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Romanistenkongress, Universität Leipzig, "Präsenz und Virtualität" (24.-27. September 2023) Sektionsleitung: Anne-Sophie Donnarieix, Greta Lansen, Julia Görtz Der Begriff der Virtualität beinhaltet die Philosophie des Möglichen. Sie ist ein „Noch nicht“- oder „Als ob“-Modus und die große Vielfalt, wenn nicht gar Beliebigkeit, möglicher Verwendungsweisen führt nicht selten zu Verwirrung (Kasprowicz/Rieger, 2020). Während sich in der zeitgenössischen Literaturtheorie eine medientechnologische Fixierung auf Virtualität feststellen lässt, belegen begriffsgeschichtliche und historische Befunde, dass der Terminus Virtualität schon seit dem späten 19. Jahrhundert als Bezeichnung von diversen Phänomenen und Sachverhalten gebraucht wurde. Hier ist nicht die Rechenmaschine der Bezugspunkt, sondern eine menschliche Größe: jene der Phantasie. Beide Bedeutungsebenen von Virtualität sollen in der Sektionsarbeit beleuchtet werden. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Dezentrierung bzw. Zersplitterung, Verdoppelung, Verwandlung oder Verschiebung, die ein Subjekt erfahren kann oder erfahren muss, wenn es in virtuelle Welten eintaucht – seien sie technisch realisiert oder potentialisierte Wirklichkeitsräume. Bereits in der Fiktion des 19. und 20. Jahrhunderts wird die Erfahrung einer virtuellen Dezentrierung des Subjekts anthropologisch-philosophisch erkundet und literarisch ausgestaltet, von Mary Shelleys Frankenstein; or, The Modern Prometheus (1818), Théophile Gautiers Avatar (1857), Charles Baudelaires Les paradis artificiels (1860), Benito Pérez Galdós’ La sombra (1870/1871) bis zu Luigi Pirandellos Il fu Mattia Pascal (1904) und Italo Calvinos Il visconte dimezzato (1951). Mit Einzug der sich rasant entwickelnden Technologien der virtual reality wird die Dezentrierung des Subjekts in den letzten Jahrzehnten dabei nicht nur in interaktiven Immersions-Medien erfahrbar gemacht, sondern weiterhin auch in der Literatur ausgehandelt. Camille Laurens Celle que vous croyez (2016), Samanta Schweblins Kentukis (2018) oder Karoline Georges De Synthèse (2017) zeugen von einer Erweiterung und Verschiebung des klassischen Subjektbegriffs als hypokeimenon (dem Zugrundeliegenden) und subiectum (dem Unterworfenen), da Subjektivität im Rahmen der technisch-realisierbaren Virtualität zunehmend unabhängig vom organischen Körper neu gedacht werden kann. Die subjektbezogenen Möglichkeitsräume der Virtualität fordern hier weniger die menschliche Vorstellungskraft an sich heraus als vielmehr die noch immer bewährte kartesianische Ausgangsdifferenz zwischen einem singulären Körper und einer Seele, die das Individuum definiert. Die diesem Terminus zugrundeliegende Bedeutung (individuus ‘untrennbar’) versinnbildlicht die Konzeption einer einzelnen, für sich existierenden Person als Einheit, die über eine Seele mit Sitz in einem Körper verfügt. Ist diese Einheit nicht gegeben, oszilliert das Subjekt zwischen Identitätsspaltung, Jenseits-Erfahrung oder aber seelisch- körperlicher Unvollständigkeit. Der Körper ist im Zuge der Säkularisierung der Moderne zu dem wohl wichtigsten Faktor der Individuation geworden, nicht nur mit der Anerkennung der Einzigartigkeit des Gesichts, sondern weiter gefasst, indem der Körper zur objektiven Umgrenzung der Souveränität des Egos gemacht wurde (Le Breton 2000). In dieser Sektion sollen vor allem Subjektformen erforscht werden, welche durch virtuelle Paradigmen gestört, dezentriert, vervielfacht oder zersplittert werden. Die Dezentrierung ist aus diesem Grund nach dem Konzept einer „déterritorialisation“ (Deleuze/Guattari, 1975) zu verstehen: Mit ihr geschieht eine nicht vollendete, subjektbezogene Verwandlung, die Signifikate und Signifikanten immer wieder verschiebt und umformt, sodass sich Identität (im biologischen, literarischen oder soziopolitischen Sinne) als ein stets werdendes, neu zu deutendes Konstrukt entfaltet. Auch die heutige Herausbildung simulierter Identitäten bildet einen der Kernpunkte der Sektionsarbeit. Was passiert, wenn die