro Quartal gewesen (Tabelle
12). Im zweiten Quartal war jedoch wieder eine
stärkere Zunahme der Kreditvergabe zu verzeichnen. Als Folge der positiven Realzinsen und
der Beschränkung der Kreditvergabe durch die
Zentralbank kam es zu einer Abschwächung der
Kreditvergabe der Geschäftsbanken. Dieser
Trend wurde besonders im zweiten Quartal erkennbar. Ferner war 1995 eine Umschichtung in
der Struktur der Zentralbankmittel zu verzeichnen. Nachdem 1994 noch die Geschäftsbanken
fast alleinige Empfänger von Zentralbankkrediten gewesen waren (Tabelle 13; DIW, IfW,
IWH 1995), machten am Ende des zweiten
Tabelle 12 — Geldmengen- und Kreditentwicklung
1992-1995 (Veränderungen gegenüber dem Vorquartal in
vH)
a
1.-4. Qu. l.-4.Qu.
Zentralbankkrediteb
Bargeld
Bankkredite0
M3
117
75
107
57
53
96
64
80
1995
1994
1993
1992
a
l.^t.Qu.
101
99
114
112
a
l.Qu. 2.Qu.
15
70
51
38
58
110
20
47
durchschnittliche Quartalswerte. — Inländische Nettokreditvergabe an Regierung, Banken und Unternehmen. — cKredite der
Zentralbank und der Geschäftsbanken in Haushalte und Unternehmen.
Quelle: Interne Arbeitsunterlagen des Internationalen
Währungsfonds, eigene Berechnungen.
12
Tabelle 13 — Struktur des Bestands der Zentralbankkredite zum Periodenende 1991-1995 (vH)
Unternehmen
Regierung"
Banken
darunter:
Zentralisierte Kredite
Kredite in ausländischer Währung
1991
1992
1993
1994
0
9
91
1
17
82
2
50
48
2
-9
107
.
44
26
92
.
.
2
50
1995 a
1
43
56
81
a
Ende Juni. — Betrachtet wird die Nettokreditvergabe an die
Regierung. Da Ende 1994 der Wert der Einlagen der Regierung bei
der Notenbank den Wert der empfangenen Kredite überstieg, ergibt
sich der negative Wert.
Quelle: Interne Arbeitsunterlagen des Internationalen
Währungsfonds, eigene Berechnungen.
Quartals 1995 Kredite an die Regierung gut 40
vH des Kreditbestands aus. Bemerkenswert ist,
daß zur Jahresmitte 1995 rund 80 vH der von
der Zentralbank an die Geschäftsbanken vergebenen Kredite auf ausländische Währung lauteten; Ende 1994 hatte dieser Anteil bei 50 vH gelegen.13
In dem hohen Anteil von Refinanzierungskrediten in ausländischer Währung kommt zum
Ausdruck, daß die weißrussische Zentralbank
allein in der ersten Hälfte von 1995 Devisen im
Wert von rund 150 Millionen Dollar aufgekauft
hat. Diese Devisen wiederum werden zum Teil
an Geschäftsbanken weiterverliehen. Der Zufluß
an Währungsreserven ist zum einen das Ergebnis der jüngsten Stabilisierungserfolge, zum anderen aber auch der seit Anfang 1995 bestehenden administrativen Beschränkungen bei der
Verwendung von Devisen im inländischen Zahlungsverkehr. Da dieser Anstieg an Währungsreserven nicht mittels einer entsprechenden Rückführung der heimischen Komponente der Geldbasis sterilisiert wurde,14 wuchs die Bargeldmenge — insbesondere im zweiten Quartal —
anhaltend stark. Trotz dieser Erhöhung des Bargeldumlaufs in inländischer Währung nahm die
Geldmenge M3 weniger stark zu als im Vorjahr,
was auf ein Absinken des Geldmultiplikators
verweist. Letztlich stieg jedoch die Geldmenge
M3 noch immer mit einer durchschnittlichen
monatlichen Wachstumsrate von mehr als 10
vH. Auch hier war im zweiten Quartal von 1995
eine stärkere Zunahme zu verzeichnen.
Trotz der an der Preisentwicklung in den ersten sechs Monaten von 1995 gemessenen positiven Entwicklung im monetären Sektor deuten
einige Anzeichen darauf hin, daß der stabilitätsorientierte Kurs nicht dauerhaft durchsetzbar ist,
da die makroökonomische Stabilisierung nicht
von den notwendigen Änderungen institutioneller
Rahmenbedingungen begleitet war. Hierfür
spricht, daß weißrussische Unternehmen vermutlich bereits seit dem Spätsommer 1994 knapper
werdende Kredite der Geschäftsbanken durch
zwischenbetriebliche Verschuldung ersetzt haben. Im März 1995 hatten die zwischenbetrieblichen Kredite innerhalb Weißrußlands einen
Umfang von gut 200 vH des Volumens der
Geldmenge M3 bzw. 40 vH des BIP erreicht und
stiegen bis Ende Juni auf 57 vH des BIP an
(Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki
Belarus' 1995a).15 Zwar ist nur rund ein Viertel
dieser Lieferantenkredite als überfällig klassifiziert. Angesichts der bislang fehlenden Umsetzung eines Konkursgesetzes kann jedoch davon
ausgegangen werden, daß dieser Anteil nicht die
tatsächliche Insolvenz der Schuldner widerspiegelt. Es ist somit zu vermuten, daß ein Großteil
nicht beglichener Lieferantenkredite lediglich
verlängert wird und die Unternehmen eine Monetisierung ihrer Schulden durch die Zentralbank
erwarten.
Darüber hinaus besteht die Gefahr, daß Liquiditäts- und Solvenzschwierigkeiten im Bankensektor den politischen Druck auf die Zentralbank
erhöhen, ihren stabilitätsorientierten Kurs zu
verlassen. Zwar sind auch in diesem Bereich die
tatsächlichen Insolvenzprobleme noch nicht in
den offiziellen Zahlen zu erkennen. Im März
1995 wurden nur rund 2 vH der ausstehenden
Bankkredite als überfällig eingestuft; verglichen
mit anderen Transformationsländern ist dies ein
extrem niedriger Wert (Buch 1994). Gleichzeitig
geben aber der starke Anstieg der Realzinsen
und die Beschränkungen bei der Vergabe zentralisierter Kredite Anlaß zu der Befürchtung, daß
viele Unternehmen ihre bestehenden Bankschulden nicht mehr bedienen können. Das Resultat
wäre eine Verschlechterung der Qualität der
Kreditportfolios der Banken. Dies würde einschneidende bankenaufsichtsrechtliche Maßnahmen, die auch die Schließung insolventer Banken
13
umfassen müßten, erforderlich machen. Eine finanzielle Unterstützung prinzipiell insolventer
Banken durch die Zentralbank hingegen würde
den erzielten Stabilisierungserfolg gefährden.
Parallel zu den Umstrukturierungen im Bankensektor müßten Reformen im Unternehmenssektor
eingeleitet werden, um den Banken die bessere
Beurteilung von Investitionsprojekten zu ermöglichen und ihnen — in Form eines Konkursgesetzes — Mittel zur Verfolgung säumiger
Schuldner an die Hand zu geben.16
3.
