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Nicht so (Ein Ilse Beck-FBI-Thriller – Buch 4)
Nicht so (Ein Ilse Beck-FBI-Thriller – Buch 4)
Nicht so (Ein Ilse Beck-FBI-Thriller – Buch 4)
eBook301 Seiten3 Stunden

Nicht so (Ein Ilse Beck-FBI-Thriller – Buch 4)

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Über dieses E-Book

NICHT SO (Ein Ilse-Beck-Thriller) ist der vierte Band in der neuen Reihe der Mystery- und Krimiautorin Ava Strong.

FBI-Spezialagentin Ilse Beck, Opfer einer traumatischen Kindheit in Deutschland, zog in die USA, wo sie eine renommierte Psychologin mit Schwerpunkt auf posttraumatische Belastungsstörungen wurde und weltweit als führende Expertin für das einzigartige Trauma von Überlebenden von Serienmördern gilt. Durch ihre Forschung an der Psychologie der Überlebenden besitzt Ilse ein einzigartiges und unvergleichliches Fachwissen über die wahre Psychologie von Serienmördern. Allerdings hatte sie nicht geahnt, dass sie selbst einmal FBI-Agentin werden würde.

Als Ilses Patienten nach und nach Suizid begehen, geht sie der Sache nach und vermutet, dass etwas Übleres dahintersteckt. Ist der Serienmörder aus ihrer Vergangenheit – und den sie am meisten fürchtet – womöglich zurückgekehrt?

Und wenn ja, hat er es als Nächstes auf Ilse abgesehen?

Die ILSE-BECK-Reihe ist ein dunkler und spannender Krimi und dermaßen fesselnd, dass man ihn praktisch in einem Zug durchlesen muss. Der packende und verwirrende Krimi steckt voller Wendungen und erstaunlicher Geheimnisse. Sie werden sich in eine brillante neue Protagonistin verlieben, während das Buch Ihnen bis spät in die Nacht den Atem raubt.

Weitere Bände in der Reihe werden demnächst erhältlich sein.
SpracheDeutsch
HerausgeberAva Strong
Erscheinungsdatum16. Juni 2022
ISBN9781094353821
Nicht so (Ein Ilse Beck-FBI-Thriller – Buch 4)

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    Buchvorschau

    Nicht so (Ein Ilse Beck-FBI-Thriller – Buch 4) - Ava Strong

    cover.jpg

    nicht so

    (ein ilse beck-fbi-thriller — buch 4)

    a v a   s t r o n g

    Ava Strong

    Die Debütautorin Ava Strong ist Autorin der REMI LAURENT-Krimireihe, die aus drei Büchern besteht (weitere folgen), der ILSE BECK-Krimireihe, die aus vier Büchern besteht (weitere folgen) und der STELLA FALL-Psychothriller-Reihe, die aus vier Büchern besteht (weitere folgen).

    Als begeisterte Leserin und lebenslange Liebhaberin des Krimi- und Thriller-Genres freut sich Ava darauf, von Ihnen zu hören. Besuchen Sie www.avastrongauthor.com, um mehr zu erfahren und mit Ava Kontakt aufzunehmen.

    Copyright © 2021 by Ava Strong. Alle Rechte vorbehalten. Vorbehaltlich der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, kaufen Sie bitte für jeden Empfänger ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und Sie es nicht gekauft haben, oder es nicht nur für Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann senden Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist eine erfundene Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder das Ergebnis der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist völlig zufällig. Jacket image Copyright zef art, verwendet unter der Lizenz von Shutterstock.com.