virtuellen Welten in den Alltag eintreten und über Bildschirme, soziale Netzwerke und fingierte Wirklichkeitsräume gänzlich neue Identitätskonfigurationen herbeiführen? Welche ästhetischen Formen werden erprobt, um diese virtuellen Selbstinszenierungen zu erzählen und die damit einhergehende Dezentrierung des Subjekts auch literarisch zu entfalten? Im Gegensatz zu den Ovid’schen Verwandlungen, bei denen die körperliche Metamorphose nicht notwendig eine geistige oder seelische Identitätsstörung voraussetzt, stellt das Zeitalter der „Hyperrealität“ (Baudrillard) die Frage der Untrennbarkeit des Individuums vor gänzlich neue Herausforderungen. In diesem Rahmen können beispielsweise die Inszenierungen digitaler Avatare und virtueller „Faux-self“ (Winnicott) erforscht werden, wie etwa bei den Romanen von Sandra Lucbert (La toile), Gabriel Naëj (Ce matin, maman a été téléchargée), Alessandra C (Skill) oder Ernest Cline (Ready Player One). Es kann darüber hinaus untersucht werden, inwiefern Autor:innen auf bekannte, traditionsreiche Motive zurückgreifen (Doppelgänger, Geister, Golem, Cyborgs), um neuartige Ontologien zu problematisieren, welche sich außerhalb vertrauter Vorstellungsmuster offenbar schwer ausdrücken lassen. Es soll außerdem auf die literarische Darstellung posthumanischer Subjektivitäten eingegangen werden. Wenngleich der Begriff im Zuge neuer Technologien und wissenschaftlicher Fortschritte der letzten Jahrzehnte eine starke Expansion in den westlichen Kulturen erfährt (Maftei 2021), reichen seine Wurzeln jedoch mindestens bis zu den Automaten, Klonen oder golemartigen Kreaturen der europäischen Romantik, die bereits damals die Grenzen des menschlichen Körpers und Geistes in Frage stellten. Die Beispiele reichen von Villiers de L’Isle-Adam und E.T.A. Hoffmann bis zu den Gegenwartsromanen, -erzählungen und -dramen von Leonardo da Jandra (Distopía), Carmen Boullosa (La novela perfecta), Juan Mayorga (El Golem), Lina Meruane (Póstuma), Laura Pugno (Sirene), Niccolò Ammaniti (Ferro), Tiziano Scarpa (Acqua) oder Marie Darrieussecq (Notre vie dans les forêts), Michel Houellebecq (La possibilité d’une île) und Pierre Ducrozet (L’invention des corps). Dabei können die Inszenierungen verwandelter, geänderter oder gebesserter Körper untersucht, der intertextuelle Rückgriff auf mythische oder prometheische Subjektstrukturen hinterfragt, und schließlich die politischen und ästhetischen Implikationen eines transhumanischen Gedankenguts analysiert werden, welches weniger die Verbesserung isolierter Körper als eine kollektive, technologische Transformation der Menschheit heraufbeschwört (Hunyadi 2018). Welche Möglichkeiten der Subjektbildung ergeben sich daraus? Können im Zuge dieses virtuellen enhancement neue Ontologien festgestellt werden? Die Sektion fokussiert derartige literarische Subjektverschiebungen sowohl im Rahmen einer rein imaginierten Virtualität als auch im Rahmen der technisch-bedingten virtual reality und umfasst dabei primär die literarische Produktion vom 19. bis zum 21. Jahrhundert. Aufgrund der ausgewählten Themenbereiche sind außerdem Beiträge zur intermedialen Aushandlung virtueller Subjektivität willkommen. Bibliographie Baudrillard, Jean: Simulacres et simulation. Paris: Galilée 1981. Binczek, Natalie/Schäfer, Armin: „Virtualität der Literatur: eine Sondierung“, in: Rieger, Stefan/Schäfer, Armin/Tuschling, Anna (Hrsg.): Virtuelle Lebenswelten. Körper – Räume – Affekte, Berlin/Boston: De Gruyter 2020, S. 87–102. Deleuze, Gilles / Guattari, Félix: Kafka. Pour une littérature mineure, Paris: Minuit, 1975. Donnarieix, Anne-Sophie: Puissances de l’ombre. Le surnaturel du roman contemporain. Villeneuve d’Ascq: Presses Universitaires du Septentrion, 2022. Hunyadi, Mark: Le temps du posthumanisme. Un diagnostic d’époque, Paris: Les belles lettres, 2018. Kasprowicz, Dawid/Rieger, Stefan: „Einleitung: eine neue Standortbestimmung“, in: Kasprowicz, Dawid/Rieger, Stefan (Hrsg.): Handbuch Virtualität. Wiesbaden: Springer 2020, S. 2–22. Le Breton, David: Anthropologie du corps et modernité. Paris: PUF 