Wechselkurspolitik
Die Wechselkurspolitik in der ersten Hälfte von
1995 war durch zwei Tendenzen gekennzeichnet.17 Zum einen setzte die Bank ihre bisherige
Politik des Abbaus von Reglementierungen und
von Zugangsbeschränkungen zum Devisenmarkt
fort. Nachdem bereits Anfang Oktober 1994
Beschränkungen für Geschäftsbanken zur Teilnahme an Auktionen von Bargeld aufgehoben
worden waren, wurden die Devisenmärkte für
Bar- und Giralgeld Anfang Januar 1995 vereinheitlicht. Ferner wurde die Zwangsumtauschpflicht für Exporterlöse in russischem Rubel
bzw. Dollar seit Anfang 1995 eingeschränkt und
im Mai bzw. Juli gänzlich abgeschafft. Diese
Maßnahmen stellen wichtige Schritte hin zu
einer größeren Transparenz auf den weißrussischen Devisenmärkten dar und tragen dazu bei,
daß Im- und Exporteuren sicherere Kalkulationsgrundlagen gewährt werden.
Gleichzeitig nahm die Zentralbank durch diskretionäre Interventionen auf den Devisenmärkten Einfluß auf den Kurs des weißrussischen
Rubels zum Dollar und beschränkte die maximal
zulässige Abweichung der auf den Devisenmärkten erzielten Kurse von den Vortageskursen auf
15 vH. Durch diese Interventionen wurde erreicht, daß der Preis für einen Dollar zumindest
zwischen März und September auf einem konstanten Niveau von 11 500 weißrussischen Rubeln gehalten werden konnte. Trotz einer in diesen Monaten erhöhten Nachfrage nach weißrussischen Rubeln wurde somit eine Aufwertung
vermieden. De facto hat die Zentralbank damit
ein Wechselkursziel angestrebt. Die erzielte
Konstanz des nominalen Wechselkurses zum
Dollar hat bewirkt, daß sich die bereits 1994 zu
beobachtende reale Aufwertung des weißrussischen Rubels fortgesetzt hat (Schaubild 2). Werden die Kursschwankungen zur Jahreswende
1993/94 außer Betracht gelassen, lag der Preis
für einen Dollar im Mai 1995 in realen Größen
nur noch bei knapp einem Viertel des Werts vom
Januar 1993. Im Ergebnis bedeutet dies eine
erneute Verschlechterung der Exportchancen
weißrussischer Unternehmen auf den Weltmärkten und einen verstärkten Anreiz, weißrussische Produkte durch Importe zu ersetzen. In
bezug auf den russischen Rubel wurde keine auf
die Konstanz des Wechselkurses zielende Interventionspolitik verfolgt. Hier wurde eine nominale Aufwertungsphase im ersten Quartal von
1995 von einer Abwertungsphase im zweiten
Quartal gefolgt, die sich auch in entsprechenden
Änderungen des realen Wertverhältnisses der
beiden Währungen widerspiegelte. Nach ausgeprägten realen Ab- und Aufwertungsphasen in
1993 und 1994 hatte der weißrussische Rubel
damit zur Jahresmitte 1995 in etwa wieder
seinen Wert vom Januar 1993 erreicht.
Schaubild 2 — Realer Wechselkurs des weißrussischen
Rubels 1993-1995 (Januar 1993 = 100)
250
r
Weißrussischer Rubel
zu russischem Rubel
200
150
100
50
Weißrussischer Rubel
zu Dollar
1
3
5
7
1993
9
11 1
3
5
7
1994
9
11
135
1995
Quelle: Interne Arbeitsunterlagen des Internationalen
Währungsfonds, eigene Berechnungen.
4.
Außenwirtschaftsbeziehungen
Ende 1994 konnte die internationale Zahlungsfähigkeit Weißrußlands nur dadurch aufrechterhalten werden, daß Zahlungsrückstände aus russi-
14
sehen Erdgaslieferungen in Höhe von mehr als
400 Mill. Dollar in einen Kredit der russischen
Regierung umgewandelt wurden. Nach dieser
krisenhaften Zuspitzung hat sich die Zahlungsbilanzsituation des Landes in der Folgezeit entspannt (Tabelle 14). Im ersten Halbjahr 1995
wurde zum einen im Handel mit den Staaten
außerhalb der GUS ein höherer Überschuß als
1994 erzielt. Der Leistungsbilanzüberschuß gegenüber Drittländern lag etwa genauso hoch wie
für das Gesamtjahr 1994. Gleichzeitig hat offenbar das Leistungsbilanzdefizit gegenüber den
GUS-Staaten nicht weiter zugenommen. Es lag
in der ersten Jahreshälfte 1995 nur wenig mehr
als halb so hoch wie der Jahreswert 1994.
Zum anderen konnte das Leistungsbilanzdefizit von insgesamt 158 Mill. Dollar etwa zur
Hälfte durch Nettokapitalzuflüsse von 84 Mill.
Dollar finanziert werden. 1994 wies die Kapitalverkehrsbilanz noch einen geringen negativen
Saldo auf, verursacht vor allem durch hohe
(Netto-)Abflüsse im kurzfristigen Kapitalver-
kehr. Diese Abflüsse sind im ersten Halbjahr
1995 offenbar auch wegen der Entwicklung auf
dem heimischen Kapitalmarkt hin zu positiven
Realzinsen zum Erliegen gekommen. Weitere
Mittelzuflüsse verbergen sich in der Position der
„statistisch nicht aufgliederbaren Transaktionen", die im ersten Halbjahr 1995 bereits mehr
als drei Viertel des Werts für das Gesamtjahr
1994 erreichte. Hierbei kann es sich zum Beispiel um Bardevisen von Nichtbanken handeln,
die diese am Devisenmarkt verkauft haben, um
die entsprechenden Beträge bei nunmehr positiven Realzinsen in Rubelkonten anzulegen.
Gleichzeitig hat die Zentralbank ihre Devisenreserven netto (d.h. abzüglich neuer Verbindlichkeiten etwa gegenüber dem Internationalen Währungsfonds) um knapp 190 Mill. Dollar erhöht
Dies spiegelt das Bestreben der Bank wider, die
reale Aufwertung des weißrussischen Rubels in
Grenzen zu halten. Die Erhöhung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Internationalen Währungsfonds geht auf die Auszahlung der zweiten
Tabelle 14 — Zahlungsbilanz 1994 und 1995 (Mill. Dollar)
GUS
1994
Saldo der Leistungsbilanz
Außenhandel
Exporte
Importe
darunter: Energie
Dienstleistungen
darunter: Zinsen (netto)
Transfers
Saldo der Kapitalbilanz
Mittel- und langfristiger Kapitalverkehr (netto)
darunter: Zuflüsse
Ausländische Direktinvestitionen
Kurzfristiger Kapitalverkehr
Statistisch nicht aufgliederbare Transaktionen
Finanzierung
Veränderung der Nettoauslandsaktiva der
Zentralbank
darunter: Verbindlichkeiten gegenüber dem IWF
Veränderung der Nettoauslandsaktiva der
Kreditinstitute
Sonstige außerordentliche Finanzierungen3
-866
-905
2 085
-2 990
-1701
37
-15
2
-84
-79
9
0
-6
464
485
Drittländer
1995
1. Halbjahr
^66
-A91
972
-1464
-839
27
-4
—
-1
5
5
4
-10
459
9
Insgesamt
1994
1995
1. Halbjahr
1994
321
363
1053
-690
—
-68
^6
26
30
184
274
9
-163
-222
-130
308
336
643
-306
—
-42
—34
13
85
79
90
6
—
-268
-125
-545
-542
3138
- 3 680
-1701
-31
-61
28
-54
105
283
9
-169
244
355
-158
-155
1615
-1770
-839
-15
-38
13
84
84
95
10
-10
191
-116
1995
1. Halbjahr
-5
—
—
—
-50
—
-187
106
-55
—
-187
106
-3
493
8
—
-80
—
62
—
-83
493
70
—
a
Umfaßt vor allem die Umwandlung von Zahlungsrückständen in offiziell«- Kredite der russischen Regierung bzw. des
halbstaatlichen russischen Konzerns Gazprom.