    BÜCHER VON AVA STRONG

    EIN STELLA-FALL-THRILLER

    DIE ANDERE FRAU (Buch #1)

    DIE ANDERE LÜGE (Buch #2)

    EIN SPANNUNGSGELADENER REMI LAURENT FBI THRILLER

    DER TODESCODE (Buch #1)

    DER MORDCODE (Buch #2)

    DER TEUFELSCODE (Buch #3)

    EIN ILSE BECK-FBI-THRILLER

    NICHT WIE WIR (Buch #1)

    NICHT WIE ER SCHIEN (Buch #2)

    NICHT WIE GESTERN (Buch #3)

    NICHT SO (Buch #4)

    Ava Strong

    Die Debütautorin Ava Strong ist Autorin der REMI LAURENT-Krimireihe, die aus sechs Büchern besteht (weitere folgen), der ILSE BECK-Krimireihe, die aus sieben Büchern besteht (weitere folgen) und der STELLA FALL-Psychothriller-Reihe, die aus sechs Büchern besteht (weitere folgen).

    Als begeisterte Leserin und lebenslange Liebhaberin des Krimi- und Thriller-Genres freut sich Ava darauf, von Ihnen zu hören. Besuchen Sie www.avastrongauthor.com, um mehr zu erfahren und mit Ava Kontakt aufzunehmen.

    Copyright © 2021 durch Ava Strong. Alle Rechte vorbehalten. Außer wie gemäß unter dem US Urheberrecht von 1976 ausdrücklich gestattet, darf kein Teil dieser Veröffentlichung auf irgendeine Weise oder in irgendeiner Form, reproduziert, verteilt oder übertragen, oder in einem Datenbank- oder Datenabfragesystem gespeichert werden, ohne zuvor die ausdrückliche Erlaubnis des Autors eingeholt zu haben. Dieses E-Book ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt. Dieses E-Book darf kein zweites Mal verkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch an andere Personen weitergeben wollen, so erwerben Sie bitte für jeden Empfänger ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen, ohne es käuflich erworben zu haben oder es nicht für Ihren alleinigen Gebrauch erworben wurde, so geben Sie es bitte zurück und erwerben Sie Ihr eigenes Exemplar. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit der Autorin respektieren. Es handelt sich um eine fiktive Handlung. Namen, Charaktere, Geschäfte, Organisationen, Orte, Ereignisse und Zwischenfälle entspringen entweder der Fantasie des Autors oder werden fiktional benutzt. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Personen, ob tot oder lebendig, sind zufälliger Natur. Copyright des Umschlag-Bildes zef art, verwendet unter Lizenz von shutterstock.com

    INHALTSVERZEICHNIS

    KAPITEL EINS

    KAPITEL ZWEI

    KAPITEL DREI

    KAPITEL VIER

    KAPITEL FÜNF

    KAPITEL SECHS

    KAPITEL SIEBEN

    KAPITEL ACHT

    KAPITEL NEUN

    KAPITEL ZEHN

    KAPITEL ELF

    KAPITEL ZWÖLF

    KAPITEL DREIZEHN

    KAPITEL VIERZEHN

    KAPITEL FÜNFZEHN

    KAPITEL SECHZEHN

    KAPITEL SIEBZEHN

    KAPITEL ACHTZEHN

    KAPITEL NEUNZEHN

    KAPITEL ZWANZIG

    KAPITEL EINUNDZWANZIG

    KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

    KAPITEL DREIUNDZWANZIG

    KAPITEL VIERUNDZWANZIG

    KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

    KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

    KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

    KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

    KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

    KAPITEL DREISSIG

    KAPITEL EINUNDDREISSIG

    KAPITEL EINS

    Ilse betrat das kleine graue Gebäude und ließ den dunklen Himmel und die grünen Bäume hinter sich. Das Gebäude an sich wirkte wie ein Makel in der ansonsten idyllischen Landschaft. Sie trat aus der kühlen Morgenluft heraus in einen stickigen, schlecht belüfteten Raum. Die Tür hinter ihr summte, als sie sich schloss, und zwei Polizisten, die neben der Reihe von Metalldetektoren standen, winkten ihr zu, dass sie ihre Habseligkeiten in eine graue Plastikschachtel legen sollte.

    Grauer Himmel. Graues Gebäude. Graue Plastikschachtel. Als ob sich alles verschworen hätte, die Farbe aus dem Leben zu saugen. Ilses Finger zitterten, als sie ihr Portemonnaie und die Schlüssel des Leihwagens hervorzog, den sie am Flughafen gemietet hatte.

