Verführung im Lotuspavillon
Von Jeannie Lin
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Über dieses E-Book
China, im Jahr 823: Wer hat das Tagebuch der berühmten Kurtisane Xue Lin aus dem Lotuspavillon gestohlen? Gemeinsam mit dem Scholar Luo Cheng begibt sich die Musikerin Jia auf die Suche ins Reich der Sinne
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Buchvorschau
Verführung im Lotuspavillon - Jeannie Lin
Jeannie Lin
Verführung im Lotuspavillon
IMPRESSUM
HISTORICAL COLLECTION erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
© 2012 by Jeannie Lin
Originaltitel: „Capturing the Silken Thief"
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL COLLECTION, 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Renate Körting
Fotos: HotDamnStock
Veröffentlicht im ePub Format in 04/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733764289
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
Tang-Dynastie, China, 823 n. Chr.
Luo Cheng wandte sich ab von dem vielstimmigen Lärm und den leuchtendroten Laternen, die über dem Eingang des Trinkhauses schaukelten. Seine Gefährten bedrängten ihn gutmütig, bei ihnen in der geselligen Runde zu bleiben. Sie waren Scholaren wie er und studierten die Wissenschaften. Jedoch wandte er ihnen den Rücken zu und entfernte sich von ihnen. Sie riefen ihm hinterher, doch bald konnte er ihre Stimmen kaum noch ausmachen inmitten der Geräusche des Zechgelages und des lauten Gelächters, und sie wurden immer leiser.
Wie schafften es seine Scholaren-Kollegen eigentlich, die ganze Nacht auszugehen und zu trinken – und das jeden Abend – und dennoch zu erwarten, dass sie das kaiserliche Examen bestehen würden? Er war in den letzten drei Tagen jeden Morgen mit dem Gesicht in einem Buch aufgewacht, weil er über einer weiteren Abhandlung zu Staatskunst und Pflichterfüllung eingeschlafen war. Und davon gab es, weiß der Himmel, mehr als genug in China. Das Kaiserreich verfügte über eine Fülle von Papier, und die Politiker und Beamten waren eifrig bestrebt, jedes einzelne Blatt davon vollzuschreiben.
Cheng war jetzt fünfundzwanzig und längst nicht mehr das Wunderkind, als das er früher einmal vom einheimischen Magistrat gegenüber seinen einflussreichen Vorgesetzten gerühmt worden war. Jeder Mann, ganz gleich wie niedrig von Geburt, konnte ein hohes Amt erlangen, wenn er die Beamtenprüfungen bestand. Die Hoffnungen seines gesamten Landkreises hatten auf ihm geruht, als er vor drei Jahren das Examen für seine Provinz bestanden hatte. Im Triumph war er in die Hauptstadt gereist, aber dann war er dort bei den Prüfungen durchgefallen. Wenn er noch einmal versagte, würde Cheng nicht nur das Gesicht verlieren, sondern möglicherweise auch noch weitere Körperteile, wenn er Minister Lo seine finanzielle Unterstützung zurückzahlen musste.
Er schwang sich den Tornister voller Bücher über den Rücken und ging in Richtung des südlichen Tores zu seinem Stadtbezirk. Eine leise Frauenstimme ertönte aus der geöffneten Tür eines Pavillons am Ende der Straße. Die Worte des Liedes wurden begleitet von den gezupften Klängen der Pipa. Dieses Lauteninstrument war in den Trinkhäusern zurzeit sehr beliebt.
Das Licht der letzten Laterne blieb hinter ihm zurück, als er sich dem Rand des Vergnügungsviertels näherte. Seine Wohnung lag in einer ruhigen Ecke, er musste nur noch durch einige gewundene Straßen hindurchgehen.
Die Pavillons mit ihren vielen Unterhaltungskünstlern waren um die studentischen Viertel herum gebaut worden. Diese beiden Bevölkerungsgruppen waren abhängig voneinander: die Scholaren mit ihrem Geld und ihren Nächten voller Müßiggang und die Kurtisanen mit ihrem bezaubernden Lächeln und der weichen, duftenden Haut.
Erst an der dritten Ecke merkte er, dass die Männer auf der anderen Straßenseite ihn verfolgten. Er schaute nur kurz in ihre Richtung, bevor er wieder abbog. Sie sahen nicht wie Studenten aus, aber ebenso wenig wie Straßenräuber. Die Schritte hinter ihm wurden schneller. Cheng packte fest seinen Ranzen und drehte sich um. Fünf schwarze Gestalten umringten ihn wie ein Rudel Ratten. Es gab kein Entrinnen. Er schlug mit seiner Tasche nach dem offensichtlichen Anführer der Bande und traf ihn mitten ins Gesicht. Der Halunke ging mit einem Grunzlaut zu Boden.
Die verdammten Narren hatten ausgerechnet den ärmsten Studenten im ganzen Distrikt angegriffen. Dem nächsten Mann schlug Cheng auf die Nase. Manchmal war es ein Vorteil, wenn man vom Lande kam. Die kaiserliche Hauptstadt hatte ihn Sitte und Anstand gelehrt, aber er wusste immer noch, wie man sich in einer Prügelei seiner Haut wehrte.
„Gib uns deine Tasche." Ein Kerl mit einer messerscharfen Nase ging vorsichtshalber in Deckung, als er diese Forderung vorbrachte.
„Hundesöhne." Cheng spie aus.
Sie warfen sich gemeinsam wieder auf ihn.
Jemand legte ihm von hinten den Arm um den Hals. Cheng keuchte, weil ihm die Luftröhre zugedrückt wurde. Er würde hier und jetzt ein Messer zwischen die Rippen bekommen für ein paar Geschichtsbücher und drei Kupfermünzen.
Mit einem lauten Schrei warf er den Mann, der ihn umklammert hielt, über die Schulter. Plötzlich explodierte sein linkes Auge vor Schmerz von einem Faustschlag, und er stolperte fluchend zurück.
„Nichts wie weg!", rief einer der Männer.
Die Schritte entfernten sich von ihm. Er hielt sich den schmerzenden Kopf, und ein lautes Geräusch klingelte in seinen Ohren. Wütend blinzelte er in die Dunkelheit. Er schrie ein paar Beleidigungen hinter den Männern her, in denen es um Rudeltiere und auch um gewisse Körperteile ging.
Als er endlich wieder etwas sehen konnte, war die Gasse leer.