Quelle: Unveröffentlichte Arbeitsunterlagen des Internationalen Währungsfonds.
15
Staaten im weißrussischen Außenhandel großenteils durch die frühere weltwirtschaftliche Isolation der ehemaligen Sowjetunion bedingt war
(Langhammer und Lücke 1995a).
Allerdings beschränken sich die weißrussischen Exporte in die Staaten außerhalb der GUS
bisher weitgehend auf wenige Erzeugnisse der
Grundstoffindustrien wie etwa Mineraldünger
und Chemiefasern (Tabelle 16). Der Anteil von
Kapitalgütern (Elektroindustrie, Maschinen- und
Fahrzeugbau) an den Exporten in Länder außerhalb der GUS liegt weitaus niedriger als im Handel mit Rußland und den übrigen GUS-Staaten.
Um diese traditionellen Exportindustrien Weißrußlands hinsichtlich Produktqualität, Design,
Lieferpünktlichkeit u.a. an den Standard westlicher Märkte anzupassen, dürften erhebliche Investitionen erforderlich sein (Langhammer und
Lücke 1995b: 14 f.). Nur bei wenigen Produkten
wie Traktoren und Kühlschränken konnte Weißrußland auf Drittländermärkten Fuß fassen.
Auch bei lohnintensiven Textilien und Bekleidung gibt es zunehmend Fertigungen im Auftrag
westlicher Firmen (Lohnveredelung). In diesen
Fällen dürften die westlichen Firmen bei der
Umstrukturierung der Produktion entsprechend
Tranche der Systemtransformationsfazilität zurück.
Es ist indessen fraglich, ob die günstige Entwicklung der Zahlungsbilanz von Dauer sein
wird. Die bereits erfolgte reale Aufwertung kann
nicht ohne negative Auswirkungen auf die weißrussischen Exporte bleiben. Für die Deckung des
verbleibenden Leistungsbilanzdefizits sowie für
fällige Schuldendienstleistungen ist Weißrußland
auf neue Kredite der internationalen Finanzinstitutionen und nationaler Regierungen angewiesen.
Der Internationale Währungsfonds hat Weißrußland jüngst einen Beistandskredit in Höhe von
300 Mill. Dollar eingeräumt. Die Auszahlung
dieser Mittel sowie weiterer bilateraler Kredite
hängt allerdings von der Umsetzung der mit dem
Internationalen Währungsfonds vereinbarten
wirtschaftspolitischen Reformen ab.
Seit 1993 hat sich der weißrussische Export
zunehmend in Länder außerhalb der GUS verlagert (Tabelle 15); der Anteil dieser Ländergruppe am Gesamtexport stieg von etwa 31 vH im
Jahr 1993 auf 40 vH im ersten Halbjahr 1995.
Angesichts der außenwirtschaftlichen Öffnung in
den letzten Jahren war eine solche Entwicklung
zu erwarten, da das hohe Gewicht der GUS-
Tabelle 15 — Länderstruktur des Außenhandels 1993-1995 (Anteile in vH)
Exporte
GUS
Rußland
Ukraine
Kaukasische Republiken und Moldawien
Kasachstan
Übrige zentralasiatische Republiken
Drittländer
Europäische Union (15)
darunter:
Deutschland
Ost- und Südosteuropa
darunter:
Polen
Übrige europäische Staaten
Entwicklungsländer
Übrige Staaten
darunter:
USA
1993
1994
68,8
49,6
11,3
2,9
3,2
1,9
31,2
10,1
66,4
53,8
9,2
1,2
1,4
0,8
33,6
10,5
3,9
8,7
Importe
1995
1. Halbjahr
1993
1994
60,2
44,8
12,3
1,5
1,0
0,6
39,8
14,1
70,1
55,1
8,5
0,9
4,4
1,1
29,9
14,1
81,2
70,3
7,6
0,8
1,7
0,9
18,8
10,5
82,7
75,5
4,9
0,3
1,2
0,8
17,3
8,9
5,3
9,7
6,9
10,9
6,8
5,6
5,8
4,1
4,7
5,9
3,4
1,9
8,4
2,2
3,6
2,0
9,1
2,3
4,2
1,3
11,4
2,2
2,2
3,3
3,3
3,7
1,4
0,8
1,1
2,2
2,0
0,6
1,0
0,9
1,6
1,9
1,8
3,3
1,8
0,6
1995
1. Halbjahr
Quelle: Unveröffentlichte Arbeitsunterlagen des Internationalen Währungsfonds und des Ministeriums für Statistik und
Analyse der Republik Weißrußland, eigene Berechnungen.
16
Tabelle 16 — Warenstruktur des Außenhandels mit Rußland, den übrigen GUS-Staaten und Drittländern 1994 (vH des
Handels mit der jeweiligen Ländergruppe)a
Abschnitte der kombinierten Nomenklatur
Importe
Exporte
Rußland
übrige
GUSStaaten
3,9
0,2
0,0
2,7
04
0,1
0,0
1,2
13,6
3,4
7,4
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
Lebende Tiere und Waren tierischen Ursprungs
Waren pflanzlichen Ursprungs
Tierische und pflanzliche Fette und Öle
Waren der Lebensmittelindustrie
Mineralische Stoffe
Erzeugnisse der chemischen Industrie und verwandter Industrien
Kunststoffe und Waren daraus; Kautschuk und Waren daraus
Häute, Felle, Leder, Pelzfelle und Waren daraus
Holz und Holzwaren
Halbstoffe aus Holz oder anderen cellulosehaltigen Faserstoffen
Spinnstoffe und Waren daraus
Schuhe, Kopfbedeckungen, Regen- und Sonnenschirme,
modisches Zubehör
XIII Waren aus Steinen, Gips, Zement usw., keramische Waren, Glas
und Glaswaren
XIV Echte Perlen oder Zuchtperlen, Edelsteine oder Schmuckstein,
Edelmetalle usw., Münzen
XV
Unedle Metalle und Waren daraus
XVI Maschinen, Apparate, mechanische Geräte usw., elektrotechnische Waren usw.
XVII Beförderungsmittel
XVIII Optische, photographische oder kinematographische Instrumente
usw.