2000. López-Pesilla, Teresa: Patologías de la realidad virtual. Cibercultura y ciencia-ficción. Madrid: Fondo de Cultura Económica, 2015. Maftei, Mara Magda (Hrsg.): Transhumanisme et fictions posthumanistes, in: Revue des Sciences Humaines, 341, Januar-März 2021. Stierle, Karlheinz: „Fiktion“, in: Barck, Karlheinz/Fontius, Martin/Wolfzettel, Friedrich/Steinwachs, Burkhart (Hrsg.): Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden. Band 2, Stuttgart/Weimar: Metzler 2002, S. 380–428. Winnicott, Donald: „Distorsion du moi en fonction du vrai et du faux ‘self’“, in: Processus de maturation chez l’enfant: développement affectif et environnement, aus dem Englischen übersetzt von Jeannine Kalmanovitch. Paris: Payot 1983, S. 115-131.
2022 •
Studia Germanica Posnaniensia
Körper und Temperaturen: Figurationen des kolonialen Begehrens in der deutschsprachigen GegenwartsliteraturPoststructuralists are often considered to be "destroyers" who destruct but don't construct. They believe that any attempt to rebuild will cause them to fall back into the "trap" of metaphysics. Nowadays, writers, literary scholars and critics are beginning to wonder whether the poststructuralist way of thinking and its analytical methods can still be applied to the interpretation of contemporary literature. A new focal point of their work is the study of new concepts of subject. This article will introduce the concept of the ostensive sign developed by the American cultural theorist Eric Gans and the concept of framing suggested by the Munich literary scholar Raoul Eshelman. It will also apply these theories to new modes of gender construction in selected European fiction since the late 1990s and explain why poststructuralist ways of interpretation are no longer suitable for analyzing these novels.
Wolfram-Studien 19
Von der Leiblichkeit eines ›gegürteten Textkörpers‹. Die ›Expositio in Cantica Canticorum‹ Willirams von Ebersberg in ihrer Überlieferung2006 •
Von der Leiblichkeit eines ›gegürteten Textkörpers‹. Die ›Expositio in Cantica Canticorum‹ Willirams von Ebersberg in ihrer Überlieferung, in: Wolfram-Studien 19, ed. by Eckart Conrad Lutz, Berlin 2006, pp. 95-116. In his ,Expositio in Cantica Canticorum‘, Williram of Ebersberg renders the physical appeal of the Song of Songs quite apparent through his distinctive usage of the metaphor of the text's ,body‘. The passages of Latin and German translation and commentary which flank the central Vulgate-text are thus designed as a unity. This ,girdling‘ of the textual body means that the various parts of the work function only if seen as an organic entity. In the process of transmission, this unity is repeatedly analysed and then resynthesized according to prevailing interests; and the ensembles of texts to emerge out of the organic body each have a different emphasis. All of these ,versions‘ tend to show that Williram's experimental treatment of different languages and genres sustained fascination with the ,physicality‘ of the Song of Songs throughout the Middle Ages and into the Early Modern period.
2010 •
Die von der Thyssen-Stiftung geforderte Tagung, bei der unterschiedliche Formen der imaginationsgeleiteten Relationierung von Subjekt und Welt um 1800 in den Blick genommen wurden, knupft an eine in der Bochumer Romanistik schon langer verfolgte Forschungsthematik an. Gemas ihrem Ansatz gingen die Veranstalter von der Beobachtung aus, dass die literarische Neuorientierung des Subjekts im Raum um 1800 zeitgleich zu einer ’ phanomenologischen’ Ausrichtung der zeitgenossischen Imaginationstheorien erfolgt, und formulierten die Hypothese, dass die Selbstbestimmung des Individuums zu einem grosen Teil uber die Raumwahrnehmung geschehe, wobei sich das Subjekt Techniken zu erarbeiten suche, die eine Selbststabilisierung im Raum bewirken. Allerdings konnten diese Versuche des Subjekts sowohl an der instabilen Subjekt-Raum Struktur scheitern als auch zu tendenziell transgressiven Verfahren fuhren, mit denen sich das Subjekt selbst Gefahrdungen aussetze, um sich auf neue Weise im Raum zu erfa...