    Einer der Wärter sagte etwas, dem sie kaum zuhörte, und sie stammelte eine kurze überraschte Antwort auf Deutsch. Sie konnte die Sprache ihrer Kindheit perfekt verstehen. Einst war sie schließlich die kleine Hilda Mueller gewesen. Aber sie lebte seit fünfzehn Jahren in den USA, in Seattle, weshalb ihr Deutsch ein wenig eingerostet war.

    Ilse schauderte und ihr Magen drehte sich vor Angst um. Mit einer Hand tippte sie gegen ihr anderes Handgelenk, welches eine ständige Erinnerung an die Worte war, die wie ein Armreif in ihre Haut tätowiert waren.

    Nimm jeden Gedanken gefangen.

    Aber jetzt, da sie durch den Metalldetektor schritt und auf der anderen Seite wieder heraustrat, um ihr Portemonnaie abzuholen, war sie sich nicht sicher, dass dies möglich war. Ihre Gedanken rasten wie verrückt und ihr Herz hämmerte wie besessen. Ihr neu ausgestellter FBI-Ausweis, der sie als offizielle Beraterin und Frischlings-Agentin identifizierte, hatte sie bis hierher gebracht. Aber jetzt würde es Willenskraft und Mut benötigen, um auch nur einen Zentimeter weiterzukommen.

    Sie schauderte und tippte weiter gegen ihr Handgelenk mit der Tätowierung. Ein Mann mit fahlem Gesicht hinter einer gepanzerten Glasscheibe winkte ihr zu, sich ihm von den Metalldetektoren aus zu nähern. Reihen von Türen befanden sich entlang des Ganges hinter seiner Kabine.

    „Agentin Beck?", fragte der Polizist und spähte von dem Antragsblatt vor sich auf.

    Ilses Kehle fühlte sich rau wie Schleifpapier an, als sie sich ihm näherte und dabei hastig nickte. „Ja, das bin ich."

    „Pünktlich", erwiderte der Wärter und blickte auf die Uhr über der Kaffeemaschine auf seiner Seite der Trennscheibe. Es war genau 8:15 Uhr, weder eine Minute zu früh noch zu spät. Ilse war stolz auf ihre Pünktlichkeit. Jetzt zog sie an den Ärmeln ihres Sweatshirts. Sie bevorzugte Flip-Flops und Jogginghosen gegenüber Anzügen oder Turnschuhen, aber hatte einen Kompromiss geschlossen und trug ein Paar Tennisschuhe und schwarze Hosen, die ihr zwischen leger und geschäftlich erschienen. In einem normalen Anzug hätte sie sich wahrscheinlich nur verletzlich gefühlt. Besonders hier.

    „Wen möchten Sie hier besuchen?"

    Ilse zögerte. Es war schon so lang her, dass sie seinen Namen laut in Anwesenheit einer anderen Person ausgesprochen hatte. Als Kind hatte sie nur als Vater an ihn gedacht. Als Folterer. Das Monster im Stockwerk über ihr. So viele ihrer Erinnerungen waren gebrochen oder ruiniert oder wurden durch den Nebel der Zeit zurückgehalten. Jetzt aber brauchte sie all ihre Willenskraft. Sie war hierhergekommen, um ihn zu sehen und ihn zu konfrontieren. Um herauszufinden, warum er diese Postkarten schickte. Sie war es leid, gequält zu werden, sich zu verstecken. Jemand anderes war auch oben gewesen. Jemand, an den sie sich kaum erinnerte.

    Vor allem aber war Ilse hier, um Antworten zu erhalten.

    Ihre Stimme war rau, aber sie schaffte es beim ersten Versuch, den grässlichen Namen hervorzubringen: „Gerald Mueller", sagte sie entschlossen.

    Beim Klang dieses Namens blickte der Wärter scharf auf und starrte sie durch die Panzerglasscheibe an.