XIX Waffen und Munition
XX
Verschiedene Waren
Anteil der jeweiligen Ländergruppe am gesamten Außenhandel
Drittländer
insgesamt Rußland
übrige
GUSStaaten
Drittländer
insgesamt
0,4
12,3
0,3
3,8
2,7
25,8
6,2
0,3
0,2
0,3
6,2
0,1
5,1
04
2,3
54,6
6,7
4,0
0,2
0,1
1,3
3,6
14
3,8
1,6
12,6
0,4
0,0
0,8
5,1
344
3,6
0,9
1,9
0,2
18,9
2,7
0,2
0,0
1,9
5,8
14,1
4,6
1,3
1,3
0,8
15,6
0,1
1,4
0,0
0,6
74,9
2,4
34
0,2
0,1
1,7
24
0,0
18,3
3,9
11,2
7,7
1,9
3,1
0,4
0,0
0,8
6,8
1,6
1,0
0,4
1,1
0,0
0,2
1,2
0,3
1,4
2,4
1,0
1,4
0,2
4,4
0,6
0,7
0,0
6,1
0,0
6,1
2,8
7,6
0,9
6,6
0,0
11,4
0,0
394
0,3
3,2
0,1
12,7
21,3
28,7
17,0
21,5
5,2
114
15,4
22,1
0,9
0,1
1,7
0,0
30,9
2,3
6,6
0,8
0,0
3,6
0,0
1,6
12,1
2,2
0,0
1,4
33,6
1,6
0,0
2,6
100
0,0
0,0
0,0
71,1
0,0
0,0
0,1
10,1
1,9
0,0
1,1
18,8
0,4
0,0
0,2
100
44
3,9
4,6
1,3
0,4
1,0
14,1
34
54,3
24
04
a
Wegen unterschiedlicher Datenquellen weichen die Anteile Rußlands und der übrigen GUS-Staaten am Gesamthandel geringfügig von den tAngaben in Tabelle 15
ab.
Quelle: Unveröffentlichte Arbeitsunterlagen des Internationalen Währungsfonds und des Ministeriums für Statistik und
Analysen der Republik Weißrußland, eigene Berechnungen.
westlichen Qualitätsansprüchen sowie bei der
Vermarktung der Erzeugnisse eine bedeutende
Rolle spielen.
Auf der Importseite dominiert unter den Lieferländern unverändert Rußland mit zuletzt etwa
drei Vierteln der gesamten Einfuhr (Tabelle 15).
Die Erhöhung des russischen Anteils zwischen
1993 und 1994 war auf die Anpassung der Importpreise für Energieträger (einschließlich der
von Weißrußland zu tragenden Kosten der Leitungsinstandhaltung) an das Weltmarktniveau
zurückzuführen. Diese war Ende 1994 im wesentlichen vollzogen. 1994 machten Energieträger, die fast ausschließlich aus Rußland bezogen
wurden, etwa die Hälfte der weißrussischen Importe aus (Tabelle 16).
Die überragende Bedeutung Rußlands als
Export- und Beschaffungsmarkt für Weißrußland sowie der Wunsch, Energieträger zu den
niedrigeren russischen Inlandspreisen zu beziehen, waren der Ausgangspunkt für das Streben
der weißrussischen Regierung nach einer engen
Integration mit Rußland. Am 6. Januar 1995
wurde ein Rahmenabkommen über die Errichtung einer Zollunion zwischen den beiden Staaten geschlossen, dessen erste Phase nach weiteren Verhandlungen seit Ende Mai als umgesetzt
gilt. Seitdem sind mit der Abschaffung der Zollkontrollen an der russisch-weißrussischen Grenze alle noch verbliebenen tarifären und nichttarifären Hemmnisse im bilateralen Handel entfallen. Fraglich ist allerdings, ob dadurch die
Preise für Energieträger in Weißrußland tatsächlich auf das russische Niveau sinken werden.
Zweifel sind schon deshalb angebracht, weil
bereits in der ersten Jahreshälfte 1995 aufgrund
besonderer Vereinbarungen Exportsteuern auf
Lieferungen von Energieträgern von Rußland
nach Weißrußland nicht mehr erhoben wurden,
ohne daß dies zu erkennbaren Preissenkungen
geführt hätte. Vielmehr scheinen russische Lieferanten monopolistische Preissetzungsspielräume bei sogenannten Nicht-Clearing-Geschäften
(die nicht administrativen Preisen unterliegen)
17
ausgenutzt zu haben. Weißrussischen Angaben
zufolge zahlt das Land zur Zeit für Rohöl vier
Fünftel des Weltmarktpreises, während der russische Inlandspreis bei etwa einem Drittel liegt.
Bereits jetzt werden allerdings die Kosten
deutlich, welche die Bindung der weißrussischen
Außenhandelspolitik an die russische, zunehmend protektionistische Linie nach sich ziehen
wird. Der gemeinsame Außenzoll der Zollunion
ergibt sich nämlich dadurch, daß Weißrußland
seinen Zolltarif an den russischen anpaßt. Bei
strittigen Erzeugnissen, für die Weißrußland andere Außenzölle anwenden würde als Rußland,
hat das Land letztlich wenig Möglichkeiten, sich
den russischen Vorstellungen zu verweigern.
Eine übergeordnete Behörde oder eine andere,
substantielle Mitbestimmungsmöglichkeit Weißrußlands sind nicht vorgesehen. Die in mehreren
Schritten bis Ende Juli 1995 vorgenommene Einführung des russischen Zolltarifs in Weißrußland hat zu einer deutlichen Erhöhung des Protektionsniveaus geführt. Dies festigt die Bindung
der weißrussischen Exportindustrie an den russischen Markt und behindert ihre Modernisierung
in dem Maße, wie Rußland eine binnenmarktorientierte Politik betreibt.
Die Zollunion zwischen Weißrußland und
Rußland hat Auswirkungen auf die bisher unabhängig voneinander angestrebte Mitgliedschaft
beider Länder in der Welthandelsorganisation
(WTO). Sobald die Zollunion verwirklicht ist,
haben getrennte Verhandlungen keinen Sinn
mehr. Falls die weißrussische Regierung auf eine
eigene Außenhandelspolitik dauerhaft verzichten
will, könnte sie im Einvernehmen mit den Handelspartnern die von Rußland erzielten Verhandlungsergebnisse für solche Politikbereiche, die
im Rahmen der Zollunion harmonisiert werden,
vollständig für sich übernehmen (Lücke 1995).
5.
Ordnungspolitische Entwicklungen
Die im Mai 1995 durchgeführten Parlamentswahlen haben auch im zweiten Wahlgang nicht
die für die Beschlußfähigkeit des Obersten Sowjets erforderliche Besetzung von zwei Dritteln
der 260 Parlamentssitze erbracht. Seither regiert
der Präsident per Präsidialdekret. Die bestehen-
den Unklarheiten in der Gesetzgebungskompetenz sind ein entscheidendes Hemmnis für den
Reformprozeß.