in: Orte der Imagination - Räume des Affekts. Die mediale Formierung des Sakralen, Elke Koch / Heike Schlie
Kairoer Germanistische Studien
IM SPIEGEL DES FREMDEN. Zur Konstruktion und Dekonstruktion des Subjekts in zwei Erzählungen von Elias Canetti und Siegfried Lenz1999 •
Jahrbuch für Internationale Germanistik
Die Krebs, Schanks, Hausers – deutsche Figurentypen aus Szenttamás in der Romanwelt von Nándor Gion2021 •
Der Schriftsteller Nándor Gion, der mütterlicherseits aus einer deutschen Familie stammt, hat in der Zeit zwischen 1973 und 2002 seinen vierbändigen Familienroman geschrieben, der unter dem zusammengefassten Titel Latroknak is játszott (dt. Er hat auch für Schurken gespielt) erschienen ist. Den Stoff der Tetralogie bildet die fünfzigjährige Geschichte des Geburtsortes des Ich-Erzählers, Szenttamás (Region Batschka), woher auch der Schriftsteller und seine Familie stammen. Die Handlung des Werkes umfasst einen Zeitraum von 1898 bis zu den 1950er Jahren. Der Soldat mit der Blume (ungar. Virágos katona) schildert den Ersten Weltkrieg und den Zerfall der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Der erste Roman ist 1993 auch in deutscher Sprache (in der Übersetzung von Hans Skirecki) erschienen. Im Roman Rózsaméz (dt. Rosenhonig) werden die Ereignisse von 1918 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und der Zusammenbruch des Königreichs Jugoslawien dargestellt. Die Handlung des Romans Ez a na...
Endzeitvorstellungen. Die Interkulturalität des apokalyptischen Mythos im lateinischen und germanischen Mittelalter (ed. E. Di Venosa and G. Pelizzari)
Körper und Seele in Thomasins von Zerclaere 'Der welsche gast'2022 •
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Arab Center for Research and Policy Studies, Doha
الموارد الطبيعية والنزاعات المسلحة في أفريقيا جنوب الصحراء: مراجعة نقديةA educação enquanto fenômeno social: Gestão e práticas pedagógicas 2
Uma Análise Crítica a Cerca Dos Objetos/Brinquedos, e Sua Importância No Desenvolvimento e Sistematização Do Brincar Dentro Da EscolaBizim Külliye: üç aylık kültür ve sanat dergisi
Ahilikte Eğitim Anlayışı ve Mesleki Eğitim, Bizim Külliye: Üç Aylık Kültür ve Sanat Dergisi, 99, 2024, s. 58-63.2024 •
Deleuze Studies
Tracking the Triple Form of Difference: Deleuze's Bergsonism and the Asymmetrical Synthesis of the Sensible2017 •
Acta Musei Napocensis
Diplome der Kaiser des 3. Jh. für Prätorianer – außer Severus Alexander2019 •
BMC Public Health
Burnout among school teachers: quantitative and qualitative results from a follow-up study in southern Sweden2019 •
Philosophy & Rhetoric
The Rhetorical Methodology of Perelman and Olbrechts-Tyteca’s Theory of Argumentation2024 •
Arifqi Fathoni Hantoro, S.Pd.
Modul Ajar Berdiferensiasi Nama Penulis Modul Ajar : Arifqi Fathoni Hantoro, S.Pd Mapel Fase Kelas Jumlah Siswa Model Pembelajaran2023 •
Technological, Social, and Organizational Dimensions
E-Health Sites Development Using Open Source Software and OMT Methodology as Support for Family Doctors’ Activities2014 •
Research Square (Research Square)
An innovative model for predicting coronary heart disease using TyG-index: A machine learning-based cohort studyJournal of Biomechanics
Cervical spine mechanics as a function of transection of components1975 •
Hydrological Sciences Journal
Correlations between discharge and meteorological parameters and runoff forecasting from a highly glacierized Himalayan basin2000 •