    Sie starrte zurück und spürte, wie sich ihr die Nackenhaare sträubten.

    „Mueller?, versicherte sich der Wärter. „Der nimmt leider keine Besucher an. Hochsicherheitstrakt.

    Anstatt zu antworten, zog Ilse ihr frisch ausgestelltes Abzeichen hervor und schob es durch den schmalen Schlitz in der Scheibe.

    Der Wärter sah sich ihr Abzeichen kaum an. Er winkte abweisend darauf zu. „Darum geht es nicht, erklärte er. „Niemand besucht Mueller. Er ist schon seit mehr als einem Jahrzehnt hier. Der bekommt keinen Besuch.

    Ilse verzog nicht die Miene, bewegte sich nicht. Sie fühlte sich einfach nur kalt und traurig. „Ich muss allerdings mit ihm sprechen."

    Der Wärter sah sich letztlich ihren Ausweis an, seufzte und zuckte mit den Schultern.

    „Wenn Sie meinen, erwiderte er. „Das BKA hat dies schon genehmigt … Er winkte ihr und ihrem Abzeichen kurz zu, als würde er damit alles in ihrer Nähe meinen. „Aber wie schon gesagt, Hochsicherheit. Er hat keinen Zugang zum Besucherraum. Sie werden ihn in seiner Zelle besuchen müssen."

    Ilse fühlte, wie sie Nervosität überkam, aber sie überspielte sie mit einem Nicken und sagte: „Was immer notwendig ist. Wie komme ich dahin?"

    Anstatt zu antworten, drückte der Wärter auf den Türöffner auf seiner Seite der Scheibe und ein kleines Metalltor begann, sich zu öffnen. Er zeigte auf einen anderen Wärter, der entlang des Ganges stand. Der Mann eilte mit ernstem Gesichtsausdruck auf sie zu.

    Er sagte ihm hastig auf Deutsch, sodass es ihr schwerfiel mitzuhalten: „Besucher für Mueller. BKA hat uns das schon gemeldet. Im Voraus genehmigt."

    Beide Wärter tauschten einen neugierigen, aber bedeutungsvollen Blick durch die Scheibe aus und zogen dabei die Augenbrauen hoch. Aber dann zuckten sie einer nach dem anderen mit den Schultern und Ilse folgte dem zweiten Mann durch den Gang und durch die Schiebetür aus Metall. Ihre Schritte klackten gegen den polierten Boden, wobei jeder Klang gespenstisch durch den sauberen, geschrubbten Gang mit den leeren, weiß gestrichenen Betonwänden hallte. Sie schritten durch den Gang auf einen weiteren zu, der ebenfalls durch eine Metalltür verschlossen war. Ein weiteres Klicken, ein längeres Summen. Und dann glitt die Tür auf. Der Wärter vor ihr blickte nicht zurück, sondern marschierte in seiner ordentlich gebügelten Uniform einfach weiter. Ilse folgte ihm in ihren Tennisschuhen, Anzughosen und dem Sweatshirt; im Herzen des alten Gefängnisses in Deutschland war ihr immer noch kalt.

    Es waren Jahre vergangen. Mehr als zwanzig Jahre war es her, seit sie den Mann gesehen hatte. Sie hatten ihn in mehrere Gefängnisse verlegt, bevor er schließlich hier untergekommen war.

    Während sie weiterging, konnte sie spüren, wie ihr Herz hämmerte. Etwas an Gefängnissen machte ihr jedoch nicht so viel Angst, wie es oft in anderen auslöste. Sie mochte die Einsamkeit. Sie mochte die Stille. Vier Wände und ein Bett. Etwas an der Ordnung, dem reglementierten Leben, selbst an dem Schutz eines Gefängnisses machte sie … sehnsüchtig. Beim Weitermarschieren wiederholte sie leise ihren Gedächtnistrick und versuchte, sich zu beruhigen. Sie hatte ein fast enzyklopädisches Wissen, was Serienmörder, Opfer und ihre geistigen Erkrankungen anbelangte. Sie war für ihre Abschlussarbeit gezwungen gewesen, sie zu analysieren. Jetzt, da sie den scheinbar endlosen Korridor entlang schritt, wiederholte sie erneut: „Schizotype Persönlichkeitsstörung. Borderline Persönlichkeitsstörung. Psychotische Störung. Dahmer. Blondes Haar. Vierundneunzig. Siebzehn Opfer. Einundzwanzigster Mai."