Die Privatisierung kommt kaum voran. Bis
1995 waren staatliche Unternehmen meist nur in
Kapitalgesellschaften in vollständigem Staatseigentum umgewandelt worden. Ein Verkauf von
Unternehmensanteilen, d.h. eine eigentliche Privatisierung, war bisher selten. Im ersten Halbjahr 1995 sind etwa 240 Unternehmen in Kapitalgesellschaften umgewandelt worden. Damit
hat sich die Zahl der seit Beginn der Privatisierung umgewandelten Unternehmen auf knapp
1 370 erhöht. Hiervon sollen mittlerweile rund
1 000 privatisiert worden sein. Allerdings kann
aufgrund der wenig detaillierten Angaben nichts
darüber ausgesagt werden, ob gesamte Unternehmen oder nur Betriebsteile mehrheitlich in
privates Eigentum übergegangen sind. In den in
diesem Sinne privatisierten Unternehmen sind
nur 8 vH der ehemals im staatlichen Sektor Beschäftigten angestellt. Davon entfallen auf Unternehmen, die ehemals im Eigentum der Republik waren, 6,5 vH der Beschäftigten und auf
früher kommunale Unternehmen, die vor allem
in den Bereichen Handel und Dienstleistung tätig
sind, 1,5 vH. 18 Hieran zeigt sich, daß selbst die
sogenannte kleine Privatisierung, die mit einfachen Methoden relativ zügig durchgeführt werden könnte, nicht vorangekommen ist.
Mehr als die Hälfte der bis Jahresmitte 1995
ausgewiesenen Privatisierungen bezieht sich auf
den Verkauf zuvor verpachteter Betriebe bzw.
Betriebsteile. Über Schecks und direkte Verkäufe sind rund ein Drittel der Unternehmen, die
zuvor im Eigentum der Republik waren, privatisiert worden. Auf kommunaler Ebene konzentrierten sich die Privatisierungsauktionen auf
einige regionale Zentren (u.a. Brest). Die auf den
Auktionen angebotenen Unternehmen konnten
oft nicht verkauft werden, weil das Mindestgebot
trotz der Vergünstigungen, die den Belegschaften gewährt werden, relativ hoch angesetzt war.
Obwohl laut Antikrisenprogramm zur Jahresmitte 1995 alle Privatisierungsschecks verteilt
sein sollten, hatte zu diesem Zeitpunkt erst die
Hälfte der berechtigten Bürger einen Antrag auf
Zuteilung gestellt.19 Die Ausgabefrist wurde
daher um ein halbes Jahr verlängert.20 Erst rund
18
30 vH der Bürger haben das für die Ausgabe
von Privatisierungsschecks notwendige Spezialkonto, das bei einer Filiale der Sberbank einzurichten ist, eröffnet.21 Hierbei dürfte eine Rolle
gespielt haben, daß 1995 der Nominalwert der
Schecks nicht zeitgleich mit der Höherbewertung
des Untemehmensvermögens angehoben wurde
und die Bevölkerung daher zunächst abwartete.
Trotz der noch Anfang 1995 geäußerten Absicht, die Privatisierung zu beschleunigen,22
wurde sie durch Maßnahmen, wie die Annullierung einer Privatisierungsauktion im Frühjahr
und den vorübergehenden Entzug der Lizenzen
von Investmentfonds, sogar in Frage gestellt.
Von den rund 80 Fonds, die es im Frühjahr 1995
gegeben hatte, haben bis zum Spätsommer 68
ihre Arbeit endgültig eingestellt. Einerseits stehen die Fondsmanager der weiteren Privatisierungspolitik skeptisch gegenüber und schließen
eine erneute Behinderung ihrer Tätigkeit nicht
aus. Andererseits ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Fonds gesunken.23 Dies zeigt sich
auch daran, daß von den bisher eingelösten Privatisierungsschecks bis zum 1. Juli 1995 nur
rund 10 vH bei den Investmentfonds angelegt
wurden. Ein Viertel der Schecks wurde in Aktien
von Unternehmen eingetauscht und der Rest an
Dritte, darunter an Unternehmen, verkauft.24
Der überwiegende Verkauf der Privatisierungsschecks an Dritte macht deutlich, daß sofortige
Einnahmen dem Halten von Anteilen und noch
nicht abschätzbaren Dividendenzahlungen vorgezogen werden. Der Verkauf an Dritte läßt zudem vermuten, daß es nicht zu einer breiten
Streuung der Aktienanteile kommen wird. Zwar
ist nicht eindeutig erkennbar, in welchen Händen
sich bisher die direkt verkauften Privatisierungsschecks befinden. Jedoch sollen die zu privatisierenden Unternehmen vorwiegend selbst Schecks
aufgekauft haben.
Das langsame Tempo der Privatisierung kam
auch darin zum Ausdruck, daß im ersten Halbjahr 1995 die Privatisierungseinnahmen um rund
60 vH hinter den Haushaltsansätzen zurückgeblieben sind. Die Einnahmen aus der Privatisierung, die im Staatshaushalt als eigener Posten
verbucht werden, betrugen nur 0,2 vH der Gesamteinnahmen.
Auf der Grundlage eines Anfang 1995 erlassenen Gesetzes25 wurden bis zur Jahresmitte
etwa 100 landwirtschaftliche Verarbeitungsbetriebe in Aktiengesellschaften umgewandelt. Die
Privatisierung der Kolchosen und Sowchosen
selbst war zwar ebenfalls ins Auge gefaßt worden. Der Präsident hat im September 1995 aber
eine Beibehaltung von Sowchosen und Kolchosen befürwortet und die Reorganisation in der
Landwirtschaft als langwierigen Prozeß bezeichnet.26 Abgesehen von dieser zweideutigen Haltung gegenüber einer weiteren Umgestaltung in
der Landwirtschaft ist zu berücksichtigen, daß
für eine umfangreiche Privatisierung auch noch
die gesetzlichen Grundlagen fehlen. So haben
aufgrund des gültigen Bodenrechts die Mitglieder der Kolchosen und Sowchosen bislang nur
ein begrenztes Eigentumsrecht.
Die Wohnungsprivatisierung wurde fortgesetzt. Von 1989 und bis Juli 1995 sind etwa
585 000 Wohnungen privatisiert worden. Das
entspricht einem Drittel des öffentlichen Wohnungsbestands. Allerdings zeichnet sich beim
gegenwärtigen Tempo der Privatisierung ab, daß
1995 weniger Wohnungen privatisiert werden
als in den beiden Vorjahren. Wurden 1992 und
1993 monatlich rund 16 500 Wohnungen privatisiert, so waren es in den ersten sieben Monaten
1995 nur durchschnittlich 10 200. Der Anteil
der Wohnfläche in privatem Eigentum, der sich
bereits Ende der achtziger Jahre auf 42 vH belief, ist mittlerweile auf 54 vH der Gesamtfläche
gestiegen (Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' 1995a: 34; Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' 1995b: 202
ff.).
Im Sommer 1995 hat der Präsident im Zuge
der Verhandlungen mit dem Internationalen
Währungsfonds eine raschere Privatisierung befürwortet. Das erst Ende Juli verabschiedete Privatisierungsprogramm für 1995 sieht vor, bis
zum Jahresende die Privatisierung umgewandelter Unternehmen zu forcieren, während der
Scheckprivatisierung eine weitere Verpachtung
von Betrieben zu vermeiden und die Scheckprivatisierung selbst zu beschleunigen. Die Arbeit
der Investmentfonds soll stärker kontrolliert werden.27 Geplant sind auch institutionelle Änderungen bei der Privatisierung. So sollen auf Be-
19
triebsebene und in den Zweigministerien Kommissionen mit dem Auftrag gebildet werden, die
Umwandlung staatlicher Unternehmen vorzubereiten und zu kontrollieren. Die Initiative für die
Umgestaltung liegt bei Unternehmen mit geringerer Beschäftigtenzahl allerdings nach wie vor
bei den Belegschaften. Über die Umwandlung
von großen Unternehmen mit mehr als 3 000
Beschäftigten entscheidet der Präsident auf Vorschlag des Privatisierungsministeriums. Von dieser Mischung aus zentraler und dezentraler Initiative ist keine Beschleunigung der Umwandlung und Privatisierung von Unternehmen zu erwarten.
Ausländer, denen bereits Ende 1994 eine weitergehende Beteiligung an der Privatisierung erlaubt worden war, können sich an der Privatisierung zwar beteiligen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß zunächst 50 vH der Anteile eines
zu privatisierenden Unternehmens über Schecks
an die Bevölkerung oder Belegschaft verteilt
werden und daher Ausländer an einem Unternehmen nicht direkt eine Mehrheitsbeteiligung
erwerben können. Die Chancen, die für die
Mehrheitsbeteiligung notwendigen Anteile auf
dem Sekundärmarkt zu kaufen, sind sehr zurückhaltend zu beurteilen. Ausländer können
bislang Grund und Boden nicht kaufen, sondern
nur für 99 Jahre pachten. Auch dies ist ein
Grund, weshalb das Engagement von Ausländern in Weißrußland gering ist. Die Zahl der
Joint-ventures belief sich am 1. Januar 1995 auf
1 504; vollständig im Eigentum von Ausländern
waren 607 Unternehmen.28 Um in Zukunft
mehr ausländisches Kapital heranzuziehen, soll
eine Agentur für Auslandsinvestitionen gegründet werden.
Neben der Privatisierung ist ein Insolvenzrecht eine wesentliche Grundlage für die Stärkung des Wettbewerbs. Auf der Grundlage der
bislang gültigen Konkursregelung, die zudem als
langwierig gilt, wurde noch kein weißrussischer
Betrieb geschlossen, obwohl die Zahl der Verlustunternehmen stetig steigt.29
Bei der Umwandlung der staatlichen Unternehmen in Kapitalgesellschaften hat nur eine
geringe Entflechtung stattgefunden. Der Konzentrationsgrad im staatlichen Sektor ist daher nach
wie vor hoch. In der Industrie erstellen 8,5 vH
der staatlichen Unternehmen mehr als 60 vH der
Industrieproduktion.30 Nach dem Inkrafttreten
des Antimonopolgesetzes zum 1. März 1993 war
aufgrund einer weiten Definition der marktbeherrschenden Position eine große Anzahl von
Unternehmen zunächst als Monopole eingestuft
und einer Preisaufsicht unterstellt worden. Infolge einer Veränderung der Methodik werden
mittlerweile nur noch für rund 50 „natürliche"
Monopole Preisregulierungen vorgenommen.
Im Jahresverlauf 1995 wurden der Umfang
der Staatsaufträge reduziert und die Verbraucherpreise weiter liberalisiert. Die Preissetzungskompetenzen der Kommunen für einige Konsumgüter, Energie und Transport wurden aufgehoben.31 Die administrierten Preise, die sich vor
allem auf den Grundbedarf der Haushalte,
Transport und Telekommunikation sowie Energieträger beziehen, wurden mehrfach erhöht und
die vom Internationalen Währungsfonds geforderte Kostendeckung von durchschnittlich 60 vH
zur Jahresmitte erreicht. Mieten, Tarife für
Warmwasser und die Energieversorgung der
Haushalte wurden indexiert.32 Haushalte, die
für ihre Miete und die weiteren Versorgungsleistungen dennoch mehr als 15 vH ihres Einkommens aufwenden müssen, erhalten seit dem 1.
August wieder eine Kompensation in Höhe des
Differenzbetrags.33
Weitere ordnungspolitische Schritte wurden
im Jahresverlauf 1995 auch in der Außenhandelsliberalisierung unternommen. Die Devisenabgabequote für Exporteure wurde zunächst ermäßigt, im Mai für Einnahmen aus Geschäften
in Rubel und im Sommer für Erlöse in Dollar
abgeschafft; zum 1. Juli wurde auf dem Interbankenmarkt der Handel mit frei konvertierbaren
Währungen sowie mit russischem Rubel liberalisiert.34 Auch wurde die Festsetzung von Mindestpreisen für einige Exportgüter, die seit Jahresanfang bestand und zunächst auf eine stärkere Reglementierung im Außenhandel hingedeutet
hatte, zur Jahresmitte aufgehoben. Allerdings
sollen weiterhin Preisempfehlungen gemacht
werden.35 Um die illegale Kapitalausfuhr einzudämmen, wird die Einhaltung von Exportverträgen, u.a. der Devisenrückfluß, überprüft.36
20
III. Zusammenfassung
Vier Jahre nach Beginn der Transformation in
Weißrußland konnte die wirtschaftliche Talfahrt
noch nicht beendet und durch eine Phase der
Erneuerung und Belebung abgelöst werden, so
wie es bereits in den meisten Reformstaaten
Mittel- und Osteuropas beobachtet werden kann.
Es ist zu erwarten, daß 1995 das Bruttoinlandsprodukt um etwa 10 vH sinken wird. Im bisherigen Verlauf des Jahres hat sich der Abwärtstrend besonders deutlich im Rückgang von privatem Konsum und Anlageinvestitionen widergespiegelt Eine der Ursachen dafür ist, daß eine
realwirtschaftliche Anpassung an neue Preise
und Knappheiten nicht stattgefunden hat. Der
Kapitalstockentwertung stehen neue Investitionen nicht im erforderlichen Umfang gegenüber.
Die Hoffnung, daß die Industrie bei einer Belebung der Nachfrage in den GUS-Staaten wieder
ihre traditionellen Abnehmer finden könnte, wird
zunehmend trügerisch, weil sich abzeichnet, daß
bei einer schnelleren Transformation im Hauptexportland Rußland das weißrussische Angebot
dort technologisch wie preislich aus dem Markt
gedrängt wird.
Eine weitere Ursache für den anhaltenden
Niedergang ist der Mißerfolg beim Aufbau
marktwirtschaftlicher Institutionen. Die Lenkungsmechanismen der Kommandowirtschaft
haben in Weißrußland länger als in anderen
Transformationsländern überdauert. Verschiedene Präsidialdekrete aus jüngster Zeit tragen
einen dirigistischen Charakter und haben die
Glaubwürdigkeit einer an privaten Eigentumsrechten orientierten Marktöffnung weiter in
Zweifel gestellt. Darunter leidet vor allem die
Privatisierung, weil sie mit unüberwindbaren politischen Widerständen konfrontiert wird. Damit
fehlt eine wichtige Triebkraft für die Mobilisierung heimischer Ersparnisse und Investitionen.