    Keine Besucher erlaubt. Sie fragte sich, ob das ein Geschenk oder eine Strafe war. Ilse mochte ihre Patienten; sie half ihnen gern. Aber wenn es nach ihr ginge, dann würde sie sich lieber in einer Hütte zur Ruhe setzen, weit weg und versteckt von der Zivilisation. Sie hatte noch nie einen Freund gehabt. Warum würde sie auch jemanden in das Chaos ihres Lebens einladen wollen?

    Der Wärter hielt plötzlich ein paar Schritte vor ihr an. Ein weiterer, lauter, piepsender Klang und ein Klick ertönte. Es dauerte einen Moment, bis Ilse bemerkte, dass auf beiden Seiten dicke Metalltüren waren. Allerdings waren dies keine Türen mit Gitterstäben. Vielmehr war es, als ob jemand Metallscheiben an eine Betonwand geschweißt hätte.  Die Gefangenen konnten nicht hinaussehen, aber es konnte auch keiner hineinsehen.

    „Fünf Minuten", sagte der Wärter, sah Ilse an und zog dann einen Metallgriff hervor. Ein Schlitz in der Tür öffnete sich auf Augenhöhe. Unter dem Schlitz befand sich ein Metalltablett, auf dem Essen durchgereicht werden konnte. Da der Schlitz jetzt geöffnet war, konnte man auch in die kleine Zelle dahinter blicken – wahrscheinlich für die Wärter, wenn sie ihre Runden machten.

    Jetzt ließ der Wärter den Schlitz offen und schritt dann weg. Ilses Herz donnerte. Sie schluckte einmal und blickte dann auf das Namensschild an der Tür, das auf einem schmalen Streifen Papier stand, welches auf das Stück Stahl geklebt war, was zur Seite geschoben worden war. Ihr Vater war schon so lang hier, dass man sogar seinen Namen für ihn auf eine Zelle geschrieben hatte. Gerald Mueller. Sie erinnerte sich an ihn aus ihrer Jugend. Er war hübsch wie ein Chorknabe, mit einem breiten Gesicht, blondem Haar und einem gelassenen Lächeln, welches seine Boshaftigkeit darunter versteckte. Damals hatten die Nachbarn überhaupt nichts verdächtig gefunden. Laut ihnen war er ein guter, gottesfürchtiger Mann gewesen. Keiner der Nachbarn hatte den wirklichen Gerald Mueller verdächtigt und was in diesem Haus am Ende des Feldwegs geschehen war. Für einen Augenblick, während sie da stand und ihre Hände an ihrer Seite zitterten, wollte sich Ilse umdrehen und den Gang zurückrennen. Hatte sie wirklich hier sein wollen? Nach allem, was geschehen war. Vielleicht trat sie gerade in ein Wespennest, das man am besten in Ruhe gelassen hätte …

    Aber nein. Sie war so weit gekommen.

    „Hey, Mueller, schnappte der Wärter und klopfte mit der Hand gegen die Metalltür. „Dr. Beck ist hier, um Sie zu besuchen. Für einen Moment regte sich nichts und alles war still. Doch dann bemerkte sie, wie sich jemand rührte. Der Schlitz in der Tür gab ihr den Blick frei auf die hintere Wand, ein Metallwaschbecken, eine Metalltoilette, die im Zementboden verschraubt war, und eine Pritsche. Ein einfaches, bemitleidenswertes Schlafzimmer. Ein Mann kam plötzlich zum Vorschein; er rutschte vom Bett. Er trug einen grauen Bademantel.

    Grau. Grau. Grau.

    Der Mann in der Zelle trug ebenfalls eine Brille. Der Rahmen sah aus, als wäre er aus Gummi gemacht. Er blinzelte hinter seiner Brille und während Ilse ihn anstarrte, konnte sie spüren, wie sich ein Knoten in ihrer Kehle bildete. Ihre Blicke trafen sich.

    Sie war sich nicht sicher, was sie erwartet hatte, aber dies war es nicht gewesen.

    KAPITEL ZWEI

    Kein Erkennen. Der Mann in der Zelle kratzte sich sonderbar am Kinn. Er faltete die Hände vor sich. Sein blondes Haar war jetzt weiß. Sein breites Gesicht war in sich gesunken. Er stand nicht mehr gerade und stolz, sondern war vornübergebeugt und hinkte ein wenig. Sie wunderte sich, ob er sich dieses neue Hinken im Gefängnis zugezogen hatte oder ob es einfach sein Alter war.

    Er war dünner, kleiner und schmäler, als sie ihn in Erinnerung hatte. Ein bemitleidenswerter Mann. Ein gebrochener, alter Mann. Und wie man an seinem ausdruckslosen Blick erkennen konnte, erkannte er sie offensichtlich nicht. „Hallo, sagte er mit zitternder Stimme. „Ich war beschäftigt.

    Sie starrte einfach; plötzlich war ihre Kehle trocken. Für einen Moment fühlte es sich an, als wäre sie in ein dunkles Loch gefallen und konnte nichts außer einem Gesicht sehen, das auf sie hinunterstarrte. Sie erinnerte sich an den Tag, als ihr Vater versucht hatte, sie lebendig zu begraben. Erinnerte sich an jenen Tag, an dem er sie ins Ohr geschnitten hatte. Sie zuckte zusammen und er beobachtete sie einfach mit zur Seite geneigtem Gesicht.

    „Es tut mir leid, dass ich Sie störe", erwiderte sie mechanisch, wobei ihre Stimme komplett emotionslos klang.

    Der Mann in der Zelle zuckte einfach nur mit den Schultern und seine Hände waren weiter vor ihm gefaltet. Er rückte sich den Bademantel zurecht. „Kann ich Ihnen helfen?"

    Jetzt war es an ihr, still zu werden und zu starren. Konnte er ihr helfen? Wie sehr sie sich wünschte, dass er ihr das vor fünfundzwanzig Jahren angeboten hätte. Hilfe. Aber niemand hatte geholfen. Niemand hatte es gewusst. Weder die Nachbarn noch sonst wer. Das hatten sie zumindest behauptet. Aber Ilse erinnerte sich an das, was ihre Schwester ihr gesagt hatte. Heidi, eines der anderen Kinder, die in jenem Keller gefangen gewesen waren, hatte Ilse in Seattle gefunden. Sie hatte sogar versucht, sie umzubringen. Und bevor sie gestorben war, hatte Heidi höhnisch darauf hingewiesen, dass eine weitere Person im Haus gewesen war. Nicht nur ihr Vater. Eine zweite Person oben.

    Ilse dachte an die Postkarten. Die kleinen Porzellanpuppen. Die quälenden Briefe. Sie wusste, dass ihr Vater sie geschickt haben musste. Dieser Mann; dieser kleine, zerzauste, geschrumpfte Mann. Selbst bei dem bloßen Gedanken fühlte sie einen Stoß Mitleid. Welch seltsames Gefühl. Hatte er Mitleid verdient? Sicherlich nicht.

    „Ja, sagte sie leise, „ich könnte Ihre Hilfe gebrauchen.

    „Nun dann, erwiderte er, „worum geht es?