Grund und Boden sind nicht fungibel und können produktiveren Verwendungen nicht zugeführt werden. Ein auf dem Papier stehendes Insolvenzrecht hat bislang in keinem einzigen Fall
Klarheit darüber herstellen können, welches Unternehmen als überschuldet anzusehen und aufzulösen ist. Die zwischenbetriebliche Verschul-
dung läuft daher auf hohen Touren weiter und
hängt als Damoklesschwert über der monetären
Stabilisierung.
Im Gegensatz zur realwirtschaftlichen und institutionellen Entwicklung gibt es Anzeichen dafür, daß das Stabilisierungsziel ernstgenommen
wird. Zu Beginn des Jahres ist die Geldpolitik
deutlich verschärft worden, mit der Folge, daß
die Realzinsen in den positiven Bereich stiegen
und sich die monatlichen Inflationsraten seit Mai
im einstelligen Bereich bewegen. Weiterhin hat
die Zentralbank seit Jahresbeginn eine Politik
der Stabilisierung des nominalen Wechselkurses
verfolgt. Die scharfe reale Aufwertung des weißrussischen Rubels im ersten Quartal schwächte
sich in der Folgezeit ab. Die Last dieser Stabilisierung ruhte auch auf den Schultern der Fiskalpolitik, denn von ihr gingen bei strikter Begrenzung der Ausgaben und steigenden Einnahmen keine inflationären Impulse mehr aus. Das
Budgetdefizit liegt mit knapp über 3 vH in einem
für GUS-Länder bemerkenswert niedrigen Bereich.
Fehlende institutionelle Reformen lassen den
Preis für diese Stabilisierungsanzeichen in Form
fortgesetzten Produktionsrückgangs ansteigen.
Damit nimmt der politische Druck zu, wieder
auf eine permissive Geldpolitik umzuschwenken.
Erstens ist die heimische Nachfrage scharf zurückgedrängt worden, ohne daß von der Exportnachfrage her Kompensation eingetreten wäre.
Der Exportsektor wird im weiteren Verlauf des
Jahres sogar unter der starken realen Aufwertung des ersten Quartals zu leiden haben. Zweitens nehmen die Liquiditäts- und Solvenzschwierigkeiten im Banken- und Unternehmenssektor
zu — eine angesichts positiver Realzinsen und
Einschränkungen bei der Kreditschöpfung nicht
unerwartete Entwicklung. Das zu erwartende
Resultat ist eine Verschlechterung der Qualität
der Kreditportfolios der Banken. Dies macht
einschneidende bankenaufsichtsrechtliche Maßnahmen, die auch die Schließung insolventer
Banken umfassen, erforderlich. Eine finanzielle
Unterstützung insolventer Banken durch die
Zentralbank oder eine auch nur teilweise Mone-
21
tisierung zwischenbetrieblicher Verschuldung
hingegen würde den erzielten Stabilisierungserfolg gefährden. Parallel zu den Umstrukturierungen im Bankensektor müßten Reformen im Unternehmenssektor eingeleitet werden, um den
Banken die bessere Beurteilung von Investitionsprojekten zu ermöglichen und ihnen — in Form
eines Konkursgesetzes — Mittel zur Verfolgung
säumiger Schuldner an die Hand zu geben. Drittens werden bei einer Stabilisierungsrezession
verteilungspolitische Konflikte virulent, die bislang in Weißrußland vermieden werden konnten,
weil Geld-, Fiskal- und Budgetpolitik auch unter
dem Ziel eingesetzt wurden, die sozialen Besitzstandsrechte zu bewahren.
Zusammenfassend muß konstatiert werden,
daß das Hauptrisiko für einen nachhaltigen Erfolg der Stabilisierung das Fehlen realwirtschaftlicher und institutioneller Reformen ist. Der
Preis für diese Politik wird 1996 ein nochmaliger Rückgang des BIP sein, möglicherweise
dann im niedrigen einstelligen Bereich. Die Inflationsrate wird sich jedoch kaum unter ein
dreistelliges Niveau drücken lassen. In dieser
Situation erlauben neue öffentliche Kredite des
Auslands, so beispielsweise der im September
1995 zugesagte Kredit des Internationalen Währungsfonds oder die in Aussicht stehende EUZahlungsbilanzhilfe, nur kurzfristig eine Fortsetzung der Wechselkursstabilisierung. Externe
Hilfen sollten unter diesen ungünstigen Rahmenbedingungen strikt auf die Bereiche beschränkt
bleiben, an denen entweder ein originäres Interesse der Geberländer besteht oder die als nicht
von der weißrussischen Regierung zu verantwortende Altlast jede Reformfähigkeit von Beginn
an beeinträchtigen. Dazu könnten finanzielle
Hilfen zur Erfüllung von Abrüstungsverpflichtungen ebenso wie technische Hilfen zur Minderung der Folgekosten der Tschernobylkatastrophe gehören. Sie sollten darüber hinaus an die
Erfüllung konkreter Reformzusagen geknüpft
werden, vor allem an die Herstellung von Gewerbefreiheit und an die Liberalisierung des Außenhandels.
22
Endnoten
1
2
3
4
^
°
9
10
11
12
Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1995e: 155 ff.).
Belorusskaja delovaja gazeta vom 31. Juli 1995 und Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1995d: 67).
Belorusskaja delovaja gazeta vom 31. Juli 1995 und Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1995a: 9
f.).
Für den Monat Juli wird sogar nur ein Anteil von 14 vH ausgewiesen, jedoch liegen dafür keine Erklärungen vor.
Postanovlenie Ministerstva truda Respubliki Belarus' „Ob organizacii oplaty truda na osnove primenenij Edinoj
tarifnoj setki rabotnikov Respubliki Belarus", Nr. 27 ot 20 marta 1995g.; Utverzdeny postanovleniem Mintruda
Respubliki Belarus' „Rekomendacii po organizacii oplaty truda na osnove primenija Edinoj tarifinoj setki rabotnikov
Respubliki Belarus'", Nr. 27 ot 20 marta 1995g.
Im konsolidierten Staatshaushalt sind der Republikshaushalt und die Haushalte der nachgeordneten Gebietskörperschaften zusammengefaßt.
Zugrunde gelegt werden bei der Betrachtung des Haushalts interne Daten des Finanzministeriums. Diese weichen von
den Angaben in Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1995a) ab, wo allerdings nur Daten zur Einnahmeseite des Haushalts zu finden sind.
Darüber hinaus stiegen nach Angaben des Internationalen Währungsfonds die Steuerrückstände beim Mehrwertsteueraufkommen bis Anfang Mai 1995 überdurchschnittlich an, so daß die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer bei fristgerechter Zahlung noch höher gelegen hätten.
Die Ausgaben des konsolidierten Staatshaushalts sind nicht der Staatsquote gleichzusetzen, da ein erheblicher Teil der
fiskalischen Aktivitäten in außerbudgetäre Fonds verlegt worden ist.
So wurde eine zusätzliche Nahrungsmittelpauschale eingeführt und die Mindestrente regelmäßig angepaßt.
Soweit nicht anders vermerkt, beziehen sich die Angaben dieses Abschnitts auf interne Arbeitsunterlagen des Internationalen Währungsfonds.