    Er sprach sehr sachlich, mit sanfter Stimme und nicht unfreundlich. Es war, als wäre er an Besuche von fremden Ärzten gewöhnt, die er nicht erkannte. Das störte sie am meisten. Er schien nicht zu wissen, wer sie war. Die Art, wie er sprach, passte nicht zu dem Mann, an den sie sich erinnerte. Er hatte dasselbe breite Gesicht, wenn es auch geschrumpft war, dasselbe gescheitelte Haar, auch wenn es so grau-weiß war wie sein Bademantel. Selbst das Sprachmuster war dasselbe. Aber sie erinnerte sich viel öfter daran, wie es gewesen war, wenn er in Rage geraten war. Sie erinnerte sich an seinen Zorn.

    Was seltsam war. Denn jetzt, wo sie vor ihm stand, spürte sie eigentlich nur Mitleid. Für einen Moment wandte sie den Blick von dem blassen Gesicht des Mannes ab; es hatte ihr nichts Neues zu bieten. Es hatte nicht die schrecklichen Erinnerungen heraufbeschworen, die sie erwartet hatte. Es hatte keinen Hass und keine Wut in ihr zurückgebracht. Er sah einfach nur alt und klein aus. Hilflos. Anscheinend hatte er keine Besitztümer. Es gab nur ein einzelnes Regal, auf dem ein Buch stand. Sie konnte den Titel von hier aus nicht erkennen. Ihr Blick ruhte zögernd auf dem Buch. Eine kleine, hölzerne Puppe. Für einen Augenblick starrte sie die Puppe an. Sie hatte Knöpfe anstatt von Augen und zu viel Klebstoff hielt den roten Faden, der ihr Haar darstellen sollte, an seinem Platz.

    Sie erinnerte sich an die Puppe.

    Sie erinnerte sich daran, wie sie bei einem Laden Halt gemacht hatten. Sie erinnerte sich daran, wie ihr Vater fröhlich aus dem Auto gestiegen war. Fast wie ein Kind war er begierig gewesen, ein weiteres Spielzeug für seine Sammlung zu erwerben. Und dann erinnerte sie sich an die dritte Stimme. Jene auf dem Vordersitz neben ihrem Vater. Für einen Moment zitterte Ilse, während sie in ihre eigenen Erinnerungen starrte. Hilda Mueller war auf dem Rücksitz gesessen und hatte darum gebettelt, auch einmal aus dem Auto aussteigen zu dürfen. Ihr Vater, der sich darauf gefreut hatte, einkaufen zu gehen, hatte innegehalten und so ausgesehen, als wäre er bereit gewesen nachzugeben.

    Und dann … die dritte Stimme. „Du kannst eine größere Puppe bekommen, wenn du die Göre auf dem Rücksitz lässt."

    Solch eine seltsame Erinnerung. Und in jenem Augenblick fühlte Ilse schieres Entsetzen. Aber diese Angst und diese Erinnerung waren nicht von ihrem Vater ausgelöst worden. Sie waren von jener dritten Stimme gekommen. Ein graues Gesicht, so wie alle anderen grau waren. Ilse konnte es nicht sehen, denn es war auf dem Vordersitz von Schatten verdunkelt. Die Figur hielt eine Art von Broschüre und fächerte sich damit Luft ins Gesicht. Ilse erinnerte sich, wie ihre Hand sich um den Sicherheitsgurt gekrallt hatte. Und die Angst, die wilde, unnachgiebige Angst, die durch ihren Körper schoss, kam nicht von ihrem Vater. Nein. Sie wurde von dieser anderen Stimme ausgelöst.

    „Gerald, die Göre starrt mich an. Willst du eine große Puppe oder nicht?"

    Ihr Vater blickte in den Spiegel. Er zog die Stirn in Falten. Und für einen Augenblick sah es fast so aus, als würde sein Gesicht Schuld ausdrücken. Aber dann nickte er und sein ordentliches, blondes Haar wippte.

    „Ihre Hand, murmelte die Stimme. „Sieh dir ihre Finger an. Wie sie sich an dem Gurt festhält. Das ist nicht richtig, Gerald. Tu etwas wegen ihrer Finger.

    Ilses Herz sprang ihr bis in die Kehle. Weitere Angst vor dieser Stimme. Und dann,

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