Die Berechnung des monatlichen Realzinssatzes (i r ) wurde auf Grundlage des ohne Zinseszinseffekt ausgewiesenen
nominalen Refinanzierungszinssatzes (i n ) und des vom Internationalen Währungsfonds neu berechneten Erzeugerpreisindex gemäß folgender Formel vorgenommen:
(t w /l2)
AP
-1
100, wobei AP = monatliche Änderung des Erzeugerpreisindex.
13
Nach wie vor ist die Kreditvergabe der Geschäftsbanken einer Reihe administrativer Eingriffe unterworfen. Beispielsweise wird ein Teil der Kredite in ausländischer Wahrung gezielt für Investitionszwecke vergeben, und die Banken
sind hinsichtlich ihrer Zinspolitik reglementiert. Internen Arbeitsunterlagen der Zentralbank zufolge sind zudem bei
rund 90 vH der Rubelkredite der Zentralbank Empfänger bzw. Zweck der Kreditvergabe vorherbestimmt.
1
Im ersten Quartal von 1995 läßt sich die gesamte Zunahme der Geldbasis mit dem Anwachsen der ausländischen
Komponente erklären, im zweiten Quartal machte die Zunahme der inländischen Geldbasis ein Drittel des Wachstums
aus.
Betrachtet wurde das BIP des ersten Quartals auf Jahresbasis. Zuverlässige Vergleiche der zwischenbetrieblichen
Verschuldung mit früheren Perioden sind nicht möglich, da sich die Zahl der Unternehmen, die Angaben über die
Höhe ihrer Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten machen, im Herbst 1994 deutlich erhöht hat.
15
16
1
'
Als ein Indiz für die drohende Instabilität im Bankensektor kann gelten, daß die Zentralbank Maßnahmen zur Konsolidierung des Bankensektors plant und der weißrussische Staatspräsident ad hoc die Verschmelzung der größten
weißrussischen Geschäftsbank mit der Sparbank angeordnet hat {Handelsblatt 1995; Financial Times 1995). Der im
September 1995 erfolgte Rücktritt des Präsidenten der Zentralbank steht offensichtlich im Zusammenhang mit diesen
Plänen, da der Notenbank die Aufsicht über die betroffenen Banken entzogen werden soll (Otnri Daily Digest 1995).
Soweit nicht anders vermerkt, beziehen sich die Angaben dieses Abschnitts auf interne Arbeitsunterlagen des Internationalen Währungsfonds.
-1" Ministerstvo Statistiki i Analiza Respubliki Belarus' (1995b: 95) und Belorusskaja delovaja gazeta vom 17. August
1995: 10.
19
Vgl. zur Konzeption der Scheckprivatisierung DIW, IfW, IWH (1994b).
20
Postanovlenie Verchovnogo Soveta Respubliki Belarus' „O srokach vydaci, obrascenija i pogasenija imennych privatizacionnych cekov 'Imuscestvo'". Vedomosti Verchovnogo Soveta Respubliki Belarus' Nr. 20 aus 1995: 63 f.
21
Belorusskaja delovaja gazeta vom 17. August 1995:10.
22
Ukaz Prezidenta Respubliki Belarus' „O merach po soversenstvovaniju reformirovanija gosudarstvennogo imuscestva". Sobrananie Ukazov Prezidenta iPostanovlenij Kabineta Ministrov Respubliki Belarus' Nr. 8 aus 1995: 39 ff.
23
Sovetskaja Belorussija vom 18. August 1995: 1 und Belorusskaja delovaja gazeta vom 21. August 1995: 7.
23
24
Belorusskaja delovaja gazeta vom 17. August 1995: 10. Nach inoffiziellen Angaben sollen sich diese Anteile allerdings im Spätsommer weiter verschoben haben. Zum 1. September sollen rund 40 vH der verwendeten Schecks in Anteile an Unternehmen und rund 18 vH in Anteile an Investmentfonds umgetauscht und der Rest verkauft worden sein.
Allerdings ist zweifelhaft, ob es tatsächlich zu dieser Steigerung bei den Investmentfonds kam, die erst Mitte August
ihre Tätigkeit aufnahmen.
25
Ukaz Prezidenta Respubliki Belarus' „O merach po dal'nejsemu razvitiju sel'skochozjajstvennogo proizvodstva".
Sobranie Ukazov Prezidenta i Postanovlenij Kabineta MinistrovRespubliki Belarus' Nr. 4 aus 1995: 54 ff.
Belorusskaja niva vom 7. September 1995.
2
^ Ukaz Prezidenta Respubliki Belarus' „Programma razgosudarstvlenija i privatizacii gosudarstvennych obektov, nachodjascichsja v respublikanskoj sobstvennosti, na 1995 god", Juli 1995.
2
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32
33
34
35
Nach inoffiziellen Angaben des Wirtschaftsministeriums; es wurden allerdings auch abweichende Angaben veröffentlicht: Die Zahl der Joint-ventures soll sich zum 1. Januar bereits auf 1 952 und die der ausländischen Unternehmen auf
nur 401 belaufen haben. Vgl. Belorusskaja delovaja gazeta vom 10. August 1995: 11.
Belorusskaja delovaja gazeta vom 13. Juli 1995: 13.
Belorusskaja delovaja gazeta vom 10. August 1995: 11.
Postanovlenie Kabineta Ministrov Respubliki Belarus' „O vnesenii izmenenija v postanovlenie Kabineta Ministrov
Respubliki Belarus' ot 15 dekabrja 1994g. No. 249". Sobrananie Ukazov Prezidenta i Postanovlenij Kabineta Ministrov Respubliki Belarus' Nr. 19 aus 1995: 74.
Postanovlenie Kabineta Ministrov Respubliki Belarus' „Ob indeksacii stavok i tarifov na ziliszno-kommunal'nye
uslugi". Sobrananie Ukazov Prezidenta i Postanovlenij Kabineta Ministrov Respubliki Belarus 'Nr. 17 aus 1995: 84.
Postanovlenie Kabineta Ministrov Respubliki Belarus' „O porjadke i uslovijach predostavlenija bezna-licnych ziliscnych subsidij". Sobrananie Ukazov Prezidenta i Postanovlenij Kabineta Ministrov Respubliki Belarus' Nr. 14 aus
1994: 71 ff. sowie Sovetskaja Belorussija vom 1. August 1995: 1.
Bankovskij vestnik Nr. 8 aus 1995: 38 f.
Postanovlenie Kabineta Ministrov Respubliki Belarus' „O regulirovanii eksporta otdel'nych vidov tovarov". Sobrananie Ukazov Prezidenta i Postanovlenij Kabineta Ministrov Respubliki Belarus'Nr. 19 aus 1995: 71.
Ukaz Prezidenta Respubliki Belarus' „Ob ustanovlenii porjadka regulirovanija eksportno-importnych i valjutnych
operacij i o povysenii otvetstvennosti za narusenije zakonodatel'stva v oblasti vnesne-ekonomiceskoj dejatel'nosti".
Sobrananie Ukazov Prezidenta i Postanovlenij Kabineta Ministrov Respubliki Belarus' Nr. 5 aus 1995: 33 ff.
24
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